Suchergebnisse für ‘schwarzer’

Social-Media-Fiasko der Bundeswehr, Angreifbare Umfragen, Grande Dame

1. Bundeswehr: Social-Media-Leiter sympathisiert mit Rechtsradikalem
(daserste.ndr.de, Katrin Kampling & Caroline Walter, Video: 3:13 Minuten)
Der Leiter der Social-Media-Abteilung der Bundeswehr ist für deren Bild in den Sozialen Medien verantwortlich. Ausgerechnet dieser Mann habe laut “Panorama” mit einem Anhänger einer rechtsextremen Bewegung sympathisiert, die vom Verfassungsschutzpräsident als “Superspreader von Hass, Radikalisierung und Gewalt” bezeichnet werde. Was die Angelegenheit zusätzlich pikant mache: “Oberstleutnant Marcel B. war auch zuständig für die ‘Social Media Guides’ der Bundeswehr.”

2. EU fordert Mitgliedstaaten auf, journalistische Vielfalt zu schützen
(sueddeutsche.de, Kathleen Hildebrand)
Eine von der EU in Auftrag gegebene Studie zeichnet ein düsteres Bild des Journalismus in Europa. Pressefreiheit und Pluralismus seien gefährdet, die ökonomische Lage des Nachrichtengeschäfts sei in allen europäischen Mitgliedstaaten schlecht. Lediglich bei der Vermarktung von Online-Nachrichten zeige sich, dass traditionelle Medien dem Digitalisierungsdruck standhalten könnten.

3. Lieber @hr1 @hrinfo richtig nice, ihr wart gestern DIE Sensation in den Verschwörungsgruppen
(twitter.com, Philip Kreißel)
Philip Kreißels Fachgebiet sind digitale Meinungsmanipulation und Hasskampagnen. Auf Twitter zeigt er anhand eines Beispiels, wie einfach es sei, bei Umfragen mehrfach abzustimmen. Es geht dabei um eine Umfrage des Hessischen Rundfunks über die Bereitschaft, sich bei Vorliegen eines Impfstoffes gegen das Coronavirus impfen zu lassen: “Lieber @hr1 @hrinfo richtig nice, ihr wart gestern DIE Sensation in den Verschwörungsgruppen. Die haben alle koordiniert bei eurer Umfrage abgestimmt. Gestern hat dann mein Bot auch mitgemacht. (…) Das war mit Abstand die am einfachsten zu manipulierende Umfrage, die ich jemals manipuliert habe. Man musste einfach nur einen request nach dem anderen da hinschicken.”

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4. “Ich kann nur so objektiv sein, wie es meine Subjektivität zulässt.”
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Gisela Friedrichsen wird gerne als die Grande Dame der Gerichtsberichterstattung bezeichnet. Kein Wunder, denn Friedrichsen arbeitet seit fast einem halben Jahrhundert als Journalistin. Mehr als 25 Jahre davon war sie als Gerichtsreporterin für den “Spiegel” tätig. Im Interview mit dem “Fachjournalist” erzählt sie vom Gerichtsjournalismus – von der Faszination und den Herausforderungen, aber auch dem Wandel: “Mittlerweile geht es nur um Effizienz. Wenn man irgendwohin geschickt wird, muss man auch auf Teufel komm raus etwas liefern – selbst wenn nichts passiert ist, was berichtenswert ist. Da werden dann Dinge hochgejazzt, hochgepusht, die keine Relevanz haben und mit der eigentlichen Sache nichts zu tun.”

5. Twitters Umsatz bricht ein
(spiegel.de)
Der Kurznachrichtendienst Twitter berichtet von einer paradoxen Entwicklung: Die Zahl der täglichen Nutzerinnen und Nutzer habe laut Vorstandschef Jack Dorsey um mehr als ein Drittel auf 186 Millionen zugenommen. Damit habe das Unternehmen seine bislang stärkste jährliche Wachstumsrate erreicht. Gleichzeitig habe man im vergangenen Quartal 19 Prozent weniger eingenommen als im Jahr zuvor. Grund dafür seien die coronabedingt eingebrochenen Werbeerlöse.

6. Attila Hildmann: Buchhandlung Hugendubel schickt Bücher an Verlag zurück
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
In der Vergangenheit haben bereits zahlreiche Handelspartner die Zusammenarbeit mit Attila Hildmann eingestellt und den Vertrieb seiner Produkte beendet. Nun habe die Buchhandelskette Hugendubel (circa 150 Filialen in Deutschland) angekündigt, Hildmanns Bücher aus dem Sortiment zu nehmen und eventuelle Restbestände an den Verlag zurückzusenden. Die Buchhandelskette Thalia (280 Filialen) wolle Hildmanns Kochbücher jedoch weiter vertreiben.

Scheuers Spielchen, Dubiose Internet-Gurus, Welterklärer

1. Scheuers Spielchen mit den Medien
(tagesschau.de, Martin Kaul & Antonius Kempmann)
Dass Ministerien und Behörden zur Presse manchmal nicht das beste Verhältnis haben, ist bekannt. Ein interessantes Beispiel liefert derzeit das Ministerium von Andreas Scheuer. Interne Mails aus dem Bundesverkehrsministerium würden zeigen, wie man dort versucht habe, kritische Berichterstattung zu erschweren. Einige dem WDR und NDR vorliegende Dokumente würden gar dokumentieren, “wie der Minister Anweisung gab, die Arbeit eines ‘Spiegel’-Journalisten bei der Aufarbeitung der Maut-Affäre zu konterkarieren”.
Weiterer Lesetipp: Daniel Bouhs kommentiert: Scheuers PR-Tricks werden Folgen haben! (ndr.de).

2. Dubiose Internet-Gurus: Wenn 14-Jährige das große Geld versprechen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
In den Sozialen Netzwerken tummeln sich unzählige Online-Coaches, die den gutgläubigen Interessentinnen und Interessenten Reichtum, Erfolg und ein sorgloses Leben versprechen. Oft mit allerlei Tricks: Da wird geschwindelt, getäuscht und manipuliert. Da verspricht dann schon einmal ein 14-Jähriger seinen potenziellen Kunden und Kundinnen den lang ersehnten “Ausbruch aus dem Hamsterrad”. Matthias Schwarzer hat sich einige der Online-Gurus und deren fragwürdige Coachingangebote angeschaut.

3. Mehrere dicke Enden auf einmal
(taz.de, Erica Zingher)
Mit dem Popmagazin “Spex” und dem Berliner Stadtmagazin “Zitty” werden gleich zwei jahrzehntelang existierende Projekte eingestellt. Der Grund für das zweifache Aus sollen die coronabedingt fehlenden Werbeeinnahmen gewesen sein, doch ist das die einzige Wahrheit? Erica Zingher wirft einen Blick in die Vergangenheit und geht der Frage nach, ob es schon zuvor Anzeichen für das nahende Ableben beider Magazine gegeben hat.

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4. “Die Hautfarbe war nie ein Hinderungsgrund”
(sueddeutsche.de, Kathleen Hildebrand)
Der Musiksender Viva ist auch heute noch ein positives Beispiel für Diversität in den Medien. Kathleen Hildebrand hat sich mit dem früheren Viva-Chef Dieter Gorny über das Musikfernsehen von damals unterhalten und ihm die Frage gestellt, warum das deutsche Fernsehen heute so gleichförmig aussehe: “Es hat, was Diversität, aber auch was Innovation angeht, eine jahrzehntelange Minus-Entwicklung gegeben. Es gibt eine Kluft zwischen Fernsehen und Popkultur. Das normale Mainstream-Fernsehen begreift sich eher nicht als Trendscout und produziert für eine Gesellschaftsstruktur, die es so eigentlich immer weniger gibt.”

5. Thomas Fischer erklärt die Welt
(lto.de, Pia Lorenz)
Es gibt bereits einige beliebte Podcasts zu Rechtsfragen, doch der allergrößten Beliebtheit erfreuen sich True-Crime-Formate. Im SWR2-Podcast “Sprechen wir über Mord?!” erklärt der bekannte Kolumnist und Ex-Bundesrichter Thomas Fischer seinen Mit-Podcastenden Viktoria Merkulova und Holger Schmidt seine Sicht auf einen konkreten Fall beziehungsweise darauf, was bei diesem Fall das tatsächliche Problem sei. “Ein echtes Hörvergnügen für alle, die True Crime und Strafrecht lieben”, findet Pia Lorenz in ihrer Rezension.

6. Über eine Million US-Dollar pro Post trotz Corona: Das ist die “Instagram Rich List 2020”
(omr.com, Torben Lux)
OMR hat sich die aktuelle “Instagram Rich List” angeschaut, die wiedergibt, welcher Star am meisten für einen (werblichen) Instagram-Post kassiert. Auch wenn die Liste wegen ihrer vielfach nur geschätzten Zahlen mit Vorsicht zu genießen sei, gebe sie einige aufschlussreiche Hinweise. Angeführt wird die Tabelle vom Schauspieler und ehemaligen Wrestler Dwayne “The Rock” Johnson, der für einen Werbe-Post rund eine Million Dollar aufrufen könne.

Geldsegen für Verlage, Nazi-Tattoo, Upskirting und Unfallfotos

1. Verlage bekommen 200 Millionen Euro Fördergelder
(wuv.de, dpa)
Die Große Koalition will die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage in den nächsten Jahren mit maximal 220 Millionen Euro fördern. Das gehe aus einem Entwurf der Fraktionen für den zweiten Nachtragshaushalt 2020 hervor, der dieser Tage beschlossen worden ist. Hintergrund sei die “Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens zur Förderung des Absatzes und der Verbreitung von Abonnementzeitungen, -zeitschriften und Anzeigenblättern”. Die für dieses Jahr ursprünglich geplanten Förderung der Zeitungszustellung mit 40 Millionen Euro solle es stattdessen doch nicht geben.
Weiterer Lesehinweis: ver.di fordert “klare Kriterien und Bedingungen für die Verteilung der am 2. Juli vom Deutschen Bundestag beschlossenen staatlichen Fördergelder für Verlage in Höhe von 220 Millionen Euro. ‘Wer von öffentlichen Geldern profitieren will, der muss auch die Einhaltung tariflicher Standards, gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung nachweisen’, verlangte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz.” – Geldsegen für Verlage nicht bedingungslos (verdi.de).

2. WDR zeigt Urlauber mit Nazi-Tattoo
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Ein WDR-Team ist nach Mallorca geflogen, um sich anzuschauen, unter welchen Bedingungen deutsche Durchschnitts-Touristinnen und -Touristen dort derzeit urlauben. Natürlich musste auch ein Interview vom Ballermann dabei sein, und an dieser Stelle beginnt das Problem: Ein interviewter deutscher Tourist trug deutlich sichtbar Tätowierungen aus dem rechtsextremen Umfeld – darunter ein Symbol, dessen Verwendung teilweise strafbar sei. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland hat beim WDR nachgefragt, wie es dazu kommen konnte.

3. Helden der Informationsfreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen hat eine Liste der “Heldinnen und Helden der Informationsfreiheit” (PDF, englisch) veröffentlicht. Dort werden Medienschaffende gewürdigt, die sich in der Corona-Krise in besonderem Maß für freie Berichterstattung eingesetzt haben. Die Liste umfasse exemplarisch 30 Journalistinnen, Whistleblower, Medien und Vereinigungen, die mit besonderem Mut und Hartnäckigkeit über die Pandemie berichtet hätten.

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4. Wo Ziesel wetzen und Vögel fischen
(faz.net, Kai Spanke)
“FAZ”-Redakteur Kai Spanke hat in die gestern ausgestrahlte Arte-Naturreportage “Die Moldau – Der goldene Fluss” reingeschaut und war wenig begeistert. Als störend empfand Spanke die geringe Sorgfalt beim Umgang mit dem Material und die offensichtlichen Schummeleien: “Hat wirklich ein Adler den Fisch fallen gelassen oder ein Mitglied des Filmteams? Wie viel Zeit verging zwischen den einzelnen Teilen der Sequenz? Ist sie überhaupt an der Moldau gedreht worden? Gerade mal die Hälfte der Dokumentation haben wir zu diesem Zeitpunkt geschafft, ihre Glaubwürdigkeit ist jedoch schon verloren.”

5. Bundestag stellt Upskirting und Unfallfotos unter Strafe
(spiegel.de)
Der Bundestag hat eine Gesetzesverschärfung verabschiedet, die das sogenannte Upskirting unter Strafe stellt. Darunter versteht man heimliche Fotos unter den Rock oder in den Ausschnitt. Auch das Fotografieren und Filmen von Unfalltoten ist nun verboten – die bisherigen Regeln bezogen sich nur auf lebende Unfallopfer. Zudem habe der Bundestag nach jahrelangen Diskussionen die Werbung fürs Rauchen beziehungsweise für Tabakprodukte weiter eingeschränkt.

6. Offen­sicht­liche Wer­bung muss nicht gekenn­zeichnet werden
(lto.de)
Die Rechtsprechung zur Kennzeichnung von Influencer-Werbung ist an deutschen Gerichten nicht einheitlich. Dies mag daran liegen, dass die Materie neu und die Lage nicht immer eindeutig ist. In einem aktuellen Urteil habe das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass offen­sicht­liche Wer­bung nicht unbedingt und in jedem Fall gekennzeichnet werden müsse. Anlass war eine Instagrammerin mit 1,7 Millionen Followerinnen und Followern, die verschiedene Anpreise-Posts nicht als Werbung gekennzeichnet hatte und deswegen von einem Wettbewerbsverband abgemahnt worden war.

Polizei-Kolumne der “taz”, Raabs diskriminierende Clips, Kein Porno

1. Jugendliche informieren sich bei Instagram über Corona
(spiegel.de, Anton Rainer)
Deutsche Jugendliche würden laut “Reuters Institute Digital News Report” immer stärker auf Instagram als Nachrichtenquelle zurückgreifen. Anton Rainer hat den Report gelesen und stellt einige interessante Erkenntnisse zu Mediennutzung und Vertrauen vor: “Fast allen Zeitungen, Verlagen, Sendeanstalten und Medienhäusern wurde 2020 eher misstraut als noch vor einem Jahr. Nirgends aber zeigt ist der Zweifel so groß wie bei der ‘Bild’-Zeitung. 58 Prozent der Befragten sagen, sie vertrauten dem Boulevardblatt nicht.”

2. “Kinderpornographie” – kein Porno, sondern Missbrauch
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 1:40 Minuten)
Im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch ist oft auch von “Kinderpornographie” die Rede. Stefan Fries erklärt im Deutschlandfunk, warum er den Begriff für ungeeignet hält: “Unter Pornographie verstehen wir vor allem Videos und Fotos, die Sex zeigen. Die Aufnahmen dazu entstehen normalerweise freiwillig, die Herstellung ist erlaubt und der Kauf auch. Bei ‘Kinderpornographie’ trifft nichts davon zu.”

3. Polizeigewerkschaft erstattet Strafanzeige gegen “taz”
(faz.net)
In einer Kolumne hat eine “taz”-Autorin über die Abschaffung der Polizei sinniert und verschiedene mehr oder weniger launige Gedanken über die alternative Verwendung der dort Beschäftigten ausgebreitet. Am Ende rät sie dazu, die Polizisten und Polizistinnen auf einer Mülldeponie unterzubringen (“Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.”). Daraufhin habe die Deutsche Polizeigewerkschaft Strafanzeige gegen die “taz” erstattet.
Weiterer Lesehinweis: Marc Felix Serrao schreibt in seinem “NZZ”-Kommentar: “Man möchte im Sinne der ‘TAZ’ annehmen, dass es auch Redaktorinnen und Redaktoren gibt, die diesen Text so furchtbar finden wie viele ihrer Leser. Bis auf weiteres ist es ein trüber Tag für alle, die diese Zeitung regelmässig und gerne lesen, sei es aus weltanschaulicher Überzeugung oder um sich an den oft genug geistreichen Gegenpositionen zu reiben.”

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4. Gruner + Jahr meldet für Stern-Redaktion Kurzarbeit an
(meedia.de)
Das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr soll bei der Bundesagentur für Arbeit um Hilfe für den “Stern” angefragt und Kurzarbeit beantragt haben. Diese betreffe die gesamte Redaktion, die Maßnahme soll jedoch monatsweise überprüft und nötigenfalls verlängert werden. Grund seien die massiv weggebrochenen Werbeeinnahmen.

5. Account einer “Hassorganisation” darf gelöscht werden
(urheberrecht.org)
Facebook darf den Account einer Organisation schließen, wenn diese als “Hassorganisation” im Sinne der Gemeinschaftsstandards betrachtet werden kann, so eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden zum “virtuellen Hausrecht”. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme in das Netzwerk bestehe auch dann nicht, wenn dieses eine monopolartige Stellung besitze.

6. Diskriminierung im Fernsehen: Reden wir mal über Stefan Raab
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Nachdem Streaminganbieter wie Netflix und HBO mehrere diskriminierende Serien und Filme aus dem Programm genommen haben, sollte sich die deutsche TV-Branche ebenfalls den Sünden der Vergangenheit stellen, fordert Matthias Schwarzer. Er denkt dabei vor allem an das Œuvre von Stefan Raab, der sich in den 2000er-Jahren an homofeindlichen Klischees abgearbeitet habe. Schwarzer schlägt bei derartigem Videomaterial zumindest eine Hinweistafel vor und hat dafür auch einen Formulierungsvorschlag parat: “Hier sehen Sie einen der größten deutschen Entertainer, wie er 4:33 Minuten lang Lesben und Schwule beleidigt. Historischer Kontext: Das hat man im Jahr 2001 hier so gemacht.”

Bauernopfer Drosten, Twittern wie Trump, Herres Frauenbild

1. Medienforscherin über inszenierte Corona-Konflikte: “‘Bild’-Chef Julian Reichelt schlägt um sich”
(rnd.de, Imre Grimm)
Die Medienforscherin Johanna Haberer ist insgesamt recht zufrieden mit der Corona-Berichterstattung deutscher Redaktionen. Sie kritisiert jedoch den Umgang der “Bild”-Medien mit dem Virologen Christian Drosten und vermutet politische Gründe hinter der Kampagne: “Es geht gar nicht um Drosten. Es geht um die Kanzlerin. Es geht darum, eine weitere Amtszeit – um die viele Menschen in der Republik sie im Moment ja vergeblich beknien – auf jeden Fall zu verhindern. Diese Statue, zu der Merkel gerade wieder erwächst, kann ‘Bild’ einfach nicht ertragen. Das Problem der Zeitung ist, dass die Bundesregierung mit der Krise unterm Strich sehr gut umgegangen ist, dass also die Politik nach Beratung durch die Experten vieles richtig gemacht hat. Das passt ‘Bild’ nicht in den Kram. Das ist für die Spektakelpresse unaushaltbar. Drosten ist in diesem Kontext nur ein Bauernopfer.”

2. Rassenunruhen – ein “grundfalscher” Begriff
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 2:25 Minuten)
Im Zusammenhang mit den derzeitigen Demonstrationen in den USA wird von manchen Medien gelegentlich der Begriff “Rassenunruhen” verwendet. Treffender sei es, von “Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus” zu sprechen: “Wer klarmachen will, dass es dabei auch zu Ausschreitungen und Krawallen kommt, kann die konkret benennen – und differenziert so zwischen friedlichen und gewalttätigen Demonstrierenden.”

3. Wie bunt is(s)t Maischberger?
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Jakob Buhre hat die “Maischberger”-Gästelisten der vergangenen zwei Jahre untersucht (PDF), um herauszufinden, wie es mit der Zusammensetzung tatsächlich bestellt ist. Der Anteil weißer Gäste belaufe sich auf 95 Prozent – ein Wert, der nicht unsere bunte Gesellschaft abbilde. Da Buhre sich nicht sicher ist, ob er bei der “Maischberger”-Redaktion mit seinen Zahlen durchdringt, versucht er es mit einem anschaulichen Beispiel: “Hallo Frau Maischberger, auf dem Weg zur Arbeit fahre ich täglich an Ihrer Produktionsfirma vorbei. Wissen Sie eigentlich, was für leckere Restaurants es in Ihrer Straße gibt? Nein? Kein Problem, ich habe heute mal nachgeschaut. Also, wir hätten da fünf Mal italienische Küche, vier mal Japanisch, zwei vietnamesische und chinesische Restaurants, einen Koreaner, einen Inder und zwei Mal deutsche Küche. Auch das Angebot an Falafel/Schawarma ist top! Oder wie wäre es mit Südamerika? Da haben Sie die Wahl zwischen Mexikanisch, Argentinisch und Peruanisch! So, und jetzt stellen Sie sich mal ganz kurz vor, in Ihrer Straße gäbe es zu 95 Prozent nur Currywurst und Kartoffeln. Danke!”

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4. Die ARD und ihr Männerproblem
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
ARD-Programmdirektor Volker Herres hat in einem Interview mit “Bild am Sonntag” unter anderem die Meinung vertreten, es gebe kein “weibliches Pendant zu Kai Pflaume”. In der Showunterhaltung treffe man laut Herres nicht viele Frauen an. Er habe jedoch nicht den Eindruck, dies sei das Ergebnis vorsätzlicher Diskriminierung. “Aber ändern würde ich es gern. Falls wir also jemanden übersehen haben, darf man sich gern bei uns melden.” Augenblicklich meldeten sich auf Twitter zahlreiche Menschen zu Wort – mit teilweise langen und fundierten Vorschlagslisten.

5. ZDF gibt Bildungsinhalte nicht nur für Schulen und Wikipedia frei
(heise.de)
Erstmals stellt das ZDF zahlreiche Medien und Animationen unter freier Lizenz online, so dass sie von jeder Person genutzt und weiterverbreitet werden können. Der Sender folgt damit einer gewissen Logik, denn die Beiträge wurden oft mit öffentlichen Geldern beziehungsweise Beiträgen der Allgemeinheit produziert. Da liegt es nahe, sie nach der Erstausstrahlung auch der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Betroffen sind zunächst 50 Beiträge zu Geschichte und Wissenschaft, die beispielsweise im Schulunterricht verwendet oder von Plattformen wie Wikipedia genutzt werden können. Einzige Voraussetzung sei die korrekte Nennung der Quelle.

6. Wer twittert wie Donald Trump, wird gesperrt
(spiegel.de)
Was passiert, wenn man sich auf Twitter verhält wie der US-Präsident? Ein US-Amerikaner hat das Experiment gewagt, den Text einiger Trump-Tweets übernommen und auf seinem Account gepostet. Es dauerte nicht lange, bis die erste Sperre erfolgte. Der “Spiegel” hat mit dem Twitterer über dessen Versuch und die bisherigen Erkenntnisse gesprochen. Es gebe eine “reale Doppelmoral in Bezug auf akzeptables Verhalten zwischen normalen Nutzern und Anführern der Welt”.

“Bild” vs. Drosten, Polizeigewalt, Erlösmodelle für Journalismus

1. Warum Drosten die “Bild”-Zeitung so scharf angeht
(tagesspiegel.de, Tilman Schröter & Gloria Geyer)
Der Chefvirologe der Berliner Charité Christian Drosten ärgert sich über eine Anfrage der “Bild”-Zeitung, die er als tendenziös und unfair empfand. Noch dazu hatte man ihm zur Beantwortung der komplexen Fragestellung lediglich eine Antwortzeit von einer Stunde eingeräumt. In der Anfrage, die eher einer Konfrontation glich, hatte sich “Bild” auf verschiedene Wissenschaftler bezogen, von denen sich mehrere sofort von dieser Art der Berichterstattung distanzierten.
Weiterer Lesehinweis: Wissenschaftler distanzieren sich im Streit um Drosten-Studie von “Bild” (turi2.de, Benjamin Horbelt). Lesenswert ist auch das Interview von Alexander Kühn mit dem vermeintlichen “Bild”-Kronzeugen, dem deutschen Ökonomen Jörg Stoye, der an der Cornell-Universität in Ithaca, USA, Statistik lehrt: “Drosten ist ein Gigant der Virologie. Ich habe von seiner Disziplin keine Ahnung, ich bin Statistiker. Als ich heute von dem ‘Bild’-Artikel erfahren habe, habe ich ihm gleich eine E-Mail geschrieben, wie unangenehm mir das ist.” (spiegel.de)
Und selbst altgedienten “Bild”-Recken wie Georg Streiter ist das Vorgehen seiner ehemaligen Kollegen unangenehm, wie auf Facebook zu lesen ist: “Selbst wenn man die nur als niederträchtig zu bezeichnenden ‘Recherche’-Methoden von Herrn Piatov ignoriert (darüber ist schon ausreichend geschrieben worden), bleibt festzustellen: Diese Schlagzeile ist durch NICHTS belegt.”
Außerdem aus unserem Archiv: Wie die “Bild”-Redaktion mit schmutzigen Tricks versucht, Christian Drosten zu zerlegen.

2. Ein Spotify für Journalismus?
(message-online.com, Pauline Tillmann)
Medien erleben die Corona-Krise als eine höchst paradoxe Zeit: Einerseits sind sie als Informationslieferanten wertvoll wie noch nie und verzeichnen explodierende Online-Abrufe. Andererseits brechen die Anzeigeneinnahmen in dramatischer und existenzbedrohender Weise ein. Wie können Gegenstrategien aussehen? Könnten Spotify, Netflix und andere Streamingdienste Beispiele für neue Geschäftsmodelle sein? Was ist nötig, um die Zahlungsbereitschaft für digitalen Journalismus zu verbessern. Anhaltspunkte dafür können laut Pauline Tillmann Modelle wie die “Krautreporter”, das Schweizer Digitalmagazin “Republik” und der Abo-Abwickler Steady liefern (Offenlegung: Wir nutzen Steady als einen Weg, über den man uns unterstützen kann).

3. Jung & Live mit Bernhard Pörksen
(youtube.com, Tilo Jung & Hans Jessen, Video: 2:04:00 Stunden)
Zwei kurzweilige Stunden ohne überfrachtetes Medien-Blabla, sondern mit dem spürbaren Wunsch, den Dingen auf den Grund zu gehen: Bei “Jung & live” war der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen zu Besuch. In dem Gespräch mit Tilo Jung und Hans Jessen geht es um die mediale Wahrnehmung der Corona-Pandemie, die Kunst des Miteinander-Redens, Filter-Bubbles und Filter-Clashs sowie die große Gereiztheit in unserer Gesellschaft. Schön ist auch die Anekdote, wie Pörksen bei einer Talkshow-Teilnahme von einem anderen Talkshow-Gast “bestohlen” wurde.

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4. Netflix: Wer nicht glotzt, fliegt raus
(wuv.de)
Normalerweise freuen sich Unternehmen darüber, wenn zahlende Kundinnen und Kunden die Dienste nicht in Anspruch nehmen (bei Fitnessstudios scheint dies gar zum Geschäftsprinzip zu gehören). Nicht so beim Video-Streaming-Dienst Netflix: Dort wolle man inaktiven Nutzerinnen und Nutzern (oder genauer: Nicht-Nutzerinnen und -Nutzern) das Konto künftig automatisch kündigen. Dies betreffe jene, die ihr Konto seit zwei Jahren nicht mehr genutzt haben oder die ein Jahr nach ihrer Anmeldung nicht in Erscheinung getreten sind. Die Zahl dieser Fälle sei höher als man erwartet: Die Rede ist von mehr als 900.000 Konten.

5. Böse Überraschungen
(taz.de, Lotta Laoire)
Die Kamera-Assistentin Lea R. ist nach eigenen Angaben ein Opfer von Polizeigewalt geworden. Ein Polizist habe ihr am 1. Mai in Berlin mit voller Absicht ins Gesicht geschlagen, während ihr Team eine Festnahme aufgenommen habe. Die medizinischen Folgen für die 22-Jährige seien gravierend. Derzeit sei unklar, ob ihre abgebrochenen Schneidezähne überhaupt repariert werden können. Die Ermittlung des Täters in den Polizeireihen gestalte sich, wie oft bei derartigen Fällen, als schwierig bis unmöglich. Laut einer Studie komme es nur in rund zwei Prozent der Fälle von Polizeigewalt zu Gerichtsverfahren.

6. Pixel-Nacktbilder und SMS-Chats: Der Teletext wird 40
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Man mag es kaum glauben, aber Teletext wird auch 40 Jahre nach seiner Erstausstrahlung immer noch fleißig aufgerufen. Die Rede ist von mehr als zehn Millionen täglichen Nutzerinnen und Nutzern. Matthias Schwarzer lässt die vergangenen 40 Jahre Revue passieren und versucht die Frage zu beantworten, warum der Dienst bei vielen Menschen immer noch so beliebt ist — jenseits des nostalgischen Retrocharmes.

Prof. Dr. Verschwörung, “Bild” am Gartenzaun, Evas Telegram-Protest

1. Prof. Dr. Verschwörung
(sueddeutsche.de, Bastian Brinkmann)
Der Finanzwissenschaftler und Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen der Leibniz-Universität Hannover Stefan Homburg ist während der Corona-Krise zur Medienfigur geworden. Bekannt gemacht haben ihn jedoch nicht seine wirtschaftspolitischen Forschungen, sondern seine öffentlichen Äußerungen zu der angeblichen Wirkungslosigkeit von Kontaktbeschränkungen, einer angeblich bevorstehenden “Zwangsimpfung” und den “Sklaven-Masken, mit denen die Bevölkerung psychisch niedergehalten werden soll”. “SZ”-Redakteur Bastian Brinkmann hat sich fast zwei Stunden mit dem Professor unterhalten, den er bei aller Kritik als durchaus eloquent empfand.
Weiterer Lesehinweis: Homburgs Reaktion auf Twitter fiel weniger eloquent aus: “Medienprostitution vom Feinsten. Wenn Sie Ihr Abo kündigen, tut das der Süddeutschen wegen der neuen Subventionen für Linientreue nicht weh. Wer einem ‘Bastian Brinkmann’ ein Wort glaubt, ist selbst schuld. Schreiben Sie ihn an!”

2. “Bild” filmt Sidos Garten – Rapper geht auf Kamerateam los
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Ein “Bild”-Kamerateam hat dem Rapper Sido vor dessen Haus aufgelauert, um ihn über den Gartenzaun zu seinen verschwörerischen Äußerungen zu befragen. In dem Zusammenhang kommt es zu einem Wortgefecht, Sido geht auf das Kamerateam los, es scheint ein Gerangel zu geben. Ein Vorfall, den “Bild” samt Video gleich gewinnbringend hinter der Bezahlschranke verkauft. Matthias Schwarzer kommentiert: “Medienrechtlich ist die Aktion der ‘Bild’-Zeitung derweil mindestens heikel. Denn auch Prominente haben das Recht auf Privatsphäre und müssen es keineswegs hinnehmen, mit jedem Teil ihres Lebens in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden — dazu zählt zum Beispiel auch das private Grundstück.”

3. Follower bei der Arbeit
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid & Michael Borgers)
Deutschlandfunk-Autor Stefan Römermann berichtete vor einigen Tagen über die Wirkmächtigkeit des Messengerdienstes Telegram für die Verschwörungsszene (Audio: 6:31 Minuten). Er zitierte dabei auch die ehemalige Moderatorin Eva Herman, die sich missverstanden fühlte und an ihre mehr als 100.000 Accounts umfassende Telegram-Gefolgschaft schrieb: “Deutschlandfunk hört meinen Telegram-Kanal ab und reißt meine Äußerungen willkürlich aus dem Zusammenhang. So arbeiten die zwangsgebührenfinanzierten Sender”. Wie zur Bestätigung der These von der enormen Wirkmächtigkeit des Messengerdienstes hätten sich daraufhin unzählige Telegram-Nutzerinnen und -Nutzer bei Römermann gemeldet.

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4. Sechs Tipps für den Umgang mit Verschwörungstheoretiker*innen
(editionf.com, Dana Buchzik)
Die Journalistin Dana Buchzik ist in einer radikalen Sekte aufgewachsen und lebte einige Zeit in einem Umfeld radikaler Meinungen. In ihrem Beitrag verrät sie sechs Tipps, wie man mit davon betroffenen Personen umgehen kann, denn: “Wenn wir verstehen, wie Radikalisierungsprozesse ablaufen, können wir im Gespräch nicht nur uns selbst besser schützen, sondern auch unserem Gegenüber vermitteln, dass es noch immer einen gemeinsamen Boden humanistischer Werte gibt, auf den sie*er zurückkehren kann.”

5. Das sind die Corona-Unwörter
(spiegel.de, Samira El Ouassil)
Samira El Ouassil beschäftigt sich in ihrer neuen “Spiegel”-Kolumne mit Sprache in der Krise: “Wörter wie ‘Grenzöffnung’, ‘Klimahysterie’ und ‘Lockdown’ ermöglichen auf geradezu magische Weise die Beschreibungen einer Gegenwart, die nicht stattgefunden hat, von der wir jedoch glauben, dass wir sie so wahrgenommen und erlebt haben.”

6. “Man muss den Leuten etwas erzählen und erklären wollen”
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Silke Hansen ist als Leiterin des ARD-Wetterkompetenzzentrums unter anderem für den Wetterbericht in der “Tagesschau” verantwortlich. Im Interview mit dem “Fachjournalist” schildert sie ihren Alltag als Wettermoderatorin, spricht über spannende Wetterphänomene und erzählt, was sie mit der Formel 1 und dem Rallyesport verbindet.

Durchdrehende Promis, Infokrieger “Peter”, Im Zweifel für den Zweifel

1. “Sie sind eine homogene Enklave”
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Die Neuen deutschen Medienmacher*innen haben ihren Bericht zur Diversität im deutschen Journalismus (PDF) vorgestellt (“Eine Recherche über interkulturell vielfältiges Medienpersonal in deutschen Redaktionen und die Ansichten von Führungskräften im Journalismus zu Diversity in den Medien.”). Trotz einiger Appelle in den Vorjahren seien Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Redaktionen weiterhin deutlich unterrepräsentiert.

2. Corona-Verschwörungen: Warum drehen so viele Promis durch?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Xavier Naidoo, Detlef D! Soost, Attila Hildmann, Til Schweiger … Wer sich ab und zu in den Sozialen Medien aufhält, könnte den Eindruck gewinnen, dass Musiker und TV-Stars derzeit besonders viel Unsinn rund um die Corona-Pandemie verbreiten. Matthias Schwarzer fragt sich: “Was ist da los? Und warum driften plötzlich so viele Promis ab?”
Weiterer Lesehinweis: Wie zur Bestätigung ein neuer Fall: Sido plaudert über Kinderblut und verteidigt Xavier Naidoo.

3. Warum es nicht “Verschwörungstheorie” heißen sollte
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 2:10 Minuten)
Im etwa zweiminütigen Sprachcheck des Deutschlandfunks kümmert sich Stefan Fries um den Begriff “Verschwörungstheorie”, den er für wenig geeignet hält. Der Wortbestandteil “Theorie” täusche eine Wissenschaftlichkeit vor: “Der Begriff gibt Propaganda, Desinformation und Lügen nur fälschlicherweise einen wissenschaftlichen Anstrich. Dabei handelt es sich aber je nach Ausprägung um Erzählungen, um Ideologien, Mythen oder Legenden.”

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4. Im Zweifel für den Zweifel
(journalist.de, Ingrid Brodnig)
In der aktuellen Folge der Serie “Mein Blick auf den Journalismus” schreibt die österreichische Journalistin und Autorin Ingrid Brodnig über die Schwierigkeit, in Krisenzeiten den Überblick zu behalten. Qualitätsvoller Journalismus müsse offenlegen, wenn es keine gesicherten Informationen gibt: “Es ist eine gesellschaftliche Herausforderung, dass wir Menschen uns nach Einordnung, nach Gewissheit sehnen — auch dort, wo diese nur ein trügerisches Gefühl ist. Die Corona-Krise ist auch hierfür ein Paradebeispiel: Wir wissen vieles nicht.”

5. Harte Konkurrenz für Fotojournalisten
(de.ejo-online.eu, Felix Koltermann)
Fotojournalisten und -journalistinnen haben kein leichtes Leben. Redaktionen beziehen ihre Bilder bei den Großanbietern, greifen auf kostenloses Material zurück oder ermuntern ihre Redakteure, “mal eben” mit dem Handy zu knipsen. Felix Koltermann hat sich mit Sabine Pallaske, Vorsitzende der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing, über die derzeitigen Schwierigkeiten bei der Nutzung und Verwertung von “visuellem Content” unterhalten.

6. Video: Infokrieger – Die neuen rechten Medienmacher
(daserste.de, Dennis Leiffels & Anna Breithausen & Alexander Tieg & Marvin Milatz, Video: 44:00 Minuten)
Wie funktioniert der “Infokrieg” der neuen rechten Medienmacher? Anderthalb Jahre haben Reporterinnen und Reporter Kommunikationsdaten aus verschiedenen Sozialen Netzwerken ausgewertet und sind den Strukturen nachgegangen. Dies führte sie rund um den Globus bis nach Uruguay zu “Peter”, der dort zahllosen rechten und rechtsextremen Websites die Heimat für deren Impressum bietet. Ein spannender Film mit interessanten Einblicken in den “digitalen Maschinenraum” der Neuen Rechten.

Pochers Attacken, Mausgezeichnete Einschaltquoten, Lisa Eckhart

1. Täter hatten vor Übergriff wohl Streit mit “heute-show”-Team
(tagesspiegel.de, Alexander Fröhlich)
Der genaue Hintergrund des Angriffs auf ein Team der “heute-show” (ZDF) ist nach wie vor unklar. Laut “Tagesspiegel”-Informationen soll es jedoch vor der Attacke Streit zwischen dem TV-Team und den Angreifern gegeben haben. Für die Staatsanwaltschaft seien alle Verdächtigen “dem linken Spektrum zuzurechnen”.
Weiterer Gucktipp: Im ZDF-Interview (Video, 13:31 Minuten) schildert der Satiriker Abdelkarim, wie er den Angriff erlebt hat: “Das war auch keine Schlägerei, das war ein Einschlagen auf eine völlig wehrlose Gruppe, von der null Gefahr ausging. Viel feiger kann ein Angriff gar nicht sein.”

2. Niveaulos und frauenverachtend: Wer stoppt Oliver Pocher?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Der Comedian Oliver Pocher hat offenbar eine neue Möglichkeit gefunden, Aufmerksamkeit zu generieren: Er drischt öffentlich auf Influencerinnen ein. In einem aktuellen Fall legte er die Pornovergangenheit eines seiner Opfer offen. “Sollte Pocher mit seinem pseudointellektuellen Moralgeplänkel tatsächlich so etwas wie journalistischen Anspruch gehabt haben, so ist er damit krachend gegen die Wand gefahren”, kommentiert Matthias Schwarzer. Sein Fazit: “Je mehr grölendes Publikum Pocher bekommt, desto mehr pöbelt sich der Comedian in Rage. Dass hinter jedem Influencer auch ein Mensch steht, wird da zweitrangig. Da wird jeder Fehltritt ausgeschlachtet, jedes Nacktvideo, jede Dominavergangenheit zum Auslachexzess. Die Grenze ist hier bereits lange überschritten.”

3. Klassiker räumt ab: “Sendung mit der Maus” im Höhenflug
(dwdl.de, Alexander Krei)
Trotz ihres mittlerweile stolzen Alters von 50 Jahren ist “Die Sendung mit der Maus” so erfolgreich wie lange nicht. Bei den 14- bis 49-Jährigen habe die Kindersendung einen Marktanteil von fast 17 Prozent erzielt. Ein außergewöhnlich guter Wert für den Klassiker, der sich auch bei den Erwachsenen großer Beliebtheit erfreue.

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4. Renan Demirkan protestiert gegen “Eliminierung” älterer Schauspieler aus Drehbüchern und Besetzungslisten
(presseportal.de)
Die Autorin und Schauspielerin Renan Demirkan warnt vor einer existenziellen Bedrohung älterer Künstlerinnen und Künstler durch die Corona-Krise. In einem Offenen Brief (nur mit Abo lesbar) an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet schreibt die 64 Jahre alte Demirkan: “Ich bin mir nicht sicher, ob sich Nichtkünstler ein Künstlerleben wirklich vorstellen können. Ob auf der Bühne oder auf der Leinwand; ob in Büchern oder Bildern; ob als Musiker oder Komponisten: Das, was wir tun, das sind wir — uneingeschränkt und ohne Altersgrenze!”

5. Pulitzer-Preis für die “New York Times”
(sueddeutsche.de)
Der Pulitzer-Preis geht dieses Jahr unter anderem an die “New York Times”. Der Jury habe die Russland-Berichterstattung gefallen, mit der die Zeitung das aggressive Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin enthüllt habe. Weitere Auszeichnungen gingen unter anderem an die in Alaska ansässige “Anchorage Daily News”, die Recherche-Plattform “ProPublica”, das “Courier-Journal” und die “Baltimore Sun”.

6. Sie ist von Kopf bis Fuß aufs Böse eingestellt
(faz.net, Andrea Diener)
Wer gelegentlich die Satiresendung “Nuhr im Ersten” schaut, ist dort eventuell schon einmal der österreichischen Kabarettistin Lisa Eckhart begegnet, die bevorzugt gegen die “politische Korrektheit” anredet. Derzeit wird ein bereits älterer Ausschnitt der Kabarettsendung “Mitternachtsspitzen” diskutiert, in der Eckhart jahrhundertealte Vorurteile gegen Juden reproduziert. Anlass für Andrea Diener, einen genaueren Blick auf die Künstlerin und ihr Programm zu werfen: “Zusammenfassen lässt sich ein Großteil ihres Programms mit ‘stellt euch mal nicht so an’. Gemobbte Schulkinder, Magersüchtige, rassistisch angegangene Corona-Chinesen: alle mal die Fresse halten, früher ging es den Leuten noch viel schlechter. Früher wurde nicht ‘gemobbt’, früher wurde noch zünftig geprügelt und es hat keinen gestört, weil die Gesellschaft noch nicht so verweichlicht und dekadent war. Zack, über alle Zwischentöne drübergebügelt. Es gibt Pilsstuben, in denen hat man das schon differenzierter gehört.”
Nachtrag: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser “6 vor 9”-Ausgabe war der Artikel noch frei abrufbar. Inzwischen hat die “FAZ”-Redaktion ihn hinter die Paywall gestellt.

Corona-Lexikon, Rücktritt oder auch nicht, Ruth Moschners Telefonterror

1. Corona-Lexikon
(journalist.de, Sebastian Pertsch)
Das kleine “Corona-Lexikon” wendet sich in erster Linie an Medienschaffende, die sich nicht im Dschungel der Begrifflichkeiten und Fachtermini verirren wollen. Es ist aber auch eine klare Empfehlung für alle, die sich in Sachen Corona-Krise auf dem Laufenden halten wollen und die Berichterstattung dazu verfolgen.

2. Fal­sche Worte in den Mund gelegt
(lto.de)
Es versteht sich eigentlich von selbst, dass man nur das zitiert, was gesagt wurde, und anderen Personen keine falschen Worte in den Mund legt. Dies gelte auch und insbesondere bei mehrdeutigen Äußerungen, bei denen man verpflichtet sei, die eigene Deutung durch einen “Interpretationsvorbehalt” kenntlich zu machen, so das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Beschluss zu einem mehrdeutigen Zitat von Renate Künast. Die Grünen-Abgeordnete hatte sich gegen ein Bild gewehrt, das ein Facebook-Nutzer gepostet und ihr dabei eine Aussage zur Zulässigkeit von Sex mit Kindern in den Mund gelegt hatte.

3. In Schleswig-Holstein ist gegebenenfalls jemand zurückgetreten. Weiß man aber nicht so genau. Können wir aber schon mal melden.
(stefan-fries.com)
In einer “Spiegel”-Eilmeldung informierte das Nachrichtenmagazin über den Rücktritt des schleswig-holsteinischen Innenministers. So richtig klar sei in der Meldung jedoch nicht rübergekommen, ob der Minister den Rücktritt angeboten habe, ob er ihn eingereicht habe oder ob er bereits zurückgetreten sei. Die korrekte Berichterstattung über Rücktritte scheint häufiger Probleme zu bereiten, wie Stefan Fries schon vor einem Jahr schrieb: Ein Rücktritt ist nicht immer ein Rücktritt.

4. VZ.net im Selbstversuch: So ist die neue Social-Media-Plattform
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Das Netzwerk StudiVZ ist schon lange tot, feiert jedoch derzeit unter dem Namen VZ eine Art Wiederauferstehung, samt solch nostalgischer Elemente wie “Buschfunk”, “Plauderkasten” und “gruscheln”. Für Matthias Schwarzer fühlte sich der Besuch auf der Seite deshalb auch ein bisschen an wie eine Erstiparty von 2006. Kurzerhand importierte er seine alten Daten, was jedoch nur unzureichend beziehungsweise gar nicht gelang. Sein Fazit: “Das neue VZ läuft technisch einwandfrei, ist schick und übersichtlich. Zu übersichtlich. Denn ohne einen vollständigen Import der alten Daten dürften sich wohl die wenigsten zu einer Anmeldung im neuen Netzwerk entschließen.”

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5. Audio-Offensive mit FYEO: Leben im Ausland, epochale Ereignisse und jede Menge Fußball
(innovation.dpa.com, Niddal Salah-Eldin)
Die Sendergruppe ProSiebenSat.1 hat eine neue Audio-Plattform mit dem Namen “FYEO” gestartet (“For Your Ears Only”). Die Nachrichtenagentur dpa hat vier eigene journalistische Formate beigesteuert: den Podcast “Abseits des Tourismus”, das Format “Meine Liebe, mein Verein”, den Geschichtserinnerer “Damals genau heute” und das Fußballformat “Als der Ball im Netz war”. Die stellvertretende dpa-Chefredakteurin Niddal Salah-Eldin stellt die Audio-Produktionen aus dem eigenen Haus vor.

6. Kenntse, kenntse! Ruth Moschners Telefonterror bei “The Masked Singer”
(uebermedien.de, André Wieland, Video: 1:50 Minuten)
Gestern Abend endete die aktuelle Staffel der Musikshow “The Masked Singer” (ProSieben), ein Gesangswettstreit mit in Ganzkörperkostümen gekleideten Prominenten. Damit werden wir erstmal nicht mehr erfahren, wen Jury-Mitglied Ruth Moschner alles kennt und wem sie alles eine WhatsApp-Nachricht geschickt hat. “Übermedien” hat die schönsten Moschner-Momente in einem Zwei-Minuten-Clip zusammengefasst.

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