Nun wird Christine Lieberknecht also doch nicht Übergangsministerpräsidentin in Thüringen. Die CDU-Politikerin und frühere Ministerpräsidentin des Landes habe “ihre Bereitschaft zurück gezogen, eine Übergangsregierung bis zur Durchführung von schnellen Neuwahlen anzuführen”, berichtet die “Thüringer Allgemeine”:
“Ich bin aus der Debatte raus”, sagte sie am Mittwochmorgen unserer Zeitung. Sie habe sich von Anfang an nur für die Lösung von Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bereit erklärt. Doch der Widerspruch zu ihrer CDU, die keine schnellen Neuwahlen wolle, lasse sich “nicht auflösen”.
Einzige Alternative für Lieberknecht ist nun eine Koalition von Linke und CDU. “Wer jetzt keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow mit verlässlicher Mehrheit zurück ins Ministerpräsidentenamt verhelfen und dann am besten mit ihm in eine Regierung gehen, ob das nun Projekteregierung oder anders heißt”, sagte sie.
Christine Lieberknecht sagt also, sie sei nur für die Lösung von Bodo Ramelow zu haben gewesen, sie begründet ihre Absage mit der Haltung der CDU und plädiert nun für eine Rückkehr Ramelows ins Ministerpräsidentenamt.
In einer ersten Meldung bei Bild.de klang das etwas anders. Die Redaktion verdrehte Lieberknechts Rückzug zu dieser Schlagzeile:
Und auch bei Twitter verkündete “Bild” die “BREAKING NEWS”:
Die Behauptung, dass Bodo Ramelow “einen Korb” bekommen hat, passt auch viel besser in die Kampagne, die die “Bild”-Medien seit einigen Tagen fahren:
Bild.de hat die Überschrift des Artikels zur Entscheidung von Christine Lieberknecht inzwischen geändert. Sie lautet nun:
Im hessischen Bad Soden-Salmünster soll ein Mann seine Ehefrau getötet haben. Während die “hessenschau” schreibt, dass die Hintergründe der Tat “zunächst unklar” seien, schreiben die “Bild”-Medien, dass sie erfahren hätten, dass die Frau ihren Ehemann verlassen wollte.
Daraus macht Bild.de diese Überschrift, die die Schuld nicht etwa beim möglichen Täter beziehungsweise Tatverdächtigen sucht, sondern beim Opfer:
(Bild.de hat dem Tatverdächtigen einen schwarzen Balken über die Augen gesetzt. Die restlichen Unkenntlichmachungen stammen von uns.)
Mit Dank an Maximilian B., sax und @RAJendricke für die Hinweise!
Und die Geschichte, die Körzdörfer über den südkoreanischen Regisseur, der für “Parasite” jüngst vier Oscars bekommen hat, erzählen kann, passt auch wunderbar: “King Bong”, dessen Film von einer armen Familie handelt, die sich bei einer reichen Familie einnistet, komme ebenfalls aus einer armen Familie:
Er kam von einer armen Familie und war fasziniert vom US-Kino — “Der weiße Hai” oder “Der Pate”.
Eine ähnliche Story ist seine Thriller-Satire “Parasite”.
Story: Eine arme Familie schleicht sich in die Villa von Millionären. Es ist eine Satire, ein Märchen und endet [entfernt wegen Spoilergefahr]. Bong lachend: “Wenn meine Familie so eine Villa haben möchte, würden wir 500 Jahre dafür arbeiten müssen.”
Aber mit 4 Oscars ist sein Wert derartig gestiegen, er wird für seinen nächsten Film 5 Millionen fordern können — und Gewinn-Beteiligung.
Jetzt kann er sich auch eine Villa in Seoul kaufen — oder in Hollywood. Sein Leben ist ein Märchen, das wahr geworden ist.
Wir haben starke Zweifel, dass das alles so stimmt, und dass Bong Joon-ho das so gesagt hat. Eher denken wir, dass Norbert Körzdörfer hier eine Erzählung fabriziert, die zwar passend klingt, aber wenig mit der Realität zu tun hat.
Bong Joon-hos Vater war Professor und Designer. Er verdiente offenbar so gut, dass seine Ehefrau nach der Geburt ihres ersten Kindes ihren Job als Grundschullehrerin aufgeben konnte. Die Familie konnte es sich leisten, dass Bong Joon-ho an der Yonsei Universität studierte, einer privaten Elite-Universität in Seoul. Genauso sein Bruder Bong Joon-soo.
Das Zitat von Bong Joon-ho, dass dessen Familie “500 Jahre” für “so eine Villa” arbeiten müsste, dürfte Norbert Körzdörfer maximal aus dem Zusammenhang gerissen — um nicht zu sagen: erfunden — haben. Es gibt eine ganz ähnliche Aussage am Ende von “Parasite”: Während die Credits laufen, singt die Hauptfigur Kim Ki-woo ein Lied, in dem es darum geht, dass er 564 Jahre arbeiten müsste, um sich das Haus aus dem Film kaufen zu können. Bong Joon-ho hat den Text zu diesem Song zwar geschrieben. Darin schrieb er aber nicht über sich selbst.
Es würde auch nicht so richtig passen, dass die Familie des Regisseurs so lange für eine Villa arbeiten müsste. Ein Bruder ist Professor, eine Schwester unterrichtet ebenfalls an einer Universität. Und auch Bong Joon-ho hatte schon vor “Parasite” enorme Erfolge mit seinen Filmen, auch in kommerzieller Hinsicht: “The Host” aus dem Jahr 2006 hat mehr als 89 Millionen US-Dollar an den Kinokassen eingespielt, “Snowpiercer” (2013) nur etwas weniger. Mit “Okja” (2017) produzierte Bong Joon-ho auch einen Film für Netflix. Das Budget: 50 Millionen US-Dollar. Die Aussage, dass er sich erst “jetzt”, nach seinem Erfolg mit “Parasite”, “auch eine Villa in Seoul” kaufen könne, dürfte also Quatsch sein. Das müsste er schon vorher gekonnt haben.
Nun kann es natürlich sein, dass Bong Joon-ho trotz der hier von uns aufgeführten Punkte aus einer armen Familie kommt und dass er das mit den 500 Jahren irgendwo mal in irgendein Mikrofon gesagt hat. Daher haben wir bei “Bild” und bei Norbert Körzdörfer nachgefragt, woher die Informationen und das Zitat stammen. Wir haben keine Antwort bekommen.
Eine Frau ruft die Polizei, weil ihr Mann sie verprügelt und ihr mit dem Tod gedroht haben soll. Er soll gesagt haben, dass er sie erschießt. Die Polizei rückt an und findet bei dem Mann eine umfangreiche illegale Waffensammlung mit Pistolen, Gewehren, Maschinenpistolen und etwa 10.000 Schuss diverser Munition. Der Mann wird verurteilt und dürfte seinen Job als Pilot verlieren.
Soweit die Geschichte.
Was schreibt die Onlineredaktion des “Münchner Merkur” dazu in ihrer Überschrift?
Und im Teaser?
Ein Pilot des Flughafens München wird wohl seinen Job verlieren. Schuld ist seine Ehefrau. Die hatte ihren Mann an die Polizei verpetzt.
Schuld ist laut Merkur.de also “seine Ehefrau”, und nicht etwa der Ehemann, der illegal Waffen gehortet hat, in mindestens einem Fall gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hat, seine Frau verprügelt und ihr mit dem Tod gedroht haben soll.
Ganz am Ende des Artikels liefert Autor dann noch einen weiteren Verharmlosungshöhepunkt:
Weniger glimpflich ging ein Ehestreit in Töging am Inn aus. Ein Mann erstach mit einem Küchenmesser seine Ehefrau — in der gemeinsamen Wohnung. Weniger tragisch dafür recht kurios verlief eine Ehestreit in Dachau. Dort würgte ein Mann seine Ehefrau im Streit — und bewarf sie mit einem Fahrrad.
Schon “recht kurios”, wenn Ehefrauen von ihren Männern gewürgt und mit Gegenständen beworfen werden.
Nachtrag, 14:19 Uhr: Die Merkur.de-Redaktion hat offenbar nicht so richtig verstanden, was an ihrem Artikel problematisch ist. In einem Versuch einer Schadensbegrenzung verschlimmbesserte sie Dachzeile und Überschrift in:
Dass die Ehefrau “schuld ist”, ist aus dem Teaser verschwunden. Dafür steht dort nun:
Ein Pilot des Flughafens München wird wohl seinen Job verlieren. Dafür gesorgt hat seine Ehefrau. Die hatte ihren Mann an die Polizei verpfiffen.
Also: “verpetzt” raus, “verpfiffen” rein. Und “schuld ist” raus, “Dafür gesorgt” rein. Wie egal der Redaktion das alles zu sein scheint, zeigt ein Blick in die Bildunterschrift. Dort steht nach wie vor:
Ein Pilot aus Erding wird wohl seinen Job verlieren. Schuld ist seine Ehefrau. Die hatte das Hobby des 60-Jährigen an die Polizei verpetzt.
Den letzten Absatz, in dem das Würgen und Bewerfen einer Frau mit einem Fahrrad als “recht kurios” bezeichnet wurde, hat die Redaktion ersatzlos gestrichen.
Nachtrag 2, 14:52 Uhr: Jetzt hat die Redaktion es wohl doch verstanden — sie hat den Artikel noch einmal überarbeitet. Die Überschrift lautet nun:
Und der Teaser:
Ein Pilot des Flughafens München wird wohl seinen Job verlieren. Dafür gesorgt hat seine Ehefrau. Aus gutem Grund.
Die Bildunterschrift wurde auch geändert:
Ein Pilot aus Erding wird wohl seinen Job verlieren. Er hatte Kriegsgerät zuhause.
Bei Bild.de meinen sie, das Erfolgsgeheimnis von Fußballtrainer Jürgen Klopp und dem FC Liverpool entschlüsselt zu haben:
Und das funktioniere so:
Stark dank Basketball-Taktik!
Premier-League-Spitzenreiter FC Liverpool hat Einblicke in sein Erfolgsrezept gegeben. Der (sic) derzeit wohl beste Fußball-Team der Welt orientiert sich dabei an Basketball-Legende LeBron James (35).
Es gehe vor allem “darum, wie es möglich ist, über 90 Minuten den Power-Fußball von Trainer Jürgen Klopp (52) umzusetzen.” Die Antwort sei simpel: “mehr Pausen” — eben so, wie es Basketballer LeBron James mache:
So steht LeBron James im Herbst seiner Karriere zwar mehr Minuten auf dem Parkett als jemals zuvor. Aber der Superstar leistet sich mehr Pausen, das heißt, er jagt nicht mehr jedem Ball im Vollsprint hinterher, sondern nutzt seine Kraft clever. Er steht zwar länger auf dem Feld, bewegt sich aber weniger.
Und das klingt ja wirklich “clever”, ist aber völlig falsch: In der laufenden NBA-Saison steht LeBron James nicht “länger auf dem Feld” und “mehr Minuten auf dem Parkett als jemals zuvor”, sondern mit aktuell 34,9 Minuten pro Spiel so wenig wie nie zuvor.
Nachtrag, 12:33 Uhr: Das nur der Vollständigkeit halber: Knapp 35 Minuten pro Spiel sind immer noch eine ganze Menge Spielzeit für einen Basketballer und mehr als bei vielen anderen, teils deutlich jüngeren Spielern. Aber es sind eben so wenige Minuten wie in keiner Saison zuvor für LeBron James.
Mit Dank an Christian M. für den Hinweis!
Nachtrag, 14:24 Uhr: Bild.de hat den Absatz mittlerweile so halb korrigiert. Dort steht nun:
So ist LeBron James im Herbst seiner Karriere immer noch einer der NBA-Stars mit der meisten Spielzeit. Sein Trick: Der Superstar leistet sich mehr Pausen, das heißt, er jagt nicht mehr jedem Ball im Vollsprint hinterher, sondern nutzt seine Kraft clever. Er steht zwar länger auf dem Feld, bewegt sich aber weniger.
Sollte die Redaktion mit “Er steht zwar länger auf dem Feld” meinen, dass LeBron James mehr Einsatzzeiten hat als zuvor, bleibt dieser Halbsatz weiterhin Unsinn.
Auf einen Hinweis zu der vorgenommenen Korrektur hat die Redaktion verzichtet.
Es gebe “Verbrechen, die sprachlos machen”, schrieben “Bild” und Bild.de vergangene Woche. Die Vergewaltigung einer 100-Jährigen gehöre dazu. Und dann erst das Urteil des Gerichts:
… titelte Bild.de auf der Startseite. In der Thüringen-Ausgabe der gedruckten “Bild” gab es ebenfalls einen größeren Artikel:
Und in der “Bild”-Bundesausgabe eine Meldung:
(Zu den unterschiedlichen Altersangaben: Bei der Tat war der Mann 18 Jahre alt, bei der Gerichtsverhandlung bereits 19.)
Damit es zu diesem vermeintlichen Justizskandal reicht, muss die “Bild”-Redaktion allerdings manche Details weglassen, andere überbetonen und noch ein bisschen Politik reinrühren.
Die Tat schildern “Bild” und Bild.de so:
Ein damals 18-jähriger Pflegehelfer, der für einen ambulanten Dienst arbeitete, hatte die Aufgabe, eine 100-Jährige in ihrer Wohnung zu betreuen. Als die Seniorin nach dem Baden aus der Wanne stieg, packte der Jugendliche die 100-Jährige, vergewaltigte sie!
“fiel er über sie her”, “packte der Jugendliche die 100-Jährige”, “vergewaltigte sie” — darunter stellt man sich beim Lesen fast unweigerlich einen erzwungenen Geschlechtsverkehr vor. Den gab es in diesem Fall allerdings nicht. Die “Ostthüringer Zeitung” berichtete ebenfalls über den Prozess am Amtsgericht Gera. Redakteur Tino Zippel beschreibt den Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Nachdem die Frau nackt aus der Badewanne gestiegen sei, habe der damals 18-Jährige sie abgetrocknet. Das habe er auch im Brust- und im Intimbereich getan. Dabei sei der Mann mit seinen Fingern in die Frau eingedrungen, was zu erheblichen Schmerzen bei der 100-Jährigen geführt habe. Bei “Focus Online” schreibt Reporter Göran Schattauer:
Im Fall der 100-jährigen Frau war der Angeklagte nach Informationen von FOCUS Online zur Tatzeit vollständig bekleidet und nicht sexuell erregt. (…)
Den Ermittlungen zufolge stand der 18-Jährige zunächst untätig im Bad herum. Dann bat ihn die Seniorin um Unterstützung. Schließlich habe er sie an den Brüsten und zwischen den Beinen abgetrocknet, so der Angeklagte. Vor Gericht gestand er, seine mit einem Handtuch bedeckten Finger in das Opfer eingeführt zu haben. Er habe noch nie eine Patientin abgetrocknet und sei von der Situation völlig überfordert gewesen. Eine sexuelle Motivation des jungen Mannes konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.
Um eine Vergewaltigung handelte es sich trotzdem. Denn die liegt laut Gesetz auch vor, wenn ein Täter “sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt (…), die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind”.
Zum Urteil schreiben die “Bild”-Medien:
Der Vergewaltiger der 100-Jährigen wird keinen Knast von innen sehen. Er wurde wegen Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses zu einer Jugendstrafe von 22 Monaten verurteilt — auf Bewährung.
Zwar ergänzt die Redaktion noch, dass der heute 19-Jährige die Tat “im Prozess gestanden” habe, aber auch hier fehlen manche Details. Etwa dass der Täter für die gleiche Tat auf jeden Fall einen “Knast von innen” gesehen hätte, wäre er mindestens 21 Jahre alt gewesen. Das Gesetz sieht für eine Vergewaltigung eine “Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren” vor, die dann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann.* Weil der Angeklagte mit 18 Jahren als Heranwachsender galt, wurde bei ihm allerdings das Jugendstrafrecht angewandt. Außerdem war er nicht vorbestraft und hat durch sein Geständnis dem Opfer eine Aussage vor Gericht erspart. Und es hätten “sich in der Hauptverhandlung keine Hinweise ergeben, wonach er zukünftig Sexualstraftaten oder andere Delikte begehen könnte. Der Angeklagte ist nicht mehr in einem Pflegeberuf tätig und hat dies auch künftig nicht vor”, so Göran Schattauer bei “Focus Online”. Der Mann sei einsichtig gewesen.
Die Artikel von “Bild” und Bild.de haben aber auch eine politische Ebene:
Richter am Jugendschöffengericht: Eugen Wagner, früherer Stadtrat der Grünen in Gera, der schon mal für Aufsehen sorgte, als er einen 73-jährigen Schwarzfahrer ohne Bewährung hinter Gitter steckte.
(Die Redaktion bekommt es nicht mal hin, den richtigen Nachnamen des Richters zu recherchieren.)
Die Richtung ist klar: Ein Grüner, der einen schwarzfahrenden Rentner in den Knast steckt, aber einen Vergewaltiger frei rumlaufen lässt.
Auch hier fehlt das eine oder andere Detail: Der damals 73-Jährige war notorischer Schwarzfahrer, mehrere Dutzend Mal wurde er ohne Ticket erwischt. Er war zuvor schon mehrfach verurteilt worden, auch auf Bewährung. Erst später stellte sich raus, dass der Mann an Demenz leidet. Bei dem Vergewaltigungsprozess gegen den Pflegehelfer kommt hinzu: Mit dem Urteil — ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung plus 101 Arbeitsstunden sowie ein fünfseitiger Aufsatz über “Die sexuelle Selbstbestimmung der Frau”, den der Täter verfassen muss — lag das Gericht über den Forderungen von Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft.
Der unvollständige Artikel, in denen die “Bild”-Redaktion geschickt Fakten wegließ, verfehlte seine Wirkung nicht: Der dazugehörige Post auf der “Bild”-Facebookseite wurde über 1200 Mal kommentiert, vor allem mit Wut auf den Richter und die deutsche Justiz:
Warum???? Wie kann das sein das er nicht hinter Gitter muss??? Es ist für mich unfassbar wie die Gerichte hier entscheiden… Ergibt keinen Sinn und schon garkeine Gerechtigkeit!! In Amerika wäre er jetzt ewig eingesessen! Hier?? Darf er frei herum spazieren
unsere Richter scheinen unfähig Recht zu sprechen..unfassbar
Manche Richter sollte man unverzüglich vom Dienst freistellen!
Was sind das für Richter, ich bin einfach sprachlos
Bei der Parteizugehörigkeit des Richters wundert mich das Urteil nicht.
Vor allem gibt es Urteile, die noch sprachloser machen !! Ist der Richter vielleicht krank, ganz vorsichtig gefragt
Und auch andere griffen den Beitrag auf. Beispielsweise Martin Sichert, Bundestagsabgeordneter der AfD, verlinkte ihn bei Facebook und schrieb dazu:
Skandalurteile deutscher Gerichte
Bewährung für Vergewaltigung
Gefängnis für Schwarzfahren
AfD-Ortsgruppen und -Kreisverbände, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung, die Partei Die Republikaner sowie Dutzende Facebook-Seiten mit Namen wie “Baden-Württemberg Patrioten”, “Klartext für Deutschland – FREI statt bunt”, “NRW schaut nicht weg”, “Patrioten – BW Stuttgart” und “Mannheim / freiheitlich-patriotisch-traditionsbewusst” verbreiteten ebenfalls den Artikel.
Die Wut und der Hass blieben nicht nur im Internet. Göran Schattauer schreibt:
Nach Informationen von FOCUS Online ging beim Amtsgericht Gera sogar eine Todesdrohung gegen den 56-jährigen, aus Bayern stammenden Juristen ein.
*Nachtrag, 12. Februar: Ein Leser weist uns darauf hin, dass durch Paragraph 56 des Strafgesetzbuchs durchaus die Möglichkeit besteht, dass auch eine Freiheitsstrafe, die genau zwei Jahre beträgt, unter besonderen Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Die “Bild”-Redaktion will selbstverständlich immer nur das Beste für ihre Leserschaft, vor allem wenn es sich um “Bild plus”-Abonnenten handelt. Und so gibt sie ihren zahlenden Kunden tolle Tipps zur Geldvermehrung:
Es seien sich ja “ohnehin alle einig”, das Ganze sei “mehr als wahrscheinlich” und berge “sehr, sehr wenig Risiko”:
Beim Hauptpreis “Bester Film” sind sich ohnehin alle einig …
Auch die Wettanbieter legen sich fest: Golden Globe-Gewinner “1917” wird sich die Trophäe holen. Mit einer durchschnittlichen Quote von 1,38 hat der Kriegsfilm nämlich den kleinsten Wert der in dieser Kategorie nominierten Titel.
Selbst wenn am Samstag Schalke gegen Paderborn spielt, ist die Quote höher. Heißt: Der Triumph von “1917” ist mehr als wahrscheinlich.
Sein Geld auf den Film zu setzen, lohnt sich trotz des kleinen Kontingents: Bei 100 Euro Einsatz winken immerhin 138 Euro Gewinn — bei sehr, sehr wenig Risiko.
Alternativ, wenn man “richtig absahnen will”, könne man auch “auf Quentin Tarantinos ‘Once Upon a Time… in Hollywood’ setzen. Die Quote von 8,25 sei “unschlagbar”.
Vergangene Nacht wurden die Oscars verliehen. Gewonnen in der Kategorie “Bester Film” hat weder “1917” noch “Once Upon a Time… in Hollywood”, sondern “Parasite” — und alle “Bild plus”-Kunden, die den Wett-Tipps der Redaktion gefolgt sind, haben verloren. (Die andere Wett-Empfehlung in dem Artikel war eigentlich keine: Auf Joaquin Phoenix in “Joker” und Renée Zellweger in “Judy” als bester Hauptdarsteller beziehungsweise beste Hauptdarstellerin müsse man gar nicht erst setzen — bei den niedrigen Quoten gebe “es nichts zu holen.” Phoenix und Zellweger haben dann auch tatsächlich gewonnen.)
Am Ende ihres Artikels hat die “Bild”-Redaktion noch einen Kasten platziert:
Nachtrag, 16:37 Uhr: Mehrere Leserinnen und Leser weisen uns auf zwei weitere Aspekte hin: Erstens ist der Vergleich mit der Wettquote für einen vermeintlich recht sicheren Sieg des FC Schalke 04 gegen den SC Paderborn etwas amüsant, denn auch Schalke gewann das Spiel nicht. Und zweitens ist die Aussage von Bild.de “Bei 100 Euro Einsatz winken immerhin 138 Euro Gewinn” streng genommen nicht ganz richtig: Es hätte zwar 138 Euro zurückgegeben, davon wären 100 Euro aber der Einsatz gewesen. Der Gewinn hätte also 38 Euro betragen.
Julian Reichelt will mit “Bild TV” “Deutschlands ersten User Generated Channel” aufbauen. Und dafür braucht seine Redaktion natürlich, um mal im Jargon zu bleiben, User Generated Content. Zum Beispiel, wenn sie in einer “Bild live”-Sendung über das Sturmtief Sabine und das damit verbundene “WETTER-CHAOS” berichten will:
Der Sturm kommt! Orkantief Sabine trifft am Sonntag auf den Norden Deutschlands — und fegt dann über das ganz Land!
Wenn Sabine wütet, kommt mit ihr Chaos: Abgedeckte Dächer, umgeknickte Bäume, zerstörte Fassaden — alles möglich. Sind Sie Augenzeuge? Haben Sie spektakuläre Fotos oder Videos aus dem Auge des Sturms? Dokumentieren Sie, wie das Orkantief bei Ihnen wirbelt, für BILD!
Greifen Sie zum Smartphone, fotografieren und/oder filmen Sie, was bei Ihnen vor Ort passiert. Sind Bäume umgestürzt oder Dächer abgedeckt? Sind Sie vielleicht sogar selbst Sturm-Opfer?
Wer wollte nicht schon immer mal für ein bisschen “Bild”-Berühmtheit die Gefahr eingehen, von einem Ast erschlagen oder einem umherfliegenden Dachziegel getroffen zu werden? Von einer Bezahlung für die Fotos und Videos ist im Bild.de-Artikel nicht die Rede.
Weiter hinten im Text, nachdem die Redaktion bereits beschrieben hat, was man wie und mit welchen Angaben wohin senden soll, schickt sie noch eine Alibi-Warnung hinterher:
UND GANZ WICHTIG: BRINGEN SIE SICH BEI DEN AUFNAHMEN NICHT SELBST IN GEFAHR!
Schon klar: Man soll “zum Smartphone” greifen und fleißig “fotografieren und/oder filmen”. Man soll “für BILD” dokumentieren, “wie das Orkantief bei Ihnen wirbelt”. Man soll “aus dem Auge des Sturms”, mit dem “Chaos” komme, Material liefern, das “Bild” dann kostengünstig verwursten kann. Aber in Gefahr soll man sich bitte, bitte nicht bringen.
Mit Dank an Marcel und @doestrei für die Hinweise!
Heute ist Freitag, und damit läuft heute vermeintlich das Ultimatum des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ab, das dieser Syriens Machthaber Baschar al-Assad gestellt haben soll. Jedenfalls behaupten Bild.de und “Bild”-Redakteur Julian Röpcke so was:
Erneute Zuspitzung im Kampf um die syrische Provinz Idlib — letzte Rebellenhochburg gegen Assad und Heimat von mehr als drei Millionen Zivilisten.
Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte dem syrischen Diktator Baschar al-Assad am Mittwochmorgen ein Ultimatum von 48 Stunden: In dieser Frist soll der sich von allen belagerten türkischen “Observationspunkten” in der Region zurückzuziehen.
Die Türkei stellt der syrischen Regierungsarmee ein Ultimatum zum Rückzug in der Provinz Idlib hinter die türkischen Beobachtungsposten. Sollten sich die syrischen Soldaten nicht bis Ende des Monats hinter diese Linie zurückgezogen haben, werde die Türkei sie zurücktreiben, drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Mittwoch.
Noch bevor er seinen falschen Artikel bei Bild.de veröffentlichte, verbreitete Röpcke auch bei Twitter das falsche Ultimatum. MehrereLeutewiesen ihn auf den Fehler hin. Dennoch landete der heutige Freitag als vermeintliches Ultimatum in Röpckes Beitrag. Als dann die “Bild”-Politikredaktion diesen Beitrag bei Twitter verlinkte, wiesen erneut mehrereLeute auf den Fehler hin. Auch das brachte nichts.
Erst heute reagierte Julian Röpcke: Er löschte nach eigener Aussage “zwei Tweets”. Seinen Artikel bei Bild.de korrigierte er hingegen nicht — er steht nach wie vor falsch online.
Mit Dank an Luca für den Hinweis!
Nachtrag, 8. Februar: Bei Bild.de haben sie den Fehler korrigiert. In der Dachzeile steht nun: “ULTIMATUM GESTELLT”. Und im Artikel:
Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte dem syrischen Diktator Baschar al-Assad am Mittwochmorgen ein Ultimatum von drei Wochen: In dieser Frist soll der sich von allen belagerten türkischen “Observationspunkten” in der Region zurückzuziehen.
Am Ende des Beitrags gibt es einen Hinweis auf die Korrektur:
Nachtrag: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, ein Teil des Ultimatums beziehe sich auf Freitag, den 7. Februar. Dies ist nicht der Fall. Das Ultimatum Erdogans an Assad gilt vollumfänglich bis Ende Februar 2020.
Das ist eine ganz schön heftige Aussage, die “Bild”-Reporter Celal Çakar “Verkäufer Johan” auf der Messe “Jagd & Hund” entlockt haben soll:
Am Stand von “HHK Safaris” treffen die BILD-Reporter auf Berater Johan. Er macht ein Angebot für 18 Tage Safari in Simbabwe für 54 700 Dollar (knapp 50 000 Euro). Der Abschuss von Tieren kann dazu gebucht werden: Giraffe rund 2700 Euro, Zebra 1300 Euro, Löwe 36 400 Euro.
Braucht man einen Jagdschein?
Verkäufer Johan: “Du musst halt schießen können und bezahlen. Wir fahren bei Leoparden auf 30 Meter ran, schießen dem Tier erst in die Beine, du kannst es dann erlegen.”
Dieses Zitat passte auch bestens in die Geschichte, die Çakar und dessen Kollegin Christina Drechsler von der Jagdmesse in Dortmund mitgebracht hatten:
Beim Deutschen Jagdverband haben sie sich über die Aussage von “Verkäufer Johan” ziemlich gewundert: “Als ich das Zitat gesehen habe, ist mir die Kinnlade auf den Tisch gefallen”, sagt uns Stephan Wunderlich, der beim Verband für die Auslandsjagd und den internationalen Artenschutz zuständig ist. Daher hat er bei Johan Bezuidenhout nachgefragt, ob er das, was in “Bild” und bei Bild.de steht, wirklich gesagt hat. Bezuidenhout antwortete, er habe so etwas nie gesagt. Der Reporter, mit dem er gesprochen hat, habe ihm die Worte im Mund umgedreht: “He put totally wrong information in the newspaper.”
Die Aussage, so wie sie in “Bild” steht, passe auch schon inhaltlich nicht, sagt Stephan Wunderlich: Niemand werde mit einem Auto an Leoparden herangefahren. “Die 30 Meter sind die Distanz beim Ansitz auf Leoparden.”
Wunderlichs Verband hat zu dem Zitat im “Bild”-Artikel eine Pressemitteilung herausgegeben:
Der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) in Deutschland haben zwischenzeitlich den anerkannten Berufsjäger mit den Vorwürfen konfrontiert. Dieser ist schockiert: “Es stimmt, dass ich mich mit einem Journalisten der BILD unterhalten habe. Aber diese Behauptung ist eine Lüge. Der Journalist hat mich bewusst falsch zitiert. Sonst hätte er keine Story.” Für den tatsächlichen Wortlaut des geführten Interviews gibt es Zeugen. Demnach habe Johan Bezuidenhout auf Englisch gesagt, dass nach einem schlechten Treffer, etwa auf dem Vorderlauf, immer eine Nachsuche durchgeführt wird und diese erläutert. Dieses Vorgehen ist auch in Deutschland aus Tierschutzgründen Pflicht.
“Nicht mal, wenn jemand nicht so gut Englisch spricht, darf so ein Zitat daraus entstehen”, sagt Stephan Wunderlich: “Das ist rufschädigend.”
Die “Bild”-Geschichte wurde international von anderen Medien aufgegriffen, etwa in der Schweiz vom “Blick” und in England von der “Sun”.
Wir haben bei “Bild” nachgefragt, ob die Redaktion dabei bleibt, dass das veröffentlichte Zitat von Johan Bezuidenhout so gefallen ist. Sprecher Christian Senft antwortete: “ja.”