Die “Bild”-Redaktion glaubt, mal wieder was entdeckt zu haben:
Gemeint ist das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. “Bild” schreibt dazu:
ARD, ZDF und Deutschlandradio verwenden weniger als die Häflte ihres Budgets fürs Programm. Das geht aus dem jüngsten KEF-Bericht (“Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten”) vom Februar 2022 hervor. Demnach beläuft sich der Gesamtaufwand über den Vierjahreszeitraum 2021 bis 2024 auf 38,3 Milliarden Euro. Davon gehen 16,65 Milliarden Euro (43,5 %) ins Programm.
Die Zahlen, die die Redaktion am Ende nennt, sind richtig – sie stehen so im erwähnten KEF-Bericht. Alles andere ist falsch.
Zweifel an der Behauptung, dass die Öffentlich-Rechlichten “weniger als die Hälfte ihres Budgets fürs Programm” verwenden, hätte “Bild” spätestens beim Erstellen dieser Grafik kommen müssen, die heute neben dem Artikel in der Zeitung zu finden ist:
“Bild” meint zu wissen, dass lediglich Gelder aus dem Bereich “Programmaufwand” für das Programm von ARD, ZDF und Deutschlandradio verwendet werden, eben 43,5 Prozent des Gesamtbudgets. Aber was ist zum Beispiel mit dem Bereich “Personal ohne Altersversorgung”? Sind das die Pförtnerinnen, die Hausmeister, das Kantinenpersonal – also all jene, die mit dem Programm nichts zu tun haben?
Im 23. Bericht der KEF, auf den sich die “Bild”-Redaktion bei ihrem Vorwurf bezieht, steht extra zu Beginn des Abschnitts “Programmaufwand” (PDF, Seite 92):
Die Kommission erfasst als Programmaufwand insbesondere Kosten für Produktionen, die außerhalb der Anstalten entstehen. Die Erläuterungen dazu sowie das methodische Vorgehen der Kommission sind im 22. Bericht ausführlich beschrieben (vgl. dort Tzn. 72 f.).
Also mal schnell in den 22. Bericht der KEF geschaut (PDF, Seite 80):
Die Kommission erfasst als Programmaufwand insbesondere Kosten für Produktionen, die außerhalb der Anstalten entstehen. Dazu gehören:
- Ankauf fertiger Produktionen von Dritten,
- Erstellung von Koproduktionen und Auftragsproduktionen,
- Erwerb von Sende- und Übertragungsrechten, namentlich Sportrechten,
- Leistungsvergütungen für freie Mitarbeiter,
- Vergütungen für Urheberrechts- und Leistungsschutzberechtigte.
Kosten von Eigenproduktionen sind nur zum Teil im Programmaufwand enthalten. Sie werden daneben auch aus dem Personalaufwand und dem Sachaufwand finanziert.
Das heißt: Die vielen festangestellten Redakteurinnen und Redakteure zum Beispiel, die jeden Tag dazu beitragen, dass es im Fernsehen, im Radio und online Programm geben kann, oder die Korrespondetinnen und Korrespondenten, die selbst Beiträge erstellen, oder die Nachrichtensendungen, Politmagazine und Dokumentationen, die in den Häusern entstehen und nicht von außen eingekauft werden, oder selbstproduzierte fiktionale Serien – die dafür anfallenden Kosten fehlen in der “Bild”-Rechnung.
Es gibt zweifelsohne eine Menge zu kritisieren am öffentlich-rechtlichen System. Man kann den Anstalten gern alles mögliche vorwerfen: die träge Behördenhaftigkeit, die Programmgestaltung oder eben einen falschen Einsatz des vielen Geldes. Aber dann wäre es doch keine schlechte Idee, vorher wenigstens einmal ordentlich in den dafür maßgeblichen Bericht zu schauen.
Gesehen bei @daniel_bouhs.