Die gute Nachricht zuerst: BILDblog gibt es ab sofort auch werbefrei.
Und das hat einen Grund. Noch vor ein paar Monaten hatten wir an dieser Stelle geschrieben:
Keine Sorge: Pop-ups, lautstark an den Bildschirm klopfende Frauen, explodierende Banner, Layer zum Wegklicken und ähnliche Werbeformen wird es bei uns nicht geben.
Doch wir müssen uns korrigieren. Denn anders, als wir versprochen hatten, wird es bei uns in den kommenden Tagen wahrscheinlich eine solche Werbeform geben — testweise und weil das die Finanzierung unserer Arbeit erheblich erleichtert. Wir bitten also um Verständnis für unseren Sinneswandel — und bieten alternativ allen, die BILDblog trotzdem lieber komplett ohne Werbung lesen möchten, hier (und oben rechts auf dieser Seite) die Möglichkeit dazu.
Angesichts des Entwurfs eines neuen Schulgesetzes in Schleswig-Holstein fragte “Bild” gestern:
Und das ist schon mal eine lustige Frage, denn die geplante Regelung betrifft männliche Lehrer genauso, aber gut.
Eigentlich bemerkenswert ist aber vor allem, dass “Bild” die Antwort auf die Frage im Artikel schuldig bleibt. Ungefähr zwei Drittel des Textes geben den “Riesenkrach” wieder, den das geplante Gesetz auslöst (der in “Bild” schon zum “Gesetz” wird). Aber warum sich die Landesregierung zur Empörung auch der “Bild”-Zeitung dafür entschied, nicht nur Kopftücher im Unterricht zu verbieten, sondern (außerhalb des Religionsunterrichts) alle religiösen Symbole, das erklärt das Blatt seinen Lesern nicht.
Auch der “Bild”-Kommentar von Willi Schmitt stellt zwar nicht weniger als zehn Fragen, beantwortet aber keine einzige davon, und schon gar nicht die zentrale:
Warum fordert die Große Koalition aus CDU und SPD (…) auf einmal: kein Kopftuch mehr in Schulen, dafür aber auch kein Kreuz mehr?
Dabei lässt sich die Frage relativ leicht beantworten. Die “Süddeutsche Zeitung” tat es am Freitag so:
Der Beschluss der Kieler Regierung entspricht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2003. Das hatte
den Ländern nahegelegt, entweder prinzipiell den Lehrkräften zu erlauben, ihren Glauben symbolisch zu bekennen — oder dies komplett zu verbieten.
(Auch die nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche zum Beispiel ist der Ansicht, dass ein Privileg für christliche Symbole, wie “Bild” es fordert, “verfassungsrechtlich zweifelhaft” wäre: Wenn die muslimische Lehrerin kein Kopftuch tragen darf, dürfte auch der Pastor nicht mit umgehängtem Kreuz über den Schulhof gehen. Ein Gesetz in Hessen, das den Beamten im öffentlichen Dienst das Tragen von Kopftüchern verbietet, christliche Symbole aber erlaubt, verstößt nach Ansicht der hessischen Landesanwältin gegen die Verfassung. Und das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat vor kurzem einer muslimischen Lehrerin Recht gegeben, die gegen das baden-württembergische Kopftuchverbot geklagt hatte.)
Natürlich kann man darüberstreiten, wie man am besten mit den symbolträchtigen Kopftüchern in der Schule umgehen soll. “Bild” aber hat sich entschieden, kein Risiko einzugehen, dass die Leser womöglich zu einem anderen Urteil kommen als ihre Zeitung, die diese Debatte über die Grundwerte der deutschen Verfassung für eine “Gespenster-Diskussion” hält, und lässt sicherheitshalber die entscheidenden Fakten einfach weg. “Bild” macht aus der echten Frage, warum Lehrer kein Kreuz mehr tragen sollen, eine rhetorische — und lässt die Beschlüsse der Politiker dadurch, dass sie sie einfach nicht erklärt, schlicht unerklärlich erscheinen.