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Der Anschlag von Berlin und die Medien

Vor knapp fünf Stunden, als bekannt wurde, dass die Berliner Polizei daran zweifele, gestern Abend den Richtigen festgenommen zu haben, sagte ein Moderator von “N24” sinngemäß: Da sehe man mal, was passieren könne, wenn man ungeprüft Dinge verbreite.

Oh ja. Und die Berichterstattung gestern und heute zum Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz zeigt einmal mehr, wie heftig Journalisten in solchen Extremsituationen, die dann auch zu medialen Extremsituationen werden, Gerüchten hinterherjagen, sie in die Welt setzen und am Ende doch wieder zurückrudern müssen.

Man könnte an den vielen Artikeln und Live-Streams und TV-Beiträgen rund um das Geschehen am Breitscheidplatz sicher einiges kritisieren. Da wäre zum Beispiel ein Reporter der “Berliner Morgenpost”, der über Facebook Livebilder von Opfern und Helfern zeigte, obwohl die Berliner Polizei explizit darum gebeten hatte, dies nicht zu tun. Einige TV-Sender sollen ähnliche Aufnahmen vom Weihnachtsmarkt verbreitet haben, mit Zooms auf Opfer, die gerade behandelt wurden. Die “Berliner Morgenpost” hat ihr Video inzwischen gelöscht.

Oder diese Bitte der Polizei …

… die Bild.de nicht im Geringsten interessierte:

Bleiben wir aber mal bei dem einstigen Tatverdächtigen, der gerade erst wieder von der Polizei freigelassen wurde, und den Berichten über ihn. Die Spekulationen, Mutmaßungen und Ratereien über ihn zeigen, wie hysterisch Medien agieren, wie sie Halbwissen herausposaunen, sich widersprechen.

Um 23:16 Uhr verkündete Welt.de, dass es sich bei dem angeblichen Täter um einen Tschetschenen handele:

“Unbestätigte Informationen”, soso. Sowieso war Welt.de gestern und heute immer ganz vorne mit dabei, wenn es Neuigkeiten gab — egal, ob diese nun richtig oder falsch waren. Nur 16 Minuten nach der Tschetschenen-Meldung tauchten die nächste “unbestätigten Informationen” bei Welt.de auf:

Da war das Gerücht mit dem Tschetschenen aber schon raus und bei anderen Portalen aufgetaucht, auch weil “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt die Falschinformation seines Teams über den Twitter-Account des “Zeit Magazins” verbreitete, wo er momentan Gast-Twitterer ist. Der Tweet des “Zeit Magazins” ist inzwischen gelöscht. Die Journalistin Lena Niethammer hat das Ganze aber dokumentiert:

Um 1:24 Uhr brachte das Onlineteam der “Berliner Zeitung” die nächste Nationalität ins Spiel:


Bild.de übernahm dann sowohl Pakistan als auch Afghanistan als Herkunftsland und erklärte den Festgenommenen direkt zum “Todes-Fahrer von Berlin”:

Die Onlineredaktion der “B.Z.” machte den Verdächtigen ebenfalls schon zum “Täter” und produzierte diese merkwürdige Überschrift:

Als heute, am frühen Nachmittag, bekannt wurde, dass die Ermittler sich nicht mehr so recht sicher seien, ob der festgenommene Mann aus Pakistan tatsächlich der Fahrer des Lkw ist, hatten zahlreiche Medien schon etliche Informationen über ihn verbreitet: Alter, Herkunft, dass er als Flüchtling gekommen sei, wo und wann er die Grenze nach Deutschland übertreten habe. Jetzt, wo es so scheint, als habe er nichts mit der Tat zu tun, stellt es sich als großes Glück heraus, dass bisher kein Foto von ihm veröffentlicht wurde.

In der Zwischenzeit haben auch die Medien Zweifel bekommen. Völlig egal, dass sie vorher schon vermeldet haben, dass der Verdächtige auch der Täter sei. Hier zum Beispiel Bild.de:


Das Gegenteil von all dieser Hysterie und dem Gerüchtehinterherlaufen wäre: abwarten, die ermittelnden Behörden ihre Arbeit machen lassen, dann berichten, wenn es gesicherte Fakten gibt. Das machen viele Redaktionen auch. Zu viele aber auch nicht. “Zeit”-Journalist Yassin Musharbash schlägt vor: “An einem Tag wie diesem heißt es geduldig sein.”

*Nachtrag, 21. Dezember: Ziemlich früh nach den ersten Meldungen zum Vorfall am Breitscheidplatz nannte die “heute”-Redaktion des “ZDF” bei Twitter den eigentlichen Fahrer des Lkw aus Polen als Verursacher. Die Redaktion bezog sich dabei auf eine angebliche Feuerwehrmeldung:

Wenige Minuten später schickte das “ZDF”-Team eine Korrektur raus:

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Bild  

“Bild” liefert falsches Futter für Islamhasser und rechte Hetzer

“Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner hat sich entschieden: “Die schlimmste Nachricht dieser Tage” ist die “verbotene Weihnacht” an einer Istanbuler Schule, schlimmer noch als “Aleppo” und “Attentate”:

Das Weihnachtsverbot ist für mich die Grenze.

Es ist ein Kulturbruch geschehen.

Christen sollen nicht mehr Weihnachtslieder singen. Für mich ist das die schlimmste Nachricht dieser Tage.

Mit riesigem Schrecken dürfte Franz Josef Wagner heute bei der täglichen “Bild”-Lektüre festgestellt haben, wie das Weihnachtsfest und die christliche Tradition angeblich überall in Deutschland geschändet wird. Zu ihrem Arikel über das “WEIHNACHTSVERBOT an türkisch-deutscher Schule” (das inzwischen wieder aufgehoben ist) …

… haben die Festtagsexperten von “Bild” für ihre heutige Ausgabe nämlich eine Übersicht zusammengestellt, wo überall in der Republik das Abendland so untergeht:

Was das zeigen soll, ist klar: Die grünlinksversifften Multikultispinner, ob in Hildesheim, Berlin-Kreuzberg, Kassel oder sonst wo, kuschen vor all den zugewanderten Muslimen, werfen vor lauter politischer Korrektheit unsere christlichen Werte über Bord und verleugnen unsere Tradition. Weihnachtsmärkte? Christstollen? Alles futsch! Passt mal besser auf, dass Weihnachten nicht bald ganz verboten wird.

Nur: So gut wie keiner der Punkte, die “Bild” nennt, stimmt. Der Reihe nach:

  • Christophorusschule

“Bild” schreibt:

Der Chor der Christophorus-Schule in Hildesheim verzichtete beim Weihnachtskonzert auf Lieder mit “christlichem Bezug”, weil Flüchtlinge dabei waren. Später dementierte die Schule den Zusammenhang.

Erstmal: Die Christophorusschule liegt nicht in Hildesheim, sondern in Elze, westlich von Hildesheim. Das Gerücht, dass die Schule “beim Weihnachtskonzert auf Lieder mit ‘christlichem Bezug'” verzichtet haben soll, stammt von der “Hildesheimer Allgemeinen Zeitung”. Und tatsächlich dementierte die Schule den Zeitungsbericht (PDF):

Die missverständliche und inhaltlich falsche Berichterstattung der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 09.12.2016 über das CJD Weihnachtskonzert in Sarstedt hat einige Fragen aufgeworfen.

In diesem Zusammenhang möchten wir auf Folgendes hinweisen:

1. Die CJD Christophorusschule Elze hat bei keinem der diesjährigen Weihnachtskonzerte auf Lieder christlichen Inhalts verzichtet.

2. Der Autor des Artikels, Herr Peter Hartmann, war bei keinem unserer Konzerte anwesend.

3. Das Programm des Konzerts am 03.12.2016 in der Kirche der Heilig Geist Gemeinde, Sarstedt, besteht aus 26 Weihnachtsliedern und Werken, die alle einen christlichen Bezug aufweisen.

4. Die Teilnahme von Schülern der Sprachlernklasse hat den christlichen Charakter des gesamten Programms in keiner Weise verändert.

Im Programmheft des Konzerts (PDF) findet man Lieder wie “Maria durch ein Dornwald ging” oder “Weil Gott in tiefster Nacht erschienen” oder “Amen”. Die zwei Songs, die Mitglieder der “Chorklasse I” und der Sprachlernklasse (das sind vermutlich die Flüchtlinge, von denen “Bild” schreibt) gesungen haben, sind “Macht euch bereit” von Rolf Zuckowski:

Macht euch bereit!
Macht euch bereit!
Jetzt kommt die Zeit
auf die ihr euch freut.
Bald schon ist Weihnacht
fröhliche Weihnacht.

Und “Still senkt sich die Nacht hernieder” von Gerhard Wohlgemuth:

Still senkt sich die Nacht hernieder.
Rings das Land liegt tief verschneit
und es klingen alte Lieder:
O du schöne Weihnachtszeit!
O du schöne Weihnachtszeit!

Klingt nicht gerade so, als hätte die Christophorusschule “die christlichen Wurzeln des Weihnachtsfestes unterschlagen.”

  • Kreuzberger Wintermarkt

In Berlin-Kreuzberg heißt ein Weihnachtsmarkt “Kreuzberger Wintermarkt”, um andere Religionen zu schonen.

Um den “Kreuzberger Wintermarkt” haben die “Bild”-Medien schon einige Märchen gesponnen. Die “Bild am Sonntag” fragte vor zwei Jahren beispielsweise:

Und schrieb dazu:

Wird auf dem Altar der politischen Korrektheit die christliche Tradition geopfert?

Sowie:

Natürlich ist die Institution Weihnachtsmarkt an sich nicht wichtig. Aber wo führt es hin, wenn es schon verpönt ist, das Wort Weihnachten nur im Munde zu führen? Sind das christliche Erbe, unsere Kultur, unser Selbstverständnis, unser Wertekanon, auf das Treiben einer “Religionsgemeinschaft” geschrumpft?

Wir haben damals beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg nachgefragt, ob es stimmt, dass sich der Markt “Wintermarkt” nennen musste, weil die Politik das aus Rücksicht vor Religionen oder Ausländern so wollte. Ein Sprecher sagte uns:

Ich kann alle beruhigen: Das Abendland bleibt weiter bestehen, genauso wie die Weihnachtsmärkte in Friedrichshain-Kreuzberg — in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren. Wie die Märkte sich nennen, ist uns total egal.

Und auch eine Sprecherin des “Kreuzberger Wintermarktes” bestätigte uns damals, dass ihr Team den Namen und das Konzept aus freien Stücken gewählt habe, ohne politische Einflussnahmen oder Rücksicht auf Vorschriften.

Damit liegt “Bild” schon mal in zwei Punkten daneben.

  • Wintermarkt Flughafen München

(…) um andere Religionen zu schonen. Ähnlich: “Wintermärkte” am Münchner Flughafen

Hier können wir es recht kurz machen: Der Markt, der aktuell am Flughafen in München aufgebaut ist, heißt gar nicht “Wintermarkt”, sondern “Weihnachts- und Wintermarkt”:

Eine Sprecherin des Flughafens sagte uns, dass man den Zusatz “Wintermarkt” mit in den Namen genommen habe, weil der Markt bis zum 30. Dezember geöffnet habe. Und dann sei Weihnachten ja schon lange vorbei. Vorher gibt es allerdings reichlich Aktionen mit christlichem Bezug: Das Christkind schaue vorbei, Besucher könnten Adventskränze binden, an den Ständen gebe es Christbaumschmuck zu kaufen. Kurzum:

Nein, wir verstecken Weihnachten nicht.

  • Wintermarkt Gundelsheim

(…) um andere Religionen zu schonen. Ähnlich: “Wintermärkte” am Münchner Flughafen, in Gundelsheim

Der eintägige Wintermarkt im bayerischen Gundelsheim fand dieses Jahr am 19. November statt. Und das ist auch der Grund, warum er Wintermarkt und nicht Weihnachts- oder Christkindlmarkt heißt. Eine Sprecherin sagte uns, dass man damit durchaus Rücksicht auf eine Religion nehme — auf die christliche:

Den Namen haben wir wegen der Katholiken gewählt. Unser Markt findet immer am Samstag vor dem 1. Advent statt, also nicht in der Weihnachtszeit. Da können wir ihn doch nicht einfach “Weihnachtsmarkt” nennen.

Weihnachtliche Elemente gebe es aber trotzdem: Ein Nikolaus überrasche die Kinder, die örtlichen Vereine spielten vorweihnachtliche Musik.

  • Wintermarkt Altmannstein

(…) um andere Religionen zu schonen. Ähnlich: “Wintermärkte” am Münchner Flughafen, in Gundelsheim und Altmannstein (Bayern).

Der Wintermarkt im bayerischen Altmannstein dauert drei Tage, liegt aber ebenfalls nie in der Adventszeit. Deswegen, so eine Sprecherin, habe man ihn nicht Christkindl-, Advents- oder Weihnachtsmarkt genannt, sondern Wintermarkt: “Der Name würde der Sache sonst nicht gerecht werden.”

Auch in Altmannstein gebe es einen Nikolausauftritt, Chöre sängen Weihnachtslieder. Außerdem könne man an den Ständen Weihnachtskrippen und ähnliches kaufen.

  • Kita in Kassel

Eine städtische Kita in Kassel verzichtete wegen muslimischer Kinder auf ihr Weihnachtsfest.

Grundlage für diese Behauptung dürfte ein Bericht der “Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen” über die Kita im Kasseler Sara-Nussbaum-Haus sein:

Anna Janz, die Jugend-Stadträtin in Kassel, hatte in einem Interview auf der Website der Stadt auf die Vorwürfe geantwortet:

Frau Janz, die HNA titelte „Weihnachten fällt im Kindergarten aus“. Stimmt das?

Anne Janz: Nein, natürlich nicht. In allen städtischen Kindertagesstätten werden die mit dem Weihnachtsfest verbundenen christlichen Traditionen gelebt. Das gilt selbstverständlich auch für die Kita Sara-Nussbaum-Haus. Die Behauptung, dort falle das Weihnachtsfest regelmäßig aus, ist schlicht falsch.

Und:

Die Kritik bezog sich ja konkret auf die Kita Sara-Nussbaum-Haus. Es hieß, die Erzieherinnen dort verzichteten mit Verweis auf die unterschiedlichen Kulturen der Kinder auf christliche Rituale.

Anne Janz: Auch in der Kita Sara-Nussbaum-Haus wird, wie in allen anderen städtischen Einrichtungen, seit Jahren und auch dieses Jahr die Vorweihnachtszeit festlich gestaltet. Die Aussage, dass in den vergangenen Jahren das Weihnachtsfest ausgefallen ist, ist falsch.

In allen Gruppen gibt es einen Adventskalender, aus dem an jedem Tag ein anderes Kind ein “Geschenk” erhält. In jeder Gruppe steht ein Adventskranz, mit den Kindern wird gebastelt, die Kita wird geschmückt und auch dort werden Weihnachtsplätzchen gebacken. In einer der Gruppen wird seit mehreren Jahren in der Adventszeit ein Märchen-Theaterstück eingeübt und den Eltern bei einer Feier vorgeführt. Und der Nikolaus besuchte in den vergangenen Jahren auch die Kinder im Sara–Nussbaum-Haus.

Die Adventszeit und die Nikolausfeier finden statt und werden traditionell und adventlich begangen.

Das Weihnachtsfest an sich — also die Tage vom 24. bis 26. Dezember — feierten die Kitas in Kassel generell nicht, da sie an den Weihnachtsfeiertagen geschlossen seien, so Janz.

Vor knapp zwei Wochen, am 6. Dezember, gab es in der Kita Sara-Nussbaum-Haus ein Nikolausfest, mit Weihnachtsliedern, Nikolausgeschichte und den muslimischen Kindern, die die “Bild”-Zeitung als falschen Grund für ihre falsche Behauptung anführt.

Sechs der sieben Beispiele, mit denen “Bild” zeigen will, dass in Deutschland “aus Rücksicht auf Muslime die christlichen Wurzeln des Weihnachtsfestes unterschlagen” würden, stimmen nicht (das Beispiel mit der österreichischen Botschaft konnten wir nicht überprüfen, da wir dort niemanden erreicht haben, der uns Auskunft geben konnte). 32 Zeilen gesellschaftlicher Zündstoff, schnell mal falsch zusammengegooglet und den rechten Hetzern, den Islamhassern, den AfD- und “Pegida”-Marschierern als Futter hingeworfen.

Bild  

Wo ein Kläger, da eine Unterlassungserklärung

Wenn “Bild” und Bild.de sich unerlaubt Fotos aus dem Internet besorgen, hat das für Redaktion und Verlag meistens keine Folgen. Es gilt der Grundsatz: Wo kein Kläger, da kein Richter. Soll heißen: Nur die Person, gegen deren Persönlichkeits- und/oder Urheberrecht die “Bild”-Medien durch ihre illegale Fotobeschaffung verstoßen, kann sich juristisch dagegen wehren. Und wenn die das gar nicht mitbekommt oder vielleicht anderes zu tun hat (schließlich handelt es sich häufig um Menschen, die um verunglückte Angehörige trauern), dann passiert nichts.

Der Fanclub “Rote Böcke” — Fans der Fußballer des 1. FC Köln — hat einen Fotoklau durch “Bild” mitbekommen, ist dagegen vorgegangen und hat gegen das Blatt einen Sieg einfahren können.

Zur Erinnerung: Anhänger eines anderen Fanclubs des 1. FC Köln hatten bei einem Heimspiel für einige Minuten ein Banner hochgehalten:

Der Spruch “GRÜNGÜRTEL MIT FC ODER MIT GÜRTELN AUF GRÜNE! ;)” bezieht sich auf Aussagen der Kölner Grünen, die gegen eine Ausweitung des FC-Vereinsgeländes im Grüngürtel der Stadt sind. Nun ist der zwinkernde Smiley am Ende des Satzes für eine Einordnung des Banners sicher nicht ganz unwesentlich.

Ohne zu fragen, hat “Bild” sich dieses Foto, das von den “Roten Böcken” stammt, genommen und, nun ja, leicht beschnitten:

Schwups war der Smiley weg. Und schon passte das Plakat besser zur Geschichte, die “Bild” gern erzählen wollte:

Das wollten sich die “Roten Böcke” nicht bieten lassen. Und das mussten sie auch nicht. Der Fanclub erwirkte gegen “Bild” eine Unterlassungserklärung, wie der Vorsitzende Daniel Krebs der FC-Fanwebsite effzeh.com erklärte:

“Sie verpflichten sich, das Foto in Zukunft weder zu vervielfältigen noch zu verbreiten oder anderweitig öffentlich zugänglich zu machen, wie es in dem Artikel geschehen ist. Zusätzlich muss die ‘Bild’ einen geringen Schadenersatz sowie die angefallenen Anwaltskosten zahlen.”

Wenn “Bild” den korrekten Weg gegangen wäre und vorher bei Krebs und den “Roten Böcken” angefragt hätte, ob man das Foto verwenden dürfe, hätte das übrigens auch nichts gebracht:

“Speziell der ‘Bild’ hätten wir das nicht erlaubt — vorher nicht und nachher erst recht nicht. Der Fall hat uns auch mal wieder gezeigt, warum das so ist”, betont Krebs.

Mit Dank an Gero D. und David S. für die Hinweise!

“Merry Christmas” über Aleppo

So sieht die heutige Titelseite des “Tagesspiegel” aus:

Die Redaktion hat sich dazu entschlossen, auf der ersten und auf den drei folgenden Seiten große Fotos aus Syrien zu drucken, die das schreckliche Leid der Menschen dort zeigen. Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff schreibt dazu:

Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Darum zeigen wir heute viele Bilder: Damit sie uns sagen, was in Syrien geschieht. Wir hören davon, wir berichten darüber, so gut es geht, so gut wir können, wir kommentieren, was sein sollte — aber nichts ist authentischer als die Authentizität des Augenblicks.

Und, gerichtet an seine Leser:

Sie mögen einwenden, dass wir auf eine andere, durchdachte, reflektierte, intellektualisierte Ebene heben sollten, was dort, in Syrien, in Aleppo geschieht. Und Sie hätten recht mit dem Einwand. Aber das haben wir getan, Mal um Mal. Das werden wir auch weiter tun, vermutlich noch viele Male. Weil die Tragödie, steht zu befürchten, mit dem Fall von Aleppo nicht enden wird. Heute aber unterbrechen wir den Fluss der Nachrichten und Analysen, der Worte, der vielen tausend. Wir zeigen Bilder. Und das, was Menschen, die in diesen Bildern wohnten, der Welt geschrieben haben.

Casdorff beendet seinen Text mit dem Satz: “Wir hoffen, Sie verstehen. Die Bilder. Und uns.”

Es klingt nach einer Rechtfertigung, die eigentlich gar nicht nötig ist. Die Entscheidung der “Tagesspiegel”-Redaktion ist völlig legitim und in unseren Augen eine gute. Genauso gut finden wir beispielsweise auch, dass Bild.de heute morgen die Startseite für eine Stunde komplett der grausamen Situation in Aleppo gewidmet hat. Mediale Aufmerksamkeit für die Menschen in Aleppo und Kritik an den Gräueltaten des Assad-Regimes sind notwendig.

Was so gar keine glückliche Entscheidung des “Tagesspiegel” war: Eine — vermutlich schon länger geplante — Werbeaktion für heute nicht abzusagen. Denn so sieht die “Tagesspiegel”-Titelseite aus, wenn man sie in Berlin am Kiosk kauft:


Einem leidenden Jungen aus Aleppo einen dicken Aufkleber ins Gesicht zu pappen, der frohe Weihnachten wünscht und “15% Rabatt auf Schmuck und Uhren” im Onlineshop eines edlen Juweliers verspricht, ist so grotesk, dass es fast schon wieder ein treffender Kommentar zur aktuellen Lage in dieser Welt und zum Desinteresse vieler Menschen an der Situation in Syrien sein könnte. Leider ist es aber nur eine völlig deplatzierte Werbung.

Mit Dank an Joachim P. für den Hinweis!

Nachtrag, 16:59 Uhr: Der “Tagesspiegel” hatte sich heute morgen für den Fauxpas entschuldigt:

Mit Dank an @levinuzz für den Hinweis!

Nachtrag, 16. Dezember: Auf der Titelseite der heutigen Ausgabe hat sich die “Tagesspiegel”-Redaktion für die “Kombination von Titelbild und Werbung” entschuldigt:

Fehlierer des Tages

Hier im BILDblog schauen wir uns die kleinen Dämlichkeiten und das große Schlimme in deutschsprachigen Medien an. Wenn zum Beispiel Persönlichkeitsrechte verletzt werden, schreiben wir darüber. Oder wenn eine Zeitung eine Kampagne gegen eine ganze Nation fährt. Oder wenn sie schlicht faktisch falsch berichtet. Sowas halt.

Über Rechtschreibfehler bloggen wir in der Regel nicht. Kann ja mal passieren (und passiert uns auch immer wieder). Nur wenn wir sie besonders amüsant finden, greifen wir Verschreiber auf, dann aber meist auch nur in unserem Twitter-Kanal oder auf unserer Facebook-Seite.

“Bild” und Bild.de sind da deutlich gnadenloser. Einmal aus Versehen ein “e” zu viel getwittert — und schon ist man auf der “Bild”-Titelseite “Verlierer” des Tages und muss die Häme der “Bild”-Rechtschreibprofis über sich ergehen lassen:

Volker Herres hat inzwischen auf seinen, nun ja, “Fehler” reagiert:

“Gewinner” des Tages ist heute übrigens George Michael mit seinem “Wham!”-Song “Last Christmas”. Muss man auch erstmal drauf kommen.

Nachtrag, 13:41 Uhr: Weil manche Leser sich über das “Twietter” im “Bild”-“Verlierer”-Text wundern: Wir sind uns ziemlich sicher, dass das Absicht ist und witzig sein soll. Gleiches gilt für “Programmdierektor” und “krigeste”. So viele Rechtschreibfehler auf so wenigen Zeilen bekommt nicht mal “Bild” aus Versehen hin.

RTL  

Thilo Sarrazins falsche Fakten über Flüchtlinge

Ich schüre keine Ängste, sondern ich bringe Fakten.

Das hat Thilo Sarrazin gesagt, als er vorgestern bei “RTL” auf dem “heißen Stuhl” saß.

Die Show “Der heiße Stuhl” gab es vor vielen Jahren schon mal, zuletzt 1994, jetzt hat “RTL” eine Neuauflage gewagt. Das recht simple Prinzip damals wie heute: Ein Mensch mit steiler These präsentiert seine steile These, andere Menschen mit ebenfalls klarer Meinung dürfen dagegenhalten. Und dieser Mensch mit steiler These war nun eben “der umstrittene Buchautor Thilo Sarrazin”.

Das Thema der Folge (Video, 42:13 Minuten) lautete: “Ein Jahr nach Köln — wie sicher ist Deutschland?” Sarrazin hatte eine wenig überraschende Antwort auf diese Frage: so gar nicht sicher. Angst wolle er damit aber nicht machen, nein, nein, sondern einfach mal Fakten nennen. Auffallend häufig betonte der frühere Berliner Finanzsenator, dass er dasunddas in Statistiken gelesen habe und dass niemand etwas gegen dieunddie Fakten sagen könne. In der Regel handelte es sich dabei um Fakten und Statistiken, die seine These vom sich abschaffenden Deutschland unterstützen.

Ein zentraler Punkt dabei: der Anteil junger muslimischer Männer unter den Flüchtlingen hier in Deutschland. Sarrazin sagte zu Beginn der Sendung:

Ich kann nur sagen, was man sehen kann aus den Fakten und aus dem, was man weiß, und den Statistiken. Und es ist erstmal sowieso ein Problem, unabhängig davon, ob jemand muslimisch ist oder nicht, wenn man jung ist, ist man jung, und wenn man jung ist und Mann, möchte man gerne auch was haben mit Mädchen und mit Frauen. Und wenn also eine Million junge Männer ins Land kommen, ohne Zugang zu Mädchen und Frauen, ist das schon sowieso ein Problem. Und es ist ein besonders großes Problem, wenn sie Muslime sind, denn sie haben ja keinen Zugang zu muslimischen Frauen. Sie können sich also nur an sogenannte “ungläubige Frauen” halten.

Mal den ganzen Quatsch vom “wenn man jung ist, ist man jung” beiseite: eine Million junge Männer seien laut Sarrazin als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

Wenig später sagte er in Richtung des Grünen-Politikers Kai Gehring, der ihn kritisiert hatte:

Herr Gehring, sie wollen doch einfach die Fakten nicht wissen. Erstmal, von denen, die kamen: Es sind bis jetzt in diesem Jahr 1,3 Millionen. Von denen sind 70 Prozent junge Männer.

70 Prozent von 1,3 Millionen Flüchtlingen sind 910.000. Nun also: 910.00 junge Männer seien laut Sarrazin 2016 als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

Dass der Zeitraum nicht so ganz stimmt, merkte er kurz darauf und korrigierte sich:

Es kamen ab dem Anfang vergangenen Jahres bis jetzt 1,3 Millionen, davon 890.000 im letzten Jahr. Und davon 70 Prozent junge Männer.

Jetzt aber: 910.000 junge Männer seien laut Fakten-Narr Sarrazin seit 2015 als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

Ende September dieses Jahres verkündete Bundesinnenminister Thomas de Maizière, dass 2015 rund 890.000 Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Er sagte auch, dass vom 1. Januar bis zum 21. September 2016 knapp 210.000 neue Flüchtlinge gezählt wurden. Rechnet man diese Zahl aufs komplette Jahr hoch, dürften 2016 in etwa 290.000 Flüchtlinge hergekommen sein. Insgesamt, für 2015 und 2016 zusammen, also 1,18 Millionen. Die “1,3 Millionen” kann man Thilo Sarrazin schon durchgehen lassen.

Und davon sollen “70 Prozent junge Männer” sein? Ach, Du liebes bisschen!

Aus welcher Statistik Thilo Sarrazin diese Zahl hat? Das hat er auf dem “heißen Stuhl” nicht verraten. Gut möglich aber, dass er sie von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und/oder “Spiegel Online”-Kolumnist Jan Fleischhauer übernommen hat. Die beiden haben sie nämlich vor etwas über einem Jahr in die Welt gesetzt. Neuköllns früherer Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky hat sie nachgeplappert. So viel vorweg: Sie stimmt nicht.

Ein Blick auf offizielle Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigt: Der Anteil junger Männer ist deutlich geringer als von Palmer, Fleischhauer, Buschkowsky und Sarrazin behauptet. So verteilten sich die Asylerstanträge 2015 auf Männer und Frauen, aufgeschlüsselt nach Altersgruppen (PDF; schon klar, die Asylantragssteller sind nicht komplett deckungsgleich mit den nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen. Da die Zahl der Asylanträge aber inzwischen sehr hoch ist, glauben wir, dass sie auch Aufschluss über die Zusammensetzung der hier lebenden Flüchtlinge geben kann):

Altersgruppe männlich weiblich
bis unter 16 64.475 52.533
16 bis unter 18 16.253 4.218
18 bis unter 25 88.121 21.551
25 bis unter 30 50.828 16.430
30 bis unter 35 32.923 13.775
35 bis unter 40 21.216 10.023
40 bis unter 45 13.704 6.490
45 bis unter 50 8.557 4.291
50 bis unter 55 4.711 2.778
55 bis unter 60 2.386 1.859
60 bis unter 65 1.294 1.088
65 und älter 1.116 1.279
Gesamt 305.584 136.315

Der Anteil der “jungen Männer” (18 bis einschließlich 34 Jahre) liegt für 2015 nicht bei 70, sondern bei 39 Prozent. Und selbst wenn man die Gruppe großzügiger fasst (16 bis einschließlich 39 Jahre), landet man nur bei einem Anteil von 47 Prozent.

Die BAMF-Zahlen für 2016 (Januar bis einschließlich November) haben wir uns ebenfalls besorgt (PDF):

Altersgruppe männlich weiblich
bis unter 16 116.981 95.435
16 bis unter 18 32.873 8.076
18 bis unter 25 125.669 39.681
25 bis unter 30 70.148 28.832
30 bis unter 35 44.568 23.075
35 bis unter 40 28.482 15.961
40 bis unter 45 17.345 10.159
45 bis unter 50 11.370 7.211
50 bis unter 55 6.532 4.875
55 bis unter 60 3.782 3.138
60 bis unter 65 2.275 2.039
65 und älter 1.834 2.151
Gesamt 461.859 240.633

Hier liegt der Anteil der “jungen Männer” (18 bis einschließlich 34 Jahre) bei 34 Prozent. Erweitert man die Gruppe (16 bis einschließlich 39 Jahre), kommt man auf 43 Prozent.

Für 2015 und 2016 (bis einschließlich November) zusammen ergibt das einen Anteil von 36 Prozent (18 bis einschließlich 34 Jahre) beziehungsweise 45 Prozent (16 bis einschließlich 39 Jahre).

Es ist richtig, dass Männer den deutlich größeren Teil der 1,144 Millionen Menschen bilden, die seit 2015 hier einen Erstantrag auf Asyl gestellt haben. Sie machen etwa 67 Prozent aus — oder in absoluten Zahlen: rund 767.000. Dazu zählen allerdings auch knapp 181.000 Jungs, die jünger als 16 Jahre sind. 412.000 sind 18 bis einschließlich 34 Jahre alt. Zur Erinnerung: Sarrazin sprach von 910.000 “jungen Männern”.

Nun geht es Thilo Sarrazin dabei ja nicht um “junge Männer” im Allgemeinen, sondern ganz speziell um junge muslimische Männer, weil er diese wohl für besonders gefährlich hält. Im Jahr 2015 waren 73,1 Prozent aller Personen, die einen Erstantrag auf Asyl gestellt haben, Angehörige des Islam (PDF, Seite 25). Nimmt man an, dass sich dieser Wert in 2016 nicht sonderlich geändert hat, sind 301.000 junge muslimische Männer seit Anfang 2015 nach Deutschland gekommen.

Im Verlauf der “RTL”-Sendung sagte Sarrazin zu seinen Kontrahenten: “Sie wollen die Basisfakten leugnen, damit Sie weiter in Ihrer Scheinwelt leben können.” Er selbst leugnet Basisfakten nicht, sondern bringt falsche ins Spiel, um weiter in seiner eigenen Scheinwelt leben zu können. In Kombination mit seiner zweiten zentralen Behauptung, dass junge muslimische Männer gewalttätiger sind als andere, baut er seine Drohkulisse auf: Es sind unglaublich viele von denen hergekommen, und die sind auch noch alle irre kriminell. Sarrazin betreibt pure Agitation und nutzt dafür falsche Zahlen.

Polizeigewerkschaftler Arnold Plickert, der sich gegen Sarrazins Thesen positionierte, sagte ganz am Ende von “Der heiße Stuhl”:

Das stört mich immer an Statistiken: Die kann man jetzt hier in den Raum werfen, und dann können die Menschen das hier glauben oder nicht glauben.

Sarrazin antwortete darauf:

Ja, mir sollen sie besser glauben.

Nein, Thilo Sarrazin, das sollte die Menschen auf gar keinen Fall!

Mit großem Dank an Martin S. für den Hinweis!

Nichts ist so alt wie die falsche Burkini-Meldung von vor vier Monaten

Als der Axel-Springer-Verlag im September 2015 für viele Millionen US-Dollar die Mehrheit an “Business Insider” erwarb und gut zwei Monate später verkündete, auch eine deutsche Version der Nachrichtenseite für Wirtschaftsthemen an den Start gebracht zu haben, waren die Versprechen ziemlich vollmundig: von “innovativem digitalem Journalismus” war da die Rede, von “kompetent und unkonventionell”, vom “typischen Business-Insider-Stil mit seiner unverwechselbaren Erzählweise”.

Dieser “typische Business-Insider-Stil” kommt einem nach eingehender Prüfung vor allem wie eins vor: Clickbait (gut möglich, dass wir bald mal unsere Clickbait-Taskforce dort vorbeischicken). Drei zufällig ausgewählte Facebook-Posts der Redaktion von heute, die zeigen, wie “Business Insider Deutschland” in dem Sozialen Netzwerk auf Leserfang geht:

Der Konzern verlegte die internationale Zentrale von Luxemburg nach London.

Bremerhaven, Gelsenkirchen, Köln, Duisburg und Frankfurt am Main (gemessen wurde das Einkommen im Verhältnis zu den tatsächlichen Lebenshaltungskosten).

Vermutlich hat er in einer Bibel gelesen.

Gestern postete das “Business Insider”-Team diesen Artikel bei Facebook:

“Zum Äußersten” bedeutet in diesem Fall, dass die Polizisten die Frau gezwungen haben sollen, den Burkini auszuziehen.

Und, nein, in Frankreich liegen die Leute nicht im Dezember am Strand. “In den vergangenen Tagen” ist schlicht grob irreführend. Denn die ganze Geschichte — einige werden sich bestimmt erinnern — stammt aus dem August. Genauso der verlinkte “Business Insider”-Text:

Nun ist der Artikel aber nicht nur alt, sondern auch falsch. Die Frau trug nach eigener Aussage gar keinen Burkini, sondern eine Leggins, eine Tunika und ein Tuch um den Kopf. Aber solche Details interessieren die Clickjäger von “Business Insider” natürlich nicht.

Das ständige Neuposten von Clickbait-Artikeln hat übrigens “Focus Online” schon vor einiger Zeit perfektioniert. Wer weiß — vielleicht soll sowas ja auch fester Bestandteil des “unkonventionellen” “Business-Insider-Stils” werden.

Stilecht ohne Recherche

Wie sieht in der Welt eines Bild.de-Redakteurs wohl so ein richtig perfekter Samstag am Arbeitsplatz aus? Er müsste am Schreibtisch sitzen, und — pling! — flattert eine Geschichte rein, in der es um eine Frau “ohne Höschen” geht. Hehe, das wär’s. Noch besser wäre natürlich: ein Model “ohne Höschen”. Und wenn das Schicksal es besonders gut meint, dann ist das nicht nur ein ganz normales Model, sondern ein “‘Victoria’s-Secret’-Model”.

Bingo:

Jaha, “MIT VIDEO”.

Es geht um das ungarische Model Barbara Palvin. Die hat für den Adventskalender des britischen “Love Magazine” die berühmte Szene aus dem Film “Basic Instinct” nachgespielt, in der Sharon Stone bei einem Verhör die Beine überschlägt und dabei keine Unterwäsche trägt.

Nun gibt es das Ganze also mit einem Model, und die Bild.de-Redaktion ist ganz aus dem Häuschen:

Auch sie sitzt rauchend im Verhörraum, stellt sich ganz trocken den Fragen der Ermittler. Endlos-Beine, hoch geschnürte Leder-High-Heels, knappes Kleid, furchtloser Blick: Diese Optik ist ein Augenschmaus. Und die Umsetzung eine der besten “Basic Instinct”-Kopien der vergangenen zwei Jahrzehnte.

Das Highlight: Der gekonnte (!) Beinüberschlag. Natürlich stilecht ohne Höschen!

Der Punkt, dass Barbara Palvin in der Szene kein “Höschen” trägt, ist für die hechelnden Zwischendiebeinegucker von Bild.de ein ziemlich wichtiger. Sie erwähnen ihn noch an mehreren Stellen:

Auftraggeber dieser erneut sinnlichen Verführung ist das berühmte “Love Magazine”. Für seinen jährlichen Adventskalender zieht das Magazin regelmäßig die heißesten Frauen aus. Und im Türchen von diesem Freitag versteckte sich Barbara als Unten-ohne-Happen.

Inszeniert wurde das ungarische Model (lief u.a. schon für “Victoria’s Secret”) so schlüpferlos von Fotograf Phil Poynter.

Barbara Palvin hat das Video aus dem “Love Magazine”-Adventskalender ebenfalls hochgeladen, auf ihrem Instagram-Account. Dazu hat sie geschrieben:

Advent calendar by @thelovemagazine day 9 ! 🎄FYI i am wearing underwear 😉

Es sollte eigentlich recht klar sein, was das heißt. Aber da wir nie so ganz wissen, wie viel die Leute von Bild.de überhaupt verstehen: Barbara Palvin trägt in dem Video durchaus ein “Höschen”.

Mit Dank an Katja für den Hinweis!

Für Sie geklickt (13)

Kurz vor dem Wochenende haben wir unserer Clickbait-Taskforce noch einmal losgeschickt, um nachzuschauen, was hinter den vollmundigen Ankündigungen in Teasern und verlockenden Schlagzeilen steckt. Durch diesen Einsatz können Sie Lebenszeit und Gehirnzellen sparen und sind trotzdem bestens informiert.

Heute: die vergangenen Tage bei der “Huffington Post”.

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Schafen oder Aliens.

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Yoga.

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Seine Freundin fing plötzlich an zu schweben. Könnte aber auch nur ein Fake sein.

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115.

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Hinter ihr schwamm ein Hai.

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Auf dem Zettel lädt das Restaurant alle obdachlosen und älteren Menschen zu einem Drei-Gänge-Menü ein, damit sie an Weihnachten nicht alleine essen müssen.

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“Industrieschnee”, der entstehe, wenn Wasserdampf aus Schornsteinen von Industrieanlagen bei niedrigen Temperaturen aufsteigt.

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Ein Meteorit ist in die Erdatmosphäre eingedrungen und verglüht.

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“Weightless” von “Marconi Union”.

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Starke Führungspersönlichkeiten.

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1. “Du durftest nicht ins Internet, wenn Deine Mutter einen wichtigen Anruf erwartet hat.”
2. “Du hast die Telefonrechnung gesprengt, weil Du zu lange in Chatrooms unterwegs warst.”
3. “Das originale ‘Tamagotchi’ war ausverkauft, deshalb hast Du nur die Billigkopie bekommen.”
4. “Du hast einen Film aus der Videothek ausgeliehen und musstest ihn erstmal zurückspulen.”
5. “Dabei hattest Du doch gar keine Zeit, denn Du musstest den Film am Samstag vor 0 Uhr zurückgeben, sonst musstest Du die Leihgebühr bis Montag zahlen.”

… ach, schenken wir uns den Rest.

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Hat Spaß gemacht, wäre aber nichts auf die Dauer.

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Sie müssen bis zu 119 Euro zahlen, wenn sie in einem Auto rauchen, in dem auch Kinder sitzen.

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Auf dem Foto sitzt ein Kojote neben dem Jungen. Der war aber nur per Photoshop eingefügt.

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Ein anderer Junge plant dort einen Amoklauf. Ist allerdings nur ein Aufklärungsvideo.

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1. “Sie denken schneller”.
2. “Bei Entscheidungen bewerten Linkshänder Informationen auf der linken Seite positiver”.
3. “In einigen Sportarten sind Linkshänder besser als Rechtshänder”.
4. “Die Gehirne von Linkshändern ordnen Gefühle auf andere Weise”.
5. “Linkshänder sind häufig die kreativeren Denker”.

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Verkleidete Menschen.

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Goldbarren und Münzen im Wert von 250.000 Euro.

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Erst beängstigend, dann gut.

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Beten.

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Lieber zu Hause bleiben.

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Na, warum wohl?!

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Bitte. Keine Ursache.

Rechte Likes, gefährliche Links, gesperrte Satire

1. Rechtes Netz
(web.br.de, Niels Ringler, Kira Schacht, Oliver Schnuck & Robert Schöffel)
“Junge Freiheit”, “RT Deutsch”, “Focus Online Politik” — das sind die drei beliebtesten Medien-Facebookseiten der Anhänger von “Pegida Nürnberg”. Ein Team des “BR” hat die Daten von 5880 Facebook-Nutzern ausgewertet, die in dem Sozialen Netzwerk die Seite des bayerischen “Pegida”-Ablegers geliked haben: Wie sind Vertreter des Rechtspopulismus vernetzt? Welchen Nachrichtenseiten folgen die “Pegida Nürnberg”-Fans? Welche Politiker sind bei ihnen am beliebtesten? Das Ergebnis in Hinblick auf Medien: “An die Schlagkraft der Politiker selbst kommen sie in der von uns untersuchten Gruppe (…) nicht heran. Hier wird deutlich, dass die politische Kommunikation nicht mehr auf klassische Nachrichtenmedien als Vermittler angewiesen ist — die direkte Ansprache ist der neue Weg.”

2. LG Hamburg verschärft Linkhaftung
(spiritlegal.com, Jonas Kahl)
Wir können nur hoffen, dass auf keiner der hier verlinkten Seiten ein geklautes und illegal veröffentlichtes Foto zu finden ist. Denn das könnte juristische Folgen haben — für uns! Rechtsanwalt Jonas Kahl berichtet über eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg, “dass auch die bloße Verlinkung auf eine nicht lizenzierte Fotografie eine eigene Urheberrechtsverletzung sein kann.” Bisher habe immer den Grundsatz gegeben: “Ein Link kann keine Urheberrechte verletzen.” Obwohl der Beschluss des Landgerichts für Kahls Kanzlei “Spirit Legal” ein Erfolg bedeutete, sieht er ihn sehr kritisch: “Diese Entwicklung der Rechtsprechung zur Linkhaftung erschüttert das Internet in seinen Grundfesten. (…) Diese ‘Schere im Kopf’ wird mittelfristig massive negative Auswirkungen auf die Informations- und Kommunikationsfreiheit im Internet haben.”

3. “Er ist kein Journalist”
(taz.de, Anne Fromm)
Die Reaktionen auf Jakob Augsteins Entscheidung, den Publizisten Jürgen Todenhöfer zum Herausgeber der Wochenzeitung “der Freitag” zu machen, bewegten sich zu weiten Teilen zwischen Erstaunen und Entsetzen. Im Interview mit Anne Fromm erklärt Augstein seine Wahl und verrät, was er sich von Todenhöfer erhofft (Spoiler: Es geht auch um die “Freitag”-Auflage).

4. Abgehängt
(medienwoche.ch, Jens Mattern)
Viel hört man aktuell nicht über Weißrussland. Jens Mattern interpretiert die “relative Ruhe” als gutes Zeichen, bedeute sie doch eine “gewisse Entspannung”, auch für den unabhängigen Journalismus in der “letzten Diktatur Europas”. Die verbesserte Lage bestätigt ihm Aleksej Dzikawicki: Es gebe derzeit keine Prügel und kein Gefängnis mehr für Journalisten, sagt der Nachrichtenchef eines von Warschau aus betriebenen weißrussischen TV-Senders. Bedroht seien die nicht-staatlichen Medien dennoch, finanziell. Mattern hat sich ihre Lage angeschaut — damit man mal wieder was über Weißrussland hört.

5. Wir müssen endlich über sexuelle Gewalt in Videospielen reden
(broadly.vice.com, Lisa Ludwig)
Über die tatsächlichen und vermeintlichen Auswirkungen von Ego-Shootern auf Gamer und Gesellschaft wird regelmäßig diskutiert. Lisa Ludwig sieht ein ganz anderes Problem mancher Spiele: sexuelle Gewalt. “Deswegen müssen wir nach all den ‘Ego-Shooter’-Diskussionen auch endlich über eine Form der Gewalt reden, die bisher gerne als emotionalisierende Backstory genutzt wird — deren traumatisierendes Potential aber nicht unterschätzt werden darf. Egal für wen.” Ludwig hat einen Anfang gemacht und mit Psychologen und Spieleentwicklern gesprochen.

6. “Facebook ist komplett ironieunfähig”
(faz.net, Andrea Diener)
Wie viele andere (und wir auch) hat sich Tim Wolff am Mittwoch über die “Bild”-Schlagzeile zum “Frauenbild von Flüchtlingen” gewundert. Der “Titanic”-Chefredakteur hat daraufhin eine Collage aus “Bild”-Titelseite, “Nacktmodels, Paparazzi-Fotos und dergleichen” gebastelt und bei Facebook hochgeladen. Die Folge: Er wurde nach eigener Aussage von Facebook gesperrt. Im Gespräch mit Andrea Diener sagt Wolff: “Facebook ist komplett ironieunfähig, während sehr hetzerische Inhalte ganz gut funktionieren. Da muss man auch nicht länger drüber nachdenken. Offenbar darf man nicht mehrdeutig sein, Eindeutigkeit wird verlangt. Selbst wenn die Eindeutigkeit dann sexistisch oder rassistisch ist, bleibt sie stehen.” Die “Titanic” hat zu Wolffs Facebook-Sperre auch eine Pressemitteilung rausgegeben.

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