Suchergebnisse für ‘Presserat Bild’

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Beinahe zurückhaltend

Am Sonntagmorgen riss ein Falschfahrer auf der A 28 bei Oldenburg in Niedersachsen in offensichtlich selbstmörderischer Absicht vier weitere Personen mit in den Tod — das war vielerorts zu lesen.

Der Pressekodex ruft bei Selbsttötung zu “Zurückhaltung” auf (Ziffer 8.5), insbesondere auch was die Identität der Opfer angeht, und tatsächlich hat sich die “Bild”-Zeitung für ihre Verhältnisse viel Mühe gegeben: Obwohl die Pressemitteilung der Polizei den Wohnort des Mannes nennt, spricht “Bild” von “einer Kreisstadt in Niedersachsen”. Der Nachname des Verstorbenen wurde abgekürzt, der Vorname seiner Ehefrau offenbar geändert, bei den Kindern werden gar keine Namen, nur die jeweiligen Alter genannt, und die Berufe des Mannes und seiner Frau sollten auch keine allzu deutlichen Identifikationsmerkmale sein.

Also alles einigermaßen ordentlich gelöst? Ja, beinahe…

Unverbesserlich II

Der Presserat hat die Berichterstattung der “Bild”-Zeitung über eine junge Frau missbilligt, die ihr neugeborenes Kind in einer Plastiktüte im Gebüsch vor einem Krankenhaus abgelegt haben soll, wo es kurz darauf verstarb. Nach der Mutter war gefahndet worden; “Bild” zeigte jedoch auch noch, nachdem sie sich gestellt hatte, mehrmals Fotos von ihr, auf denen sie trotz eines winzigen Augenbalkens leicht zu identifizieren war (wir berichteten).

Auf unsere Beschwerde beim Presserat erwiderte die Rechtsabteilung der Axel-Springer-AG, es handele sich bei der Frau um eine “relative Person der Zeitgeschichte”, daher sei eine identifizierende Berichterstattung möglich gewesen. Die Erkennbarkeit habe sich nicht aus der Berichterstattung der Zeitung, sondern “bereits aus dem Fahndungsaufruf der Polizei” ergeben, erklärte Springer laut Presserat. Außerdem sei der Sachverhalt im Ort Stadtgespräch gewesen.

Der Beschwerdeausschuss widersprach:

Der Ausschuss erkennt kein öffentliches Interesse, das die Persönlichkeitsrechte der Frau überlagert hätte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass nach der Betroffenen mit Hilfe einer Kameraaufnahme gefahndet wurde. Mit dem Auffinden der jungen Frau erlosch jedenfalls das Fahndungsinteresse der Polizei (…). Danach hätte die Zeitung auf eine erkennbare Darstellung der Betroffenen verzichten müssen.

Die Artikel in “Bild” (Rhein-Neckar) vom 2., 3. und 5. März verstießen gegen Ziffer 8 und Richtlinie 8.1 des Pressekodex, befand der Presserat und sprach eine Missbilligung* aus. Auch den Einwand der Axel-Springer-AG, unsere Beschwerde sei “gewerblich motiviert” und “rechtsmissbräuchlich”, wies er zurück.

*) Es besteht nach der Beschwerdeordnung des Presserates “zwar keine Pflicht, Missbilligungen in den betroffenen Publikationsorganen abzudrucken. Als Ausdruck fairer Berichterstattung empfiehlt der Beschwerdeausschuss jedoch eine solche redaktionelle Entscheidung”. Die “Bild”-Zeitung verzichtet in der Regel auf diesen Ausdruck fairer Berichterstattung.

Post von Diekmann

“Bild” hatte ja jüngst — sichtlich widerwillig, aber gehorsam — eine Rüge des Presserats abgedruckt. Grund für die “Bild”-Rüge war laut Presserat Schleichwerbung für Aldi.

Und das Fachblatt “kress report” berichtet nun von einem Brief, den “Bild”-Chef Kai Diekmann offenbar an den Presserat geschickt hat, weil “Bild” die Aldi-Rüge “nicht nachvollziehen” könne. Weiter heiße es in Diekmanns Brief:

Nach Vorstellung des Presserates darf nicht über Preise und Bezugsquellen eines neuen Produktes berichtet werden. Sie ziehen die Grenze des Zulässigen schon bei Angabe von Telefonnummer und Internetadresse. Jede deutsche Publikation wäre danach künftig gezwungen, den Service-Charakter ihrer Berichterstattung radikal zu beschneiden.

Beigefügt sei dem Brief an den Presserat (der angeblich kein Alleingang Diekmanns sei, sondern von vielen deutschen Chefredakteuren unterstützt werde) ein “Ordner mit 100 Seiten aus 100 aktuellen Zeitungen und Zeitschriften”. Ob “Fahrradzubehör in der ‘Süddeutschen’, Motorradanzüge in der ‘FAZ’, (…) die neue ICE-Strecke Frankfurt-Paris in der ‘FR’, Osterdeko in ‘BamS’ oder die neue H&M-Edelmarke Cos in ‘Bild’ selbst” — alle Artikel enthielten ebenfalls konkrete Angaben zu Anbietern, Preisen, Bestellrufnummern oder Online-URLs. Laut “kress” hat “Bild” zwar ausdrücklich darauf verzichtet, alle Artikel als Beschwerde einzureichen, bittet den Presserat aber um Prüfung der “eingereichten Einzelfälle” und darum, die eigenen Standards “den aktuellen Leserbedürfnissen sowie einer modernen Wirtschaftsberichterstattung anzupassen”.

Beim Presserat, heißt es, begrüße man die “transparente Diskussion” und verspreche, sich mit dem “interessanten Material, das unsere Spruchpraxis kritisch begleitet”, eingehend zu befassen.

Knallhart recherchiert (4)

“Bild” hat heute eine Rüge durch den Presserat wegen Schleichwerbung abgedruckt — obwohl sie sie nach wie vor “nicht nachvollziehen” kann.

Die Zeitung hatte am 4. Januar über die neuen Reise-Angebote von Aldi berichtet, detailliert Preise und Bestellmöglichkeiten genannt und behauptet:

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.

Die “besten Angebote” waren dabei sämtliche Angebote, und die “Recherche” bestand mutmaßlich daraus, sie aus einer für den kommenden Tag gebuchten Aldi-Anzeige abzuschreiben. Über die Tatsache, dass Aldi Billigreisen anbieten wird, hatte “Bild” übrigens bereits Ende 2006 zweimal berichtet und zwei Tage nach der gerügten Meldung anhand falscher Zahlen gejubelt: “Deutschland fliegt auf ALDI-Urlaub”. (Dies ist nicht Bestandteil der Rüge.)

Gegen die Entscheidung des Presserates hatte “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann heftig protestiert, und im Blatt heute ist die Erwiderung von “Bild” länger als die Rüge selbst (siehe Ausriss). “Bild” bleibt dabei:

Wir glauben, dass BILD-Leser sich für diese Informationen interessieren und dass es zur Aufgabe einer Zeitung gehört, darüber zu berichten.

Übrigens: In der vergangenen Woche wurde durch Recherchen der “Lebensmittelzeitung” bekannt, dass Aldi seine “Preisgarantie” aus dem vergangenen Herbst aufgegeben hat, die Preise von rund 200 Produkten einzufrieren (“Bild” berichtete). Darüber berichteten in den vergangenen Tagen u.a. “Spiegel Online”, “Welt”, manager-magazin.de, “Hamburger Abendblatt”, “Süddeutsche Zeitung”, “Frankfurter Allgemeine Zeitung” und “Berliner Zeitung” sowie die Nachrichtenagenturen AFP und ddp.

“Bild”-Leser dagegen scheinen sich für diese Art von Informationen nach Ansicht der “Bild”-Zeitung nicht zu interessieren. Wir konnten keinen noch so kleinen Hinweis auf die Aldi-Preiserhöhungen in der “Bild”-Zeitung entdecken.

Aus dem Newsletter Nr. 12 des Deutschen Presserates

Die Rechtsabteilung der [“Bild”-]Zeitung weist den Vorwurf zurück, dem großen Anzeigenkunden [Aldi] sei eine Gefälligkeit erwiesen worden. Für den Artikel habe es einen publizistischen Anlass gegeben. Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen; alle Medien hätten darüber berichtet.

Und noch etwas: Nach Angaben des Presserates (siehe rechts) begründete die Rechtsabteilung von “Bild” die Zulässigkeit des freundlichen Aldi-Werbe-Berichts ihm gegenüber damit, dass es für den Artikel einen publizistischen Anlass gegeben habe: Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen. Das ist falsch, und “Bild” weiß es. Am 14. Dezember 2006 schrieb das Blatt:

Nachdem die Supermarktkette “Lidl” am 6. Dezember mit einem Online-Reisebüro gestartet ist, zieht der Marktführer nach: Ab dem 5.1.2007 können Sie auch bei “Aldi” Urlaub buchen!

Danke auch an Antonio und Sylvio!

6 vor 9

Störer im Stadt-Bild: Wie 50 junge Münchner mit der Macht der Medien spielen
(jetzt.sueddeutsche.de, Roland Schulz)
Die Schlagzeile war gewohnt gewaltig und ungewohnt absurd: ?Leser wehrt euch! 23 Exkremisten dönern deutsche Buben zu Tode? war am 19. Februar in München auf den Plakaten zu lesen, mit denen ?Bild? seine Zeitungskästen bestückt. Ein Scherz? Schnell stellte sich heraus, dass es sich um eine gefälschte Schlagzeile handelte.

Armes Opfer “Bild”-Zeitung
(taz.de)
Presserat weist den Vorwurf des Springer-Blatts zurück, die jüngste Schleichwerbung-Rüge sei politisch motiviert.

Wahlkampf im Internet
(sf.tv, Video, 3:55 Minuten)
Flugblätter verteilen und öffentliche Brandreden halten war gestern. Auch in der Schweizer Politik gilt zunehmend: Wer neue Wähler mobilisieren will, geht mit seiner politischen Botschaft online. 10vor10 zeigt gelungene Beispiele und erste Gehversuche von Netz-Kampagnen unterschiedlichster politischer Couleur.

Alphablogger der deutschen Blogosphäre. Heute: Robert Basic, Messias wider Willen?
(readers-edition.de, Peter Turi)
Über 1.700 Blogger haben ihn zitiert und verlinkt, zwischen 4.000 und 8.000 Menschen besuchen täglich seine Seite www.basicthinking.de. Basic hat kroatische Wurzeln, spricht sich also eigentlich Baschitsch, ist 40 Jahre alt und hat zwei Kinder.

Tausendundein Missverständnis
(spiegel.de, Yassin Musharbash)
Irgendwo zwischen BBC, CNN, al-Dschasira und al-Qaida, da muss doch die verflixte Wahrheit liegen! In Lugano diskutierten arabische und westliche Medienexperten darüber, warum sie einander einfach nicht verstehen. Die magischen Momente: Debatten voller Selbstkritik.

?Absurd?, sagte Fischer. Und kam nicht
(tagesspiegel.de, Thomas Eckert und Joachim Huber)
Jörg Thadeusz will sie alle, aber nicht alle wollen zu ihm. Ein Gespräch über Gäste und ?Jörgs Allerlei?.

Knallhart recherchiert (3)

Kürzlich hatte sich ja (wie berichtet) die “Bild”-Zeitung öffentlich darüber beschwert, dass der Presserat sie für einen Fall von Schleichwerbung gerügt hat. In einer Pressemitteilung hieß es, der Presserat habe die Rüge ausgesprochen, “um in einwandfreie journalistische Arbeit politisch einzugreifen” und sich bei seiner Entscheidung “offensichtlich von politischen Beweggründen” leiten lassen.

Die Frage, um welche “politischen Beweggründe” es sich dabei handeln soll, wollte “Bild” uns bislang leider nicht beantworten — dafür aber der “taz”*. Und zwar so:

Im Presserat herrsche seit einiger Zeit der Trend, “Schleichwerbung zum Trend zu machen”. Doch diesen Trend gebe es statistisch überprüfbar gar nicht. Der Presserat sorge vielmehr nun für eine Art sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Laut “taz” findet der Presserat den “Bild”-Vorwurf “so absurd, dass man sich ‘nicht genötigt sehe, darauf einzugehen'”.

*) Nachtrag, 20.3.2007: Wir sind zwar nicht das tazBLOG, aber…
… die “taz” beginnt ihren Artikel mit den Worten: “Natürlich könnte man es als peinlich einstufen, wenn die Berichterstattung über Urlaubsreisen in einer großen Tageszeitung (Bild) in erster Linie aus den dürren Fakten besteht, die das jene Urlaubsreisen anbietende Unternehmen (Aldi) auch in seinen Anzeigen aufführt.” Jedoch könnte man es (mit Dank an BILDblog-Stammleser Dirty Harry für den Hinweis) natürlich ebenfalls als peinlich einstufen, wenn auch die Berichterstattung über Urlaubsreisen in einer kleinen Tageszeitung (“taz”) in erster Linie aus den dürren Fakten bestand, die das jene Urlaubsreisen anbietende Unternehmen (Aldi) auch in seinen Anzeigen aufführt.

Knallhart recherchiert

Anders als bei dieser gemeinsamen Aktion von “Bild” und Lidl hat der Presserat nun u.a. die “Bild”-Zeitung “wegen Schleichwerbung” gerügt. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es dazu:

BILD hatte unter Angabe von Preisen über das erstmalige Angebot von Reisen durch einen Lebensmitteldiscounter berichtet und dabei auf eine telefonische Bestell-Hotline und eine Internetseite hingewiesen.

Und tatsächlich war (nachdem “Bild” vorab schon mal berichtet hatte) am 4. Januar folgender Artikel erschienen:

“Bild” schrieb (für alle, die das jetzt nur schwer entziffern können):

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.
(Hervorhebung incl. Ausrufezeichen von “Bild”)

Es folgten fünf Angebote, weitere Ausrufezeichen sowie der — bereits vom Presserat erwähnte — fettgedruckte Hinweis auf Bestell-Hotline und Internetseite. Dann war der Artikel zu Ende.

Am 5. Januar fand sich in “Bild” folgende halbseitige Aldi-Anzeige mit allen (!) tags zuvor von “Bild” recherchierten (!) Angeboten (die damals übrigens nicht nur die “besten”, sondern auch die einzigen Angebote waren) samt Bestell-Hotline und Internetseite:

Und am 6. Januar meldete “Bild” Vollzug fand sich schließlich noch folgende kleine Meldung auf der “Bild”-Titelseite:

Für “Bild”-Chef Kai Diekmann handelt es sich bei dem ursprünglichen Aldi-Artikel um “einwandfreie journalistische Arbeit”, die (wie es weiter in einer “Bild”-Pressemitteilung heißt) “allein das Informationsinteresse der Öffentlichkeit” befriedigt habe.

Die Rüge des Presserats hingegen sei “inakzeptabel” und stelle einen “massiven Angriff auf das journalistische Selbstverständnis” dar, bei dem sich der Presserat von “politischen Beweggründen” habe leiten lassen*.

*) Um welche “politischen Beweggründe” es sich bei der Entscheidung des Presserats handeln soll, lässt “Bild” offen. Wir haben deshalb bei “Bild” angefragt — und melden uns wieder, sobald wir eine Antwort erhalten haben.
 
P.S.: Öffentlich gerügt wurde “Bild” zudem für “einen Verstoß gegen die wahrhaftige Berichterstattung nach Ziffer 1 sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung (Ziffer 11) und Diskriminierung (Ziffer 12)”. Der Presserat schreibt über den Artikel, “der sich mit der Nutzung eines Hauses als Heim für schwererziehbare Kinder und der Bürgerbewegung gegen dieses Heim befasste”:

Die Zeitung hatte unter der Überschrift “Ein Dorf hat Angst” und “Behörde will Heim für Kindergangster im friedlichen […] eröffnen” berichtet und zudem ein ungekennzeichnetes Symbolfoto beigestellt, das einen mit einem Messer bewaffneten Jungen zeigte. (…) Die Zeitung hatte dadurch insgesamt den Eindruck erweckt, als sollten in dem Heim gefährliche Kinder und Jugendliche untergebracht werden. Durch die übertriebene Beschreibung der Ängste eines Teiles der Bevölkerung wird die Situation unangemessen und nicht wahrheitsgemäß berichtet.

Mehr dazu hier, hier, hier und hier.

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Unverbesserlich

Im September 2004 rügte der Presserat die “Bild”-Zeitung wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Unter der Überschrift “Sie ist die Mutter des toten Babys vom Gruselwald” hatte “Bild” zwei Monate zuvor über eine 15-Jährige berichtet, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Illustriert hatte “Bild” den Artikel mit einem Foto des Mädchens, das zwar gepixelt war, nach Ansicht des Presserats “jedoch trotzdem eine Identifizierung zuließ”.

Heute nun berichtet “Bild” im Raum Rhein-Neckar unter der Überschrift “Das Horror-Geständnis der Todes-Mutter” über eine 24-Jährige, der vorgeworfen wird, ihr neugeborenes Kind in einer Plastiktüte im Gebüsch vor einem Krankenhaus abgelegt zu haben, wo es kurz darauf verstarb. (Die Polizei fahndete deshalb in den vergangenen Tagen intensiv nach der mutmaßlichen Kindsmutter und veröffentlichte sogar ein von einer Überwachungskamera gemachtes — und vorgestern natürlich auch von “Bild” gezeigtes — Fahndungsfoto der Frau, die sich gestern schließlich selbst stellte.) “Bild” nennt heute jedoch nicht nur ihre Haarfarbe, Statur und Nationalität sowie Wohnort und Lebenssituation, sondern illustriert den Artikel zudem mit einem großen Paparazzifoto (“die Mutter verlässt gerade das Amtsgericht Lampertheim”), das zwar mit einem schwarzen Balken über den Augen versehen ist…

… doch bereits damals, im September 2004, hatte der Presserat die “Bild”-Redaktion ausdrücklich daran erinnert, “dass Maßnahmen zur Anonymisierung einer Person auch wirksam sein müssen. So müssen Augenbalken soviel verdecken, dass eine Identifizierung über die nicht verdeckten Teile eines Gesichtes nicht möglich ist”.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 8.3.2007: Die identifizierende Darstellung der “Todes-Mutter” hat für “Bild” offenbar Methode. Am 3. und 5. März sahen die entsprechenden “Bild”-Berichte, die weitere Details zum Lebensumfeld der Frau enthielten, so aus:

Mehr dazu hier.

Hybridjournalismus

Auch wenn sich der Verdacht aufdrängt: Nein, nein, um unzulässige Schleichwerbung bzw. einen Verstoß gegen die (laut Pressekodex und gemäß den “journalistischen Leitlinien” bei Springer) gebotene Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung handelt es sich bei der Toyota-Beseeltheit der heutigen “Bild”-Titelgeschichte selbstverständlich nicht. In einem ähnlichen Fall hielt der Presserat dergleichen jedenfalls für “zulässiges Eigenmarketing”. Warum auch immer.

Doch wenn sich “Bild” und “BamS” nun gemeinsam mit Toyota unter dem gewagten Motto “Wir machen Deutschland sauber” als Umweltschützer gerieren, freuen wir uns einfach abermals über den erstaunlichen Sinneswandel im Hause “Bild”: Hatte die “Bild am Sonntag” doch vor gerade mal zwei Monaten fast eine Seite freigeräumt (siehe Ausriss), um eine angebliche “Empörung im Bundestag” zu promoten — darüber nämlich, dass die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt schon seit längerem genau das tut, was “Bild” und “BamS” seit gestern groß anpreisen: einen Hybrid-Toyota fahren.

Mit Dank auch an Stefan M.

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“…dass sich das nicht wiederholt”

Am vergangenen Freitag gab “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann im Hamburger NDR-Radio 90,3 eines seiner seltenen Interviews. Angesprochen auf die Rügen durch den Presserat sagte er:

“Wir drucken diese Rügen selbstverständlich ab und achten auch sehr darauf, dass sich das nicht wiederholt. Es gibt, um ein Thema zu sagen, das Thema der Selbstmorde. Da hat sich eben etwas verändert, auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Bei uns muss jede Berichterstattung über einen Selbstmord vom Chefredakteur abgesegnet werden, ob das zulässig ist oder nicht zulässig. Egal, ob das in einer Regional- oder einer Lokalausgabe ist. Das muss mit mir abgestimmt werden. Einfach um zu verhindern, das wir in diesem Bereich — weil wir das insgesamt in dem Pressekodex, den wir uns als Printmedium gegeben haben, sehr sehr eng sehen.”

Kai Diekmann ist seit 1. Januar 2001 Chefredakteur der “Bild”-Zeitung.

Im selben Jahr rügt der Presserat “Bild” dafür, “in ausführlichen Bildstrecken und unter voller Namensnennung den Tod eines jungen Mannes dargestellt” zu haben, “der erfolgreich an einem Selbstmordversuch gehindert wurde, beim Abstieg von einem Gerüst jedoch zu Tode stürzte.”

Ebenfalls 2001 rügt der Presserat “Bild” dafür, “ohne erkennbares öffentliches Interesse über den Selbstmord eines jungen Mannes berichtet” zu haben.

2002 rügt der Presserat “Bild” dafür, dass die Zeitung von einer Frau, die sich auf einem Friedhof angezündet hatte, das gut erkennbare Leichenfoto gezeigt, “jegliche Zurückhaltung vermissen” gelassen und sich hinterher nicht öffentlich entschuldigt habe.

2003 rügt der Presserat “Bild” dafür, dass die Zeitung identifizierbar über den Tod eines Mannes berichtet und die Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbstmorde “grob missachtet” habe.

2005 rügt der Presserat “Bild” dafür, über den Freitod eines Polizisten unangemessen sensationell berichtet und keine Rücksicht auf das Leid der Opfer und die Gefühle der Angehörigen genommen zu haben.

2006 rügt der Presserat “Bild” dafür, detailliert, identifizierbar und mit ausführlichen Spekulationen über den Selbstmord einer überschuldeten Mutter berichtet zu haben.

Andererseits: Seit wann die behaupteten Vorsichtsmaßnahmen in der “Bild”-Redaktion in Kraft sind, hat Diekmann ja nicht gesagt.

PS: Der zuletzt vom Presserat gerügte Selbstmord-Artikel aus dem Jahr 2006 ist bei Bild.de nach wie vor unverändert online.

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