Suchergebnisse für ‘falschmeldung’

Spiegel Online, Henri-Nannen-Preis, ESC

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die nützliche Falschmeldung vom Euro-Austritt”
(zeit.de, Yanis Varoufakis)
Yanis Varoufakis schreibt in seinem Blog mehrere Texte zum “Spiegel”-Artikel “Griechenland erwägt Austritt aus der Euro-Zone”. Marcus Gatzke übersetzt den neusten: “Der in der deutschen Politik bestens vernetzte Spiegel wollte zusammen mit bestimmten Kreisen in der deutschen Regierung – vor allem des Bundesfinanzministeriums – ein Signal an das Kanzleramt und den griechischen Ministerpräsidenten senden.”

2. “Das Vorabendgrauen zum Eurovision Song Contest”
(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier schaut “ein Programm voller Verzweiflung und zum Verzweifeln”, nämlich die “Show für Deutschland” auf ARD, in der Frank Elstner die deutsche Kandidatin für den ESC 2011, Lena Meyer-Landrut, befragt. Ausschnitte daraus auf YouTube (Video, 2:31 Minuten).

3. “Abschreibejournalismus kommt in Mode”
(theeuropean.de, Martin Eiermann)
Martin Eiermann fragt, wie viel “New York Times” in “Spiegel Online” steckt: “Der Bericht, dass 600 Hunde in Afghanistan und dem Irak im Einsatz sind? Die Neuanschaffung von vier Kampfwesten für die Vierbeiner? Die interne Einschätzung des Militärs, welche Hunderassen besonders geeignet für den Kampf gegen Mann und Maus seien? Alles in der New York Times nachzulesen und akkurat im SPIEGEL zitiert. Google Translate hätte es besser nicht machen können.”

4. “Die Geschichte vom traurigen Dinosaurier”
(journalist.de, Steffen Grimberg)
Steffen Grimberg präsentiert die Patientenakte der “Frankfurter Rundschau”: “Die Zahl der Abonnements ist in nur fünf Jahren um fast ein Drittel eingebrochen, auch der Einzelverkauf bröckelt. Im Zehnjahresvergleich sehen diese Werte noch dramatischer aus: Mehr als 40 Prozent beträgt der Verlust beim Abo, der Einzelverkauf hat sich mehr als halbiert.”

5. “Interview mit Oliver Gehrs zum Eklat beim Henri-Nannen-Preis”
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Nach der Erklärung der Jury des Henri-Nannen-Preises zur Aberkennung eines gerade verliehenen Preises wird in deutschen Medien ausführlich diskutiert, siehe dazu Texte von “Spiegel Online”, Stefan Winterbauer, Wolfgang Michal, Hans Leyendecker, Harald Martenstein, Matthias Dell und anderen. Oliver Gehrs meint: “Die Maßstäbe, die da nun plötzlich angelegt werden, sind ja eher zufällig und der ganze Eklat kam nur zustande, weil René Pfister auf der Bühne die Wahrheit ausgesprochen hat. Wenn man die ganzen preisgekrönten Reportagen der vergangenen Jahre anschaut, wird man womöglich viele Passagen finden, die ähnlich zustande gekommen sind.”

6. “Balken-Sonnenbrille bietet Sonnen- und Persönlichkeitsschutz”
(neuerdings.com, Frank Müller)
Die Sonnenbrille “Paparazzi Shades” kostet 12 US-Dollar.

Bin Laden zu Tode geshopt

hihi, BILD macht einen auf BILDBlog RT @Doener: Wirbel um falsches Bin-Laden-Foto: http://bit.ly/m7gSYc

So lautet ein Tweet, der bei Twitter aktuell die Runde macht.

Gemeint ist ein Artikel auf Bild.de, der nach mehreren Änderungen so aussieht:

Al-Qaida-Chef tot Der Beweis: Osama-Foto ist eine Fälschung Osama bin Laden Wirbel um falsches Foto Das Foto zeigt deutlich: Hier wurde retuschiert

Damit liegt Bild.de, wo das gefälschte Foto genauso wie auf n24.de, ntv.de, sueddeutsche.de und web.de zwischenzeitlich zu finden war, richtig und inzwischen berichten auch “Spiegel Online”, sueddeutsche.de oder tagesschau.de über das falsche Foto. Wer einen starken Magen hat, kann sich die einzelnen Komponenten der Montage, die schon seit Jahren durch das Netz geistert, etwa hier ansehen: Un fake la foto di bin Laden morto

Auf abendblatt.de findet man das vermeintliche Bild des toten Terroristenführers trotzdem noch — nebst moralischer Rechtfertigung für die Veröffentlichung dieses “mutmaßlich historischen Dokuments”:

Der tote Osama bin Laden auf einem Fernsehbild. Das Hamburger Abendblatt und abendblatt.de zeigen normalerweise keine Bilder von Toten. Die Redaktion hat sich jedoch entschlossen, dieses mutmaßlich historische Dokument zu veröffentlichen. Ähnliches hatte zum Beispiel für den hingerichteten Diktator Saddam Hussein gegolten.

Wie schwer sich Bild.de dann doch tut, selbst einmal Medienkritik zu üben, erkennt man nicht nur an der Steffen-Seibert-Gedächtnis-Überschrift, unter der der Artikel ursprünglich erschienen ist:

Obama-Foto ist eine Fälschung

Ebenfalls in der Ursprungsversion stand folgende inzwischen unauffällig entfernte Passage:

Doch, was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnte: Das Foto ist eine Fälschung!

Schon 2008 trat der damalige US-Präsident George W. Bush mit dieser Foto-Montage vor die Presse, verkündete die Nachricht: Bin Laden ist tot!

Etwas derartiges hat Bush nie verkündet. Hier ist Bild.de höchstwahrscheinlich selbst auf eine weitere Fotomontage hereingefallen, die die amerikanische Online-Satirezeitung “Unconfirmed Sources” für den Fakenews-Artikel “Bush Confirms Death of Osama bin Laden” angefertigt hatte:

Bush Confirms Death of Osama Bin Laden

Aus diesem meist nur im Cache lesbaren Artikel dürfte auch die oben genannte Fotomontage der Leiche bin Ladens, die heute morgen noch so fleißig verwendet wurde, stammen. Der Name der Fotodatei, 20060923-torturedosama, weist darauf hin, dass das gefälschte Bild und die Falschmeldung über den angeblichen Presseauftritt von George W. Bush schon seit dem 23. September 2006 im Umlauf sind.

Das mit dem BILDbloggen sollte Bild.de noch üben.

Mit Dank an die Hinweisgeber.

Lira Bajramaj, Brandanschlag, WAZ

6 vor 9

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1. “Die veränderten Interview-Zitate”
(blogs.taz.de/hausblog, Maria Rossbauer)
Fußball: Das Management von Lira Bajramaj schreibt ein Interview mit der Nationalspielerin neu: “Es schien fast so, als wollten sie Bajramaj nicht so haben, wie sie uns im Gespräch vorkam: Witzig, temperamentvoll und durchaus eine Meinung vertretend.”

2. “Strohfeuer um fiktiven Brandanschlag”
(oldenburger-lokalteil.de, Maik Nolte)
Maik Nolte blickt zurück auf einen von den Medien als “Anschlag” bezeichneten Brand in Ahlhorn vor einem halben Jahr. Für die Staatsanwaltschaft habe sich “kei­ner­lei Anhalts­punkte dafür erge­ben, dass Tier­schüt­zer, dritte Per­so­nen, die Fami­lie Gro­te­lü­schen selbst oder der Wach­mann den Papier­korb ange­steckt haben”.

3. “ZDF dementiert: Gottschalk-Nachfolge völlig offen”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die WAZ verschickt nach einem Interview mit ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut eine Pressemitteilung mit der Überschrift “Nur Kerkeling und Pilawa haben noch Chancen auf Gottschalk-Nachfolge”. Das ZDF dementiert und spricht von einer Falschmeldung.

4. “Spielen Japans Medien die Atomkrise herunter?”
(zeit.de, Georg Blume)
Japanische Journalisten halten sich mit Kommentaren zur Einschätzung der Lage am Kernkraftwerk Fukushima zurück. “Viele der besser informierten” in Japan würden auf ausländische Medien und Webseiten zurückgreifen. “Besondere Aufmerksamkeit finden in Tokyo die Grafiken von Spiegel Online und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien, die genau die Ausbreitung der radioaktiven Wolke von Fukushima nachzeichnen.”

5. “Die heulen ja gar nicht!”
(medien-monitor.com, Agnes Heitmann)
Deutsche Journalisten können die gefassten Reaktionen der Japaner auf die Katastrophe nicht nachvollziehen. Agnes Heitmann fragt: “Sind wir vielleicht diejenigen, die sich befremdlich verhalten?”

6. “Wie Frauen flirten”
(graphitti-blog.de, katja, Grafik)

Inszenierungen, ICorrect, Dirndl

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1. “Inszenierungen nehmen zu”
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Für den abtretenden Vorsitzenden der Bundespressekonferenz, Werner Gößling, sind nicht nur die Politiker für für Inszenierungen verantwortlich, sondern auch die Medien, die “sehr schnell” darauf eingehen: “Wenn ein Minister mit dem Fahrrad vorfährt oder sich ein Verteidigungsminister bei den Soldaten in Pose setzt, dann werden diese Bilder sofort gezeigt.”

2. “Stimmt ja gar nicht”
(taz.de, Julia Niemann)
Julia Niemann stellt die Website icorrect.com vor. “Dort können Prominente, und solche die sich oder ihr Unternehmen dafür halten, Falschmeldungen korrigieren – gegen Gebühr.”

3. “Sport Bild-Watch (16)”
(el-futbol.de, Sidan)
“Sport Bild” weiß ein wunderbares Geschenk für Lothar Matthäus zum 50. Geburtstag: “Trainer bei Bayern München – als Nachfolger von van Gaal”. Außerdem: Das “Beschreiben-einer-Person-per-Einstreuen-einer-völlig-abwegigen-und-unpassenden-Information”. “Über Jupp Heynckes heißt es, nach dem eine Aussage von ihm wiedergegeben wurde, folgendes: ‘Das darf man dem 65-jährigen, den ein künstliches Kniegelenk stützt, ruhig glauben.'”

4. “Bild bei Schlecker – ‘Nicht mit uns!’ sagt der Wettbewerb”
(mediatribune.de)
“Nach Informationen von Media Tribune will die Axel Springer AG das Verkaufsstellennetz für ihr Flaggschiff Bild jetzt um 8.000 bis 8.500 Schlecker-Filialen ausbauen.”

5. “Wie sich die Krone von einem Dirndl provoziert fühlt”
(kobuk.at, Marlene Altenhofer)
Die Politikerin Alev Korun habe die österreichische Trachtentradition verspottet, weil sie in einer Sitzung des Nationalrats ein Dirndl trug, schreibt die “Kronen Zeitung”.

6. “Here’s a Washington Post Story With All the Editor’s Notes In It”
(gawker.com, englisch)
“The Washington Post mistakenly posted this health story by Laura Ungar online with ALL OF THE EDITOR’S ALL-CAPS NOTES INCLUDED.”

Das Khan doch nicht wahr sein!

Wenn eine Geschichte zu schön klingt, um wahr zu sein, dann stehen die Chancen hoch, dass sie schlichtweg nicht wahr ist.

Die Geschichte, wonach Karl-Theodor zu Guttenberg die letzten Worte seiner Rücktrittsrede ohne Quellenangabe aus dem Film “Star Trek II — Der Zorn des Khan” abgeschrieben haben soll, war dementsprechend auch nicht wahr. Der Journalist Daniel Bröckerhoff hat in seinem Blog dokumentiert, wie sich die Falschmeldung vor allem via Twitter verbreitete und es dort bis in den Twitter-Account der “taz” schaffte (die den Fehler inzwischen irgendwie eingestanden hat).

Das alleine wäre schon peinlich genug, aber wenn die Causa Guttenberg eines gezeigt hat, dann: es geht immer noch peinlicher — und mindestens eine MetaEbene ist immer drin.

Die “Hamburger Morgenpost”, einschlägig aufgefallen bei ihrer ungekennzeichneten Weiterverwendung von Twitter-Witzen, veröffentlichte gestern die Kolumne “Moin Moin”, in der David Siems folgende Behauptung aufstellte:

Gute Laune bekam ich aber gestern Abend wieder, als ich “Star Trek II” sah: “Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht”, sagt der Klingone Khan. Häh? Karl-Theodor konnte es einfach nicht lassen …

Ergänzend dazu, dass Siems den besagten Satz im Film gar nicht gehört haben kann, ist Khan auch kein Klingone, sondern ein genetisch verbesserter Mensch.

Mit Dank an M.K.

Richard Gutjahr, Nickerchen, die Sonne

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1. “Zwischen Abstumpfung und Aufklärung”
(timklimes.de)
Sollen drastische Kriegsbilder in den Medien gezeigt werden, weil sie Nachrichtenwert haben? Tim Klimes befasst sich mit dieser Frage anlässlich der Fotoausstellung “Kunduz, 4. September 2009” im Literaturhaus München.

2. “Wir müssen uns mehr mit Menschen unterhalten, und nicht mit Pressestellen”
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene)
Daniel Fiene spricht mit Richard Gutjahr, der als freier Journalist aus Kairo berichtete. “Diejenigen, die keine Probleme damit hatten, dass gefilmt wurde, die haben sich sofort rund um diese Kameracrew aufgebaut und haben in die Kamera gebrüllt, haben irgendwie demonstrative Posen gerissen und dort also eigentlich ein völliges Zerrbild geliefert von dem, was wirklich los war. Deswegen kommt das im Fernsehen auch oft immer so aggressiv rüber. Denn, wenn die eine Kamera sehen, dann strömen die sofort drauf zu und ziehen da ihre Show ab.”

3. “BILD-Zeitung über Reutlinger Abgeordnete”
(tagblatt.de, Matthias Stelzer)
Im “Schwäbischen Tagblatt” dementiert FDP-Politiker Hagen Kluck, der über 30 Jahre für diese Zeitung arbeitete, eine “Bild”-Meldung, er habe im Landtag ein Nickerchen gemacht: “Alles Quatsch. Wenn ich schlafen will, mache ich das in einem der Klub-Sessel in der Lobby.”

4. “Die Sorgen eines Supermodels”
(swp.de, Dirk Hülser)
Eine Falschmeldung über Claudia Schiffer führt zu einer Gerichtsverhandlung um die Erstattung von 1034,11 Euro.

5. “Googles Sorgen mit einem gekränkten Autor”
(lawblog.de, Udo Vetter)
Auch Bastian Sick zieht vor Gericht. Gegen Google: “Wenig überraschend geht es im Verfahren des Buchautors Sick gegen Google um dessen Kernkompetenz: das geschriebene Wort. Genau gesagt um ein einziges Wort – ‘Satire’. Dieses Wort vermisste Sick, als er seinen Namen googelte”.

6. “Die Rückseite der Sonne”
(noemix.twoday.net)
“Welt Online” schreibt: “Erstmals in der Geschichte kann die Menschheit die gesamte Sonne beobachten.”

Bild, RTL  etc.

Aless Pocher… oder was?

Man darf Alessandra Pocher nicht “olle Crackbraut” nennen. Als Lügnerin wird sie sich aber womöglich bezeichnen lassen müssen. Und das kam so:

Im Mai 2009 rappte Sido bei der Verleihung des Musikpreises Comet über die Frau, die damals noch als Sandy Meyer-Wölden bekannt war, als “olle Crackbraut”. Er gab später eine Unterlassungserklärung ab. Alessandra Pocher aber forderte zudem 25.000 Euro Schmerzensgeld. In erster Instanz im vergangenen Sommer verlor sie. Das Gericht sah eine “substanzlose Blödelei” und keinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz.

Alessandra Pocher legte Berufung ein, und so traf man sich im Dezember erneut vor Gericht, das einen Vergleich vorschlug: Sido solle 10.000 Euro für einen guten Zweck spenden, den Pocher bestimmen dürfe. Beide Seiten stimmten dem Vorschlag zu.

Es ist also, wenn man so will, ein Unentschieden: Sido zahlt, aber er zahlt nicht einmal die Hälfte dessen, was Frau Pocher gefordert hatte, er zahlt nicht an Frau Pocher, und er ist nicht zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt worden. Verschiedene Medien aber behaupten, sie hätte den Prozess gewonnen.

Die “Frankfurter Neue Presse” berichtete am 23. Januar von einer Benefiz-Gala für die Sophie-Scholl-Schule in Bad Nauheim:

Neben verschiedenen Firmen überbrachte auch Alessandra Pocher einen Scheck im Wert von 10 000 Euro. Geld, welches sie aus einem Prozessgewinn gegen den Rapper Sido bekam.

Vier Tage später schrieb “Bild” Köln:

In letzter Instanz gewann Sandy jetzt und zeigt ein großes Herz. Sie spendete die komplette Summe der integrativen Sophie-Scholl-Schule in Wetterau: “Ich freu mich, dass eine für mich so unangenehme Sache den Kindern hilft.”

Im RTL-Mittagsmagazin “Punkt 12” vermeldete Moderatorin Katja Burkard am selben Tag glücklich, Alessandra Pocher freue sich “wie verrückt”. Im Beitrag hieß es dann, in jeder Hinsicht falsch:

1:0 für Alessandra Pocher im Streit gegen Rüpel-Rapper Sido. Der muss jetzt 10.000 Euro Schmerzensgeld an die Ehefrau von Olli Pocher zahlen. (…) Alessandra Pocher bekam jetzt in letzter Instant recht und zeigte sich gleich großzügig. Die Summe spendete sie einer Schule.

Die Falschmeldung wurde — mitsamt Original-Rechtschreibfehler von Bild.de — u.a. von news.de und den Online-Ablegern von “Bunte” und “OK Magazin” kopiert.

Sido reagierte auf Twitter so:

Das Management von Alessandra Pocher blieb auf Nachfrage von BILDblog bei der falschen Darstellung vom juristischen Sieg über den Rapper — interessanterweise im Gegensatz zu Pochers prominentem Rechtsvertreter, der über den Vergleich auf seiner Homepage berichtet.

Sidos Anwalt sagte, er gehe gegen die Berichterstattung von “Bild” und RTL vor.

Nachtrag, 2. Februar. Bild.de hat den Artikel geändert, titelt nun “Wirbel um Alessandras Spende” und schreibt u.a.:

BILD hatte berichtet, dass Pochers Frau das Geld gespendet hat. Doch der Rapper legt Wert darauf, dass die Spende von ihm stammt.

Sido: “Weder hat Frau Pocher den Prozess gewonnen, noch hat sie Geld von mir erhalten. Ich war es, der den Betrag freiwillig gespendet hat.

Der Rapper weiter: “Wenn Alessandra selber Gutes tun will, kann sie gerne die gleiche Summe drauflegen und an die Schule spenden.”

Bei bunte.de wurde die Falschmeldung ohne Erklärung gelöscht.

Wikileaks, Kopftücher, Eltern im Streik

6 vor 9

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1. “Meldung über Facebook-Aus”
(taz.de, Félice Gritti)
Die Falschmeldung “Facebook Will End On March 15th!” auf weeklyworldnews.com ruft über 11.000 Kommentare hervor: “Das Gerücht verbreitete sich über Twitter in rasendem Tempo: ‘Is facebook shutting down’ schaffte es bei Google trends in die Spitzenränge der am häufigsten getätigten Suchanfragen – virale Verbreitung at it’s best.”

2. “Wer hat Angst vor Wikileaks?”
(blog.zdf.de, Mario Sixtus)
Mario Sixtus hält fest, dass sich Informationen, die sich von ihren stofflichen Wirtskörpern befreit haben, nicht mehr festhalten lassen. “Wer heute Informationen besitzt, die ein anderer geheim halten will, der kann diese auf einem USB-Stick in ein x-beliebiges Internet-Café an einem y-beliebiegen Ort tragen, sie dort zu einem kirgisischen One-Click-Hoster hochladen, danach den durch einen libyschen URL-Shortener gejagten Link mit Hilfe eines Mail.ru-Accounts an die internationalen Top-100-Twitterer schicken und dann gemütlich dabei zusehen, wie die Informationsbombe zündet. Und es gibt genau einen Weg, dieses Szenario aus dem Möglichkeitsraum auszusperren: das Internet abschalten.”

3. “Keine Angst vor Kopftüchern”
(nzz.ch, ras.)
Die Bewerbung einer Westschweizer Journalistin, die “ihren islamischen Glauben mit einem Kopftuch zur Schau trägt”, führt bei der SRG zu einer Diskussion über das Tragen religiöser Symbole bei der Arbeit. Rainer Stadler hält Journalismus auch punkto Kleidung für einen freien Beruf: “Medienvertretern in Sandalen, mit abgewetzten Bluejeans, verwaschenen T-Shirts oder Dreitagebärten wurde der Zutritt zu Anlässen kaum je verwehrt. Zumindest jene, die professionell mit Journalisten zu tun haben, werden sich darum schwerlich durch ein Kopftuch provoziert fühlen.”

4. “Die Namen der beiden deutschen Reporter im Iran sind Marcus Hellwig und Jens Koch”
(perlentaucher.de, Thierry Chervel)
Thierry Chervel beschäftigt sich erneut mit dem irritierenden Verhalten der deutschen Medien, die Namen der im Iran festgehaltenen Journalisten von “Bild am Sonntag” nicht zu nennen. “Von Anfang an hat der Verzicht auf die Namensnennung die Affäre in ein ungutes und unklares Licht gesetzt, als schwebe in dieser Affäre irgendetwas ‘Unnennbares’ mit, als gebe es ein unsauberes Geheimnis.”

5. “Usher twittert fremd”
(fabian-soethof.de)
“Bild” behauptet, Usher twittere auf twitter.de. Die Domain twitter.de gehört allerdings einer Firma namens Melbourne IT Digital Brand Services.

6. “Eltern-Streik”
(dasnuf.de)
Der Eltern-Streik, ein Experiment. “Tag 1: Wir lassen Geschirr und ähnliches stehen. Räumen aber Müll weg. Kleidungsstücke stapeln wir auf einer Stelle. Kind 1.0 zeigt keine registrierbaren Reaktionen auf die steigende Unordnung.”

Ervolksmeldung für die NPD

Es gibt Meldungen, bei denen jeder, der sie liest, bearbeitet oder veröffentlicht, eigentlich stutzen und sagen müsste: Hier stimmt doch was nicht.

Die Meldung, die die Nachrichtenagentur dapd heute um 10:34 Uhr veröffentlichte, ist eine solche:

Ulbig sieht in NPD-Volkszählung Aufruf zum Rechtsbruch

Dresden (dapd). Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat ein striktes Vorgehen gegen die von der rechtsextremen NPD geplante Volkszählung angekündigt. (…)

Die NPD plant in Sachsen eine Volkszählung unter dem Titel “Zensus 2011”. Die Partei hat ihre Sympathisanten dafür zu Haushaltsbefragungen aufgerufen. Die Interviewer sollen nach Angaben der NPD die Einwohnerzahlen sowie Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund feststellen, aber auch Eindrücke über politische Einstellungen, mentale Befindlichkeiten und die soziale Situation sammeln. Die Erhebung von Informationen über persönliche Lebensverhältnisse sind nach Auffassung Ulbigs rechtswidrig. In Nordrhein-Westfalen plant die Partei eine ähnliche Aktion.

Die NPD plant eine eigene Volkszählung? Das wäre wirklich eine ganz außergewöhnliche Geschichte.

“Zensus 2011” aber ist nicht der Name einer bizarren rechtsextremen Kampagne, sondern schlicht der staatlichen Volkszählung. Die NPD will keine eigene Konkurrenz dazu etablieren, sondern ermuntert ihre Mitglieder, sich als Interviewer zu bewerben. Auf diese Weise könnten sie “persönliche Gespräche” an der Haustür führen und die Aufwandsentschädigung in die Parteiarbeit investieren. Gegen diese Unterwanderung der Volkszählung will Ulbig vorgehen.

Fast drei Stunden brauchte der dapd, bis er die Falschmeldung zurückzog; wenig später veröffentlichte er eine neue Fassung.

Trotz der Unwahrscheinlichkeit einer eigenen NPD-Volkszählung übernahm “Welt Online” die Meldung (und löschte den Artikel dann unauffällig). “Focus Online” hat zu der dapd-Meldung sogar noch einen eigenen Vorspann gebastelt:

Ulbig (CDU) gegen geplante Volkszählung der NPD

Die rechtsextreme NPD plant eine Volkszählung in Deutschland. Bei der Zählung Informationen über persönliche Lebensverhältnisse aufgenommen werden. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sieht die Erhebung als rechtswidrig an und kündigte ein striktes Vorgehen an.

Nachtrag, 17:00 Uhr. “Focus Online” hat sich korrigiert.

Bringt ihm den Kopf von Julian Assange! (3)

Und jetzt alle im Chor: Mike Huckabee, einer der republikanischen Favoriten für die nächste US-Präsidentschaftswahl, hat nicht die Hinrichtung von Wikileaks-Gründer Julian Assange gefordert.

Seit vierzehn Tagen macht die entsprechende Falschmeldung die Runde durch die Medien (BILDblog berichtete). In dieser Woche wurde sie von niemand geringerem als der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, dem “Spiegel” und der “New York Times” verbreitet.

Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” schrieb am Sonntag:

Der ehemalige Gouverneur von Arkansas und Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner im Jahr 2008, Mike Huckabee, würde Assange gerne zum Tode verurteilen.

Und die Werktagsausgabe der “FAZ” fügte am Mittwoch hinzu:

Manche forderten gleich Assanges Kopf. (…) Mike Huckabee, vormaliger Präsidentschaftskandidat und Talkmaster bei Fox News, sprach wie sein Kollege Bill O’Reilly von “Exekution” wegen Spionage.

Nein. Huckabee sprach, wie gesagt, von Hochverrat und meinte nicht Assange, sondern denjenigen im amerikanischen Staatsdienst, der Wikileaks die geheimen Dokumente zugespielt hat. (Ebenso äußerte sich O’Reilly, sagte aber bei anderer Gelegenheit, er hätte nichts dagegen, wenn Assange von einer amerikanischen Drohne getroffen würde.)

Der “Spiegel” schreibt in seiner aktuellen Ausgabe:

(…) Sarah Palin, für viele die kommende Präsidentschaftskandidatin, setzte Assange mit Osama Bin Laden gleich: Er muss ihrer Meinung nach genauso als Staatsfeind verfolgt werden wie der Massenmörder vom 11. September 2001. (…) Mike Huckabee, ebenfalls ein führender Republikaner, forderte gar offen die Todesstrafe für Enthüller.

Nein. Nicht für “Enthüller”, sondern für Verräter. Dass der “Spiegel” das falsch macht, ist besonders erstaunlich. Die Dokumentare, die jeden “Spiegel”-Artikel auf faktische Fehler überprüfen sollen, hätten nur in der vorigen Ausgabe nachschlagen müssen. Dort wurde Huckabees Position richtig paraphrasiert: “Wer immer diese Information weitergab, habe sich des Landesverrats schuldig gemacht”.

Die “New York Times” immerhin korrigierte sich am Mittwoch:

The Media Equation column on Monday (…) described incorrectly, in some copies, comments by Mike Huckabee, the former Arkansas governor, in which he called for the execution of those responsible for the WikiLeaks disclosures. Mr. Huckabee was referring to Bradley Manning, the person suspected of originally supplying the cables — not to Julian Assange, the founder of WikiLeaks, who disseminated them.

Erstaunlich, dass selbst angesehenste Medien es nicht schaffen, eine Aussage, die sogar im Original vorliegt, richtig wiederzugeben.

Nachtrag, 29. Dezember. In seiner Ausgabe vom 27. Dezember hat der “Spiegel” folgende Korrektur veröffentlicht:

Der republikanische US-Politiker Mike Huckabee hat nicht die Todesstrafe für “Enthüller” von Staatsgeheimnissen gefordert, sondern für “Verräter” von Staatsgeheimnissen.

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