Suchergebnisse für ‘LINK’

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“Schon unser Vokabular ist parteiisch”
(taz.de, Annette Brüggemann)
Die Nachrichtenindustrie schafft eine künstliche Medienwelt, die nichts mit der realten Welt gemeinsam hat, meint der holländische Auslandsreporter Joris Luyendijk.

Internet: Klick die Clique!
(news.at/profil, Angelika Hager und Sebastian Hofer)
Für Teenies zählt das soziale Online-Netzwerk Facebook heute zum überlebensnotwendigen Kommunikationsmittel. Wie die Freundschaftsbörse das soziale Verhalten und die Zukunft des Netzes beeinflussen wird.

Schleichende Papierlosigkeit
(medienkonvergenz.com, Andreas Göldi)
Als ich neulich die Koffer für die übliche weihnachtliche Verwandtenbesuch-Rundreise packte, fiel mir plötzlich etwas auf: Ich packte keine papierbasierten Informationsträger ein. Gar keine. Null.

Neu-alte Herausforderer bedrängen mediale Platzhirsche
(nzz.ch, ras.)
Bundesrat Leuenberger steht vor heiklen medienpolitischen Entscheiden: Soll er die alten Herrschaften im lokalen Radio- und Fernsehsektor bestätigen, oder sollen neue Akteure eine Chance erhalten? 72 Bewerber interessieren sich für 54 Radio- und Fernsehkonzessionen.

Oktoberrevolution: Wie der SPIEGEL fälscht
(linkezeitung.de, Frederik Haber)
Das Nachrichtenmagazin mit dem seriösen Image stellt sich an die Spitze der antirevolutionären Propaganda: Mit einem SPIEGEL-SPECIAL, einem Film in Zusammenarbeit mit dem ZDF und zusätzlichen Artikeln soll demonstriert werden, dass der Oktober 1917 der Auftakt zum Terror war und die Revolution eigentlich keine war.

Eine Nummer kleiner
(sueddeutsche.de, Caspar Busse und Christopher Keil)
Springer plant eine Kompakt-Version der Bild am Sonntag. Sie könnte billiger und dünner werden als die BamS. Die besten Leute des Konzerns sollen das Projekt vorantreiben – und schnell soll alles gehen.

Woher bei “Bild” der Wind in die Segel weht

Ein 21-jähriger Türke hat am vergangenen Mittwoch versehentlich ein jahrzehntelang von linken Gutmenschen kunstvoll aufgeschichtetes Lügengebäude zum Einsturz gebracht, indem er in der Gesprächssendung “Hart aber fair” nicht “Deutschland” die Schuld daran gab, dass er kriminell wurde. Dass er sich so offen und wahrheitsgemäß äußerte, war nämlich ein dramatischer Fehler: SPD, Grüne oder der WDR hatten versäumt, den Gast vor der Show zu “briefen”, wie es sonst immer üblich ist: den Türken also zu sagen, dass sie in den Medien gefälligst die mangelnden Möglichkeiten in diesem Land anprangern müssen.

Das klingt nicht sehr plausibel, meinen Sie? Das ist aber, leicht zugespitzt, der “schlimme Verdacht”, den die “Bild”-Zeitung heute äußert:

Es geht um Alaattin Kaymak, einen 21-jährigen Türken, der früher gewalttätig war. Moderator Frank Plasberg fragte ihn in seiner Sendung, was “der Staat Deutschland” für ihn persönlich hätte besser machen können. Kaymak musste lange überlegen, offenbar war er auf die Frage nicht vorbereitet. Es entstand eine Pause, dann sagte er:

“Da fällt mir jetzt eigentlich nicht viel zu ein, weil es ist hier eigentlich alles gegeben an Möglichkeiten — man muss sie auch ein bisschen selber suchen.”

Unmittelbar darauf flüsterte der Grünen-Politiker Özcan Mutlu der neben ihm sitzenden Justizministerin Brigitte Zypries zu: “Wurde der gar nicht gebrieft?”, worauf sie antwortete: “Doch!”

“Bild” fragt:

Hat Zypries und Mutlu diese Antwort nicht gefallen? (…)

Gibt es bei Plasberg Absprachen mit Gästen über ihre Antworten? Einen Tag nach der Sendung gab es Riesenwirbel. So gab es bei “FAZ-online” und anderen Internetforen den Verdacht, dass hinter dem Rücken der Zuschauer manipuliert wurde.

FAZ.net hat diesen Verdacht keineswegs. Der “FAZ”-Redakteur nennt ihn im Gegenteil eine “Verschwörungstheorie”, denn “die Erklärung” für den Vorfall sei, wie Özcan Mutlu der “FAZ” gesagt habe, “ganz einfach”:

Weil er erst in letzter Sekunde ins Studio gekommen war und die Gespräche, die Plasberg vor Sendebeginn mit den einzelnen führte, nicht mitbekam, habe ihn gewundert, warum der junge Mann bei dieser Frage so ins Stottern kam.

Es gibt aber tatsächlich ein “Internetforum”, das den Verdacht der Manipulation verbreitet: die Seite “Politically Incorrect”, ein erfolgreiches islamfeindliches Blog, das immer wieder durch Falschinformationen und rassistische Kommentare bis hin zu Morddrohungen auffällt. Es verbreitete bereits gestern Vormittag die Behauptung, bei dem “Flüsterdialog” handele es sich um einen “unfassbaren Skandal im deutschen Fernsehen und der deutschen Politik”.

Der anonyme Autor von “Politically Incorrect” behauptet, die Tatsache, dass einem jungen Türken keine Antwort auf die Frage einfiel, was Deutschland denn besser hätte machen können, sei von wegweisender Bedeutung und nennt Kaymaks Satz:

Eine Aussage, die gerade der üblichen Argumentation, Deutschland würde den Migrantenkindern nicht genug bieten und sich nicht genügend um Integration bemühen, vollkommen den Wind aus den Segeln nimmt.

Das klingt doch arg überinterpretiert, würde bedeuten, dass wir fortan nicht einmal mehr über Mängel bei der Integration reden müssten, sondern wirklich nur noch übers Wegsperren und Ausweisen, aber es handelt sich ja auch um ein für diese und andere extremen Meinungen bekanntes Blog. “Bild” dagegen nennt Kaymaks Satz:

Eine Ansicht, die der häufigen Argumentation, dass mehr für die Integration von Migrantenkindern getan werden muss, den Wind aus den Segeln nahm.

Na sowas.

Vielen Dank an Sven D.!

Allgemein  

Unter Ausschluss der “Bild”-Zeitung

Seit Oktober letzten Jahres verhandelt das Landgericht Bremen über den Tod des zweijährigen Kevin. Er war im Oktober 2006 tot im Kühlschrank von dessen Ziehvater gefunden worden, der nun wegen Totschlags angeklagt ist. Wie viele Medien, berichtet auch “Bild” von diesem Prozess.

Am 21. Dezember beispielsweise so*:

"Stiefvater pumpte Kevin (†2) mit Drogen voll"

Das Foto ganz links zeigt den Angeklagten, und es ist im Original völlig unverfremdet (ebenso wie das Foto von Kevin rechts daneben). Dabei hatte das Bremer Landgericht zu Beginn des Prozesses die Medien aufgefordert, in ihrer Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten zu achten und keine unverfremdeten, identifizierenden Bilder von ihm zu zeigen. Das, so sagt uns eine Sprecherin, sei nicht ungewöhnlich bei Fällen mit großem Medieninteresse.

Dass “Bild” Fotos von Verdächtigen, Beschuldigten oder Angeklagten abdruckt, auf denen diese klar identifizierbar sind, ist zwar erfahrungsgemäß ebenfalls nicht ungewöhnlich. In diesem Fall könnte es aber Konsequenzen haben. Vorgestern hatte das Gericht nämlich angekündigt, prüfen zu wollen, ob die “Bild”-Zeitung vom Prozess ausgeschlossen werden soll und heute die Prozessbeteiligten dazu gehört. Wie uns die Sprecherin sagt, hat die Staatsanwaltschaft keine Stellungnahme dazu abgegeben, die Verteidigung beantragte den Ausschluss. Kommenden Mittwoch will das Gericht seine Entscheidung bekannt geben.

“Bild” erklärte den Abdruck des unverfremdeten Fotos laut “Weser Kurier” übrigens mit einem “technischen Versehen”. Auch das erscheint uns irgendwie nicht ungewöhnlich.

Mit Dank an Volkmar D. und Markus H. für den sachdienlichen Hinweis.

*) Die “Bild”-Behauptung, der “Stiefvater pumpte Kevin (†2) mit Drogen voll” ist völlig unbelegt. Zwar wurden Spuren von Ritalin, Methadon und Kokain in Kevins Haaren nachgewiesen. Zumindest was das Kokain und das Methadon angeht, sagte ein Gutachter jedoch aus, dass die Rauschgifte auch durch Einatmen von Staub in der Wohnung in den Körper des Jungen gelangt sein könnten, wie seit vorgestern auch auf Bild.de nachzulesen ist.

Witwenschütteln 2.0

Was Journalisten mit “Witwenschütteln” meinen, kann vielleicht am besten jemand erklären, der fachkundig ist. Der ehemalige “Bild”-Chefredakteur Udo Röbel zum Beispiel. Dem “Tagesspiegel” sagte er 2002:

Hatte man etwa bei einem Unglück die Adresse von Hinterbliebenen herausgefunden, ist man sofort hingefahren, klar. Beim Abschied aber hat man die Klingelschilder an der Tür heimlich ausgetauscht, um die Konkurrenz zu verwirren. Ich war damals oft mit dem selben Fotografen unterwegs, wir hatten eine perfekte Rollenaufteilung. Er hatte eine Stimme wie ein Pastor und begrüßte die Leute mit einem doppelten Händedruck, herzliches Beileid, Herr… Ich musste dann nur noch zuhören. So kamen wir an die besten Fotos aus den Familienalben.

Die “Bild”-Zeitung ist ohne Frage ganz besonders erfolgreich darin, Fotos von Opfern zu besorgen, mit denen sie ihre Artikel bebildern zu müssen glaubt, und es spricht einiges dafür, dass ihre Mitarbeiter ganz besonders wenig Hemmungen bei diesem Teil ihrer Arbeit haben. Dazu gehört zum Beispiel auch, bei einer Frau zu klingeln, deren Mann gerade mit seinem Auto tödlich verunglückt ist, und sie mit dem Hinweis um die Herausgabe eines Fotos zur Veröffentlichung zu bitten, dass sie doch sicher ein schöneres Bild von ihrem Mann habe als das, was man gerade am Unfallort gemacht habe.

Das sogenannte Web 2.0 hat die Arbeit der Fotobeschaffer von “Bild” zweifellos einfacher gemacht. Vor allem in Netzwerken wie StudiVZ lassen sich schon mit Angaben wie Name und Studienort private Fotos von Opfern von Unfällen oder Verbrechen finden — und unter Missachtung von Urheber- und Persönlichkeitsrecht verwenden. Und jeden Tag kann man in der Zeitung sehen, dass “Bild” nicht einmal ein besonderes öffentliches Interesse voraussetzt, um sich das Recht zu nehmen, die Opfer ohne jegliche Unkenntlichmachung abzubilden.

Ein typischer Fall war der Unfall zweier junger Studentinnen im April 2007, deren Wagen auf der Autobahn in die Leitplanke fuhr und die durch ein nachfolgendes Fahrzeug getötet wurden: “Bild” zeigte die Gesichter beider Toten — mindestens eines der Fotos stammte aus ihren StudiVZ-Profilen. Ob die schockierten Eltern damals eine Genehmigung dafür gaben, wissen wir nicht.

Heute nun berichtet “Bild am Sonntag” über den tragischen Tod eines Mädchens, das nach einem Zusammenstoß auf der Skipiste starb. Sie hatte sowohl bei StudiVZ als auch bei SchülerVZ ein Profil. “Bild am Sonntag” hat nicht nur die Angaben dort zur Recherche genutzt, beschreibt das Mädchen aufgrund ihrer verlinkten Kontakte als “sehr beliebt”, nennt ihr Lieblings- und ihr Hassfach. Die Zeitung hat sich auch eines der auf SchuelerVZ befindlichen Fotos bedient — deutlich zu erkennen an der typischen Markierung im Bild (siehe Ausriss rechts).

Gut, wir können natürlich nicht völlig ausschließen, dass ein “Bild”-Reporter bei den Angehörigen des Mädchens mit der Stimme eines Pastors und doppeltem Händedruck vorbeischaute, um ein Foto aus dem Familienalbum bat und die Antwort bekam: “Nee, das ist uns nicht recht. Aber melden Sie sich doch einfach mal als Schüler bei SchülerVZ an, da hatte unsere Tochter ein Profil mit vielen privaten Fotos von sich und ihren Freunden. Können Sie sich gerne bedienen.”

Mit Dank an Bastian P., Jan K., Dirk S., Christoph, Micha Z., Daniele, Jan, Johannes K., Alexander B., Daniel F. und Philipp W.!

Die Unwahrheit über kriminelle Ausländer

Die Wahrheit über kriminelle Ausländer / Dauer-kriminelle Ausländer ausweisen!

Berlin — Die kriminellen Übergriffe ausländischer Jugendlicher — es ist alles noch viel schlimmer! Allein in Berlin gab es laut Berliner “Tagesspiegel” Ende September 2363 jugendliche Schwerkriminelle (darunter 46 Kinder!) mit fünf und mehr Polizei-Eintragungen wegen Gewalttaten — ein Plus von 7,8 Prozent innerhalb von nur drei Monaten.

Zum ersten Mal spricht jetzt ein Oberstaatsanwalt Klartext über den Umgang und die Hintergründe der zunehmenden Kriminalität ausländischer Jugendlicher. (…)

(Link von uns.)

So macht man das, wenn man den ohnehin erschreckend hohen Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an den Mehrfach-Gewalttätern noch höher wirken lassen will: Die Schlagzeile auf Seite 1 spricht von Ausländern, die Überschrift über dem Artikel spricht von Ausländern, der erste Satz spricht von Ausländern, der folgende Satz spricht von Ausländern — aber die konkreten Angaben beziehen sich nicht auf Ausländer, sondern sind die Gesamtzahl der Mehrfach-Gewalttäter aller Nationalitäten. “Bild”-Autor Dirk Hoeren, sonst für Renten-Lügen zuständig, hat sich heute an Kriminelle-Ausländer-Lügen versucht und einfach zwei Sätze hintereinander montiert, die sich scheinbar, aber nicht tatsächlich aufeinander beziehen.

Die Zahlen stammen aus einem Vortrag, den der für jugendliche Serientäter zuständige Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch im Dezember bei einem Vortrag (pdf) vor der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung hielt. Bereits im Mai hatte Reusch in einem “Spiegel”-Gespräch gesagt, dass 80 Prozent seiner Täter einen Migrationshintergrund hätten und wörtlich hinzugefügt: “Jeder Einzelne dieser ausländischen Täter hat in diesem Land nicht das Geringste verloren.” Insofern ist nicht ganz klar, warum Dirk Hoeren heute den Eindruck einer Premiere erweckt:

“Er bricht ein Tabu! Der erste Oberstaatsanwalt spricht Klartext über die Kriminalität von jungen Ausländern in Deutschland!

“Bild” nennt Reusch “Deutschlands mutigster Oberstaatsanwalt”, lässt aber offen, ob es schon mutig ist, Zahlen zu nennen, die vorhandene Ressentiments der Bevölkerung bestätigen, und Forderungen aufzustellen, die populär sind und von der größten deutschen Tageszeitung unterstützt werden.

Von “Bild” unerwähnt bleibt, dass sein “Mut” den Oberstaatsanwalt aber tatsächlich schon in Schwierigkeiten brachte: Im “Spiegel” hatte er angegeben, Untersuchungshaft bei Jugendlichen als Erziehungsmittel zu nutzen, obwohl sie dazu eigentlich nicht gedacht ist. Nach Ansicht von Kritikern wäre eine solche Praxis rechtswidrig; die Berliner Justizsenatorin drohte Reusch öffentlich mit einem Disziplinarverfahren.

Reusch selbst hat seinen Vortrag vor der Hanns-Seidel-Stiftung übrigens mit dem Hinweis beendet, dass “Juristenkollegen” seine Vorschläge allesamt für verfassungswidrig oder zumindest unvereinbar mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes halten könnten. Der “Bild”-Leser ahnt davon natürlich nichts.

Mit Dank an Thomas S.!

6 über 2008

Traditionelle Medienkonzerne gehören auch 2008 zu den grossen Verlieren, und zwar schlimmer denn je
(medienkonvergenz.com, Andreas Göldi)
“Sorry, aber weder die Musik-, noch die Film-, noch die Zeitungs-, noch die Fernsehbranche haben 2007 irgendeinen Hinweis darauf gegeben, dass sie digitale Medien verstehen und eine brauchbare Strategie für den Umgang mit diesem Phänomen haben.”

Die Trends des Jahres 2008 – Versuch einer Vorhersage
(blog.handelsblatt.de/indiskretion, Thomas Knüwer)
“Diese Berufsstandsbeamten, für die ich mich als Journalist schämen muss, werden leider auch im neuen Jahr nicht verstummen – im Gegenteil. Ihre Angriffe werden heftiger werden, sollte die Konjunktur kippen – und dafür spricht viel.”

Orakel 2008
(debatte.welt.de, Don Dahlmann)
“Für Schlagzeilen dürfte die Musikindustrie sorgen. Es sieht ganz so aus, als ob dort die Probleme mit den Künstlern größer werden, als die mit den Käufern.”

Ins Nichts
(blogbar.de, Don Alphonso)
“2008 wird das Jahr der Exits. Ich vermute mal, dass bekanntere Blogger vermehrt nach Chancen suchen werden, schnellstmöglich umzusteigen, sich als Berater andienen oder nach Aufträgen für Verwandtes suchen. Damit noch etwas kommt, wenn man begriffen hat, dass nichts mehr kommt.”

Wird 2008 zum Jahr der Privatsphäre?
(mrtopf.de/blog)
“Wenn etwas das Thema 2008 werden kann, dann sicher die Privatphäre, denn es brodelt an vielen Stellen. Manche Themen sind heute schon aktuell und werden ins neue Jahr getragen werden, andere Dinge sind noch nicht akut, könnten es aber dennoch werden.”

“In 2008, a 100 Percent Chance of Alarm
(nytimes.com, John Tierney)
In 2008, your television will bring you image after frightening image of natural havoc linked to global warming. You will be told that such bizarre weather must be a sign of dangerous climate change ? and that these images are a mere preview of what?s in store unless we act quickly to cool the planet.”

6 vor 9 2007: Die Besten pro Monat

Im Jahr 2007 lieferte medienlese.com 6 x 5 x 4 x 12, also um die 1440 Links. Davon wollen wir pro Monat die Erinnerungswürdigsten nochmals aufleben lassen.

Die Auswahl ist wie immer sowohl subjektiv, als auch willkürlich. Man kann aber dennoch festhalten, dass es je zwei Texte der Zeit, der Weltwoche und des Spiegels in die Auswahl geschafft haben. Was mein subjektives Bild einer positiven Performance dieser drei Titel bzw. ihrer Onlineausgaben im Jahr 2007 bestätigt (bzw. untermauert). Ebenfalls zu loben sind die Medienseiten der taz, der F.A.Z. und der NZZ, die oft guten Medienjournalismus betreiben. Der Tagesspiegel hatte eine gute Phase nach dem Online-Relaunch, in letzter Zeit aber waren kaum mehr auffällige Stories drin. Die Welt zeigte auch vereinzelt gute Ansätze und die Schweizer Werbewoche überraschte das eine oder andere Mal mit Journalismus. Blogs sind in der Auswahl weiterhin untervertreten, unter anderem auch, weil viele der Texte nicht über zwei Absätze hinauskommen, was kein Vorwurf sein soll. Sie passen aber doch nicht recht in die Rubrik, die längere Online-Texte verlinken will, die im besten Fall von Medien handeln.

Read On…

Die beispiellose Misserfolgsgeschichte von “Bild”


Max Goldt, 49, ist Schriftsteller und Musiker. Bekannt wurde er in den achtziger Jahren als Sänger und Texter des Duos “Foyer des Arts” (“Wissenswertes über Erlangen”) — das Munzinger-Personenarchiv spricht vom Beginn seiner “Karriere als humoristischer Szeneheld”, was man fast als Beleidigung verstehen kann. Er schrieb Texte für “Titanic”, veranstaltete Lesungen und Musikvorträge und veröffentlichte seine wunderbaren, meist kurzen Beobachtungen in Büchern wie “Schließ die Augen und stell dir vor, ich wär Heinz Kluncker”, “Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau”, “Ä” und zuletzt “QQ”. Als “Katz & Goldt” veröffentlichen der Zeichner Stephan Katz und er seit vielen Jahren Comics, u.a. in “Titanic”. Das achte Buch der beiden ist im Frühjahr erschienen und heißt “Der Globus ist unser Pony, der Kosmos unser richtiges Pferd”. Über “Bild” schrieb Max Goldt 2001: “Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu lesen. Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun.”

Von Max Goldt

Mein Verleger versucht hin und wieder, mir einzureden, ich sei konservativ. Er tut das gern mit dem Unterton “Willkommen im Club!”. Ich erwidere dann stets, es gebe mehrere Gründe, aus denen ich nicht konservativ sein könne, ein gewichtiger sei mein Mangel an Patriotismus. Im Prinzip hätte ich gar nichts gegen Vaterlandsliebe, sofern sie nicht allzu unterwürfig ausfiele, aber bezüglich eines Staates, dessen höchste Repräsentanten der “Bild”-Zeitung ständig Interviews geben, ihr zu Jubiläen gratulierten und mit Vertretern des Springer-Verlages auf Empfängen herumklüngelten, könne ich partout gar keinen Patriotismus empfinden.

An sich könnte man die “Bild” in ihrer kleinbürgerlichen Häßlichkeit einfach ignorieren, ebenso wie man in der Lage ist, Weihnachtsmärkte, Abba-Musicals und die frühabendlichen Klatschmagazine des Fernsehens zu ignorieren. Schließlich ist sie nüchtern betrachtet keineswegs übermäßig erfolgreich. Ein Blatt, das dermaßen vulgär daherkommt und sich seit Ewigkeiten mit Kleineleuteversteherei drastischster Art anbiedert, müßte angesichts des völligen Fehlens einer Konkurrenz eigentlich mehr als gerade mal 3,5 Millionen Exemplare absetzen. Die Zielgruppe ist doch viel größer. Man könnte von einer beispiellosen Mißerfolgsgeschichte reden. Um so idiotischer ist es, daß überall so getan wird, “Bild” sei ein unverzichtbares Steinchen im großen deutschen Mosaik. An “Bild” käme niemand vorbei, wird gesagt. Ja, warum denn nicht? Vielleicht sollte man erst einmal versuchen, an ihr vorbeizukommen! Meiner Erfahrung nach ist das gar nicht schwer.

Nur in der Bahn ist es zur Zeit schwierig. Im Rahmen einer “Erste-Klasse-Offensive”, mit der die DB AG seit Anfang Dezember das Reisen in der ersten Klasse populärer machen möchte, stehen auf den Kofferablagen Pappkartons mit Gratis-Tageszeitungen, u.a. mit “Bild”. Warum aber reisen Menschen in der ersten Klasse? Um etwas mehr Ruhe zu haben, sollte man meinen. Zur Ruhe gehört jedoch unbedingt auch die Abwesenheit optischen Gedröhnes auf den Nachbarsitzen. Neulich sah ich in einem Bahnhof ein hübsches Graffito: “Politik und Bahn schämt euch!” Ja, Bahn schäm dich! Raus also mit der “Bild”-Zeitung aus der ersten Klasse! Sonst fahr ich wieder zweiter Klasse, und die Offensive ist nach hinten losgegangen.

Als mein Freund Gerhard Henschel im letzten Jahr sein “Bild”-kritisches Buch “Gossenreport” herausbrachte, habe ich ihn dazu sehr beglückwünscht. Allerdings sei es schade, fügte ich hinzu, daß das Buch in einem linken Kleinverlag erschienen sei. Nicht, daß ich irgendetwas gegen linke Kleinverlage einzuwenden hätte. Gott schütze sie allesamt!

Nur: Eine “Bild”-Kritik von links wirkt nicht sonderlich überraschend. Man denkt: “Ach, das wird so ein wehmütiger Nachhall von Leuten wie Wallraff und Staeck sein. Warum sollte ich das hier und heute lesen?” Publizistisch effektiver wäre “Bild”-Kritik, die aus einem nicht dezidiert linken, sondern womöglich traditionell christlich fundierten Verlag kommt. Menschen, deren Konservativismus mehr umfaßt als eine affig-modische Anti-68-Haltung, hätten durchaus nicht weniger Anlaß als Linke, die “Bild”-Zeitung, ihre jahrzehntelange Tradition im Versimpeln, Verbiegen und Verleumden, den Sexualklatsch und die pornografisch gestalteten Zuhälteranzeigen abzulehnen. Solange deutsche Konservative es versäumen, ihre Distanz zu diesem unseligen Milieu öffentlich schärfstens deutlich machen, können sie mir mal im Mondschein begegnen.
 
Damit endet die unsere große Adventsaktion. Wir danken allen BILDbloggern für einen Tag ganz herzlich für Ihre Unterstützung!

“Bild” ist und bleibt kein Lifestyleaccessoire!


Judith Holofernes, 31, ist Leadsängerin der Band Wir sind Helden. Mit 14 machte sie Straßenmusik in Freiburg, 1999 erschien in einer kleinen Auflage ihr Soloalbum “Kamikazefliege”, 2002 veröffentlichte sie mit ihrer Band die EP “Guten Tag”, 2003 dann das Erfolgsalbum “Die Reklamation”. Die aktuelle CD “Soundso” erschien im Mai 2007. Ihr Künstlername ist eine Anspielung auf die alttestamentarische Geschichte von Judith und Holofernes.

Von Judith Holofernes

Lieber ironischer “Bild”-Leser,
liebe ironische “Bild”-Leserin,

pöbeln soll ich hier! Geil. Und: Dich soll, dich darf es treffen. Welch eine Freude. Die “Bild”-Zeitung an sich ist hinlänglich bepöbelt worden, aber du, du kommst immer irgendwie ungeschoren davon. Dabei bist du, viel mehr noch als Fudschi-Ede vom Eckkiosk, mir in deiner knuffigen Postmodernität ein massiver Schmerz in der Hüfte.

Warum? Weil du, werter IBL, mir in meinem sorgsam “Bild”-frei gestalteten Leben die “Bild”-Zeitung hinterher trägst. Mir, die ich vor jedem Kiosk meinen Blick senke, um dem Papst/Henry Maske/Serienkiller im Glaskasten den Augenkontakt zu verwehren. Und dann kommst du, und schleppst sie mir schwanzwedelnd hinterher — in Backstageräume, Tonstudios, auf Festivalgelände, in Hotelzimmer, in den Tourbus und bis auf die Tourbustoilette. Auf der man übrigens aus Hygienegründen nicht mal lange genug sitzen darf, um einen Glückskeks zu lesen, aber trotzdem: die “Bild”-Zeitung muss da liegen und liegen bleiben.

Wie im Übrigen auch in jeder linken Studenten-WG. Der ironische “Bild”-Zeitungsleser, auf Tour wie daheim, plaziert sein liebstes Lifestyleaccessoire mit Umsicht: zum Beispiel nachlässig — dekorativ halb neben, halb unter dem Cordsofa, einen Kaffeefleck genau über Brust und Gesicht der Seite-Eins-Schnallse.

Die Gewieftesten runden den Gesamteindruck ab mit einer humorvoll-relativierenden “taz” direkt daneben. Vielleicht fließt sogar der Kaffeefleck vom Seite-Eins-Schnallsengesicht der “Bild” über in das Seite-Eins-Schnallsengesicht der “taz”, also der Angela ihrs, zum Beispiel. Und verbindet Medien wie Schnallsen so in einer heiter-apokalyptischen Umarmung.

Und wem diese elaborierte Dekorationsvariante verwehrt ist, weil er keine Cordcouch hat, der pinnt die ihm zugelaufene “Bild” mit einem postmodernen Dartpfeil an die Küchenwand, oder verteilt sie, in Ausschnitte besonderer Perfidität zerschnitten, direkt neben Regal Ivar und der witzigen Postkarte aus dem Irland-Urlaub. Und wenn man keine Küche oder keinen Ivar und keine Postkarte hat, dann bleibt eben noch das WG- oder Tourbusklo, wo dann der “Bild”-“taz”-verbindende Kaffeefleck gegen einen ebenso sorgsam gesetzten Pissfleck ausgetauscht wird.

Und der Papst/Henry Maske/Serienkiller daneben sagt augenzwinkernd: Natürlich liest das hier keiner. Weiß auch nicht, wie ich hierher gekommen bin. Bestimmt hat mich einer (vom Bodenreinigungspersonal oder von der GEZ oder den Zeugen Jehovas) hier vergessen, aber guck mal, wie witzig, hier steht was über mich, also den Papst/Henry Maske/den Serienkiller, das glaubste so nicht. Kiek do’ ma rin!

Aber, lieber ironischer “Bild”-Leser, “Bild”-Zerschneider, “Bild”-Bewerfer, “Bild”-Bepinkler: Bevor du die Dartpfeile, den Kaffee oder deinen Piller zu Einsatz bringen konntest, hast du sie gekauft, die “Bild”. Und, ich weiß, ich soll mich nicht so haben, aber damit hast du dem Feind dein Geld gegeben und mit fuffzig Cent die Writer der Apokalypse finanziert. Denn die “Bild” ist und bleibt kein Lifestyleaccessoire, sondern, für alle Zeiten, das perfideste Werkzeug des Blöden. Blöd wie in: dumm, und “dumm” wie in “Doom”, also Verderben.

Ach so, und du bist übrigens auch beinahe alleine daran Schuld, dass gestandene Feministinnen, nur so als Beispiel, denken, sie können Werbung für die Bild machen und damit davonkommen.

Und, ich behaupte: Wenn nur die ironischen “Bild”-Leser keine “Bild” mehr kaufen würden, würde sowohl dem Papst als auch Henry Maske als auch dem Serienkiller als auch der Seite-Eins-Schnallse (“Bild” und “taz”) der Arsch auf Grundeis gehen.

Tschüss, liebe Grüße,

Judith Holofernes
 
Unsere Reihe BILDblogger für einen Tag beschließt am Montag Max Goldt.

Hugo Müller-Scrooge

In Abwandlung der beliebten Volksweisheit “der Ehrliche ist der Dumme”, schrieb “Bild”-Kolumnist und -Kommentator Hugo Müller-Vogg gestern:

"Wer arbeitet, ist oft der Dumme"

Müller-Vogg arbeitet. Er arbeitet sich daran ab, dass die Preise für Öl und Benzin, Strom und Gas “nur noch eine Richtung” kennen würden, worunter besonders die fleißigen Arbeitnehmer litten. Anders als Sozialschmarotzer Hartz-IV-Empfänger:

Wer dagegen von Hartz IV oder Sozialhilfe lebt, der muss sich wegen der höheren Strom- und Gasrechnung keine Sorgen zu machen. Die übernimmt ja der Staat.

Schrieb Hugo Müller-Vogg, und das war quasi der zentrale Satz in seinem Kommentar.

Nun hat man aber bei der “Bild”-Zeitung herausgefunden, dass Stromkosten in der ALG-II-Regelleistung (347 Euro) nach Paragraph 20 Absatz 1 SGB II eigentlich schon enthalten sind und berichtigt das heute sogar:

BERICHTIGUNG: Im Kommentar "Wer arbeitet, ist oft der Dumme" hieß es, der Staat übernehme bei den Beziehern von Hartz IV und Sozialhilfe auch die gestiegenen Stromkosten. Das trifft nicht zu, da die Kosten für den Strom in der Regelleistung enthalten sind.

Im Klartext: Müller-Voggs Kommentar fällt mit dieser unscheinbaren Berichtigung eigentlich in sich zusammen. Eigentlich.

Leider ist die Berichtigung so jedoch nicht ganz richtig. Denn Müller-Vogg hatte, offenbar ohne es zu wissen, gar nicht mal so Unrecht. Immerhin entschied das Sozialgericht Frankfurt/Main im Dezember 2006, dass die Stromkosten nur bis zu einer Höhe von 20,74 Euro im Regelsatz enthalten sind. Angemessene, darüber hinausgehende Kosten hingegen können nach Paragraph 22 Absatz 1 SGB II zusätzlich von den Sozialleistungsempfängern eingefordert werden.*

Allerdings weiß das kaum jemand.

Weshalb wir gestern noch dachten, Müller-Voggs Kommentar sei im Grunde eine von vorweihnachtlicher Nächstenliebe für sozial Schwache geprägte Service-Kolumne für Hartz-IV-Empfänger — und die populistische Stimmungsmache gegen vermeintliche Sozialschmarotzer drumrum nur Tarnung.

Aber da haben wir uns offenbar geirrt.

*) Zur Präzisierung (20.12.2007): Es ist natürlich keineswegs gesagt, dass die Sozialleistungsträger Überprüfungsanträgen von Hartz-IV-Empfängern stattgeben. Tatsächlich sollen sich laut Berichten von Betroffenen viele trotz Hinweis auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt weigern, höhere Stromkosten zu gewähren. Wie sich bereits aus dem oben verlinkten Eintrag im hartz.blogg entnehmen lässt, bedeutet das nach Einschätzung des Vorsitzenden der LINKEN Pirmasens, Frank Eschrich, dass “wohl jeder Betroffene letztlich den Gang zum Sozialgericht” wird antreten müssen.

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