Archiv für November 24th, 2006

Wenn Asteroiden klagen könnten

Wenn Asteroiden klagen könnten, wäre “Bild” schon arm.

Jedesmal, wenn der Zeitung langweilig ist, schaut sie in den Himmel, nimmt sich einen der hunderttausenden unschuldig vor sich hinkreisenden Asteroiden vor und beschuldigt ihn, die Erde zerstören zu wollen.

Irgendwelche Wissenschaftler müssen dann als Kronzeugen dienen und die Zerstörungskraft des jeweiligen Asteroiden mit Atombomben, Tsunamis und anderen Katastrophen vergleichen. Die minimale Wahrscheinlichkeit, dass der Asteroid die Erde überhaupt trifft, lässt “Bild” dann einfach weg.

Heute hat es den Asteroiden “2006 WH1” erwischt (der dem Asteroiden “Apophis” anscheinend äußerlich gleicht wie, äh, ein Asteroid dem andern):

Asteroid rast Richtung ERDE

Ein Einschlag dieses Asteroiden “käme der Explosion von 30.000 Atombomben gleich”, schreibt “Bild” und warnt:

“WH1 2006” ist als gefährlich eingestuft, weil er uns ungewöhnlich nah kommt. Am 27. Dezember nähert er sich bis auf fünf Mio. Kilometer – astronomisch gesehen eine geringe Entfernung.

Zur Verteidigung von 2006 WH1 wäre zu sagen: Er ist nicht als gefährlich, sondern als “potentiell gefährlich” eingestuft, und er kommt uns keineswegs “ungewöhnlich nah”: Schon am 20. Dezember kommt uns ein Asteroid deutlich näher, auch am 2. und 4. Januar fliegen zwei Asteroiden in geringerem Abstand an der Erde vorbei. Die Entfernung mag “astronomisch gesehen gering” sein, bedeutet bei 2006 WH1 aber immer noch, dass er 14-mal so weit entfernt ist wie der Mond. Wenn die “Bild”-Zeitung uns nun vor jedem “potentiell gefährlichen Asteroiden” warnen will, kann sie das allein in den nächsten zwei Monaten elfmal tun.

Oh Gott, hoffentlich haben wir die “Bild”-Leute jetzt nicht auf dumme Gedanken gebracht.

Sex schlägt Gott

“Wie krank macht das Internet die Seelen der Menschen?”, fragt “Bild” heute besorgt und rechnet wie zur Antwort vor:

Der englische Suchbegriff für Gott ergibt bei “Google”, der größten Suchmaschine der Welt, rund 418 Millionen Adressen. Der Suchbegriff für Sex bringt mehr Treffer: Nämlich 432 Millionen Seiten.

Fündig wird aber auch, wer nach den Themen Vergewaltigung (47,8 Mio.), Inzest (15,6 Mio.) oder Tiersex (1,59 Mio.) forscht.

Ist ja krass.

Die Suche nach Gott ergibt im Archiv von Bild.de 704 Artikel. Der Suchbegriff für Sex (“Sex”?) bringt mehr Treffer: Nämlich 2460 Seiten.

Fündig wird aber auch, wer nach den Themen Vergewaltigung (168), Inzest (44) oder Tiersex (9) forscht.

6 vor 9

Jeder ist seines eigenen Glückes Feind
(bildblog.de, Clarissa)
Offenbar weiß man bei “Bild” über Persönlichkeitsrechte eigentlich ganz gut Bescheid. Theoretisch.

“Web 2.0 ist für den Journalismus eine große Chance”
(handelsblatt.com, Christian Thunig)
Derzeit wird Web 2.0. heiß diskutiert. Werden Medienhäuser unwichtiger und die Nutzer übernehmen das Regiment? absatzwirtschaft sprach dazu Nikolaus Brender, Chefredakteur ZDF.

Kontaktzahlen: Welche Wirkung bringt ein Blog?
(marketingmall.ch, Thérèse Ruedin)
Nachweise zu Kontaktzahlen und Werbewirkung von Blogs sind gefragt. Wo gibt es Informationen? Fazit: Die (wenigen) Top-Blogs bringen beeindruckende Kontaktergebnisse. Entscheidend für die Bedeutung von Blogs ist aber ihre Verlinkung und die Tatsache, dass sie von Suchmaschinen gelesen werden.

Flucht nach Weblogistan
(nzz.ch, Arian Fariborz)
In Iran hat sich eine eindrucksvolle, lebendige Blogger-Gemeinschaft entwickelt. Dort artikuliert sich auch politischer Protest gegen das Regime, welches das Treiben mit Argusaugen beobachtet.

“Medien sind von sich besessen”
(tagesspiegel.de, Marc Felix Serrao)
Alastair Campbell gilt als lebende PR-Legende – Journalisten mag er gar nicht.

Das Krach-Kanönchen aus Berlin
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Mit welchen Mitteln das Magazin “Cicero” aufzufallen versucht – und dabei manchmal zu fragwürdigen Mitteln greift.