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Kafkaösk

Es geschieht eher selten, dass die renommierte “Frankfurter Allgemeine Zeitung” ihre Artikel mit einem Ausruf eröffnet. Und doch stand es gestern so im Blatt:

Ha! Europa ist besser, als man zu unterstellen bereit ist. Das Unterfangen des ominösen Gehlen & Schulz Verlags, massiv fehlerhafte, EU-subventionierte Kafka-Bücher an Schulen zu verschenken, über das auch dieses Feuilleton berichtete, hat sich als Kunstaktion der österreichischen Gruppe “The Birdbase”zu erkennen gegeben. Zu Recht also hat die EU-Kommission auf Nachfrage die Förderung dementiert.

Nun klingt “Ha!” vielleicht ein bisschen zu sehr nach “Siehste, hab ich doch immer gesagt!”. Der geeignetere Einstieg in den Artikel wäre vielleicht eher ein “Ups!” gewesen, im Sinne von “Oh Gott, ist uns das peinlich. Hamse mal grad ein bisschen Staub zur Hand, in den wir uns kurz werfen könnten?”.

Doch von Anfang an:

Anfang November hatte die österreichische “Kronen Zeitung” über eine “Sprach-Entgleisung” berichtet:

Franz Kafka würde sich im Grabe umdrehen! Ein von der EU groß gefördertes Buch für 40 heimische Schulen bringt den Jugendlichen nicht “Das Schloss” des deutschsprachigen Schriftstellers näher, sondern bloß eine Aneinanderreihung absurder Rechtschreibfehler, zu denen der Verlag “Gehlen und Schulz” sogar noch steht.

Von einem “hohen Fremdschämpotenzial” beim Durchblättern der fehlerhaften Schullektüre schrieben die beiden Autoren der “Kronen Zeitung” und zitierten aus der Pressemitteilung des Verlages:

“Schuld daran ist ein Softwarefehler”, erklärt der Herausgeber Adrian Schulz. “Das wird es bei den nächsten Büchern nicht mehr geben.” Der EU war die Pannenserie offensichtlich völlig egal – gefördert wurde das Projekt mit einem sechsstelligen Betrag.

Sofort stieg auch die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” mit ein und schrieb unter der Überschrift “Kafkas Hinrichtung, von der EU gefördert”:

Zurzeit beglückt das Verlagshaus Gehlen und Schulz ungefragt Schulen im deutschsprachigen Raum mit einem Kafka-Geschenk: je einem Karton Gratisexemplare des Romans “Das Schloss”. Den nämlich hat der zu diesem Behuf gegründete Verlag in einer sagenhaften Zwei-Millionen-Auflage gedruckt, und zwar in einer vor Fehlern nur so strotzenden Ausgabe. Softwareprobleme seien dafür verantwortlich, heißt es.

Man kann der “FAZ” (anders als der “Kronen Zeitung”) nicht vorwerfen, sich nur auf die schriftlichen Erklärungen des Verlags verlassen zu haben:

Bislang sind etwa zweitausend Bücher an vierzig Schulen gelangt. Im Gespräch mit dieser Zeitung weist [Verleger] Adrian Schulz darauf hin, dass auch alle weiteren Exemplare verschickt würden: Gedruckt sei gedruckt. Die Fehler verleugne man nicht, sondern gehe sie “aggressiv” an. Schulz bestätigt die Finanzierung durch ein EU-Programm: Eine sechsstellige Summe sei geflossen. Eine Agentur in Brüssel habe den Kontakt vermittelt, nähere Angaben mache er dazu nicht. Man habe bei der Sache nicht schlecht verdient. “Das Schloss” sei einfach deshalb ausgewählt worden, weil es auf den Curricula stehe. Die Geldgeber hätten sich für die Auswahl nicht interessiert.

Die Pressestelle der Europäischen Kommission hat eine zügige Stellungnahme zugesagt, die aber dennoch auf sich warten lassen könne, “weil man da tief graben muss”. Wir warten mit Spannung, denn sollte sich die öffentliche Förderung bewahrheiten, hätten sich vor allem die Geldgeber blamiert.

Blöderweise hat die “FAZ” nicht mit dem Verleger Adrian Schulz gesprochen (bzw. dem “Verleger” in Anführungszeichen, wie die Zeitung selbst schreibt), sondern einem Mann, der sich als Verleger Adrian Schulz ausgegeben hat. Vom Verlag Gehlen & Schulz, den es nicht gibt.

Edition: Diese Reihe an neu verlegeten Klassikern ist das Herz von Gehlen und Schulz. Die Idee war es, die besten deutschsprachigen Klassiker, von Goethe bis Schiller, in einer neuen Edition zusammenzustellen.

Andererseits gibt es da ja eine schmucke Internetseite über die Klassiker-Edition von Gehlen & Schulz und es könnte ja gut sein, dass der bisher völlig unbekannte Verlag tatsächlich “zu diesem Behuf gegründet” wurde. Um festzustellen, dass der Verlag nicht existiert, hätten die Reporter der “FAZ” also schon ins österreichische Handelsregister schauen müssen.

Bemerkenswert ist aber auch die Tatsache, dass es der “FAZ” offenbar reichte, dass der Mann, den die Zeitung für einen Verleger hielt, behauptet hatte, EU-Fördergelder erhalten zu haben. “Eine Quelle ist keine Quelle”, lernt man in der Journalistenschule, “Da könnte ja jeder kommen”, würden Großmütter sagen. FAZ.net reichte die eine Quelle, um in der Dachzeile “Steuerverschwendung” anzuprangern.

Bild.de, bekannt für editionsphilologische Arbeiten, gab den entsetzten Bildungsbürger:

Gut, dass Franz Kafka das nicht mehr erleben muss.

Der österreichische Verlag “Gehlen und Schulz” brachte Kafkas Roman „Das Schloss“ heraus, verteilte ihn an 40 Schulen – doch das Buch strotzt vor Rechtschreibfehlern. Der Skandal: Es wurde großzügig mit EU-Geldern gefördert.

Nach neun Tagen hatte die “FAZ” dann endlich eine Antwort von EU-Seite vor, die mehr Fragen aufwarf, als sie beantwortete:

Sowohl Gabriele Imhoff von der Berliner Pressestelle der EU-Kommission als auch Dennis Abbott, Pressesprecher der Kommission für Bildung und Kultur, haben dieser Zeitung inzwischen mitgeteilt, dass man keine Hinweise auf eine Förderung des Projekts durch die EU-Kommission gefunden habe. Der Verleger hat auf dieses – wenngleich nicht definitive – Dementi nun mit einer Stellungnahme reagiert, die sprachlos macht: “Ich habe keine Ahnung, wer das jetzt finanziert hat – EU, Österreich, BMVIT, egal. Ich habe auch keine Ahnung, wie diese Tippfehler in das Buch gekommen sind.”

Und obwohl die Stellungnahme des angeblichen Verlegers immer grotesker wurde (“In Nordkorea ist bestimmt jeder Buchstabe dort, wo er sein soll. Das wäre doch das, was ihr wollt. Staatskonformer Mist, richtig buchstabiert.”), schöpfte die “FAZ” offenbar keinerlei Verdacht. Zumindest keinen an der Existenz des Verlags:

Zu klären bleibt neben allem haarsträubenden Amüsement gleichwohl, ob hier allein österreichische Mittel verbrannt wurden oder doch auch EU-Gelder.

Die “Kronen Zeitung” ist, wie man beim Topfschlagen sagen würde, ganz “heiß” dran, scheint die Spur aber nicht weiter verfolgen zu wollen:

Verliert dieser Verleger völlig den Bezug zur Realität, oder macht er sich über alle lustig? (…) Kenner der Szene sind erstaunt. Ein Insider: “Niemand kennt diesen Verlag. Man könnte fast glauben, es handle sich um ein Kunstprojekt.”

Inzwischen hatte die Geschichte auch boersenblatt.net erreicht, seines Zeichens Zentralorgan des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels:

Die “FAZ” hat nun recherchiert, dass das Buch, anders als vom Verlag angegeben, soweit bekannt ist, gar nicht durch EU-Gelder mitfinanziert wurde. Man habe keine Hinweise auf eine Förderung, hat die EU mitgeteilt.

Spätestens beim Börsenverein, dem Veranstalter der Frankfurter Buchmesse, hätte jemandem auffallen sollen, dass der Verlag nicht existiert.

Doch erste Zweifel traten erst zwei Tage später auf, als die österreichische “Presse” von einer erstaunlichen Entdeckung berichtete:

Nun dürfte es neuen Ärger geben Und zwar rechtlichen: Die ISBN, die im Buch angegeben wird, ist vom österreichischen Autor Thomas Glavinic abgeschrieben, dessen Roman “Lisa” unter der Nummer läuft. Nur die Prüfziffer am Ende der Nummer ist mit “0” anders als die von Glavinic mit “3”.

“Dabei handelt es sich um einen echten Betrüger. Die Nummer gehört dem Hanser Verlag”, sagt Mirjam Glaser von der deutschen ISBN-Stelle. Der Hanser Verlag selbst möchte nun die Adresse von “Gehlen & Schulz” ausfindig machen und auffordern, die Verwendung der Nummer zu unterlassen. Auch rechtliche Schritte hält der Verlag für nicht ausgeschlossen.

Es war also offensichtlich nicht damit zu rechnen, dass irgendjemand auf Medien- oder Buchhandelsseite in absehbarer Zeit durchschauen würde, was hier gespielt wurde — und das, obwohl das absichtsvolle Täuschen von Journalisten spätestens seit einigen Jahren zum Standardrepertoire von PR gehört. The BirdBase, die Erfinder von “Gehlen & Schulz”, “Adrian Schulz” und der “Klassiker-Edition” gingen also am Donnerstag von sich aus an die Öffentlichkeit:

Dahinter steht die Aktionsgruppe “The BirdBase”, die mit der ungewöhnlichen Aktion Kritik am schlechten Bildungssystem in Österreich üben wollte. “Wir wollen, dass über das Bildungs- und Schulsystem in Österreich gesprochen wird, wir wollen, dass ein Land wieder redet, denkt und nicht vor sich hin schweigt. Denn wenn sich nichts ändert, werden vielleicht in 20 Jahren solche Bücher der Normalfall sein”, schrieb die Gruppe gestern, Mittwoch, in einem E-Mail an die “Presse”.

boersenblatt.net berichtete über die neuerliche Entwicklung in dem Fall, die “FAZ” nutzte die Gelegenheit zu ihrem unpassend triumphalen “Ha!” und verschwand dann zwischen allen Wirklichkeitsebenen:

Vielleicht ist die ominöse Künstlergruppe auch nur eine Erfindung der EU, um sich elegant aus der Affäre zu ziehen?

Und die “Kronen Zeitung”, bei der alles angefangen hatte? Nun, die gibt sich weniger zerknirscht und mehr angepisst:

Sie haben alle gefoppt – und sind auch noch stolz darauf. Hinter dem Kafka- Buch mit den 1.850 Rechtschreibfehlern (siehe Infobox) steckt die Aktionsgruppe “The BirdBase”, die vor schlechter Bildung warnen will. Ziele hat die Clique aber keine.

Videospiele, Günter Wallraff, Terror

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Fehlerhaftes Buch: Mit Kafka die Medien getäuscht”
(diepresse.com, Eva Winroither)
Die Gruppe “The Birdbase” baut nach eigenen Angaben 1850 Rechtschreibefehler in das Buch “Das Schloss” von Franz Kafka ein, druckt davon 1000 Exemplare und verschickt es an Schulen und Medien (Video). Auf der Facebookseite der Gruppe werden Medien aufgelistet, die im Sinne der Aktion berichten, darunter faz.net, bild.de oder krone.at. Eine Sprecherin des Projekts: “Es gibt diese Auflage so nicht, es gibt auch keinen Verlag, keine weiteren Bücher und schon gar keine Fördermittel.”

2. “Perpetuiertes Stigma”
(stigma-videospiele.de)
Ein Blick in das Archiv von Spiegel.de zum Thema Videospiele: “Konkret werden von sieben gefundenen falschen Darstellungen drei in anderen Spiegel-Artikeln richtig wiedergegeben. Es wird beinahe der Eindruck erweckt, als ob man es dem Leser überlasse sich die ihm passende Wahrheit herauszusuchen.”

3. “Springer geht auf Bild-Kritiker Wallraff zu”
(sueddeutsche.de, Oliver Das Gupta)
Am Samstagabend sendet der WDR ab 23.30 Uhr “Die Günter Wallraff Nacht”. Zu Wort kommen soll auch der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner: “Laut WDR bedauert er, wie die Bild-Zeitung Mitte der 1970er Jahre mit Wallraff umgegangen ist.”

4. “Schöne Trottel”
(zeit.de, Matthias Daum)
Matthias Daum fragt nach den wirtschaftlichen Komponenten der “Petarden-Trottel”-Kampagne der Ringier-Boulevardzeitung “Blick”.

5. “Brauner Terror in Deutschland”
(tagesschau.de, Video, 29:11 Minuten)
Eine ARD-Sondersendung zur Mordserie an Kleinunternehmern. Siehe dazu auch die “Todesopfer rechter Gewalt 1990 – 2010” (zeit.de) und einige Gedanken “zur Ikonographie des Terrors” (security-informatics.de).

6. “Die Hartz-Maschine”
(ardmediathek.de, Video, 43:57 Minuten)
Eine Reportage von Rita Knobel-Ulrich über Geschäftszweige, die ihr Geld mit der Arbeitslosigkeit in Deutschland verdienen. Ab Minute 34 ein Besuch in den Niederlanden mit einem Blick auf die Situation dort.

Auf dem Boulevard wird schon Salz gestreut

So lag “Bild” gestern in Berlin am Kiosk:

So zeigt sich ein Berliner Abgeordneter im Internet

Im Inneren erklärte die Zeitung dann, wer der Abgeordnete ist (Simon Weiß von der Piratenpartei) und was er da auf dem Foto macht:

Ein junger Mann beugt sich über eine Linie weißes Pulver. An seine Nase hält er eine Papierrolle. Und deutet an, die weiße Substanz hochzuziehen als wäre es Kokain. Daneben steht ein Salzstreuer. Das Foto zeigt Pirat Simon Weiß (26), der im Abgeordnetenhaus sitzt. Er hat es über den Internetdienst Twitter veröffentlicht.

Bei Bild.de ging die Geschichte erst nach einer Drehung an der Meta-Schraube online und klang dann so:

Seine Idee: ein bisschen Drogen-Provokation. Wie originell!

Auf seinem Twitter-Account hat er ein neues Profilfoto eingestellt. Zu sehen: Simon Weiß, wie er seinen Kopf über eine Tischplatte beugt, mit der linken Hand hält er sich das linke Nasenloch zu, an das rechte Nasenloch drückt er eine Papierrolle, deutet an, eine helle Substanz hochzuziehen als wäre es Kokain. Links im Bild: ein Salzstreuer. Ha-ha!

Die Salz-Schnupf-Experten von Bild.de finden das offenbar nicht lustig:

Lustig hin, lustig her, Fakt ist: Der Landespolitiker täuscht eine Straftat vor.

Denn der Konsum von harten Drogen ist in Deutschland verboten!

Das stimmt so nicht: Der reine Konsum von Kokain ist in Deutschland nicht verboten, wohl aber der Besitz, die Herstellung oder der Handel (der Konsum ohne vorherigen Besitz ist natürlich ein wenig knifflig). Und unter “Vortäuschen einer Straftat” versteht man die Anzeige einer nicht begangenen Straftat wider besseres Wissen.

Simon Weiß zeigte sich angesichts der großen “Bild”-Geschichte über seine Person auf Twitter recht entspannt und wollte die Aktion als “privat betriebene Satire” verstanden wissen. Dem Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, der bei Bild.de erklärt hatte, dass seines Erachtens “durch das Foto der Konsum von harten Drogen verharmlost wird”, warf Weiß vor, den “Stichwortgeber” für das “Hetzblatt” “Bild” zu “spielen”. Abschließend verwies er auf die Fotografin des Salzbildes, die “Bild” nach eigenen Angaben darauf hingewiesen hatte, dass die Zeitung das Foto nicht ohne weiteres hätte abdrucken dürfen.

Mit Dank an Brainfucker, Markus M. und Sebastian C.

Familien im Brennpunkt, Redezeit, Zitate

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Boah, voll krass: Brennpunkt Drehbuch”
(fernsehkritik.tv, Fernsehkritiker)
Das Drehbuch “Gutmütiger Teenie-Vater wird von dreister Ex-Freundin ausgenutzt” der RTL-Pseudo-Doku-Soap “Familien im Brennpunkt”.

2. “Begrenzte Redezeit für Frankreichs Politiker”
(wissen.dradio.de, Audio, 8:34 Minuten)
Die Behörde Conseil Superieur du l’Audiovisuel (CSA) wacht in Frankreich darüber, dass Regierung, Opposition und die restlichen Parteien am Radio und Fernsehen sekundengenau die ihnen zustehende Redezeit erhalten. “Wer grob und wiederholt gegen die Auflagen verstösst, zahlt oder verliert gar seine Sendelizenz.”

3. “Realitätsverlust in der PR-Branche”
(saschalobo.com)
Sascha Lobo schreibt über PR-Leute, die sich über das Desinteresse an ihrer Arbeit beklagen. “Statt nämlich zuzugeben, dass sie es nicht schaffen, Journalisten (und die Öffentlichkeit) für ihre Themen zu interessieren, klagen sie über ‘desinteressierte Journalisten’. Das ist Realitätsverdrehung, ja, Realitätsumdrehung der kontraproduktivsten Sorte.”

4. “Nazi-DVD – Mediengeschäft mit rechtem Terror”
(ndr.de, Video, 4:45 Minuten)
Nach Zapp-Informationen kaufte “Der Spiegel” das Bekennervideo der Mordserie an Kleinunternehmern exklusiv vom Antifaschistischen Pressearchiv. Inzwischen sind weitere Kopien aufgetaucht.

5. “Beziehung”
(el-futbol.de, Sidan)
Sidan denkt nach über das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken.

6. “Citogenesis”
(xkcd.com, englisch)
Woher die Zitate kommen.

Döner, Leidenschaft, Abrüstung

6 vor 9

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1. “Alles Döner oder was?”
(hagalil.com, Ramona Ambs)
Ramona Ambs fragt sich, warum deutsche Medien die Mordserie gegen acht türkische und einen griechischen Kleinunternehmer “Döner-Morde” tauften. Siehe dazu auch die Herkunft des Worts Döner: “von türkisch: dönmek = sich drehend”.

2. “Gastarbeiter und Döner-Morde”
(dasnuf.de)
Keine Döner wurden getötet, sondern Menschen, bemerkt auch dasnuf: “Sprache beeinflusst das Denken und umgekehrt, das ist nicht erst seit George Orwell bekannt. Ich fände es schön, wenn man sich das von Zeit zu Zeit mal bewusst macht und auch einzelne Formulierungen prüft.”

3. “Nazis, Bild und Kinderschänder”
(hollow-willow.de, Maja Ilisch)
Auf Bild.de ist nachzulesen, wie Nazis im Netz angeblich erkannt werden können.

4. “Plädoyer für Abrüstung”
(medienspiegel.ch, Hanspeter Spörri)
Der “Blick” und die Petarden: Hanspeter Spörri plädiert für eine sprachliche Abrüstung und erinnert daran, dass Journalisten keine Richter, sondern Berichterstatter sind. “Wir haben zwar das Privileg, unserem Ärger auch einmal öffentlich Luft zu verschaffen. Aber wir tragen Verantwortung, haben sozusagen eine Fürsorgepflicht für diejenigen, deren Bild oder Name wir in die Öffentlichkeit tragen.”

5. “Schlüsselfaktor Leidenschaft”
(vocer.org, Sylvia Egli von Matt)
Sylvia Egli von Matt, Direktorin der Schweizer Journalistenschule MAZ, wirbt für Journalisten mit Leidenschaft: “In schwierigen, unsicheren Zeiten gilt eine Art Darwinismus. Überlebenschancen hat wohl nur, wer stark ist, wer die Leidenschaft, den absoluten Willen hat, Journalist, Journalistin zu sein und Strapazen auf sich zu nehmen.”

6. “The Express and the weather”
(tabloid-watch.blogspot.com, MacGuffin, englisch)

Mainstream, Bambi, Welt Kompakt

6 vor 9

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1. “Der Sog der Masse”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt ausführlich über den Mainstream nach: “In den fünfziger Jahren, in denen ich geboren wurde, dachte fast jeder, dass Deutschland die im Krieg verlorenen Ostgebiete auf keinen Fall aufgeben dürfe, dass Frauen nur in Ausnahmefällen arbeiten gehen sollten, dass Homosexualität eine Perversion sei, über die man am besten nicht spricht, dass es tausend wichtigere Dinge gebe als Umweltschutz. Heute denkt fast jeder in diesen Fragen ungefähr das Gegenteil. Auch ich denke das Gegenteil. (…) Jemand, der wirklich ein Querdenker ist, müsste heutzutage vielleicht für die Wiedereinführung der Monarchie eintreten. Er müsste an den heiligen Idealen der sozialen Gerechtigkeit, am Atomausstieg und an der Emanzipation zweifeln. Mit anderen Worten, er müsste bereit sein, sich vom Schwarm zu einem gefährlichen Irren stempeln zu lassen.”

2. “Post an Wagner”
(zuspieler.de, Sebastian Wenzel)
Sebastian Wenzel antwortet auf den Brief “Lieber Poker-Weltmeister” von Franz Josef Wagner.

3. “Medien nutzen Twitter immer noch als Linkschleuder”
(faz-community.faz.net, Holger Schmidt)
Eine Auswertung von Twitter-Konten deutscher Medienmarken: “Inzwischen gibt es Redakteure, die mehr Follower haben als ihre Medienhäuser, weil sie sich auf den Austausch mit den Nutzern einlassen.”

4. “Schafft den Bambi endlich ab!”
(haz.de, Imre Grimm)
Ein Plädoyer für die Abschaffung des Medienpreises Bambi: “Und der ‘Bambi’ ist nicht allein. Die ‘Goldene Kamera’ von Springers ‘Hörzu’, der ‘Deutsche Fernsehpreis’; sie alle wirken wie aus der Zeit gefallen, versackt in der Irrelevanz, doch man macht unverdrossen weiter, als sei für alle Zeiten 1988.”

5. “Ich glaube, der Tagesspiegel sucht demnächst nen neuen Layouter. :D”
(yfrog.com, Foto)

6. Werbung für “Welt Kompakt”
(katzundgoldt.de, Cartoon)

Zwangsverheiratung, Morddrohung, Jungsheft

6 vor 9

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1. “Weltrekord: EMI hat 1,3 Millionen Alben mit jeweils nur einem Song”
(blog.lukas-boehnlein.de, Lukas Böhnlein)
Lukas Böhnlein vergleicht Online-Artikel “über den Verkauf des EMI Tonträgergeschäftes und des EMI Musikverlages”.

2. “Banken-Werbung in DuMont-Medien”
(taz.de, Steffen Grimberg)
Redakteursvertreter des Verlags M. DuMont Schauberg wenden sich gegen eine Beilage, “die von der hauseigenen Wirtschaftsredaktion geschrieben werden soll”. “Besonders erzürnt die Redakteursvertreter, dass offenbar außerhalb der Beilage im normalen redaktionellen Teil von Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau ‘ein großes Interview’ mit dem Deutsche-Bank-Manager Kevin Parker geplant ist, der den Preis gemeinsam mit DuMont-Vertretern übergeben soll.”

3. “Die Zwangsehe in deutschen Köpfen”
(cicero.de, Woody Mues)
Wie Medien die Studie “Zwangsverheiratung in Deutschland” (PDF-Datei) aufnehmen: “BILD etwa schrieb ‘2008 wurden in Deutschland 3.443 Fälle von Zwangsverheiratungen registriert’. Tatsächlich jedoch haben in diesem Jahr 3.443 Menschen eine Beratung zum Thema Zwangsheirat wahrgenommen”.

4. “Wie man in den Wald ruft …”
(medienwoche.ch, Nick Lüthi)
“Blick”-Mitarbeiter erhalten Morddrohungen und werden mit einer Plakatkampagne konfrontiert: “Hier folgt eine Hetzkampagne auf die andere Hetzkampagne – jene gegen die Blick-Journalisten als Reaktion auf die Kampagne gegen den ‘Petarden-Trottel’.”

5. “Der Klügere tritt nach”
(fernsehkritik.tv, Video)
Fernsehkritik.tv macht sich Gedanken über die ARD-Sendung “Der klügste Deutsche” (Website), insbesondere über das Televoting, mit dem am Ende ein Gewinner bestimmt wurde.

6. “Ich möchte die süssen Kerle nackt sehen”
(sonntagszeitung.ch, Martina Bortolani)
Martina Bortolani spricht mit Elke Kuhlen, Herausgeberin von “Jungsheft” und “Giddyheft”: “Ich finde, dass die Darstellung von Sexualität nicht gross bearbeitet werden sollte, weil sie im realen Erlebnis auch nicht perfekt ist. Das macht den Sex ja auch reizvoll.”

Bushido oder die Kunst, einen Tweet zu lesen

Der Online-Auftritt der “Süddeutschen Zeitung” macht sich Sorgen:

Bushido selbst reagierte auf den Protest mit einer Twitter-Nachricht: "Die Grünen und der LSVD regen sich darüber auf, dass ich den Bambi bekomme... Wie erbärmlich... Kümmert euch mal..."  Problematisch ist dabei vor allem der letzte Teil seiner Botschaft, denn das "Kümmert euch mal..." kann von Bushidos Fans auch als Aufruf zum gewalttätigen Vorgehen gegen Protestierer verstanden werden.

Nun weiß man nicht, was die Anhänger Bushidos so verstehen, im Zweifel jedoch an dieser Stelle mehr als die Journalisten von sueddeutsche.de. Denn am Ende des zitierten Tweets von Bushido steht noch ein Link. Der führt zu einem Artikel, in dem Bild.de ein “mildes Urteil” gegen einen Mann kritisiert, der seine Stieftochter sexuell missbraucht hat. Auf Facebook (wo es keine Beschränkung auf 140 Zeichen gibt) geht Bushidos Satz auch noch weiter:

Kümmert euch mal lieber um diese Tatsachen ihr Heuchler….

Mit anderen Worten: Bushido sagt, die Menschen sollen lieber etwas gegen Kinderschänder tun, anstatt ihn zu kritisieren.

Darauf hat auch schon ein Kommentator unter dem Artikel auf sueddeutsche.de hingewiesen. Aber wer als Journalist Internet-Kommentare liest, kann ja auch gleich auf Links klicken.

Mit Dank an Yorrik B.!

Nachtrag, 13. November: sueddeutsche.de hat den Artikel gestern um einen etwas konfusen Absatz ergänzt:

Auf Bushidos Seite bei Facebook war das Statement noch ein Stück länger, dort endet es mit “…Kümmert euch mal lieber um diese Tatsachen ihr Heuchler….” Dann folgt (wie auch schon bei Twitter) ein Link zu einem Text von Bild.de, der ein mildes Gerichtsurteil gegen einen Mann in Braunschweig anprangert, der seine Tochter missbraucht hat. Hier kann die Bushido-Mitteilung so gelesen werden, dass er dazu auffordert, gegen solche Urteile vorzugehen anstatt gegen den Bambi für ihn zu protestieren. Das Gerichtsurteil in Braunschweig hat zwar nichts mit der Frage zu tun, ob ein Bambi für Bushido gerechtfertigt ist. Aber das Herstellen eines solchen Zusammenhangs zeigt die Art, und Weise wie Bushido versucht, öffentliche Meinung zu machen.

Unter dem Artikel steht nun diese “Anmerkung der Redaktion”:

In einer ersten Fassung des Textes wurde nur die zitierte Twitter-Nachricht von Bushido berücksichtigt, nicht aber die längere Fassung bei Facebook. Dank bildblog.de konnte der Punkt in die neue Fassung des Textes eingearbeitet werden.

Wer als Journalist Internet-Kommentare liest, kann also tatsächlich auch gleich auf Links klicken.

Filter, Angstlust, Herman Cain

6 vor 9

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1. “Dieses Vorgehen ist ein Skandal”
(nationofswine.ch, Daniel Ryser)
Fußball und Journalisten: Daniel Ryser spricht mit Peer Teuwsen über die “Blick”-Kampagne gegen einen Stadionbesucher, der sich mit einer Petarde selbst verletzte. Siehe dazu auch “Und das soll ‘Krieg’ sein?” (blog.persoenlich.com, Peer Teuwsen).

2. “Eine Facebook-Räuberpistole in der ‘Kronen Zeitung'”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Auch in der “Kronen Zeitung” steht etwas über Facebook und Einbrecher (BILDblog berichtete mehrfach).

3. “Welches Weltbild soll es denn sein?”
(faz.net, Jörg Wittkewitz)
Bei Wikipedia denke man über den Einsatz von Filtersoftware nach, schreibt Jörg Wittkewitz. “Genau die Befreiung, die in Nordafrika stattgefunden hat, könnte bei uns wieder zurückgedreht werden. Der Bilderfilter befriedigt die Angst konservativer Kräfte vor der Macht der bildlichen Darstellung von triebhaftem Geschehen.”

4. “Es macht Spaß, mir vorzustellen, dass alles zusammenbricht”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt nach über die moralische Verwerflichkeit seiner Angstlust: “Seit Monaten verfolge ich die Nachrichten über die Euro-Wirtschafts-Schuldenkrise. Ich lasse keine Talkshow aus. Ich lese jeden Artikel. Inzwischen ist mir klar, dass es mir Spaß macht. Es macht mir Spaß, mir vorzustellen, dass eine Monsterinflation kommt, dass alles zusammenbricht, dass wir vor einem Armageddon der Weltwirtschaft stehen.”

5. “Skandal! Affäre! Enthüllung!”
(ardmediathek.de, Video, 44:45 Minuten)
“Ihre Highlights aus 50 Jahren ARD-Politikmagazinen.”

6. “Oh, the Hermanity!”
(thedailyshow.com, Video, 6:38 Minuten)
Herman Cain, einer der möglichen republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten für 2012, stellt sich an einer Pressekonferenz dem Vorwurf sexueller Belästigung.

Charlie Hebdo, Petarden, Bushido

6 vor 9

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1. “Charlie Hebdo: Brandsatz gegen Satire”
(ndr.de, Video, 5:38 Minuten)
Ein Besuch in der Redaktion der Satirezeitschrift “Charlie Hebdo”, die nach einem Brandanschlag bei der Zeitung “Libération” Asyl gefunden hat. “Allein die katholische Kirche hat 14 Prozesse gegen die Zeitung geführt – alle hat sie verloren.”

2. “Gefühle als Vorwand”
(jungle-world.com, Frederik Stjernfelt)
Frederik Stjernfelt schreibt über die Rezeption des Brandanschlags: “Das niederträchtige Argument, ein Brandanschlag sei nicht weniger verwerflich als einige, wenn auch etwas geschmacklose Witze, entstammt einer Haltung, die sich unter vielen westlichen Intellektuellen und Kommentatoren in den vergangenen Jahren verbreitet hat, nämlich aus dem Verständnis für die vermeintlich ‘verletzten Gefühle der Muslime'”.

3. “Die ‘Petarden-Trottel’-Kampagne – ein Fall für den Presserat?”
(philippe-wampfler.com)
Beim Fußballspiel Lazio Rom gegen den FC Zürich explodiert einem mitgereisten Anhänger der Zürcher eine Petarde in der Hand. “Doch das hindert Benny Epstein nicht daran, den Mann an den Pranger zu stellen, Photos von ihm zu publizieren und seinen Arbeitgeber und seine Eltern zu belästigen”.

4. “Mediale Hysterie hat deutlich zugenommen”
(meedia.de, Alexander Becker)
Ein Interview mit Rainer Schäfer über den Druck von Journalisten auf Fußballer. “Es ist naiv zu glauben, dass eine Art Selbstverpflichtung der Medien funktionieren könnte. Es wäre aber schon viel erreicht, wenn alle ein wenig Druck aus der Berichterstattung nehmen könnten, wenn Kritik weniger polemisch und diskreditierend geäußert würde.”

5. “All die ganzen Schlageraffen dürfen da singen”
(juliane-wiedemeier.de)
Wie oft die RBB-Abendschau über ein kommerzielles Musical berichtet.

6. “Hass und Diskriminierung: Was Burda für preiswürdig hält”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Bushido soll heute Abend den Medienpreis Bambi in der Kategorie Integration erhalten (Begründungen der Jury). “Geehrt wird der Bushido, dessen Marketingstrategie für den Moment die Rolle des ‘good guy’ vorsieht.”

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