Archiv für Februar 14th, 2011

Herbeizitiert

Wenn die Mitarbeiter von Bild.de nicht wissen, was sie so auf ihre Website packen könnten, gucken sie, was ihre britischen Kollegen schreiben:

Der deutsche IT-Spezialist, Daniel Domscheit-Berg, behauptet in seinem Enthüllungs-Buch: Julian drohte damit, mich "zu jagen und zu töten". Das zitiert die britische Sonntagszeitung "The Sunday Times" aus dem in der kommenden Woche erscheinenden Buch.

Ja. Aber warum zitiert Bild.de, was die “Sunday Times” zitiert — und guckt nicht einfach selbst in das Buch, das in Deutschland in der vergangenen Woche erschienen ist?

Mit Dank an Christoph G.

“Was solls”

Seit Freitagabend ist diese Meldung auf blick.ch zu lesen:

Besoffener US-Senator Liebling der Wähler

Nur: Es gibt im US-Senat keinen Senator dieses Namens (Liste) und folglich auch keine Wähler. Der betrunkene Senator Dave Tillis ist eine Erfindung des satirischen “Onion News Network” (Video). Eine Quelle, die blick.ch treuherzig angibt:

Dave Tillis schwingt gern Reden. Und er säuft ebenso gern. Seinen Anhängern macht das nichts aus. Im Gegenteil. Sie haben Dave als ersten bekennenden Trinker in den vornehmen US-Senat gewählt, meldet «Onion News Network».

Im letzten Absatz kommen dem Verfasser der Meldung sogar selbst Zweifel an der Story. Sie wird aber deshalb nicht begraben oder klar als fiktiv bezeichnet. Sondern mit einem Achselzucken veröffentlicht.

Mysteriös: Auf der offiziellen Website des US-Senats wird ein Dave Tillis nicht geführt. Was solls. Als Schauspieler ist der Mann alleweil Spitze.

Auch Kommentare, die auf die fiktive Quelle verweisen, werden freigeschaltet. Denn es ist blick.ch ja egal, wie es wirklich ist.

Mit Dank an Christoph E.

Nachtrag, 15. Februar: Blick.ch hat den letzten Absatz des Artikels überarbeitet. Im Einführungstext wurden “Wähler” und “US-Senator” in Anführungszeichen gesetzt.

Monica Lierhaus, Wetten, dass..?, Lenßen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Qualitätsjournalismus à la Tagesspiegel”
(kaperbrief.org)
In Berlin wird ein Gesetzentwurf über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben per Volksentscheid angenommen. Tagesspiegel.de veröffentlichte am Sonntagabend trotzdem einen Meinungsartikel, der behauptete, die Initiative habe nicht die erhoffte Mehrheit gefunden. Inzwischen wird der betreffende Artikel auf einen anderen Artikel (“Ägypten nach Mubarak”) umgeleitet.

2. “Top, der Thommy geht”
(fernsehlexikon.de, Michael Reufsteck)
Michael Reufsteck vergleicht den bei “Wetten, dass..?” abtretenden Thomas Gottschalk mit dem FC Bayern München. Als “einzige logische Wahl für die Nachfolge” sieht er Hape Kerkeling.

3. “Schicksale, die man und derer man sich bedient”
(dradio.de, Christian Floto)
Der Auftritt von Monica Lierhaus bei der Gala der Goldenen Kamera im ZDF: “Warum wurde in einem solchen Rahmen auf diese inszenierte Weise und nicht anders massenmediale Öffentlichkeit von vulnerabelster Privatheit zugelassen?”

4. “Fernsehnostalgie im Jurassic-TV”
(philibuster.de, Nadia Shehadeh)
Nadia Shehadeh verstört eher die Reaktionen auf den Auftritt von Monica Lierhaus: “Von nichts sind wir weiter entfernt als von der ‘Normalität’, die Lierhaus mit ihrem Auftritt einforderte, denn Normalität hieße: Eine Abbildung unserer Lebenswelten, die immerhin in etwa unserer Realität entspräche – inklusive all der darin vorkommenden Lebensweisen und -situationen, die von der Normal-Hegemonie unseres Abziehbild-Mensch-Ideals abweicht.”

5. Interview mit Henning von der Osten
(markheywinkel.de)
Mark Heywinkel spricht mit Henning von der Osten, Development Executive bei der TV-Produktionsfirma Constantin Entertainment: “Scripted Reality ist eine eigentlich deutsche Erfindung. Constantin Entertainment produziert dieses Genre überaus erfolgreich mit eigenen Firmen im Ausland.”

6. “#30 – Lenßen der Film”
(fern-gesehen.com, Video, 17:10 Minuten)
Lars Golenia zeigt und beurteilt die schauspielerischen Leistungen in “Lenßen – Der Film”.