Archiv für Juni 9th, 2005

Blond

“Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) etwa will seine Pressesprecherin Andrea Weinert von Gehaltsstufe A 16 (rd. 5480 Euro) auf B 6 (rd. 7206 Euro) hieven.”

So stand es am vergangenen Montag unter der Überschrift “Massenbeförderung bei Rot-Grün” in “Bild”. [Der Text ist aus anderen Gründen z.Zt. nicht online…] Tags drauf hieß es dann über “die Blitzkarriere der blonden Kollegin” abermals (und ausführlicher):

“Andrea Weinert (46), seit 2003 seine Pressesprecherin, darf sich drei Monate vor der Bundestagswahl auf einen deutlichen Karrieresprung freuen – von Besoldungsstufe A16 (ca. 5480 Euro/Monat) auf B6 (7206 Euro).”

Und zum Auftakt ihrer neuen Reihe “Dichtung und Wahrheit” hat die “Financial Times Deutschland” die Wahrheit aufgeschrieben. Sie lautet (laut “FTD”):

“Weinerts Beförderung stand seit über einem Jahr fest. Die Pressesprecherin hatte ihren Posten Ende 2002 angetreten. (…) Nach drei Monaten Probezeit wurde sie auf B 6 (7206 Euro) hochgestuft. Das entsprach ihrem Rang als Leiterin der Unterabteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Im Sommer 2004 entschied sich Weinert für eine Verbeamtung. Da der Einstieg in den Beamtendienst formal nur in Stufe A 16 möglich war, verzichtete sie zunächst auf das höhere Gehalt. Mit dem Personalrat wurde Mitte 2004 vereinbart, dass Weinert zum 1. August 2005 in ihre ‘alte’ Gehaltsstufe B 6 zurückkehrt.”
(Hervorhebungen von uns.)

Mit Dank an Patrick W. für den Link.

Allgemein  

Betr.: “Thai-Hure boxt deutschen Sex-Tourist k.o.”

“Die Zeit” berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe unter dem Titel “Zum Abschuss freigegeben” über Menschen, die zu “Medienopfern” werden. Es geht — natürlich — auch um “Bild”, unter anderem um Friedrich F.:

Friedrich F., 53 Jahre alt. Der gebürtige Bayer lebt seit geraumer Zeit in Thailand, in einem kleinen Bungalow im Urlauberparadies Pattaya. (…)

Vergangenen Sommer ist der Deutsche in seinem Bungalow von zwei Unbekannten überfallen und ausgeraubt worden. Das Opfer wurde dabei verprügelt, das Gesicht war voller Blutergüsse und Schwellungen. Als Friedrich F. zur Polizeistation kam, sei da “ein Haufen Reporter” gewesen. Keiner habe mit ihm gesprochen, sagt er, aber es seien Fotos von seinem zerschundenen Gesicht gemacht worden. Eines davon fand den Weg zur Bild-Zeitung. Und die kolportierte eine passende Geschichte dazu, Überschrift: Thai-Hure boxt deutschen Sex-Tourist k. o. Im Text heißt es, “Geschäftsmann Friedrich F.” habe “ein Thai-Mädchen” engagiert und ihr “viel Geld für ein privates Pornovideo” versprochen. Nach dem Sex habe F. nicht zahlen wollen. Wie von Sinnen habe dann “die Hure” auf ihn eingeschlagen. “Vergeblich versuchten andere Prostituierte und die Bordellchefin dazwischenzugehen.” In das Foto mit F.s malträtiertem Gesicht hat Bild noch vier spärlich bekleidete thailändische Prostituierte im Hintergrund montiert.

Die Mutter von Friedrich F. in Bayern hatte den Bericht als Erste entdeckt. Ihr fiel niemand anderes ein als Günter Wallraff, an den sie sich wenden konnte. Der vermittelte den Hamburger Anwalt Helmuth Jipp. Eine Unterlassungserklärung habe Bild schon abgegeben, sagt er, nun wolle er noch auf Widerruf klagen und ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro für seinen Mandanten erstreiten. Das Landgericht Hamburg hat Friedrich F. dafür Prozesskostenhilfe bewilligt — was das Gericht nicht getan hätte, hielte es die Klage für aussichtslos. (…) Zur Stützung [der eigenen] Version hat Bild inzwischen einen Journalisten für eine “Nachrecherche” nach Thailand geschickt; er soll belegen, dass sich alles so, wie beschrieben, oder zumindest so ähnlich zugetragen habe. Dabei behält Bild sich vor, die Kosten der Recherche bei F. mittels einer “Widerklage” einzutreiben. Opferanwalt Jipp weist darauf hin, dass die umstrittenen Filme von der örtlichen Polizei bislang nicht gefunden wurden, auch sei das gegen F. eingeleitete Verfahren mittlerweile eingestellt worden. “Die Filme gibt es nicht.”

Chefredakteur der “Zeit” ist übrigens Giovanni di Lorenzo, über dessen Privatleben “Bild” gestern rein zufällig groß und faktenarm auf Seite 1 berichtete.

Nachtrag, 10. Juni: Giovanni di Lorenzo hat nach Informationen von fairpress.biz vor Gericht durchgesetzt, dass “Bild” nicht über seine angebliche Beziehung berichten darf.