Suchergebnisse für ‘focus’

Focus  

Kachelmann erwirkt einstweilige Verfügung

Seit mehr als zwei Wochen sitzt der Meteorologe und TV-Moderator Jörg Kachelmann in Untersuchungshaft. Zwei Wochen, die mit immer hilfloserer Berichterstattung gefüllt wurden, denn noch immer gibt es nichts Neues, worüber man schreiben könnte.

Außer vielleicht die Entscheidung des Kölner Landgerichts in der vergangenen Woche, das der Focus Magazin GmbH verbot, “Details zum angeblichen Tat- und Nachtatgeschehen sowie zur rechtsmedizinischen Untersuchung der Anzeigenerstatterin aus der Ermittlungsakte im Kachelmann-Verfahren” zu veröffentlichen, so Kachelmanns Anwalt.

Der “Focus” hatte in seiner Ausgabe vom 29. März ausführlich aus den Ermittlungsakten zitiert und zahlreiche Details aus den Aussagen der Frau wiedergegeben, die Kachelmann wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Noch am Veröffentlichungstag erwirkte Jörg Kachelmanns Anwalt Prof. Ralf Höcker vor der Pressekammer des Landgerichts Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Zeitschrift.

Höcker erklärte dazu in einer Pressemitteilung:

Ermittlungsakten gehören nicht in die Öffentlichkeit, denn Ermittlungsverfahren werden bei der Staatsanwaltschaft und vor Gericht geführt und nicht in den Medien. Derart verfrühte Spekulationen zum Tathergang und zur Schuldfrage können das Bild eines Beschuldigten in der Öffentlichkeit so massiv beeinträchtigen, dass auch ein späterer Freispruch diesen Makel nicht mehr ausräumen kann.

Eine verhängnisvoll Affäre.

Der “Focus” hat den Artikel, der im Inhaltsverzeichnis mit “Die Vorwürfe gegen Jörg Kachelmann sind schlimmer als bislang bekannt” beworben worden war, aus dem eigenen Online-Archiv und aus weiteren Archiven entfernt, doch die Details aus den Ermittlungsakten sind noch immer in Umlauf: Denn noch ehe das Heft am Kiosk lag, hatte der “Focus” schon mal vorab eine “Kurzfassung” veröffentlicht, die von anderen Medien dankbar aufgegriffen wurde. Und weil die einstweilige Verfügung nur für die Focus Magazin GmbH gilt, kann im Moment auch noch bei “Focus Online” stehen, was die Print-Kollegen in den Ermittlungsakten gefunden haben.

Kachelmanns Anwalt Ralf Höcker erklärte uns gegenüber, dass seine Kanzlei zahlreiche Unterlassungserklärungen versandt habe, die von fast allen Medien unterschrieben worden seien. Und tatsächlich haben Webseiten wie Sueddeutsche.de oder general-anzeiger-bonn.de inzwischen ihre Artikel zum Thema offline genommen. Andere Onlinemedien gaben auf Anfrage an, noch keine Anwaltspost bekommen zu haben.

Der Sprecher des Landgerichts Köln berichtete uns, dass weitere Verfahren von Jörg Kachelmann gegen verschiedene Medien anhängig seien.

Nachtrag, 8. April: Nach einer weiteren einstweiligen Verfügung gegen “Focus Online” ist der Artikel auch dort offline genommen worden.

2. Nachtrag, 14. Mai: Auch nach der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht Köln die Einstweilige Verfügung gegen den “Focus” aufrecht erhalten. Die Presse habe “aus gutem Grund” kein Einsichtsrecht in die Ermittlungsakten eines Strafverfahrens — die Akten seien vielmehr durch das Strafgesetzbuch gegen unbefugte Preisgabe geschützt, wie Kachelmanns Anwalt aktuell vermeldet.

Welt Online  etc.

Der endlich gefallene Hartz-IV-Groschen

Die Geschichte von der Kellnerin, die 109 Euro weniger verdient als ein Hartz-IV-Empfänger, ist eine Geschichte voller Missverständnisse, die nicht nur von staunenden Medien, sondern auch von einem kommentarfreudigen Außenminister handelt:

Es war einmal am 6. Februar ein Artikel in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, der besagte, im Niedriglohnbereich hätten bestimmte Arbeitnehmer am Monatsende weniger in der Tasche als ein vergleichbarer Hartz-IV-Empfänger. Obwohl die “FAZ” bei diesen Berechnungen wichtige Faktoren außer Acht gelassen hatte (BILDblog berichtete), wurden diese unvollständigen Zahlen von zahlreichen Medien unter grob vereinfachenden Schlagzeilen wie “Diese Jobs bringen weniger Geld als Hartz IV” (“Welt Online”) oder “In diesen Branchen lohnt sich die Arbeit nicht mehr!” (Bild.de) weiterverbreitet.

Aus letztgenanntem “Bild”-Artikel wiederum bediente sich laut einem FDP-Sprecher Guido Westerwelle für seinen mittlerweile legendären Kommentar in der “Welt”. Um die Gefahr des Abdriftens in “spätrömische Dekadenz” zu unterstreichen, nannte der FDP-Chef das Beispiel einer verheirateten Kellnerin mit zwei Kindern, die angeblich 109 Euro weniger verdient als ein Hartz-IV-Empfänger — denn genauso stand es in der Tabelle mit den unvollständig berechneten Zahlen, die “Bild” aus dem “FAZ”-Artikel übernommen hatte. Es folgten ein großes Medienecho und eine hitzige Debatte über alles mögliche, nur nicht über den Wahrheitsgehalt der Westerwelle’schen Beispielrechnung.

Als Anfang März der Paritätische Wohfahrtsverband eine Gegenstudie veröffentlichte, in der die Zahlen der “FAZ” widerlegt wurden, berichteten verschiedene Medien darüber — so auch “Die Welt”. Dort stand unter anderem, dass Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, beklagte, Guido Westerwelle berufe sich auf “äußerst dubiose Rechenbeispiele” (BILDblog berichtete). Für “Welt” und andere Medien ein Anlass, diese Vorwürfe zu überprüfen? Nein.

Erst als zu Beginn dieser Woche – und damit über sechs Wochen nach dem ersten “FAZ”-Bericht – eine kleine Anfrage der Partei “Die Linke” ergab, dass Westerwelles Rechenbeispiel nicht stimmig ist, berichtet “Welt Online” — wieder ohne selbst nachzuprüfen:

Sozialstaatsdebatte: Hat Westerwelle bei Hartz IV falsch gerechnet?

FDP-Chef Guido Westerwelle ist nach einem Zeitungsbericht zu Beginn seiner Hartz-IV-Debatte im Februar von falschen Voraussetzungen ausgegangen.

Und wenn die Journalisten noch nicht gemerkt haben, dass sie das alles erst möglich gemacht haben, dann tappen sie noch heute im Dunkeln.

Mit Dank an Gesine D.

Super Freelancers, Roger Köppel, Fakten-TÜV

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Tom Rosenstiel
(focus.de, Leif Kramp und Stephan Weichert)
Zumindest in den USA hätten Journalisten erkannt, “dass das Internet ein spektakuläres Werkzeug ist, um Inhalt zu erzeugen”, stellt Tom Rosenstiel fest. In Zukunft sieht er Journalisten aufgeteilt: “Wir werden deshalb eine Kombination aus angestellten Journalisten erleben, die nicht so gut bezahlt sein werden wie in der Vergangenheit, und sehr prominenten Journalisten, die für verschiedene Medien arbeiten und praktisch als eigene Marke auftreten: die ‘Super Freelancers’.”

2. Interview mit Jörg Künkel
(fachmedien.net, Roland Karle)
Zeitschriftenentwickler Jörg Künkel empfiehlt einen kleinen Test, um herauszufinden, “welcher Titel ein klares inhaltliches Profil hat und welcher nicht”: “Legen Sie Ihren Lesern Beiträge aus dem eigenen Heft und aus Konkurrenzmedien vor – nicht gestaltet, sondern nur als Text – und fragen Sie sie, aus welcher Zeitschrift der Beitrag stammen könnte.”

3. “Product Placement: Was künftig geht – und was nicht”
(dwdl.de, Jochen Voß)
Dwdl.de startet eine dreiteilige Serie zu den ab morgen erlaubten Produktplatzierungen im Fernsehen.

4. Interview mit Roger Köppel
(a-z.ch, Max Dohner)
Roger Köppel, Chef der “Weltwoche”, gibt Auskunft über seine Vorstellung von Journalismus: “Wenn es eine gefährliche Berufskrankheit gibt, nicht nur unter Journalisten, dann ist es die, sich zu fragen, was die anderen denken, wenn ich das oder das tue.” Lesenswert ist auch das Mitte März im “Spiegel” erschienene Porträt von Marc Hujer.

5. “Entschleunigte Fakten”
(notes.computernotizen.de, Torsten Kleinz)
Torsten Kleinz denkt nach über den von “Netzwerk Recherche” geforderten “Fakten-TÜV”: “Statt eine illusorische ‘systematische Überprüfung aller Medieninhalte’ anzugehen, kontrolliert die Stiftung Faktentest stichprobenartig die Verlässlichkeit der Medien. Die klügsten Köpfe des Journalismus werden auf die Richterbank des Bundesverfaktungsgerichts gerufen.”

6. “Ein Schreiben vom Chefredakteur”
(off-the-record.de, Spießer Alfons)
Ein Brief von Chefredakteur Peter Pustekuchen an die “Mode-, Kosmetik-, Food- und Pharma-Branche”: “Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass in Zukunft für diese PR-Beiträge ein Zeilenhonorar fällig wird, das Sie pro Zeile an den Verlag zu entrichten haben.”

Eine Meldung für die Saure-Gurkhas-Zeit

Seit gestern macht eine Meldung die Runde:

Filmemacher Matthew Vaughn hat genug von irren Stalkern: Schiffer-Ehemann: Elite-Soldaten schützen meine Familie!

Claudia Schiffer + Matthew Vaughn: Gurkha-Kämpfer zum Schutz vor Stalkern. Nachdem Claudia Schiffer und Matthew Vaughn immer wieder unschöne Begegnungen mit Stalkern hatten, lässt sich das Paar seit einigen Jahren von einer Gruppe nepalesischer Ex-Soldaten schützen

Claudia Schiffer: Ihr Mann hat Angst um sie

Verbrechensprävention: Ex-Soldaten beschützen Claudia Schiffer

Mittwoch, 24. März 2010: Claudia Schiffer wird von Elite-Soldaten bewacht

Claudia Schiffer: Elitesoldaten als Leibgarde. Claudia Schiffer geht nur noch in Begleitung von nepalesischen Elitesoldaten aus dem Haus. Ihr Ehemann hat so große Sorge um seine Frau, dass er die "trainierten Killer" engagiert hat.

Leibwache: Claudia Schiffer wird von Elite-Soldaten geschützt. Topmodel Claudia Schiffer wird sehr gut bewacht. Ihr Mann Matthew Vaughn ist so um das Wohl der Familie besorgt, dass er Gurkhas – eine nepalesische Sondereinheit der britischen Armee – angeheuert hat. „Sie sind großartige Leute. Und sie sind trainierte Killer", sagte der britische Filmemacher.

Schiffers Ehemann heuert trainierte Killer an

Die Information mit den Ex-Soldaten haben die meisten Medien von der Deutschen Presse-Agentur, die dieses Detail aus einem eher umfangreichen und thematisch vielschichtigen Interview destilliert hat, das Claudia Schiffers Ehemann Matthew Vaughn der britischen “Sun” gegeben hat.

Allerdings hat dpa auch noch selbst etwas recherchiert:

Schiffers Sprecherin bestätigte der dpa am Mittwoch in London, dass die Gurkhas “seit langem” zum Personal der Familie gehören.

Um dieses “seit langem” genauer zu quantifizieren, hätten dpa oder Teile der weiter verbreitenden Medien nur einen Blick in ihre eigenen Archive werfen müssen:

28.12.2004 Vorsichtiges Model: Elitesoldaten bewachen Claudia Schiffer

28. Dezember 2004, 15:21 Uhr Personenschutz: Nepalesen wachen über die Schiffers

Claudia Schiffer (34), Supermodel, und Ehemann Matthew Vaughn (33) setzen beim Personenschutz einen neuen Trend. Nach einem Bericht des "Daily Mirror" hat das Paar zur Bewachung britische Gurkhas angeheuert. Die zur britischen Armee gehörenden Eliteeinheiten aus Nepal sind für ihre Unerschrockenheit bekannt. Schiffer-Freundin Madonna soll so beeindruckt gewesen sein, daß sie die Ex-Soldaten auch für ihren Schutz einsetzen will.

Claudia Schiffer holt sich die härtesten Bodyguards der Welt

Claudia Schiffer heuert Elite-Soldaten an: Gurkhas schützen ihr Haus

Andererseits wäre bei so einem Gang ins Archiv vielleicht aufgefallen, dass es eigentlich keinen Grund für die jetzige Meldung gab.

Mit Dank an Judeth.

Perlentaucher, Bunte, Sport-Tag

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Fantasie über die Zukunft des Schreibens”
(perlentaucher.de, Thierry Chervel)
Der “Perlentaucher” wird 10 Jahre alt und liest dazu einen Artikel über Amazon in der “Süddeutschen Zeitung” von 2001: “Schon heute dürfte Amazon in die Netz-Geschichte als eines der am stärksten überschätzten Unternehmen eingehen, ein Riesenbluff, der im Vertrauen auf den steigenden Aktienkurs wirtschaftete und die Aktionäre nicht mit Bilanzen versöhnte, sondern mit den Anekdoten und dem ansteckenden Lachen des Firmengründers Jeff Bezos.”

2. Interview mit Thierry Chervel
(meedia.de, hs)
Thierry Chervel wundert sich, warum nur so wenige Journalisten ins Internet drängen. “Als wir den Perlentaucher gegründet haben, dachten wir, da tut sich ein riesiges Pionierland auf und alle Journalisten werden sich darauf stürzen, um sich aus den traditionellen Hierarchien zu lösen. Am Ende standen wir dann ein bisschen alleine da.”

3. “‘Bunte’ bringt falschen Oscar auf den Titel”
(wuv.de)
Auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe der “Bunte” prangt eine “Goldene Spectra”, eine Auszeichnung, die die Zeitschrift “jede Woche in ihrer Print-Kolumne ‘Die Bunte-Woche’ selbst vergibt”. Illustriert wird damit die Geschichte “Oscar-Gewinner Christoph Waltz – Unser neuer Weltstar”.

4. “Augen zu statt gerade aus beim ‘Focus'”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
“Print-Häuser sollten sich jene Redakteure schnappen, die in einem besonderen Bereich besonderes Wissen und besondere Leidenschaft entwickelt haben. Denn sie sind es, die ihre Redaktion von anderen unterscheidet. Sie sind es, die motivierter sind.”

5. Interview mit Ai Weiwei
(dradio.de, Liane von Billerbeck)
Der chinesische Künstler Ai Weiwei verteidigt die Möglichkeiten des Internets: “Sie können im Westen durchaus skeptisch gegenüber den Möglichkeiten des Bloggens, des Internets sein, aber im Osten sieht die Lage ganz anders aus. (…) Das Bloggen ist für uns ein Lichtstrahl in einem vollständig dunklen Zimmer und deshalb schätzen wir es auch so stark. Wir hängen sogar davon ab.”

6. Interview mit Michael Hahn
(tagesspiegel.de, Lucas Vogelsang)
Michael Hahn, Verleger der neu erscheinenden täglichen Sportzeitung “Der Sport-Tag”, hegt keine Zweifel am Zeitungsgeschäft. “Und ich kann Ihnen versichern, dass nicht einmal meine Enkel in der U-Bahn von iPad-Menschen umgeben sein werden. Das garantiere ich Ihnen, auch wenn es vielleicht nicht in Ihr Weltbild passt.”

Merian, Politico, Breaking News

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Wo Merian draufsteht, ist Mercedes drin”
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Das Sonderheft “Formel 1” der Zeitschrift “Merian”: Während der Mediendienst “Meedia” noch am Dienstag “mit ihrem Formel eins-Heft kehrt die Chefreaktion zu ihren journalistischen Wurzeln zurück” urteilte, schrieb Stefan Winterbauer am Donnerstag: “Das fertige Zeitschriften-Produkt allerdings dürften auch Profis kaum von einem Kundenmagazin unterscheiden können.” Lesenswert dazu ist auch der Beitrag von Manfred Scharnberg auf freelens.com.

2. “Woher wusste ‘Bild’ vom ‘Fall Käßmann’?”
(sueddeutsche.de, Antje Hildebrandt)
Die Staatsanwaltschaft Hannover erhält vier Strafanzeigen wegen Geheimnisverrats, gegen unbekannt. “Adressaten sind aber zumindest in einem Fall die Hannoveraner Polizei und Bild: Ein Hannoveraner Anwalt wirft den Polizeibeamten vor, sie hätten dem Blatt vertrauliche Informationen über den Vorfall gesteckt – angeblich gegen Geld.”

3. Interview mit Jim VandeHei
(focus.de, Leif Kramp und Stephan Weichert)
Einer der Gründer von “Politico”, Jim VandeHei, im Gespräch: “Die Zeitung ist nur ein Ableger, der Kern von ‘Politico’ ist unsere Website. Unser Geheimrezept ist: Baue ein Nachrichtenangebot rund um eine Internetseite auf, nicht um eine Zeitung.”

4. “Wir Medienpraktikanten!”
(laurencethio.de)
Laurence Thio startet eine neue Interviewreihe mit Medienpraktikanten. Zuerst spricht er mit Adrian, der “ein mehrmonatiges Praktikum bei der Produktionstechnik der RBB-Abendschau” gemacht hat. “Ich habe auch mal den Monitor getragen und eingestöpselt oder mal Sachen aus dem Auto geholt. Es lief im Endeffekt aber darauf hinaus, dass ich im Grunde immer nur das Stativ getragen habe.”

5. “Hinter all diesen Türen”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Eine Pressemitteilung der Bremer Polizei, “unglaublich, aber wahr”.

6. “Breaking News”
(theonion.com, Video, 1:53 Minuten, englisch)
“Breaking News” sind in vielen Fällen von zweifelhafter Relevanz. “The Onion News Network” über “Some Bullshit Happening Somewhere”.

sid  

Like A Virgin

Es ist ja schon erstaunlich, aus was für Kleinigkeiten Bild.de manchmal so Meldungen fabriziert:

Englands Fußball-Latte: Peter Crouch wäre gern eine Jungfrau

Und wie die dann auch noch anmoderiert werden:

Was ist denn auf der Insel los? Ausgerechnet der England-Profi, der eine der heißesten Spielerbräute überhaupt an seiner Seite hat, wäre gern eine Jungfrau!

Peter Crouchs (29) irre Beichte.

Auf die Frage, was er statt eines Fußballers gern geworden wäre, erwiderte der England-Star: “Eine Jungfrau.”

Wer soll ihm das denn glauben? Schließlich ist er mit Unterwäsche-Model Abigail Clancy (24) zusammen. Und die ist das fleischgewordene Gegenteil von keuscher Jungfräulichkeit.

Glauben muss ihm das niemand, weil er es nicht gesagt hat. Und wenn er es gesagt hätte, dann nicht jetzt, sondern “einmal”.

Bild.de hat diese gewagte Übersetzung eines älteren Zitats offensichtlich vom Sportinformationsdienst (sid), der anlässlich Crouchs Wahl zum lustigsten Mann im britischen Sport folgende Gaga-Meldung veröffentlichte:

Der englische Fußball-Nationalstürmer Peter Crouch wurde zum lustigsten Sportler Großbritanniens gewählt. Den Sieg bei der Wahl verdankt Crouch seiner Antwort auf die Frage, was er statt eines Fußball-Profis gerne geworden wäre. “Eine Jungfrau”, hatte Crouch darauf geantwortet.

“Na, wenn man mit so was lustigster Sportler wird, kann es um den berühmte britischen Humor ja nicht zum Besten bestellt sein”, dachte bei “RP Online”, “Focus Online” oder Handelsblatt.com offenbar niemand, und so wurde diese merkwürdige Geschichte munter weiterverbreitet, wenn auch nicht derart aufgeblasen wie bei Bild.de.

Dabei war der Spruch im englischen Original sogar noch wirklich lustig:

The 6ft 7in striker won top billing for a cheeky response to the question: “What would you be if you weren’t a footballer?”

The Spurs targetman replied: “A virgin.”

Auf die Frage, was er wäre (nicht: geworden wäre), wenn er nicht Fußballer wäre, hatte der nicht sonderlich attraktive Stürmer also geantwortet: (noch) Jungfrau.

Mit Dank an Matthias F.

ORF, Griechenland, Demokratie

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “ORF: 24 Stunden in fünf Minuten”
(wissenbelastet.com, Video, 5:08 Minuten)
24 Stunden Programm des Senders ORF1 werden auf 5 Minuten komprimiert und mit den Zuschauerzahlen dazu versehen. “Interessant ist das Verhältnis zwischen Werbung und Nachrichten. In den 24 Stunden gab es rund 44 Minuten (3,1%) lang Werbung und etwas mehr als 39 Minuten (2,7%) Nachrichten. ORF1 sendet also mehr Werbung als Nachrichten.”

2. “Wie ich einen schönen Kommentar kaputt recherchierte”
(wdrblog.de, Paul Elmar Jöris)
WDR-Journalist Paul Elmar Jöris beschreibt, wie er einmal einen Kommentar nicht schrieb: “Nach den Recherchen war es nämlich nichts mehr mit einem fetzigen Kommentar.”

3. “Griechenland als Feindbild”
(ndr.de, Video, 6:31 Minuten)
Medien wie “Bild” oder “Focus” stellen Griechenland wie ein Land von Betrügern dar – auch wenn die allermeisten Griechen an den aktuellen Problemen höchst unschuldig sind.

4. “Was kann man von Googles Geschäftsbericht 2009 lernen?”
(blog.largeneuroncollider.com, Andreas Braendle)
Andreas Braendle hat sich den “Annual Report 2009” von Google mal genauer angesehen.

5. “Winnenden – ein Jahr nach dem Amoklauf”
(dradio.de, Uschi Götz)
“Rund um den Ort der Gedenkfeier” hat die Stadt Winnenden ein “Film- und Fotografierverbot” ausgesprochen – zugelassen werden nur die dpa und der Südwestrundfunk. “Den übrigen Pressevertretern steht eine Tribüne im Freien zur Verfügung. Sie können dort – auf Distanz zu den Trauernden – die Übertragung der Gedenkfeier auf einer Leinwand verfolgen.”

6. “Vorsicht, die Demokratie kommt!”
(thilo-baum.de)
Thilo Baum fragt sich, warum hiesige Medien wie die “Tagesschau” die “enorm wichtige Rolle” des Internets “für Demokratie und Pluralismus” vor allem im Ausland bemerken.

Bild  

Der tote “Grand-Prix-Kandidat” von Seite 1

Mark Pittelkau, einer der Chefreporter der “Bild”-Zeitung und sowas wie ihr Grand-Prix-Beauftragter, ist bei dem von Stefan Raab organisierten deutschen Vorentscheid eine unerwünschte Person. Wenn das Blatt bei den Pressekonferenzen von “Unser Star für Oslo” dabei sein will, muss es einen anderen Vertreter schicken.

Das ist nicht gerade förderlich für eine faire oder gar freundliche Berichterstattung in “Bild”, aber die erwarten die Leute um Raab von der Zeitung im Allgemeinen und Pittelkau im Besonderen ohnehin schon lange nicht mehr.

Eine einschneidende Erfahrung liegt zehn Jahre zurück: Damals vertrat Stefan Raab Deutschland beim Song Contest in Stockholm. Einen Tag vor dem Wettbewerb veröffentlichte “Bild” einen Artikel, der laut Raab frei erfunden war. Pittelkau hatte unter anderem behauptet, dass zwei 16-Jährige Mädchen Raab in Stockholm mit den Worten “Hadder denn da wat, un wenn ja, was hadder da” in den Schritt gegriffen hätten und der Moderator zum Frühstück Gummibärchen esse – wegen der Potenz.

Vier Jahre später war Raab wieder beim Grand-Prix, diesmal als Komponist und Mentor von Max Mutzke. Er hatte — im Gegensatz zu RTL, das seine Kandidaten mit Haut und Haaren der “Bild”-Zeitung ausliefert — erkannt, dass er für den Erfolg nicht auf das Wohlwollen und große Schlagzeilen von “Bild” angewiesen ist. Die “Bild”-Zeitung versuchte die Veranstaltung zunächst weitgehend totzuschweigen. Doch dann kam Pittelkaus Kollege Christian Schommers mit einer Enthüllung:

Grand-Prix-Max als Zechpreller überführt

Ein türkischer Hotelier, bei dem er seine Rechnung trotz Mahnungen nicht bezahlt habe, erhebe “schwere Vorwürfe” gegen Mutzke.

Die Geschichte hielt keiner Überprüfung stand: Das vermeintliche Opfer selbst widersprach. Um eine Gegendarstellung zu vermeiden, bot “Bild” nach Angaben von Raabs Management 5000 Euro und freundliche Berichterstattung. Mutzke lehnte ab. Ein Gericht zwang “Bild” dazu, eine lange Gegendarstellung zu veröffentlichen.

Wer “Bild” kennt, weiß, dass ihre Berichterstattung eher von solchen Vorgeschichten und einer Sortierung nach Freunden (Dieter Bohlen) und Feinden (Stefan Raab) bestimmt wird, als von irgendwelchen journalistischen Kriterien.

Insofern ist es auch konsequent, dass das Blatt über die Sendung “Unser Star für Oslo” seit ihrem Start vor sechs Wochen zumindest bundesweit nicht berichtet hat.

Bis gestern:

Mark Pittelkau konnte exklusiv enthüllen, dass ein völlig unbekannter Mann, der sich als einer von Tausenden beim Casting für die Show beworben hatte und dessen misslungenes Vorsingen in einem kurzen Clip bei “TV Total” zu sehen war, im Urlaub in Thailand gestorben ist — für “Bild” die Nachricht des Tages. Online zeigte Bild.de ein Dutzend Fotos des unbekannten jungen Mannes, Urlaubsbilder und Aufnahmen von früheren Auftritten auf irgendwelchen Bühnen, erzählte detailverliebt und tränenreich, dass er auf der Rückreise von einem Urlaub in Australien war, wo er sechs Wochen lang war und einen Freund besucht hatte, der Karim heißt und “vor Jahren Europa den Rücken gekehrt hatte” — zufälligerweise exakt jenes Europa, in dem es einen Schlagerwettbewerb gibt, an dem sein Freund Bobby Donner gerne teilgenommen hätte!

Heute verriet Pittelkau in einem weiteren großen Artikel neue Details über das Drama dieses völlig unbekannten jungen Mannes: Todesursache sei eine verschleppte Herzmuskelentzündung gewesen, die Leiche soll nächste Woche nach Deutschland überführt werden, die Mutter hat schon ein Grab ausgesucht. Daneben auch diesmal wieder ein Foto von Stefan Raab, der Bobby Donner vermutlich nie getroffen hat. “Bild” hat den Toten posthum sogar zum “Grand-Prix-Kandidaten” befördert.

Fast könnte man Mitleid haben mit Mark Pittelkau. Womöglich hat er wochenlang nach Schmutz gewühlt, mit dem er Raab und sein verdammtes Casting bewerfen kann, irgendeine schlimme Geschichte, um den Mann schlecht aussehen zu lassen, wie damals bei Max Mutzke. Und alles, was er gefunden hat, ist, dass einer der viereinhalb Tausenden Bewerber Monate nach dem Vorsingen unter tragischen Umständen im Ausland gestorben ist? Und der Skandal besteht darin, dass der Clip, wie er sich beim Vorsingen blamiert, danach noch einen Tag lang auf den Internetseiten von “TV Total” zu sehen war? (Iinzwischen ist er dort verschwunden, aber stattdessen auf Bild.de zu sehen, was man ironisch finden kann oder konsequent.)

Aber so lächerlich und durchschaubar das Aufblasen dieser Geschichte ist — es ist nicht lächerlich genug, dass anderen Medien sie nicht besinnungslos abschreiben würden. Seiten wie Quotenmeter.de und die Internet-Ableger von “Focus”, “Abendzeitung”, “Hamburger Morgenpost”, “Augsburger Allgemeine” u.v.a. erzählen die Nicht-Geschichte nach. Der Online-Auftritt von “Gala” formuliert: “Kurz vor dem Halbfinale (8. März, 20.15 Uhr, Pro7) von ‘Unser Star für Oslo’ ist einer der Kandidaten der Stefan-Raab-Show gestorben” — als hätte es sich um einen der Kandidaten aus dem Halbfinale (am 9. März) gehandelt, was tatsächlich eine Nachricht gewesen wäre. Selbst dpa hat inzwischen eine Meldung zum Thema veröffentlicht.

So gesehen muss man mit Pittelkau wohl doch kein Mitleid haben. Und immerhin scheint seine Geschichte nicht erfunden zu sein. Das ist doch schon was.

Google, CNN, Kostenstellen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Robert Rosenthal
(focus.de, Leif Kramp und Stephan Weichert)
Ein langes Gespräch mit Robert Rosenthal, Chef des Center for Investigative Reporting (CIR) in Berkeley, Kalifornien, einer Nonprofit-Organisation für Recherchejournalismus. “Immer mehr Stiftungen, die mit Medien und Journalismus bisher nichts am Hut hatten, erkennen, dass es immer weniger Journalisten gibt und der Bedeutungswandel der Presse sich in unserer Demokratie zu einem Thema entwickelt hat, das uns alle etwas angeht.”

2. “Leistungsschutzrecht für Mathematiker?”
(presseschauer.de, Daniel Schultz)
Daniel Schultz schreibt an Mathias Döpfner zum Thema Leistungsschutzrecht. Ihm scheint, man wolle “unter Bemühung der Pressefreiheit ein Existenzrecht für Verlage” herbeileiten – “als würden Hersteller von Sicherheitsschlössern aus der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Existenzberechtigung ableiten”.

3. “Auf Google mit Gebrüll!”
(ftd.de, Annette Berger)
Eine Auflistung der “Kritiker und Neider”, die sich Google mit seinen Produkten eingehandelt hat.

4. “Es geht um mehr als nur um Google”
(fischmarkt.de, Martin Recke)
“Die speziell in Deutschland geführte Attacke der Verlagshäuser auf Google ist mehr als nur das übliche Beißverhalten konkurrierender Konzerne. Es ist auch eine Schlacht um Meinungsmacht und Meinungsfreiheit, um das Oligopol der Verleger und meinungsführenden Redaktionen, das durch das Internet in seinen Grundfesten erschüttert ist.”

5. “Die Zukunft von Journalismus heißt – Journalismus”
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz hat den Eindruck, dass Redaktionen “leider viel zu sehr zu Kostenstellen, zu reinen Produktionsstätten verkommen; besetzt mit ziemlich vielen Menschen, die austauschbar sind”. “Richtige Autoren, Autoren die etwas können, Autoren, die nicht nur unter dem Label einer Marke schreiben, sondern womöglich selber sogar Marken sind, vermisst man inzwischen fast überall.”

6. “The Uninformant”
(thedailyshow.com, Video, 3:45 Minuten, englisch)
Jon Stewart über die Tsunami-Live-Berichterstattung auf CNN, wo die Galápagos-Inseln für Hawaii gehalten werden und es Probleme mit dem metrischen System gibt.

Blättern:  1 ... 45 46 47 ... 64