Suchergebnisse für ‘youtube’

Ausblick auf Katar, Geschnittene Laudatio, Lust und Leid im Theater

1. Das umstrittenste Sportereignis der Geschichte
(journalist.de, Ronny Blaschke)
Der Journalist Ronny Blaschke recherchiert häufig zu politischen Themen im Sport. Für den “journalist” hat er seine Sicht auf die im November bevorstehende Fußballweltmeisterschaft in Katar aufgeschrieben. Der Staat verhalte sich auch Medienschaffenden gegenüber äußerst restriktiv und kontrollsüchtig. Blaschke fragt sich: “Kann die WM dafür sorgen, dass Sportredaktionen hierzulande politische Fragen mehr in den Blick nehmen? Oder führt sie zu orientalistischen Klischees und einem Überlegenheitsdenken gegenüber dem Nahen Osten?”

2. Was Pressefreiheit meint und was nicht
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Joachim Huber spannt im “Tagesspiegel” einen Bogen von der “‘Spiegel’-Affäre” im Jahr 1962 bis zur Situation der Pressefreiheit in der Jetztzeit sowie zur Diskussion um das Medienbuch der Autoren Richard David Precht und Harald Welzer: “Das Buch folgt der einer Emotionalisierungskultur, so wie die AfD jedwede Empörung aufgreift. All das fällt unter Meinungsfreiheit, die eine Schwester der Pressefreiheit ist. Aber wie Bilder der AfD-Anhänger und von Welzer/Precht in der Lanz-Show provozieren sie die Gegenbilder von 1962 herauf, als eben das fundamentiert wurde, worauf AfD und Precht/Welzer mit Lust herumspringen.”

3. So viel Widerspruch
(arminwolf.at)
Auch der österreichische Journalist und Fernsehmoderator Armin Wolf hat das Buch “Die vierte Gewalt” von Precht/Welzer gelesen. Auf seinem Blog veröffentlicht Wolf eine eigentlich als Twitter-Thread geplante Rezension: “In dem Buch finden sich etliche bedenkenswerte Beobachtungen und Diagnosen und es ist sehr gut und flüssig geschrieben. Aber: Die Kernthese von den sich ‘selbstangleichenden’ Leitmedien ist schlicht unsinnig und die Argumentation voller Widersprüche.”

Bildblog unterstuetzen

4. ZDF schneidet Kritik an “AfD-Sympathisanten” aus Laudatio
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der Pianist Igor Levit wurde am Sonntag mit dem “Opus Klassik 2022” ausgezeichnet. Die Gala wurde vom ZDF übertragen, die Laudatio auf Levit hielt der Musiker Danger Dan, der unter anderem für sein Lied “Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt” bekannt ist. Seine Laudatio endete mit einer Bemerkung über “AfD-Sympathisanten” (“Ihr seid Vollidioten”), die das ZDF anscheinend als nicht von der Kunstfreiheit gedeckt ansah und aus der Aufzeichnung herausschnitt.

5. Queer, migrantisch, Perlenkette: Wo ist das Problem?
(uebermedien.de, Olivia Samnick)
In einer Instagram-Liveschalte berichtete Atay Küçükler, ein junger Journalist der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung”, über die Landtagswahlen in Niedersachsen. Es folgten wütende Reaktionen, Beleidigungen, Hass. Gegenstand der Kommentare waren jedoch nicht inhaltliche Aspekte, es ging um Küçüklers Aussehen: Zum schwarzen Sakko trug er Perlenkette und Ringe. Olivia Samnick hat sich mit Atay Küçükler über die unangenehme Resonanz, aber auch den Zuspruch unterhalten.

6. Nichts für Feiglinge
(sueddeutsche.de, Christine Dössel)
“Ich führe mit dem Theater jetzt schon eine sehr lange Beziehung. Sie ist kinderlos geblieben und nicht unkompliziert. Oft treibt sie mich in den Wahnsinn. Aber es gibt auch nichts Besseres.” Die Theaterkritikerin Christine Dössel berichtet in der “Süddeutschen” von Freud und Leid ihrer Tätigkeit. En lesenswerter Einblick in eine journalistische Nische.

“Die Widerlich-Botschaft von K.I.Z” und “unser Oktoberfest, wie es wirklich ist”

Einst war die Rap-Crew K.I.Z für die “Bild”-Redaktion eine “Berliner Hip-Hop-Band” mit “Kultstatus”, ihre Live-Auftritte galten als “absolute Weltspitze”, und die Gruppe sei “schon länger dafür bekannt, sich zu Gesellschaftsthemen zu äußern.” Aber nun, wo sich Tarek, Maxim und Nico in einem neuen Song dem Oktoberfest gewidmet haben, ist alles anders:

Screenshot Bild.de - Song-Video stellt Wiesn als Suff-Koks-Kotz-Party dar - Berliner Deppen-Rapper verärgern Stadt und Wirte
(Der Vollständigkeit halber: Auf dem Weg vom “Kultstatus” zu den “Deppen-Rappern” gab es noch den Zwischenschritt “Gewalt-Verherrlicher”.)

K.I.Z und das Frankfurter Rap-Duo Mehnersmoos haben kürzlich einen Song mit dem Titel “Oktoberfest” veröffentlicht. Das dazugehörige Video, eine Collage mit allerlei Saufeireien, Pinkeleien, Torkeleien, Kotzereien, Prügeleien, Koksereien und Fummeleien vom Oktoberfest, wurde erst bei Youtube hochgeladen, dann von Youtube gesperrt, genauso wie der gesamte K.I.Z-Kanal, der inzwischen wieder erreichbar ist, allerdings ohne das “Oktoberfest”-Video. Und nun ist die “Bild”-Redaktion wütend, aber nicht, weil sie wie sonst immer, wenn etwas Künstlerisches gelöscht wurde, irgendwas mit “Cancel Culture” vermutet, sondern weil “unsere Wiesn” von den “Berliner Deppen-Rappern” besudelt werden:

Das Video, das die Berliner Rapper Tarek, Maxim und Nico (“K.I.Z”) zu ihrem neuen Song “Oktoberfest” auf YouTube hochgeladen hatten, zeigt unsere Wiesn als Suff-Koks-Kotz-Vergewaltigungs-Arie.

Die Widerlich-Botschaft von K.I.Z: Oktoberfest heißt knutschen mit Uli Hoeneß, koksen mit Markus Söder, vollgepisste Lederhosen, tausende bayerische Frauenschläger, überall Schnapsleichen. Ein mit 3 Promille tot gefahrenes Kind.

Die “Bild”-Autorin zitiert einen empörten “Wiesn-Wirte-Sprecher” (und auch nur den, sonst niemanden) und gibt sich große Mühe, das Bild vom Oktoberfest geradezurücken:

“Billige Effekthascherei”, schimpft Wiesn-Wirte-Sprecher Peter Inselkammer. “Die Bilder und Worte entsprechen nicht der Realität. Es ist leider ein Trend, dass Menschen die Wiesn benutzen, um selbst Aufmerksamkeit zu bekommen.”

Aber dass die Tatsachen falsch dargestellt werden, das ist eine neue, unschöne Variante der Oktoberfest-Sonnen-Mitnutzer. Die Wiesn 2022 war eine friedliche, fröhliche, ausgelassene. Es gab keine Schnapsleichen unter Tischen in Zelten. Es flogen keine Bierkrüge durch die Menge. Keine Koks-Linien auf den Biertischen.

Für die “Bild”-Redaktion steht fest:

Von Skandal keine Spur: die Wiesn 2022 waren fröhlich, friedlich und herzlich

So lautet eine Bildunterschrift. Und eine andere:

Wiesnchef Clemens Baumgärtner ist zu Recht stolz auf unser Oktoberfest, wie es wirklich ist

Wie das gerade zu Ende gegangene Oktoberfest “wirklich” war, kann man unter anderem herausfinden, indem man in die “Wiesn-Abschlussbilanz der Münchner Polizei” (PDF) schaut: Die Gesamtzahl der Straftaten sei im Vergleich zum Oktoberfest 2019 “etwa gleichbleibend”. Bei den Gewaltdelikten habe es einen Rückgang gegeben, bei den angezeigten Sexualdelikten einen leichten Anstieg. Im direkten Umfeld des Oktoberfests kam es zu einem versuchten Totschlag.

Wenn “Bild” schreibt, es seien keine Bierkrüge durch die Menge geflogen, ist das entweder völlig unwissend oder gelogen, jedenfalls schlicht falsch. 35 Fälle zählte die Polizei, in denen es zu Körperverletzungen mit dem Tatwerkzeug Maßkrug kam, drei mehr als 2019. Ein Beispiel aus einem Polizeibericht:

Zeitgleich kam ein dritter Täter hinzu, der mit voller Wucht dem immer noch am Boden liegenden 23-jährigen Geschädigten einen Maßkrug auf den Kopf schlug.

Ein weiterer beispielhafter Fall:

Am Samstag, 24.09.2022, gegen 22:00 Uhr, gerieten ein 25-Jähriger mit Wohnsitz in München und ein 22-Jähriger aus dem Landkreis Schwandorf in Streit. Im weiteren Verlauf des Streites warf der 25-Jährige dem 22-Jährigen einen Maßkrug ins Gesicht.

Und noch einer:

Am Mittwoch, 28.09.2022, gegen 19:00 Uhr, kam es in einem Festzelt zwischen einem 38-jährigen Franzosen und seinen Begleitern zunächst zu einem verbalen Streit mit einem 25-jährigen Australier. Im Laufe der Auseinandersetzung griff der Franzose nacheinander mehrere auf dem Biertisch stehende Maßkrüge und warf diese in Richtung des 25-Jährigen. Durch die Würfe wurde der 25-Jährige am Kopf getroffen und ging daraufhin mit einer Platzwunde zu Boden. Ein weiterer Maßkrug traf einen bislang unbekannten Geschädigten, der sich jedoch anschließend unerkannt entfernte.

Wenn es im Song von K.I.Z und Mehnersmoos also heißt “Heute schieß’ ich mir die Birne weg, Bierkrüge fliegen durchs Wiesn-Zelt” oder “Ich haue einem Bauern die Augen lila, mit einem Bierkrug von Augustiner” oder “Ich steh’ mit Motorradhelm, mitten im Bierkrughagel, werd’ dir das Riesenmaß, über die Rübe schlagen” ist das nicht völlig entkoppelt von der Realität.

Genauso die Textzeile “Bin hacke und mache den Hitlergruß”. Die Polizei berichtet von mehreren Fällen, in denen Personen den Hitlergruß gezeigt oder Äußerungen mit Bezug zur NS-Zeit getätigt haben sollen.

Und auch zur Songpassage “Heut begeh’ ich einen sexuellen Übergriff, Spießer sagen: ‘Vergewaltigung’, wir nennen es einfach nur ‘Tradition'” findet man Zahlen in der “Wiesn-Abschlussbilanz der Münchner Polizei”: Es gab in diesem Jahr Anzeigen zu drei Vergewaltigungen und einer versuchten Vergewaltigung auf dem Oktoberfestgelände. Insgesamt hat die Polizei 55 Sexualdelikte gezählt (2019: 47).

Dass es, wie “Bild” schreibt, “keine Koks-Linien auf den Biertischen” gegeben hat, ist eher unwahrscheinlich. Die Polizei schreibt in ihrer Abschlussbilanz:

Im Bereich der Aufgriffe von Betäubungsmittel wurde ein Rückgang festgestellt. Die Polizei leitete hier 184 (-22,7%; 2019: 238) Ermittlungsverfahren ein (Festnahmen: 2022: 174; 2019: 242). Hauptsächlich handelte es sich dabei um den unerlaubten Besitz von geringen Mengen von illegalen Betäubungsmitteln. Vorwiegend konnte Cannabis und Kokain festgestellt werden. Der Rückgang der Aufgriffe im Vergleich zu 2019 lässt sich vermutlich ebenfalls auf die schlechte Witterung zurückführen.

Angesichts der völligen Leugnung aller negativen Aspekte am Oktoberfest durch “Bild”, wo es noch nicht mal “Schnapsleichen unter Tischen in Zelten” geben darf, scheint ein Song mit dem gegrölten Refrain “O, o, o’zapft is, wenn du mich suchst, ich liege unterm Tisch, O, o, o’zapft is, die Lederhosen san vollgepisst” einer Band, die sich wahlweise als “Kannibalen in zivil” oder “Klosterschüler im Zölibat” bezeichnet, der Realität deutlich näher zu kommen als der Artikel einer Redaktion, die vorgibt, journalistisch zu arbeiten.

Auf der heutigen “Bild”-Titelseite findet man übrigens diese Geschichte:

Ausriss Bild-Titelseite - Er spricht von Raub. Er wurde gefesselt und festgesetzt - FDP-Politiker schlägt Frau ins Gesicht
(Unkenntlichmachung durch uns.)

Wo das passiert sein soll? Auf dem “fröhlichen, friedlichen und herzlichen” Oktoberfest.

Bildblog unterstuetzen

Nichts begriffen, Amigo-Kultur?, “Stinkefinger an die Leserschaft”

1. “Die hat noch immer nicht begriffen, worum es wirklich geht”
(journalist.de, Jan Freitag)
Beim “journalist” sprechen Kayhan Özgenç und Jakob Wais von “Business Insider” über ihre Recherchen zum Fall der ehemaligen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, der sie wenig Einsicht attestieren: “Es mangelt ihr offenbar bis heute an Verständnis, Selbstkritik, Demut – von Reue gar nicht zu sprechen – darüber, dass sie womöglich übers Maß ihrer Privilegien hinausgeschossen ist. Und das, während kaum jemand im Sender sagt, wie schade es sei, dass Patricia Schlesinger gehen musste. Diese Stimmung überhaupt nicht wahrzunehmen, ist besonders für eine Journalistin, die ja davon lebt, Stimmungen zu erspüren, schon überraschend.”
Weitere Lesehinweise: In der Affäre um den RBB habe die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen auf den Verwaltungsdirektor und ehemaligen stellvertretenden Intendanten sowie die Juristische Direktorin ausgeweitet (sueddeutsche.de).
Außerdem hat die “Business-Insider”-Redaktion mit ihren Recherchen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachgelegt: Amigo-Kultur? Wie der Nachbar und Mieter der stellvertretenden NDR-Intendantin vom öffentlich-rechtlichen Sender profitiert (Philip Kaleta).

2. Leuchtturm 2022 für Arndt Ginzel
(netzwerkrecherche.org)
Das Netzwerk Recherche (nr) hat auf seiner Jahreskonferenz den Journalisten Arndt Ginzel mit dem “Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen 2022” ausgezeichnet: “Arndt Ginzel ist mit seinen Recherchen wie kaum jemand sonst vor Ort russischen Kriegsverbrechen nachgegangen und hat damit dem deutschen Publikum auf herausragende Weise die Schrecken dieses Krieges Nahe gebracht. Wir freuen uns sehr, ihn mit dem diesjährigen Leuchtturm des Netzwerk Recherche auszuzeichnen”, so der nr-Vorsitzende Daniel Drepper. Die Laudatio hielt “Spiegel”-Reporter Christoph Reuter (youtube.com, 14:30 Minuten).

3. Der Nestbeschmutzer zu NR22 zum Nachlesen
(netzwerkrecherche.org)
Anlässlich der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche haben Studierende der Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Uni Hamburg erneut eine Zeitung produziert. Der kostenlos als PDF verfügbare “Nestbeschmutzer” widmet sich unter anderem dem Klima- und Lokaljournalismus, den Schwierigkeiten der Kriegsberichterstattung und der mangelnden Diversität in Redaktionen.

Bildblog unterstuetzen

4. Warum SZ-Journalismus visueller wird
(sueddeutsche.de, Wolfgang Jaschensky & Astrid Müller & Christian Tönsmann)
Die “Süddeutsche Zeitung” will online visueller werden und setzt dabei auf ein Programm, das eine visuell ansprechendere Einbettung von interaktiven Grafiken, großen Bildern und Videos und damit ein ästhetischeres Layout ermögliche: “Die Software war ein Experiment, das bei seiner ersten Anwendung funktionieren musste: Es gab keine Erfahrung, geschweige denn Routine mit der Veröffentlichung, es gab nicht einmal einen Knopf, auf dem ‘veröffentlichen’ stand.” Ein lohnenswerter Blick in die Werkstatt.

5. Musk will Twitter jetzt doch kaufen
(tagesschau.de)
Nach einem schier endlosen Hin und Her will Tech-Milliardär Elon Musk den Onlinedienst Twitter nun wohl doch kaufen. Eigentlich sollte diesen Monat der Prozess über den möglichen Rücktritt vom Vertrag beginnen. Das kann allerdings vermieden werden, sollten sich beide Parteien auf die ursprünglichen Bedingungen verständigen.

6. Das Medium als Insel, die niemand verlassen darf
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Markus Reuter ärgert sich über etwas, über das wir uns alle schon geärgert haben: Die Unsitte großer Medienplayer, keine Links auf externe Webseiten zu setzen (und wenn sie Links setzen, dann oft nur zu irgendwelchen Seiten des eigenen Angebots). Reuter fasst zusammen: “Wer Links vermeidet, hat nicht genug Arsch in der Hose, um an die eigenen Inhalte und an die eigenen Leser:innen zu glauben. Es ist ein Stinkefinger an die Leserschaft. Und ein journalistisches Armutszeugnis.”

Verschlossene Auster Tesla, Doofe “Tausend Zeilen”, Precht & Welzer

1. Verschlossene Auster 2022 für Tesla
(netzwerkrecherche.org, Franziska Senkel)
Traditionell verleiht das Netzwerk Recherche, die Vereinigung der Investigativjournalistinnen und -journalisten, alljährlich einen Negativpreis für “den Informationsblockierer des Jahres”: die “verschlossene Auster”. Die fragwürdige Auszeichnung geht dieses Jahr an den Automobilhersteller Tesla. Das Unternehmen sei “seit Jahren dafür bekannt, Recherchen und Berichterstattung aktiv und aggressiv zu behindern. Elon Musk selbst hat in der Vergangenheit immer wieder Journalist:innen bedroht, verbreitet regelmäßig Falschnachrichten und manipuliert die Medien für seine persönlichen finanziellen Interessen”, so der Netzwerk-Recherche-Vorsitzende Daniel Drepper in seiner Begründung.

2. Wie doof kann ein Film sein? Bully: Ja!
(youtube.com, Wolfgang M. Schmitt, Video: 20:20 Minuten)
Regisseur Bully Herbig hat die “Spiegel”-Affäre um Claas Relotius verfilmt. Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt hat sich den Film “Tausend Zeilen” angeschaut. In seiner sehens- und hörenswerten Analyse befindet er: “Eigentlich ist das Kino der ideale Ort für eine Hochstaplergeschichte, da der Film ohnehin eine Kunst ist, die mit der Lüge flirtet. Daraus aber macht Herbig nichts – weder inhaltlich noch ästhetisch.”

3. «Man ist für jede staatliche Corona-Massnahme, oder man ist Schwurbler und Querdenker» – Richard David Precht und Harald Welzer rechnen mit den Medien ab
(nzz.ch, Lucien Scherrer)
“Richard David Precht und Harald Welzer gehören zu jenen Intellektuellen, die in den deutschsprachigen Medien fast noch wichtiger genommen werden, als sie sich selbst nehmen.” Die beiden Autoren würden mit ihrem jüngsten Buch über die “Selbstgleichschaltung” der Medien (so eine mittlerweile entfernte Formulierung aus der Vorankündigung des Buchs) ein seltsames Medien- und Demokratieverständnis offenbaren, findet Lucien Scherrer in der “NZZ”.

Bildblog unterstuetzen

4. Fluten wir die Wutmaschinen mit Journalismus!
(arminwolf.at)
“Ich finde ja, dass Social Media den öffentlichen Diskurs ziemlich versaut haben. Trotzdem bin ich überzeugt davon, dass es auf Social Media seriösen Journalismus geben muss und dass professionelle Medien dort aktiv sein sollen.” In seinem Essay plädiert ORF-Anchor Armin Wolf dafür, dass Medien sich in den Sozialen Medien weiterhin engagieren: “Sie sollen posten und aktiv sein und, soweit sie es personell und zeitmäßig schaffen, auch mit ihrem Publikum diskutieren. Sie sollen dort, wo Millionen Menschen sind, zuhören, Kritik annehmen, die eigene Arbeit erklären und auch zurückreden, wenn es notwendig ist. Aber die wichtigste Aufgabe ist: Flood the zone with journalism.”

5. “Querdenken schlägt Dich, Polizei schaut weg und das gericht interessiert es nicht”
(belltower.news, Luisa Gerdsmeyer)
Der Journalist Julian Rzepa wurde auf einer “Querdenken”-Demonstration in Freiburg von mehreren Demonstrierenden körperlich angegriffen, sein Kameraobjektiv wurde dabei zerstört. Rzepa habe gegen die Haupttäterin Anzeige erstattet, doch das Verfahren sei aufgrund von “mangelndem öffentlichen Interesse” eigestellt worden. Im Gespräch mit dem Opferfonds “CURA” berichtet er von seiner anstrengenden Arbeit, dem Angriff auf ihn und dem Ausgang des Verfahrens, das ihn desillusioniert habe.

6. Ein epd-Interview mit Günter Wallraff
(epd.de, Diemut Roether)
Die Lichtgestalt des Investigativjournalismus, Günter Wallraff, ist am vergangenen Wochenende 80 Jahre alt geworden. Diemut Roether vom Evangelischen Pressedienst sprach mit ihm über verdeckte Recherchen, seine zahlreichen Prozesse, das “Team Wallraff” und über Vorbilder im Journalismus.

Twitters Probleme, Scheitern an Google, Ohne Rückendeckung

1. Werbekunden fordern von Twitter Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch
(spiegel.de, Torsten Kleinz)
Auf Twitter sollen mehr als 500 Accounts Werbung für Kindesmissbrauchsmaterial gemacht haben. Die Tweets hätten der Kontaktanbahnung gedient und seien mit Codewörtern oder einschlägigen Hashtags versehen worden. Als Reaktion darauf hätten einige Großkunden ihre Anzeigenkampagnen gestoppt. Twitters Nachlässigkeit in dem Bereich könnte also noch teure Folgen haben.
Weiterer Lesetipp: Porno-Riesen schränken Suchfunktion ein – teilweise: “Die drei weltgrößten Pornoseiten reagieren auf Fälle sexualisierter Gewalt. Sie schließen problematische Begriffe aus der Suche aus, Pornhub verlinkt gar auf Hilfsangebote. Im direkten Vergleich sticht eine Seite jedoch heraus.” (netzpolitik.org, Sebastian Meineck)

2. Buchtipp: Neuauflage “Der Aufmacher”
(verdi.de, Tilmann P. Gangloff)
Zum achtzigsten Geburtstag von Günter Wallraff veröffentlicht der Verlag Kiepenheuer & Witsch eine Neuauflage des “Bild”-kritischen Klassikers “Der Aufmacher”. Das Buch entpuppe sich als überraschend aktuell, wie Tilmann P. Gangloff findet. Die Mechanismen des Marktes seien die gleichen geblieben: “Die Digitalisierung hat diese Art von ‘Journalismus’ nicht verändert, er ist bloß noch überdrehter geworden.”
Weiterer Hinweis: Natürlich muss in diesem Zusammenhang auf das Buch meiner BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer verwiesen werden: Ohne Rücksicht auf Verluste – Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet (kiwi-verlag.de).

3. Hätten Precht und Welzer doch einfach mal jemanden gefragt!
(uebermedien.de, Nils Minkmar)
Vor wenigen Tagen haben der Philosoph Richard David Precht und der Soziologe Harald Welzer ihr neues medienkritisches Buch vorgestellt (“Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist”). Nach Harald Staun (siehe die “6 vor 9” vom 27. September) beschäftigt sich nun auch Nils Minkmar mit dem Werk. Sein Eindruck: “Was die beiden eigentlich mit diversen Gedankengängen und nur halb tauglichen Beispielen beklagen, ist ihre Minderheitenposition in der Ukrainefrage, denn beide verhalten sich abwartend bis neutral, was die Hilfe für Kiew angeht.”

Bildblog unterstuetzen

4. Was bekommen junge Erwachsene für ihren Rundfunkbeitrag?
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, 37:11 Minuten)
Jutta Harrer-Amersdorffer, Professorin für soziale Arbeit, will wissen, warum es für junge Erwachsene nicht mehr Angebote bei ARD und ZDF gibt. Darüber diskutiert sie mit HR-Intendant Florian Hager, bis vor Kurzem für die Entwicklung der ARD-Mediathek verantwortlich, und Annika Schneider aus der Deutschlandfunk-Medienredaktion.

5. Freie Krisen- und Kriegsreporter – Im Einsatz ohne Rückendeckung
(message-online.com)
Laurent Schons Film “Im Einsatz ohne Rückendeckung” (youtube.com, 12:11 Minuten) beschäftigt sich mit dem Thema Kriegsberichterstattung und lässt einige erfahrene Reporterinnen und Reporter zu Wort kommen: “Jörg Armbruster und Alex Chan Tsz Yuk – beide gerieten im Einsatz unter Beschuss. ‘Netzwerk Recherche’-Vorstandsmitglied Pascale Müller und Auslandskorrespondent Marc Engelhardt geben Einblicke in die Branche und ‘Reporter ohne Grenzen’-Sprecher Christopher Resch zeigt Wege aus der Krise auf.”

6. Deutsche Verlage scheitern an Google
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz & Alexander Fanta)
“Eigentlich sollten Google und weitere Tech-Konzerne den Medien in Europa Geld für die Nutzung ihrer Inhalte zahlen. Doch während die Presse anderswo Millionen an Lizenzgebühren kassiert, kommt hierzulande wenig an. Das Nachsehen haben insbesondere Journalist:innen.” Ingo Dachwitz und Alexander Fanta erklären, warum die deutschen Verlage nicht weiterkommen im Kampf um die Digitalgelder der Plattform-Giganten.

Führungskräfte versetzt, “Grow Greenhouse”, Whistleblowerschutz

1. Landesfunkhauschef versetzt Redaktions-Führungskräfte
(spiegel.de)
Obwohl ein interner Prüfbericht Norbert Lorentzen, Chefredakteur des NDR Kiel, und die Politikchefin Julia Stein hinsichtlich eines etwaigen “politischen Filters” in der Berichterstattung entlastet habe, werden beide versetzt. Nach Angaben des Landesfunkhausdirektors sei das Vertrauen verloren gegangen. Im Bericht sei ein schlechtes Briebsklima attestiert worden. Die zwei Führungskräfte sollen neue Aufgaben außerhalb des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein erhalten.

2. Whistleblowerschutz unzureichend
(djv.de)
Ein Bündnis aus Medienorganisationen und -unternehmen kritisiert das neue Regelwerk zum Whistleblowerschutz – es seien Nachschärfungen nötig. Der aktuelle Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Schutz von Hinweisgebern bleibe nach wie vor hinter den Möglichkeiten der EU-Whistleblower-Richtlinie zurück und genüge nicht den Erfordernissen der Schutzbedürftigen und der Medienschaffenden. Der Bundestag soll heute in erster Lesung über das Gesetz beraten.

3. Wir bringen das Grow Greenhouse an den Start
(netzwerkrecherche.org)
Mit Unterstützung der Schöpflin Stiftung baut das Netzwerk Recherche ein Zentrum für gemeinnützigen Journalismus und Medienvielfalt auf: das “Grow Greenhouse”. Der Bezug zum Gewächshaus ist bewusst gewählt: “Ein Greenhouse ist ein Ort, der Pflanzen Schutz bietet und der für ein günstiges Klima sorgt. Wir schaffen einen solchen Schutzraum für den gemeinnützigen Journalismus”, so Thomas Schnedler, Projektleiter beim Netzwerk Recherche.

Bildblog unterstuetzen

4. Ferngespräche: China
(ardaudiothek.de, Holger Klein, Audio: 52:25 Minuten)
Im radioeins-Korrespondenteninterview spricht Holger Klein mit Benjamin Eyssel, der für die ARD aus Peking berichtet. Es geht dabei auch um die strikten Restriktionen und Kontrollen, denen sich Journalistinnen und Journalisten ausgesetzt sehen und die von offizieller Seite mit der Null-Covid-Politik begründet werden. Schlimmer sei die Situation jedoch für die inländischen Medienschaffenden, deren Lage Eyssel mit den Worten zusammenfasst: “Journalismus im Land selbst ist tot.”

5. Social Media Watchblog Briefing #828
(socialmediawatchblog.de)
Das “Social Media Watchblog” hat eine freie Ausgabe seines Briefings veröffentlicht, in dem es unter anderem um die jüngsten Entwicklungen bei TikTok geht. In den USA habe es erhebliche Sicherheitsbedenken gegeben, was die aus China stammende Plattform betrifft, doch nun stehe eine Einigung mit der US-amerikanischen Regierung bevor. Weitere Nachrichten betreffen social-media-relevante Themen aus Politik und Journalismus sowie neue Features bei den unterschiedlichen Plattformen.

6. How Cars Are Destroyed For Movies & TV
(youtube.com, Movie Insider, Video: 8:46 Minuten)
Hollywoods Regisseure lassen in ihren Actionfilmen gerne bildgewaltig Autos zu Bruch gehen, indem diese von der Straße abkommen, sich überschlagen, miteinander kollidieren oder niedergewalzt werden. Dafür bedarf es jedoch einer gewissen Vorbereitung. Kfz-Spezialisten präparieren die Fahrzeuge, damit es auch ja zu spektakulären Szenen kommt. Bei “Movie Insider” werden einige Ausschnitte aus Filmen gezeigt und deren Entstehungsgeschichten beleuchtet. Alles in englischer Sprache, aber eigentlich reichen schon die Bilder.

KW 38/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Die rbb-Affäre
(hinterdenzeilen.de, Niklas Münch & Tobias Hausdorf, Audio: 47:42 Minuten)
Niklas Münch und Tobias Hausdorf haben sich gefragt, wie die rbb-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter mit den Verfehlungen ihrer Führungsspitze umgehen. Sie haben deshalb Oliver Noffke aus dem rbb-eigenen Rechercheteam in ihren Podcast “Hinter den Zeilen” eingeladen. Und sie haben Stimmen gesammelt – zu Desillusionierung, Erschöpfung und neuer Motivation.

2. An allen Fronten
(zdf.de, Charlotte Krüger, Video: 43:23 Minuten)
Ohne die Arbeit von Kriegsreportern und Kriegsreporterinnen gäbe es viel weniger bis keine Informationen über das, was sich bei Kriegen und kriegsähnlichen Auseinandersetzungen tatsächlich abspielt; es gäbe kaum Informationen, wie sich die militärischen Ereignisse auf die Zivilbevölkerung auswirken. In Charlotte Krügers Dokumentation “An allen Fronten” berichten einige bekannte Journalistinnen und Journalisten von ihrer riskanten Arbeit und erzählen, wie sie mit der täglichen Gefahr umgehen. (Triggerwarnung: Im Film sind logischerweise auch Aufnahmen aus Kriegsgebieten zu sehen, darunter auch (geblurrte) Bilder getöteter Menschen.)

3. Wie schwer kanns schon sein, eine Falschmeldung zu verbreiten?
(youtube.com, Walulis, Video: 20:11 Minuten)
“Wie schwer kann’s schon sein, eine Falschmeldung in seriösen Medien einzuschleusen?” Die “Walulis”-Redaktion hat sich einige Falschmeldungen aus der jüngsten Vergangeneheit angeschaut, kurzerhand eine “Initiative Interaktive Medien” erfunden und selbst eine Falschmeldung herausgegeben, die prompt von verschiedenen Medien übernommen wurde.

Bildblog unterstuetzen

4. Tulpen, Tomaten, Königshaus – Klischees in der Niederlande-Berichterstattung
(deutschlandfunk.de, Pia Behme, Audio: 40:08 Minuten)
Im Deutschlandfunk-Gespräch mit Hörerinnen und Hörern geht es dieses Mal um Klischees in der Niederlande-Berichterstattung: Woran hapert es bei der Auslandsberichterstattung? Und wie arbeiten Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten überhaupt? Ein Dlf-Hörer diskutiert mit der Niederlande-Korrespondentin Kerstin Schweighöfer, dem Medienwissenschaftler Janis Brinkmann und Pia Behme aus der Dlf-Medienredaktion.

5. Spiel mit der Wahrheit
(deutschlandfunkkultur.de, Susanne Burg, Audio: 11:08 Minuten)
Bully Herbig hat die “Spiegel”-Affäre um Claas Relotius verfilmt, der Film kommt nächste Woche in die Kinos. Im Gespräch mit Susanne Burg erzählt Herbig, wie es dazu kam. Als er hörte, dass die Ufa sich die Filmrechte gesichert hat, habe ihn das zunächst gewurmt. Zwei Wochen später sei das Regieangebot gekommen, so Herbig: “Das war ein riesen Glücksfall für mich.”

6. Wie überlebt man als London-Korrespondentin eine Queen-Beerdigung?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 26:39 Minuten)
Holger Klein hat sich mit ARD-Korrespondentin Annette Dittert über die Tage rund um die Beerdigung der Queen unterhalten: “Wie erlebt man als Journalistin so ein Ereignis? Warum ist beim deutschen Publikum das Interesse für die britischen Royals so groß? Muss das sein, dass die ARD da acht Stunden live sendet? Gab es genügend Raum für Kritik?”

KW 37/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Fritz Pleitgen: Zeuge seiner Zeit
(ardmediathek.de, Klaus Martens, Video: 1:14:52 Stunden)
Der bekannte Journalist, frühere ARD-Korrespondent und WDR-Intendant Fritz Pleitgen ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Die WDR-Doku “Zeuge seiner Zeit” würdigt Pleitgen, sein Leben und seine Werke und endet mit Pleitgens Krebsdiagnose und seinem Wunsch, “in geordneten Verhältnissen aus dieser Welt zu scheiden”.
Weiterer Hörtipp: Empfehlenswert ist auch die siebenteilige Podcastreihe “Fritz Pleitgen – sein Leben”, die gleichzeitig eine Reise durch circa 50 Jahre Zeit- und Rundfunkgeschichte ist (ardaudiothek.de, Jochen Rausch, zwischen 37 und 58 Minuten).

2. Schöne neue Parallelwelt – Netzwerke der “Alternativmedien”
(ardmediathek.de, Nils Altland & Lea Eichhorn & Amelia Wischnewski, Audio: 44:21 Minuten)
Beim Medienmagazin “Zapp” geht es um die Netzwerke der Alternativmedien und die bekannten Köpfe dahinter: “Dieses ZAPP spezial zeigt, wie sich Medienaktivisten wie Ken Jebsen oder der Österreicher Stefan Magnet gegen Widerstände durchsetzen und an einer neuen, vernetzen Gegenöffentlichkeit arbeiten.”
Weiterer Gucktipp: “Wie unabhängig ist Telegram wirklich?” “STRG_F”-Reporter sind nach Dubai gereist, um den Bürositz von Telegram ausfindig zu machen, und sprechen mit ehemaligen Vertrauten und Mitarbeitern von Telegram-Gründer Pavel Durov (youtube.com, Milan Panek & Nino Seidel, Video: 32:06 Minuten).

3. Journalisten unter Druck
(ardaudiothek.de, Weltspiegel, Audio: 31:04 Minuten)
Die Berichterstattung aus Ländern wie Russland und China wird immer schwieriger, die Möglichkeiten von Medienschaffenden werden immer weiter eingeschränkt. Mögliche Interviewpartner und -partnerinnen müssen Konsequenzen befürchten, wenn sie mit der Presse sprechen. Wie kann man unter solchen Bedingungen überhaupt noch über ein Land berichten?

Bildblog unterstuetzen

4. Die Klischeekiller: Fakten gegen Fake
(quoted-medienpodcast.podigee.io, Nils Minkmar & Nadia Zaboura, Audio: 24:42 Minuten)
Beim “quoted Medienpodcast” ist Fabio Ghelli vom “Mediendienst Integration” zu Gast. Kommunikationswissenschaftlerin Nadia Zaboura und “SZ”-Journalist Nils Minkmar sprechen mit ihm über die besondere Bedeutung von Fakten in der oft aufgeheizten Debatte rund um die Einwanderungsgesellschaft.

5. Wie bringt man Schüler:innen Nachrichtenkompetenz bei?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 17:33 Minuten)
“Woran erkennt man Fake-News? Was sind verlässliche Quellen? Und welche Rolle spielen Medien in einer Gesellschaft?” Darüber spricht Holger Klein mit Jörg Sadrozinski vom Verein “Journalismus macht Schule”.

6. Presselandschaft unter Druck: Steigende Papierpreise, langsame Digitalisierung
(br.de, Linus Lüring, Audio: 29:23 Minuten)
Im BR-Medienmagazin geht es um die Zeitungslandschaft im Wandel. Mit O-Tönen dabei sind Sigrun Albert (BDZV), Michael Husarek (“Nürnberger Nachrichten”), Kai Röhrbein (“Walsroder Zeitung”), Eugen Russ (“Vorarlberger Zeitung”), Martin Andree (Uni Köln) und Peter Stefan Herbst (“Saarbrücker Zeitung”).

Hält “Bild” die eigene Leserschaft eigentlich für blöd?

Absolute Binsenweisheiten seien das, “allseits bekannte Spartipps”, manchmal müsse man “sich wirklich fragen: In welcher Welt leben unsere Politiker eigentlich?”, schreibt Ralf Schuler heute. Er und seine “Bild”-Redaktion haben noch eine weitere Frage:

Ausriss Bild-Zeitung - Von-oben-herab-Tipps von Kretschmann und Co - Haltet Ihr uns eigentlich für blöd?

Grund für den Furor sind zwei Videos der baden-württembergischen Landesregierung zum Energiesparen. Ralf Schuler schreibt dazu:

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (74, Grüne) fordert die Bürger in einer neuen Kampagne zum Energiesparen auf.

Darin gibt er ernsthaft die Tipps, z.B. tropfende Wasserhähne zu reparieren, nachts die Heizung herunterzudrehen, undichte Fenster abzudichten. Außerdem solle man die Spülmaschine nur mit viel Geschirr laufen lassen. (…)

Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (62, CDU) gibt Spartipps, rät u.a.: bei Elektrogeräten dem Standby-Modus “den Stecker ziehen”.

Kretschmann und Strobl seien “nicht die ersten Top-Politiker, die mit allseits bekannten Spartipps belehren”:

So rief Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) zu kürzeren Duschzeiten auf.

Die “Bild”-Redaktion ärgert sich also über Politiker, die so bescheuert sind, völlig offensichtliche Ratschläge zu geben, die jeder schon kennt und niemand mehr hören muss. “Wie lebensfremd muss man sein, um ernsthaft zu glauben, man müsse den Menschen wirklich erklären, dass man die Heizung herunterdreht, wenn man sie nicht braucht?”, schreibt Schuler heute noch zusätzlich in einem Kommentar.

Die Antwort lautet offenbar: so lebensfremd wie die “Bild”-Redaktion.

Während Winfried Kretschmann rät, tropfende Wasserhähne zu reparieren, rät “Bild” in einem Artikel mit Tipps zum Sparen:

Reparieren Sie einen tropfenden Wasserhahn

Während Kretschmann rät, nachts die Heizung herunterzudrehen, rät “Bild” im selben Artikel:

Elektronische Thermostate einbauen, die zeitbasiertes Heizen erlauben (Kosten ab 60 Euro, Ersparnis bis 60 Euro)

Während Kretschmann rät, undichte Fenster abzudichten, rät “Bild” ebenda:

Fenster und Türen abdichten (Kosten ab 13 Euro, Ersparnis bis 35 Euro)

Während Kretschmann rät, die Spülmaschine nur mit viel Geschirr laufen zu lassen, rät “Bild” in einem weiteren Spartipp-Beitrag:

Spülmaschine nur voll anmachen und mit Öko-Taste nutzen. Das spart 110 Euro/Jahr.

Während Thomas Strobl rät, bei Elektrogeräten dem Standby-Modus “den Stecker zu ziehen”, rät “Bild”:

Geräte abschalten. Der Fernseher frisst im Standby-Modus 36 Euro pro Jahr, die Stereoanlage: 28 Euro, PC mit Monitor und Drucker: 25 Euro.

Und während Robert Habeck rät, kürzer zu duschen, rät “Bild”:

Kürzer duschen! Täglich acht Minuten duschen (bei 42 Grad) kostet 513 Euro/Jahr. Mit Sparduschkopf (kostet 20 Euro) und fünf Minuten (bei 38 Grad) sind es nur noch 146 Euro/Jahr. Ersparnis: 367 Euro/Jahr.

Mit einem Punkt hat Ralf Schuler übrigens recht: Für Menschen, “die täglich auf jeden Cent schauen müssen”, um irgendwie über die Runden zu kommen, und das häufig nicht erst, seit sich die Strom- und Gaspreise dramatisch erhöht haben, sind derartige Sparmaßnahmen gewiss nichts Neues und die Tipps wahrscheinlich blanker Hohn – ob sie nun von Winfried Kretschmann oder von der “Bild”-Redaktion kommen.

Bildblog unterstuetzen

Döpfners Adidas-Eigeninteresse, Fretterode-Urteil, US-Podcast-Szene

1. Axel-Springer-Chef Döpfner soll “Bild”-Kampagne gegen Adidas initiiert haben
(spiegel.de)
Springer-Chef Mathias Döpfner steht erneut in der Kritik. Wie die “Financial Times” berichtet (Bezahlartikel, englisch), soll er eine “Bild”-Kampagne angestoßen und dabei in einem Interessenkonflikt gesteckt haben: “Bild” empörte sich zu Beginn der Corona-Krise über das Verhalten des Unternehmens Adidas – der Sportartikelhersteller wollte keine Mieten mehr zahlen. Wie sich nun herausstellt, hatte Döpfner als Miteigentümer eines Mietobjekts, für das dann keine Mietzahlung von Adidas mehr gekommen wäre, ein Eigeninteresse.

2. Äußerst milde Strafen im Fretterode-Prozess
(belltower.news, Nicholas Potter)
Im sogenannten Fretterode-Prozess standen zwei Neonazis wegen ihres lebensgefährlichen Angriffs auf Journalisten vor Gericht. Nicholas Potter hält die Strafen (im einen Fall ein Jahr auf Bewährung, im anderen 200 Arbeitsstunden) für zu niedrig und spricht von einem “Skandal-Urteil”: “Das schwache Urteil im Fretterode-Prozess ist investigativen Journalist*innen, die die extreme Rechte in Thüringen und darüber hinaus beleuchten, nun ein weiterer Schlag ins Gesicht. Und für die Neonazi-Szene ein großer Grund zur Freude.”
Weiterer Lesehinweis: Auch der Landesverband Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands äußert sein “Unverständnis über Urteil im Fretterode-Prozess”.

3. Medienschaffende in Frankreich wollen klimagerechter berichten
(deutschlandfunk.de, Nina Magoley & Christiane Kaess & Sebastian Wellendorf, Audio: 4:18 Minuten)
In Frankreich haben sich mehr als 500 Medienschaffende und rund 30 Redaktionen auf eine Charta zum Klimawandel verständigt (hier die englische Übersetzung), die eine neue Form der Klimakommunikation definiert. Klima und Ökologie sollen nicht mehr länger als eigene Rubrik behandelt, sondern zum “Prisma” werden, durch das auch viele andere Themen betrachtet werden sollen. Außerdem soll die Bebilderung von Klimaphänomenen kritischer überdacht werden.

Bildblog unterstuetzen

4. Neuer Kodex für Faktencheck-Organisationen
(correctiv.org)
Mehr als 40 europäische Faktencheck-Organisationen haben sich auf professionelle Standards zur Bekämpfung von Fehlinformationen geeinigt. Für Deutschland seien “Correctiv” und die dpa maßgeblich an dem Projekt beteiligt gewesen.

5. “Mama ist mein größter Fan”
(taz.de, Clara Engelien)
In der “taz” plädiert die promovierte Chemikerin, Youtuberin und TV-Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim für mehr Wis­sen­schafts­jour­na­lis­tin­nen und -journalisten in politischen Redaktionen: “Das Problem ist, in politischen Formaten werden immer wieder Fachleute aus der Wissenschaft hinzugezogen als diejenigen, die mit Autorität etwas erklären, was nicht zur Debatte gestellt wird. Die Journalisten, die sie interviewen, sind selten gut genug vorbereitet, um sie kritisch hinterfragen zu können. Als Wissenschaftsjournalistin muss ich aber wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur übersetzen, sondern auch einordnen. Nicht jeder mit einem Professorentitel ist automatisch eine verlässliche Quelle.”

6. Marcus Schuler über die US-Podcast-Szene
(turi2.de, Marcus Schuler)
Marcus Schuler, USA-Korrespondent des Bayerischen Rundfunks, analysiert in seinem Gastbeitrag die US-Podcast-Szene und diagnostiziert ein Überangebot: Die Zahl der Podcasts sei seit 2018 förmlich explodiert – von damals 550.000 auf mittlerweile mehr als zwei Millionen. “Das macht es für neue Sendungen schwieriger, ein Publikum zu finden. Jede neue Show hat quasi ein kleineres Publikum als ihre Vorgänger”, so Schuler.

Blättern:  1 ... 26 27 28 ... 139