Archiv für November 12th, 2009

Teresa Enkes Trauer, verraten und verkauft

So hätte die Titelseite der “Hamburger Morgenpost” heute ausgesehen …

Die tapfere Witwe von Robert Enke: Ihr Mut bewegt uns alle. "Wir dachten, mit Liebe schaffen wir das ...", Torwart entschuldigt sich im Abschiedsbrief, Bierhoff sagt Länderspiel unter Tränen ab

… wenn das Blatt nicht eine halbseitige Art Banderole zum Ausklappen als Anzeige verkauft hätte, auf der ein Computerspiel-Händler für eine Umtauschaktion wirbt.

Deshalb lag die “Hamburger Morgenpost” heute so am Kiosk:

Die tapfere Witwe von Robert Enke: Ihr Mut bewegt uns alle. "Wir dachten, mit Liebe schaffen wir das ..." - "Tauschen geht wohl nicht mehr, oder?"

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber und Henning B. für die Fotos!

Nachtrag: Am Tag darauf schrieb die “Morgenpost” “in eigener Sache”:

Die Kombination von Schlagzeile und Anzeigenmotiv auf Seite eins der gestrigen Ausgabe der MOPO hat einige Leser dazu gebracht, sich zu beschweren. Verlag und Redaktion der MORGENPOST bedauern dies ausdrücklich. Wir wollten – gerade im tragischen Fall Enke – keine Gefühle verletzen. Leider war es aus technischen Gründen nicht möglich, den Erscheinungstermin der um die Zeitung gehefteten Anzeige zu verschieben.

Enke, Sportblogger, Benninghoff

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Nummer Eins lebt”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris fragt sich, warum zum Tod von Robert Enke dauernd Sätze wie “Mir fehlen die Worte” und “Warum nur?” fallen – schliesslich würden vier Millionen Deutsche an Depressionen leiden. “Wir wissen, warum. Es ist eine Krankheit.” – “Aber im Rahmen der real existierenden Medienwirklichkeit lesen wir stattdessen über die verdammte Schweinegrippe (die in meinen Augen nichts ist als eine Hysterie).”

2. “Flickering Lights”
(11freunde.de, Dirk Gieselmann)
“Nur eine Stunde zuvor hat ein Mensch irgendwo dort im Dunkeln seinem Leben ein Ende gesetzt. Wer will da wirklich dabei sein?”

3. “Defizite des etablierten Sportjournalismus”
(carta.info, Jürgen Kalwa)
Jürgen Kalwa schreibt über Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber Sportbloggern: “Weil es dort fast überall an einer konsequent kritischen und skeptischen Haltung gegenüber Sponsoren, Investoren und angeblichen Experten wie Franz Beckenbauer mangelt (…), reagieren solche Herrschaften schnell überempfindlich, wenn ihnen jemand seine Meinung sagt. Dann schicken sie rasch ihre Anwälte los.”

4. “Rekordstrafe – Philipp Lahm und seine offenen Worte”
(ndr.de, Video, 6:21 Minuten)
Die Sendung “Zapp” fasst nochmals zusammen, was dieses Interview des Fußballers Philipp Lahm mit der “Süddeutschen Zeitung” ausgelöst hat.

5. Interview mit Dirk Benninghoff
(meinemarie.org, Josche van der Ven)
Der Nachrichtenchef von stern.de, Dirk Benninghoff, spricht gegenüber der Schülerzeitung “Marie” ein offenes Geheimnis aus: “Online-Redaktionen werden niemals so besetzt werden wie Print-Redaktionen zu ihren besten Zeiten, weil man damit tendenziell nicht so viel Geld verdienen kann, deswegen werden auch Praktikanten ‘online’ häufig als Vollzeitkräfte ‘missbraucht’. Das führt wiederum dazu, dass schon die Praktikanten gut sein müssen.”

6. “Preis und Wert des Journalismus”
(schimmeck.de, Tom Schimmeck)
Der freie Journalist Tom Schimmeck an den Mainzer Medientagen: “Um überleben zu können, produzieren alle für möglichst viele Kunden in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Text. Recherche – Nachhaken, Nachdenken, Nachlesen – verkommt zum Luxus. Journalisten sind verdammt zum Wiederkäuen der zirkulierenden Worthülsen und Soundbytes.”