Suchergebnisse für ‘Presserat’

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Die bittere Rache II

Dass die Springer-Blätter politisch auf einer Linie fahren, ist nicht neu, auch nicht, dass sie sich gegenseitig helfen, indem sie die selben Texte drucken. Dass die Bild-Zeitung aber ihre Macht missbraucht, um das rechtswidriges Vorgehen eines Hausblättchens zu rächen, ist eine neue Qualität.

Schreibt die “Berliner Zeitung” in einem Artikel über die “widerliche Kampagne”, die “Bild” gerade (wie berichtet) gegen die Schauspielerin Alexandra Neldel fährt.

Der Hintergrund: Die Springer-Jugendzeitschrift “Yam” hat — offenbar rechtswidrig — ein acht Jahre altes Nacktfoto veröffentlicht, das Neldel exklusiv für den “Playboy” gemacht hat. Als die Schauspielerin jetzt juristisch dagegen vorging, zeigte “Bild” ebenfalls die nackte Neldel vom “Playboy”-Cover. Dabei hat laut “Berliner Zeitung” ein Gericht dem Blatt die Veröffentlichung der “Playboy”-Fotos schon 1998 ausdrücklich verboten. Neldels Anwalt sagt, “Bild” habe “in Kenntnis des Verbots gegen Recht und Gesetz verstoßen”.

Im vergangenen Jahr hat “Bild” bereits eine ähnliche Kampagne gegen die Schauspielerin und frühere Porno-Darstellerin Sibel Kekilli gefahren. Dafür wurde sie vom Presserat im Dezember 2004 gerügt. Auch über ein halbes Jahr später hat “Bild” diese Rüge — entgegen den Gepflogenheiten und der eigenen “journalistischen Richtlinien” — noch nicht im Blatt abgedruckt.

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Hunger nach Kannibalismus

Man will es bei “Bild” offenbar einfach nicht einsehen, deshalb noch mal: Wer kein Menschenfleisch verzehrt, ist kein Kannibale.

Und trotzdem stand in der gestrigen Berliner “Bild”-Ausgabe diese Doppelseite:

Das Wort “Kannibale” findet sich dort nicht nur in der Überschrift, sondern auch in zwei Bildunterzeilen – und im Text wird Ralf M. weitere vier mal als Kannibale bezeichnet. Und das, obwohl “Bild” nebenan sogar einen Auszug der Anklage abdruckt, aus der sich deutlich entnehmen lässt, dass es eben nicht zu Kannibalismus kam. Man muss also davon ausgehen, dass “Bild” den Angeklagten absichtlich und wider besseres Wissen als Kannibalen bezeichnet.

Außerdem geht es hier mal wieder um Ziffer 13 des Pressekodex’. Obwohl dort und in den Richtlinien dazu eindeutig festgelegt ist, dass Verdächtige vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldige hingestellt werden dürfen, tut “Bild” mal wieder genau das (wie sich auch in der Online-Version des Berichts auf Bild.de nachlesen lässt).

Möglicherweise kann man auch darüber streiten, ob die Fotos, die “Bild” zur Illustration des Artikels gewählt hat, Ralf M. aussehen lassen, wie ein Raubtier im Käfig. Man kann darüber streiten, ob es wirklich notwendig und angemessen ist, detaillierte, “grausige” (“Bild”) Auszüge der Aussage des Gerichtsmediziners abzudrucken. Und man kann darüber streiten, ob man Ralf M.s Geständnis, das “Bild” im Wortlaut abdruckt, tatsächlich als “Grusel-Geständnis” qualifizieren muss. Es gibt jedenfalls Passagen darin, die dem Eindruck widersprechen, es handele sich bei dem Angeklagten um ein gewissen- und willenloses Monster:

“Ich selbst stehe den Vorwürfen fassungslos gegenüber und finde nur unzureichende Erklärungen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. (…)
Mir ist bewußt, daß dieser Teil meines Ichs medizinisch behandelt werden muß. Ich hoffe, mit Hilfe von Ärzten irgendwann einmal wieder ein normales Leben führen zu können.
Für die von mir begangene Tat schäme ich mich. (…)
Mir ist bewußt, welch schwere Schuld ich auf mich geladen habe. (…)
Bis zu der Tat habe ich irrig geglaubt, meine Fantasien im Griff zu haben. (…)
Ich weiß, daß ich in den nächsten Jahren unter gesicherten Bedingungen behandelt werden muß.”

Wie gesagt, “Bild” druckt all das im Wortlaut ab, und schreibt trotzdem darüber:

Sperrt ihn weg, er hat wieder Hunger!

Und in eine Bildunterzeile:

Offenbar hat er immer noch Hunger auf Menschenfleisch

Oder in der Bild.de-Version:

Denn Ralf M. hat immer noch Hunger auf Menschenfleisch!

Ob also die Art und Weise, wie “Bild” die Geschichte präsentiert, entwürdigend ist, und ob sie den Angeklagten Ralf M. wie einen tumben Zombie darstellt, der einzig und allein von seinem Hunger auf Menschenfleisch getrieben ist, darüber müsste man jetzt vermutlich immer noch streiten — wenn auch nur mit “Bild”.

Nachtrag, 6.5.:
Man könnte glatt meinen, “Bild” versuche heute sich für ihre “Kannibalen-Berichterstattung” zu rechtfertigen. Auf Seite acht der Berliner “Bild”-Ausgabe steht nämlich ein fast ganzseitiger Artikel, der die Überschrift trägt, “Jetzt winselt der Berliner Kannibale! Ich fühle mich wie ein gefährliches Tier im Käfig”. Und im Text wird Ralf M. folgendermaßen zitiert: “Ja, ich bin ein Kannibale, und ich fühle so wie einer.” Aber, liebe “Bild”-Mitarbeiter, mal angenommen, irgend eine geistig derangierte Person käme auf die obskure Idee, sich als “Bild”-Chefredakteur und Herausgeber zu bezeichnen, würden Sie ihn dann auch so nennen und darstellen?

Frannie Avery beim Sex – jetzt auf DVD!

Die härtesten Sex-Szenen der schönen Meg Ryan

Heißer Sex in den wildesten Stellungen – so sexy und nackig haben wir Meg Ryan bislang nur im Kino sehen können! Doch ab heute gibt es den Film “In the Cut” mit Hollywood-Schauspielerin (“Harry & Sally”) auf DVD. Und nicht nur das: BILD zeigt Bilder der schärfsten F***-Szenen und verrät, wie Sie sich den Weg in die Videothek sparen und den Sex-Thriller sogar online ausleihen und ungestört auf dem Computer ansehen können. (…)

Schon möglich, dass die hier vorangestellten Sätze den Eindruck erwecken, “Bild” mache darin Werbung für eine DVD und eine Online-Videothek. Doch der Eindruck trügt. Die vorangestellten Sätze stammen nämlich gar nicht aus der “Bild”-Zeitung. Stattdessen sind sie frei erfunden, um zu demonstrieren, wie es hätte aussehen können, wenn eine Boulevardzeitung wie “Bild” Ihren Lesern mitteilen möchte, dass Kopien des Kinofilms “In the Cut” aus dem Jahr 2003 ab heute käuflich zu erwerben und (bereits seit dem 10. Februar) auszuleihen oder online herunterzuladen sind. Das hätte dann zwar immer noch verdammt nach einem unlauteren Deal mit dem DVD-Vetrieb EuroVideo und dem Internet-Videoverleih Amango.de ausgesehen, widerspräche womöglich dem Pressekodex Ziffer 7, dem Mediendienstestaatsvertrag § 13 und/oder den im Abschnitt “Werbung” formulierten journalistischen Leitlinien des Axel Springer Verlags, wäre aber zumindest sachlich richtig.

In Wirklichkeit hat sich “Bild” jedoch für die mutmaßlich irreführende Überschrift “So hart liebt’s die schöne Meg Ryan” entschieden und die Werbung Berichterstattung online mit einer, ähm, vielversprechenden Bilderschau (ähm, siehe Ausriss) angereichert, die ebenfalls den sinnfälligen Unterschied zwischen Schauspielerin (Meg Ryan) und Rolle (Frannie Avery) ignoriert und sich “So liebt die schöne Meg Ryan” nennt, obwohl das natürlich völliger Quatsch ist.

“Bild” versteht Rüge nicht

In Sachen Sibel Kekilli ist man bei “Bild” noch nicht bereit, klein bei zu geben. Die Nachrichtenagentur epd berichtet folgendes: Anwälte des Springer-Verlages prüfen derzeit Schritte gegen die einstweilige Verfügung des Berliner Kammergerichts, die dem Blatt (wie gesagt) den Abdruck eines Fotos und einer Bildunterschrift untersagt, durch die die Schauspielerin “in höhnischer Weise herabgesetzt und verächtlich gemacht” worden sei.

Und auch die Rüge des Presserates in dieser Angelegenheit mag man bei “Bild” nicht hinnehmen. Obwohl es “fairer Berichterstattung” entspräche, öffentliche Rügen im Blatt selbst abzudrucken und obwohl der Springer-Verlag in seinen “Journalistischen Leitlinien” ausdrücklich Bezug nimmt auf die publizistischen Grundsätze des Pressekodex, hat “Bild” die inzwischen zwei Monate zurückliegende Rüge nicht abgedruckt. Immerhin hat sich der Verlag aber inzwischen eine originelle Begründung dafür ausgedacht und sie epd genannt:

… aus der Rüge sei für die Redaktion “nicht eindeutig” hervorgegangen, über welche Verfehlungen sie die Leser hätte informieren sollen. Sie habe daher den Presserat gebeten, die Ausführungen zu präzisieren.

Die “Ausführungen” des Presserates, die den “Bild”-Verantwortlichen nicht präzise genug waren, lauteten im Kern:

Natürlich kann über die Vergangenheit einer Schauspielerin berichtet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass in der Berichterstattung die Persönlichkeit der Betroffenen nicht mit den Rollen, die sie gespielt hat, identifiziert wird. (…)

Das öffentliche Interesse deckt eine Form der Berichterstattung nicht, in der die Persönlichkeit der Betroffenen auf das reduziert wird, was man über diese in den Klappentexten von Pornofilmkassetten lesen kann.

Zu befürchten ist, dass “Bild”-Veranwortliche das tatsächlich einfach nicht verstehen.

(Weitere Texte zum Thema: Sensation: “Bild” druckt Kekilli-Rüge, Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein.)

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“Bild” verletzt Menschenwürde

Den vorläufig letzten Porno-Witz über Sibel Kekilli hat “Bild” vor nicht einmal zwei Wochen gemacht, am 17. Januar 2005. Damals saß die Ehefrau des Bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber beim Deutschen Filmball neben der “Preisträgerin des Goldenen Bären und Ex-Porno-Darstellerin”. Und weil sie sagte: “Mein Mann kennt ihren Film”, schrieb “Bild” dahinter: “Welchen verriet sie nicht” und verdrehte das Zitat zur Überschrift: “Frau Stoiber outete ihren Mann als Kekilli-Fan”.

Höhepunkt einer mehrmonatigen Kampagne von “Bild” gegen Kekilli war allerdings, als das Blatt am 2. November 2004 ein Foto aus einem Porno-Film abdruckte, das sie beim Geschlechtsverkehr von hinten zeigt. Damit illustrierte “Bild” die Nachricht, dass Kekilli mit dem Bambi ausgezeichnet werde — wegen ihrer “eindringlichen Darstellung” in dem preisgekrönten Film “Gegen die Wand”.

Wie nennt man solche “Berichterstattung”? Kekilli nannte sie eine “dreckige Hetzkampagne” und “Medienvergewaltigung”. Der Deutsche Presserat nannte sie eine Entwürdigung und Verletzung der Menschenwürde. Jetzt hat auch das Berliner Kammergericht Worte gefunden: Sie sei “Teil einer Kampagne”, mit der Kekilli “in höhnischer Weise herabgesetzt und verächtlich gemacht” worden sei. “Ein derartiger Eingriff in die Würde eines Menschen” sei durch die Freiheit der Berichterstattung “nicht mehr gedeckt”.

Das berichtet der “Tagesspiegel” heute. Das Gericht habe “Bild” nun die Veröffentlichung und Verbreitung des Nacktfotos untersagt. Sonst drohten 250.000 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft.

Übrigens hat “Bild” nach unserem Wissen bis heute nicht über die öffentliche Rüge berichtet, die der Presserat in der gleichen Sache schon am 2. Dezember 2004 ausgesprochen hat. Solche Rügen abzudrucken, entspricht laut Pressekodex “fairer Berichterstattung”.

(Weitere Texte zum Thema: “Bild” versteht Rüge nicht, Sensation: “Bild” druckt Kekilli-Rüge, Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein.)

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Symbolfoto VI: “Bild” verleugnet Jesus

Es hätte alles so schön gepasst. Der schillernde Rudolph Moshammer (über den Roberto Blanco in “Bild” sagte, “Rudolph war ein Show-Mann, ein Exzentriker. Ich glaube, er würde auch diesen letzten ‘Auftritt’ in einem gläsernen Sarg sehr lieben.”) im “Schneewittchensarg”. Und das kann man sich gut vorstellen, noch dazu, wenn es sich bei dem gläsernen Sarg um ein so prunkvolles Stück wie jenes handelte, das “Bild” heute auf der Titelseite und noch einmal weiter hinten abbildet:

Auf der Titelseite steht übrigens neben dem Foto des “Sargs”:

Der gläserne Sarg, in dem Moshammer seine letzte Ruhe finden soll

Das allerdings stimmt nicht. Nicht nur, weil, wie auch “Bild” seit heute weiß, Moshammer in einem Mahagoni-Sarg beerdigt werden wird.

Nein, der von “Bild” abgebildete Glassarg ist außerdem schon belegt, wie man auf diesem Foto (siehe Ausriss) sehen kann. Es liegt eine Jesus-Statue darin, die man in der gedruckten “Bild” allerdings kurzerhand wegretuschiert hat, wohl um Platz für Moshammer zu schaffen. Mithilfe des Originalfotos bewarben Karl und Leo Rechsteiner anlässlich des Todes von Rudolph Moshammer ihr Patent für einen Vakuum-Glassarg. Und fragt man bei Karl Rechsteiner nach, erfährt man, dass das Foto einen Schrein in Costa Rica zeigt, der dort während der “Semana Santa” (Karwoche) bei Prozessionen durch die Straßen getragen wird. Das Foto solle nur illustrieren, was für Möglichkeiten es hinsichtlich der Gestaltung von Glassärgen gibt.

“Bild” dagegen demonstriert mal wieder eindrucksvoll, welche Möglichkeiten es hinsichtlich der Gestaltung und Verwendung von Fotos gibt.

Mit Dank für den inspirierenden Hinweis an Joerg S. und Patrick G.

Nachtrag in eigener Sache:
Nachdem um obigen Eintrag offenbar Verwirrung entstanden ist, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Joerg S. und Patrick G., (Betreiber der Website minga.de) uns und andere Medien per Mail auf die zu Grunde liegende “Bild”-Meldung aufmerksam gemacht haben (siehe “Dank an…”). Thema unseres Eintrags ist jedoch die Manipulation eines Fotos in der “Bild”-Zeitung (siehe auch Pressekodex, Ziffer 2 und Richtlinie 2.2), von der auf der Website der Hinweisgeber nicht die Rede war.

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Auszüge aus dem “Medien-Pranger”

Aus gegebenem Anlass soll hier doch einmal in aller Deutlichkeit auf Ziffer 13 des Presskodexes hingewiesen werden und insbesondere auf die Richtlinien dazu:

Bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung, auch im Falle eines Geständnisses. Auch wenn eine Täterschaft für die Öffentlichkeit offenkundig ist, darf der Betroffene bis zu einem Gerichtsurteil nicht als Schuldiger im Sinne eines Urteilsspruchs hingestellt werden. (…)Vorverurteilende Darstellungen und Behauptungen verstoßen gegen den verfassungsrechtlichen Schutz der Menschenwürde, der uneingeschränkt auch für Straftäter gilt. Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines “Medien-Prangers” sein. Daher ist zwischen Verdacht und erwiesener Schuld in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden.

Hier einige Zitate aus Artikeln, die seit der Festnahme des mutmaßlichen Mörders von Levke und Felix, Marc H., in “Bild” und/oder auf Bild.de erschienen sind:

31 Wochen nach dem brutalen Mord an der 8jährigen Levke ist der Täter endlich gefaßt: Es ist Marc H. (31) (…)
Bild.de vom 9.12.04

Unfaßbar: Der Killer hat selbst zwei kleine Töchter!
Bild.de vom 9.12.04

Wer ist dieses Monster?
Bild.de vom 9.12.04

Levkes Mörder – Seine geschockte Ex-Frau: Er war so ein lieber Vater…
Bild.de vom 10.12.04

Der Mann, den sie liebte, ist der Mörder der kleinen Levke.
Bild.de vom 10.12.04

Der Killer machte eine Lehre zum Installateur (…)
Bild.de vom 10.12.04

Vor zwei Jahren bekam der Killer mit Ehefrau Anja Töchterchen Sophie-Andrea.
Bild.de vom 10.12.04

Hat der Killer auch Tochter Laura mißbraucht?
Bild.de vom 10.12.04

Levkes Mörder: Schon als Junge haßte er Mädchen
Bild.de vom 12.12.04

Der Junge heißt Marc. 25 Jahre später wird er zum Mörder der kleinen Levke († 8).
Bild.de vom 12.12.04

Sein letztes Opfer wurde Levke.
Bild.de vom 12.12.04

Jetzt spricht die Mutter des Levke-Killers
Bild.de vom 13.12.04

Ihr Sohn hat ein 8jähriges Mädchen bestialisch getötet.
Bild.de vom 13.12.04

Fünf Tage nach der Festnahme und dem Geständnis des Mädchenmörders Marc H. (…)
Bild.de vom 13.12.04

Bei der Suche nach möglichen weiteren Opfern des Doppelmörders (…)
Bild.de vom 8.1.05

Aber der Mann hat Levke ermordet und jetzt den kleinen Felix.
“Bild” vom 10.1.05

(…) Marc Hoffmann (31), der Mörder von Levke (8) und Felix (8) (…)
“Bild” vom 11.1.05

Ist Doppelmörder Marc Hoffmann etwa auch der „schwarze Mann“ (…)
“Bild” vom 11.1.05

Zweifacher Kindermörder Marc Hoffmann – Wieso bekam die Bestie das Sorgerecht für die kleine Tochter?
“Bild”vom 12.1.05

Der Killer hatte ausgesagt, das Rad dort ins Wasser geworfen zu haben.
“Bild” vom 12.1.05

Hier versteckte er nach dem Mord an Levke auch die Habseligkeiten des Mädchens.
“Bild” vom 12.1.05

Zärtlich umarmt die Tochter (10) ihren Vater Marc Hoffmann, den Kinderkiller.
Bild.de in einer Fotogalerie

Kindermörder Marc Hoffmann
Fotounterzeile auf Bild.de in diversen Artikeln über Marc H.

Kindermörder Hoffmann nach Bedrohung durch Häftlinge verlegt
Bild.de vom 12.1.05

Diese Zusammenstellung ist nicht vollständig.

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“Bild” glaubt: “Bestie hat sich auch Adelina geholt”


Wir sehen Marc H., den mutmaßlichen Mörder des achtjährigen Felix und der achtjährigen Levke. Rechts sehen wir Levke, links Adelina. Auch Adelina wurde getötet, von wem ist bislang unklar. Lassen Sie sich also nicht davon irritieren, dass es in der “Bild”-Überschrift heißt, “Die Bestie hat sich auch Adelina geholt” – das lässt sich nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand definitiv nicht sagen, und es würde sicher, gemäß Pressekodex, eine unzulässige Vorverurteilung darstellen.

Und bei genauem Hinsehen stellt man auch fest, dass “Bild” gar nicht behauptet, Marc H. habe Adelina getötet, denn über der ca. drei Zentimeter hohen Schlagzeile steht ja in ca. ein Zentimeter hohen Buchstaben, “Polizei glaubt”. Die Titel-Schlagzeile in der Bremer “Bild”-Ausgabe sieht sogar so aus:

Nur: Beides ist falsch. Fragt man nämlich bei der Soko Levke und Felix nach, wie es Radio Bremen getan hat, kommt dies dabei heraus:

Ein Sprecher der Soko Levke und Felix hat einen Bericht der “Bild”-Zeitung dementiert, wonach es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Morden an Felix und Levke sowie an Adelina aus Bremen gibt. Der Polizeisprecher bezeichnet diesen Artikel als falsch. Er warf der Zeitung vor, die Arbeit der Polizei mit solchen Artikeln zu behindern.

Und wie kommt “Bild” darauf, dass die Polizei “glaubt” oder sich gar “sicher” sei, dass Marc H. auch Adelina ermordet habe? Nun, in der “Bild” Berlin/Brandenburg und online zitiert sie einen “Sprecher” der Kripo Bremen mit den Worten: “Vieles spricht dafür”. Und in der “Bild” Bremen zitiert sie einen “Ermittler” mit den Worten: “Vieles spricht dafür”.

Fragt man beim Pressesprecher der Bremer Polizei nach, erfährt man, dass es kein derartiges Statement der Bremer Polizei gebe und, dass derzeit lediglich ermittelt werde, ob es Parallelen zwischen den Morden an Levke und Adelina gibt. Und mehr hätte es dazu eigentlich nicht zu sagen gegeben.

Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise an Tobias M. und Frauke M.

Unbezahlbare Berichterstattung

Artikel zu produzieren, die kommerzielle und journalistische Interessen vermischen, inaktuell sind oder fehlerhaft, das gehört bei “Bild” zum täglichen Alltag. Manchmal aber packt auch die “Bild”-Redakteure der Ehrgeiz. Dann strengen sie sich richtig doll an und produzieren ein Stück, das alles gleichzeitig enthält. Ein inaktuelles, fehlerhaftes Stück Schleichwerbung quasi.

Und das in einem Artikel, das weniger als 50 Wörter lang ist. Es geht um den heutigen “Gewinner des Tages”:

Er macht das Fernsehen in Deutschland wieder spannend: Manuel Cubero (41), Vizepräsident Digital TV bei Kabel Deutschland, bringt 30 neue Sender auf unsere Bildschirme! Für nur 9 Euro/Monat können Kabelnutzer die neuesten Hollywood- und Disney-Streifen sehen. Dazu Doku-Filme, “Playboy-TV” und “BibelTV”.

BILD meint: Besser als ständige Wiederholungen!

Erstens. Sinn des Textes ist es offensichtlich, freundlich darauf hinzuweisen, dass ein kommerzielles Unternehmen ein bestimmtes Produkt zum Kauf anbietet. Solche Texte nennt man gemeinhin nicht “Artikel”, sondern “Anzeigen” und nicht “Journalismus”, sondern “Werbung”. Zeitungen haben nach dem Pressekodex dafür Rechnung zu tragen, dass man das eine vom anderen unterscheiden kann. Das gilt auch für “Bild”.

Zweitens. Das Angebot “Kabel Digital HOME”, das in “Bild” beschrieben wird, ist kein neues Angebot, sondern besteht seit fast einem Vierteljahr. Am 27.09.2004 hatte Kabel Deutschland seine Einführung bekannt gegeben. Mitte November bereits hatte (wie berichtet) bild.de in einer Anzeige in einem Artikel darüber berichtet dafür geworben.

Drittens. Kabel Deutschland bringt keineswegs “30 neue Sender” auf unsere Bildschirme. Bei den Sendern handelt es sich zum Teil um längst bestehende Programme wie 13th Street, Sci Fi, Planet und Bibel-TV. Kabel Deutschland selbst wirbt aus guten Grund nicht mit 30 “neuen”, sondern “zusätzlichen” Kanälen.

Viertens. Im 9-Euro-Paket von Kabel Deutschland laufen keineswegs die “neuesten Hollywood- und Disney-Streifen”. Als seine Weihnachtshighlights bezeichnet Kabel Deutschland selbst die Filme Jurassic Park I bis III (1998 bis 2001) und “Der letzte Kaiser” (1987).

Fünftens. “Bild” schreibt, das Programm sei “besser als ständige Wiederholungen”. Tatsächlich besteht es im Wesentlichen aus ständigen Wiederholungen. Der Kanal “Kinowelt TV” z.B. zeigt “legendäre Hollywoodstreifen”, “Klassiker” und “Spielfilmhighlights aus einer der größten Filmbibliotheken Deutschlands”. “BBC Prime” wiederholt beliebte BBC-Programme. Der Sci-Fi-Kanal wiederholt im Dezember 6 “Star Trek”-Filme. Kein Kanal im Paket zeigt auch nur annähernd so wenige Wiederholungen wie ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und Pro Sieben.

Fazit: Da muss aber richtig was schief gelaufen sein bei “Bild”. Denn es wäre ja undenkbar, dass man sich als Unternehmen die anlasslose Erklärung zum “Gewinner des Tages” in “Bild” einfach erkaufen kann. Und dass man die Fehler quasi gleich mitkauft, durch die das Angebot in einem noch besseren Licht als in der eigenen Werbung dasteht. Und dass man sich sogar den Zeitpunkt der Erwähnung noch aussuchen kann: aus journalistischer Sicht verspätet, aber gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest.

“Bild” entwürdigt und verletzt

Aus einer heute veröffentlichten Pressemitteilung des Deutschen Presserats (Hervorhebungen von uns):

“(…) Öffentlich gerügt wurde die Berichterstattung der ‘Bild’-Zeitung über die Schauspielerin Sibel Kekilli. Die Zeitung hatte nach der Verleihung des Goldenen Bären mehrfach über die Vergangenheit der Schauspielerin berichtet, die vor ihrer Rolle in dem ausgezeichneten Film ‘Gegen Die Wand’ in Pornofilmen mitgespielt hat. Natürlich kann über die Vergangenheit einer Schauspielerin berichtet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass in der Berichterstattung die Persönlichkeit der Betroffenen nicht mit den Rollen, die sie gespielt hat, identifiziert wird. Der Beschwerdeausschuss ist der Überzeugung, dass die Berichterstattung über Sibel Kekilli insbesondere durch die Kombination von Text und Bild diese Grenze deutlich überschreitet. Solche Berichterstattung entwürdigt nach Meinung des Ausschusses die Betroffene und verletzt damit die in Ziffer 1 des Pressekodex geforderte Wahrung der Menschenwürde:

Ziffer 1:
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Das öffentliche Interesse deckt eine Form der Berichterstattung nicht, in der die Persönlichkeit der Betroffenen auf das reduziert wird, was man über diese in den Klappentexten von Pornofilmkassetten lesen kann.”

PS: Laut Pressekodex (Ziffer 16) entspricht es ” fairer Berichterstattung, vom Deutschen Presserat öffentlich ausgesprochene Rügen abzudrucken, insbesondere in den betroffenen Publikationsorganen.” In der Richtlinie zu Ziffer 16 heißt es außerem: “Für das betroffene Publikationsorgan gilt: Der Leser muss erfahren, welcher Sachverhalt der gerügten Veröffentlichung zugrunde lag und welcher publizistische Grundsatz dadurch verletzt wurde.”

(Weitere Texte zum Thema: “Bild” verletzt Menschenwürde, “Bild” versteht Rüge nicht, Sensation: “Bild” druckt Kekilli-Rüge, Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein.)

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