Suchergebnisse für ‘schwarzer’

Horse-Race-Journalismus, Feinde der Pressefreiheit, Schweinsteigers Uhr

1. RSF veröffentlicht neue Feinde der Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen hat die aktuelle Liste mit den weltweit größten “Feindinnen und Feinden der Pressefreiheit” veröffentlicht (PDF). Sie umfasst 37 Staats- und Regierungsoberhäupter, die in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern würden. Aus EU-Sicht besonders traurig: “Mit Viktor Orbán steht zum ersten Mal ein EU-Ministerpräsident auf der Liste, der seit seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in Ungarn angreift.”
Weiterer Lesehinweis: Orbán schaltet Anzeige in “Bild”: “Ungarns Regierung bezahlt für die Veröffentlichung politischer Vorschläge – zu einem interessanten Zeitpunkt.” (sueddeutsche.de, Dennis Müller)

2. Top, die Wette gilt
(taz.de, Kersten Augustin)
Kersten Augustin kritisiert in der “taz” den sogenannten Horse-Race-Journalismus, der Politik vor allem als Wettbewerb versteht. Ein aktuelles Beispiel dafür sei die Berichterstattung über Annalena Baerbock – das betreffe auch die Berichterstattung im eigenen Blatt: “Natürlich hat Baerbock im Wahlkampf politische und strategische Fehler gemacht, die Jour­na­lis­t:in­nen aufklären und kritisieren sollen. Aber Jour­na­lis­t:in­nen stehen nicht, um im Bild zu bleiben, auf der Tribüne einer Pferderennbahn, um für das Wettbüro die Quoten festzusetzen. Leser sind Wähler, keine Glücksspieler. Und Annalena Baerbock ist kein Rennpferd.”

3. Vergessen vom Presserat
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 5:57 Minuten)
Die kostenlos erhältliche Gesundheits-Postille “Apotheken Umschau” kommt auf eine beeindruckende Auflage von knapp acht Millionen Exemplaren monatlich. Laut Chefredakteur Dennis Ballwieser sehe man sich einerseits als Kundenmagazin, anderseits aber auch als unabhängiges journalistisches Produkt. Dann müsste dafür der Deutsche Presserat verantwortlich sein, eine Organisation von Verlags- und Journalistenverbänden. Der will davon jedoch nichts wissen und nimmt Beschwerden gegen das Schleichwerbung-gefährdete Magazin gar nicht erst an.

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4. Ausrangiert mit Ü-50: Wenn sich Fernsehsender von ihren Moderatorinnen trennen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Simone Standl, Moderatorin der WDR-“Lokalzeit”, wird nach 17 Jahren von einer (deutlich jüngeren) Kollegin abgelöst. Standl vermutet, dass ein Grund für den Rauswurf ihr Alter sei: “Wenn man sich in der Fernsehlandschaft umsieht, ist der Jugendwahn schon sichtbar. Vor allem wir Frauen sollen natürlich gute Leistung bringen – aber eben auch gut aussehen, jung, dynamisch und sportlich sein.”

5. Das Dilemma der Fernsehmagazine – und ein möglicher Ausweg
(uebermedien.de, Daniel Bouhs)
Daniel Bouhs erklärt, worin das Dilemma von Fernsehmagazinen wie “Monitor” für die ARD-Verantwortlichen unter anderem liegt: “Die Magazinform ist perfekt für das lineare Fernsehen geschaffen: Die Moderatorinnen und Moderatoren führen das Publikum nicht nur innerhalb der Sendung von Beitrag zu Beitrag; sie leiten auch zu den nachfolgenden Programmen wie den ‘Tagesthemen’ über. Alles im Sinne des ‘Audience Flow’, des Zuschauerstroms. Doch der hat in der neuen digitalen Welt in dieser Form keine große Bedeutung.”

6. ARD ermahnt Schweinsteiger nach Tweet mit Werbebotschaft
(spiegel.de)
Ex-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger ist für die ARD als Fußball-Experte tätig. In einem der vergangenen EM-Spiele nutzte Schweinsteiger die Gunst der Stunde und setzte während der Halbzeitpause und ohne Wissen des Senders einen Werbetweet für eine Uhr ab, die auch während der Fernsehübertragung zu sehen war. Dafür gab es vom Sender nun eine “Ermahnung”.

Rechte Hetze beim Kirchenschloss, Balders Abschied, Erzwingungshaft

1. Duldet das Bistum Augsburg völkisches Denken?
(br.de, Johannes Reichart)
BR-Reporter Johannes Reichart ist einem äußerst verstörenden Fall nachgegangen: Ein im Besitz der katholischen Kirche befindliches Schloss werde zur Verbreitung von rechter Hetze und völkischem Denken genutzt. Unter anderem werde dort das sogenannte “Schloss-Kultur-Magazin” publiziert. Darin mische sich unter allerlei Artikel über Gartenarbeit und Strickkleidung auch abstruses Gedankengut und Esoterik, das Magazin verbreite Weltverschwörungserzählungen und traditionalistisch-religiöse Extrempositionen: Ein Erzbischof warnt vor dem “Great Reset”, der von den “Dienern Satans” betrieben werde, Priester der erzkonservativen Piusbruderschaft hetzen gegen Abtreibung, Homosexualität und Klimaschutz. Das Bistum bemühe sich als Vermieterin der Immobilie seit Längerem “um Klärung”.

2. “Viel konsequenter digital ausrichten”
(journalist.de, Anna Paarmann)
Anna Paarmann ist Online-Chefin bei der “Landeszeitung” für die Lüneburger Heide und dort für Redaktionsprojekte zuständig. In einem Gastbeitrag für den “journalist” macht sie sich Gedanken darüber, wie der Journalismus widerstandsfähiger gemacht werden kann. Wer noch nicht auf “Digital First” setze, möge dies schleunigst tun: “Es gilt, historisch gewachsene Strukturen und Denkweisen ad acta zu legen: feste Ressortgrenzen, Einzelbüros, die Skepsis gegenüber Online, autonome Themenplanung, den Anspruch, dass ein guter Redakteur von 10 bis 19 Uhr ‘den Laden hüten muss’.”

3. Neues aus der Anstalt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Bei den Gegnern des Rundfunkbeitrags wird derzeit ein Mann gefeiert, der seit drei Monaten in Erzwingungshaft sitzt. Dort befinde er sich jedoch nicht wegen ausstehender Gebühren, sondern wegen einer verweigerten Vermögensauskunft, erklärt Steffen Grimberg. Derlei Details scheinen den Leuten, die immer noch auf die (längst abgeschaffte) GEZ schimpfen oder die sich, wie die AfD, mit der Forderung “ARD abschaffen” an den Fall hängen, jedoch egal zu sein. Grimberg rät: “Damit endlich Ruhe im Erzwingerclub einkehrt, müssen alle Anstalten und die Vollstreckungsbehörden zu besseren Lösungen kommen. Denn pro 100 Euro, die ARD, ZDF und Deutschlandradio geschuldet werden, entsteht ein Imageschaden von locker 100.000 Euro.”

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4. Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 198 vom 24.6.2021
(netzwerkrecherche.org, Daniel Drepper & Albrecht Ude)
Pflichtlektüre, nicht nur für Journalistinnen und Journalisten aus dem Investigativbereich: der Newsletter des “Netzwerk Recherche”. Die neueste Ausgabe liefert wie immer einen guten Überblick über aktuelle Nachrichten, Veranstaltungen Seminare, Stipendien und Preise. Im Pressespiegel gibt es zudem wertvolle Lesetipps zu ausgesuchten Themen.

5. Gute Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt
(netzwerk-medienethik.de, Jessica Heesen)
Das “Netzwerk Medienethik” weist auf einen interessanten Forschungsbericht der Initiative “Migration und Sicherheit in der Stadt” hin. In dem Papier geht es um “Aspekte einer guten Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt” (PDF). Der Forschungsbericht gebe einen Überblick “über die rechtlichen und normativen Anforderungen an den Journalismus, die mit dem öffentlichen Integrationsauftrag der Medien verbunden sind.”

6. “Sender in die Grütze gefahren”: Hugo Egon Balder nimmt Abschied von Sat.1
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Hugo Egon Balder kann auf eine lange Zusammenarbeit mit dem TV-Sender Sat.1 zurückblicken. Anfang der 2000er-Jahre fing es für Balder dort mit “Genial daneben” an, einer Sendung, die sich erstaunlich lange hielt und nach einer Sendepause 2017 neu aufgelegt wurde. Doch nun steigt der mittlerweile 71-jährige Balder aus. Im Interview spricht er offen über seine Gründe und erzählt, welche Versäumnisse er beim Sender sieht. Außerdem kommentiert er den angestrebten Imagewandel des Sat.1-Konkurrenten RTL: “Es scheint mir so, als wollte man hier eher den Öffentlich-Rechtlichen Konkurrenz machen. Vermutlich kein ganz falscher Schritt: Zuletzt war die Devise bei den Sendern immer ‘Wir müssen verjüngen’. Das ist aus meiner Sicht aber ein Trugschluss. Von den Jungen kommt keiner mehr zurück. Wer seinen Sender verjüngt, hat irgendwann gar keine Zuschauerinnen und Zuschauer mehr.”

Anti-Cannabis-Kampagne, Keine Anklage gegen RTL, IS-Anhängerinnen

1. Gesundheitsbehörde wirbt ungefragt mit maiLab – und muss Video löschen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung bewirbt bei Twitter eine Kampagne zur “Cannabisprävention auf Social Media” und scheint ein bekanntes Testimonial anführen zu können: die Wissenschaftsautorin und Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim. Die wusste bisher jedoch nichts von ihrem Glück und kommentiert: “Gut, dass ich dank Twitter von dieser ‘Kollabo’ erfahre”. Weder sie noch “Funk” hätten das Video freigegeben.

2. Opfer und Täterin zugleich
(taz.de, Laila Oudray)
Laila Oudray kritisiert die Berichterstattung über deutsche IS-Anhängerinnen. Das Thema sei für Rechtswesen und Medien eine komplizierte Angelegenheit. Nicht nur Boulevardmedien würden oftmals ein verzerrtes Bild von IS-Anhängerinnen zeichnen: “Zu diesen verzerrten Wahrnehmungen kommt die problematische Stellung der Frau in Teilen des Islams und die damit einhergehende Ungleichbehandlung. So setzte sich ab den 1980er-Jahren verstärkt das Klischee der nicht Deutsch sprechenden Frau durch, die ihrem Mann hinterherlaufen muss.” Ein lesenswerter Beitrag, der zum Nachdenken anregt – oder wie es im Einleitungstext heißt: “Es gilt, Ambivalenz auszuhalten.”

3. Mehrheit fordert Maßnahmen gegen Mediensucht von Kindern
(zeit.de)
Das Deutsche Kinderhilfswerk hat den Kinderreport Deutschland 2021 veröffentlicht (PDF). Darin geht es um “Mediensucht und exzessive Mediennutzung im Spannungsfeld von gesundem Aufwachsen und medialer Teilhabe von Kindern”. Laut einer repräsentativen Erhebung sprächen sich 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen dafür aus, das Thema Mediensucht in der Schule zu behandeln. Bei den Erwachsenen seien es sogar 95 Prozent.

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4. Pressefreiheit unter Beschuss
(jungewelt.de, Stefan Huth)
Seit 2004 ist die “junge Welt” dem Verfassungsschutz einen eigenen Beitrag im alljährlichen Bericht wert. Redaktion und Verlag setzen sich dagegen zur Wehr: “Das war von Anfang an mehr als nur ärgerlich, denn diese Feindmarkierung hat durchaus Folgen für die redaktionelle Arbeit – nicht zuletzt, weil sie die ökonomischen Grundlagen der Zeitung angreift, die ihr Erscheinen überhaupt ermöglichen.”

5. Sie haben Post! – Ein neuer Newsletter
(verdi.de, Robert B. Fishman)
Newsletter erleben seit einiger Zeit ein überraschendes Revival. Immer mehr Journalisten und Journalistinnen würden das Medium nutzen – auch um Geld zu verdienen. Einfach sei das jedoch nicht, wie Robert B. Fishman schreibt. Hilfreich seien ein bekannter Name, die Wahrnehmung als glaubwürdige Quelle und ein gut funktionierendes Netzwerk mit vielen Followerinnen und Followern.

6. Anklage gegen RTL fallengelassen
(sueddeutsche.de, Carolin Gasteiger)
Vor drei Jahren haben mehrere Männer die Wohnungstür eines Handwerkers eingetreten und ihn krankenhausreif geschlagen, weil sie fälschlicherweise meinten, in ihm einen verdächtigen Pädophilen aus einem RTL-Beitrag erkannt zu haben. Nun hat ein Gericht eine Verantwortung des Reporter-Teams für die Tat verneint. Carolin Gasteiger kommentiert: “Juristisch ist das ein Erfolg für RTL, die Frage nach der journalistischen Sorgfaltspflicht ist damit allerdings nicht geklärt.”

Toxisches Klima?, Fehlender Alltagsbezug, Burger-Desaster

1. “Du schaust aus wie eine Nutte”
(zeit.de, Christina Pausackl)
Dem österreichischen Medienmanager und Boulevard-Mogul Wolfgang Fellner wird von einer ehemaligen Mitarbeiterin, der Fernsehmoderatorin Raphaela Scharf, sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der “Zeit” liegt ein Gedächtnisprotokoll über Scharfs Arbeitsalltag vor. Immer wieder soll Fellner ihre Brüste und ihren Hintern kommentiert haben: Sie hätte “einen super Popsch”, sie seien “das perfekte Paar”. Außerdem habe er versucht, sie zu küssen. Fellner bestreitet vor Gericht bisher jegliche Anschuldigungen. Diese seien “frei erfunden”, die Anbahnungen seien vielmehr von Raphaela Scharf ausgegangen. Christina Pausackl ist dem Fall für die “Zeit” nachgegangen und auf ein toxisches Arbeitsumfeld gestoßen.
Weiterer Lesehinweis mit Bezug zu Fellner: Die rätselhafte Kampagne von “Österreich” gegen Ulli Sima: “Von Ende 2018 bis Anfang 2020 fährt die Tageszeitung ‘Österreich’ eine Negativkampagne gegen die damalige Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima. Insgesamt erscheinen über 50 negative, spöttische und unsachliche Artikel über sie. Vier davon haben sogar rechtliche Folgen.” (kobuk.at, Christina Sauprigl)

2. Systemrelevante Existenzangst
(journalist.de, Caroline Lindekamp)
Wenig Rücklagen, wenig Sicherheit, wenig staatliche Hilfe – für viele freiberufliche Medienschaffende stellt die Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung dar. Mehr denn je sind Eigeninitiative und Idealismus gefragt. Doch reicht das in diesen schwierigen Zeiten? Caroline Lindekamp hat sich in der Branche umgehört.

3. Es ist nicht unser Job, dass sich alle gut vertragen.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Der Journalist Sebastian Esser ist nicht nur Mitgründer der “Krautreporter”, sondern hat auch Steady aus der Taufe gehoben, eine Finanzierungs-Plattform für digitale Inhalte. Jakob Buhre hat Esser zur Entwicklung der Plattform befragt. Es geht um Themen wie Pressefreiheit, Clickbait und Community-Regeln, aber auch um den Fall Boris Reitschuster. (Transparenzhinweis: Auch wir vom BILDblog nutzen Steady.)

4. Verpflichtung von Linda Zervakis: Pro Sieben zeigt, warum wir das Privatfernsehen noch brauchen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Viele Jahre hat Linda Zervakis für die Öffentlich-Rechtlichen gearbeitet und dort unter anderem die “Tagesschau” moderiert. Nun wechselt sie zu ProSieben. Zervakis soll gemeinsam mit Matthias Opdenhövel ein Informationsformat moderieren. Matthias Schwarzer ordnet die Personalie ein, die Teil einer Programmoffensive ist.

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5. Jugendlichen fehlt bei Nachrichten oft Alltagsbezug
(deutschlandfunk.de, Mike Herbstreuth & Antje Allroggen, Audio: 4:46 Minuten)
Das Leibniz-Institut für Medienforschung hat in einer Studie (PDF) die Nachrichtenkompetenz von Jugendlichen untersucht. Demnach sollen journalistische Nachrichten in der Altersgruppe zwischen 14 und 24 Jahren an Relevanz verloren haben. Die Studienmacher empfehlen den Redaktionen, nach neuen Ansätzen zu suchen, die Alltagsrelevanz von Nachrichten herauszuarbeiten: “Es ist eine Aufgabe des Journalismus zu zeigen: Warum sind diese Informationen für mich und meinen Alltag wichtig und relevant.”

6. Das große Burger-Desaster
(sueddeutsche.de, Thorsten Denkler)
Der US-amerikanische TV-Sender Fox News hat tagelang und ausgiebig über ein angebliches Fleischverbot durch Präsident Joe Biden berichtet. Aus Klimaschutzgründen wolle Biden von den US-Amerikanern verlangen, ihren Rindfleischkonsum um 90 Prozent zu reduzieren. Das Problem: Biden hat dies nie gesagt, die Geschichte ist frei erfunden. Nun musste der Sender zurückrudern. Thorsten Denkler kommentiert: “Fox News hat den Fehler zwar eingeräumt. Die Geschichte wird dennoch auf kommenden Grillfesten Gesprächsthema sein. Das ist das Dilemma, das solche Falschinformationen mit sich bringen, sagt der frühere Obama-Berater Dan Pfeiffer in der Washington Post: ‘Wenn du darauf reagierst, riskierst du, der Geschichte zusätzlichen Sauerstoff zu geben.'”

Mit Anlauf in den Shitstorm, Mann hinter Lanz, Oscarverleihung

1. Auf die Fresse
(netzpolitik.org, Daniel Laufer)
Die Aktion #allesdichtmachen polarisiert wie selten etwas: Auf der einen Seite Jubel und Lob von AfD, “Querdenker”-Lager, Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und “Bild”-Redaktion, auf der anderen Seite pures Entsetzen, Ablehnung und Shitstorm. Daniel Laufer fragt sich, wieso 53 Schauspieler und Schauspielerinnen “praktisch mit Anlauf in einen Shitstorm” sprangen. Die Antwort könnte mit Dietrich Brüggemann zu tun haben, einem in der deutschen Film- und Fernsehszene eigentlich hoch angesehenen Regisseur und Drehbuchautor.
Weitere Lese- und Hörhinweise: Im “Übermedien”-Podcast kommentiert Samira El Ouassil: “Am Ende schaut man sich diese 53 Videos an – und fühlt nur diesen schneidenden Effekt der Bitterkeit. Sie haben mit dem Messer nicht nur gekitzelt, wie es Künstler normalerweise machen, sondern sie haben zugestochen, in den Diskurs hineingestochen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und wir wissen am Ende nicht, wofür? Und warum? Was wollen sie denn jetzt genau?” (übermedien.de, Holger Klein, Audio: 42:21 Minuten)
Jetzt.de hat sechs Schauspieler und Schauspielerinnen, die nicht Teil der Kampagne waren, gefragt, was sie von der Aktion halten.
Bei n-tv.de räumt der Schauspieler und Aktionsteilnehmer Richy Müller ein: “Ich war blauäugig”. Er habe sein Video zurückgezogen: “Ich musste feststellen, dass mein Video vielen Menschen wehgetan hat, die ich niemals kränken oder veralbern wollte. Außerdem ist es auf einer Plattform gelandet, die ich nicht unterstützen will.”
Und bei rnd.de argumentiert Matthias Schwarzer lesenswert, warum Liefers Medienbashing so gefährlich ist.

2. Der Mann, der Markus Lanz zur Marke machte: “Es gehört Mut dazu, jemandem ins Gesicht zu sagen, dass er lügt”
(rnd.de, Imre Grimm)
Der ZDF-Talker Markus Lanz erfährt in letzter Zeit viel Lob für seine hartnäckigen Politikergespräche. Imre Grimm hat sich mit Markus Heidemanns, dem Produzenten und Mann hinter dem Erfolg, unterhalten und ihn gefragt, wie er sich die Entwicklung erklärt.

3. We love to infotain you: Gelingt die Info-Offensive der Privaten?
(dwdl.de, Peer Schader)
RTL, ProSieben & Co. bemühen sich derzeit mit allerlei Sondersendungen und Interviews um mehr Ernsthaftigkeit. Das gelingt mal mehr und mal weniger. Peer Schader ordnet den derzeitigen Stand der Transformation als “Übungsmodus” ein: “Der Wille, gesellschaftlichen Themen und aktuellem Tagesgeschehen im Programm mehr Raum zu geben, ist da – aber allzuoft hapert’s noch an der Ausführung.”
Weiterer Lesetipp: Neue Studio-Welt: Newssender sendet aus Springer-Neubau (dwdl.de, Alexander Krei).

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4. Warum Sie auf TikTok noch was lernen können
(meedia.de, Luca Schallenberger)
Viele assoziieren mit TikTok Tanzvideos oder lustige Lip-sync-Clips. Die Kurzvideoplattform fährt jedoch unter dem Hashtag #LernenMitTikTok eine Art Bildungsoffensive. Luca Schallenberger hat sich durch die Filmchen geklickt und ist recht angetan: “Auf TikTok lerne ich an einem Tag mehr als auf Twitter in einer Woche.”

5. Corona-Berichterstattung: Panikmacher oder seriöse Warner?
(de.ejo-online.eu, Marlis Prinzing & Florian Meißner)
Die Kommunikationswissenschaftlerin Marlis Prinzing und ihr Kollege Florian Meißner leiten aus Studienbefunden und Ethik fünf Punkte ab, was eine verantwortungsvolle Corona-Berichterstattung auszeichne. Gute Journalisten und Journalistinnen würden differenzieren, könnten zwischen Korrelation und Kausalzusammenhang unterscheiden, einordnen, Transparenz schaffen und die Risikokompetenz der Menschen stärken.

6. Wer hat gewonnen?
(spiegel.de)
Wegen der Corona-Pandemie fand die Oscarverleihung nicht im 3.400 Personen fassenden Dolby-Theatre, sondern mit 170 handverlesenen Anwesenden in der Union Station in Los Angeles statt. Beim “Spiegel” gibt es eine übersichtliche Zusammenfassung der Nominierten und Preisträger. Weitere Informationen unter: “Nomadland” ist der beste Film des Jahres (spiegel.de, Florian Pütz)

Corona-Karten, Sat.1 am Tiefpunkt, Prekarisierung im Journalismus

1. Corona-Inzidenzwerte und ihre Abbildung in der tagesschau
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim & Helge Fuhst & Juliane Leopold)
In den vergangenen Tagen war gelegentlich der Vorwurf zu hören, die “Tagesschau” habe die Deutschlandkarte mit den Corona-Inzidenzwerten manipuliert, um die Lage dramatischer aussehen zu lassen. Nun reagiert die ARD-aktuell-Chefredaktion mit dem Eingeständnis eines Fehlers: “Der Eindruck, wir hätten in der Darstellung etwas verändert, ist dadurch entstanden, dass im Fernsehen für die gleiche Karte eine andere Farbskala eingesetzt wurde. So war eine Darstellung mit helleren Farben im Umlauf. Diese Karte wurde am 17.03. auch auf Instagram verwendet. Unser Fehler war, dass wir uns innerhalb unseres Hauses nicht ausreichend abgestimmt haben und zwei verschiedene Darstellungen parallel veröffentlicht wurden.”

2. Armin Laschet braucht ein Kanzler-Coaching – von Markus Söder
(uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
Dass die CDU-Kanzlerkandidatenkandidaten Armin Laschet und Markus Söder eine unterschiedliche mediale Wirkung entfalten, liegt auch an ihren “stimmlichen Führungsqualitäten”, so Hendrik Wieduwilt. Er hat die Redetechniken und den Stimmeinsatz von Laschet und Söder miteinander verglichen. Unbedingt lesenswert – nicht nur wegen des Erkenntnisgewinns, sondern weil man in Zukunft noch genauer hinhört und unter Umständen auch sein eigenes Reden überprüft.

3. Hass im Netz und kein Ende
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:58 Minuten)
Neue Gesetze sollen den Hass im Internet zurückdrängen und die Strafverfolgung erleichtern. Anbieter Sozialer Netzwerke sollen Straftaten künftig nicht nur blockieren und löschen, sondern auch an das Bundeskriminalamt melden. Außerdem sollen auch die Androhungen von Straftaten verfolgt werden. Tipp: Bookmark anlegen wegen des angefügten Kastens mit Angeboten gegen Hass im Netz.

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4. Die Leiden der freien Schreiber
(kontextwochenzeitung.de, Peter Dietrich)
Die Ludwig-Maximilians-Universität in München hat eine Studie zur “Prekarisierung im Journalismus” durchgeführt mit, man ahnt es schon, alarmierenden Ergebnissen (PDF). Nur 31 Prozent der befragten freien Medienschaffenden könnten von dem Beruf leben, ohne weiteren Beschäftigungen nachgehen zu müssen. Peter Dietrich befürchtet, dass immer mehr freie Journalistinnen und Journalisten in PR und Öffentlichkeitsarbeit abwandern: “PR ist für Freie zwar verpönt, weil es die Unabhängigkeit gefährdet, aber oft überlebensnotwendig – da besser bezahlt.”

5. Hamburger Datenschützer eröffnet Verfahren gegen Facebook
(spiegel.de)
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat ein Verfahren gegen Facebook eröffnet. Damit soll verhindert werden, dass der dominierende Internet-Konzern Daten von WhatsApp-Nutzerinnen und -Nutzern erhebt und zu eigenen Zwecken verarbeitet. WhatsApp werde in Deutschland mittlerweile von fast 60 Millionen Menschen genutzt und sei die mit Abstand meistgenutzte Social-Media-Anwendung, noch vor Facebook, so Caspar. Dies dürfe nicht zu einer missbräuchlichen Ausnutzung der Datenmacht führen.
Weiterer Lesetipp: Abgesaugt: “Datenlecks wie jüngst bei Facebook werden zunehmen. Bedrohlich wird die Sache durch die schiere Masse preisgegebener Informationen.” (taz.de, Daniél Kretschmar)

6. Homophobe Attacke in der Sat.1-Primetime: ein Sender am Tiefpunkt
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Im Rahmen der Trash-Show “Promis unter Palmen” (Sat.1) wurde minutenlang eine homophobe Verbalattacke des Bordellbesitzers “Marcus Prinz von Anhalt” ausgestrahlt. Ein neuer Tiefpunkt des Privatfernsehens, wie Matthias Schwarzer findet: “Unter diesen Umständen ist Sat.1 jedoch nicht mehr als eine skrupellose Plattform für unerträgliches Proll-TV, das zur besten Sendezeit Homophobie fördert.”
Update: Nachdem der Sender die Ausstrahlung der Sendung zunächst verteidigt hatte, kam nun der Sinneswandel: “Prinz Marcus von Anhalt hat sich bei ‘Promis unter Palmen’ inakzeptabel homophob geäußert. Wir haben versucht, diese Aussagen im Umfeld und im Anschluss der Sendung einzuordnen. Aber wir müssen feststellen: Diese Einordnung war so nicht ausreichend. Deswegen haben wir uns entschieden, die Folge online von allen Plattformen zu entfernen. Prinz Marcus von Anhalt wird in Zukunft in keiner Show von Sat.1 mehr stattfinden.” Man ist versucht, ein “Warum nicht gleich so?” anzufügen, denn dem Sender war natürlich genau bekannt, wem er dort eine Bühne bot.

Querwerfende Querpöbler, Daxens epiphanisches Erlebnis, Blackfacing

1. Beschimpft und beworfen
(taz.de, Peter Weissenburger)
Eigentlich, so würde man meinen, müsste die “Querdenker”-Szene an medialer Aufmerksamkeit interessiert sein – schließlich sorgen Medien dafür, dass die Anliegen nach außen getragen werden. Dies scheint jedoch eher nicht der Fall zu sein: Journalisten und Journalistinnen werden auf “Querdenker”-Demos immer wieder beschimpft und bedroht, mitunter sogar angegriffen. Jüngst musste ein SWR-Reporter seine “Tagesschau”-Schalte abbrechen, weil er und sein Team mit Gegenständen beworfen wurde. Beim SWR kommentiert Intendant Kai Gniffke: “Wenn Demonstranten gleichzeitig mit dem Recht auf freie Berichterstattung Fußball spielen, erscheinen all die pathetischen Reden schal und unglaubwürdig.” Auf Twitter schreibt der “ZVW”-Journalist Alexander Roth: “Was mich so wütend macht, ist dass meine Kolleg*innen und ich in #Stuttgart alleine gelassen wurden. Von einem Staat, der die Arbeit, die wir tun, eigentlich schützen müsste.”
Weiterer Lesehinweis: “Querdenken”-Demo in Stuttgart: Angriffe auf Journalisten, tausende Teilnehmer ohne Masken und Abstände, Stadt und Polizei greifen kaum ein (zvw.de, Alexander Roth).

2. Dax Werners Debattenrückspiegel KW 13
(titanic-magazin.de, Dax Werner)
“Titanic”-Autor Dax Werner gratuliert der “Welt” zum 75-jährigen Bestehen: “So unterschiedlich doof die einzelnen Autor:innen auch sein mögen, eine Sache verbindet sie alle: die Liebe zur Freiheit. Denn das war heute wie vor 75 Jahren schon immer die zentrale Frage aller Paywall-Thinkpieces: Freiheit, was ist das überhaupt für ein Wort? Wie schmeckt sie? Auf welches Gebäude in Berlin-Mitte könnte man es noch einmal bei Nacht projizieren?”

3. Zehn Jahre “Kontext”: “Stuttgart 21” und die Zukunft
(fr.de, Stephan Hebel)
Vor zehn Jahren erschien die erste Ausgabe der alternativen Wochenzeitung “Kontext”. Damals konzentrierte man sich im Wesentlichen auf das Thema “Stuttgart 21”, heute deckt die Zeitung mit einem Team von acht Festangestellten eine breite Reihe von Themen ab. Für die nötige Finanzierung sorgen 1.700 “Soli-Abos”, sowie Mitgliederbeiträge und Lizenzgebühren.

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4. Dieser »Witz« ist Rassismus aus Bequemlichkeit
(spiegel.de, Marc Röhlig)
Marc Röhlig arbeitet einen satirischen Blackfacing-Beitrag des BR auf und macht gleich zwei Übeltäter als Verantwortliche für die Ausstrahlung des misslungenen Sketchs aus: “Ignoranz und Bequemlichkeit. Das sind im Übrigen zwei der Hauptgründe, warum die Deutschen beim so wichtigen Thema Rassismus kaum vorankommen.”

5. Ausspioniert mit einem klaren Ziel
(sueddeutsche.de, Oliver Meiler)
Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Trapani soll bei ihren Ermittlungen gegen private Seenotretter im zentralen Mittelmeer monatelang Journalistinnen und Journalisten ausspioniert haben, die über Libyen, Migration und NGOs berichteten. Oliver Meiler, Italien-Korrespondent der “SZ”, ordnet die Vorgänge politisch ein.

6. Jubiläum für Ernie und Bert: 50 Jahre “Sesamstraße” in Deutschland
(rnd.de, Martin Weber)
Man kann es sich heutzutage schwer vorstellen, aber als vor 50 Jahren die Puppen aus der “Sesamstraße” die deutschen TV-Bildschirme eroberten, regte sich vielfach Widerstand. Martin Weber erinnert an Ernie und Berts erste Jahre in der Bundesrepublik.
Weiterer Lesehinweis: Unnützes Wissen über die “Sesamstraße”: Warum verschwand Herr von Bödefeld? (rnd.de, Matthias Schwarzer)

ZDF-Doku mit Streeck, Silikon im Hirn, Institut für Rundfunktechnik

1. ZDF-Doku mit Hendrik Streeck: Warum ein Virologe kein TV-Moderator sein sollte
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Matthias Schwarzer hat sich im ZDF die vom Virologen Hendrik Streeck moderierte Corona-Doku angesehen. Er kritisiert die seiner Meinung nach generell zu geringe Distanz zwischen Medien und Experten, darüberhinaus habe die Streeck-Doku jedoch ein besonderes Geschmäckle: “Man wird das Gefühl nicht los, dass auch diese Sendung wieder der eigenen Selbstinszenierung dient. Und man fragt sich, warum das ZDF da mitspielt.”

2. 4,125 Millionen Euro – Kaufpreis für Spahns Villa darf jetzt genannt werden
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Der “Tagesspiegel” berichtet, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) offenbar nicht mehr gegen Medien vorgehen wolle, die über den Kaufpreis seiner Villa in Berlin-Dahlem berichten. Zuvor habe Spahn, unter anderem gegen den “Tagesspiegel”, gerichtliche Verfügungen erwirkt, denen zufolge die Kaufsumme von 4,125 Millionen Euro öffentlich nicht genannt werden dürfe. Ganz freiwillig sei Spahns Kehrtwende jedoch nicht: Der Ruf nach Transparenz sei immer lauter geworden, und es sei fraglich, ob das Oberlandesgericht Hamburg Spahns Klagen stattgegeben hätte.

3. ZDF: Silikon im Hirn
(klima-luegendetektor.de)
Das Team des “Klima-Lügendetektors” hat sich eine Doku zur Energiewende bei ZDFinfo angeschaut und ist gewissermaßen entsetzt: “Das ist reinstes ‘Energiewende-Bashing’ ohne jegliche Substanz. Erstens erhebt sich die Frage, ob das ZDF keine eigenen Autoren besitzt, um sich fundiert den Nebenwirkungen der Energiewende zu widmen. Zweitens fragt man sich, warum nicht wenigstens der Filmstoff von internen Experten auf Plausibilität geprüft wurde, bevor ihn das ZDF einkaufte.”
Weiterer Hinweis: Bei Twitter weist der “Graslutscher” darauf hin, dass es sich um eine bereits von ihm kritisierte Doku handele, die bei Arte lief und von 89 auf 42 Minuten verdichtet worden sei. Hier sein empfehlenswerter Beitrag zum ungekürzten Original aus dem November: ARTE-Filmemacher wollen die Klimakrise jetzt durch Verzicht auf Windkraft und E-Autos lösen (graslutscher.de, Jan Hegenberg).

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4. Warum drei Schwarze Frauen bei der WDR-Runde zu Rassismus abgesagt haben
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Nachdem die verunglückte Rassismus-Ausgabe der WDR-Talkshow “Die letzte Instanz” (Erstausstrahlung im November, Wiederholung im Januar) viel Kritik geerntet hatte, hat der Sender für gestern einen Themenabend organisiert. Stefan Niggemeier kommentiert: “Der WDR wollte es diesmal besser machen – und hält sich selbst eigentlich für superprädestiniert, es richtig zu machen. Doch ausgerechnet bei der Organisation des großen Themenabends, der auch ein großer Wiedergutmachungsabend sein sollte, mit ‘Reinwaschungs-Talk’, wie es die Komikerin Enissa Amani nannte, ließ die Redaktion offenbar jegliches Gespür für die Anliegen mehrerer Schwarzer Teilnehmerinnen vermissen.”

5. “Innovation ist mehr als ein neues Produkt”
(quotenmeter.de, Sabrina Harper)
Mit dem Förderprogramm Media Company Fellowship des Media Lab Bayern sollen gezielt kleinere Medienhäuser unterstützt werden. “Quotenmeter” hat sich mit den Projekt-Macherinnen Linn Timm und Anita Zielina unterhalten. Es geht um Innovationen in der Medienbranche, Anpassungsfähigkeit und Interdisziplinarität.

6. Ausgeforscht
(taz.de, Steffen Grimberg)
Dem Institut für Rundfunktechnik (IRT) verdanken wir einige revolutionäre Techniken, beispielsweise das Videokompressionsverfahren MPEG. Nun soll das IRT, das bislang allen Öffentlich-Rechtlichen inklusive Schweiz und Österreich gehörte, abgewickelt werden. Es hätte dank lukrativer Patente eine passable Einnahmequelle werden können, aber rund 200 Millionen Euro seien dank eines windigen Rechtedeals in andere Kassen geflossen.

Entrüstungssturm nach Lehrbuch, “Blätter” vs. “Bild”, Ende für “nd”?

1. Protest gegen Bayern 3: Ein Entrüstungssturm nach Lehrbuch
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Matthias Schwarzer kommentiert den Entrüstungssturm, den ein Bayern-3-Moderator mit seinen rassistischen Äußerungen über eine südkoreanische Boyband auslöste: “Die Plattform Twitter wird am 21. März 15 Jahre alt, und die Dynamik der Entrüstungsstürme hat sich in dieser Zeit praktisch nicht verändert. Sie kommen immer wieder, sie kommen immer wieder gleich – und am Ende führen sie zu nichts. Im besten Fall hat nun Matthias Matuschik etwas über rassistische Sprache gelernt, im schlechtesten Fall aber haben drei Tage lang zwei bis drei verschiedene Gruppen aneinander vorbeigeredet, oder besser gesagt: aneinander vorbeigeschrien.”

2. Linkes Blatt vor dem Aus
(taz.de)
Der linksorientierten Tageszeitung “Neues Deutschland” beziehungsweise “nd” geht es bereits seit Längerem schlecht, nun droht dem Blatt zum Jahresende die Schließung. Die Linkspartei wolle als Mitgesellschafter eine “Veränderung der Eigentümerstruktur” prüfen. Eine neu zu gründende Genossenschaft solle die Geschäfte fortführen. Die Gewerkschaft ver.di zeigt sich skeptisch: “Die Genossenschaft darf nicht die ‘Billiglösung’ sein.”
Weiterer Lesehinweis: ND-Beschäftigte verlangen Gespräche (jungewelt.de, Marc Bebenroth).

3. Die »Blätter« in »Bild«: Paradebeispiel für Fake-News-Journalismus
(blaetter.de, Albrecht von Lucke)
Die “Bild”-Zeitung schmückt sich in ihrer Samstagsausgabe mit einer Reihe von wie Lob klingenden Aussagen des Publizisten und “Blätter”-Redakteurs Albrecht von Lucke, die dieser angeblich in einem Beitrag getätigt habe (Rechte APO mit medialer Macht: Die neueste Ideologieproduktion aus dem Hause »Springer«). von Lucke protestiert. Die Sätze seien von “Bild” aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellend wiedergegeben worden: “Stärker kann man den Inhalt eines Textes wohl kaum verfälschen. Der Bild-Text ist ein Paradebeispiel für Fake-News-Journalismus.”

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4. Vom Dritten ins Erste: Warum die ARD ein Ligasystem für Polittalks braucht
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader schlägt der ARD in seiner “DWDL”-Kolumne die Einführung eines Systems mit Auf- und Abstiegen für ihre Polit-Talkshows vor: Frank Plasbergs “Hart aber Fair” wünscht er eine kreative Regenerationszeit im Dritten. Der MDR-Sendung “Fakt ist!” würde er eine Chance im Ersten geben.

5. Facebook zahlt offenbar 650 Millionen Dollar Entschädigung
(spiegel.de)
Laut der Nachrichtenagentur AFP zahlt Facebook 1,6 Millionen seiner US-amerikanischen Nutzerinnen und Nutzer eine Entschädigung von insgesamt 650 Millionen US-Dollar. Facebook hatte ohne deren Wissen biometrische Daten zur Gesichtserkennung gesammelt und damit gegen ein 2008 im Bundesstaat Illinois verabschiedetes Gesetz zum Schutz der Privatsphäre verstoßen.
Weiterer Lesehinweis: Die Videoplattform TikTok habe rechtswidrig Daten Minderjähriger gesammelt, auch biometrische. Dagegen seien Eltern in mehreren US-Bundesstaaten vorgegangen: TikTok muss wegen Streit um Datenschutz 92 Millionen Dollar zahlen (zeit.de).

6. Mit 87 Jahren fährt Johann Böhm noch die Zeitung aus – manchmal greift er zu ungewöhnlichen Mitteln
(merkur.de, Claudia Schuri)
Johann Böhm aus Ottenhofen im Landkreis Erding ist mit 87 Jahren einer der ältesten Zeitungszusteller der Region. Jeden Morgen steht er um 4:30 Uhr auf, um diverse Zeitungen wie den “Erdinger Anzeiger”, die “Ebersberger Zeitung” oder die “tz” an die Leserschaft zu bringen – gelegentlich sogar mit dem Traktor. Um 7 Uhr ist für Böhm die Tour beendet, und er kommt selbst zur verdienten Zeitungslektüre.

Kollektives Lockdownjammern, Visual Investigation, Klagen gegen Fox

1. Die Pandemie wär halb so wild, gäb es bloß den Lockdown nicht
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Nachdem die Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen mit einem Instagram-Statement zu Corona viel Aufmerksamkeit (und Kritik) erhalten hatte, spendierte ihr der Sender eine Sondersendung: “Marlene Lufen: Deutschland im Lockdown”. “DWDL”-Chef Thomas Lückerath hat sich die Sendung angeschaut, die er bereits jetzt für eine “überzeugende Bewerbung für den Tiefpunkt des Jahres” hält: “So empathisch Gastgeberin Lufen auch ist – mit dieser Sendung hat sie leider nicht versöhnt, sondern gespalten.”
Weiterer Lesehinweis: Zu einem ähnlichen Urteil kommt Matthias Schwarzer, der von einem “kollektiven Lockdownjammern ohne Ergebnis” spricht (rnd.de).

2. Sechs Videos sind eine Explosion
(sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Mittels Visual Investigation beziehungsweise Open Source Investigation werten ganze Teams von Rechercheuren Fotos und Handyaufnahmen aus, um Abläufe zu rekonstruieren – sei es einen Giftgasangriff in Syrien, die Explosion im Hafen von Beirut oder den Sturm aufs Capitol. Jörg Häntzschel wirft einen Blick auf dieses spannende Thema, bei dem Journalistinnen und Journalisten zu Ermittlerinnen und Ermittlern werden.

3. Europas Werk und Googles Beitrag
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Der Journalismus ist weiterhin in der Krise, trotz coronabedingt steigender Klick- und Abozahlen. Die Onlinezuwächse können oft nicht das ausgleichen, was im Print durch wegbrechende Auflagen und Werbeeinnahmen entfällt. Nun wolle die EU den Journalismus mit Finanzspritzen aufpäppeln und den digitalen Werbemarkt neu regeln. Die Digital-Lobby ist davon erwartungsgemäß wenig angetan.

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4. Klagen gegen Fox
(verdi.de, Max Böhnel)
Dem US-amerikanischen Nachrichtensender Fox News steht eine gigantische Schadensersatzklage ins Haus. Das US-Unternehmen Smartmatic, das Wahlcomputer und Stimmauswertungssysteme herstellt, besteht auf eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar. Und auch sonst stünden dem Sender schwierige Zeiten bevor: Der einstmals große Fan Donald Trump hatte sich bereits vor einiger Zeit von seinem langjährigen Haussender abgewandt und seiner Anhängerschaft die Konkurrenten NewsMax und OAN empfohlen.

5. Journalismus&Netz | Januar Edition: In da Club
(blog.torial.com, Alex Sängerlaub & Simon Hurtz)
Simon Hurtz und Alex Sängerlaub haben sich auf die Netzsuche gemacht und die wichtigsten Erkenntnisse des vergangenen Monats zusammengetragen: Welche Themen haben die Medien besonders beschäftigt? Was hat sich in der Medienpolitik getan? Und was sollte man unbedingt lesen?

6. Spannend, wie sich dieses Gespräch entwickelt.
(twitter.com, Übermedien, Video: 1:35 Minuten)
“Deutschland erlebt heftigen Winter-Sonntag” – und mittendrin eine “Bild-TV”-Moderatorin sowie Jean Pütz, pardon, “die Moderatorenlegende Jean Pütt”. Anderthalb Minuten (unfreiwillige) Comedy.
Weiterer vergnüglicher Gucktipp: “#Flockdown! Winterchaos! Schneekatastrophe!” (twitter.com, Extra 3, Video: 1:33 Minuten).

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