Nahost-Berichterstattung, Keine Tarifeinigung, Über Demenz

1. Sachsenhaushalt: Schwindende Unterstützung für Medienschaffende schwächt Medienfreiheit in Deutschland und Europa
(ecpmf.eu)
Angesichts möglicherweise bevorstehender Mittelkürzungen zeigt sich das European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) besorgt. Sollte der Entwurf des sächsischen Doppelhaushaltes 2025/2026 in der aktuellen Form verabschiedet werden, stelle dies “eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und Zukunft der Organisation” dar. Das ECPMF habe seit seiner Gründung in 177 Fällen juristische Nothilfe für Journalistinnen und Journalisten geleistet.

2. Die Legende von den “Hamas-Angaben, die sich nicht nachprüfen lassen.” Oder: Wie Medien palästinensisches Leid unsichtbar machen.
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Fabian Goldmann kritisiert, dass viele deutsche Medien die Todeszahlen aus Gaza als “Hamas-Angaben” abtäten und damit das Ausmaß palästinensischen Leids unsichtbar machen würden. Er argumentiert, dass diese Zahlen, die vom Palästinensischen Gesundheitsministerium stammen, sich in der Vergangenheit als verlässlich erwiesen hätten und international – auch von israelischen Stellen – genutzt würden. Goldmanns Fazit: “Anstatt den Horror, der sich jeden Tag im Gazastreifen abspielt, zu relativieren und zu verschleiern, sollten Journalisten Wege finden, ihn sichtbar zu machen. Die akkurate Berichterstattung über Todeszahlen und deren Glaubwürdigkeit wäre zumindest ein erster Schritt.”

3. Warum wir falsch über Demenz berichten
(journalist.de, Peggy Elfmann)
Peggy Elfmann schreibt in ihrem Artikel, dass Medien oft ein einseitiges, klischeehaftes Bild von Demenz zeichnen und dadurch unnötig Angst machen. Elfmann fordert eine differenzierte, wertschätzende Berichterstattung, die auch Ressourcen, Lebensfreude und den Alltag der Betroffenen zeigt. Journalistinnen und Journalisten sollten sensibler mit Sprache umgehen, Betroffene selbst zu Wort kommen lassen und Mut machen, statt zu stigmatisieren.

Bildblog unterstuetzen

4. Das Gruseligste an Vergewaltigungs-Videospielen sind ihre Fans
(substack.com, Lisa Ludwig)
Lisa Ludwig kritisiert in ihrem Beitrag das (mittlerweile vom Markt genommene) Videospiel “No Mercy”, in dem Spieler Frauen vergewaltigen können, und hebt hervor, dass nicht nur das Spiel selbst, sondern vor allem die es verteidigende Community zutiefst verstörend sei. Ludwig unterscheidet klar zwischen gewöhnlicher Gewalt in Videospielen und sexualisierter Gewalt, die keinen spielerischen Kontext, sondern nur Demütigung und Machtfantasien bediene. Sie warnt vor der Normalisierung solcher Inhalte und zeigt sich beunruhigt und wütend über den gesellschaftlichen Raum, den misogyne Ideologien zunehmend einnehmen.

5. Noch immer keine Tarifeinigung bei Tageszeitungen
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Timo Niemeier berichtet, dass auch die fünfte Tarifrunde zwischen den Zeitungsverlegern und den Gewerkschaften ergebnislos geblieben sei. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger sehe sich mit seinem Angebot an der Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren. Der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi betonen, dass insbesondere der Arbeitskampf Bewegung in die Verhandlungen gebracht habe, und ein Abschluss greifbar sei.

6. Der verführerische Charme der Sinnlosigkeit
(taz.de, Giorgia Grimaldi)
Der “Italian-Brainrot”-Trend auf TikTok zeige absurde, KI-generierte Fabelwesen mit italienisch anmutenden Fantasienamen, die sich durch völlige Sinnfreiheit und schräge Hintergrundgeschichten auszeichnen. Was zunächst wie digitaler Nonsens wirke, werde von vielen als kreative, dadaistische Antwort der jungen Generation auf eine chaotische Welt verstanden: “Es ist Chaos, das sich selbst genügt und ein paar Sekunden Ablenkung schafft.”

Physische Angriffe, Phantom Objektivität?, TikTok-Unterricht

1. Feindbild Journalist:in 9: Pressefreiheit im Spannungsfeld gesellschaftlicher Krisen
(ecpmf.eu)
Die Studie “Feindbild Journalist:in” (PDF) zeige, dass physische Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland im Jahr 2024 mit 98 Fällen einen neuen Höchststand erreicht hätten, hauptsächlich im Kontext rechter Gewalt und pro-palästinensischer Demonstrationen. Besonders kritisch sei die Lage im Lokaljournalismus, wo Medienschaffende aufgrund einer zunehmenden Radikalisierung der extremen Rechten verstärkt bedroht und eingeschüchtert würden.

2. Ist Objektivität im Journalismus ein “Phantom”?
(youtube.com, Markus Trantow, Audio: 48:42 Minuten)
Wie viel persönliche Agenda erlaubt die journalistische Arbeit? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Journalismus und Aktivismus? Und ist Objektivität im Journalismus ein Phantom? Um diese Fragen ging es auf dem Panel des diesjährigen “Medien-Camps” des Medienfachverlags Oberauer. Es diskutieren Antje Sirleschtov, Mitherausgeberin von “Table Media”, Barbara Junge, Chefredakteurin der “taz”, und Christian Maertin, “Head of Corporate Communications” beim Bayer-Konzern.

3. Prof gefeuert, Unterricht läuft
(taz.de, Charlina Strelow)
Die “taz” berichtet über John Friedman, einen beliebten Anthropologie-Dozenten, der aufgrund von Budgetkürzungen am niederländischen University College Roosevelt entlassen wurde, seinen Unterricht jedoch öffentlich fortsetze und dabei auf TikTok Millionen Menschen erreiche. Trotz der prekären Situation ermutige Friedmans Engagement viele Menschen, sich öffentlich für Wissenschaft und kritisches Denken einzusetzen.

Bildblog unterstuetzen

4. Meta kündigt KI-Training mit EU-Nutzerdaten an
(spiegel.de)
Der Social-Media-Konzern Meta habe seine KI-Funktion “Meta AI” nun auch in Europa gestartet und nutze dafür standardmäßig öffentliche Nutzerdaten, um Dialekte, regionale Besonderheiten und Humor lernen zu können. Nutzerinnen und Nutzer müssten aktiv widersprechen (“Opt-out”), wenn sie nicht wollen, dass ihre Daten verwendet werden – ein Vorgehen, das Datenschützer kritisch sehen, das laut Meta aber rechtlich abgesichert sei.
Weiterer Lesehinweis: Gericht verhandelt über mögliche Zerschlagung von Meta: “Mark Zuckerberg steht unter Druck. Am Montag beginnt der Prozess der US-Regierung gegen seinen Social-Media-Konzern. Der Vorwurf: Milliardenschwere Übernahmen von Konkurrenten seien illegal gewesen.” (spiegel.de)

5. Konsequenzen aus dem Fall Mischke: Neue “ttt”-Struktur
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Timo Niemeier berichtet bei “DWDL”, dass die ARD nach der gescheiterten Verpflichtung von Thilo Mischke als Moderator der Kultursendung “titel, thesen, temperamente” nun strukturelle Änderungen vornehme und die Verantwortung für “ttt” zentral beim MDR bündele. Die ARD räume eigene Fehler bei der Kommunikation und der Abstimmung ein und verzichte vorerst auf ein weiteres Moderatorencasting. Mischke selbst habe zuvor öffentlich die chaotische Kommunikation und die Uneinigkeit der ARD kritisiert.

6. Ich lege meine YouTube-Einnahmen offen
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 10:52 Minuten)
Mats Schönauer wirft auf seinem YouTube-Kanal “Topfvollgold” regelmäßig einen kritischen Blick hinter die Kulissen von Boulevardpresse, YouTubern und Social Media. Diesmal macht er etwas, was in der Branche selten ist: Er legt seine Einnahmen offen. Dabei wird auch das fragwürdige Vergütungsverhältnis bei YouTube deutlich, bei dem eingespielte Werbung bei sogenannten Reactions oft ungleich besser bezahlt wird als bei den Originalvideos selbst, auf denen die Reaktionsvideos basieren.
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

ZDF vergoogelt sich, Der Macht nachplappern, Qual mit der Wahl

1. Steckt Putin hinter Anschlägen in Deutschland? ZDF vergoogelt sich bei Russland-Recherche
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Das ZDF suggeriere in einer Dokumentation, dass Russland hinter Anschlägen in Deutschland stecken könnte, und mache dies an Daten von “Google Trends” fest. Diese Methode sei jedoch hochgradig fragwürdig und ungenau, kritisiert Stefan Niggemeier. Er argumentiert, dass diese scheinbaren Indizien lediglich Verschwörungserzählungen nähren, und wirft dem ZDF vor, trotz vieler Relativierungen letztlich derartige Verschwörungserzählungen durch zweifelhafte Schein-Beweise zu verbreiten: “Wer sich im Kampf gegen ‘Fake News’ auf Methoden verlässt, die selbst an ‘Fake News’ grenzen, wird ihn nicht gewinnen können.”
Hinweis: In manchen Browsern scheint der Artikel hinter einer Paywall zu verschwinden, in anderen ist er auch ohne Abo komplett lesbar.

2. Der Macht nachplappern
(taz.de, Gilda Sahebi)
Gilda Sahebi kritisiert, dass das neue Format “Klar” von NDR und BR vorgebe, mutig “Klartext” zum Thema Migration zu sprechen, dabei aber lediglich altbekannte, spaltende Erzählungen wiederhole. Sahebi wirft der Sendung vor, sich hinter der vermeintlichen Wahrheitssuche zu verstecken, um simplifizierende, migrationsfeindliche Narrative zu bedienen und damit von gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Statt journalistischer Aufklärung liefere die Sendung nur das “Nachplappern von Erzählungen der Macht”.
Weiterer Lesehinweis: Böhmermann kritisiert neues ARD-Format, Moderatorin antwortet: “Das von BR und NDR gestartete Reportage-Magazin ‘Klar’ erhält mächtig Gegenwind. Auch Jan Böhmermann hat sich nach der ersten Ausgabe zum Thema Migration geäußert und übt Kritik. Moderatorin Julia Ruhs wiegelt ab.” (dwdl.de, Timo Niemeier)

3. Zwei Jahre Krieg – auch gegen Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Laut Reporter ohne Grenzen werden seit Beginn des Krieges vor zwei Jahren zwischen der sudanesischen Armee und den paramilitärischen Rapid Support Forces Journalistinnen und Journalisten massiv verfolgt, angegriffen und getötet, ohne dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Die Organisation berichtet von mindestens sieben ermordeten Medienschaffenden sowie von zahlreichen weiteren Fällen von Inhaftierung, Vermissten, Überwachung, Bedrohungen, Cybermobbing und sexueller Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten.

Bildblog unterstuetzen

4. ProSiebenSat.1 – Stellenabbau und Übernahmegerüchte: Wie geht’s weiter?
(ardaudiothek.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 28:21 Minuten)
Im Podcast “BR24 Medien” geht es um die aktuelle Krise beim Medienkonzern ProSiebenSat.1, der von Stellenabbau, sinkenden Quoten und internen Problemen betroffen sei. Diskutiert wird außerdem über die mögliche Übernahme durch die italienische Berlusconi-Holding “Media for Europe”, die schrittweise ihren Einfluss bei ProSiebenSat.1 ausweiten wolle. Branchenexperten erklären die Strategie hinter der Übernahme, die darin bestehe, durch Synergien und gemeinsame Strukturen ein europäisches Medienunternehmen aufzubauen.

5. Wo hat investigativer Journalismus in einer von KI geprägten Welt Platz?
(de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko)
Investigativer Journalismus habe in einer von Künstlicher Intelligenz (KI) dominierten Welt die Aufgabe, die mächtigen digitalen Plattformen und deren undurchsichtige Algorithmen kritisch zu überwachen, was traditionelle Methoden oft überfordere. KI könne Journalistinnen und Journalisten dabei helfen, riesige Datenmengen zu analysieren, verborgene Muster aufzudecken und algorithmische Verzerrungen aufzuspüren, wie Studien zu Chatbot-Trainingsdaten und TikToks Empfehlungsalgorithmus zeigen würden: “So haben investigative Journalist:innen in der neuen technologischen Landschaft nicht nur Platz, sondern spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Transparenz digitaler Giganten.”

6. Die Qual mit der Wahl: Wie es beim NDR jetzt weitergeht
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Laut “DWDL” herrscht nach der gescheiterten Intendantenwahl beim NDR Unklarheit, ob der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat mehrere Kandidaten vorschlagen dürfe, da der NDR-Staatsvertrag in dieser Hinsicht uneindeutig sei. Wegen des engen Zeitrahmens sei kurzfristig keine Vertragsänderung zu erwarten. Daher könnte beim nächsten Versuch, eine Leitung für den öffentlich-rechtlichen Sender zu finden, erneut nur eine Person zur Wahl stehen.

KW 15/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Daniel Drepper bei “Freiheit Deluxe”
(hr2.de, Jagoda Marinić, Audio: 1:24:11 Stunden)
Bei “Freiheit Deluxe” spricht Jagoda Marinić mit dem Investigativjournalisten Daniel Drepper über dessen Recherchen zu Machtmissbrauch, unter anderem zum Fall von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt und der Band Rammstein, und über deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Medien. Die beiden diskutieren außerdem darüber, wie journalistische Arbeit durch politische und mediale Gegenstrategien unter Druck gerät, etwa durch Angriffe auf das Informationsfreiheitsgesetz.

2. Warum berichtet die “Zeit” so ausführlich über einen Sorgerechtsstreit?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 19:56 Minuten)
Holger Klein unterhält sich im “Übermedien”-Podcast mit der “Zeit”-Kriminalreporterin Anne Kunze über deren Artikel (nur mit Abo lesbar) zu einem prominenten Sorgerechtsfall: “Wie geht man als Journalistin mit einem derart gewaltigen Aktenberg um? Gehört so ein Streit überhaupt in die Öffentlichkeit? Und wie schwer ist es, journalistisch neutral zu bleiben, wenn eine Seite der Geschichte deutlich kooperativer ist als die andere?”
Ergänzender Lesetipp aus dem Januar 2024: Die Medienschlacht um die Block-Kinder: “Ein privater Sorgerechtsstreit wird seit Monaten auch in Medien ausgetragen. Für die ist die Sache verlockend, weil es um eine Hamburger Millionärsfamilie geht, um einen ehemaligen Sportmoderator und um Entführung. Doch wäre es nicht geboten, die Kinder vor Öffentlichkeit zu schützen?” (übermedien.de, Boris Rosenkranz)

3. Im Osten nichts Neues? Ostdeutschland in den Medien
(youtube.com, Nadine Lindner, Video: 1:02:21 Stunden)
Im Rahmen der Medientage Mitteldeutschland beschäftigte sich ein Panel mit der Berichterstattung deutscher Medien über Ostdeutschland: “Wie kann die vielschichtige Gesellschaft in den ostdeutschen Ländern differenzierter dargestellt werden? Wie lassen sich Klischees vermeiden? Und wie können ostdeutsche Stimmen sichtbarer werden?” Es diskutierten Reiner Haseloff (Ministerpräsident Sachsen-Anhalt), Christin Bohmann (Chefredakteurin MDR), Heiko Paluschka (Leiter des ProSiebenSat.1-Hauptstadtbüros), Maria Fiedler (stellvertretende Leiterin des “Spiegel”-Hauptstadtbüros) und Dirk Oschmann (Literaturprofessor und Publizist).

Bildblog unterstuetzen

4. “Godcode” & “Avignon: Der Prozess Pelicot” – Das “Ich” im Podcast
(ohrensessel.podigee.io, Sandro Schroeder & Carina Schroeder, Audio: 1:59:57 Stunden)
In der aktuellen Folge des Podcasts “Ohrensessel” sprechen Carina und Sandro Schroeder über die Podcasts “Godcode – Macht. KI. Drama.” von funk und die “Spiegel”-Produktion “Avignon: Der Prozess Pelicot”. Sie analysieren die unterschiedlichen Moderationsstile der Hosts und diskutieren darüber, was einen guten Podcast-Host ausmacht. Außerdem geht es um gängige Erzählmuster, überladene Einstiege und abgenutzte Stilmittel in der Podcast-Produktion.

5. F.A.Z.: Warum habt ihr ein neues Abo gelauncht?
(spotify.com, Lennart Schneider, Audio: 1:06:01 Stunden)
In der neuen Folge von “Subscribe Now” geht es um die überarbeitete Nachrichten-App “Der Tag” der “FAZ”, die täglich zehn ausgewählte Artikel, KI-Zusammenfassungen, eine Vorlesefunktion und ein News-Quiz biete. Marina Sorg, “Deputy Chief Product Officer” der “FAZ”, erklärt, warum die App zehn Jahre nach ihrem Start einem Relaunch unterzogen wurde, und wie die Redaktion damit gezielt neue Abonnentinnen und Abonnenten ansprechen will. Außerdem geht es um die Rolle der App als Experimentierfeld für neue Funktionen und die Integration von Künstlicher Intelligenz.

6. Die Geschichte eines Medienskandals: Die gefälschten “Hitler-Tagebücher”
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 32:51 Minuten)
Christian Jakubetz spricht in seinem Podcast “Satzzeichen” mit dem Journalisten und Autor Malte Herwig über den Medienskandal rund um die gefälschten Hitler-Tagebücher, die der “Stern” 1983 veröffentlichte. Im Mittelpunkt steht die Rolle des Reporters Gerd Heidemann, dessen Tonbandaufnahmen Herwig später entdeckte und als Grundlage seines Podcasts “Faking Hitler” nutzte. Jakubetz und Herwig sprechen darüber, was der Skandal über den Journalismus aussagt und ob sich so etwas heute wiederholen könnte.

Der schleichende Weg, Mächtige kontrollieren, Medien zu negativ?

1. Der schleichende Weg nach rechts?
(journalist.de, Sarah Neu)
Sarah Neu ist der Frage nachgegangen, wie Medien mit der zunehmenden Diskursverschiebung nach rechts und dem Einfluss rechtspopulistischer Rhetorik umgehen sollten. Mehrere Journalistinnen und Journalisten betonen die Bedeutung von Selbstreflexion, gründlicher Recherche und einer klaren Haltung gegenüber rechten Narrativen, anstatt ihnen unkritisch Raum zu geben oder sich von Provokationen treiben zu lassen. In der kleinen Umfrage geht es auch darum, ob und wie Medien eine aktive Rolle bei der Einordnung politischer Botschaften spielen sollen.

2. Journalistische Rolle: Mächtige kontrollieren
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben berichtet über eine Studie zum Rollenverständnis von Journalistinnen und Journalisten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in der die Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen (“Watchdog”) als wichtigste Aufgabe gesehen wird. Dabei zeige sich ein Wandel vom rein objektiven Vermittler hin zu einem kritisch beobachtenden Journalismus, der stärker auf demokratische Werte, Aufklärung und Problemlösung ausgerichtet ist.

3. Wieder zwei Journalisten festgenommen
(taz.de, Wolf Wittenfeld)
In der Türkei seien zwei Investigativjournalisten festgenommen worden, nachdem sie über die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu berichtet hätten. Ihnen werde “Bedrohung und Erpressung” vorgeworfen. Kritiker sprächen von politisch motivierter Einschüchterung freier Medien und einem Missbrauch der Justiz zur Unterdrückung kritischer Stimmen.

Bildblog unterstuetzen

4. Staat und Wirtschaft wollen ihre Geheimnisse hüten. Was der Gesellschaft bleibt, sind Whistleblower.
(whistleblower-net.de)
Das “Whistleblower-Netzwerk” kritisiert geplante Gesetzesänderungen der Bundesregierung, mit denen Transparenz und demokratische Kontrollmechanismen wie das Informationsfreiheitsgesetz oder das Lieferkettengesetz massiv eingeschränkt würden. Statt staatlicher Aufklärung würden Whistleblower zunehmend zur letzten Instanz, um Missstände in Politik, Wirtschaft und Geheimdiensten aufzudecken. Das “Whistleblower-Netzwerk” ruft daher Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich aktiv gegen Rechtsverstöße und Machtmissbrauch zu stellen und Informationen öffentlich zu machen.
Weiterer Lesehinweis: Auch der Deutsche Journalisten-Verband “zeigt sich besorgt über den vorgelegten Koalitionsvertrag im Hinblick auf den Umgang mit Auskunfts- und Informationsrechten”: DJV kritisiert Koalitionsvertrag (djv.de, Gina Schad).

5. Berichten Medien zu negativ?
(deutschlandfunk.de, Sascha Wandhöfer, Audio: 39:43 Minuten)
Im Deutschlandfunk (DLF) kommen regelmäßig Hörerinnen und Hörer zu Wort. Manchmal liefern sie sogar die Idee für eine ganze Sendung und tauschen sich darin mit Expertinnen und Experten aus. In dieser Folge des Podcasts “Nach Redaktionsschluss” geht es um die Frage, ob Medien zu negativ berichten. Es diskutieren DLF-Hörer Thomas Klemm, Lisa Urlbauer vom Bonn Institute und Nicolas Pröllochs von der Uni Gießen.

6. Tägliche Logik-Rätsel
(journal-nrw.de, Marie Illner)
Marie Illner beschreibt, wie Faktenchecker mit technischer und journalistischer Detektivarbeit Falschinformationen in Sozialen Netzwerken entlarven, indem sie beispielsweise Bilder auf ihre Echtheit überprüfen oder Inhalte mit Geolokalisierung und KI-Tools analysieren. Nach ihren Gesprächen mit verschiedenen Expertinnen und Experten aus der Praxis wird deutlich, dass Faktenchecks viel Sorgfalt, politisches Wissen, Teamarbeit und Frustrationstoleranz erfordern.

Medienrat als Chance, Zumutung Journalismus, “Adolescence”

1. Urteil: Weißes Haus muss AP Zugang gewähren
(reporter-ohne-grenzen.de)
Ein US-Gericht habe entschieden, dass die Regierung unter Donald Trump die Nachrichtenagentur AP nicht länger von Veranstaltungen im Weißen Haus ausschließen dürfe, da dies gegen die Pressefreiheit und den ersten Verfassungszusatz verstoße. Die Organisation Reporter ohne Grenzen begrüßt das Urteil als wichtiges Signal gegen die Versuche der Trump-Administration, kritische Medien zu sanktionieren: “Der Ausschluss war ein eklatanter Eingriff in die Pressefreiheit. Er hat deutlich gemacht, wie die US-Administration das First Amendment interpretiert: Meinungsfreiheit soll nur für die gelten, die der Meinung der US-Regierung folgen. Die Entscheidung des Gerichts ist ein Etappensieg im Kampf um den Rechtsstaat.”
Weiterer Lesetipp: Trump will AP weiter nicht im Oval Office – trotz Richterspruch (spiegel.de).

2. Medienrat: Chance für den ÖRR
(verdi.de, Volker Nünning)
Wie Volker Nünning berichtet, planen die Bundesländer die Einführung eines neuen Medienrats, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strategisch begleiten und evaluieren soll. Das Gremium solle aus sechs unabhängigen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen bestehen. Während einige Akteure wie der ZDF-Fernsehrat und der Kulturrat einen neuen Medienrat als überflüssig und potenziell bürokratisch kritisieren würden, sähen andere wie Medienrechtler Wolfgang Schulz darin eine Chance für neue Impulse.

3. NDR-Gremien lassen Sandra Harzer-Kux ins Messer laufen
(taz.de, Benno Schirrmeister)
Benno Schirrmeister kritisiert, dass das Auswahlverfahren für die NDR-Intendanz veraltet und intransparent sei, und dass der Personalrat erst nach dem Scheitern der Wahl von Sandra Harzer-Kux dagegen protestiert habe. Harzer-Kux, eine erfahrene Medienmanagerin ohne klassischen NDR-Hintergrund, sei offenbar nicht an mangelnder Kompetenz, sondern am fehlenden “Stallgeruch” gescheitert. Der Fall zeige, wie dringend eine Reform des Wahlverfahrens nötig ist, damit externe Kandidatinnen und Kandidaten eine faire Chance haben.

Bildblog unterstuetzen

4. Die Opfer sind nicht “pedo” und die Täter keine “hunters”
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi schreibt, dass Medien unreflektiert die Selbstbezeichnung einer homophoben Tätergruppe als “Pedo-Hunter” übernähmen und damit deren Gewalt gegen unschuldige junge Männer verharmlosen würden. Ermittlungen der Polizei und journalistische Recherchen würden belegen, dass keines der Opfer pädophil war und die Täter bewusst unter falschem Vorwand handelten. Durch die mediale Wiederholung des Täter-Framings entstehe ein gefährliches Missverständnis in der Öffentlichkeit, das Hassverbrechen relativiere.

5. Warum der Journalismus für Eltern zur Zumutung wird
(tageins.at, Dominik Ritter-Wurnig)
Der Beruf Journalismus mache es Eltern durch starre Arbeitszeiten, Präsenzkultur und fehlende Vereinbarkeit mit dem Familienleben besonders schwer – oft mit der Folge, dass Betroffene ihre Karriere zurückstellen oder die Branche verlassen. Der Report “Störfaktor Kind” (PDF) zeige, dass nicht individuelle Schwächen, sondern strukturelle Probleme wie mangelnde Wertschätzung, schlechte Bezahlung und eingeschränkte Aufstiegschancen verantwortlich seien. Um Fachkräfte, Vielfalt und Qualität zu erhalten, brauche es grundlegende Veränderungen in der Arbeitskultur.
Anmerkung zum verlinkten Artikel: “tag eins” stellt den Betrieb am 30. April ein: “Die monatlichen Ausgaben von tag eins sind höher als die monatlichen Einnahmen. Für kein Unternehmen dieser Welt kann das gut gehen. Wir ziehen jetzt die Reißleine, wollen die GmbH ordentlich abwickeln und keinen einzigen Cent schuldig bleiben.” (tageins.at)

6. Jugendliche sollten diese Serie sehen? Nein: Erwachsene
(krautreporter.de, Lea Schönborn)
Nicht Jugendliche, sondern Erwachsene sollten sich die Netflix-Serie “Adolescence” ansehen, um zu verstehen, in welcher digitalen Realität Jugendliche heute leben, meint Lea Schönborn. Viele Eltern, Lehrerinnen und Lehrer hätten erst durch die Serie erkannt, welchen Einfluss Onlinekulturen und Soziale Netzwerke auf Jugendliche haben, und dass Probleme wie Frauenhass oder Mobbing nicht durch das Internet entstehen, sondern sich dort nur anders darstellen.

Sparprogramm beim RBB, Unter Zockern, Stoppt die Gewalt!

1. Vorschläge zur Verschlankung
(taz.de, Amelie Sittenauer)
Beim öffentlich-rechtlichen RBB sollen wegen finanzieller Schwierigkeiten 22 Millionen Euro eingespart und 254 Stellen abgebaut werden, wofür die Geschäftsleitung zahlreiche Struktur- und Programmanpassungen vorgeschlagen habe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten mit Unmut und Sorge reagiert, da sie durch zunehmende Arbeitsbelastung, fehlende Sicherheit und einen schlechten Umgang mit freien Kräften stark unter Druck stünden. Trotz Reformbedarf verschärfe sich die angespannte Stimmung im Sender weiter.

2. “Deut­sch­land Kurier”-Che­f­re­dak­teur zu Bewäh­rungs­strafe ver­ur­teilt
(lto.de)
Der Chefredakteur des rechten Onlineportals “Deutschland-Kurier”, David Bendels, sei vom Amtsgericht Bamberg wegen einer verunglimpfenden Fotomontage der Innenministerin Nancy Faeser zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Das manipulierte Bild stelle eine falsche Tatsachenbehauptung dar und sei laut Gericht eine gezielte Politikerverleumdung. Bendels sehe das Ganze als Satire und wolle juristisch gegen das Urteil vorgehen.

3. »New York Times« klagt über massiven Druck der Trump-Regierung
(spiegel.de)
Arthur Gregg Sulzberger, Verleger der “New York Times”, beklage, dass Donald Trumps Regierung durch Klagen, den Entzug von Zugängen und das Einstellen von Regierungsabos massiven Druck auf die Presse in den USA ausübe. Sulzberger betone, dass die “New York Times” sich nicht einschüchtern lasse und gut vorbereitet sei, dem Druck standzuhalten. Trotz der angespannten Lage zeige er sich zuversichtlich, dass die US-Demokratie auch diese Herausforderung überstehen könne.

Bildblog unterstuetzen

4. dju fordert: Medienhäuser, Polizei, Politik – schützt uns Journalist*innen, stoppt die Gewalt!
(dju.verdi.de)
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi fordert Medienhäuser, Polizei und Politik auf, “unverzüglich wirksame Maßnahmen zum Schutz von Medienschaffenden als Teil des Koalitionsvertrages zu erarbeiten”: “Journalist*innen müssen ohne Angst vor Gewalt arbeiten können. Medien, Sicherheitsbehörden und Politik sind in der Pflicht, unverzüglich verlässliche Schutzmaßnahmen zu gewährleisten”, so dju-Bundesgeschäftsführerin Danica Bensmail.

5. Unter Zockern
(journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl beschreibt, wie Redaktionen zunehmend Twitch als Plattform nutzen, um junge Zielgruppen mit interaktiven, journalistischen Formaten zu erreichen – etwa durch Talkshows, Nachrichtenformate wie “tagesschau together” oder Streams mit Politikerinnen und Politikern. Dabei zeige sich, dass Authentizität, Interaktivität und der Dialog mit dem Chat entscheidend für den Erfolg seien. Klassische Medienformate würden auf Twitch hingegen oft nicht funktionieren. Obwohl Twitch finanziell für Medien kaum lukrativ sei, biete die Plattform strategisches Potenzial.

6. TikTok, die mächtigste App der Welt
(arte.tv, Vincent de Cointet, Video: 46 & 49 Minuten)
Bei Arte gibt es eine zweiteilige Dokumentation über “TikTok, die mächtigste App der Welt”. Dabei geht es um die Fragen: Wie nutzt das chinesische Regime die hinter der Videoplattform stehende Firma ByteDance, um seine Macht zu festigen? Welche Rolle spielt TikTok in der chinesischen Expansionspolitik? Wie reagiert Washington auf den Vormarsch der chinesischen App in sein bisheriges Hoheitsgebiet? Und wie steht es aktuell um den Machtkampf zwischen China und den USA um Beeinflussung und Daten? Hier geht es zu Teil 2 der Doku.

Report zur Pressefreiheit, Gefahr für Quellenschutz, ARD-Walross

1. Übergriffe auf Journalisten verdoppelt
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat ihren “RSF-Report zur Lage der Pressefreiheit in Deutschland” (PDF) veröffentlicht: “Mit 89 Attacken auf Medienschaffende und Medienhäuser haben sich die Angriffe, die RSF verifizieren konnte, im Jahr 2024 verdoppelt. 2023 waren es 41. Eine Auffälligkeit in der Statistik: Gewalt gegenüber Journalistinnen und Journalisten war im Jahr 2024 vor allem im Brennpunkt Berlin ein Thema, wo sich 49 der bundesweit dokumentierten Fälle ereigneten. Die meisten Übergriffe zählte RSF am Rande von Nahost-Demonstrationen.”

2. Quellenschutz in Gefahr
(verdi.de, Peter Nowak)
Die Wochenzeitung “Kontext” sei zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden, nachdem sie rassistische Facebook-Chats eines Ex-AfD-Mitarbeiters veröffentlicht und dessen Namen genannt habe. Zuvor habe das Gericht die Offenlegung der Quelle gefordert, was die Redaktion mit Verweis auf den Quellenschutz ablehnte habe. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert das Urteil.

3. Das träge und schwerfällige Walross
(taz.de, Ann-Kathrin Leclère)
Die ARD stehe in der Kritik, weil sie in ihrer Jubiläumsshow einen rassistischen Sketch von Dieter Hallervorden gezeigt und versäumt habe, diesen kritisch einzuordnen oder zu schneiden. Dies zeige laut Ann-Kathrin Leclère, dass der öffentlich-rechtliche Sender an überholten Formaten und alten Gesichtern festhalte, statt mutige Reformen anzugehen. Um relevant zu bleiben, müsse die ARD gesellschaftlichen Wandel aktiv mitgestalten und sich inhaltlich wie strukturell erneuern.

Bildblog unterstuetzen

4. Bangen um Voice of America: “Es ist Alarmzustand”
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 28:09 Minuten)
Im Podcast “Läuft” von epd medien und Grimme-Institut geht es um die von Donald Trump angeordnete Abschaltung von US-Auslandssendern wie “Radio Free Europe” und “Voice of America”, die als Rückschlag für den unabhängigen Journalismus gewertet wird. Die Kommunikationswissenschaftlerin Carola Richter gibt im Gespräch mit Alexander Matzkeit Einschätzungen zu den möglichen Folgen für die internationale Medienlandschaft und der Frage, wer die entstehende Lücke füllen könnte.

5. Mehr Transparenz bei Intendantenwahlen
(djv.de, Gina Schad)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat den Rundfunkrat der Deutschen Welle angesichts der bevorstehenden Intendantenwahl zu mehr Transparenz aufgefordert. Bisher seien weder Kandidaten noch Auswahlkriterien nachvollziehbar definiert. Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster kritisiert: “Diese Intransparenz passt nicht zum Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders, der mit Steuergeldern finanziert wird. Sie nährt zudem Spekulationen, dass parteipolitische Interessen und nicht fachliche Kompetenz bei der Besetzung des Intendantenpostens im Vordergrund stehen.”

6. Deepfakes und Porno-Deepfakes
(ardmediathek.de, Katja Deiß, Video: 8:43 Minuten)
Das ARD-Magazin “titel, thesen, temperamente” beschäftigt sich mit den realistisch wirkenden, aber durch Künstliche Intelligenz (KI) gefälschten Medieninhalten und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft: “Deepfakes bedrohen Wahrheit und Demokratie. KI-Expertin Nina Schick warnt: Ein Tsunami aus Fälschungen rollt auf uns zu. Stars wie Marc-Uwe Kling und Michael ‘Bully’ Herbig fordern Gesetze – bevor Fake und Realität ununterscheidbar werden.”

Hallervorden, Intendantenwahl, Spongebob und Schleimkanonen

1. ARD äußert sich zu Hallervordens umstrittenem Auftritt
(t-online.de)
In der TV-Jubiläumssendung “75 Jahre ARD” sorgte Schauspieler und Kabarettist Dieter Hallervorden mit der Verwendung des N- und des Z-Wortes in einem Sketch für breite Kritik und Diskussionen über Rassismus und Satire. Obwohl die Sendung vorproduziert gewesen sei, sei die Passage aus der Aufzeichnung nicht herausgeschnitten oder mit einem Hinweis versehen worden. Die ARD verteidige den Auftritt Hallervordens als bewusste Provokation im satirischen Kontext, betone aber gleichzeitig ihr Engagement für Vielfalt und die Ablehnung von Rassismus.

2. Und jetzt zurück zu den Staatsinfos
(taz.de, Nikita Danilin)
Durch die Kürzungen der US-Regierung unter Donald Trump drohe Radio Liberty, einer der letzten unabhängigen Nachrichtenquellen in Zentralasien, das Ende. In Ländern wie Kasachstan, Usbekistan oder Tadschikistan wären dann nur noch staatlich kontrollierte Informationen verfügbar. Experten warnen, dass dies nicht nur die Demokratie gefährde, sondern auch die russische Propaganda stärke und unabhängige Journalistinnen und Journalisten weiter marginalisieren könnte.

3. NDR-Mitarbeiter fordern neues Verfahren zur Intendantenwahl
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Timo Niemeier berichtet, dass nach der gescheiterten Intendantenwahl beim NDR nun auch die Personalvertretungen ein neues, transparenteres Auswahlverfahren fordern, bei dem die Beschäftigten ernsthaft einbezogen werden. Ihre Kritik laute, dass dem Rundfunkrat nur eine Kandidatin ohne Alternative zur Wahl gestanden habe, und weder die Personalräte noch die Mitglieder ausreichend informiert und beteiligt worden seien.

Bildblog unterstuetzen

4. Wachsende Gefahren für serbische Medienschaffende
(reporter-ohne-grenzen.de)
Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) wird es in Serbien für Medienschaffende zunehmend gefährlicher. “Während sich die Schlinge um Medien sowie Journalistinnen und Journalisten in Serbien immer weiter zuzieht, darf die Europäische Union nicht länger wegsehen. Auf die serbische Regierung und Behörden ist kein Verlass, wenn es darum geht, Angriffe auf die Presse zu stoppen”, kommentiert RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus: “Der Schutz der Pressefreiheit ist ein entscheidendes Kriterium für Serbiens Beitritt in die EU. Die deutsche Regierung muss diese Verstöße klar verurteilen.”

5. Trump verlängert Frist für TikTok in den USA
(spiegel.de)
US-Präsident Donald Trump habe die Frist für den Verkauf von TikToks US-Geschäft um weitere 75 Tage verlängert. Das größte Hindernis für einen möglichen “Deal” sei die Zustimmung der chinesischen Regierung, was Trump wie folgt kommentiere: “Wir hoffen, weiterhin vertrauensvoll mit China zusammenarbeiten zu können, das, soviel ich weiß, nicht sehr glücklich über unsere gegenseitigen Zölle ist.”

6. Spongebob und Schleimkanonen
(tagesspiegel.de)
Sportverbände und TV-Sender würden zunehmend auf kindgerechte Formate mit bunten Animationen, bekannten Figuren und Kommentaren von Kindern setzen, um junge Zuschauerinnen und Zuschauer frühzeitig für Live-Sport zu begeistern. Hinter diesen Maßnahmen stecke neben pädagogischen Zielen auch das wirtschaftliches Interesse, langfristig eine loyale Fanbasis aufzubauen. Noch sei jedoch wenig darüber bekannt, was Kinder wirklich am Sport fasziniert – ob Stars, Geschichten oder der Wettbewerb selbst.

KW 14/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Klaasohm auf Borkum – Was sich nach der Kritik verändert hat
(ardmediathek.de, Alexandra Bauer & Julia von Buddenbrock, Video: 29:40 Minuten)
Die Reportage des NDR-Medienmagazins “Zapp” beschäftigt sich mit den Folgen der kritischen Berichterstattung über den Brauch des Klaasohm auf Borkum, bei dem auch Frauen mit Kuhhörnern geschlagen wurden. Der Film beleuchtet die Frage, wie die Inselgemeinschaft auf die bundesweite Kritik in Medien reagiert, zwischen der Verteidigung der Tradition und dem Gefühl, falsch dargestellt worden zu sein.

2. 75 Jahre ARD – Umbau unter Druck
(youtube.com, Julius Bretzel, Audio: 29:58 Minuten)
In dieser Folge des “Tagesschau”-Podcasts “11KM” spricht die Medienjournalistin Annika Schneider anlässlich des 75-jährigen Bestehens der ARD über die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Als ehemalige ARD-Mitarbeiterin analysiert sie, warum ARD und ZDF derzeit unter Druck stehen – unter anderem aufgrund von Skandalen und strukturellen Problemen. Schneider erklärt, warum es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt und was sich inhaltlich und organisatorisch ändern muss.
Weitere Hörtipps zum ARD-Jubiläum: 75 Jahre ARD: Die ARD und die Politik – Ringen um Unabhängigkeit (br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 25:59 Minuten) und “Töne, Texte, Bilder”-Spezial: 75 Jahre ARD (wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 44:59 Minuten).

3. Woher kommt der Mediensprech?
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 36:31 Minuten)
Im Deutschlandfunk (DLF) kommen regelmäßig Hörerinnen und Hörer zu Wort. Manchmal liefern sie sogar die Idee für eine ganze Sendung und tauschen sich darin mit Expertinnen und Experten aus. In dieser Folge des Podcasts “Nach Redaktionsschluss” geht es um die Frage, ob sich der Journalismus immer weiter von der Alltagssprache entfernt. Es diskutieren DLF-Hörer Arno Logiewa, Kommunikationswissenschaftlerin Friederike Herrmann, Hauptstadtjournalistin Helene Bubrowski und Michael Borgers vom DLF.

Bildblog unterstuetzen

4. Medien aus der Krise in die (Sinn)krise?
(podcast.de, Julia Krüger & Maurice Gajda, Audio: 1:01:50 Stunden)
In der aktuellen Folge des Podcasts “In kleiner Runde – Medien Insider” sprechen Julia Krüger und Maurice Gajda über eine mögliche Medienkrise in Deutschland und stellen fest, dass trotz Krisenrhetorik eine Menge Geld im System vorhanden ist. Sie diskutieren unter anderem über das Scheitern des Verlagshauses Gruner + Jahr und die Entwicklungen bei großen Akteuren wie “Spiegel” und Axel-Springer-Verlag. Außerdem sprechen sie mit Daniela Braun vom Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien über die Herausforderungen und kreativen Antworten von Tageszeitungen auf sinkende Abozahlen.

5. Hartmut Rosa (Soziologe)
(wiesoweshalbwarum.podigee.io, Thomas Hartmann, Audio: 1:07:00 Stunden)
In seinem Podcast “Wieso? Weshalb? Warum?” spricht Thomas Hartmann mit dem Soziologen Hartmut Rosa über dessen Konzept der Resonanz und einer möglichen Bedeutung für Kindermedien. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, wie Medienangebote gestaltet sein müssen, um Resonanzerfahrungen bei Kindern zu fördern, also Beziehungen zur Welt, die von echter Verbundenheit und Berührung geprägt sind. Dabei diskutieren sie auch kritisch, inwieweit Medien solche Erfahrungen ermöglichen oder sogar verhindern können.

6. Deutsch-französische Beziehungen und was die Medien dazu sagen
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 25:13 Minuten)
Der BR-Journalist und Autor Jean-Marie Magro spricht in Christian Jakubetz’ Podcast “Satzzeichen” über sein neues Buch “Radatouille”, in dem er seine Radtour durch Frankreich und seine Eindrücke vom Land beschreibt. Weitere Themen des Gesprächs sind die Medienlandschaft in Frankreich und das französische Bild der deutsch-französischen Beziehungen. Mit seinem Buch und einer begleitenden Lesereise möchte Magro einen differenzierteren Blick auf Frankreich vermitteln.

Blättern: 1 2 3 4 ... 1157

BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.