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Nie wieder Faschismus, “Botometer”, Gesprengter Cyberbunker

1. Nie wieder Faschismus
(krautreporter.de, Farhad Dilmaghani & Georg Diez)
“Sie drohen mit der Abschaffung von Menschenrechten und Demokratie, sie drohen Pressevertretern mit faschistischen Fantasien, sie drohen damit, demokratische Parteien verbieten zu wollen. Für solch rechtsradikale Parteivertreter braucht es klare Grenzen.” Farhad Dilmaghani und Georg Diez haben sich Gedanken zum medialen Umgang mit der AfD gemacht und schlagen neue Regeln für den Pressekodex vor. Daran gibt es allerdings auch Kritik, etwa vom Journalisten Armin Wolf, der in einem Twitter-Thread erklärt, warum er die Position “für extrem problematisch” hält.

2. Die Social Bots sitzen schon in den Parlamenten – wenn man Botometer glaubt
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Immer wieder gibt es erschreckende Meldungen über den Einsatz von Social Bots. Dabei soll es sich um als Personen getarnte Computerprogramme handeln, die in Netzwerken Stimmung für oder gegen eine Sache machen. Oftmals gehen die Nachrichten auf Ergebnisse des Analysetools “Botometer” der Indiana University Bloomington zurück. Das liefert jedoch recht zweifelhafte Resultate, wie ein Experiment des Datenforschers Michael Kreil zeigt. Kreil hat dazu den “Botometer” mit echten Daten deutscher Landtagsabgeordneter gefüttert. Das Analysetool habe sofort (falschen) Alarm geschlagen: Über 40 Prozent der saarländischen Abgeordneten wären angeblich Social Bots, in Bremen seien es 37 Prozent und auch in Baden-Württemberg mehr als ein Drittel.

3. Beschäftigung unter Wert in der Filmproduktion? Ein Gespräch mit Oliver Zenglein
(blmplus.de, Lisa Priller Gebhardt)
Der Film- und Fernsehbranche mangelt es in vielen Gewerken an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Kein Wunder, möchte man sagen, denn die Branche zahlt oft notorisch schlecht und bietet wenig sozialverträgliche Arbeitsbedingungen. Oliver Zenglein, einer der beiden Chefs eines Netzwerkes für die Film- und Fernsehbranche, erzählt von zu niedrigen Gagen sowie unterlaufenen Tarifverträgen und sagt, was in der Ausbildung anders laufen muss.

4. Condé Nast will weniger Verlag und mehr Markenagentur sein
(sueddeutsche.de, Elisa Britzelmeier)
Der Verlag Condé Nast ist für seine Hochglanzmagazine im Mode- und Lifestylebereich bekannt (“Glamour”, “GQ”, “Vogue” etc.). Doch der digitale Wandel geht auch an Condé Nast nicht spurlos vorbei: Das Unternehmen macht hohe Verluste. Nun hat die Geschäftsführerin Jessica Peppel-Schulz eine Neustrukturierung und einen Stellenabbau angekündigt. Anscheinend will man weg von einem traditionellen Verlag und hin zu einer Marken- und Kreativagentur für Lifestyle und Luxus.

5. Sieben Plattformen dominieren die digitale Welt
(infosperber.ch, Daniela Gschweng)
Der “Digital Economy Report 2019” (PDF) der Vereinten Nationen liefert interessante Daten und Erkenntnisse zur Digitalwirtschaft. Es herrscht eine erschreckende Marktkonzentration, die sich auf wenige Firmen und Länder beschränkt, dominiert von den USA und US-Unternehmen. Daniela Gschweng hat sich die wichtigsten Zahlen des Reports herausgegriffen und kommentiert die bedenkliche Entwicklung.

6. Dunkle Geschäfte im Cyberbunker
(zeit.de, Kai Biermann & Karsten Polke-Majewski)
Spannender als manche Netflix-Serie oder “Tatort”-Produktion: Die Geschichte vom ehemaligen Bundeswehrbunker an der Mosel, der zum Rechenzentrum für Cyberkriminelle ausgebaut wurde. Im “Cyberbunker” sorgten 290 Server dafür, dass zum Beispiel Darknet-Drogenportale ihre Geschäfte ungestört verrichten konnten. Allein auf der dort gehosteten Seite “Wall Street Market” hätten die Ermittler 250.000 Geschäfte mit Betäubungsmitteln identifizieren können. “Wir haben auf den Servern bisher nichts gefunden, was legal wäre”, so die Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft.

7. Steingart-Interview erscheint geschwärzt
(journalist-magazin.de, Matthias Daniel)
Heute ein nachgereichter Zusatzlink, weil der Beitrag gerade erst veröffentlicht wurde, aber sehr lesenswert ist: Die “journalist”-Redaktion wollte in ihrer neuen Ausgabe eigentlich ein Interview mit dem Medienunternehmer Gabor Steingart veröffentlichen. Das tut sie jetzt irgendwie auch, aber in deutlich anderer Form als ursprünglich geplant: “Der journalist veröffentlicht in seiner Oktober-Ausgabe ein Interview mit Ex-Handelsblatt-Chef Gabor Steingart, in dem nur die Fragen lesbar sind. Sämtliche Antworten wurden hingegen geschwärzt. Gabor Steingart hatte seine Aussagen komplett zurückgezogen, nachdem die journalist-Redaktion bei der Autorisierung des Interviews die massiven Eingriffe und Änderungen Steingarts nicht akzeptiert hatte.” Matthias Daniel, Chefredakteur bei “journalist”, sagt zu dem Vorgang: “Dass Steingart dabei sogar versucht hat, in die Fragen der Autorin einzugreifen und diese zum Teil umzudichten, wirft ein düsteres Bild auf das Berufsverständnis eines Medienunternehmers, dessen Werbeslogan ‘100 Prozent Journalismus. Keine Märchen’ lautet”. Zusätzlich kann man sich auch alle Fragen an Steingart durchlesen — jedoch ohne die Antworten.

Felix Austria?, “Pinkstinks” zieht Bilanz, Scheiterndes EU-Gesetz

1. Medien im Blickpunkt
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann)
Am Wochenende finden in Österreich die Nationalratswahlen statt. Welche Rolle spielen die Medien im Wahlkampf und welchen Einflüssen sind sie ausgesetzt? Darauf versucht der Deutschlandfunk in einer kleinen Beitragsserie zu antworten. Der Österreichische Rundfunk (ORF) sieht sich beispielsweise stetigen Angriffen der FPÖ ausgesetzt. Reformpläne der Partei sähen drastische Eingriffe bei Finanzierung und Führungsstruktur vor. Die ÖVP wiederum geht gegen die Wochenzeitung “Falter” vor, die Seltsamkeiten bei den Parteifinanzen enthüllt hatte. Ein Skandal, der von den österreichischen Boulevardmedien weitgehend ignoriert und ausgeblendet wurde. Die Chefin von Reporter ohne Grenzen habe in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die österreichischen Medienunternehmen eher konservativ eingestellt sind. Und der Wien-Korrespondent des Deutschlandfunks macht auf eine Besonderheit aufmerksam, die Medien anfällig für politische Einflussnahme mache: In Österreich hätten Ministerien und Behörden viel Geld für Anzeigenkampagnen zur Verfügung, das sie gezielt einsetzen können.

2. Berliner Verwaltungsgericht stuft “Bild”-Livestreams als Rundfunk ein
(sueddeutsche.de)
Sind Livestream-Angebote als zulassungspflichtiger Rundfunk einzustufen? Im Fall von “Bild” und den bei Bild.de erscheinenden Videoformaten “Die richtigen Fragen”, “Bild-Sport-Talk” und “Bild-Live” hat das Berliner Verwaltungsgericht dies bejaht. Noch ist nicht bekannt, ob der Axel-Springer-Verlag gegen das Urteil in Berufung geht.

3. Warum Fake News sich so gut in deinem Gedächtnis festsetzen
(fachjournalist.de, Maren Urner)
Die Kognitions- und Neurowissenschaftlerin Maren Urner beschäftigt sich in ihrem Buch “Schluss mit dem täglichen Weltuntergang” mit den Fragen, inwieweit die tägliche Informationsflut unserem Gehirn schadet und warum es “Fake News” so leicht bei uns haben. Der “Fachjournalist” veröffentlicht einen Auszug aus dem Buch, in dem Urner auch erklärt, wie wir unser Gehirn vor Falschinformationen schützen können.

4. “Le Monde” bleibt unabhängig
(faz.net, Jürg Altwegg)
Lange Zeit wurde erbittert um die Vorherrschaft bei der französischen Tageszeitung “Le Monde” gekämpft — siehe dazu auch den “FAZ”-Text Die Schlacht um “Le Monde” wird immer heißer. Nun hat der Kampf ein für die Redaktion gutes Ende genommen: Die Haupteigentümer haben ein Abkommen getroffen, das der Redaktion Unabhängigkeit garantiert.

5. EU-Leistungsschutzrecht droht schon vor dem Start zu scheitern
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Viele haben es prophezeit, jetzt scheint es einzutreten: Das EU-weite Leistungsschutzrecht ist weitgehend wirkungslos. Google schränkt die Darstellung von Links auf Medienseiten ein und entgeht somit der von Verlagen erhofften Pflicht zu Lizenzzahlungen. Alexander Fanta erklärt die verschiedenen Positionen sowie die Argumente der Kritikerinnen und Kritiker.

6. Pinkstinks zieht Bilanz aus zwei Jahren Sexismus-Monitoring
(horizont.net, Ingo Rentz)
Die Anti-Diskriminierungs-Plattform “Pinkstinks” bietet seit zwei Jahren eine Seite zum Melden von sexistischer Werbung an. Und das durchaus erfolgreich: Man habe fast zehnmal so viele Einreichungen erhalten wie der Deutsche Werberat. Bei “Horizont” werden die eingereichten Meldungen aufgeschlüsselt und analysiert.

Nein, Fridays for Future hat sich nicht zu Brandanschlägen bekannt

Mal rein hypothetisch: Wenn eine Gruppe von Aktivisten einen Brandanschlag beginge und sich anschließend in einem angeblichen Bekennerschreiben auf Texte aus dem “Cicero” beriefe, dann wäre es ja irgendwas zwischen völlig verzerrend und diffamierend, sowas zu schreiben wie: Die “Cicero”-Redaktion hat sich gerade zu Brandanschlägen bekannt.

Nun.

Bei Cicero.de schreibt Antje Hildebrandt heute in einem Artikel über Greta Thunberg und deren Rede beim UN-Klimagipfel:

Aktivisten von Fridays for Future wollen jetzt Flughäfen blockieren, um Bürger daran zu hindern, von A nach B zu gelangen. Sie haben sich gerade zu Brandanschlägen auf die S-Bahn in Berlin bekannt und damit den öffentlichen Naheverkehr lahmgelegt.

Tatsächlich brannte es gestern in den frühen Morgenstunden in Kabelschächten der Berliner S-Bahn. Der S-Bahn-Verkehr kam im Osten der Hauptstadt zeitweise zum Erliegen. Noch am selben Tag bekannte sich die offenbar militant-autonome “Vulkangruppe Ok” auf der Onlineplattform “Indymedia” zu dem Anschlag (wobei Bekennerschreiben bei “Indymedia” immer mit Vorsicht zu genießen sind). Dabei verweist sie auf den Generalstreik von Fridays for Future:

Unmissverständlich hat “Fridays for Future” zu einem Generalstreik aufgerufen. (…)

Zu einem richtigen Generalstreik gehören auch Blockaden und feurige Sabotageaktionen.

Das wäre dann auch schon die ganze Verbindung zwischen Vulkangruppe Ok und Fridays for Future. Dass Gruppe A, die vermutlich für den Brandanschlag verantwortlich ist, nicht mehr mit Gruppe B zu tun hat, als dass sie sich auf deren Generalstreik bezogen hat, und dass man zu diesem Zeitpunkt noch gar keine gesicherten Erkenntnisse hat, wer tatsächlich hinter dem Anschlag steckt — das kümmert die “Cicero”-Redaktion offensichtlich nicht.

Sie hat in der oben zitierten Passage auch einen “Tagesspiegel”-Artikel verlinkt, quasi als Beleg. Doch auch darin steht direkt im ersten Absatz:

Militante Linksextremisten versuchen offenbar, die Fridays-for-Future-Bewegung zu instrumentalisieren. Am Montag bekannte sich die “Vulkangruppe Ok” auf der linksextremen Internetplattform “indymedia.org” zum Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn.

Wenn Antje Hildebrandt einfach behauptet, die “Aktivisten von Fridays for Future” hätten “sich gerade zu Brandanschlägen auf die S-Bahn in Berlin bekannt”, dann schiebt sie der Bewegung einen Extremismus unter, den derzeit manch einer dort vielleicht gern finden möchte, der dort aber nicht existiert. Greta Thunberg würde bei so einer Form von Diskreditierung wohl nur schnauben: “How dare you?”

Die “Cicero”-Redaktion hat den Beitrag inzwischen hinter die Paywall gestellt und, ohne irgendeinen Hinweis, eine wesentliche Einschränkung in den Artikel geschummelt:

Aktivisten von Fridays for Future (FFF) wollen jetzt Flughäfen blockieren, um Bürger daran zu hindern, von A nach B zu gelangen. Sie haben sich gerade zu Brandanschlägen auf die S-Bahn in Berlin bekannt und damit den öffentlichen Naheverkehr lahmgelegt. Oder Trittbrettfahrer, die sich auf FF beziehen.

Ja, nun, tüdelü, dann waren es halt doch vielleicht nur “Trittbrettfahrer”. Aber wen interessieren schon solche Details?

Gesehen bei @abususu.

Nachtrag, 18:11 Uhr: Die “Cicero”-Redaktion hat auf unsere Kritik reagiert, die entscheidende Stelle noch einmal überarbeitet …

Aktivisten von Fridays for Future (FFF) wollen jetzt Flughäfen blockieren, um Bürger daran zu hindern, von A nach B zu gelangen. Linksextreme, die sich “Vulkangruppe Ok” nennen und sich auf den Generalstreik von Fridays for Future beziehen, haben sich gerade zu Brandanschlägen auf die S-Bahn in Berlin bekannt und damit vorübergehend den öffentlichen Naheverkehr lahmgelegt.

… und am Ende des Artikels nun diesen Hinweis veröffentlicht:

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war davon die Rede, die Bewegung “Fridays for Future” habe sich zu einem Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn bekannt. Das ist nicht korrekt. Wir bitten, das nicht beabsichtigte Versehen zu entschuldigen. Wir danken einem Leser für den Hinweis.

Verdrehte Reuters-Studie, Topf Secret, Rundfunkrat Markwort

1. Linke Programme für ein linkes Publikum? Was die Reuters-Studie wirklich zeigt
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Hat eine große Studie eines renommierten Instituts tatsächlich herausgefunden, dass ARD und ZDF fast nur noch für ein linkes Publikum senden? Dies wird jedenfalls von rechtskonservativen bis rechtsextremen Kreisen behauptet und als Beleg die aktuelle Reuters-Studie angeführt. Medienjournalist Stefan Niggemeier ist der Sache nachgegangen.

2. Altherrenverein war gestern
(magazin.zenith.me, Moritz Behrendt)
Jahrzehntelang bestimmten altgediente Haudegen und Platzhirsche wie Peter Scholl-Latour und Gerhard Konzelmann, wie wir den Nahen Osten sahen und über ihn dachten. Doch die beiden Starreporter und Bestsellerautoren waren mindestens in der Fachwelt umstritten. Konzelmann galt zudem als “Allahs Plagiator”. Wie ist es derzeit um den Journalismus aus Nahost bestellt? Moritz Behrendt, Mitgründer und Mitherausgeber von “zenith – Zeitschrift für den Orient”, erzählt vom derzeitigen Stand der Nahost-Berichterstattung.

3. Der Gegner im eigenen Bett?
(deutschlandfunk.de, Michael Watzke, Audio: 4:44 Minuten)
Helmut Markwort sitzt im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Das ist insofern pikant, als Markwort zugleich Miteigentümer mehrerer Konkurrenzsender ist und sich das Vorliegen eines handfesten Interessenkonflikts aufdrängt. Ein Interessenkonflikt, von dem Markwort natürlich nichts wissen will und dabei das bayerische Justizministerium auf seiner Seite weiß. Nun kann wohl nur eine Gesetzesänderung helfen. Die kann jedoch lediglich Zukünftiges regeln. Markwort wird also seinen Platz im Rundfunkrat trotz seines wirtschaftlichen Engagements bei der Konkurrenz behalten.

4. Berliner Bezirke sabotieren “Topf Secret”: Interne Dokumente offenbaren Streit zwischen Bezirken und Landesregierung
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott)
Das Projekt “Topf Secret” setzt sich dafür ein, dass die Berliner Bezirke die Hygiene-Kontrollergebnisse zu Lebensmittelbetrieben der Stadt herausgeben müssen. Über eine Online-Plattform beziehungsweise App können Verbraucherinnen und Verbraucher dazu einen Antrag stellen. Eine Möglichkeit, von der insgesamt mehr als 30.000 mal Gebrauch gemacht wurde (in Berlin rund 3.000 mal), allein es nützt nichts: “Die Berliner Bezirksämter sabotieren die Online-Plattform “Topf Secret” und widersetzen sich damit wiederholten Empfehlungen der Landesregierung.” Nun sind interne Dokumente aufgetaucht, die einen Streit zwischen Bezirken und Landesregierung nahelegen.

5. Geheimdienst muss transparenter werden
(tagesspiegel.de, Fatina Keilani)
Das Bundesverwaltungsgericht hat entscheiden, dass der Bundesnachrichtendienst Auskunft über seine Hintergrundgespräche mit Journalistinnen und Journalisten erteilen muss. Dem Urteil vorausgegangen ist die Klage eines “Tagesspiegel”-Redakteurs. Das Gericht stellt unter anderem fest: “Dadurch, dass dem Kläger mitgeteilt wird, welche Medienvertreter jeweils eingeladen waren und an welchen Gesprächen der Präsident des BND teilgenommen hat, werden keine für eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung des BND relevanten zusätzlichen Informationen verbreitet.”

6. Fußball-Fake: Wenn das Studio zum Stadion wird
(fair-radio.net, Mario Köhne)
Beim Radiosender Life Radio Tirol kommt tolle Fußballstimmung auf, als die Moderatorin scheinbar live ins Fußballstadion in Graz zu ihrem Reporterkollegen schaltet. Doch der steht nicht im Stadion zwischen Tausenden von Fans, sondern ihr gegenüber im Studio. Herausgekommen ist der Fake, weil der Sender die Studiocam mitlaufen ließ, und die Bilder auf Youtube landeten.

Social-Media-Fotoverbot, Rundfunk-Gedächtnis, Lautes Grönemeyer-Echo

1. Urteil: Polizei darf keine Fotos von Versammlungen in sozialen Netzwerken veröffentlichen
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass die Polizei aus Essen keine Fotos von Demonstrierenden beziehungsweise Versammlungsteilnehmenden auf Twitter oder Facebook veröffentlichen darf. Ein Urteil, das bundesweite Bedeutung haben könnte.

2. Der mühsame Weg, das Rundfunk-Gedächtnis zugänglich zu machen
(uebermedien.de, Daniel Bouhs)
Bei den Öffentlich-Rechtlichen verschwinden viele Beiträge nach der Ausstrahlung und einem Zwischenaufenthalt in einer Mediathek im Nirwana beziehungsweise im sendereigenen Archiv. Immer wieder wird gefordert, die Inhalte dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen, doch Urheberrecht und Rundfunkstaatsvertrag verkomplizieren die Lage. In einer Art Pilotprojekt will der SWR als erster öffentlich-rechtlicher Sender systematisch historisches Material ins Netz stellen. Daniel Bouhs berichtet vom ehrgeizigen Vorhaben des Südwestrundfunks. Und er hat sich für “Übermedien” bei den anderen Anstalten erkundigt, wie diese mit ihren Inhalten verfahren und ob ähnliche Pläne vorliegen.

3. Kaufen sich zwei Ostberliner eine Zeitung
(zeit.de, Zacharias Zacharakis)
Bereits seit einiger Zeit versucht die Unternehmensgruppe DuMont, manche ihrer Verlage und Medien abzustoßen. Nun wechselt der Berliner Verlag samt “Berliner Zeitung”, “Berliner Kurier” und “Berliner Abendblatt” den Eigentümer. Käufer ist das in der Branche bislang unbekannte Ehepaar Silke und Holger Friedrich.
Weiterer Lesehinweis: In eigener Sache: Der Berliner Verlag kommt wieder in Berliner Hand (berliner-zeitung.de).

4. Bis wie viel Dezibel ist Antifaschismus erlaubt?
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
Margarete Stokowski beschäftigt sich mit dem Echo auf Herbert Grömemeyers Äußerungen bei einem Konzert in Wien: “Es ist eigentlich nicht so kompliziert. Herbert Grönemeyer hat sich auf einem Konzert gegen Rassismus geäußert, nicht zum ersten Mal und nicht besonders ausführlich. Das sollte im Grunde überhaupt nicht kontrovers sein. Die Debatte darüber entsteht, weil wir in einer Zeit leben, in der Menschen sich von so einer schlichten Aussage angegriffen fühlen. In einer Zeit, in der offen Rechtsextreme immer wieder versuchen, ihre GegnerInnen als die eigentlichen FeindInnen der Demokratie zu beschimpfen. In einer Zeit, in der Leute sich bisweilen sehr genau überlegen, ob und wie sie sich gegen Nazis engagieren, weil sie die Konsequenzen fürchten, und das nicht ohne Grund.”

5. Ein Interview mit Edward Snowden
(stefan-fries.com)
Die Gelegenheit zu einem Interview mit Edward Snowden bekommt man nicht alle Tage. Stefan Fries und sein Kollege Stefan Koldehoff durften für den Deutschlandfunk mit dem berühmten Whistleblower sprechen. In seinem Blog erzählt Fries von den Begleitumständen und der Entstehungsgeschichte des Gesprächs. Inklusive interessanter weiterführender Links.

6. “In der Dimension einmalig”
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster, Audio: 6:18 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat mit Juan Moreno gesprochen, der die Fälschungen des ehemaligen “Spiegel”-Vorzeigereporters Claas Relotius aufdeckte. Im Gespräch geht es auch um das psychologische Moment, das sich Relotius bei seiner Arbeitsweise zunutze machte.

Journalisten müssen sich Studie von Lesern erklären lassen

Vergangene Woche ging das Ergebnis einer Studie um die Welt, das von vielen Medien so zusammengefasst wurde:

Studie: Es gibt kein "Schwulen-Gen"
Ein Gen für Homosexualität existiert nicht
Studie: Homosexualität ist nicht durch Genetik erklärbar

Tatsächlich spielen Gene beim Sexualverhalten aber sehr wohl eine Rolle. In der Studie (PDF) heißt es sinngemäß, dass sich zwar nicht ein einzelnes Gen isolieren lässt, das die sexuelle Orientierung bestimmt, dass es aber auf verschiedenen Chromosomen bestimmte genetische Marker gibt, die dafür mitverantwortlich scheinen. Einfacher gesagt:

Same-sex sexual behavior is influenced by not one or a few genes but many.

Oder wie Anna Müllner auf der Blogplattform “Scilogs” schreibt:

Viele News-Outlets — unter anderem renommierte wie Nature.com — titelten kürzlich: “Das Schwul-Gen gibt es nicht”. Peinlich, denn die Studie, über die sie berichten, sagt etwas ganz anderes: Es gibt zwar kein einzelnes Gen, dass unsere Sexualität reguliert, dafür scheint es aber viele genetische Veränderungen zu geben, deren Zusammenspiel am Ende einen Teil unseres Sexualverhaltens beeinflusst.

Warum die “Kein Schwulen-Gen!”-Schlagzeilen so problematisch sind, erklärt ein LGBTQ+-Wissenschaftler in den “Scilogs” so:

Die Wissenschaftler*innen selbst haben bereits erwähnt, dass dies ein Minenfeld sein könnte, und “Nature” hat sich dennoch für die Verwendung von “no gay gene” in ihrer Schlagzeile entschieden. Das ist problematisch, da dies keine genaue Take-Home-Message war und auch unverantwortlich. Viele der Gegner der LGBTQ+-Community glauben uns bereits nicht, wenn wir den Ausdruck “so geboren” verwenden. Was wir jetzt befürchten, ist, dass sie sich befähigt oder (falsch) wissenschaftlich gerechtfertigt fühlen könnten, weil sie solche sensationshungrigen Schlagzeilen haben.

Und damit kommen wir zum Deutschlandfunk (DLF), der gestern bei Facebook folgenden Post veröffentlichte:

Facebook-Post des Deutschlandfunks: Auf dem Foto sieht man zwei Männer von hinten, die sich an den Händen halten. Dazu die Überschrift: "Homosexualität ist nicht genetisch bedingt - Eine Studie im Science-Magazin zeigt, dass Gene zwar Einfluss auf das sexuelle Verhalten haben, die Umgebung aber wichtiger ist"

Das ist auf so vielen Ebenen falsch, dass es mehrere Stunden und hunderte Leserkommentare brauchte, bis es auch der DLF endlich verstanden hatte. Den nicht gerade schmeichelhaften Lernprozess konnte man dabei live mitverfolgen:

Nachdem einige Leserinnen und Leser den Post kritisiert und als Beleg den Artikel der “Scilogs” verlinkt hatten, räumte der DLF ein:

Es muss heißen: “Nicht ausschließlich genetisch bedingt”. Es stimmt, das ist ein wichtiger Unterschied.

Und so antwortete er in den darauffolgenden Stunden auf kritische Einwände immer wieder:

Ja, es stimmt: Es muss heißen, dass die Studie besagt, dass die Gene nicht ausschließlich für Homosexualität ausschlaggebend sind; prägender ist das soziale Umfeld. In dem Bild kann man das leider nicht ändern, so gerne wir das tun würden. Wir bitten um Entschuldigung für diesen krassen Lapsus.

Was der DLF da noch nicht bemerkt hatte: Es war nicht sein einziger “krasser Lapsus”. Denn wie die Leserschaft erklärte:

Umgebung heisst NICHT soziales Umfeld und kann 100% biologische Prozesse sein.

Gene = Bauplan
Biologische Prozesses = der Bau selbst.

Aber das schien den DLF nur noch mehr zu verwirren. Er entgegnete:

Die Studie besagt doch, dass die Gene bis zu 25% ausschlaggebend für die Sexualität sind. Das würde doch im logischen Umkehrschluss bedeuten, dass die restliche Prägung über das soziale Umfeld zustande kommt, oder nicht?

Antwort:

NEIN.

Sie verstehen Genetik nicht!!

Der Körper baut das Gehirn anhand von Genen auf (also der Bauplan).

Wenn jetzt 25% Genetik ist, dann ist Homosexualität zu 25% verursacht durch die Gene (den Bauplan), und der Rest kann 75% biologische Prozesse sein. Zum Beispiel durch abnormalen Hormonspiegel (durch irgendwelche Gründe) in der Schwangerschaft kann das Embryo eine andere als normal Neurobiologie bekommen OHNE irgendwelchen Einfluss von Genen!!

Die 75% nicht-genetischen Faktoren kann ALLES sein: biologische Entwicklung, physikalische Umwelt, soziales Umfeld, usw.

Ein anderer Leser versuchte es mit einem Zitat aus dem Artikel, den der DLF selbst verlinkt hatte:

So steht es in dem Artikel: “When the researchers combined all the variants they measured across the entire genome, they estimate that genetics can explain between 8% and 25% of nonheterosexual behavior. The rest, they say, is explained by environmental influences, which could range from hormone exposure in the womb to social influences later in life.”

Worauf der DLF antwortete:

Vielen Dank. Wir sind Journalisten und Redakteure und keine Gen-Forscher, aber so haben wir das auch verstanden.

Das ist von allen Antworten des DLF wahrscheinlich die traurigste. Können wir ja nix für, dass wir da nicht durchblicken, wir sind ja nur Journalisten.

Und es ist ja schön, dass der DLF so transparent mit seinen Fehlern umgeht, aber noch schöner wäre es, wenn er seinen Lesern die Welt erklären würde, statt andersherum.

Geändert wurde an dem Post bislang übrigens — nichts. Zur Begründung schreibt der DLF in den Kommentaren:

Leider lässt sich das in dem Bild nicht ändern; und den ganzen Post wollten wir nicht löschen, weil dann auch alle Kommentare aller Beteiligten hier gelöscht werden. Und wir wollen nicht den Eindruck erwecken, als wollten wir den Fehler unter den Teppich kehren. Die Vorwürfe sind hart und tun weh, sind aber berechtigt. Danke in diesem Sinne für die sachliche kritische Rückmeldung.

Das Problem ist, dass die Kommentare vermutlich nur von einem Bruchteil der Leute gelesen werden. Die meisten dürften nur das Bild mit den Falschaussagen sehen.

Und es gäbe ja noch andere Möglichkeiten, die Leser darauf hinzuweisen, dass die Meldung falsch war. Man könnte zum Beispiel eine Korrektur posten. Oder wenigstens eine Korrektur im Begleittext des falschen Posts veröffentlichen. Aber so weit reicht die Selbstkritik des Deutschlandfunks dann wohl doch nicht.

Mit Dank an Dominik D. für den Hinweis!

Nachtrag, 5. September: Der DLF hat auf unseren Beitrag reagiert:

Tweet des Deutschlandfunks: "Wir haben die Ergebnisse einer Studie unzulässig verkürzt und dadurch das Studienergebnis falsch dargestellt. Dafür bitten wir in aller Form um Entschuldigung. Dieser Social-Media-Post genügte anders als der Radio- und Online-Beitrag nicht unseren journalistischen Standards."

Tweet des Deutschlandfunks: "Da wir grundsätzlich mit Fehlern einen transparenten Umgang pflegen, hatten wir ursprünglich entschieden, diesen Post nicht zu löschen. Um allerdings die Weiterverbreitung dieser unzulässig verkürzten Aussage zu stoppen, werden wir diesen Post in zwei Stunden löschen."

Diese Stellungnahme hat die Redaktion auch in dem von uns kritisierten Facebook-Post veröffentlicht. Diesen Post hat sie inzwischen, wie angekündigt, gelöscht.

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Rechte Straftaten? Nicht in “Bild”

In den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es in Hessen 115 Fälle von Straf- und Gewalttaten im sogenannten Phänomenbereich der politisch motivierten Gewalt – rechts; im Phänomenbereich der politisch motivierten Gewalt – links waren es von Januar bis März 52 Fälle. Das geht aus zwei Antworten des hessischen Innenministeriums (PDF und PDF) auf Kleine Anfragen der SPD-Fraktion hervor.

Vergleicht man die Zahlen zu linken und rechten Straftaten, gab es also mehr als doppelt so viele “Straf- und Gewalttaten mit rassistischem, antisemitischem, rechtsextremistischem und/oder ausländerfeindlichen Hintergrund”. Und was landet in der Frankfurter “Bild”-Ausgabe in der Überschrift?

Ausriss Bild-Zeitung - 52 linke Straftaten bis April in Hessen

Die rechten Straftaten erwähnt die Redaktion nicht mit einem Wort. Die komplette Meldung im Blatt lautet:

2018 gab’s in Hessen 227 Fälle linker Kriminalität, darunter 20 Gewaltdelikte. 2017 waren es noch 183 Fälle (20 Gewalttaten). In den ersten drei Monaten zählt das Innenministerium bereits 52 Fälle, darunter fünf Gewaltdelikte.

In 34 Fällen war Frankfurt der Tatort. Dahinter: Fulda (7) Wiesbaden (2).

30 Tatverdächtige wurden ermittelt, davon waren zehn weiblich. Bei den Gewalttaten handelt es sich überwiegend um Angriffe auf Polizeibeamte bei Demonstrationen.

Der Vollständigkeit halber: 2018 gab’s in Hessen 603 Fälle rechter Kriminalität, darunter 27 Gewaltdelikte. 2017 waren es 602 Fälle (18 Gewalttaten).

Mit Dank an @jnfrhlch für den Hinweis!

Nachtrag, 27. August: Vor rund zwei Wochen hatte die Frankfurter “Bild”-Redaktion doch auch über die rechten Straftaten berichtet — ohne dabei die linken Straftaten zu erwähnen. Das haben wir bei unserer Recherche übersehen, wofür wir um Entschuldigung bitten möchten.

Auch bei Bild.de sind diese Zahlen erschienen. Über dem Artikel steht:

115 POLITISCH MOTIVIERTE TATEN IN DREI MONATEN — Die Liste der Schande

… was nicht so wirklich stimmt, schließlich waren es in den drei Monaten Januar, Februar und März 115 rechte und 52 linke, insgesamt also 167 politisch motivierte Straftaten in Hessen.

Taschenspielertricks, Meinung mit Folgen, Trumps Ex-Sprecherin

1. Das Verbot von “linksunten.indymedia” ist zweifelhafter denn je
(uebermedien.de, Andrej Reisin)
Andrej Reisin kritisiert auf “Übermedien” die juristische Vorgehensweise beim Verbot der Website “linksunten.indymedia”: “Wenn der Staat Publikationen verbieten kann, ohne die eigentlich gebotene verfassungsrechtliche Abwägung überhaupt vorzunehmen, dann ist der Schritt zu einer staatlichen Zensur durch die Hintertür nicht mehr weit. Wenn jede Webseite über ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Betreiber zum “Verein” erklärt und verboten werden kann, dann nützt die Pressefreiheit im Zweifelsfall nicht mehr viel.”

2. Mann teilt Artikel der “Deutschen Welle” im Netz – und wird dafür verurteilt
(augsburger-allgemeine.de, Jan Kandzora)
Ein 24-jähriger Asylbewerber aus Tschetschenien teilt einen Beitrag über den IS und gerät deswegen ins Visier der Augsburger Justiz. Bei dem Artikel handelt es sich jedoch nicht um mit Gewaltdarstellungen angereichertes Propagandamaterial des sogenannten Islamischen Staats, sondern um einen Beitrag der Deutschen Welle. Jan Kandzora ist dem Fall nachgegangen, der einige Fragen aufweist.

3. Falsche Nachrichten – falsche Erinnerungen
(spektrum.de, Daniela Zeibig)
“Fake News” können zu falschen Erinnerungen führen. Dies haben Forscher vom University College Cork herausgefunden, die 3000 irischen Probanden sechs Nachrichtentexte vorlegten, von denen zwei frei erfunden waren. “Spektrum”-Redakteurin Daniela Zeibig berichtet von dem Forschungsprojekt, das demnächst auf Themen wie Brexit-Referendum und “MeToo”-Bewegung ausgeweitet werden soll.

4. Andrea Nahles atmet auf
(taz.de, Jagoda Marinic)
Jagoda Marinic schreibt über ihre Eindrücke vom diesjährigen Kulturempfang der Sozialdemokratie in Berlin. Es ist ein sehr lesenswerter, da feinfühlig-menschlicher Text geworden. Marinic begegnet auf dem Empfang der Ex-SPD-Chefin Andrea Nahles, einer Person, die sie eigentlich nicht besonders mag. Im Verlauf des Abends revidiert Marinic ihre Ansicht jedoch: Die Politikerin, die ihr dort begegnete, sei ihr medial nie vermittelt worden: “Es heißt, die SPD finde nur noch schwer gutes politisches Personal. Auch das ist kein Spezifikum dieser Partei, sondern ein grundsätzliches Problem. Für Frauen allemal. Nicht nur Parteien verschleißen ihr Personal. Wie sehr ist einer Berichterstattung zu trauen, der es nicht gelungen ist, eine Politikerin wie Andrea Nahles in ihrer Komplexität zu zeigen? Und welcher Mensch bei Verstand will in die Höhle dieser Löwen?”

5. “Tagesthemen”-Kommentare: Meinungen mit Folgen
(ndr.de, Gaby Biesterfeldt, Video: 6:02 Minuten)
Wohl kein journalistisches Format ruft so heftige Reaktionen hervor wie der Kommentar. Gaby Biesterfeldt hat für “Zapp” die “Tagesthemen”-Redaktion besucht und sich mit den Verantwortlichen und Kommentierenden über die Auswirkungen ihrer Arbeit unterhalten.

6. Trumps Ex-Sprecherin fängt bei seinem Lieblingssender an
(sueddeutsche.de)
Die Ex-Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Huckabee Sanders, nutzt ihre Erfahrungen im Umgang mit “Fake News” und wechselt zu dem darauf spezialisierten TV-Sender Fox News — oder um es mit den Worten Willy Brandts zu sagen: “Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört”.

Kampf um Köpfe, Feindeslisten und “Nordkreuz”, Gelöschter Unfall

1. Wir verlieren den Kampf um unsere Köpfe
(spiegel.de, Sascha Lobo)

Sascha Lobo schreibt in seiner neuen Kolumne über Trumps neuestes Ablenkungsmanöver, auf das wir alle hereinfallen würden: “Trumps Grönland-Aktion hat bei mir eine Irritation ausgelöst, die wiederum aus zwei wesentlichen Komponenten bestand: Einerseits wurde meine Einschätzung bestätigt, dass Trump eine schwere Störung zu haben scheint. Andererseits habe ich mich — ja, doch: durch die Abstrusität unterhalten gefühlt. Der für die Verarbeitung des Weltgeschehens zuständige Teil meines Gehirns war regelrecht erleichtert. Denn eine Ungeheuerlichkeit, die mich wütend, aber hilflos fühlen ließ, wurde durch eine leicht verarbeitbare Groteske ersetzt. Besser hätte es für Trump in meinem Kopf gar nicht laufen können.”

2. Feindeslisten und “Nordkreuz”: Mit dieser Klage geht es weiter
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott & Johannes Filter)
Mitglieder des rechtsextremen Netzwerks “Nordkreuz” haben Feindeslisten erstellt. Seit mehr als zwei Jahren arbeitet die sogenannte Prepper-Kommission im Auftrag des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern an dem Fall. Arne Semsrott und Johannes Filter schreiben dazu: “Weil das Ministerium die bisherigen Ergebnisse der Kommission nicht herausgeben will, verklagen wir es jetzt. Die Beamten argumentieren, die Berichte der Kommission seien lediglich Entwürfe — wir gehen aber davon aus, dass auch sie unter das Gesetz fallen. Dabei wollen wir auch herausfinden, ob das Innenministerium noch immer der Meinung ist, dass sich Prepper vor allem vor Starkregen schützen wollen.”

3. “Grund ist politisches Interesse”
(taz.de, Katharina Schipkowski)
Zwei Jahre ist es her, dass die Website linksunten.indymedia verboten wurde. Die “taz” hat sich mit der Anwältin Kristin Pietrzyk über den aktuellen Stand der Angelegenheit unterhalten. Sollte das Bundesverwaltungsgericht das Verbot für rechtmäßig befinden, könne dies weitreichende Konsequenzen haben: “Den Betreibern von Open-Posting-Plattformen wird sich die Frage stellen: Wie stark müssen wir moderieren, um nicht verboten zu werden? Was darf dann noch ein Blog, was darf eine nicht renommierte Onlinezeitung, was darf ein Forum? Das öffnet Tür und Tor für Zensur. Wenn man Pressefreiheit als Säule unserer Demokratie versteht — da wird ganz schön dran gesägt.”

4. Ich wüsste gerne …
(twitter.com, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier hat sich das Werbevideo der “Bunte” angeschaut und fragt nicht ohne Süffisanz: “Ich wüsste gerne, wie viele Menschen die @Bunte jede Woche nur wegen ihrer brillant performten und hochglanzproduzierten Werbevideos kaufen.”

5. Eine Influencerin hat ihren angeblichen Motorradunfall auf Instagram dokumentiert
(jetzt.de)
Die amerikanische Influencerin Tiffany Mitchell (mehr als 200.000 Abonnenten) hatte angeblich einen Motorradunfall. Die Bilder davon, auf denen wie zufällig zwei Marken-Wasserflaschen zu sehen sind, postete sie auf Instagram. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer hatten Zweifel an der Geschichte: Einiges deute darauf hin, dass der Unfall gestellt sei. Mittlerweile hat die Influencerin die Bilder von Instagram entfernt: “Ich will einen so verletzlichen Moment nicht von Menschen missverstanden wissen.”

6. Tele 5 zeigt ein Jahr lang immer wieder den gleichen Film
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Tele-5-Chef Kai Blasberg ist für seine mitunter ungewöhnlichen Aktionen bekannt. Seine neueste Idee: 20 Jahre nach dem Kinostart von “Bang Boom Bang – Ein Todsicheres Ding” wolle man den Film ausstrahlen. Wöchentlich. Ein ganzes Jahr lang.

Whatsapp an Strache, Maaßen-Analyse, Mockridge vs. Fernsehgarten

1. Chronologie einer Enthüllung: Whatsapp an H.-C. Strache
(derstandard.at, Bastian Obermayer & Frederik Obermaier)
Die beiden “SZ”-Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier waren an der Aufdeckung des Ibiza-Skandal um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beteiligt. Beim österreichischen “Standard” erzählen sie, wie sie Kurz und dessen Adlatus mit den Vorwürfen konfrontierten und was danach passierte. Ein Bericht, der sich streckenweise wie ein Krimi liest.

2. Angeblicher Auflagen-König ist in Wahrheit König der Kopierer
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Nahezu alle Zeitschriften machen Verluste, doch ein Verlag scheint davon auf wundersame Weise nicht betroffen zu sein: der Alles Gute Verlag. Sein Erfolgsrezept beruhe auf einem simplen Trick, so Mats Schönauer auf “Übermedien”: Die sich mehrheitlich um Klatschblätter handelnden Postillen würden vornehmlich bei sich selbst abschreiben. Die fantastischen Zahlen hätten etwas mit der Abrechnungsweise der IVW bei den Remissionen bestimmter Titel zu tun: “Für ihre Analysen haben die Branchendienste bei der “Freizeit Heute” nicht die verkaufte Auflage betrachtet, wie bei anderen Zeitschriften, sondern die Druckauflage, die immer deutlich höher ist. Das Blatt gehört also nicht an die Spitze des Rankings, sondern vermutlich irgendwo ins Mittelfeld.”

3. Warum wir weiterhin darüber aufklären, wen Maaßens Anhängerschaft retweetet
(netzpolitik.org)
Netzpolitik.org hat die Twitter-Anhängerschaft des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen analysiert. Dies hat teilweise heftige Kritik ausgelöst, die Netzpolitik.org wie folgt beantwortet: “Wir stehen zu unserem Bericht über die Datenanalyse. Deswegen lassen wir uns weder von Klageandrohungen noch von Shitstorms einschüchtern, die mit persönlichen Angriffen, Beleidigungen und Verleumdungen eine Änderung unserer Berichterstattung einfordern. Beides stellt einen Angriff auf die Pressefreiheit dar.”

4. Wo sich der Populismus unterhält
(tagesspiegel.de, Oliver Weber)
Oliver Weber hat sich die Entwicklung der Polittalks in den vergangenen Jahrzehnten näher angeschaut. Anfangs habe es an den Sendungen häufiger Kritik von rechts gegeben, heutzutage eher von links: “Führt man sich einmal vor Augen, wie irritationsresistent politische Talkshows funktionieren, wird auch klarer, inwiefern sie zum Aufstieg der AfD beigetragen haben können. Wenn sich der Personenkreis der häufig geladenen Gäste auf gut dreißig bekannte Gesichter reduziert, wird auch das populistische Vorurteil plausibler, in Berlin regiere eine kleine Clique von Politikern, die zur Lösung der Probleme im Land nichts beitrage.”

5. Wie Neonazis ihren Lifestyle auf Instagram verbreiten
(belltower.news, Samira Alshater)
Viele Rechtsextreme haben Instagram für sich entdeckt: “Auch sie nutzen die Plattform zur Darstellung ihres rechten Lifestyles. Dabei verwischen sie gezielt die Grenzen zwischen Propaganda und Privatleben.” Samira Alshater zeigt mit zahlreichen Beispielen, welcher Bildsprache sich Rechtsextreme und Neonazis bedienen.

6. Kiewel rügt Mockridge nach Gaga-Auftritt im “Fernsehgarten”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Am Sonntag war der Comedian Luke Mockridge beim ZDF-“Fernsehgarten” zu Besuch und hat dort augenscheinlich versucht, mit einem absichtlich schlechten Auftritt voller schlechter Witze die Sendung zu “pranken”. Nach vier quälend langen Minuten hatte die Regie genug und schaltete zu Fernsehgarten-Moderatorin Andrea Kiewel rüber, die dem Spuk ein Ende bereitete. Etwas später richtete Kiewel sich live an ihr Publikum: “Ich moderiere diese Sendung jetzt seit 19 Jahren und das was Luke Mockridge hier gerade abgeliefert hat, übertrifft alle Vorstellungen an Unkollegialität, die ich jemals erlebt habe.”
Kommentar des “6 vor 9”-Kurators: Wenn überhaupt bezieht der Vorgang seine Komik aus einem Aspekt, der sicherlich nicht beabsichtigt war: Ein glattgebügelter und gefälliger Unterhaltungskünstler für den Massengeschmack arbeitet sich an einem glattgebügelten und gefälligen Unterhaltungsformat für den Massengeschmack ab.

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