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… aber ein großer Sprung für Bild.de

"BILD.de recherchierte"

Schon bei dieser Wortkombination sollte man hellhörig werden — erst Recht aber bei der folgenden:

"BILD.de recherchierte und fand heraus"

Wenn wir Bild.de richtig verstanden haben, will man nämlich herausgefunden zu haben, dass Fotos, die einen Mann zeigen, wie er im Grand Canyon über einem 1000 Meter tiefen Abgrund von einem Fels zum anderen springt, durch suggestiven Bildausschnitt und irreführende Beschriftung [ups, falscher Link, der richtige ist hier oder hier] einen falschen Eindruck erwecken. Oder wie Bild.de schreibt:

Zeitungen weltweit druckten dieses Foto, titelten: “Ein Sprung über 1000 Meter Tiefe”. BILD.de recherchierte und fand heraus: Alles Quatsch!

Nun ja: Eigentlich ist der “Quatsch” längst bekannt. Einschlägige “urban legend”-Websites wie snopes.com haben den Grand-Canyon-Sprung bereits im Januar 2007 als weniger dramatisch enttarnt. Und selbst beim britischen “Guardian”, wo man offenbar am vergangenen Freitag verspätet auf die Irreführung reingefallen war, hat man den Fehler erkannt und eingestanden – übrigens noch am selben Tag bzw. zwei Tage, bevor “BILD.de recherchierte”.

Mit Dank an die vielen, vielen Hinweisgeber, die z.T. behaupten, ihre Recherchen hätten “keine 5 Minuten” gedauert!

6 vor 9

Globale Bildsprache aus Asien
(Frankfurter Rundschau, Christian Schlüter)
“Die Vielfalt der chinesischen Comic-Szene wird mittlerweile auch von den Behörden geduldet, was nicht nur daran liegt, dass sie noch recht klein und deswegen ungefährlich ist: Mit einiger staatlicher Unterstützung orientiert sich die Manhua-Produktion längst an den internationalen Märkten.”

Promi-Blogger Perez Hilton: 66 lobende Worte über Stefanie Heinzmann (Bild Keystone/Chris Weeks)Blogger lobt Stefanie, Blick bejubelt Blogger
(Blick Online, Christian Bischoff)
Promi-Blogger Perez Hilton schreibt 66 lobende Worte über Stefanie Heinzmann – und bei Blick Online wird daraus eine Jubelmeldung mit 206 Wörtern. Screenshot, Zitat – nur das mit dem Link hat wieder mal nicht geklappt, deswegen hier: “Sing Out Loud, Sister!”

Eurozentriker müssen sich warm anziehen
(Perlentaucher, Christoph Mayerl)
“Die Gefechte um die Meinungshoheit über Tibet zeigen es: das Internet hat die Medienlandschaft nicht unbedingt demokratischer gemacht. Es gilt das Gesetz der großen Zahl.” Aufgewacht, es gibt mehr als eine Wahrheit.

Angst vor Lokalnachrichten in Google Earth
(Financial Times Deutschland, Björn Maatz)
“Eine akute Gefahr sehen Zeitungsverleger bislang zwar nicht, sind sich aber des Einflusses von Google bewusst: ‘Unter Umständen muss neu darüber nachgedacht werden, ob Google News weiterhin von fremden Inhalten, insbesondere von Zeitungswebsites, profitieren darf’, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).” Das mit dem Internet haben sie immer noch nicht verstanden, profitieren von Google-News-Zitaten und fürchten doch den Content-Klau.

Schwenzel und das knarzende Ungetüm
(wirres.net, Felix Schwenzel)
“mir fiel auf, wie sehr sich meine lese-erwartungen beim lesen von zeitungen denen beim lesen im internet angepasst haben. ich erwarte persönliche stellungnahme, eine klar zu erkennende subjektive, aber auch ehrliche, haltung zum objekt der berichterstattung ? und fachkompetenz.”

Gegen Content-Klau vorgehen
(Online Journalism Review, Robert Niles)
“Do-it-yourself copyright protection online: If others are stealing your content online, there are simple ways that you can find them, and then shut them down. Here’s how.” Hoffentlich versucht der BDZV jetzt nicht, gegen jedes Zitat im Internet vorzugehen …

medienlese – der Wochenrückblick

Radio Multikulti und “Polylux” gestrichen, Mitarbeiter und Journalisten ausgeforscht, Verweigerer unerwünscht und Fußball-Quoten nur stabil.

Der RBB streicht “Polylux”, Moderatorin Tita von Hardenberg gibt Durchhalte-Parolen im Internet: “Von Polylux bleibt Polylog. Nach dem Fernsehen kommt das Netz.” Für das ebenso eingesparte Radio Multikulti machen sich unterdessen Unterstützer stark. Unser Kommentar: “Sparen am falschen Ende.”

Konzernsicherheit – ein Wort macht Karriere. Es hat etwas vom Sound aus alten Wallraff-Tagen, als deutsche Unternehmen bewaffnete Einheiten aufstellten. Diesmal wird nicht gleich geschossen, sondern elektronisch überwacht. Nach Lidl gibt es nun auch schwere Vorwürfe gegen Burger King. Mitarbeiter sollen intern bespitzelt worden sein, berichtet die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. An Meldungen dieser Art hat man sich beinahe gewöhnt – wo eine Kamera, da auch Überwachung.

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Daum hält sich nicht an “Bild”-Wissen (Nachtrag)

"Abschied vom 1. FC Köln perfekt: Christoph Daum haut ab! -- Christoph Daum verlässt den 1. FC Köln! BILD hatte exklusiv schon am 13. Mai den Abschied des Trainers angekündigt. Jetzt einigte sich Christoph Daum (54) mit dem FC auf eine Vertragsauflösung! Der Trainer-Hammer in der 2. Liga. Daum geht!"

Als wollte man sich bei “Bild” mit Daums “überraschender Wende” und seinem “Rücktritts-Rückzieher” (wir berichteten) nicht so recht abfinden, findet sich der obige “Bild”-Artikel(entwurf?)* mit Datum vom gestrigen Freitag aktuell verlinkt auf Bild.de.

Mit Dank an Lasse P., Max S., Benno K. und Stefan J.

*) Nachtrag, 20.28 Uhr: Wo vorhin noch die “Daum geht”-Meldung stand, steht jetzt nixxx mehr.

Fluchzeuge im Bauch

Wenn ein 76-jähriger Mann einen Hirntumor hat, was würde Ihnen dazu einfallen?

Uns ist Elisabeth Volkmann eingefallen, “Bild” etwas anderes. Doch dazu gleich. Als Volkmann jedenfalls vor zwei Jahren 70-jährig an akutem Herz- und Kreislaufversagen starb, schrieb “Bild”:

Liegt ein Fluch über der Klimbim-Familie?

Der Fluch bestand für “Bild” damals in Selbstmord (Michael Pfleghar), Schlaganfall (“Peer Augustinski”), “nie Glück mit den Männern” (Ingrid Steeger) und Volkmanns Tod.

Aber das ist natürlich nix gegen, sagen wir, die Kennedys. Die können in der “Bild”-Schicksalsbilanz mit den Klimbims locker mithalten: 3x Flugzeugabsturz (Joseph Kennedy jr., Kathleen Kennedy, John F. Kennedy jr.), 2x Attentat (John f. Kennedy, Robert Kennedy) und 1x Lymphdrüsenkrebs (Jacky Kennedy Onassis) in 55 Jahren.

Und nun, neun Jahre nach dem letzten Schicksalsschlag, haben die Ärzte bei JFKs gerade mal 76-jährigen Bruder Ted “einen bösartigen Tumor in der linken Gehirnhälfte entdeckt”! Für “Bild” ein klarer Fall:
"Schon wieder schlug das Schicksal zu: Der Fluch der Kennedys"
Um es mit Spießer Alfons zu sagen:

Wer hier wirklich zugeschlagen hat, war nicht das Schicksal, sondern der BILD-Autor.

medienlese – der Wochenrückblick

Geburtstag bei Ringier und Tessiner Zeitung, Freude bei Oliver Gehrs Dummy-Verlag, harte Kritik an den Mediatheken der ARD, beliebter Link auf Bildquellen.

Feierte mit über tausend Gästen in Luzern: Michael Ringier auf der Feier zum 175. Firmenjubiläum (Bild Keystone/Urs Flueeler)Ringier feierte in Luzern 175. Geburtstag. In der NZZ gab es anlässlich einen Rückblick auf die Firmengeschichte und einen (kleinen) Ausblick auf die digitale Zukunft. Wer alles zu Gast bei dem größten Medienunternehmen der Schweiz war, lässt sich beim Durchklicken der Bildstrecke auf persoenlich.com erahnen. Auch der bei Ringier als Berater unter Vertrag stehende Ex-Kanzler Gerhard Schröder kam zur Feier – dafür war die Investition also gut.

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Kurz korrigiert (462)

Gesucht hat Bild.de eigentlich “12 gute Gründe, jetzt Schweiz-Urlaub zu buchen” — und dann doch noch einen gefunden, an der (reise)journalistische Kompetenz von Bild.de zu zweifeln.

Grund Nummer 8 lautet nämlich:

"8. Ardennen-Käse verkosten -- Bei der Käse-Herstellung macht den Schweizern keiner was vor! Aus dem mittelalterlichen Städtchen Gruyères in den Ardennen kommt ein besonders kräftiger. Tipp: Die Käserei „Maison du Gruyère“ (Familienpauschale 6,20 Euro) besuchen! Infos: www.lamaisondugruyere.de"
“Ardennen-Käse”? Da wird doch wohl nicht jemand das Alpenstädtchen Gruyères in “Heidiland” (Bild.de) mit seinem französischen Namensvetter im rund 600 Kilometer entfernten Westteil des rheinischen Schiefergebirges verwechselt haben?!

Doch.

P.S.: Die angegebene Internetadresse endet natürlich eigentlich auf .ch.

Mit Dank an Lars M. für den Hinweis.

Nachtrag, 19.5.2008: Wie blöd kann man eigentlich sein? Offenbar hat sich doch noch jemand bei Bild.de erbarmt und sich den “Ardennen-Käse” nochmals vorgeknöpft. Naja, eigentlich hat jemand bei Bild.de nur die “de”-Endung der Internetadresse in “ch” geändert, die falschen “Ardennen” aber weiterhin falsch dastehen lassen. Ach ja: Und klickt man auf den “ch”-Link, gelangt man nach wie vor auf die falsche “de”-Website.

2. Nachtrag, 0.31 Uhr: Ach, und beim Korrigieren von Fehlern macht Bild.de keiner was vor. Inzwischen hat sich offenbar noch mal jemand an den Käse gewagt, den Link wirklich korrigiert und sogar die “Ardennen” aus dem Textchen entfernt. Leider hatte der Korrektor aber wohl keine Überschriftenberechtigung, weswegen da nach wie vor der berühmte “Ardennen-Käse” angepriesen wird. Echt wahr.

Fortsetzung folgt?

Fortsetzung folgt!

3. Nachtrag, 20.5.2008: Der Überschriftenberechtigte hat im Reise-Ressort vorbeigeschaut und viereinhalb Tage nach Veröffentlichung “Käse” aus dem “Ardennen-Käse” gemacht.

4. Nachtrag, 15.39 Uhr: BILDblog-Leser Mathias W. weist uns soeben darauf hin, dass die Familienpauschale im Maison du Gruyère offenbar nicht “6,20 Euro” (Quelle: Bild.de) sondern “8 Euro” (Quelle: lamaisondugruyere.ch) beträgt.

Schlimm & schlimmer

Es ist eine erschreckende Zahl und ein hochemotionales Thema, aber der “Bild”-Bericht dazu ist geradezu vorbildlich:

Die Gewalt an Berlins Schulen reißt nicht ab. Körperverletzung, Bedrohung, Mobbing. Die Opfer: Schüler und immer mehr Lehrer.

Allein im vergangenen Schuljahr wurden 1735 Gewaltvorfälle gezählt. Zehn Prozent mehr als 2005/2006 (1573 Fälle). Schlimm! (…)

Dennoch sieht Bildungssenator Jürgen Zöllner (62, SPD) eine Besserung der Situation: “Die Zunahme der Meldungen ist nicht mehr so stark.” Im Schuljahr 2005/2006 wurden 76 Prozent (!) mehr Gewalttaten gemeldet. (…)

Seit 1992 sind Berlins Schulleiter verpflichtet, Gewaltdelikte zu melden — deutschlandweit einmalig. Doch kaum ein Direktor hielt sich daran, aus Angst, seine Schule könnte in ein schlechtes Licht geraten. Das hat sich offenbar geändert.

Schwer zu sagen, ob dieser “Bild”-Artikel vom 28. März 2008 journalistisch so unangreifbar war, dass er im Nachheinein durch die interne “Bild”-Qualitätskontrolle fiel. Jedenfalls vermeldet “Bild” heute, sechs Wochen später, dieselbe Entwicklung einfach noch einmal…

…diesmal allerdings nach den üblichen journalistischen Standards des Blattes.

Von “Bild” gestrichen:

“Die Zahlen spiegelten aber nicht die Gewaltentwicklung an den Schulen wider, sondern das Meldeverhalten der Schulen, betonte Staatssekretär Eckart Schlemm.”

Aus einer aktuellen Meldung der Nachrichtenagentur dpa (wo man offenbar auch nicht gemerkt hat, dass die Zahlen längst bekannt sind [pdf]), die “Bild” als Grundlage diente, hat das Blatt zum Beispiel die Information gestrichen, dass nach Angaben des Senats die Zunahme damit zusammenhängt, dass ein höherer Anteil der Gewaltdelikte gemeldet wird. Überhaupt hat “Bild” die wichtige Unterscheidung entfernt, dass es sich um die Zahl der gemeldeten, nicht der tatsächlichen Fälle handelt.

Von “Bild” gestrichen:

“Die Zahl von 2007 liege aber immer noch deutlich unter den Steigerungsraten von 1998 bis 2004.”

In derselben Meldung verbreitet dpa auch noch einmal einige Zahlen aus der (vor neun Wochen veröffentlichten) Polizeistatistik über die Kinder- und Jugendkriminalität insgesamt. Auch dabei gibt es einen leichten Anstieg. Allerdings liegen die Zahlen immer noch weit unter den Werten früherer Jahre. Diese Information hat “Bild” ebenfalls säuberlich aus der dpa-Meldung entfernt.

Wenn man sich die Entwicklung im Überblick ansieht, versteht man auch die besondere Form selektiver Wahrnehmung bei “Bild”. Hätte “Bild” auch bei der Polizeistatistik einen Fünf-Jahres-Vergleich gemacht wie bei der Gewalt an Schulen (Grafik links oben), hätte das Blatt nämlich einen deutlichen Rückgang von Jugendgewalt feststellen müssen (Grafik links unten).

Aber wie unrealistisch wäre das denn?

6 vor 9

Der neue Nachmittag bei RTL
(Berliner Zeitung, Klaudia Wick)
“War der Nachmittag früher die Sendestrecke für das ‘junge Programm’, ist es nun für alle gemacht, die die Zeit bis zum Abend irgendwie rumkriegen müssen. Ein Programm, das nicht stört, aber auch nichts bietet, das man gedanklich jederzeit ein- und wieder ausschalten kann.”

ARD und das Erste starten Mediatheken
(onlinejournalismus.de, Thomas Mrazek)
“Mein erster Eindruck: Navigationstechnisch müssen sich die federführenden Köpfe vom Südwestrundfunk da dringend noch etwas einfallen lassen, die Orientierung fällt selbst einem einigermaßen geübten Nutzer schwer.”

Onlinepläne der Öffentlich-rechtlichen
(taz, Steffen Grimberg)
Was darf mit Gebührengeldern im Internet publiziert werden? “… die Medienpolitik scheint sich vom zunächst recht siegessicheren Verleger-Lager abgewendet zu haben, von ‘strategischen Fehlleistungen’ der Verlage ist die Rede.”

Die Jelinek-Österreicher triumphieren
(Joachim Lottmann)
“Endlich sind sie da, die man immer nur behauptet, ja herbeigebetet und -gebettelt hatte, und die es bis gestern partout nicht geben wollte: Pritzlowil oder wie er hieß, der Kampusch-Peiniger, Fritzl der Superfreak, der endlich den Monströsitätsgrad von Adolf erreicht.”

Sieben verstörende Minuten
(Spiegel Online, Henning Lohse)
Eine Gruppe Jugendlicher zieht durch Paris, schlägt wahllos Menschen nieder, randaliert, klaut – das ist das neue Musikvideo der französischen Elektro-Band Justice. Besonders an dem Gewaltclip sind die meisterhaft komponierten Szenen, die extrem sorgfältig ausgewählten und bearbeiteten Bildern, die geradezu eine Sogwirkung entwickeln. Vorsorglich fürchtet man schon neue Gewalt in den Banlieus.

Wie man im Internet Bilder findet
(Random knowledge, Kurt)
Ausführliche Liste mit Links zu Suchmaschinen und Archiven, darunter sowohl kommerzielle Anbietern als auch Behörden und freie Quellen.

In eigener Sache: Das Ergebnis unserer Umfrage zu den kleinen Bildern hier ist 50:50 ausgegangen, wir werden deshalb nur in Ausnahmefällen Bilder oder Videos zeigen. Ronnie Grob, den ich bei “6 vor 9” diesen Monat vertrete, schreibt solange aus China.

medienlese – der Wochenrückblick

Zwei Medienkampagnen, das Ende des Interviews, ein Spielverderber, neue Pop-Recherche und der entfesselte Internet-Mob.

Vor dem Ende des Interviews warnt Adrian Schimpf, Ex-Chefjustiziar der Financial Times Deutschland und Manager bei Gruner und Jahr, auf Spiegel Online. Anlass ist ein Urteil der Zivilkammer 24 des Hamburger Landgerichts, nachdem Medien für die Wahrheit von Interviewäußerungen Dritter haften. (Wir hatten dazu zwei Tage vorher auf eine Meldung von newsroom.de verlinkt.)

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