Suchergebnisse für ‘Presserat’

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ARD/ZDF-Onlinestudie 2007
(ard.de)
Über 40 Millionen Deutsche im Netz – Bisher nur eine Minderheit im “Mitmachnetz” Web 2.0 aktiv.
Mehr dazu auf www.ard-zdf-onlinestudie.de.

Kalte Fakten aus dem Knast
(sueddeutsche.de, Gunnar Herrmann)
Schweden hat einen TV-Skandal: Ein Reporter, bekannt für das Aufdecken von Justizirrtümern, soll Straftätern Berichterstattung versprochen haben – gegen Geld.

Wahrheitssuche statt Wahrheitsdiktat
(medienspiegel.ch, Peter Studer)
Der Präsident des Schweizer Presserats beleuchtet das “Schreiben, was ist”-Motto der Weltwoche.

?Google ist wie ein guter Freund?
(politik-digital.de)
Am 04. September2007 war Stefan Zwierlein vom Google Watch Blog zu Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de und den Blogpiloten. Im Chat sprach er über die Beeinflussung von Lesern, die Angst vor Datenmissbrauch und kommende Dienste von Google.

Berliner Orgie
(plastikmaedchen.net)
In seinen ursprünglich für die Boulevardzeitung B.Z. verfassten Bordell-Tests entpuppt sich Thomas Brussig nicht nur als talentfreier Autor, sondern auch als rassistischer Sexist.

SpOn von Titanic-Agenten unterwandert?
(spreeblick.com)

Allgemein  

Das alte Vorurteil, “Bild” würde lügen

“Das ist ein gut gemachter Spot, natürlich haben wir auch darüber gelacht. Er lebt aber von dem alten Vorurteil, BILD würde lügen — was durch eine witzige Wiederholung jedoch auch nicht wahrer wird.”

(“Bild”-Sprecher Dirk Meyer-Bosse über den BILDblog-Werbefilm)

Ein altes Vorurteil, soso.

Als Service für Herrn Meyer-Bosse (und unsere Leser) haben wir eine kleine, unvollständige Auswahl von “Bild”-Lügen aus den vergangenen zwei Jahren zusammengestellt, der Übersicht halber grob in zehn Kategorien unterteilt:

Lügen mit Fotos

Lügen mit Toten und Verletzten

Lügen mit Zitaten

Lügen mit Tieren

Lügen zur Verteidigung

Lügen mit Wissenschaftlern

Lügen mit Terroristen

Lügen mit Politik

Lügen mit Gewalttaten

Lügen mit Zeitangaben

Jede Rüge braucht einen Mutigen, der sie zählt

Wie weit Neugierde und Darstellung gehen dürfen, ist keine Frage von Boulevard-Journalismus. sondern jeder Berichterstattung. Und die Antwort lautet: So weit wie nötig — nötig, um den Leser zu grundlegenden Entscheidungen zu befähigen, um ihm die Möglichkeit der Einschätzung (…) zu geben.

Das jedenfalls behauptet “Bild”-Chef Kai Diekmann in einem Beitrag für das unlängst erschienene, aktuelle “Jahrbuch” des Presserats. Und was “Bild” unter “so weit wie nötig” versteht, wird ebenfalls aus der Veröffentlichung des Presserats deutlich: häufig zu weit nämlich. Schließlich ist “Bild” wieder einmal das meistgerügte Medium.

Inwiefern eine unzulässige Vorverurteilung dem “Bild”-Leser “die Möglichkeit der Einschätzung” gibt oder warum für “Bild” ein einfacher Landarzt “eine Person von herausragender öffentlicher Funktion und gesellschaftlicher Stellung” ist, zeigt unsere Übersicht der “Bild”-Presseratsrügen 2006.

Vom Nutzen der Homestory für die Demokratie

In einem Beitrag für das Jahrbuch 2007 des Deutschen Presserates schreibt “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann unter dem Titel “Boulevard und Persönlichkeitsrechte — wie weit darf die Neugierde gehen?” unter anderem über einen Fall wie den von Horst Seehofer:

Wenn ein Minister der Partei für freie Liebe ein außereheliches Verhältnis hat, liegt das im Rahmen des Programm- wie Lebensentwurfs, ist stimmig und allein seine Angelegenheit; wenn der Minister allerdings einer Partei angehört, die sich ausdrücklich zum christlichen Familienbild bekennt, ist die Verletzung eines Sakraments von ganz anderer Qualität, wenn auch allein nicht notwendig ausreichend, um die Publizierung zu rechtfertigen.

Kommt jedoch hinzu, dass jener Politiker sein vordem mustergültiges Eheleben zu Wahlen plakatiert, das weniger dauerhafte Familienglück der politischen Gegner als Ausweis charakterlicher Defizite bespöttelt, darf schon aus Gründen der Waffengleichheit die öffentliche Neugier sehr weit gehen1) — zumal wenn sich der Minister um den Vorsitz eben jener christlichen Partei bewirbt.2)

Die entgegengesetzte Ansicht, wonach Privatangelegenheiten grundsätzlich nichts in den Medien zu suchen hätten, muss die Frage beantworten, ob nicht gerade dieser Weg zu einer Verfälschung des Wählerwillens führt, wenn dem Wähler die Integrität des Kandidaten wichtiger ist als irgendein Parteiprogramm. Dass Voten auf der Grundlage charakterlicher Profile darüber hinaus weitaus lebensklüger sind als nach programmatischen Vorgaben, ist zudem offensichtlich. (…) Auch dies ist ein Grund, nicht allzu hochmütig auf Homestories3) und Familienportraits herabzublicken, die Aufschluss über den wahren persönlichen Wertekanon geben. Für das Votum des Wählers, dessen souveräne Entscheidung auch hinsichtlich seiner Informationsquellen ohne Dünkel geachtet werden sollte, ist dieses Genre der Berichterstattung vermutlich wichtiger als politische Analysen.

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Anmerkungen von uns:

1) Erstaunlicherweise nannte die “Bild”-Zeitung die Enthüllungen über Seehofers Privatleben, die nach Ansicht des Chefredakteurs geradezu staatsbürgerliche Pflicht waren, zunächst “schmutzig”:
Machtkampf in der CSU wird schmutzig

2) Notfalls finden sich aber offenbar auch andere Vorwände Gründe, um über das Privatleben von Politikern zu berichten. So berichtete SPD-Politiker verschweigt Babydie “Bild am Sonntag”, deren Herausgeber Diekmann ist, am 12. August in großer Aufmachung darüber, dass ein führender SPD-Politiker von seiner Frau getrennt lebe und die Scheidung laufe; mit einer anderen Frau habe er vor einigen Monaten ein Kind bekommen. Der “BamS”-Artikel rechtfertigte die Veröffentlichung damit, dass auf der offiziellen Homepage des Bundestages nicht die richtige Zahl der Kinder des Politikers angegeben gewesen sei.

3) Ob damit Diekmanns frühere Selbstverpflichtung hinfällig ist, vor dem Hintergrund des sogenannten Caroline-Urteils in Zukunft auf Homestorys über Politiker zu verzichten, um sich nicht den Vorwurf der “Hofberichterstattung” auszusetzen, wissen wir nicht.

Polizei findet “Bild”-Bericht grenzwertig

Es ist nicht das erste Mal, dass “Bild”, nachdem jemand von der Polizei mit einem Fahndungsfoto gesucht und gefunden worden war, anschließend ein großes, identifizierbares Foto des mutmaßlichen Täters zeigte.

Auch der Presserat hatte sich noch im Juni mit einem ähnlichen Fall (damals zeigte “Bild”, wie berichtet, das Foto einer jungen Frau) befasst — und, wie berichtet, die “Bild”-Veröffentlichung missbilligt, da “kein öffentliches Interesse” zu erkennen sei, “das die Persönlichkeitsrechte der Frau überlagert hätte”. Daran habe auch die Tatsache nichts geändert, dass nach der Betroffenen mit Hilfe einer Kameraaufnahme gefahndet wurde:

Mit dem Auffinden der jungen Frau erlosch jedenfalls das Fahndungsinteresse der Polizei (…). Danach hätte die Zeitung auf eine erkennbare Darstellung der Betroffenen verzichten müssen.

Wie wenig diese Missbilligung die “Bild”-Zeitung beeindruckt hat, zeigt ein aktueller Fall:

Es geht dabei um einen Mann, der von der Polizei Bremen wegen “schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes” gesucht und am vergangenen Mittwoch festgenommen wurde. Laut Polizei konnten zwar weitere mutmaßliche Opfer “noch nicht namentlich ermittelt” werden, doch sei der Mann, “ein 38-jähriger Lehrer aus Cuxhaven”, inzwischen teilweise geständig, der Fall “aufgeklärt”.

Die Bremer “Bild”-Zeitung, die zuvor auch den Fahndungsaufruf verbreitet hatte, nahm die nun erfolgte Festnahme am Samtag zum Anlass für einen neuen, großen Artikel — und nannte darin nicht nur den (abgekürzten) Namen und Details zum Familienstand, sondern auch den Namen der Schule, an der er unterrichtet. Dominiert wird der Artikel jedoch (siehe Ausriss) vom einem großen Foto, das “Bild”, wie uns die Schule mitteilt, unerlaubterweise von deren Homepage hat und das “Bild” ohne jegliche Unkenntlichmachung zeigt.

Ein Sprecher der Polizei Bremen betonte auf Anfrage von uns, dass das Foto “kein Fahndungsfoto” und auch “nicht von der Polizei herausgegeben” wurde. Obwohl nicht auszuschließen sei, dass der “Bild”-Bericht bei der Suche nach den Opfern behilflich sein könnte, hält die Polizei die Veröffentlichung des Fotos mit Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Täters für “sehr grenzwertig”.

Mit Dank an Christopher und andere für den Hinweis.

Den Finger in die Wunder gelegt

“Bild” meldet heute:

Irrste Zeitung der Welt (…) wird nach 28 Jahren eingestellt

Nein, nicht was Sie jetzt denken…! (“Bild” ist ja auch schon 55.)

“Bild” berichtet heute bloß darüber, dass das US-Magazin “Weekly World News” (in dem “alles garantiert erfunden” sei) eingestellt werde. Und zum vermeintlichen “Aus und vorbei”* druckt “Bild” heute “noch einmal die besten Schlagzeilen der ‘WWN'”, also beispielsweise:

“Russen klonen 600 Hitlers!” — “Hitler war ein Vampir – darum war er tagsüber so unentspannt” — “Staubsauger saugt Deutschem das Gehirn raus!” — “Deutscher Erfinder kann aus Katzen Benzin machen – für eine Tankfüllung reichen 20 Miezen” — “UFO-Sekte will jetzt Hitler klonen!” — “Wird süßer Knut jetzt totgespritzt?” — HALT! STOPP! Die letzten drei Beispiele stammen ja gar nicht aus den “WWN” und sind uns hier leider irgendwie dazwischengerutscht…

Aber wo wir gerade schon bei irren Schlagzeilen sind, am 8.1.1996 beispielsweise berichtete “Bild”:

Nach Blitzschlag — Mann friert nie mehr
Elektriker Harold Deal wurde vom Blitz getroffen. So heftig, daß das Kleingeld in seiner Hosentasche zu einem Klumpen verschmolz. Nebenwirkung: Seitdem friert der Amerikaner nicht mehr. Der Handwerker aus South Carolina kann selbst bei minus 20 Grad Celsius mit Shorts und T-Shirt ins Freie gehen.

Am 27.8.1999 hieß es:

Nach einem Blitzschlag: Frau steht unter Strom
(…) Kein Witz! Flaminia Cima (29) aus Cremona (Norditalien) wurde von einem Blitz getroffen und überlebte. Seitdem sprechen Ärzte von ihr als “medizinisch höchstseltenen Fall”. Denn der Blitzschlag hat die Frau elektromagnetisch dermaßen aufgeladen, dass es ihr unerträglich ist, mit anderen Elektro-Abstrahlern in Berührung zu kommen. Sie darf kein Fernsehen mehr gucken, Computer, Telefone, Küchengeräte, sogar das Radio, von allem muss sie die Finger lassen. Inzwischen ist der Strom abgestellt, sie hat Kerzen aufgestellt.

Und am 14.7.2005:

Beim Knutschen von Blitz getroffen
Stockholm – Magnus (20) und Elin (19) aus Göteborg (Schweden) lernten sich am Strand kennen, küßten sich. Als ein Unwetter aufzog, suchten sie unter dem Dach einer Hütte Zuflucht. Beim Knutschen wurden sie plötzlich von einem Blitz getroffen! Beide bekamen einen starken Stromschlag ab. Das Wunder der Liebe: Sie wurden kaum verletzt.

Womit wir immerhin wieder bei der heutigen “Bild” angelangt wären. Denn heute berichtet “Bild” mit zwei Wochen Verspätung auf der Titelseite unter der Überschrift “1. Papst-Wunder?” (siehe Ausriss), dass ein italienischer Polizist einen Blitzeinschlag offenbar unbeschadet überlebt hat.

Das Fragezeichen ist angebracht — nicht nur, weil im Pressekodex steht: “Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.” Und auch nicht, weil beispielsweise ilGiornale.it schrieb: “Es wird kein Wunder gewesen sein…”

Nein, um das erste Papst-Wunder kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent” Andreas Englisch, der die heutige Meldung verfasste, schließlich schon am 28. August vergangenen Jahres Zeuge eines Papst-Wunders geworden war — des legendären “Wunders von Castel Gandolfo”!

*) Dass die “Weekly World News” offenbar nur ihre Print-Ausgabe einstellt, um ausschließlich im Internet weiterzuarbeiten, verschweigt “Bild” ebenso wie die Tatsache, dass “Bild” selbst in der Vergangenheit nicht davor zurückschreckte, unter Berufung auf “die US-Zeitschrift ‘Weekly World News'” deren Fake-Meldungen (“Castro trained killer sharks to attack U.S.”) mehr oder weniger distanzlos (“Schickt Castro Hai-Guevaras nach USA?”) weiterzuverbreiten…

Mit Dank an Max M. für die Anregung sowie Silke und Mandy fürs Italienisch.

neu  

Beinahe zurückhaltend

Am Sonntagmorgen riss ein Falschfahrer auf der A 28 bei Oldenburg in Niedersachsen in offensichtlich selbstmörderischer Absicht vier weitere Personen mit in den Tod — das war vielerorts zu lesen.

Der Pressekodex ruft bei Selbsttötung zu “Zurückhaltung” auf (Ziffer 8.5), insbesondere auch was die Identität der Opfer angeht, und tatsächlich hat sich die “Bild”-Zeitung für ihre Verhältnisse viel Mühe gegeben: Obwohl die Pressemitteilung der Polizei den Wohnort des Mannes nennt, spricht “Bild” von “einer Kreisstadt in Niedersachsen”. Der Nachname des Verstorbenen wurde abgekürzt, der Vorname seiner Ehefrau offenbar geändert, bei den Kindern werden gar keine Namen, nur die jeweiligen Alter genannt, und die Berufe des Mannes und seiner Frau sollten auch keine allzu deutlichen Identifikationsmerkmale sein.

Also alles einigermaßen ordentlich gelöst? Ja, beinahe…

Allgemein  

“Bild” hat sich stets bemüht…

Anfang Januar berichtete “Bild” über einen Künstler, der offenbar seine Mutter erschlagen hatte und illustrierte die Geschichte mit einem Foto des Mannes (siehe Ausriss). Das Foto war von dem freien Fotografen Gabriel Holom im Auftrag der Lokalzeitung “Gäubote” gemacht worden und dort zuvor auch erschienen, allerdings in einem gänzlich anderen Zusammenhang. Da weder der Fotograf, noch der “Gäubote” in die Veröffentlichung des Fotos in der “Bild”-Zeitung eingewilligt hatten, reichte der “Gäubote” Beschwerde beim Presserat wegen Verstoß gegen Ziffer 4 Pressekodex (unlautere Recherchemethoden) ein (wir berichteten).

Der Presserat entschied in der Sitzung vom 6. Juni, dass die Beschwerde unbegründet sei, weil es sich “primär um eine urheberrechtliche und nicht um eine presseethische Frage” handele. Der Geltungsbereich der Ziffer 4 ziele jedoch “in erster Linie auf Vorgehensweisen wie eine verdeckte Recherche oder den Umgang mit schutzbedürftigen Personen bei der Beschaffung von Informationen” ab.

Der Presserat hat auch eine Stellungnahme von Axel Springer eingeholt. Die spielte für die Ablehnung der Beschwerde zwar keine Rolle, sie ist aber trotzdem interessant. Der Presserat gibt sie wie folgt wieder:

Das Bild sei von einem freien “Bild”-Fotografen auf der Internetseite des “Gäuboten” entdeckt worden. (…) Die Stuttgarter “Bild”-Redaktion habe daraufhin versucht, telefonisch in der Redaktion des “Gäuboten” eine Veröffentlichungsgenehmigung zu erhalten. Dies sei jedoch daran gescheitert, dass der Beschwerdeführer jedes Mal in einer Besprechung gewesen sei und keine Gespräche habe annehmen können. Bis in den Abend hinein seien die Bemühungen der Redaktion, entweder den Beschwerdeführer oder den Fotografen Holom zu erreichen, erfolglos geblieben. Tage später habe sich dann herausgestellt, dass der Fotograf zu diesem Zeitpunkt in Urlaub gewesen sei. Die Redaktionsleitung habe sich dann entschieden, das Bild zu veröffentlichen, selbstverständlich aber die nachträgliche Zustimmung des Fotografen einzuholen. Dies sei einige Tage später gelungen. Man habe sich dabei darauf geeinigt, dass er eine Rechnung für die Nutzung des veröffentlichten Fotos schreibe. Er habe dann ausdrücklich erklärt, dass für ihn mit Bezahlung der Forderung die Sache erledigt sei.
(Hervorhebung von uns)

Der Fotograf beschreibt das “gelungene” Einholen der Zustimmung so: Er habe sich schriftlich an “Bild” gewandt und ein Honorar für die Veröffentlichung seines Fotos gefordert. Und tatsächlich habe er erklärt, dass die Sache für ihn mit Begleichung der Forderung erledigt sei, “weil das eben so ist, dass das Foto schon veröffentlicht war”, wie er uns sagt. Hätte “Bild” ihn jedoch vor Veröffentlichung gefragt, hätte er Rücksprache mit dem “Gäuboten” gehalten. Und Holom war zwar im Urlaub, er sei jedoch per Handy erreichbar gewesen.

Was die “Bemühungen” von “Bild” angeht, vom “Gäuboten” eine Veröffentlichungsgenehmigung zu erhalten: In der kleinen “Gäubote”-Redaktion kann sich keiner der Verantwortlichen an einen Anruf eines “Bild”-Mitarbeiters erinnern. Und man würde sich erinnern, wie man uns versichert, zumal es schon vor diesem Vorfall eine Absprache gegeben habe, keine Fotos an die “Bild”-Zeitung herauszugeben.

“Bild” verschläft “BILD-Bibel”-Start

Kommt ein “Bild”-Leser in ein Buchgeschäft: “Ich hätte da gerne diese neue ‘Papst-Bibel’! Hab’ ich heute in der ‘Bild’-Zeitung gelesen, dass die ‘da’ ist.”

Verkäufer: “Sie meinen die Benedikt-Bibel von ‘Bild’ und dem Verlag Herder?”

“Bild”-Leser: “Was weiß denn ich… Steht doch hier groß (tippt auf die mitgebrachte Titelseite, siehe Ausriss): ‘Ab heute im Handel’!”

Zufällig anwesender Presserat: (vernuschelt) “Ist das nicht Schleichwerbung?”

Verkäufer: “Was steht da? ‘Ab heute im Handel’?! Wie kommen die bei “Bild” denn darauf? Die Bibel gibt’s doch schon seit letzten Freitag. Stand doch auch überall, dass die… (blättert mit Lesebrille in Unterlagen) …ja, sehen Sie hier, die Pressemitteilung von Springer: ‘Am 29. Juni 2007 erscheint die neue limitierte Bibel-Edition von Europas größter Tageszeitung BILD.’ Und warten Sie mal, ich habe da so ein Déjà Vu — als hätte das auch selbst schon letzten Monat in ‘Bild’ gelesen.”

Zufällig anwesender Presserat: (aufgeregt am Mobiltelefon) “Was…? Doch, doch: Letzten Monat auch schon…!”

“Bild”-Leser: “Ja, und was is’ nun mit meiner ‘Papst-Bibel’?”

Verkäufer: “Na, ich schau mal, ob ich noch eine für Sie bestellen kann. Ist ja schließlich (tippt auf die mitgebrachte “Bild”-Zeitung, siehe Ausriss) ‘streng limitiert’, das Ding. Versprechen kann ich also nichts. Sind halt auch ein bisschen spät dran heute…”

Mit Dank an Norman S. für den Hinweis und den Verlag Herder für die Bestätigung.

“Bild”-WM-Knaller explodiert mit Verspätung

Deutschland vor einem Jahr. Erinnern Sie sich? Wir waren schwarz-rot-geil, wegen der Hitze wollten alle einander nur noch duzen, und die “Bild”-Zeitung machte mit dem Angebot auf, für 99 Cent bei Lidl ein “köstliches Grafenwalder Premium-Pils”, “eine große Tüte knackige Erdnuß-Flips” und eine Deutschland-Fahne zu bekommen. “WM-Knaller” hieß es. Alle waren ganz besoffen vor Glück, und der Presserat erklärte Beschwerden über die Aktion, die Verbraucherschützer einen “besonders krassen Fall von unlauterer Werbung” nannten, kurzerhand für “offensichtlich unbegründet”.

Doch auch der geilste Sommer endet irgendwann, und ein hartnäckiger Beschwerdeführer legte beim Presserat Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Er wies das Gremium auf diverse rechtsgültige Urteile in Sachen Schleichwerbung hin und erwähnte das Schleichwerbungsverbot im Gesetz. Eine relevante Täuschung liege bereits vor, wenn dem Leser eine entgeltliche Anzeige als redaktioneller Beitrag präsentiert werde, argumentierte er; Anzeigen müssten sich in Stil und Aufmachung von redaktionellen Beiträgen absetzen.

Das muss den Presserat irgendwie beeindruckt haben. Es wurde Herbst, und der Beschwerdeausschuss beschloss, die Sache zu behandeln. Es wurde Winter, und der Beschwerdeausschuss beschloss, die Sache doch lieber an das Plenum des Presserates abzugeben. Es wurde Frühling, und das Plenum des Presserates beschloss, die Beschwerde wieder an den Beschwerdeausschuss zurückzugeben.

Und nun ist es wieder Sommer, und der Beschwerdeausschuss hat sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Sie ist einstimmig gefallen und lautet: “Bild” hat mit der Veröffentlichung gegen die Ziffern 6 und 7 des Pressekodex verstoßen.

Nach Meinung des Gremiums gerät im vorliegenden Fall das Ansehen der Presse (Ziffer 6 des Pressekodex) in Gefahr, wenn eine werbliche Veröffentlichung, die redaktionell gestaltet ist, den redaktionellen Aufmacher auf der Titelseite ersetzt. Der Leser erwartet dort weder einen Eigenmarketingbeitrag noch Werbung.

Dadurch, dass an einer Stelle, an der sonst redaktionell berichtet wird, ein Eigenmarketingbeitrag veröffentlicht wurde, wird zudem die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung von Werbung und Redaktion aufgehoben.

Eine klare Kennzeichnung als “Anzeige” habe gefehlt.

Noch im Jahr 2004, als “Bild” mit Lidl in ähnlicher redaktioneller Aufmachung wie den “WM-Knaller” auf Seite eins einen “Sommer-Knaller” anbot (“Doppelschlecken” / “Heute Eis für alle — Eins kaufen, eins geschenkt!”), hatte der Presserat anders entschieden. Damals urteilte das Gremium, es sei “klar erkennbar, dass es sich bei dem Beitrag nicht um eine redaktionelle Berichterstattung, sondern um reine Werbung handelt”.

Weil der Presserat jetzt von der “bisherigen Spruchpraxis” abwich, konnte er wegen der “WM-Knaller”-Schleichwerbung keine Rüge, sondern nur einen “Hinweis” aussprechen.

Die Pressestelle der Axel-Springer-AG hat die Öffentlichkeit im vergangenen Jahr in einer Pressemitteilung informiert, dass die Beschwerde gegen die “Bild”-Lidl-WM-Aktion als “offensichtlich unbegründet” zurückgewiesen worden sei. Die Information, dass der Presserat sein Urteil jetzt revidiert hat, scheint nicht ganz so dringlich zu sein.

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