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Fakenews-Rapid-Response, GWB-Novelle, Twitter-Bots

1. “Wir müssen das stoppen”
(spiegel.de, Marcel Rosenbach)
Robby Mook arbeitet seit den Neunzigerjahren als Berater für die Demokratische Partei und war Hillary Clintons Wahlkampfmanager in ihrem Kampf ums Weiße Haus. Zur Zeit ist er auf einer Rundtour durch Berliner Parteizentralen. Im Gespräch mit dem “Spiegel” erzählt er von seinen Erfahrungen und erklärt, wie sich Parteien gegen Fake News wehren können. “Sie sollten “Rapid-Response”-Teams einrichten, schnelle Eingreiftruppen, die sämtliche relevanten Onlineplattformen ständig im Auge behalten und sehr schnell reagieren können. Wir hatten eine solche Abteilung, aber sie war nicht auf Fake News spezialisiert – das würde ich heute anders machen. Diese Teams müssen in engem Dialog mit den sozialen Netzwerken stehen und von ihnen einfordern, Fake News zu löschen.”

2. Was die 9. GWB-Novelle den Verlagen wirklich bringt (und was nicht)
(kress.de, Jochen Zenthöfer)
Das “Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen” (GWB) ist die zentrale Norm des deutschen Kartell- und Wettbewerbsrechts. Nun steht die 9. GWB-Novelle an, die es Verlagen in Zukunft erleichtert, in allen verlagswirtschaftlichen Bereichen zusammenzuarbeiten. Der Bundestag hat das Gesetz bereits beschlossen, noch im März soll die Bestätigung durch den Bundesrat folgen. Der Präsident des Bundeskartellamtes stört sich an der Freistellung vom Kartellverbot für Presseverlage: “Es ist nicht ersichtlich, dass eine solch weitreichende Privilegierung erforderlich wäre, um den legitimen Kooperationsinteressen von Presseverlagen angemessen Rechnung zu tragen. Die Freistellung, die auch Kernbeschränkungen wie Preisabsprachen erfasst, erscheint systemwidrig und sendet ein falsches Signal.” Und auch andere Experten sehen das Ganze skeptisch, insbesondere was die erhofften, positiven Folgen angeht.

3. Studie: Bis zu 15 Prozent aller aktiven, englischsprachigen Twitter-Konten sind Bots
(netzpolitik.org, Lennart Mühlenmeier)
Forscher der Universitäten von Indiana und Southern California in den USA haben ein Vorgehen zum Erkennen von Twitter-Bots entwickelt. Das Ergebnis ihrer Untersuchung: Hochgerechnet auf die gesamte Nutzerbasis würde es sich bei 48 Millionen Twitter-Konten um automatisierte, Interaktivität vorgebende Bots handeln.

4. “Kronen Zeitung”: Katzen retten, Frauen treten
(derstandard.at, Lisa Mayr)
Die österreichische “Kronen Zeitung” hat sich in kritikwürdiger Weise über die Literatin Stefanie Sprengnagel geäußert, indem Dinge aus dem Zusammenhang gerissen und skandalisiert wurden. Dies löste einen regelrechten Shitstorm gegen die Künstlerin aus und führte zu ihrer (mittlerweile aufgehobenen) Sperrung bei Facebook. Lisa Mayr findet im “Standard” deutliche Worte für die Causa “Krone”: “Bevor Frauen Opfer tätlicher Gewalt werden, werden sie praktisch immer verbal als Mensch abgewertet. Diesen Teil hat die “Krone” erledigt. Jede Partei und jede Firma, die die “Krone” über öffentliche Gelder, Inserate und Presseförderung mitfinanziert, muss sich bewusst sein, dass sie damit die Menschenhatz fördert.”

5. „Dokus sind nachhaltiger“
(taz.de, Daniel Bouhs)
Die “Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten” (KEF) hat das ZDF zum Sparen verdonnert. In der Folge trennte man sich von Magazinen wie „ZDF Reporter“, „ZDF Umwelt“ und „ML mona lisa“ und setzt stärker auf Dokus. Eine strategische Entscheidung wie ZDF-Chefredakteur Peter Frey im Interview zugibt: “In Magazinen laufen häufig dieselben Themen, nur anders aufbereitet. Dokumentationen bieten mehr Chancen zu Originalität und Vertiefung. Außerdem bleiben sie länger frisch und können so immer wieder eingesetzt werden – im Hauptprogramm, auf ZDFinfo, 3sat und Phoenix. Dokus sind nachhaltiger als Magazine.”

6. Peter Schilling, Gründer Media Partisans, im Video-Interview
(horizont.net, Video, 4:33 Minuten)
Im Interview erklärt der “Heftig.co”-Gründer Peter Schilling wie das erfolgreiche Clickbait-Portal funktioniert, welche “Verticals” man noch am Start hat und was für die Zukunft geplant ist.

Babykatzengate, Fusselnabelschau, BILDverschwörer

1. ROG entsperrt blockierte Webseiten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Am gestrigen Welttag gegen Internetzensur hat “Reporter ohne Grenzen” fünf zensierte Webseiten in Aserbaidschan, Katar, Saudi-Arabien, der Türkei und Turkmenistan entsperrt. Um die zensierten Seiten zugänglich zu machen, wurden die Webseiten gespiegelt und auf den Cloud-Servern großer Anbieter wie Amazon, Microsoft und Google abgelegt. “Zahlreiche autoritäre Regime sperren Inhalte im Internet, um kritische Informationen von ihren Bürgern fernzuhalten. Mit dieser Aktion protestieren wir gegen die Bemühungen von Staaten, unabhängige Informationsquellen zu sperren. Regierungen dürfen nicht nach Belieben entscheiden, was Menschen wissen und welche Meinungen sie sich bilden.“

2. Fünf Vorschläge für den Umgang mit Fake News
(sueddeutsche.de, Georg Mascolo)
Georg Mascolo macht auf “sueddeutsche.de” fünf Vorschläge für den Umgang mit Fake News. Gleich am Anfang klärt er einen beliebten Irrtum in der Fake-News-Debatte auf: “Irrtümer, falsche Einschätzungen, Übertreibungen oder schlechter Journalismus sind keine Fake News. Nur wenn Journalisten trotz späteren besseren Wissens erkannte Fehler nicht korrigieren, wird aus einem Irrtum eine Lüge. Journalismus lebt von sorgfältiger Abwägung und doppelter Überprüfung, Vereinfachung ist notwendig, darf aber die Substanz nicht verändern.”

3. Michael Wolffsohn weiß die „Wahrheit“ über sämtliche Axt-Angriffe
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Einen “außergewöhnlich dummen und gefährlichen Kommentar” nennt Stefan Niggemeier das, was der Historiker Michael Wolffsohn an unbewiesenen Behauptungen und Verschwörungsvermutungen um die Axt-Angriffe in Düsseldorf zusammengezimmert hat. “Wolffsohn ist damit nicht allein, er ist in bester rechter und rechtsextremer Gesellschaft. Man findet Leute wie ihn, die nichts mehr glauben und alles schon wissen, die eine große Verschwörung zur Irreführung der Bevölkerung vermuten, an vielen Stellen im Internet. „Bild“ verschafft ihnen Gehör.”

4. Berliner Nabelschau
(faz.net, Andrea Diener)
Zwischen 1912 und 1937 erschien in Berlin das Magazin “Die Dame”. Die Texte drehten sich um Kultur, Mode und Gesellschaft, das Frauenbild war fortschrittlich. Nun relauncht der Axel Springer Verlag das historische Magazin. Andrea Diener kann dem Unternehmen wenig Gutes abgewinnen: “Diese Zeitschrift guckt auf sich selbst, seziert die Fusseln im eigenen Nabel und stolpert dabei über die zu großen Stöckelschuhe. Man möchte ihr beim besten Willen nicht dabei zusehen müssen, Unfälle gibt es auf der Straße schon genug.”

5. Er hat CIA gesagt!
(zeit.de, Patrick Beuth)
Das Ansehen von Wikileaks hat in den letzten Jahren sehr gelitten. Kritiker werfen der Plattform vor, durch das unredigierte Veröffentlichen, Unschuldige zu gefährden, fragwürdige Botschaften zu verbreiten und einer politischen Agenda zu folgen. Wie also mit den Leaks umgehen? Patrick Beuth hat sich auf “Zeit Online” Gedanken zu diesem Problem gemacht.

6. Babykatzengate
(taz.de, Malte Göbel)
Die Literatin und Bachmann-Preisträgerin Stefanie Sargnagel muss sich seit Tagen eines absurden Shitstorms erwehren, losgetreten von der rechten österreichischen Boulevardzeitung “Kronenzeitung”. Im Zuge des “Babykatzengates” ist sie nun auch noch für 30 Tage auf Facebook gesperrt worden. Sargnagel vermutet, “weil FPÖ-Wähler und Kroneleser mein Profil gemeldet haben“. Auf Twitter hat sie den Vorgang aus ihrer Sicht zusammengefasst.

Ablauf mit Gabriel, Antisemitismus im Schulbuch, UFO-Theorien bei “N24”

1. Erster!
(sueddeutschte.de, David Denk)
Wie lief das jetzt eigentlich genau mit der Gabriel-Geschichte? Wessen Scoop war das? Und wer hat wann zuerst berichtet? David Denk rekonstruiert: Eigentlich habe es eine Sperrfrist (Dienstagabend) gegeben, damit Sigmar Gabriel vorher die SPD-Gremien unterrichten könne. Dann aber platzte der Branchendienst “Meedia” dazwischen, der wohl aus “Grossistenkreisen” von der “Stern”-Story erfahren hatte. Und dann war die Geschichte in der Welt. Bei faz.net erzählt “Stern”-Chefredakteur Christian Krug im Interview, wie es zum Gabriel-Interview kam.

2. Live bei Cobra-Einsatz: “Krone”-Lecks mit Tradition
(derstandard.at)
Vergangenen Freitag in Wien: Um 18:03 Uhr wird ein möglicher Attentäter festgenommen. Um 18:09 Uhr twittert die Redaktion der “Kronen Zeitung” über die Festnahme des möglichen Attentäters. “Da stellen sich Fragen wie: Wenn die Bedrohung tatsächlich so dramatisch war, wie sie insbesondere die ‘Krone’ beschrieb — könnte eine so frühe Veröffentlichung nicht etwa mögliche Mittäter zum Losschlagen motivieren?” derStandard.at über die “lange Geschichte von “Festnahmen mit ‘Krone’-Begleitung”.

3. Harald Martenstein macht “Lügenpresse”-Vorwürfe salonfähig
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In seiner (inzwischen vergangenen) Kolumne im “Zeit Magazin” schreibt Harald Martenstein “über Einwanderung und Abschiebungen” und einen Hindu aus Afghanistan, von dessen Fall er im “ZDF” erfahren habe. Weil Martenstein “ARD” und “ZDF” misstraut (“Tagesschau”, “heute” und “Tagesthemen” erinnerten ihn “wegen ihrer Regierungsnähe zunehmend ans DDR-Fernsehen”), recherchiert er den Fall selber nach. Und es zeigt sich: Es ist alles so gewesen, wie das “heute journal” berichtet hat. Stefan Niggemeier kann das nicht so richtig fassen: “Das ist also der Anlass für Martenstein, ausführlich im ‘Zeit Magazin’ darzulegen, dass er ARD und ZDF für DDR-fernsehhaft hält und erstmal davon ausgeht, dass sie die Unwahrheit sagen: Dass er erleben musste, dass ein ZDF-Bericht einer Überprüfung standhält.” Im zweiten Teil der Martenstein-Kolumne geht es um die deutsche Flüchtlingspolitik. Und auch da wird’s nicht besser.

4. Kein Anfangsverdacht gegen Anne Will
(faz.net, Michael Hanfeld)
Nachdem im November vergangenen Jahres im “Ersten” die Konvertitin Nora Illi zu sehen und zu hören war, gingen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg sieben Strafanzeigen gegen “ARD”-Moderatorin Anne Will sowie gegen Verantwortliche der “ARD” ein. Illi hatte sich unter anderem relativierend zu den Verbrechen der Terrormiliz “IS” geäußert. Vier ihrer Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft nun beendet, schreibt Michael Hanfeld, es fehle ein begründeter Anfangsverdacht: “Für die Moderatorin sieht es gut aus.”

5. Wie es eine antisemitische Karikatur in deutsche Schulbücher geschafft hat
(vice.com, Philipp Frohn)
Ein Schulbuch des “Klett”-Verlags zeigt in einer Illustration ein riesiges gelbes Wesen, das gerade dabei ist, Europa zu verschlingen. Im Hintergrund kann man den Schriftzug “ROTHSCHILDBANK” lesen. Philipp Frohn schreibt dazu: “Eine solche Zeichnung hätte in einem deutschen Schulbuch des 21. Jahrhundert niemals auftauchen dürfen. Denn die Vorstellung, dass die jüdische Bankiersfamilie der Rothschilds im Verborgenen die Geschicke der Welt (zum Nachtteil der Mehrheit) beeinflusst, ist eine klassische antisemitische Verschwörungstheorie, die sich schon die Nazis zunutze gemacht haben.”

6. UFO-Sichtungen in Nachrichtensendern
(ndr.de, Caroline Ebner, Video, 4:15 Minuten)
Schon mal nachts aus Versehen bei “N24” reingeraten? Zwei Möglichkeiten gibt es dann: Entweder läuft irgendwas über Hitler. Oder irgendwas über UFOs (manchmal auch irgendwas über UFOs im Dritten Reich). Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es zusätzlich den Spartenkanal “N24 Doku”, wo man noch mehr UFO-Filme mit Suggestivfragen und starken Verschwörungstendenzen (“Soll hier etwas vertuscht werden?”) findet. Caroline Ebner hat bei “N24” nachgefragt — dort sehe man “die Glaubwürdigkeit als Nachrichtensender” nicht in Gefahr.

Weihnachtsmärchen von den “Lügenpresse”-Rufern

Wenn “Bild”, wie vor einigen Tagen, 32 Zeilen darüber schreibt, dass in Deutschland “aus Rücksicht auf Muslime die christlichen Wurzeln des Weihnachtsfestes unterschlagen” würden, ist das keinesfalls nur in der Theorie Futter für rechte Hetze.

Das “Compact”-Magazin hat in seiner Dezember-Ausgabe auf drei Seiten eine ganz ähnliche Geschichte zum Thema veröffentlicht. Weil der Grundton von “Compact” aber noch ein bisschen hysterischer ist als der von “Bild”, schreibt man dort über einen angeblichen “Krieg gegen Weihnachten”:

Martin Müller-Mertens, Chef vom Dienst bei “Compact”, probiert sich als Science-Fiction-Autor und denkt sich für seinen Artikeleinstieg folgende Weihnachtsgeschichte im Berlin des Jahres 2030 aus:

Leise rieselt der Schnee auf die dunklen Straßen. Eilig hasten Menschen nach Hause. Die Zeit der Weihnachtsbescherung ist längst angebrochen. Doch seit die Bundesregierung den Heiligen Abend im Austausch für das islamische Zuckerfest zum vollen Arbeitstag erklärte, bleibt kaum mehr Muße für die einst besinnlichen Stunden. Nur die allgegenwärtigen Wintermärkte lassen erahnen, was der Tag früher bedeutete. Doch an diesem Abend kommen kaum Besucher zu den Buden mit türkischem Tee und Halal-Speisen. Der Schein des Mondes wirft den Schatten eines Minaretts auf einsam wachende Märchenfiguren aus Tausendundeiner Nacht.

Er findet das wohl selbst etwas übertrieben und schreibt, seine Geschichte lese sich “heute noch wie eine Dystopie pessimistischer Untergangspropheten”. Ein seltener Moment der Selbsterkenntnis des “Compact”-Autoren, der ihn aber nicht daran hindert, gleich prophetisch weiterzumachen: In einigen Jahren könne sein Szenario ernsthaft diskutiert werden, es laufe schließlich ein “Feldzug gegen das Christuskind”. Und das auch noch im Verborgenen. Bei “Compact” mag man Verschwörungstheorien.

Die vermeintliche Heimlichtuerei der politisch Korrekten, die “per Salamitaktik” Weihnachten “aus den Kinderherzen vertreiben” wollten, hindert den Autoren nicht daran, lauter Fälle zur Unterstützung seiner These zu finden, die in der Presse öffentlich geworden sind. Da wären:

  • Die Wiener Kindergärtnerin

Eine Kindergärtnerin aus Wien soll entlassen worden sein, weil sie Kinder über “die Bedeutung des christlichen Weihnachtsfests aufgeklärt” habe. Die Geschichte geht auf einen Bericht der “Kronen Zeitung” zurück, des größten österreichischen Boulevardblatts.

“Kobuk”, das lesenswerte Medienwatchblog des Publizistikinstituts der Uni Wien, hat die Geschichte bereits vor über einem Jahr nachrecherchiert. Ergebnis: Die “Kronen Zeitung” zeige ein verzerrtes Bild, indem sie nur einen kleinen Ausschnitt eines Protokolls zitiere, das insgesamt nahelege, dass die Frau eine allgemein unkooperativ arbeitende Missionarin gewesen sei.

  • Hausverbot für den Nikolaus

Da Wien nun als garstiger Grinch etabliert ist, behauptet “Compact”, dass es dort auch noch ein Besuchsverbot für den Nikolaus in Kindergärten gebe.

Richtig ist, dass 2006 der damalige Vizebürgermeister keine Nikolaus-Agenturen mehr beauftragen wollte, da diese die Kinder teils erschreckt haben sollen. Stattdessen sollten die Pädagogen oder die Kindergartenkinder selbst in die Rolle des Nikolaus’ schlüpfen. News.at hat bereits 2013 darauf hingewiesen, dass seit einiger Zeit alle Jahre wieder das gleiche Weihnachtsspiel in Wien aufgeführt werde: Die FPÖ behauptet, die Stadtregierung wolle Weihnachten verbieten; die regierende SPÖ antwortet, dass es kein Verbot der Nikolausfeiern gebe. Das geht bis heute so. Hier die aktuelle Antwort im Blog des SPÖ-Parlamentsklubs.

  • Kita in Kassel

Irgendwie muss Martin Müller-Mertens ja noch die Brücke zu seiner Wahnidee eines weihnachtslosen Deutschlands schlagen. Darum ein Ortswechsel von Wien zur städtischen Kindertagesstätte Sara-Nussbaum-Haus in Kassel.

Dort solle es laut Müller-Mertens kein Weihnachtsfest geben, der Grund sei “offensichtlich vorauseilender Gehorsam gegenüber dem Islam.” Allerdings stimmt die Meldung, die auch “Bild” verbreitet, so nicht. An Weihnachten hat die Kita immer geschlossen, Nikolaus wurde gefeiert.

  • Schulen in Breisgau-Hochschwarzwald

Der “Compact”-Autor zieht auch andere Kleinigkeiten für seine falsche Beweisführung heran: Etwa dass das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald 2014 aus Brandschutzgründen seinen Schulen verboten hatte, Weihnachtsbäume aufzustellen.

Ein kurzer Anruf bei der Pressestelle des Landratsamts genügt, um zu erfahren, dass man in den entsprechenden Schulen nach wie vor Weihnachten feiere und es auch keine weiteren Verbote von weihnachtlicher Dekoration gebe, etwa von Adventskränzen. Den ziemlich harmlosen Kontext hätte Martin Müller-Mertens aber auch einfach nachlesen können: Lokale Medien berichteten sehr ausführlich über die Provinzposse.

  • Wintermarkt in Berlin-Kreuzberg

Der “Compact”-CvD erzählt dann noch das alte Weihnachtsmärchen, das BILDBlog-Leser schon lange kennen:

Auch aus dem öffentlichen Raum soll die Feier von Christi Geburt verdrängt werden — selbst dort, wo sie weitgehend zum säkularen Freizeitspaß geworden ist. Den Vorreiter gab der Berliner Multikulti-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Auf öffentlichem Raum untersagte eine Mehrheit aus Grünen, Linken und Piraten 2013 Feste mit christlichem Bezug.

Nein, das haben die Parteien nicht. “Compact” ist auf eine drei Jahre alte falsche Schlagzeile aus der “B.Z.” reingefallen, die das Magazin selbst auch noch einmal abdruckt:

Wir haben über die Geschichte bereits gebloggt, als sie vor zwei Jahren erneut von “Bild am Sonntag” aufgegriffen wurde: Dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg war schon damals völlig egal, wie die Veranstalter ihre Weihnachts-, Winter- oder Wasauchimmermärkte nennen. Auf eine erneute Nachfrage von uns antwortete der zuständige Stadtrat, dass “das Bezirksamt stets offen für alle Religionen” sei. Es habe auch keine Anweisung seitens des Amtes gegeben, “die Weihnachtsmärkte im Bezirk in ‘Wintermärkte’ umzubenennen”.

“Bild” hatte diese Ente ebenfalls kürzlich wieder aufgegriffen. Wie schon bei der falschen Meldung der “Kronen Zeitung” kehrt der Unsinn, den Boulevardmedien irgendwann mal in aufregende Schlagzeilen umwandelten, nun bei “Compact” als faktenresistenter Zombie zurück. “Compact” widmet dieser Stimmungsmache gegen “Islamisierer und linksgrüne Kirchenhasser” allerdings nicht, wie die Boulevardblätter, nur ein paar Zeilen und eine große Überschrift, sondern steigert sich auf drei Seiten in eine Verschwörungstheorie hinein.

Das Magazin liefert auch gleich die Bilder und Bräuche mit, die es zu erhalten gelte. In der Rubrik “Leben”, in der “Compact” regelmäßig rechte Lifestyle-Geschichten präsentiert, schreibt Klaus Faißner romantisch verklärt über den Krampus im ländlichen Österreich. Dort könne man “noch richtig deutsche Bräuche” erleben, “leichter als bei uns” sogar:

Von wem angeblich Gefahr ausgehe, sagt “Compact” auch hier:

Probleme hat der Nikolaus nur in Städten mit hohem Ausländeranteil und sozialistischen Bürgermeistern.

Dass es innerhalb des Christentums durchaus unterschiedliche Traditionen zur Weihnachtszeit gibt, die sich im Lauf der langen Geschichte auch schon verändert haben, kann für das Magazin jedenfalls keine Erklärung sein. Das ganze Geschreibe vom Nikolaus und von der Christlichkeit ist für “Compact” aber ohnehin nur ein Feigenblatt. Im nächsten Artikel geht es nämlich schon um eine “Germanische Weihnacht”:

Pia Lobmeyer schlägt den Bogen von heidnischen Wintersonnenwende-Ritualen zu Weihnachtsbräuchen, die erst viel später entstanden sind. Vor allem hat es ihr der Weihnachtsbaum angetan, der erst im 18. Jahrhundert richtig populär wurde, als sich der christliche Glaube im Gebiet des heutigen Deutschlands schon längst ausgebreitet hatte.

Aber noch einmal zurück zu Martin Müller-Mertens’ Märchen über den angeblichen “Krieg gegen Weihnachten”. Der Artikel wird unter anderem mit dem Nürnberger Christkind bebildert, das in einem Kindergarten Geschichten vorliest:

Bildunterschrift: “Immer mehr Kindergärten verzichten im Advent auf christliche Lieder und Bräuche.”

Das sieht zunächst nur nach einer widersprüchlichen Text-Bild-Schere aus, weil das Christkind auf dem Foto ja genau das tut, was es laut Bildzeile nicht mehr geben soll. Die Fotowahl ist aber, wohl eher unfreiwillig, aus noch einem anderen Grund interessant: Das Christkind an sich ist ursprünglich eine protestantische Erfindung. Das Nürnberger Christkind gibt es aber erst seit 1933. Es ist keine alte christliche Tradition — es ist eine Erfindung der Nazis. Und ein gutes Beispiel dafür, wie völkische Erzählungen einer Bedrohung des Weihnachtsfestes damals wie heute funktionieren.

In einem Prolog, den in der Zeit des Nationalsozialismus eine Schauspielerin im Engelskostüm bei einer auf sakral aufgemachten Inszenierung vortrug, behauptet das Christkind, es sei aus der Stadt vertrieben worden. Aber jetzt, da Deutschland “erwacht” sei — gemeint ist: jetzt, nachdem Hitler an der Macht ist –, da sei der alte Brauch wieder zurückgekehrt und die Kinder könnten sich wieder freuen, wie sie sich früher einmal gefreut hätten.

Später wurde dieser Prolog politisch entschärft. Enthalten sind aber bereits die Elemente, mit denen Boulevardzeitungen heute reißerische Schlagzeilen machen, und mit denen die Neue Rechte auch heute wieder Weihnachten in ihrem Sinne politisieren will.

Hassliste, Fake-News, Schwärzungen

1. 438 Gründe, warum Zuckerberg bald wegen Volksverhetzung angeklagt werden könnte
(motherboard.vice.com, Daniel Mützel, Max Hoppenstedt & Theresa Locker)
Nachdem der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun eine Liste mit 438 Hasskommentaren auf Facebook vorgelegt hat, prüft nun die Staatsanwaltschaft, ob sie Mark Zuckerberg und andere führende Manager anklagt. “Motherboard” hat die Liste in einer eigenen Tabelle aufgearbeitet, einer Liste voller Verrohung und Menschenhass. Im Artikel geht es auch um die mitunter schwierige Trennlinie zwischen legalen und illegalen Hassposts. Doch bei derartigen Fragen sei man auf Seiten der Staatsanwaltschaft noch lange nicht angekommen. Dort werde zunächst geprüft, ob man überhaupt örtlich zuständig sei.

2. Fake News: “Spiegel”-Klon wirbt bei Facebook
(ndr.de, Fiete Stegers & André Kroll)
Viele Online-Werbeseiten kopieren das Aussehen seriöser Medien, stehlen Fotos normaler Nutzer und werben mit irreführenden Anzeigen auf Facebook. Fiete Stegers und André Kroll haben sich für ihre Recherche in die Welt der dubiosen Promotionpages begeben. Ein großes Problem liege in der Restplatzvermarktung, über die viele der Anzeigen von Fake-Websites ausgespielt würden.

3. Im dritten Jahr: Wie geht es Krautreporter heute?
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die “Krautreporter” können trotz relativ kurzer Vergangenheit auf eine bewegte Zeit zurückblicken, in der es einiges an Unruhe gab. So sollen nach dem ersten Jahr zwei Drittel der Abonnenten abgesprungen sein. Die Krautreporter-Macher haben reagiert, die Firmenstruktur umgebaut und inhaltlich und operative Änderungen vorgenommen. Aus dem anfänglich losen Autorennetzwerk ist eine feste Kernredaktion geworden. Nicht-Mitgliedern werden nicht mehr alle Artikel in voller Länge angezeigt.
Nun wollen die Gründer eine neue Crowdfunding-Plattform zum Verkauf von Abos starten, die von Google im Rahmen der “Digital News Initiative” mit 350.000 Euro unterstützt wird.

4. Ein offener Brief suchtkranker Menschen an die ‘Kronen Zeitung’
(vice.com, Jasmin H., Raman L., Christian M., Barbara Gegenhuber)
Auf der Internetseite der österreichischen “Kronen Zeitung” erschien ein hämischer Beitrag mit dem Titel “Gratisfrühstück für Wiens Drogensüchtige”. Gemeint war das Angebot einer Drogenberatungsstelle, drogenkranke Menschen mit Frühstück zu versorgen. Im Beitrag wurde daraus unter anderem: “Sie spritzen kein Opium? Nehmen kein LSD? Dann haben Sie, liebe Leser, leider keinen Anspruch auf ein vom Wiener Steuerzahler finanziertes Gratisfrühstück”. Nun haben sich Patientinnen und Patienten der Therapieeinrichtung in einem offenen Brief an die Redaktion der Kronen Zeitung gewendet.

5. Erst mal Mobile – dann alles andere
(blog.br24.de, Christian Jakubetz)
“Mobile first” ist die Botschaft von Medienexperte Christian Jakubetz. Vielfach würde Mobile als eine Art Erweiterung des stationären Grundangebots gesehen, dabei sollte es genau umgekehrt sein. “Snapchat und Instagram beispielsweise, vermutlich die beiden heißesten Netzwerke der letzten beiden Jahre, setzen eindeutig darauf, mobil genutzt zu werden. Für Instagram gibt es zwar auch eine Webseite, aber die nutzt vermutlich so gut wie niemand. Und Snapchat? Auf einer Webseite? Absurde Idee.”

6. „Faktencheck ist bei uns journalistischer Alltag“
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
“Fehler können natürlich passieren.”, sagt Yvonne Bauer die Chefin des Bauer-Verlags („Freizeitwoche“, „Schöne Woche“, „Woche Heute“ usw.) und weiter: “Faktencheck ist bei uns, wie überall in der Branche, journalistischer Alltag.” Der Regenbogenpresse-Experte Mats Schönauer hat sich angeschaut, was von diesen Aussagen zu halten ist. Ohne zu viel zu spoilern: Es ist eine Galerie voller Schwärzungen…
Schönauer über die Fehler, die “natürlich passieren können”: “Bei Bauer können sie aber nicht nur, sie sollen sogar. Sie sind wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells.”

Medienselbstkontrolle, Digitalradio, Kinderlied

1. Hinterher sind nicht alle schlauer
(faz.net, Ursula Scheer & Michael Hanfeld)
Vor einem Jahr, am 4. September 2015, öffneten Deutschland und Österreich ihre Grenzen für die Flüchtlinge. Mehr als eine Million Menschen kamen ins Land. Ursula Scheer und Michael Hanfeld lassen in der “FAZ” das vergangene Jahr Revue passieren und geben ihre Sicht auf die jeweilige Berichterstattung wieder, von der monatelangen wohlwollenden Berichterstattung bis hin zu Wegduckreflexen und Phasen der medialen Ernüchterung.

2. Twitter statt Presserat?
(de.ejo-online.eu, Susanne Fengler)
Susanne Fengler ist Professorin für internationalen Journalismus an der TU Dortmund und beschäftigt sich in einem längeren Artikel mit dem Thema Medienselbstkontrolle in Europa. Sie spricht sich im Eigeninteresse der Branche für Standards aus: “Was spräche dagegen, die Vergabe staatlicher und auch privater Anzeigenaufträge davon abhängig zu machen, dass die betreffende Redaktion einen Ethikkodex entwickelt, einen Newsroom-Blog installiert, einen Ombudsmann eingesetzt oder einen „Correction Button“ für die Nutzer installiert hat, kurz: sich in welcher Form und mit welchem Ergebnis auch immer um media accountability bemüht?”

3. Google gibt die Daten frei
(taz.de, Nina Monecke)
Der von Google gelöschte Blog des US-Autors Dennis Cooper geht wieder online. Allerdings nicht bei Google, sondern unter eigener Adresse. Google hatte den Blog ohne Begründung vom Netz genommen und den Google-Account mit 14 Jahren Mail-Verkehr gleich mit deaktiviert. Ein wochenlanger Rechtsstreit folgte. Nun will Google dem Schriftsteller seine Daten zuschicken. Bis Coopers Blog wieder vollständig sei, werde es noch ein wenig dauern. Zum Verhängnis soll Cooper übrigens ein Bild geworden sein, dass nach zehn Jahren von einem User als angeblich “kinderpornographisch” gemeldet worden war. Ein Vorwurf, den Cooper vehement abstreitet.

4. NZZ, (K)alter Krieg & die nützlichen Idioten 2016
(infosperber.ch, Jürgmeier)
“Infosperber”-Kolumnist Jürgmeier geht mit der “NZZ” ins Gericht. “Kalter Krieg” reloaded, übertitelt er seinen Artikel und schachtelsatzt dem Schweizer Traditionsblatt seine Kritik um die Ohren: “Wer jene, die im (durchaus nötigen) Kampf gegen islamistische & andere fundamentalistische Religionen beziehungsweise Ideologien auf gelebte Freiheit, Gleichheit & Brüderlichkeit (sowie Schwesterlichkeit) setzen, als «Anhänger einer Therapie- und Verständniskultur» diffamiert und ihnen «verblendete Wehrlosigkeit» unterstellt, greift zum einen auf die Kalte-Kriegs-Formel vom «nützlichen Idioten» zurück und beweist zum anderen, dass er oder sie nicht wirklich an die Kraft der so gern & oft beschworenen europäischen Werte der Aufklärung sowie der universellen Menschenrechte glaubt.”

5. Die Schwäche des Radios ist die Schwäche von DAB+
(dwdl.de, Hans Hoff)
Seit Jahren werde über das Digitalradio in Deutschland gestritten, doch woran liegt es, dass sich DAB+ einfach nicht durchsetzen will, fragt Hans Hoff in seiner neuen Kolumne. Es gäbe einige Kritikpunkte, doch Hoff sieht noch ein ganz anderes Problem: “Ich glaube ja, dass die Krux ganz woanders liegt, nämlich in der Tatsache, dass Radiomacher landauf, landab auf dem besten Wege sind, das Radio abzuschaffen, also zumindest das öffentlich-rechtliche mit Restbeständen von Anspruch? Sie sagen natürlich nicht, dass sie es abschaffen wollen. Sie richten es vielmehr still und leise zugrunde.”

6. Kann denn Singen Sünde sein?
(rp-online.de, Tobias Jochheim)
Zu Ehren ihres syrischen Mitschülers sangen die Erstklässler einer Volksschule im Hinterland von Salzburg ein arabisches Kinderlied. “FPÖ” und “Kronen Zeitung” erklärten die nette Geste zum Skandal, nutzten es für Stimmungsmache und forderten lautstark eine “Überprüfung des Vorfalls”. Tobias Jochheim weist in seinem Beitrag darauf hin, dass sich eine Überprüfung erübrige, denn der Lehrplan für Volksschulen sehe interkulturelle Bildung ausdrücklich als übergeordnetes “Allgemeines Bildungsziel” vor. (Wo “österreichische und ausländische Kinder gemeinsam unterrichtet werden”, seien “im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen Kulturgut (…) insbesondere Aspekte wie Lebensgewohnheiten, Sprache, Brauchtum, Texte, Tradition, Liedgut usw. aufzugreifen”.) Hier ginge es um eine Form von aufgebauschter Skandalberichterstattung, bei der das Medienhaus und die FPÖ voneinander profitieren würden.

Kinderlied, Symbolfotos, Lyrics

1. Warum macht Herr Enzinger das? Warum macht die „Krone“ das?
(diepresse.com, Sibylle Hamann)
Sibylle Hamann berichtet von einem Vorgang, der eigentlich ein Happy End verdient gehabt hätte: In der ersten Klasse einer Salzburger Volksschule gibt es ein neues Kind. Aref heißt es und es stammt aus Syrien. Die Lehrer thematisieren das im Unterricht und führen beim Schulschlussfest mit den Kindern einen syrischen Tanz und ein einstudiertes syrisches Lied auf. Alles klappt vorzüglich und und alle sind zufrieden, bis Politik und Presse davon Wind bekommen. Fremdenfeindliche Äußerungen und Artikel, die das Geschehen bösartig verdrehen, folgen. Schließlich fällt auch noch der entfesselte Online-Mob über die Salzburger Kinder und Lehrer her. Sibylle Hamann in ihrem Kommentar: “Rational verstehe ich, was FPÖ und „Kronen Zeitung“ antreibt: Wählerstimmen maximieren, Leserzahlen maximieren, Aufmerksamkeit maximieren, man hofft halt, dass das mit Hetze funktioniert, und häufig funktioniert es ja leider auch. Aber manchmal möchte ich in die Köpfe dieser Menschen hineinschauen, möchte wissen, wie sich das anfühlt: immer nur Böses zu sehen, selbst dort, wo gar nichts Böses ist. Immer wütend zu werden, wenn anderen etwas gelingt. Immer alles sofort kaputtschlagen, zündeln wollen, und sich erst freuen, wenn es rundherum brennt.”

2. Bildsprache der Verblödung
(bilanz.de, Bernd Ziesemer)
In den letzten Tagen beherrschten Bilder von Hamstern die Berichterstattung: Anlass: Die politische Diskussion über ein neues Zivilschutzprogramm. Bernd Ziesemer ist genervt von den ewig gleichen platten Fotos aus den Bilddatenbanken (“stock photos”) und spricht in seiner Kolumne von einer “Bildsprache der Verblödung”.

3. WikiLeaks bringt Unschuldige in Gefahr
(zeit.de, Patrick Beuth)
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hätte zu ihren besten Zeiten die Mächtigen genervt und bloßgestellt, doch mittlerweile würden sich die Kollateralschäden summieren, so Patrick Beuth in der “Zeit”. Die Plattform habe zahlreiche medizinische Unterlagen von normalen Bürgern sowie private, finanzielle und andere Informationen Hunderter anderer veröffentlicht, heiße es in einem Bericht der Nachrichtenagentur “AP”. Zudem seien Hunderte der Dateien aus dem Türkei-Leak mit Malware verseucht. Wikileaks habe den AP-Bericht auf Twitter als “lächerlich” abgetan und auf Fragen der “Zeit” bislang nicht reagiert.

4. Schnapp den Teenie
(sueddeutsche.de, Sebastian Jannasch)
Den klassischen Medien laufen die jungen Leser davon. Also geht man dorthin, wo man die jungen Zielgruppe vermutet und das ist z.B. die quietschige Knips-App “Snapchat”, die in Deutschland 2,5 Millionen Nutzer haben soll. Doch lassen sich mit bunt verzierten Videoschnipseln wirklich Nachrichten vermitteln? Das ist nicht einfach. Außerdem fehlen Kontrolle und Monetarisierungsmöglichkeiten, so Sebastian Jannasch auf “sueddeutsche.de”. Zudem sei es möglich, dass die umworbenen Teenies eh bald weiterziehen: Instagram und Facebook würden versuchen, die jungen Nutzer mit neuen Funktionen zu sich rüberzulocken.

5. Geringe Hemmschwelle – “Vice” und die Drogen
(ndr.de, Sabine Schaper)
“Zapp” hat sich mit dem Lifestyle- und Jugendmagazin “Vice” beschäftigt. Dort würden regelmäßig Tipps für den Drogenkonsum erscheinen, von Mischkonsum-Rezepten bis hin zu Tricks für den Drogenschmuggel. Der Leiter des Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Uniklinikum Eppendorf in Hamburg bezeichne derlei Artikel als einen “Schlag ins Gesicht” all derer, die täglich mühsam Suchtprävention betreiben: Eine seriöse Berichterstattung im Sinn von “Safer Use” habe nüchtern und sachlich zu sein. Ob und inwiefern das Angebot von “Vice” den Richtlinien des Jugendmedienschutzes entspricht, werde nun ein Prüfverfahren zeigen.

6. Songlyrics-Seiten im Web: Einmal Goldrausch und wieder zurück
(onlinemarketingrockstars.de, Roland Eisenbrand)
Spannender Hintergrundbericht, wie findige Website-Macher und teilweise blutjunge Kids seit Jahren Songtexte auf ihren Lyrics-Seiten ausbeuten.

BILDblog hält Winterschlaf (10)

Das war’s von unserer Seite fürs Jahr 2015.

Wie in den vergangenen Jahren auch, halten wir jetzt Winterschlaf. Wir sehen uns wieder im Januar 2016!

Falls Sie in der Zwischenzeit Entzugserscheinungen oder stressige Verwandte plagen, empfehlen wir eine Stöberrunde in unserem Archiv. Unsere Beiträge aus diesem Jahr:

»Warum wir gegen die „Bild“-Zeitung kämpfen
»Im Zweifel gegen den Griechen
»Lynchmob, bitte hier entlang!
»Wenn Schlagzeilen Menschenleben kosten
»Gestatten, Cristiano Ronaldo, Fantastilliardär
»„heute-show“ verfälscht Interview
»„Bild“ und die Sadomaso-Sabberei
»Und nun zur Hetzervorhersage
»Irgendwas vielleicht mit Hitler
»Live Action Media Bullshit
»Männer die Macher, Frauen die Objekte – über Sexismus in „Bild“
»LeFloid lässt Putins 9/11-Bombe auf Youtube hochgehen
»Kachelmann vs. Bild
»Die Radikalos-Kampagnen der Brandstifter-Journalisten
»Die Ente mit der pinken Katze
»Sibel Kekilli will nicht mit „Bild“ sprechen
»Eine Bankrotterklärung
»„Die von der ‚Bild‘ sind ja nicht doof — aber eben schlechte Menschen“
»Sterben live (2)
»Auf 799,2 Milliarden mehr oder weniger kommt es bei Griechenland auch nicht mehr an
»Presserat rügt Vergewaltiger-Selfie
»Der Griechen-Teufel mit dem Einzack
»Bild.de bringt falschen Zwanziger in Umlauf
»Absturz des Journalismus
»Kai Diekmann und Julian Reichelt diskutieren über Opferfotos
»Andreas L.
»Einzelhändler sagen Nein zu „Bild“
»Quelle: Pizzabäcker
»Meute- und Jagd-Reflexe – und wie man sich davor schützt
»Die mit den virtuellen Wölfen tanzen (2)
»„Tja, bald ist Tröglitz halt überall“
»Dirk Hoerens Hartzer-Käse
»„Bild“ braucht keine Erlaubnis für Opferfotos
»Halbgares über die Herdprämie
»Eine Frage, „Kronen Zeitung“
»Scheine nach Athen fahren
»Mergste selbst, ne?
»Seemannsgarn über die einsame Seglerin
»Das „Bild“-Tagesmenü: Gerüchte aus eigenem Anbau
»Skandal! Weselsky ist Bartträger! Und Sachse!
»Heißen alle gleich (3)
»In 80 Fehlern um die Welt
»Was „Focus Online“ dann abschrieb, ist schier unglaublich
»Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Böcken werfen
»Volle Pulle vorbeigesteuert
»„Bild“-Reporter lässt Heidi Klum schreiend aus der Halle rennen
»Dauerfeuer der Halbwahrheiten
»Fluchtfantasien
»Zur „Westfalenblatt“-Kolumne
»Die Griechenland-Blasen von „Bild“
»Fünf Jahre alter Steuersünder-Pranger in der Schweiz entdeckt
»Darf Blatter die Schweiz „nicht mehr verlassen“? – „Völliger Blödsinn“
»Die antirussische Ente vom verbotenen Oktoberfest
»„Bild am Sonntag“ serviert FIFA-Kaiserschmarrn
»Keine Reise nach Jerusalem
»Ich packe meinen Koffer und nehme ein Wechselgerücht mit
»„Bild“ lässt Leser auf Presserat los
»Du hast den Farbbeutel vergessen
»Hitlers Cognac und die falschen Flaschen von der „Bild“-Zeitung
»Presserat rügt „Bild“ für Germanwings-Opferfotos
»Malen nach russischen Zahlen
»„Bild“ schützt Guttenberg vor Lesermeinung
»Sehen alle gleich aus (diesmal sogar wirklich)
»Verwirung bei den Hauptstadtjournalisten
»Rügen-Drama! Helene Fischer und das Killer-Kommando
»Aus dem lustigen Leben eines „Bild“-Sportreporters
»“Bild” zimmert aus alten Stühlen historisches Mobiliar
»Dirk Hoerens verrenkte Rentenrechnung
»Déjà-vu mit Merkels Grexit-Plan
»Mit “Bild” beim Teenie-Sex im Spaßbad
»„FAZ“ verkalkuliert sich beim unkalkulierbaren Griechen-Risiko
»Wie die Medien den Tugçe-Prozess behindert haben
»Auf „Bild“-Informationen ist eben Verlass
»Julian Reichelts Russland-Reisepläne für Edward Snowden
»Sehen alle gleich aus (10)
»Selfies gegen Griechenland: Presserat missbilligt „Bild“
»„Unsinnig und frei erfunden“
»Fälschen und Tricksen für den Grexit
»Oh Gott! „Blick“ fällt auf Satire rein
»Ich mach’s mit heißer Luft
»Wie Glenn Greenwald mal versuchte, mit Julian Reichelt zu diskutieren
»Julian Reichelt reist mit Snowden auf dem Holzweg Richtung Russland
»Putins Panzerpropaganda oder: Brrrrum! Wrrrrom! Wahnsinn!
»„Bild“ am Grab von Andreas L.
»Wenn die Wirklichkeit nicht blutig genug ist
»Die widerliche „IS“-Propaganda bei Bild.de
»Griechen-Hetze im Glashaus der Vampire
»Mit Toten ködern
»Lassen Sie mich durch, ich bin Wirtschaftswissenschaftlerin
»Mit Pickelhaube auf Griechenland-Feldzug
»„Bild“ versteckt Rüge zu Germanwings-Opferfotos
»Bild.de lockt Leser mit frechen Früchtchen an die Spielautomaten
»Was die Polizei will, ist „Bild“ doch egal
»Die einfallsreichen Ku-Klux-Karnevalisten
»„Bild“ druckt freiwillig zu kleine Gegendarstellung
»Medien lassen John Rambo gegen „IS“-Terroristen kämpfen
»Vom „beliebtesten Lehrling der Schweiz“ zum „faulsten Azubi aller Zeiten“
»Stell dir vor, es droht Krieg, und nur chip.de berichtet darüber
»Medien spielen mit Schäubles Rücktritt
»Mörder auf der Titelseite
»„Focus Online“ ruft 27 Millionen Ikea-Kommoden zurück
»Ich trink‘ Ouzo, und welche Steuererhöhung erfindest du so?
»Das „Kollaps“-Drama von Bayreuth: Merkel fällt vom Stuhl
»Trauerspiel
»Symbolfoto LVII
»Die Unfuglotsen von Bild.de lassen es wieder beinahe krachen
»Die „taz“ bestellt ein ACAB-Eis, das der Polizei nicht schmeckt
»Kann man dem überhaupt trauen? Der ist doch Grieche!
»Im Kleinermachen ist „Bild“ ganz groß
»„Bild“ pfeift aufs Gericht – und zeigt das Gesicht
»Im „Burger-Talk“ mit dem „Bild“-Reporter
»Polizei? Da könnte ja jeder bitten!
»Wie man den Werther-Effekt ignoriert
»Multipler Drei-Minuten-Journalismus
»Die verze.ttelte HSV-Ente
»„Bild“ ist stolz auf Presserats-Rügen
»Exklusiv: „Bild“ versteht Regierungspapier falsch
»Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
»Der Hulk in Berlin? Unglaublich!
»Die 19 Jahre alte Hetzvorlage
»Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt (2)
»Krümel und der böse Wolf
»Krebserkrankung als Clickbait
»„Bild“ überrumpelt verletzten Fußballer am Krankenhausbett
»„Alles für die Story“: 50 Shades of True
»Generation Pornojournalismus
»Amazon und der Griff ins Klo
»St. Pauli löscht RB-Leipzig-Logo – vor drei Monaten
»Nepper, Schlepper, Bauer-Medien
»Wenn „Bild“ Unschuldige zu Mördern macht
»Brandstifter im Löscheinsatz
»Mordvideo als Clickbait
»„Auf der Straße ziehen Eltern ihre Kinder zur Seite“
»Wenn die Polizisten zweimal räumen
»In allen vier Ecken soll Unsinn drin stecken
»Ist es in Ordnung, das tote Flüchtlingskind zu zeigen?
»Franz Josef Wagner und die Nazi-Scheiße in der „Bild“-Zeitung
»Ein Stürmer in Gerüchteabwehr
»Das wird man ja wohl noch zeigen dürfen!
»Wenn „Bild“ sich einer Sache annimmt, bleibt nichts von ihr übrig
»Schnellschuss in der Schmuddelecke
»In nur vier Stunden vom Obdachlosen zum Perser
»Wer nicht für „Bild“ werben will, muss gegen Flüchtlinge sein
»Wer nicht für „Bild“ werben will, muss gegen Flüchtlinge sein (2)
»Das sind KEINE schlechten Journalisten!
»Wer nicht für „Bild“ werben will, muss gegen Flüchtlinge sein (3)
»„Warum schreibt ihr dann immer solche Scheiße?“
»„Focus Online“ macht Edward Snowden zum Alien-Spinner
»Ein Schubser wie ein Schlag ins Gesicht
»Wer gegen Massenunterkünfte ist, muss gegen Flüchtlinge sein
»Klatschblätter müssen Corinna Schumacher 60.000 Euro zahlen
»„Bild“ in die Tonne
»„Bild“ in die Tonne (2)
»Bild.de hat den letzten
»„Bild“ in die Tonne (3)
»Medien sprechen Reisewarnung für Ostdeutschland aus
»Wo laufen sie denn?
»Himmelhoch jauchzend, zu Tode vergnügt
»MH17 und die ukrainische Raketen-Ente aus Stuttgart
»Sind Medienberichte über Selbstmord gefährlich?
»Bild.de streckt historischen Stoff
»Unbekanntes Flugobjekt löst Eilmeldungen aus
»Galgen und Pranger
»Geier Sturzflug
»Wer Hass sät
»Als mit Akif Pirinçci noch gut Currywurst essen war
»Alfred Draxlers Intensiv-Kumpanei
»Füreinander da zu sein
»Skandal! „Pegida“-Chef hat sich nicht bei Schwulenplattform angemeldet
»Der DFB-Außenverteidiger
»Ein Wendt für alle Fälle
»Von Notdurft-Afghanen und Hetz-Österreichern
»Schlank auf der Schleichwerbepiste
»Alfred gegen den Rest der Welt (außer Franz)
»Dirk Hoerens halbe Hartz-Wahrheit über Flüchtlinge
»Lobschummelei bei Bild.de
»Ganz Deutschland findet: „Bild“ tut nichts für das Gemeinwohl
»Der „Bild“-Mann und wir Brandstifter
»Wie falsche Bilder von Flüchtlingen entstehen
»Rosa und schwarz: Die einzigartige Bicolor-Brille der CSU im Netz
»Reschersche – nein danke!
»Der Hofnarr des Kaisers
»Sehen alle gleich aus (11)
»„Jede Woche eine neue Zahl“
»So verclickbaitet die „Huffington Post“ die Anschläge von Paris
»Die Anschläge von Paris in den Medien – eine Linksammlung
»Fallen, Fake, Alarm: Die Paris-Berichterstattung von Bild.de
»Er steht im Tor, im Tor, im Tor – und blick.ch kommt nicht dahinter
»Kein Sprengstoff-Rettungswagen und andere Dochnichtnews aus Hannover
»Die exklusive München-Terror-Falschmeldung von „Focus Online“
»Über tote Flüchtlinge lachen mit N24
»Paris-Attentäter doch nicht „als Flüchtling in Bayern registriert“
»„Bild am Sonntag“ schwingt die „Deppen“-Keule
»Nachts sind alle Bodyguards grau
»„Bild“ und die gefühlte Wahrheit über Mats Hummels
»Mehr Fiction als Science
»Gegen Recht und Ordner
»Rügenritt in Sternchenjeans
»Bild.de-Chef lässt BILDblog Seite an Seite mit „Pegida“ marschieren
»„Bild“ schummelt beim Schwanzvergleich
»Kai Diekmanns Revanchefoul an Andreas Rettig
»Die Frau beim Namen nennen
»Wie „Focus Online“ das Misstrauen gegenüber Medien schürt
»Hetzen ist nur bei „Bild“ erlaubt
»800 Euro für jeden: Medien führen Grundeinkommen in Finnland ein
»Erschreckend: Nur jeder 50. Journalist erledigt seinen Job
»Der VfL Bochum will nicht mit dem „Bild“-Reporter sprechen
»Wechselnde Wechselgerüchte
»Alle Jahre wieder
»Von Quälgeistern und Diktatoren: Der Trainer und der „Bild“-Reporter
»Falscher „The Voice“-Sieger gewählt
»Paparazzi zum Abschied
»Sehen alle gleich aus (auch nackt)
»Abgelaufener Etikettenschwindel
»So reißerisch sind die Überschriften der „Bild“-Zeitung

Die “6 vor 9”-Ausgaben finden Sie hier, die “Perlen des Lokaljournalismus” hier.

Wir wünschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr — und danken allen, die uns in diesem Jahr mit Hinweisen versorgt und unterstützt haben, ganz besonders:

@140_a_day, @19Rhyno04, @AlexElvers, Alexander S., Ananyma, André, Andreas, Andreas G., Andreas S., Angelina E., Anonym, @bassena, Bastian B., Ben, Ben B., Benedikt S., Benjamin L., Bernhard W., Björn H., Bluspot, Boris R., @BrosMoritz, Bruno B., @BVB_Aktuell, C. aus K., Chris S., Chris W., Christian, Christian B., Christian G., Christian H., Christian M., Christian P., Christian S., Christof D., Christoph, Christoph H., Christoph T., Christoph W., Christopher B., Daniel, Daniel B., Daniel D., Daniel K., Dániel K., Dawud, @deansimon27, „Deichkind“, Dennis, Dennis Z., @derhuge, Diana G., Dominik G., Dominik L., Dustin, Elmar, Erik H., Erwin Z., Eva R., Fabian, Fabian P., Fionn P., Florian, Florian E., Frank K., Fred R., Frederik S., Geesje R., Gerald H., Gregor M., Hannes, Hansi, Heinz B., Henning M., Hippo, Holger S., Holger von T., hsbasel, Jan M., Jannik R., Jascha G., Jens, Joachim L., @JohannesFreytag, Johannes K., Johannes S., Jonas G., Jonas J., Jonas K., Jonas N., Jörg B., Joshi, @jpschlueter, @JulezRulez13, Katharina K., Katharina S., Klaus W., Konrad A., @kuehnalex, Lars W., Leo, Lorenz M., Lothar Z., Lukas H., @macerarius, @mahatma_django, Manuel, Manuel L., Marc D., Marcel B., Mark G., Markus G., Markus K., Martin, Martin F., Martin P., Martin S., Marvin, @MarvinStr, Mascha B., Mathias R., Matthias M., @matthiasquenzer, Matthias S., Mau Mue, @max_migu, @maxro39, Michael, Michael B., Michael K., Michael S., Michael W., Michalis P., Mikey, nach-holland.de, Nicolas K., Nicole C., Niko, noir, O.M., Panagiotis K., Pascal W., Pauli, Peter B., Peter W., Philipp, @PsyKater, @RamisOrlu, Raphael F., Raphael S., René B., Richard B., Robert, Robert G., Rüdiger, Rüdiger M., Rüdiger S., S., Sabine K., Sandra H., Saskia K., @SchaerWords, Sebastian K., Sebastian R., Simon H., @SimonHurtz, Simon K., Stefan F., Stefan G., Stefan K., Stefan P., Stefan S., Stephan, Stephan E., Thomas, Thomas B., Thomas D., Thomas O., Thomas R., Timo L., Tobias D., Tobias F., Tobias H., @tubewart, Ulli T., @V_83, @vierzueinser, Webwatch, @WobTikal, Wolfram S. — und allen anderen, auch den vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!

Erschreckend: Nur jeder 50. Journalist erledigt seinen Job

Eine neue Schreckensmeldung treibt die besorgten Redaktionen des Landes um:

Auch in der Print-Ausgabe schnaubt “Bild”:

Die Flüchtlingskrise bringt dem Arbeitsmarkt bis 2017 rund 376 000 Arbeitslose zusätzlich. Das erwartet das Kieler Institut für Weltwirtschaft in seiner aktuellen Konjunkturprognose, die heute vorgestellt wird.

Damit rechnen die Forscher: Bis 2017 kommen 470 000 Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt! Nur jeder Fünfzigste (2%/Monat) findet tatsächlich einen Job!

Nur jeder Fünfzigste!

(„Welt“)

(„Focus Online“)


(“Huffington Post”)


(“n-tv”)

So schreiben es auch die Agentur „Reuters“, Web.de, News.de, “Österreich”, die “Kronen Zeitung” und natürlich die Flüchtlingshasserblogs und Anti-Islam-Portale.

Aber Moment. Was genau schreibt „Bild“?

Damit rechnen die Forscher: Bis 2017 kommen 470 000 Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt!

Ja, stimmt. In der Prognose (die jeder einsehen kann, PDF) heißt es:

Das Erwerbspersonenpotenzial ist in der Folge im Jahrdurchschnitt 2017 um insgesamt 470 000 Personen höher als ohne die Flüchtlingsmigration.

Und weiter, „Bild“?

Die Flüchtlingskrise bringt dem Arbeitsmarkt bis 2017 rund 376 000 Arbeitslose zusätzlich.

Stimmt auch. Das Institut schreibt:

Die Zahl der Erwerbspersonen ohne Arbeit nimmt hingegen deutlich stärker zu; der kumulierte Effekt in 2017 beträgt 376 000 Personen.

Heißt also: 94.000 (470.000 minus 376.000) finden einen Job.

Das sind aber nicht zwei Prozent, sondern 20. Nicht jeder fünfzigste der (erwerbsfähigen) Flüchtlinge, die bis 2017 nach Deutschland kommen, findet Arbeit, sondern jeder fünfte. Das hat uns auch das Institut auf Nachfrage bestätigt.

Wie kommt es also, dass sich die Medien ums Zehnfache vertun? Weil sie sich offenbar nicht die Prognose selbst angeguckt haben, sondern den irreführenden Formulierungen von „Bild“ gefolgt sind. Das Blatt schreibt:

Nur jeder Fünfzigste (2%/Monat) findet tatsächlich einen Job!

Ja, „2%/Monat“. Das Institut schreibt:

Um den Effekt auf die Erwerbstätigkeit und die Arbeitslosigkeit abzuleiten, unterstellen wir, dass monatlich 2 Prozent der Erwerbspersonen bei der Arbeitssuche erfolgreich sind und eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Das heißt aber nicht zwei Prozent von allen 470.000.

Kleines Beispiel: Wenn diesen Monat 100 erwerbsfähige Flüchtlinge kommen und zwei Prozent einen Job finden, sind 98 Flüchtlinge arbeitslos. Nächsten Monat kommen noch mal 100 erwerbsfähige Flüchtlinge hinzu. Von den nun insgesamt 198 arbeitslosen Flüchtlingen finden wieder zwei Prozent eine Arbeit, also gerundet 4. Wären nach zwei Monaten sechs von 200 Flüchtlingen in Arbeit — also bereits drei Prozent. Oder anders gesagt: Pro Monat hat jeder fünfzigste, insgesamt aber schon jeder dreiunddreißigste Flüchtling Arbeit gefunden.

So kommt das Institut also auf 94.000 arbeitende von 470.000 erwerbsfähigen Flüchtlingen im Jahr 2017. Und das sind 20 Prozent.

In der (ausführlicheren) Online-Version schreibt “Bild” noch:

„Eine Abgangsrate von 2 Prozent steht mit den bisherigen Erfahrungen in Deutschland zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern aus den Hauptasylzugangsländern in Einklang“, schreibt Groll da zu in der ifw-Prognose.

Den Satz, den Groll im Anschluss schreibt, verschweigt Bild.de. Im Original heißt es:

Eine Abgangsrate von 2 Prozent steht mit den bisherigen Erfahrungen in Deutschland zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern aus den Hauptasylzugangsländern in Einklang. Danach erhöht sich die Beschäftigungsquote (bezogen auf die Erwerbspersonen) in den ersten vier Jahren nach Zuzug von rund 10 Prozent auf 60 Prozent.

60 Prozent der erwerbsfähigen Flüchtlinge finden in den ersten vier Jahren Arbeit! Das wäre doch mal eine Schlagzeile. Kommt man allerdings schwer drauf, wenn man sich nur blind auf “Bild” verlässt.

Mit großem Dank an Martin S.!

NPD, Olympia, Snowden

1. Bewährungschance missachtet: taz-Autor darf nicht vom NPD-Bundesparteitag berichten
(blogs.taz.de, Andreas Speit)
“Leider gehören Sie zu der Sorte ‘Journalisten’, die im Umgang mit der NPD bzw. der nationalen Opposition notorisch den presserechtlichen Pflichten zuwider handeln und die journalistischen Sorgfaltspflichten chronisch missachten.” Mit dieser Begründung schloss die NPD den “taz”-Autor Andreas Speit 2010 vom Bundesparteitag aus. Auch fünf Jahre später verweigert ihm die Partei den Zugang, da Speit “in den letzten Jahren nicht dazu beigetragen [habe], dass wir unsere Beurteilung Ihrer Tätigkeit seit dem letzen Akkreditierungswunsch aus dem Jahre 2010 ändern konnten.”

2. No, 1 in 5 British Muslims doesn’t have sympathy with ISIS — here’s why
(mirror.co.uk, Mikey Smith, englisch)
In bester Knallblattmanier titelte “The Sun” gestern: “1 in 5 Brit Muslims’ sympathy for jihadis”. Mikey Smith erkennt an der Geschichte allerdings ein ganz gravierendes Problem: Die Boulevardzeitung frage in ihrem selbsternannten “shock poll” nach etwas ganz anderem als nach “sympathy for jihaids”. Bei der “Independent Press Standards Organisation” seien für die “Sun”-Titelgeschichte bereits mehrere Hundert Beschwerden eingegangen.

3. SPIEGEL blamiert sich mit Social Media-Schelte für @RegSprecher
(jensrehlaender.com)
Der “Spiegel” ärgert sich darüber, durch die Facebook-Seite der Bundesregierung nun vollends die Informationshoheit verloren zu haben. Das wiederum stört Jens Rehländer, der jede Kritik des Nachtrichtenmagazins an Regierungssprecher Steffen Seibert nur als vorgeschoben ansieht. Da werde mit BVerfG-Urteil von 1977 argumentiert, obwohl damals wohl noch niemand soziale Medien für Regierungsposts für möglich gehalten hätte. Rehländer findet: Der “Spiegel”-Artikel ende “als Blamage für das Autoren-Duo”.

4. Presserat bewertet Fotos von Aylan und Leichen in LKW unterschiedlich
(derstandard.at)
Ende August und Anfang September sorgten zwei Fotos für heftige medienethische Diskussionen: die Leichen von Flüchtlingen im Laderaum eines LKWs und der ertrunkene Aylan Kurdi. Der österreichische Presserat hält die Abbildung von Aylan Kurdi für “angemessen” und stellt das Verfahren gegen die Medien ein, die das Bild zeigten. Für den Abdruck des LKW-Fotos erhält die “Kronen Zeitung” dagegen eine Rüge, zuvor waren mehr als 180 Beschwerden eingegangen.

5. Mit Sonne
(sueddeutsche.de, Thomas Hahn)
Thomas Hahn sieht in der Berichterstattung der Hamburger Lokalmedien rund um die Olympiabewerbung der Stadt — ganz im Sinne der sportlichen Veranstaltung, um die es geht — “eine Art Rekordversuch des abhängigen Journalismus”.

6. Citizenfour
(mediathek.daserste.de, Laura Poitras, Video, 1:46:17 Stunden)
Einen Oscar hat er bekommen, einen Emmy und noch eine ganze Reihe weiterer Auszeichnungen. Jetzt (und noch bis zum 30. November) ist der Dokumentarfilm “Citizenfour” in der ARD-Mediathek abrufbar. In aller Kürze: Es geht um Edward Snowden und den NSA-Skandal. Der Journalist Glenn Greenwald und die Dokumentarfilmerin Laura Poitras spielen dabei wichtige Rollen.

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