Aus Kreisen der Bundeswehr werden zur Zeit so viele unschöne Vorfälle und Skandale bekannt, dass es bei anderen Verteidigungsministern für drei bis vier Rücktritte gereicht hätte. Doch der aktuelle heißt Karl-Theodor zu Guttenberg.
Über die aktuelle Allianz von “Bild” und Guttenberg kann man längereKommentare schreiben, aber womöglich lässt man doch besser die Guttenberg-Fanmagazine selbst zu Wort kommen:
In einem in jeder Hinsicht bemerkenswerten Kommentar in der gestrigen “Bild am Sonntag” erklärte Michael Backhaus den Minister kurzerhand zum “Einhorn der deutschen Politik” und fabulierte:
Zu den Menschen hat das Einhorn schon deshalb ein schwieriges Verhältnis, weil sie es wegen seines wertvollen Horns jagen. So ergeht es derzeit auch dem Beliebtesten unter den Politikern. Nicht nur die Opposition, auch mancher aus den eigenen Reihen möchte die Gelegenheit nutzen, Guttenbergs Horn der Popularität zu kürzen.
“Für kurze Zeit” sei Guttenbergs Ruf “als Aufklärer und Erneuerer” in Gefahr gewesen, sei “der unschöne Eindruck entstanden, der Minister wisse nicht oder erfahre zu spät, was in seiner Truppe vor sich geht”.
Doch “Bild” begleitete den Minister, informierte ihn vorab über den kritischen Artikel über die Zustände auf der “Gorch Fock” und konnte anschließend verkünden, der Minister habe Konsequenzen gezogen.
Die Ordnung im Weltbild von “Bild” war wiederhergestellt — oder wie es Backhaus formuliert:
Nun spricht man wieder über das Einhorn und weniger über seine Jäger.
Für so ein Einhorn gelten natürlich andere Maßstäbe als für Normalsterbliche — eine aktuelle Umfrage auf Bild.de lautet entsprechend:
Zur Zeit haben sich übrigens rund zwei Drittel der Leser für Antwort A entschieden.
Mit Dank an Steffen M. und Katrin Sch. und die vielen anderen Hinweisgeber!
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2. Interview mit Peter Frey (faz.net, Michael Hanfeld)
Der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, erinnert daran, dass TV-Talkshows den ältesten Zuschauerschnitt haben. Darauf verstärkt zu setzen sei “waghalsig und kein Schritt in die Zukunft”. “Die Versuchung der Talkleute besteht darin, Erfolg durch die stets gleichen Namen zu suchen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Politiker der Generation Siebzig-plus da Sonderverträge haben.”
4. “Sieben Leitlinien für die SRG” (nzz.ch, Roger de Weck) Roger de Weck, neuer Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG, legt in sieben Leitlinien seine Sicht auf den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk dar.
5. “Über Parallelen zwischen Napoleon und den Guttenbergs” (zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt darüber nach, wie Journalisten die Selbstinszenierung von Politikern aufnehmen. “Was mir auf den Geist geht, sind die Myriaden von Kollegentexten, in denen aus jeder Politikerhandlung eine Karrieretaktik herausgelesen wird. Wenn ein gewisser Brüderle eine Rede hält oder eine Rede absagt, dann gewiss nur deshalb, weil er den Job eines gewissen Westerwelle haben möchte.”
Wie auch schon in den vergangenen Jahren, so hat “Bild” auch in der Silvester-Ausgabe 2010 eine Liste mit Schlagzeilen veröffentlicht, die “wir” (also in diesem Fall wirklich mal nur die “Bild”-Mitarbeiter) “uns für 2011 wünschen”.
Die Vorschläge oszillieren zwischen “leidlich lustig”, …
… “eher taktlos”, …
… “unnachgiebig hetzerisch” …
… und “womöglich selbstironisch”.
Eine der Überschriften (zur Erinnerung: “Schlagzeilen, die wir uns für 2011 wünschen!”) fällt aber etwas aus dem Rahmen. Sie betrifft Arno Dübel, den “Bild” seit einem Jahr und in über 35 Artikeln nur “Deutschlands frechsten Arbeitslosen” nennt:
Mit Dank an Daniel H., Axel Sch., Robert W. und Thomas H.
Die BILDblogger suchen zwischen den Jahren Orte auf, an denen sie vor der strengen Kälte geschützt sind (hohle Baumstämme, Erdhöhlen und dergleichen) und polstern sie mit Heu, Stroh, Blättern, Haaren, Wolle und anderen Materialien aus…
Als Feiertagslektüre empfehlen wir noch einmal die anrührende Liebesgeschichte zwischen “Bild” und Stephanie zu Guttenberg, unseren Leitfaden “Wie hetzte ich gegen ein Land auf?” (falls die Stimmung allzu besinnlich zu werden droht) und die Ausführungen des damaligen Fußballtrainers Heiko Herrlich über eine große deutsche Boulevardzeitung.
Wir danken für die Aufmerksamkeit, die Mitarbeit, das Interesse und die Spenden und wünschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!
Wir sehen uns im Januar 2011.
Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2010 an a Friend, Achim Sch., adameus23, AJ, Alex, Alex A., Alex F., Alex Z., Alexander A., Alexander B., Alexander H., Alexander M., Alexander S., Alfons S., Alfons Sch., Aljoscha K., André B., André H., Andre S., Andreas, Andreas F., Andreas H., Andreas H., Andreas K., Andreas M., Andreas P., Andreas Sch., Andree M., Annika K., Annika Sch., Ardian S., Arne A., Arne H., Arthur C., Axel F., Bader, Baris Ü., Basti, Bastian, Ben N., Bene F., Benedikt K., Benedikt R., Benjamin, Benjamin B., Benjamin C., Benjamin K., Benjamin S., Berkan T., bernd, Bernd R., Bernd V., Bernhard, Bernhard S., Bertha, Big J, bildfahnder, Birger L., Björn, Björn B., Björn C., Björn C., Björn K., Bodo K., Boerries K., Bojan J., Bono, Boris K., Bruder B, BTH, C., C.S., Carlotta R., Carsten, Carsten Z., Ceggis, Chris, Chris J., Chris N., Christian B., Christian G., Christian H., Christian M., Christian S., Christian Sch., Christoph, Christoph A., Christoph F., Christoph G., Christoph H., Christoph M., Christoph S., Christoph W., Christopher I., Christopher K., Claudia, Clemens, Clemens H., Clemens W., cmpunk, Conny Sch., Daniel B., Daniel H., Daniel H., Daniel K., Daniel K., Daniel M., Daniel P., Daniel S., Daniel Sch., Daniel T., Daniel V., Daniela W., David K., David L., David N., David R., Dejan I., Dennis, Dennis B., Dennis H., Dennis K., Dennis L., desixtor, Diamandis V., Dirk E., Dirk O., Dominic I., Dominik H., Dominik M., Eagle, EagleRN, Ecko, Ellen L., Erhan S., Eric, Eric M., Eric R., Ernst, erz, Esther K., Eugen E., Eugen W., Fabian, Fabian F., Fabian G., Fabian K., Fabian P., Falk Z., Felix, Felix P., Flo M., Florian, Florian B., Florian D., Florian H., Florian K., Florian R., Florian S., Florian Sch., Florian V., Fr.-Jo. K., Frank B., Frank D., Frank J., Freddy Sch., Frederick M., Fritz, Gabriel T., Georg S., Georg Z., Gerhard A., Gesine D., Gila M., Gregor G., Gregor K., Guido K., H., hamena314, Hanna, Hannes, Hannes K., Hannes Sch., Hans P., Hans Peter L., Hans-Christian H., Hauke, Hauke W., Heinz B., Heitmeier, Helmut O., Hendrik W., Henning, Holger, Holger A., Holger S., Höpp, Horst, Horst M., Horst-Schantalle, ich, Ilja, Ingo H., Ivo B., J.D., J.L., Jack A., Jan, Jan B., Jan K., Jan Sch., Jeannine J., Jens, Jens L., Jens M., Jens N., Jens Sch., Jens W., Jesco H., Jessica, Joachim B., Joachim E., Joachim H., Joachim R., Jochen N., Johannes B., Johannes K., Johannes R., Johannes Z., John H., Johnny D., Jonas A., Jörg F., Jörg L., Jörg S., Jörg W., Judeth, Julian, Julian J., Julian M., Jürgen K., K.N., Kai, Kai, Kai T., Kai-Oliver K., Karsten, Karsten L., Katharina Sch., Kathrin G., Katti, Kaweh, ker0zene, Kerstin, KiMasterLian, Klaus B., Klaus H., kmr, kpep, Kristian S., Kristin H., Lars, Lars F., Lars H., Lars S., Leo S., Leopold B., Lisa H., Lorenz L., Lothar, Lothar Sch., Lothar Z., Lukas F., Lukas K., Lukas S., Lukas W., M.B., Magnus K., Maik H., Maja I., Malte L., Malte Sch., Manniac, Manny, Manuel E., Manuel L., Manuel Sch., Marc E., Marcel, Marcel S., Marcel Sch., Marcel T., Marco, Marco K., Marco R., Marco S., Marcus, Marcus A., Marcus B., Marcus H., Marcus K., Marekki, Marga O., Maria, Mario, Mario H., Mario S., Mark F., Markus, Markus E., Markus S., Markus W., Markus, Marlene H., Martin, Martin B., Martin E., Martin K., Martin M., Martin R., Martin Sch., Martin T., Martin W., Marvin S., Mathias Sch., Mats S., Matthias, Matthias B., Matthias F., Matthias H., Matthias K., Matthias S., Matthias Sch., Max, Max M., Medienwächter, Merrick, Michael, Michael D., Michael E., Michael H., Michael K., Michael M., Michael P., Michael S., Michael Sch., Michael T., Micky, Mike E., moa, MrB, ms, Nabil T., NaturalBornKieler, Nico E., Nicolaj, Niko M., Nilz B., Nina, noir, nrwbasti, Nube, Oleg W., Oliver D., Oliver H., Oliver K., Oliver M., Oliver O., Oliver S., Oliver Sch., Olli, Pascal, Pascal A., Patrick, Patrick B., Patrick D., Patrick G., Patrick S., Paul B., Paul Z., Pekka R., Peter, Peter A., Peter C., Peter E., Peter G., Peter L., Philipp L., Philipp M., Philipp S., Pommes, R., Rahel Z., Rainer B., Rainer S., Rainer T., Ralf D., Ralf M., Ralph K., Rangi, Raphael M., Reemt R., René, Rene C., René W., Rhanjid, Richard, RisingEd, Robert, Robert H., Robert K., Robert W., Robin B., Robin J., Rocky G., Rolf Sch., Ronald F., Ronny K., Ronny R., S.B., S.W., Sabine L., Samuel D., Samuel J., Sandra S., Sandro K., Sara, Sarah H., Sarah K., Sascha B., Sascha P., Seb, Sebastian, Sebastian D., Sebastian F., Sebastian G., Sebastian K., Sebastian S., Sebastian St., Simon B., Sören H., soundZ, Spot, Stefan B., Stefan H., Stefan K., Stefan L., Stefan M., Stefan M., Stefan S., Stefan W., Steffen, Stephan K., Stephan R., Stephan T., Stephan U., Stephen, Steven L., Sven, Sven D., Sven H., Sven R., Sven S., Swen W., symsy, Tbo, The Roach, Theo, Thomas, Thomas B., Thomas C., Thomas H., Thomas K., Thomas L., Thomas M., Thomas N., Thomas P., Thomas Sch., Thomas T., Thomas W., Thorsten, Till G., Tim H., Tim N., Tino M., TM, Tobi, Tobi R., Tobias, Tobias B., Tobias G., Tobias K., Tobias M., Tobias P., Tobias R., Tobias S., Tobias T., Tobias V., Tom, Tom Z., Tommy E., Tommy K., Toni Z., Torge B., Torsten, Ulf S., Uli, Ulli M., Ulrich E., United, Urs Sch., Uwe, Uwe Sch., Vera H., Vincent, Volker D., Volker G., W.S., Wieland S., Wilhelm W., xeniCds, XFame, Zeppelin — und alle anderen, auch die vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!
Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Nachricht: Die ARD hat die Ausstrahlung ihres Programms über den Satelliten Hotbird/Eutelsat eingestellt. Am 8. Juni 2010.
Was sagen Sie? Das sei keine wichtige Nachricht — und vor allem keine aktuelle? Na, da kennen Sie aber “Bild” und Bild.de schlecht.
So berichtet Bild.de seit gestern über die mehr als sechs Monate zurückliegende (und noch viel länger angekündigte) Abschaltung:
Die ARD, der “Bild” sonst bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Verschwendungssucht unterstellt, nennt finanzielle Erwägungen als Grund, doch die will Bild.de ausnahmsweise nicht gelten lassen:
Grund für das Aus der ARD: Angeblich ist die Übertragung über den Satelliten “Hot Bird” zu teuer.
Merkwürdig nur: Die Bundeswehr hat der ARD sogar angeboten, einige Programmteile – Tagesschau und Regionalprogramme aus den Heimatregionen der Soldaten – über ihre eigene Satellitenverbindung nach Afghanistan zu übermitteln.
Das lehnten die ARD-Sender mit Hinweis auf rechtliche Gründe bisher ab.
Dass Bild.de – anders als der ARD – die Rechte am Material Dritter eher egal sind, hat die Seite schonoftgenugbewiesen.
Klar, dass die Empörung nicht lange auf sich warten ließ:
Zu diesem Zeitpunkt hielt sich Bild.de nicht länger mit einseitiger Berichterstattung auf — jetzt wurde schlicht gelogen:
Keine Christvesper, keine Christmette und schon gar keine Tagesschau für die Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan!
Denn: Die ARD stellt die Ausstrahlung ihres Programms am Hindukusch ein. Und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten!
(Hervorhebung von uns.)
Noch am Nachmittag hatte sich die ARD bemüht, über Pressemitteilungen ihre Entscheidung zu verteidigen, und erklärt:
Die Berichterstattung über den Fernsehempfang für Soldaten in Afghanistan sorgte heute für einige Irritationen und erweckt in weiten Teilen einen falschen Eindruck.
Die Ausstrahlung von Das Erste über den Satelliten Hotbird/Eutelsat wurde bereits im Juni 2010 eingestellt, da die Nutzung dieses zusätzlichen Angebots in Deutschland kaum noch nachgefragt wird. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte waren angesichts der Sparbemühungen für diese Entscheidung ausschlaggebend. Für eine weitere Ausstrahlung über Hotbird/Eutelsat hätte die ARD einen Betrag von knapp einer Million Euro pro Jahr zahlen müssen.
Außerdem falle eine Versorgung außerhalb Deutschlands eh nicht in den Aufgabenbereich der ARD:
Für den Auslandsrundfunk hat der Bundesgesetzgeber eigens die Deutsche Welle geschaffen. Zudem können ARD-Angebote auch über das Internet genutzt werden, etwa über www.tagesschau.de oder die Mediatheken.
Den drei “Bild”-Reportern, die da bereits an einem großen Artikel arbeiteten, war diese Stellungnahme freilich egal: Rolf Kleine, Paul Ronzheimer und Guido Brandenburg veröffentlichten heute einen großen Seite-2-Artikel, der die selbst geschürte “Riesenwut auf die ARD” aufgriff.
Politiker wie der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier; der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP); der CDU-Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck; der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und der FDP-Medienexperte Burkhardt Müller-Sönksen dürfen sich lautstark über die Abschaltung empören und werden damit bewusst oder unbewusst zu Kronzeugen der “Bild” Kampagne. Im Büro des Wehrbeauftragten Königshaus sagte man uns, man wisse natürlich seit Juli von der Abschaltung, freue sich aber über die Aufmerksamkeit, die bisher ausgeblieben sei.
Rolf Kleine, auch sonst nicht für ruhige Töne bekannt, erklärt in seinem Kommentar:
Kleine sieht seine Chance gekommen, eine direkte Brücke von den ARD-losen Soldaten hin zu den (laut “Bild” ja eh schon immer viel zu hohen) Gebühren zu schlagen, und betätigt sich als Milchmädchen:
Was machen die ARD-Gewaltigen eigentlich mit den Gebühren-Milliarden, die wir ihnen Jahr für Jahr in die Kassen spülen – wenn am Ende nicht mal 300000 Euro für die Übertragung nach Afghanistan übrig sind? Denn die restlichen 700000 Euro zahlen die Soldaten mit ihren GEZ-Gebühren ohnehin selbst.
Nun zahlen die Soldaten ihre “GEZ-Gebühren” natürlich primär für die Erstellung von Inhalten bei den Radio- und Fernsehprogrammen von ARD, ZDF und Deutschlandfunk und nicht ausschließlich, um damit die Übertragung des ARD-Fernsehprogramms zu finanzieren.
Kleine verkündet:
Aus Solidarität mit unseren Soldaten schmeißt BILD heute das ARD-TV-Programm raus! Wir sind sicher: Unsere Leser sind genauso empört über die ARD wie wir!
Dabei muss man sich jetzt nicht vorstellen, dass ein armer Praktikant die ARD aus den Redaktionsfernsehern bei “Bild” löschen musste — “Bild” war viel pragmatischer:
Warum die Solidarität von “Bild” ein halbes Jahr auf sich warten ließ, wissen wir nicht. Vielleicht wollte die Zeitung ihrem Liebling Karl-Theodor zu Guttenberg mal wieder Gelegenheit bieten, sich zu profilieren — oder es handelt sich um die Rache für die brandneue iPhone-App der “Tagesschau”, die viele Verleger als “Wettbewerbsverzerrung” empfinden.
Mit Dank an K.N., noir, Matthias B., Peter, Sebastian D., André H. und Alex F.
Nachtrag, 16.10 Uhr:Dafür wird sich “Bild” morgen sicher noch gebührend feiern:
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1. “Man muss nur die richtige Frage stellen” (faz.net, Melanie Mühl)
Melanie Mühl spricht in der “FAZ” von einer Kampagne gegen den von Stephanie zu Guttenberg präsidierten Verein “Innocence in Danger”: “Der Verein ‘Innocence in Danger’ hat sich nicht geweigert, seine Zahlen zu veröffentlichen. Er hat das Interesse, dass über ihn hereingebrochen ist, einfach unterschätzt und das Ultimatum eines Journalisten nicht eingehalten. (…) Am Ende bleibt von allen Vorwürfen nichts.”
3. “Wikileaks” (weltwoche.ch, Roger Köppel)
Anders als Privatpersonen haben Staaten keine schützenswerte Intimzone, findet Roger Köppel: “Es ist bizarr, wenn sich Journalisten für Geheimhaltung und Verschleierung im Namen der Staatsräson einsetzen. Menschen, Bürger, im Privatsektor tätige Unternehmer und Angestellte sind vor der Macht des Staates und der Medien im Zweifelsfall zu schützen, aber sicher nicht das Machtmonopol selber, das in Schach zu halten und zu durchleuchten die nobelste Aufgabe der Journalisten ist.”
4. “Überfordert von Transparenz?” (notes.computernotizen.de, Torsten Kleinz)
Torsten Kleinz fragt angesichts der Medienberichterstattung zu Wikileaks: “Ist das zu viel Transparenz für uns?”: “Wo sind die Mechanismen, die echte Skandale von Banalitäten, die Hörensagen von Fakten und Recherche unterscheiden? Wo sind die Leser, die mehr lesen wollen als ihre eigene Meinung?” Anhand einer falschen Meldung über den Schauspieler Mark Ruffalozeigt er auf, wie mühsam erarbeitete Transparenz ignoriert wird.
5. “Instyle Men vs. Gala Men” (klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
“Instyle Men” lässt James Dimon, CEO von JPMorgan Chase & Co., 13 Milliarden Euro im Jahr verdienen. “Wenn Spiegel Online die Quelle ist, kann’s nicht falsch sein, hat sich der Redakteur wohl gedacht. Ein paar Klicks mehr hätten gezeigt: Spiegel Online lässt Jamie Dimon nicht Milliarden verdienen, sondern ‘nur’ 13 Millionen Euro.”
6. “Vom Argwohn gegenüber der eigenen Saturiertheit” (blog.dummy-magazin.de, Oliver Gehrs) Gentrifizierung in Berlin: Oliver Gehrs fragt sich, “warum denn all diese Reporter, die dem authentischen Osten so nachweinen nicht nach drüben gehen, wie es früher bei Springer hieß. Zum Beispiel nach Schwedt an der Oder. Da gibt’s den Osten nämlich noch.”
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2. “Undurchsichtige Finanzen, dubiose Methoden” (berlinonline.de, Katja Tichomirowa und Matthias Thieme)
Katja Tichomirowa und Matthias Thieme begutachten den Verein “Innocence in Danger”, der durch die RTL2-Sendung “Tatort Internet” und die Präsidentin des Vereins, Stephanie zu Guttenberg, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Das Fazit: “Ein massenwirksames Brimborium zum Schaden echter Opferhilfe – finanziert mit Spenden.”
3. “Wikileaks und die Medien” (dondahlmann.de)
Don Dahlmann zum gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zwischen Wikileaks und den Medien: “Einerseits zeigt es, dass Wikileaks ohne die Hilfe der Medien nicht in der Form existieren könnte, andererseits sieht man auch, dass die Medien ohne Wikileaks derartige Daten nicht bekommen würden, oder die Gefahr bestünde, dass sie aus politischer Rücksichtsnahme nicht an die Öffentlichkeit kämen.”
5. “Das Buch als Geldbäumchen” (online-merkur.de, Kathrin Passig)
Kathrin Passig denkt über das gedruckte Buch nach: “Eines Tages wird man es betrachten wie heute das wändefüllende Schallplattenregal: als exzentrisches, ein wenig rückwärtsgewandtes und beim Umzug beschwerliches Wohnaccessoire.”
6. “Ich nehme mir ein Recht” (lawblog.de, Udo Vetter)
Udo Vetter ärgert sich, dass sein Haus bei Google Street View unkenntlich gemacht wurde: “Das ärgert mich nicht nur diffus, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Mir gehört nicht nur eine Wohnung in dem Haus. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Vermietungschancen durch die Verpixelung des Objekts sinken.”
Mindestens genauso spannend wie das, was in der Zeitung steht, ist ja häufig das, was nicht in der Zeitung steht.
Aber erst mal zurück zu dem, was tatsächlich gedruckt wird:
Seit dem Start von “Tatort Internet” berichtete “Bild” immer wieder wohlwollend über die RTL2-Sendung. Stephanie zu Guttenberg, First Lady von “Bilds” Gnaden und Gastmoderatorin der ersten Ausgabe, wurde für ihr Engagement gefeiert und zur “Gewinnerin” ernannt (BILDblog berichtetemehrfachdarüber).
Am 12. November vermeldete “Bild” auf Seite 2:
“Tatort Internet” verstößt nicht gegen Jugendschutz
München – Wichtiger Erfolg für die RTL-2-Reihe “Tatort Internet”: Die TV-Sendung verstößt nicht gegen die Jugendschutzbestimmungen! Das bestätigte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Der KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring sagte, dass die Gefahren des sexuellen Missbrauchs im Internet durch diese Sendung “ein Stück weit breiter diskutiert” und neue Zielgruppen erreicht würden.
Vergangene Woche sprach der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann bei einem Symposium der Initiative “White IT” in Hannover mit Fachleuten von Polizei und Wirtschaft über die Bekämpfung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch jenseits medialer Show-Effekte. Im Rahmen der Veranstaltung wurde “Tatort Internet” mehrfach kritisiert — so forderte die EU-Abgeordnete Sabine Verheyen (CDU) von den Medien “gehaltvolle Information” und setzte hinzu: “Damit meine ich nicht, was in der letzten Zeit über den Äther gegangen ist”.
Die Lokalredaktion Hannover jedoch ignorierte die Veranstaltung nahezu komplett und lud Minister Schünemann zum gemeinsamen Fernsehgucken, um seine Meinung zu “Tatort Internet” zu erfahren. Schünemanns durchaus differenzierte Antworten (“Eine ehrenwerte Idee.”, “Fahndung ist Aufgabe der Polizei, nicht von TV-Reportern.”) fasste “Bild” in der Überschrift so zusammen:
Diesen Dienstag teilte die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) mit, dass “Tatort Internet” gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstoßen habe: In den beiden ersten Folgen seien die potentiellen Täter nicht hinreichend unkenntlich gemacht worden, “so dass sie von ihrem sozialen Umfeld durchaus identifizierbar waren”.
Aber vielleicht hat sich der Autor einfach nicht vorstellen können, dass Karl-Theodor, wenn auch nur dieses eine Mal, nicht Nummer 1 sein könnte:
Sie sind DAS Glamour-Paar der Politik-Szene in Deutschland – Karl Theodor zu Guttenberg und seine Frau Stephanie. (…)
Haltung und Verantwortungsbewusstsein – das sind laut Vater Enoch DIE prägenden Charakterzüge der Guttenbergs. (…)
So wurde Karl-Theodor zu Guttenberg zu einem der besten Redner in der deutschen Politik. Und das politische Talent hat er wohl vom Großvater. (…)
“Trotz seines Aussehens, trotz seines finanziellen Hintergrundes erzeugt er keinen Neid. Da ist was ganz besonders in Deutschland. Wenn heute einer Geld hat und gut aussieht, erzeugt er meistens Neid bei anderen Menschen”, sagt die Adels-Expertin Stephanie von Pfuel. (…)
Guttenberg hingegen weckt Begeisterung wo immer er auftritt. (…)
Wird er womöglich Kanzler?
Wer den Film gesehen hat, bekommt den Eindruck: Hier will einer auf dem Teppich und seinen Überzeugungen treu bleiben.