Suchergebnisse für ‘fakten’

Man wird ja wohl noch antworten dürfen

Angesichts des Entwurfs eines neuen Schulgesetzes in Schleswig-Holstein fragte “Bild” gestern:

Warum dürfen Lehrerinnen kein Kreuz mehr tragen?

Und das ist schon mal eine lustige Frage, denn die geplante Regelung betrifft männliche Lehrer genauso, aber gut.

Eigentlich bemerkenswert ist aber vor allem, dass “Bild” die Antwort auf die Frage im Artikel schuldig bleibt. Ungefähr zwei Drittel des Textes geben den “Riesenkrach” wieder, den das geplante Gesetz auslöst (der in “Bild” schon zum “Gesetz” wird). Aber warum sich die Landesregierung zur Empörung auch der “Bild”-Zeitung dafür entschied, nicht nur Kopftücher im Unterricht zu verbieten, sondern (außerhalb des Religionsunterrichts) alle religiösen Symbole, das erklärt das Blatt seinen Lesern nicht.

Wen stört ein Kreuz?Auch der “Bild”-Kommentar von Willi Schmitt stellt zwar nicht weniger als zehn Fragen, beantwortet aber keine einzige davon, und schon gar nicht die zentrale:

Warum fordert die Große Koalition aus CDU und SPD (…) auf einmal: kein Kopftuch mehr in Schulen, dafür aber auch kein Kreuz mehr?

Dabei lässt sich die Frage relativ leicht beantworten. Die “Süddeutsche Zeitung” tat es am Freitag so:

Der Beschluss der Kieler Regierung entspricht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2003. Das hatte
den Ländern nahegelegt, entweder prinzipiell den Lehrkräften zu erlauben, ihren Glauben symbolisch zu bekennen — oder dies komplett zu verbieten.

(Auch die nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche zum Beispiel ist der Ansicht, dass ein Privileg für christliche Symbole, wie “Bild” es fordert, “verfassungsrechtlich zweifelhaft” wäre: Wenn die muslimische Lehrerin kein Kopftuch tragen darf, dürfte auch der Pastor nicht mit umgehängtem Kreuz über den Schulhof gehen. Ein Gesetz in Hessen, das den Beamten im öffentlichen Dienst das Tragen von Kopftüchern verbietet, christliche Symbole aber erlaubt, verstößt nach Ansicht der hessischen Landesanwältin gegen die Verfassung. Und das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat vor kurzem einer muslimischen Lehrerin Recht gegeben, die gegen das baden-württembergische Kopftuchverbot geklagt hatte.)

Natürlich kann man darüber streiten, wie man am besten mit den symbolträchtigen Kopftüchern in der Schule umgehen soll. “Bild” aber hat sich entschieden, kein Risiko einzugehen, dass die Leser womöglich zu einem anderen Urteil kommen als ihre Zeitung, die diese Debatte über die Grundwerte der deutschen Verfassung für eine “Gespenster-Diskussion” hält, und lässt sicherheitshalber die entscheidenden Fakten einfach weg. “Bild” macht aus der echten Frage, warum Lehrer kein Kreuz mehr tragen sollen, eine rhetorische — und lässt die Beschlüsse der Politiker dadurch, dass sie sie einfach nicht erklärt, schlicht unerklärlich erscheinen.

Danke an Alexander N. für den Hinweis!

Propaganda mit toten Kindern

“Bild” steht im gegenwärtigen Nahost-Krieg uneingeschränkt hinter der israelischen Armee. Ob das eine gute Voraussetzung für eine Zeitung ist, um ihre Leser unvoreingenommen und umfassend über die Vorgänge im Krieg zu informieren, darüber kann man streiten. Die “Bild”-Zeitung aber geht in ihrer Parteinahme soweit, dass sie Tatsachen verdreht, übertreibt und verfälscht. Und darüber kann man eigentlich nicht streiten.

“Bild” berichtet heute über die vor allem in vielen Blogs aufgeworfenen Zweifel daran, was während und nach dem Angriff der israelischen Armee auf die libanesische Stadt Kana wirklich geschah. “Bild” schreibt:

Hat die Terror-Organisation Hisbollah diese Bilder etwa perfide inszeniert — um mit toten Kindern Propaganda gegen Israel zu machen?

Renommierte Blätter wie “Süddeutsche” und FAZ sprechen von “Propaganda” und “Zweifeln” an den genauen Umständen des Angriffs. Die “Neue Zürcher Zeitung” nennt das Chaos aus Schutt und Leichen vor dem zerstörten Haus “eine bloße Darbietung für angereiste Journalisten!”

Alle drei Zitate aus “renommierten Blättern” sind falsch. SZ und FAZ berichten zwar beide über “Verschwörungstheorien” (SZ) und “Spekulationen” (FAZ) über die Umstände des Angriffs auf Kana. Weder in der SZ, noch in der FAZ tauchen in diesem Zusammenhang jedoch die Wörter “Propaganda” oder “Zweifel” auf.

Und die NZZ spricht zwar von “Propaganda” und “Zweifeln”, nennt das Chaos aber keineswegs selbst, wie “Bild” behauptet, “eine bloße Darbietung für angereiste Journalisten”, sondern zitiert diese Meinung nur — als “Vermutung” von “Beobachtern”.

Den gleichen Trick wendet “Bild” noch einmal an und schreibt:

Die FAZ berichtet über einen noch abscheulicheren Verdacht:

Unter Berufung auf die libanesische Internetseite “Libanoscopie” heißt es, dass die Hisbollah einen Raketenwerfer auf das Dach des Hauses gestellt und behinderte Kinder in das Gebäude gebracht habe.

“Bild” tut so, als habe die FAZ den Vorwurf übernommen, dabei referiert die FAZ ihn nur in indirekter Rede. Warum zitiert “Bild” nicht einfach die Originalquelle? Warum versucht sie, diese Originalquelle über den Umweg der FAZ aufzuwerten, wenn die FAZ keine Aussagen darüber trifft, ob sie dieser Quelle glaubt oder nicht?

Die “Bild”-Redakteure Julian Reichelt und Sebastian von Bassewitz fragen heute: “Wurde die ganze Welt durch die Hisbollah-Terroristen getäuscht?” Ganz anders als die von ihnen zitierten “renommierten Blätter” beantworten sie die Frage aber auch sogleich: “Wie die Terroristen der Hisbollah mit toten Kindern Propaganda machen”, “Auch den Ort ihrer schauderhaften Inszenierung wählte die Hisbollah geschickt”, “Das Kalkül der Hisbollah ging auf”.

Die “Bild”-Zeitung setzt der “Propaganda” der Hisbollah etwas entgegen, das sie “Fakten” nennt, und schreibt:

Fakt ist aber: Ausgerechnet aus Kana feuerte die Hisbollah unmittelbar vor dem jüngsten Angriff 150 Raketen auf Nordisrael — dadurch lenkten die Terroristen den Luftschlag der Israelis bewusst und gezielt auf den symbolträchtigen Ort.

Der zweite Teil dieses “Fakts” ist eine Vermutung. Und der erste Teil ist falsch. Laut Untersuchungsbericht der israelischen Armee wurden aus Kana und der Umgebung “seit 12. Juli” über 150 Raketen abgefeuert, also nicht “unmittelbar vor dem jüngsten Angriff”, sondern seit Beginn des Krieges. Dass die israelische Armee in dieser Hinsicht untertreibt, darf man ausschließen.

“Bild” schreibt weiter:

Fakt ist auch: Obwohl libanesische Behörden anfangs 56 Tote meldeten, fand das Rote Kreuz “nur” 28 Leichen.

Ähnlich hatte die Zeitung bereits gestern formuliert:

Die Menschenrechtsorganisation “Human Rights Watch” korrigierte die Zahl der Opfer, die am Wochenende im Dorf Kana bei einem israelischen Luftangriff getötet wurden, auf 28 Tote. Arabische Quellen hatten von 56 Toten gesprochen.

“Bild” verschweigt nicht nur die massive Kritik, die “Human Rights Watch” bei der gleichen Gelegenheit an dem israelischen Vorgehen geübt hat, sondern vor allem auch, dass laut “Human Rights Watch” die Zahl von 28 Todesopfern eine “vorläufige” Zahl ist. 13 Menschen würden noch vermisst und liegen womöglich unter den Trümmern, die Bergungsarbeiten könnten aber nicht fortgesetzt werden. Der Unterschied zu den ursprünglichen Schätzungen rühre daher, dass mehr Menschen, die sich im Keller des bombadierten Hauses aufgehalten hatten, lebend entkommen seien als angenommen.

“Bild” suggeriert (möglicherweise zurecht), dass ursprünglich bewusst eine zu hohe Opferzahl genannt wurde. Und nennt stattdessen eine Zahl, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu niedrig ist, weil sie die Vermissten komplett verschweigt.

Keine Frage: Es ist fast unmöglich für die Medien, in einem Krieg wie diesem die Wahrheit von den Propagandalügen zu unterscheiden. Aber man kann versuchen, seine Leser so gut wie möglich zu informieren: Man kann Quellen angeben und korrekt zitieren. Man kann es vermeiden, sich Behauptungen einer der Parteien zu eigen zu machen. Man kann Spekulationen und Gerüchte als solche kennzeichnen. Und man kann darauf verzichten, den Verdrehungen der Beteiligten noch eigene hinzufügen.

Aber das müsste man erst einmal wollen.

Danke vor allem an Erich B.!

6 vor 9

Zu viele bleiben offline (welt.de)
Die größte Studie zur Internet-Nutzung in Deutschland zeigt: Beim Surfen kommen sich Frauen und Männer nicht näher. Auch der digitale Graben zwischen Ost und West ist groß.

Musik von unten (ftd.de)
Die Musikindustrie wächst und gedeiht – nur haben die großen Konzerne wenig davon. Es ist nicht nur das Internet, das ihnen Probleme bereitet: Vor allem der Siegeszug kleiner und unabhängiger Labels macht den Marktführern zu schaffen.

Die Zeit der Kopfjäger (spiegel.de)
Das soziale Internet, von dem die Netzgemeinde im Augenblick schwärmt, lebt von den Investitionen seiner Nutzer. Der Kampf der Profis, die Geld verdienen wollen, um die besten Köpfe hat jedoch bereits begonnen.

Journalisten recherchieren weniger als früher (netzeitung.de)
Medienschaffende verwenden heute weniger Zeit für das Zusammentragen von Fakten als noch vor zwölf Jahren, ergab eine Studie. Der Zeitaufwand für technische und organisatorische Tätigkeiten ist dagegen gestiegen.

Vom Reiz inszenierter Welten (tagesanzeiger.ch)
Warum haben Marken wie Starbucks so viel Erfolg? Sie suggerieren Weltoffenheit. Das Image ist wichtiger als die Qualität des Produktes.

Das verbotene Wort (tagesspiegel.de)
Neues Gesetz schränkt Presse in Russland weiter ein.

Symbolfoto XLI

“Bild” hat sie getroffen: Ibrahim, Fakhiri und Hassan, drei “mutmaßliche Mitglieder der ‘Neuköllner Killer-Boyz'”. Für einen “BILD-Report über die dramatisch steigende Brutalität unter Jugendlichen in Berlin”. Und “Bild” hat sogar Zahlen, Fakten — und ein Foto, auf dem man sieht, was die brutalen Jugendlichen so anstellen:

Nur den Hinweis, dass es sich dabei um ein Szenenfoto aus einem Spielfilm handelt, den hat “Bild” vergessen.

“In dankenswerter Klarheit”

Im Mai erwirkte Günther Jauch eine einstweilige Verfügung, die es der “Bild”-Zeitung (und anderen Publikationen der Axel-Springer-AG) zum Schutz seiner Privatsphäre untersagte, jedwede Details über seine geplante Hochzeit zu veröffentlichen. Die Axel-Springer-AG ging dagegen in Berufung. Das Berliner Kammergericht gab ihr nun in einem Punkt recht: Der Verlag darf die bekannten Potsdamer Sehenswürdigkeiten nennen, in denen die Feier stattfinden soll. Nur die. An weiteren Details bestehe kein vergleichbares öffentliches Interesse, erläuterte eine Gerichtssprecherin gegenüber dpa. Der Schutz der Privatsphäre Jauchs habe Vorrang. Auch dieses Urteil ist vorläufig. In der Hauptsache wird das Gericht aber wohl erst nach der Hochzeit entscheiden.

Soweit die Fakten.

Und das ist die Überschrift, unter der das Ministerium für Wahrheit die Pressestelle der “Bild”-Zeitung dieses Urteil zusammenfasst:

Kammergericht gestattet Berichterstattung über Jauch-Hochzeit

Der Hinweis, dass das Gericht die Berichterstattung immer noch weitgehend untersagt, fehlt in der Pressemitteilung. Stattdessen kommt ausführlich Nicolaus Fest, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, zu Wort:

“Das Kammergericht hat dem Begehren von Günther Jauch, die Berichterstattung über seine Hochzeit vollständig zu unterbinden, eine klare Absage erteilt. Wer die Medien fast täglich zur Steigerung seiner Prominenz und seines Marktwertes nutzt und in weltbekannten touristischen Sehenswürdigkeiten heiratet, kann die Presse nicht ausschließen. Diese Selbstverständlichkeit hat das Kammergericht in dankenswerter Klarheit bestätigt.”

Fests rhetorische Akrobatik hat sich gelohnt. Die Fachzeitschrift “werben & verkaufen” etwa übernahm seine lustige Interpretation ohne jede Einschränkung.

“Bild”-Mitarbeiter zu doof

“Bild” hat heute mal wieder sowas ähnliches wie Exklusiv-Informationen im Blatt. Und zwar in dieser Geschichte:

Im Text heißt es:

(…) jetzt mußte ein Superhund aus Kanada eingeflogen werden!

Und dann noch einmal in der Bildunterzeile:

Einer der 50 Bären, den Superhund “Raiku” (9) aus Kanada gestellt hat.

Das exklusive daran ist, dass Raiku angeblich aus Kanada kommen soll. Komisch eigentlich, denn sonst stimmen die “Bild”-Angaben über Raiku ziemlich genau mit denen überein, die ein finnischer Hundeführer auf seiner Internetseite hat. Und das Foto, das “Bild” zeigt und als dessen Quelle sie dpa angibt, findet sich auch auf der Internetseite desselben finnischen Hundeführers.

Ob es sich bei diesem Raiku um den handelt, der am Sonntag zum Suchtrupp gestoßen ist, wissen wir zwar nicht, es wäre aber durchaus möglich. Schließlich berichten auch andere Medien über einen finnischen Hund namens Raiku. Und manche schreiben sogar, dass sich mit Raikus Hundeführer nun ein weiterer Finne an der Suche nach “JJ1” beteiligt. Nur die Pannen-Truppe von “Bild” ist auf der falschen Fährte. Warum? Wir wissen es nicht, aber vielleicht wollte sie sich ja die Geschichte über zu doofe finnische Jäger nicht durch irgendwelche Fakten kaputt machen.

Mit Dank an Manfred W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 22.05 Uhr: Zur Präzisierung: Der gestern zum Suchtrupp gestoßene Hund stammt nicht aus Kanada, sondern aus Finnland. Zumindest sein finnisches Herrchen wurde aber offenbar aus Kanada eingeflogen, möglicherweise inklusive Hund.

Begleiterscheinungen

“Beweist eine Gegendarstellung, dass eine Zeitung falsch berichtet hat? – ‘Nein.'”

So stand es mal in der “Bild am Sonntag”.

Vergangenen Sonntag allerdings stand dort dies:

“Ein schöner Beleg für die bekannte Reiselust unserer Politiker: Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn ist gerade von einer hochoffiziellen Dienstreise zum Amazonas aus Brasilien zurückgekommen. Einzige Begleitung: die Kuhn-Mitarbeiterin Marianne Tritz , eine ehemalige Bundestagsabgeordnete. Mittwoch gab’s dann ein streng vertrauliches Gipfeltreffen in einem Hinterzimmer der Pizzeria ‘Cinque’. (…) Doch um die Dienstreise an den Amazonas ging es dem Vernehmen aus der Grünen-Spitze nach mit keinem Wort. So wichtig kann die ja dann nicht gewesen sein…”

Und sagen wir’s so: Was auch immer uns “BamS”-Chefkolumnist Martin S. Lambeck mit diesem kleinen Textchen mitzuteilen gedachte über Fritz Kuhn — Kuhns “einzige Begleitung” war Marianne Tritz nicht. Mit dabei waren zumindest Kuhns Parteikollege Winfried Hermann und die Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung, Barbara Unmüßig, die gemeinsam mit Kuhn am 4. Mai um 19 Uhr (und mehrere tausend Kilometer vom Amazonas entfernt) an einer Diskussionsveranstaltung im Goethe-Institut Sao Paulo teilnahmen.

Allein deshalb kann man durchaus nachvollziehen, dass Kuhn heute bekanntgeben ließ, “eine Gegendarstellung und eine Unterlassungserklärung” gegen die “BamS” durchsetzen zu wollen, deren Meldung, wie es in einer Pressemitteilung heißt, “offensichtlich mit gezielten Falschinformationen den Eindruck einer ‘Vergnügungsreise’ erwecken” sollte.

Mit anderen Worten: Eine Gegendarstellung beweist tatsächlich nicht, dass eine Zeitung falsch berichtet hat. Aber wozu gibt’s schließlich Fakten?

Nachtrag, 22.5.2006: Martin S. Lambeck hat sich nun, eine Woche später, in seiner “BamS”-Kolumne selbst korrigiert. Er schreibt:

“In Sachen Brasilien-Dienstreise des Grünen-Fraktionschefs Fritz Kuhn muß ich mich korrigieren: Kuhn war nicht nur mit der für Außenpolitik zuständigen Referentin Marianne Tritz nach Brasilien gereist, sondern der Delegation gehörten insgesamt sechs Personen, darunter auch der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann, an. Übrigens ging es auch nicht zum Amazonas, sondern in die Hauptstadt Brasilia, nach Rio de Janeiro und São Paulo, wo die Delegation unter Leitung von Kuhn intensive Gespräche über außen-, wirtschafts- und umweltpolitische Themen führte. Die Reise war also politisch doch wichtig.”

Kurz korrigiert (100)

Nur 1 Prozent aller Jugendlichen hat noch nie Haschisch oder Marihuana zu sich genommen.
(Hervorhebung von uns.)

So steht es bei Bild.de mit dem Hinweis: “Quelle: BZgA.” Und Bild.de ergänzt:

Das sind definitiv zu wenig!

Mit dem letzten Satz hat der zuständige Drogenbeauftragte von Bild.de absolut Recht. Es sind nämlich laut der von Bild.de angeblich zitierten BZgA-Studie ganze 68 Prozent der 12- bis 25-Jährigen, die noch nie in ihrem Leben Haschisch, Marihuana oder andere Drogen zu sich genommen haben. Die übrigen 32 Prozent haben indes fast alle schon mal Haschisch oder Marihuana konsumiert, wohingegen nur 1 Prozent aller jugendlichen Drogenkonsumenten ausschließlich zu anderen Substanzen griff. Richtig hätte Bild.de also schreiben müssen:

Nur 1 Prozent aller Jugendlichen, die schon Drogen genommen haben, hat noch nie Haschisch oder Marihuana zu sich genommen.
(Alternativvorschlag von uns.)

Dank an Christian G. für den Hinweis.

Nachtrag, 18.55 Uhr. Der Drogenbeauftragte von Bild.de war erstaunlicherweise noch im Dienst, und es scheint fast, als ob der Humorbeauftragte auch gerade da war. Jedenfalls lautet die Textpassage bei Bild.de nun:

68 Prozent aller befragten Jugendlichen geben an, noch nie zu illegalen Drogen wie Haschisch und Marihuana gegriffen zu haben.

Das sind definitiv noch immer zu wenig!

Die Top-Form der “Bild am Sonntag”

Die “Bild am Sonntag” wird heute 50, und die Axel Springer AG feiert das mit einer angemessen euphorischen Pressemitteilung, Überschrift: “Im Jubiläumsjahr in Top-Form.” Im Text selbst formuliert es Frank Mahlberg, der Verlagsleiter der Zeitung, noch etwas konkreter:

BILD am SONNTAG ist eine Erfolgsgeschichte und publizistisch wie wirtschaftlich in Top-Form.

Wirtschaftlich mag das stimmen — nach Angaben des Verlages hat die Zeitung 2005 mehr Gewinn gemacht denn je. Woran Herr Mahlberg die publizistische “Top-Form” der “Bild am Sonntag” misst, ist dagegen eher rätselhaft. Im ersten Quartal 2006 ist die verkaufte Auflage der Zeitung um über 6 Prozent auf 1,8 Millionen zurückgegangen. In den vergangenen acht Jahren verlor die “Bild am Sonntag” rund 730.000 Käufer — fast 29 Prozent. Zum Vergleich: Die Auflage der “Welt am Sonntag” blieb in diesem Zeitraum konstant. Und auch die Schwesterzeitung “Bild” verlor in diesen acht Jahren “nur” etwa 21 Prozent ihrer Käufer.

Aber so ein Geburtstag ist bei Springer natürlich kein Zeitpunkt, plötzlich die Faktenliebe zu entdecken. Und so behauptet Claus Jacobi, “Bild”-Kolumnist und bei Axel Springer traditionell für solche Jubelartikel zuständig, heute in der (ebenfalls zum Verlag gehörenden) “Berliner Morgenpost”:

Mit einer verkauften Auflage von fast zwei Millionen Exemplaren ist die “BamS” noch immer die größte Sonntagszeitung Europas.

Ist sie nicht. Die britische Sonntagszeitung “News of the World” verliert zwar auch Käufer, hat aber aktuell immer noch 3,5 Millionen — fast doppelt so viele wie “Bild am Sonntag”. Und auch die “Mail on Sunday” hängt mit 2,3 Millionen verkauften Exemplaren “Bild am Sonntag” locker ab.

Kurz korrigiert (90)

Wahrscheinlich wollte “Bild” ihren Lesern ja bloß eine Vorstellung davon geben, dass der Kongo ein ungeheuer großes Land ist. Und deshalb steht in einem Text über den anstehenden Bundeswehreinsatz im Kongo dieser Satz:

Der Kongo (früher Zaire) ist fast so groß wie Europa.

Fragt sich bloß, was genau “Bild” mit “fast” meint. Die Demokratische Republik Kongo (und um die geht es hier wohl) jedenfalls passt mit ihren gut 2,3 Millionen Quadratkilometern Fläche über viereinhalb mal in Europa (~10,5 Millionen qkm). Aber womöglich meint “Bild” ja die Europäische Union, wenn sie Europa schreibt. Die hat allerdings eine Fläche von rund vier Millionen Quadratkilometern. Das wiederum bedeutet beispielsweise, dass die Fläche Deutschlands locker viereinhalb mal in das “fast” von “Bild” passt. Da kann man von “fast” eigentlich fast nicht mehr sprechen.

Mit Dank an Hannes für den sachdienlichen Hinweis.

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