Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
3. “Die Scheingenauigkeit der Zahlen” (blog.dasmagazin.ch, Mathias Plüss)
Im Schweizer Radio DRS1 wird behauptet, dass EU-Staaten durch Steuerflucht und -vermeidung jährlich bis zu einer Trillion Euro verlieren. “Nun ja, so ein Fehler kann ja mal passieren, und offensichtlich haben ihn im Nachhinein auch die Radioleute entdeckt. Ihre Reaktion fand ich aber ein wenig seltsam: Sie haben die falsche Trillion und die sechs überzähligen Nullen für den Internet-Beitrag einfach herausgeschnitten und durch die richtige Billion ersetzt, ohne das zu kennzeichnen – nicht gerade die feine Art.”
4. “Allen ist doch klar: Journalismus wird anders sein” (dirkvongehlen.de)
Dirk von Gehlen befragt Sebastian Esser von Krautreporter.de, einem Crowdfunding-Portal für journalistische Projekte: “Wir weigern uns, weiter die seit vielen Jahren immer gleichen Argumente auszutauschen und nichts tuend, aber Hände ringend dem Schwinden der Strukturen zuzusehen, die bisher Journalismus ermöglicht haben.”
5. “‘Manche Medien schreiben einfach irgendwas'” (medienwoche.ch, Felicie Notter)
Der Gewinner der 9. Staffel der Castingshow “Deutschland sucht den Superstar”, Luca Hänni, im Interview über Beziehungen zu Medien. Frank Wiedermann, sein Manager, sagt: “Wir hatten mal ein Angebot, Luca mit seiner Freundin nach Mauritius in den Badeurlaub zu schicken – bezahlt. Einzige Bedingung: ein Fotograf ist dabei. Das fanden wir toll, nur hatte die Freundin von Luca keine Zeit und ich wäre stattdessen mitgeflogen. Das wollten sie natürlich nicht mehr bezahlen, weil sie nur auf die Exklusiv-Bilder aus waren.”
Zusammengefasst geht die Geschichte so: Ein Mann entscheidet sich, warum auch immer, für ein Auto, das überhaupt nicht zu seinen Bedürfnissen, seinem Fahrverhalten und der ihn umgebenden Infrastruktur passt. Und bei “Bild” ist das “E-Auto” schuld.
Leipzigs Handwerkskammer-Chef teilte vergangenen Mittwoch groß in der Leipzig-Ausgabe der “Bild”-Zeitung mit:
Leipzigs Handwerkskammer-Chef Volker Lux (54) gibt nach drei Jahren Elektromobilität auf und fährt wieder einen klassischen Diesel.
Die erste Überraschung kommt in Absatz drei. Denn wer nach dem Lesen der “E-Auto”-Überschriften annahm, es geht um ein rein batterieelektrisches Auto, erfährt dort, dass es sich stattdessen um einen Plug-in-Hybrid handelt:
Lux schaffte sich einen Dienstwagen an, den er auch privat nutzen darf, einen BMW X3 Hybrid.
Jedenfalls war dieses Auto für den Handwerkskammer-Chef zum Verfluchen:
Der Wagen kann 30 Kilometer elektrisch fahren und hat zusätzlich einen 40-Liter-Tank. Genau da begann der Alltagsärger. Lux: “Zum Termin nach Berlin und zurückfahren funktionierte nicht, ohne zu tanken. …
Pardon, da müssen wir eben unterbrechen.
Man könnte jetzt sagen: Klar, nachher ist man immer schlauer! Aber bei der Autowahl kann man sich ja ganz gut schon vorher schlau machen und zum Beispiel schauen, ob der Tank (oder beim E-Auto: die Batterie) groß genug ist, um mit einer Füllung eine häufig gefahrene Strecke zu schaffen.
Und zur konkreten Strecke: Von der Leipziger Handwerkskammer bis zum Brandenburger Tor in Berlin sind es 180 Kilometer. Hin und zurück also 360 Kilometer. Lassen wir den elektrischen Fortbewegungsteil des Wagens bei der Rechnung mal außenvor: Um 40 Liter auf 360 Kilometern zu verfeuern, muss man rund 11,1 Liter auf 100 Kilometern verbrauchen. Im Test des ADAC (PDF) liegt der Verbrauch des Wagens deutlich unter diesem Wert:
Fährt man im Hybridmodus weiter, ergibt sich ein Benzinverbrauch von durchschnittlich 8,4 l Super pro 100 km. Dabei liegt der Benzin-Konsum innerorts bei 7,8 l, auf der Landstraße bei 7,6 l und auf der Autobahn bei 10,0 l/100 km.
Auf der Eco-Runde verbrauchte der BMW 6,7 Liter, während er sich auf der Pendler-Strecke 9,2 Liter genehmigte. Wurde der BMW sportlich bewegt, stieg der Verbrauch auf 11,5 Liter. Der Durchschnittsverbrauch hybridisch beträgt 9,2 Liter.
Mit dem Verbrauch der “sportlichen” Fahrweise läge man etwas über den von uns errechneten 11,1 Litern auf 100 Kilometern, die es bräuchte, um den 40-Liter-Tank auf der Strecke Leipzig-Berlin-Leipzig leer zu fahren. Wenn man unbedingt diese 360 Kilometer fahren und dabei auf keinen Fall tanken möchte, sollte man vielleicht einfach eine Fahrweise wählen, die zur Reichweite des gewählten Autos passt.
Aber letztlich scheint das alles völlig irrelevant zu sein. Denn die Angabe des Handwerkskammer-Chefs in “Bild” zum Tankvolumen dürfte schlicht nicht stimmen. Während er von einem “40-Liter-Tank” spricht, findet man anderswo, zum Beispiel bei “Autobild”, die Angabe, dass der BMW X3 Hybrid einen 50-Liter-Tank hat. Wir haben auch noch mal bei BMW nachgefragt. Der Konzernsprecher, der für die X3-Reihe zuständig ist, antwortete uns, dass ihm “nix anderes bekannt” sei als ein Tankinhalt von 50 Litern.
Und bei einem 50-Liter-Tank müsste man schon 13,9 Liter auf 100 Kilometern verbrauchen, um auf der Tour Leipzig-Berlin-Leipzig den Tank leer zu fahren.
Nun aber wieder zurück zum Zitat des Handwerkskammer-Chefs in “Bild”:
Lux: “Zum Termin nach Berlin und zurückfahren funktionierte nicht, ohne zu tanken. Um für den Stadtverkehr 30 Kilometer in die Batterie zu bekommen, musste ich bei uns in der Tiefgarage der Handwerkskammer mehr als vier Stunden laden.”
Vier Stunden laden für 30 Kilometer? Das klingt nach einer ganzen Menge Zeit für nicht so wahnsinnig viel Reichweite. Und dafür gibt es auch einen Grund. Die ganze Dämlichkeit dieser “Bild”-Geschichte materialisiert sich in diesem Foto:
“Die Ladesäule ist ungeeignet”. Dem Mann, der sein “E-Auto” verflucht, steht also gar nicht die adäquate Infrastruktur zur Verfügung. Das schreibt auch “Bild”:
Die Kammer hat die Plätze in der Tiefgarage nur gemietet und hat keine Profi-Säule. “Das funktioniert gut für unsere kleinen E-Flitzer, die über Nacht stehen bleiben können. Aber nicht für mich, der ständig und unplanbar unterwegs ist.”
Die mangelhafte Lade-Infrastruktur ist ein absolut relevantes Thema bei der Debatte um die E-Mobilität in Deutschland. Aber sein “E-Auto” an sich zu “verfluchen”, weil der eigene Laden es nicht schafft, einen ordentlichen Ladepunkt zu installieren, und dadurch das Laden so lange dauert?
Die “Bild”-Redaktion spendiert einem für sowas gern eine große Schlagzeile.
1. Twitter verbietet Werbung für andere Social-Media-Plattformen (spiegel.de)
Kaum ein Tag in den vergangenen Wochen ohne Twitter-Überraschung. Nun will das Netzwerk anscheinend sowohl Tweets als auch Konten entfernen, die, wie es heißt, “kostenlose Werbung für verbotene Social-Media-Plattformen von Drittanbietern” enthalten, etwa URLs von Instagram- oder Facebook-Profilen. Neben den genannten Plattformen sollen demnach auch Links zu Websites wie linktr.ee und lnk.bio dazugehören. Derweil lässt Elon Musk über seinen Rücktritt als Twitter-Chef abstimmen, was dort kommentiert und bespöttelt wird.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” fasst Max Hoppenstedt das Hin und Her um die gesperrten Twitter-Konten einiger US-amerikanischer Journalistinnen und Journalisten zusammen: “Ich habe Elon Musk auf Twitter angeschrieben und wurde unmittelbar danach gesperrt”.
Und noch ein Lesehinweis: Bei “Übermedien” erklärt Redaktionsleiter Frederik von Castell, warum er trotz aller Liebe zu Twitter seinen Account derzeit ruhen lässt: Twitter hat meine roten Linien überschritten. Und Eure?
2. Offener Brief fordert Begnadigung (netzpolitik.org, Emilia Ferrarese)
Stella Assange, die Ehefrau des WikiLeaks-Gründers Julian Assange, hat sich zusammen mit Europaabgeordneten und NGOs in einem offenen Brief (PDF) an US-Präsident Joe Biden gewandt. Das Bündnis erhebe schwere Vorwürfe gegen die US-Regierung, kritisiere deren Umgang mit der Pressefreiheit und fordere die umgehende Begnadigung Assanges.
3. Dissertation von Mathias Döpfner: Prüfung dauert weiter an (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Im Mai dieses Jahres tauchten Vorwürfe gegen Mathias Döpfner, den Vorstandschef von Axel Springer, auf: Döpfner habe in seiner Doktorarbeit unwissenschaftlich gearbeitet, seine Dissertation hätte man “so nicht annehmen dürfen”. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe prüfe die Goethe-Universität Frankfurt am Main den Fall. Der “Tagesspiegel” hat sich nach dem aktuellen Stand erkundigt, dort lasse man sich jedoch Zeit: “Die Prüfung dauert noch an.”
4. BR rechnet 2023 mit 40 Mio. Euro Fehlbetrag (dwdl.de, Manuel Weis)
Wie vor zwei Wochen in den “6 vor 9” berichtet, erwarte der MDR für 2023 ein Defizit in Höhe von 33 Millionen Euro. Nun meldet sich der BR zu Wort: Man rechne im kommenden Jahr mit einem Fehlbetrag von 40 Millionen Euro. Ohne die Belastungen aus den Pensionsrückstellungen weise der Sender jedoch laut eigenen Angaben ein positives operatives Ergebnis aus. Eine sehr theoretische Rechnung, wie Manuel Weis bei “DWDL” anmerkt.
5. zunächst unklar (journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal nehmen sie sich einen Klassiker aus den Nachrichten vor: den Hinweis, etwas sei “zunächst unklar” gewesen.
6. 20 Experimente mit ChatGPT: Der universalgelehrte Depp (wortvogel.de, Torsten Dewi)
Die Künstliche Intelligenz macht derzeit rasante Fortschritte und wird aller Voraussicht nach auch Auswirkungen auf die Medienlandschaft haben: Bildgeneratoren beispielsweise lassen die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verwischen und könnten den Stock-Foto-Markt durcheinanderwirbeln. Im Bereich der Textgeneratoren bekommt ChatGPT momentan viel Aufmerksamkeit. Torsten Dewi hat der Maschine 20 Aufgaben gestellt, die diese teilweise erstaunlich gut (und unterhaltsam) gelöst hat.
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
vor etwa einem halben Jahr habe ich hier auf der Seite geschrieben, dass ich aus persönlichen, gesundheitlichen Gründen nicht dazu komme, das BILDblog zu füllen; und dass es noch ein paar weitere Wochen still bleiben wird. Daraus sind nun leider ein paar Monate geworden. Pardon dafür!
Die gesundheitlichen Probleme sind zwar immer noch da, sie bestimmen noch immer den Alltag. Ein wenig hat sich die Situation aber verbessert und entspannt. Daher hoffe ich, dass ich in der kommenden Woche wieder mit dem Bloggen loslegen kann.
Unser “6-vor-9”-Mann Lorenz Meyer war in der Zwischenzeit ja sowieso gewohnt fleißig. Und er wird auch weiterhin morgens um 8:54 Uhr sechs handverlesene Linktipps aus der Medienwelt für Euch bereithalten.
Ich kann mich nur wiederholen: Vielen Dank für Euer Verständnis und die Treue!
1. Wie Journalisten immer noch an Corona-Zahlen scheitern (deutschlandfunk.de, Samira El Ouassil, Audio: 4 Minuten)
Anhand einer irreführenden “Spiegel”-Schlagzeile zu Corona-Impfdurchbrüchen erklärt Samira El Ouassil, wie gefährlich die isolierte Darstellung von Zahlen sein kann: “Wenn uns die Pandemie medial eines vermittelt haben sollte, dann, wie wichtig eine qualitative Einordnung von Zahlen ist. Im abstrakten Raum arithmetischer Größen und absoluter Werte sagen die Ziffern für uns erstmal nichts aus. Wir brauchen Vergleichswerte, Kontext, einen Sinnzusammenhang, der erklärt, was ein Anstieg oder ein Abfall bedeutet – wenn es denn überhaupt eine publizistische Relevanz hat.”
2. Die geheime Liste des Hasses (tagesschau.de, Patrick Gensing)
Auf einer internen Liste hat Facebook Gruppen, Organisationen und Personen aufgeführt, die als gefährlich eingestuft werden und daher nicht auf der Plattform in Erscheinung treten sollen. Das Portal “The Intercept” hat diese Liste nun veröffentlicht, ausgewertet und um einige Anmerkungen zu den Einträgen ergänzt.
Weiterer Lesehinweis: “Facebook ändert seine Regeln für verbale Angriffe auf seinen Online-Plattformen. Fortan genießen ‘unfreiwillige’ Personen des öffentlichen Lebens einen besonderen Schutzstatus” – Facebook erhöht Schutz für Aktivisten und Journalisten (spiegel.de). Eine Nachricht, die der Journalist Richard Gutjahr bei Twitter wie folgt kommentiert: “Facebook will auf seinen Plattformen keine Todesdrohungen mehr gegen Medienschaffende akzeptieren. – Allein diesen Satz zu schreiben, ist grotesk.”
3. Wegen “Knapp verfehlt”-SMS: Verstoß gegen Gewinnspielsatzung im RTL-Programm beanstandet (rnd.de)
Die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) hat ein Gewinnspiel des Fernsehsenders RTL beanstandet. Verlierern sei per SMS mitgeteilt worden: “Leider knapp verfehlt. Vielleicht klappt’s beim nächsten Mal”. Nach Paragraf 6 der Gewinnspielsatzung seien der NLM zufolge bei Gewinnspielen falsche, zur Irreführung geeignete oder widersprüchliche Aussagen unzulässig. Die Formulierung “knapp verfehlt” könne als ein “Beinahe-Erreichen” der Auswahl verstanden werden und insofern potenziell irreführend sein. Außerdem könne der SMS-Text dazu verleiten, erneut an dem Gewinnspiel teilzunehmen.
4. Es ist besser, keine Pressekonferenz zu geben, als so eine Pressekonferenz zu geben (uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
SPD, Grüne und FDP treffen sich derzeit zu Sondierungsverhandlungen, zu deren inhaltlichem Verlauf sie sich nicht äußern wollen. Und dieses Nicht-Äußern erfolgt, so sieht es das Ritual vor, auf einer Pressekonferenz. Für Boris Rosenkranz stellt sich da eine Frage: “Pardon. Aber: Wieso gab es noch mal diese Pressekonferenz? Wieso kam Christian Lindner nicht vorbei und sprach: ‘Es ist besser, keine Pressekonferenz zu geben, als so eine Pressekonferenz zu geben’?”
5. Max Schrems vs. Facebook: Konzern muss 36 Mio. Euro Strafe zahlen (futurezone.at, Barbara Wimmer)
Der österreichische Datenschutz-Aktivist Max Schrems hat durch seine Beschwerde erreicht, dass Facebook eine Millionenstrafe wegen der Umgehung von europäischen Datenschutz-Vorschriften zahlen muss. Was sich wie ein Sieg für den Datenschutz anhört, ist es bei näherem Hinsehen allerdings nicht, wie Schrems erläutert: “Die Datenschutzbeauftragte ermöglicht Facebook, die DSGVO zu umgehen, und verlangt nur, das Gesetz transparenter zu umgehen. So kann Facebook weiterhin rechtswidrig Daten verarbeiten und lediglich eine kleine Geldstrafe zahlen, während die irische Behörde vorgeben kann, etwas unternommen zu haben.” Die angedachte Strafe belaufe sich auf 0,048 Prozent des weltweiten Umsatzes des Konzerns und liege damit weit unter dem möglichen Strafrahmen von 4 Prozent.
6. Alkoholisches (noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Der Alkoholgehalt im Atem werde in Milligramm pro Liter Atemluft gemessen, der Alkoholgehalt im Blut hingegen in Promille pro Liter Blut. Etwas, das beim “Spiegel” gerne mal durcheinandergeht, wie Michael Nöhrig anhand einiger Beispiele zeigt.
1. Völlig wurst (uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Eine von vielen VW-Kantinen streicht – auf Wunsch der dort Speisenden – die Currywurst aus dem Angebot, und Medien und Netz überschlagen sich: “Großes Getöse: Die schaffen die Currywurst ab! O Gott! Kann jemand die Hintertür abschließen? Möglicherweise stehen da schon Herr und Frau Gendergaga, Annalena Baerbock und das Seitan-Monster. Das ist ungefähr die Stimmung in Teilen der digitalen Netzwerke.” In seiner Glosse ist Boris Rosenkranz der Wurst, Pardon, der Sache nachgegangen.
2. Worum es jetzt im Verfahren gegen Julian Assange geht (zeit.de, Lisa Hegemann)
Das Tauziehen um die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA geht weiter. Im Januar hatte ein britisches Gericht Assanges Auslieferung wegen seines psychischen Gesundheitszustandes und der zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt. Doch nun hätten die USA im Auslieferungsprozess einen wichtigen Teilerfolg erzielt, wie Lisa Hegemann bei “Zeit Online” berichtet.
3. Zu viele Kommentare durch die “deutsche Brille” (deutschlandfunk.de, Matthias Dell, Audio: 4:05 Minuten)
Manche Olympia-Kommentare seien so auf die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer fixiert gewesen, dass sie die spannendsten Wettkampfszenen verpasst hätten, findet Deutschlandfunk-Kolumnist Matthias Dell: “Bei den Olympischen Spielen war mein Leiden an der nationalen Fixierung bei der Kommentierung so groß, dass ich irgendwann froh war, wenn es keine deutsche Beteiligung im Wettbewerb mehr gab.”
4. Wie Medien die Sichtbarkeit von Para-Sportlern fördern können (de.ejo-online.eu, Roman Winkelhahn)
Im Journal “Media and Communication” geht es aktuell unter anderem um das Thema Paralympics und die mediale Darstellung von Sportlerinnen und Sportlern mit Behinderung. Eine Studie habe festgestellt: “Die Globalisierung der Paralympics ist eng verbunden mit der zunehmenden Fernsehberichterstattung und dem Aufkommen neuer digitaler Medien und sozialer Netzwerke, auf denen live oder zeitversetzt Wettkämpfe übertragen werden.” Roman Winkelhahn fasst die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zusammen.
5. Sagen, was besser sein muss (taz.de, Frederic Valin)
Wie verändert die Coronakrise Medien und Publikum? Welche Chancen ergeben sich für den Journalismus nach der Pandemie? In der “taz”-Serie “Manöverkritik” geht es jeden Monat aufs Neue um diese und die damit in Zusammenhang stehenden Fragen. In der aktuellen Folge fordert Frederic Valin einen aktivistischen Journalismus ein: “Journalismus hat den Anspruch, objektiv zu sein; es scheint aber zu wenig Bereitschaft gegeben zu haben, sicheres Terrain zu verlassen. Es hätte eines Journalismus bedurft, der jenen eine Stimme gibt, die keine Pressekonferenzen abhalten, kurzum: eines engagierten, auch aktivistischen Journalismus. Sagen, was ist, heißt auch: sagen, was besser sein muss.”
6. Leider verlaufen: Impfgegner wollten BBC-Hauptquartier stürmen (sueddeutsche.de, Dennis Müller)
In London wollten Impfgegner das BBC-Hauptquartier stürmen, um das Nachrichtenprogramm des Senders zu stören. Das Problem: Die Meute war nicht so ganz auf dem neuesten Stand und stand vor einem Haus, aus dem die BBC schon viele Jahre nicht mehr sendet.
1. Die Pandemie wär halb so wild, gäb es bloß den Lockdown nicht (dwdl.de, Thomas Lückerath)
Nachdem die Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen mit einem Instagram-Statement zu Corona viel Aufmerksamkeit (und Kritik) erhalten hatte, spendierte ihr der Sender eine Sondersendung: “Marlene Lufen: Deutschland im Lockdown”. “DWDL”-Chef Thomas Lückerath hat sich die Sendung angeschaut, die er bereits jetzt für eine “überzeugende Bewerbung für den Tiefpunkt des Jahres” hält: “So empathisch Gastgeberin Lufen auch ist – mit dieser Sendung hat sie leider nicht versöhnt, sondern gespalten.”
Weiterer Lesehinweis: Zu einem ähnlichen Urteil kommt Matthias Schwarzer, der von einem “kollektiven Lockdownjammern ohne Ergebnis” spricht (rnd.de).
2. Sechs Videos sind eine Explosion (sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Mittels Visual Investigation beziehungsweise Open Source Investigation werten ganze Teams von Rechercheuren Fotos und Handyaufnahmen aus, um Abläufe zu rekonstruieren – sei es einen Giftgasangriff in Syrien, die Explosion im Hafen von Beirut oder den Sturm aufs Capitol. Jörg Häntzschel wirft einen Blick auf dieses spannende Thema, bei dem Journalistinnen und Journalisten zu Ermittlerinnen und Ermittlern werden.
3. Europas Werk und Googles Beitrag (netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Der Journalismus ist weiterhin in der Krise, trotz coronabedingt steigender Klick- und Abozahlen. Die Onlinezuwächse können oft nicht das ausgleichen, was im Print durch wegbrechende Auflagen und Werbeeinnahmen entfällt. Nun wolle die EU den Journalismus mit Finanzspritzen aufpäppeln und den digitalen Werbemarkt neu regeln. Die Digital-Lobby ist davon erwartungsgemäß wenig angetan.
4. Klagen gegen Fox (verdi.de, Max Böhnel)
Dem US-amerikanischen Nachrichtensender Fox News steht eine gigantische Schadensersatzklage ins Haus. Das US-Unternehmen Smartmatic, das Wahlcomputer und Stimmauswertungssysteme herstellt, besteht auf eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar. Und auch sonst stünden dem Sender schwierige Zeiten bevor: Der einstmals große Fan Donald Trump hatte sich bereits vor einiger Zeit von seinem langjährigen Haussender abgewandt und seiner Anhängerschaft die Konkurrenten NewsMax und OAN empfohlen.
5. Journalismus&Netz | Januar Edition: In da Club (blog.torial.com, Alex Sängerlaub & Simon Hurtz)
Simon Hurtz und Alex Sängerlaub haben sich auf die Netzsuche gemacht und die wichtigsten Erkenntnisse des vergangenen Monats zusammengetragen: Welche Themen haben die Medien besonders beschäftigt? Was hat sich in der Medienpolitik getan? Und was sollte man unbedingt lesen?
6. Spannend, wie sich dieses Gespräch entwickelt. (twitter.com, Übermedien, Video: 1:35 Minuten)
“Deutschland erlebt heftigen Winter-Sonntag” – und mittendrin eine “Bild-TV”-Moderatorin sowie Jean Pütz, pardon, “die Moderatorenlegende Jean Pütt”. Anderthalb Minuten (unfreiwillige) Comedy.
Weiterer vergnüglicher Gucktipp: “#Flockdown! Winterchaos! Schneekatastrophe!” (twitter.com, Extra 3, Video: 1:33 Minuten).
1. Caffier-Rücktritt: Ein Minister stolpert über sein Schweigen (ndr.de, Tim Kukral, Video: 4:39 Minuten)
Über viele Monate befragte Christina Schmidt, Reporterin der “taz”, Lorenz Caffier, den mittlerweile zurückgetretenen Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, erfolglos zu dessen Waffenkauf. Der Politiker entzog sich bis zuletzt allen kritischen Fragen und ließ für ihn unangenehme Medienanfragen ins Leere laufen. Der Beitrag des Medienmagazins “Zapp” dokumentiert das zweifelhafte Verhalten des Ex-Ministers, der sich bis zuletzt als Opfer des “erbarmungslosen Mediengeschäfts” inszenierte.
2. 250.000 Euro wegen Corona-Berichterstattung? (deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 5:57 Minuten)
Die Galionsfigur der Pandemie-Leugner, Corona-Maßnahmen-Kritiker und “Querdenker” Wolfgang Wodarg hat das unabhängige Blog “Volksverpetzer” wegen dessen Corona-Berichterstattung auf 250.000 Euro Schadensersatz abgemahnt. Thomas Laschyk vom “Volksverpetzer” kommentiert den juristischen Angriff: “Also das Feindbild und die Methoden sind sehr ähnlich wie von Rechtspopulisten.” Auch der Münchner Kommunikationswissenschaftler Carsten Reinemann wundert sich über das rabiate Vorgehen Wodargs: “Wenn ich mich mit starken Äußerungen, starken Behauptungen, die unter Umständen dem kompletten Konsens der Wissenschaftsgemeinde widersprechen, wenn ich mich damit in die Öffentlichkeit begebe, muss ich natürlich damit rechnen, dass ich dort auch entsprechenden Gegenwind bekomme.”
3. “Wir brauchen eine zweite Säule von Meinungsjournalismus” (fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Jochen Bittner ist einer der Leiter des sogenannten “Streit”-Ressorts der “Zeit”. Im Interview mit dem “Fachjournalist” spricht er über seinen Arbeitsalltag und erzählt, woher der Trend zu mehr Meinungsjournalismus kommt. Auf die Frage, ob es im “Streit”-Ressort “auch Tabus” gebe, antwortet Bittner: “Das ist eine Frage, die wir intensiv diskutiert haben und auch weiter diskutieren. Für uns gibt es Grenzen.” Man würde beispielsweise “keine Spinner” einladen. Ob er selbst nochmal Journalist werden würde, wenn er die Wahl hätte? Eher nicht: “Ich hätte Zweifel, ob mich der Journalismus ähnlich anziehen würde wie er das vor 30 Jahren getan hat. Weil ich ihn inzwischen bisweilen als zu aktivistisch wahrnehme.” Korrektur: In einer früheren Version haben wir geschrieben, Bittner “erzählt, welche ‘Tabuthemen’ es gebe”. Das tut er aber nicht – den Begriff “Tabuthemen” verwendet er auch gar nicht. Pardon dafür!
4. Streit um die Empfehlung vertrauenswürdiger Informationen durch Google (netzpolitik.org, Leonard Kamps)
Das Bundesgesundheitsministerium betreibt im Internet ein “Nationales Gesundheitsportal”, das es in Kooperation mit Google prominent bewirbt. Die Verlage sehen darin eine unzulässige Konkurrenz: “Das Ministerium deklassiert die freien marktwirtschaftlich organisierten Gesundheitsportale und setzt alle Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung in unserer Demokratie außer Kraft”, so Burda-Vorstand Philipp Welte. Nun hat die Landesmedienanstalt Schleswig-Holstein angekündigt, die Einleitung eines Verfahrens gegen Google zu prüfen. Leonard Kamps ordnet den Vorgang ein, der mehr Auswirkungen haben könne, als zunächst offensichtlich.
5. Tweets waren gestern: Warum Twitter jetzt “Fleets” startet (rnd.de, Imre Grimm)
Twitter führt “Fleets” ein, das sind sich selbst zerstörende Nachrichten nach dem Vorbild von Snapchat und Instagram. Welche Strategie verfolgt der Kurznachrichtendienst mit der Einführung des neuen Features? Und warum lässt Twitter Inhalte an manchen Stellen nicht mehr ungefiltert durchs Netz und bietet sogar dem US-amerikanischen Präsidenten Paroli? Imre Grimm erklärt den Sinneswandel des Unternehmens.
6. Fotografieren ist unerwünscht (verdi.de, Reiner Wandler)
Seit Wochen kommen vermehrt Boote mit Geflüchteten vom afrikanischen Festland auf den Kanarischen Inseln an. Von mindestens 15.000 Menschen seit Jahresbeginn ist die Rede. Wenn wir davon relativ wenig mitbekommen, könnte dies an den Restriktionen liegen, denen die Pressefotografen und Kameraleute auf den Kanaren unterliegen: “Wir müssen aus einer Distanz von 150 Metern und mehr arbeiten. In anderen Häfen ist es bis zu einem Kilometer”, so der Fotograf und Pulitzer-Preisträger Javier Bauluz.
… was bei uns gleich mehrere Fragen aufwirft: Wer bildet das “Wir” in dieser Schlagzeile — wessen Freibad soll nicht mehr so sein, wie es mal war? Und wer ist das “Die” — wer soll es so zugerichtet haben, wie es laut “Bild” jetzt sein soll, mit “+++ Schlägereien +++ Pöbeleien +++ Messer +++ Tränengas +++ Polizei +++”? Es gibt aus unserer Sicht nicht viele Möglichkeiten, wie man die “Bild”-Schlagzeile von heute verstehen kann, und die erste, auf die wir kommen, ist: “Die Ausländer haben uns Deutschen unser Freibad kaputtgemacht!”
Auf der kompletten Seite, die die “Bild”-Redaktion zu dem Thema veröffentlicht hat, bietet sie erstaunlich wenig, was die These des veränderten Freibads belegen könnte.
Planschen, Pommes rot-weiß und Schlange stehen am Sprungturm — die Freibadsaison läuft bei Temperaturen von über 39 Grad auf Hochtouren.
Doch in diesem Jahr scheint die Stimmung in vielen Freibädern Deutschlands auffällig aggressiv zu sein.
“scheint”? Das ist ernsthaft die Grundlage, auf die sich die “Bild”-Redaktion beruft, wenn sie schreit: “In deutschen Freibädern wird es immer schlimmer!”? Sie hat offenbar null belastbaren Zahlen, die belegen könnten, dass es wirklich gefährlicher geworden ist in den Freibädern. Jedenfalls nennt sie keine. Stattdessen geht es schwammig weiter:
Zahlreiche Badegäste berichten von unangenehmen Erlebnissen, die Polizei von spektakulären Einsätzen!
“zahlreiche” — sehr präzise!
Und auch Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende einer Polizeigewerkschaft, der bei so einem Thema natürlichnichtfehlendarf, scheint keinerlei Ahnung zu haben, wie es genau aussieht, darf aber auch was sagen:
“Jeder versteht etwas anderes unter Spaß”, erklärt Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).
“Der eine will mit seiner Familie in Ruhe baden, andere wollen Kräfte messen und laut Musik hören. Da ist Stress programmiert. Gefühlt gibt es immer mehr Polizeieinsätze in den Bädern.”
“Gefühlt” reicht also inzwischen als Maßstab (was übrigens bestens zum Wochenmagazin “Bild Politik” passt, bei dem laut “Bild”-Politikchef Nikolaus Blome der Grundsatz gelte: “Gefühle schaffen Fakten”).
“Bild” liefert in dem Text dann noch ein paar Vorkommnisse (“Pfefferspray”, “Belästigung”, “Messer-Attacke”, “Familien-Streit”, “Beißangriff”), die angeblich “zeigen: Das Miteinander im Freibad hat sich verändert.” Aber auch hier: Exakt keine Details dazu, dass es mehr und/oder heftiger geworden ist.
Bei den meisten dieser Beispiele nennt die Redaktion nicht die Nationalitäten der Personen, die dort für Randale gesorgt haben sollen. Bei manchen aber schon: ein Mann aus dem Iran, ein Jugendlicher aus Syrien, ein Jugendlicher aus Deutschland — wobei der Deutsche das Opfer des beißenden Syrers sein soll. Das ist dann vermutlich die Antwort auf unsere Fragen, wer das “Wir” und wer das “Die” sein sollen.
Neben dem Haupttext präsentiert “Bild” ein Gespräch mit “Deutschlands oberstem Bademeister”, dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister Peter Harzheim. Allerdings klagt Harzheim gar nicht an, wie von “Bild” auf der Titelseite behauptet, dass das “nicht mehr unser Freibad” sei. Und er sagt auch nichts zu Schlägereien, Pöbeleien, Messern, Tränengas oder der Polizei. Stattdessen erzählt er, dass man immer häufiger geduzt werde, dass manche Freibadbesucher Mitarbeiterinnen des Bads nicht als Autoritätspersonen akzeptieren, und dass Leute immer wieder mit normaler langer Kleidung ins Wasser wollen (Burkinis oder UV-Kleidung seien für ihn hingegen völlig in Ordnung, so Harzheim, solange sie aus Schwimmtextilien bestehen). Also auch hier kein Hinweis darauf, dass an der “Bild”-Schlagzeile irgendetwas dran ist.
Der absurde Höhepunkt der “Bild”-Freibad-Seite ist aber sowieso der Besuch eines Reporters im Prinzenbad, Pardon, “im berüchtigten Prinzenbad”. Und wo, wenn nicht im berüchtigten Berlin-Kreuzberg, sollte “Bild” auf die Abgründe des deutschen Freibads stoßen?
Das Prinzenbad in Berlin-Kreuzberg ist wohl das berühmteste Freibad Deutschlands. Auf jeden Fall ist es das berüchtigtste. Immer wieder wird es Schauplatz von Krawallen. (…)
BILD verbrachte einen Tag im Prinzenbad während der Hitzewelle
… und hat wirklich nichts gefunden. (Möglichst unspektakuläre Reportagen von angeblich gefährlichen Orten sind sowieso eine Spezialität der “Bild”-Medien.)
Die schlimmsten Vorkommnisse:
7 Uhr: Bei Öffnung stehen rund 100 Menschen vor dem Tor. Darunter auch ein Security-Mann (25) und ein Siemens-Ingenieur (23), die vor ihrer Schicht ins Wasser wollen. Wenig später stehen sie im Wasser am Beckenrand und rauchen Zigaretten. Hinter ihnen ein Schild: “Rauchen verboten”.
7.30 Uhr: Die ersten Jugendlichen fangen an, am Ende des Beckens Arschbomben zu üben.
Und das heftigste Ereignis um 15:03 Uhr:
15.03 Uhr: 37 Grad. Die Security hält einen Mann aus Bulgarien fest. Er soll über den Zaun geklettert sein, ohne zu zahlen.
Hui!
Ansonsten: “Ein paar Oberschüler”, die sagen: “‘Dicker, heute wird Sonne böse, guck mal, wie blass ich bin, ja'”, drei Rentner, die “unter einem Sonnenschirm Rommé” spielen, zwei Polizisten, die “durch das Bad” laufen, aber “nur Präsenz” zeigen, zwei Männer, die sich küssen, was aber niemanden interessiert außer den “Bild”-Reporter, und ein Junge, der zu einem anderen sagt: “‘Walla, du bist der größte Hurensohn, wenn du noch einen Schluck nimmst'”, denn, so der Autor: “Bei der Hitze ist Wasser ein kostbares Gut.” Das Fazit des Besuchs:
Am Ende des Tages kamen 8300 Menschen. Ein guter Tag für das Prinzenbad. Keine Diebstähle, keine Krawalle.
Aber davon lassen sie sich bei “Bild” selbstverständlich nicht ihre Stimmungsmache vermiesen.
Wenn die AfD-Fraktionen inhaltlich schon nichts in den Landtagen und im Bundestag beizutragen haben, wollen sie wenigstens durch sinnlose Kleine Anfragen an die jeweiligen Regierungen den Apparat ein bisschen lahmlegen. Sie fragen dann zum Beispiel nach Vergewaltigungen in Parks, die gar nicht existieren (PDF), oder nach einer angeblichen “militanten Szene der Veganer in NRW” (PDF) . Eine der peinlichsten Anfragen auf Bundesebene dürfte jene nach dem Einsatz von “Visagisten, Stilberatern und Friseuren” bei “der Bundeskanzlerin, den Bundesministern, den Staatsministern oder anderen hochrangigen Regierungsvertretern” sein (PDF).
Die (bereits zwei Wochen alte) Antwort darauf (PDF) könnte unspektakulärer nicht ausfallen: Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz nahm im Zusammenhang mit ihren beruflichen Aufgaben zweimal die Dienste eines Visagisten in Anspruch, Finanzminister Olaf Scholz einmal, genauso Außenminister Heiko Maas, Umweltministerin Svenja Schulze viermal, Bildungsminist …
… Pardon, wir sind kurz eingenickt …
… Bildungsministerin Anja Karliczek einmal und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner “in Einzelfällen”.
Joar.
Wer diese ganze Sache nicht spätestens jetzt wegen Bedeutungslosigkeit ignoriert, dem ist nicht mehr zu helfen. Oder er arbeitet bei “Bild”. Oder beides. Florian Kain gestern in der “Bild”-Zeitung:
Es folgt dann lediglich noch die Aufzählung aus der Antwort der Bundesregierung. Sonst nichts weiter. Keine Einordnung, keine weiteren Gedanken, nichts. Wobei, nicht ganz — es gibt noch eine Quellenangabe ganz am Ende des Artikels:
“Bild” und andere Medien des Axel-Springer-Verlags akzeptieren grundsätzlich keine Anzeigen der AfD. Aber das ist letztlich auch gar nicht nötig — der Nonsens der Partei landet ja auch so ungefiltert im Blatt.