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Attacken gegen “Volksverpetzer”, KI, “Krone”-Kampagnen-Baukasten

1. Medienschaffende schützen
(djv.de, Hendrik Zörner)
Für das Jahr 2022 seien im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes 320 Straftaten erfasst worden, die sich gegen Medien richteten. Das gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) vorliegt. Der DJV fordert die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland auf, Gewalttaten gegen Journalistinnen und Journalisten konsequent zu verfolgen: “Gewalttaten gegen Medienschaffende sind kein Kavaliersdelikt. Die Behörden müssen hier entschieden handeln und Journalisten schützen”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

2. “Gezielter Angriff auf die Pressefreiheit”
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Der “Volksverpetzer” ist ein Blog, das sich in Faktenchecks unter anderem mit Falschmeldungen, Desinformation und rechten Narrativen auseinandersetzt. Damit macht sich das Projekt viele Feinde. So berichtete “Volksverpetzer”-Gründer Thomas Laschyk kürzlich von technischen Angriffen auf die Plattform, darunter DDoS-Attacken und koordiniertes “Review-Bombing”. netzpolitik.org hat mit Laschyk über die aktuelle Hasswelle gesprochen.

3. Gesellschaft für Freiheitsrechte geht mit Radio Dreyeckland gegen Durchsuchung der Redaktionsräume vor Gericht
(freiheitsrechte.org)
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt den unabhängigen Sender Radio Dreyeckland (RDL) bei dessen Beschwerde gegen die im Januar erfolgten Durchsuchungen sowie die Beschlagnahme von Laptops: “Die GFF unterstützt die Beschwerde von RDL, um klären zu lassen, ob das Setzen eines Links im Rahmen eines Presseberichts eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann und inwieweit die Rundfunkfreiheit der Durchsuchung von Redaktionsräumen und Mitarbeiterwohnungen entgegensteht. Sollte das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse bestätigen, will die GFF dagegen Verfassungsbeschwerde erheben.”

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4. Nichts gelernt: Der MDR und die ewige Intransparenz
(dwdl.de, Timo Niemeier)
“Spätestens nach 2022 sollte allen Verantwortlichen in der ARD bewusst sein, dass ein ‘weiter so’ nicht mehr funktioniert. Heute wählt der MDR-Rundfunkrat nun einen neuen Intendanten und sowohl die Gremien als auch der einzige Kandidat machen dabei keine gute Figur.” Bei “DWDL” kommentiert Timo Niemeier den bemerkenswert intransparenten Auswahlprozess der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt und das laute Schweigen der Beteiligten.

5. KI im Journalismus richtig nutzen
(verdi.de, Bärbel Röben)
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften hat ein Whitepaper über Künstliche Intelligenz im Journalismus veröffentlicht (PDF-Download): “Das Whitepaper liefert eine Bestandsaufnahme zum Thema KI und Journalismus und zeigt auf, welche neuen Möglichkeiten und Chancen, aber auch welche Herausforderungen und Grenzen dem Einsatz von KI-Systemen hierbei gesetzt sind.”

6. Eine Anleitung zur Krone-Kampagne in 6 Schritten
(kobuk.at, Tobias Kachelmeier)
Weil die Kampagnen der “Kronen Zeitung” in der österreichischen Medienwelt legendär seien, hat Tobias Kachelmeier eine Anleitung verfasst, mit deren Hilfe man in sechs Schritten eine erfolgreiche (aber schmutzige) Medienkampagne nach “Kronen”-Vorbild aufziehen kann.

KW 10/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Wie manipulativ ist “Germany’s Next Topmodel” und wird sich das je ändern?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 14:42 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast fragt Holger Klein den Rechtsanwalt Chan-jo Jun, ob die von “ProSieben bekloppt sind”. Hintergrund: Der TV-Sender hat in zwei Instanzen versucht, die diversen Manipulationsvorwürfe gegen die Sendung “Germany’s Next Topmodel” verbieten zu lassen. Dabei geht es auch um eine Kandidatin, die Opfer von Cybermobbing wurde und die von Chan-jo Jun rechtlich beraten wird.

2. In 6 Monaten ist das alles vorbei
(spotify.com, Gavin Karlmeier & Dennis Horn, Audio: 42:52 Minuten)
Im Podcast “Haken dran” tauschen sich Dennis Horn und Gavin Karlmeier regelmäßig über die neuesten Entwicklungen rund um Twitter aus. Twitter-Eigentümer Elon Musk scheint sich jede Mühe zu geben, den beiden immer wieder neuen Gesprächsstoff zu liefern. In der aktuellen Folge sprechen Horn und Karlmeier über eine mögliche Twitter-Alternative: “Meta arbeitet an einem twittermäßigen Ableger für Instagram: P92. Klingt wie eine Waffe, aber kommt sie auch zum Schuss? (Entschuldigung.)”

3. Smarte Kids? Kinder und digitale Medien
(arte.tv, Raphaël Hitier, Video: 52:41 Minuten)
In dieser Arte-Dokumentation spricht Regisseur Raphaël Hitier mit renommierten Wissenschaftlern und Ärzten über die Auswirkungen von Medienkonsum auf die Gehirne von Kindern und Jugendlichen. Neurologen und Suchtexperten aus den USA, Schweden, Frankreich, China und der Schweiz erklären, wie sich Zeichentrickfilme, Soziale Netzwerke und Videospiele auf die neuronale und psychische Entwicklung auswirken können. Ist die digitale Generation tatsächlich eine kranke Generation?

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4. Konstruktiv berichten
(soundcloud.com, M – Der Medienpodcast, Danilo Höpfner, Audio: 21:38 Minuten)
Bei “M – Der Medienpodcast” geht es um den sogenannten konstruktiven Journalismus: “Worum geht’s beim konstruktiven Journalismus? Gibt er Antworten auf gesellschaftliche, auch globale, Fragen? Zeigt er Lösungen auf, indem er nicht nur die Probleme in den Blick nimmt, sondern ein möglichst umfassendes Bild vom Geschehen zeichnet?” Darüber spricht Danilo Höpfner mit Sham Jaff, freie Journalistin in Berlin und Mitglied im Kuratorium des Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog.

5. Hype um Survival-Touren: im gefährlichsten Dschungel der Welt
(youtube.com, Y-Kollektiv, Katja Döhne, Video: 24:35 Minuten)
Die erfolgreiche Youtube-Produktion “7 vs. Wild” hat bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern das Interesse an Outdoor-Touren geweckt. “Y-Kollektiv”-Reporterin Katja Döhne hat sich einer Dschungeltour durch den Darién Gap angeschlossen, die von einem Unternehmen angeboten wird, das auch Mitveranstalter von “7 vs. Wild” ist. Schon der erste Part der zweiteiligen Reportage lässt erahnen, dass Döhne nicht mit allem zufrieden ist, was sie auf der Tour erlebt.

6. Not- und SpendengeiI: So lustig wird Tam-Dance-Despot Hornauer geprankt
(youtube.com, Walulis Daily, Video: 8:07 Minuten)
Bei “Walulis Daily” wird es mal wieder besonders schrill: “King Thomas dreht den Despoten-Swag auf! Wer nicht nach seiner Pfeife tanzt, fliegt raus. Wer gut tanzt, wird belohnt.” Gemeint ist der reichlich suspekte Thomas G. Hornauer, der inzwischen recht erfolgreich bei TikTok aktiv ist, dort aber auch getrollt wird.

10.000 Euro für Null Information, Ohne “Sinn und Form”, Lokales

1. 10.000 Euro Kosten für Null Information
(fragdenstaat.de, Aiko Kempen)
500 Euro soll die Transparenzinitiative “FragDenStaat” dem Land Baden-Württemberg für eine Behördenanfrage zahlen, die nicht mal beantwortet, sondern abgelehnt wurde: “Rund 140 Arbeitsstunden will Baden-Württembergs Innenministerium benötigt haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass es einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ablehnt – die Rechnung dafür sollen wir jetzt zahlen. Wir gehen juristisch dagegen vor.”
Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version war hier von 10.000 Euro die Rede. Dabei handelt es sich um den kalkulatorischen Gesamtaufwand der Behörde, der jedoch auf 500 Euro gedeckelt sei.

2. Medienhäuser dominieren auf YouTube
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck & jocca*)
netzpolitik.org hat untersucht, von welchen Quellen bei Youtube die Top-Suchergebnisse zu politischen Themen stammen. Bei den mit Abstand meisten Videos seien es die öffentlich-rechtlichen Sender und traditionelle Nachrichtenverlage, nur ein Bruchteil stamme von unabhängigen Youtubern. Einer dieser unabhängigen Inhalteproduzenten fühlt sich nun benachteiligt: “Hier werden Menschen diskriminiert, nur weil sie kein Medienhaus im Hintergrund haben.”

3. “Das Kleine im Großen”
(journalist.de, Jan Freitag)
Ulrike Heidenreich und René Hofmann leiten die Redaktion München, Region, Bayern der “Süddeutschen Zeitung” und sind damit nicht nur für das Große, sondern auch für das Lokale und Regionale zuständig. Im Interview mit dem “journalist” erzählen sie, dass das Lokale inzwischen das größte Ressort der “SZ” ist und keineswegs querfinanziert werden muss. Außerdem geht es in dem Gespräch um Strukturen und Inhalte der Berichterstattung: “Wir müssen nicht mehr auf jeder Gemeinderatssitzung präsent sein und die Sperrung jeder Sackgasse redaktionell begleiten.”

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4. Wissing hui, Lambrecht pfui – Werden Politikerinnen strenger beurteilt?
(ardaudiothek.de, Deutschlandfunk, Brigitte Baetz, Audio: 33:54 Minuten)
Eine Deutschlandfunk-Hörerin findet, dass die Politikerinnen der Ampel-Koalition in der medialen Berichterstattung viel härter angegangen werden als ihre männlichen Kollegen. Woran das liegen könnte, darüber diskutiert sie mit Nico Fried vom “Stern”, der Publizistin Bascha Mika und der Moderatorin Brigitte Baetz.

5. Zwischen Desinformationskampagne und Verschwörungsideologie
(belltower.news, Andrej Steinberg & Manja Vitter)
Wie am vergangenen Dienstag in den “6 vor 9” zu lesen war, hat die Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre über “demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine” herausgegeben. Darin analysieren die Autorinnen und Autoren verschiedene Narrative wie die angebliche Bedrohung russischer Minderheiten oder die Behauptung, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Der hier verlinkte Auszug aus der Publikation beschäftigt sich mit den “Fünf Methoden der Propaganda”. Die vollständige Broschüre kann als PDF heruntergeladen werden.

6. Ein Verlust für alle
(taz.de, Dirk Knipphals)
Das Landgericht Berlin hat der Akademie der Künste untersagt, die Kulturzeitschrift “Sinn und Form” weiter herauszugeben. Das helfe niemandem, findet Dirk Knipphals: “Nun ist das Gebot der Staatsferne tatsächlich unverzichtbar, weil nur so das Wächteramt der Presse und ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden können. Nur sind solche Zeitschriften wie Sinn und Form nicht in dem Sinne Presse, wie es die FAZ oder die Zeit, die SZ, Welt oder auch die taz sind.”

Bild.de zeigt Hinrichtung eines Menschen

Wenn auf der Bild.de-Startseite ein Artikel mit der Überschrift “Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein” zu finden ist und in der dazugehörigen Dachzeile steht: “SCHOCKIERENDES VIDEO AUS USA”, dann ist zu befürchten, dass die “Bild”-Redaktion eben dieses Video auch zeigt. Und genau so ist es: Bei Bild.de ist seit gestern zu sehen, wie ein Mensch regelrecht hingerichtet wird (auf jegliche Verlinkungen verzichten wir in diesem Fall bewusst).

Screenshot Bild.de - Schockierendes Video aus den USA - Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.)

Am Montag soll in St. Louis ein Mann einen anderen am helllichten Tag auf der Straße erschossen haben. Ein Passant hat einen Teil der Tat mit seiner Handykamera aus kürzerer Distanz, leicht versteckt gefilmt. Dieses Video hat die “Bild”-Redaktion in ihren Artikel eingebettet. Zu Beginn blendet sie einen Warnhinweis ein:

Screenshot Bild.de - Achtung gewaltsame Szenen

Anschließend ist eine Straßenszene zu sehen, in der ein Mann auf dem Bordstein sitzt. Ein anderer steht neben ihm und hantiert mit einer Waffe. Nichts ist verpixelt, nicht das Opfer, nicht der Täter. Nach kurzer Zeit streckt der stehende Mann den Arm aus und richtet die Waffe auf den Kopf des sitzenden Mannes. In diesem Moment friert bei Bild.de das Video ein (dieses Standbild ist auch die Aufnahme, die bei Bild.de auf der Startseite zu sehen ist, und die wir weiter oben unkenntlich gemacht haben). Die Tonspur des Videos läuft hingegen weiter, ein Schuss ist zu hören und die Aussage der filmenden Person: “Oh my God, he just fucking killed him.”

Was nicht in dem Video zu sehen ist, aber aus einem Polizeiprotokoll hervorgeht: Dem Opfer wurde vom Täter zuvor bereits in den Rücken geschossen. Der Mann sitzt völlig wehrlos auf dem Bordstein, während der Täter seine Waffe nachlädt. Es ist eine regelrechte Hinrichtung, die die “Bild”-Redaktion da zeigt. Und sie zeigt sie nicht nur einmal – in dem 1:21 Minuten langen Clip zeigt sie die Szene insgesamt dreimal. Es scheint dabei einzig um Sensationsgier zu gehen.

In einem recht ähnlichen Fall sprach der Deutsche Presserat im September 2020 eine Rüge gegen die “Bild”-Redaktion aus:

Als unangemessene Darstellung von Brutalität und Leid nach Ziffer 11 des Pressekodex beurteilte der Presserat das Video einer Tötungsszene. Unter dem Titel “Mann in New York aus Auto erschossen” zeigte BILD.DE, wie ein Mann beim Überqueren einer Straße erschossen wird und zu Boden fällt. Die Redaktion hatte das Fahndungsvideo vom Twitter-Account der New Yorker Polizei übernommen. Nach Ansicht des Presserats bediente das Video – in dem die Tötung wiederholt gezeigt wurde – reine Sensationsinteressen. Der ursprüngliche Fahndungszweck des Videos hatte in der deutschen Öffentlichkeit keine Bedeutung. Für die Presse gilt bei der Veröffentlichung von Ermittler-Material der Pressekodex, betonte der Beschwerdeausschuss.

Die “Bild”-Redaktion weiß von dieser Kritik, sie hat die Rüge damals unter dem entsprechenden Bild.de-Artikel wie vorgeschrieben veröffentlicht.

Ein Unterscheid zwischen dem aktuellen Video aus St. Louis und dem aus New York, für das Bild.de die Rüge bekommen hat: Während in dem New Yorker Fall das Video nach einem Schnitt auch die Szene nach dem Schuss und damit den Übelebenskampf des Opfers zeigt, friert das Video aus St. Louis bei Bild.de, wie gesagt, direkt vor der Schussabgabe ein. Allerdings sollte man das nicht als Rücksichtnahme auf Opfer und Leser-/Zuschauerschaft und als letztes Fünkchen Anstand der “Bild”-Mitarbeiter deuten. Im Originalvideo, das uns vorliegt, schwenkt die filmende Person genau in diesem Moment weg. Die Redaktion konnte also gar nichts weiter zeigen.

Betr.: “Drogen-Hölle”

Der Fall ist schon traurig und tragisch und schlimm genug: In Hagen soll ein fünfjähriger Junge von seiner Mutter über längere Zeit in einem Zimmer eingeschlossen worden sein. Die Ausstattung des Raums soll lediglich aus einer Matratze und einem Eimer für die Notdurft bestanden haben. Das Kind ist am vergangenen Sonntag aus dem Fenster und auf das Dach des viergeschossigen Hauses geklettert. Dort entdeckten es Nachbarn und alarmierten die Polizei, die den Jungen befreite. Das eingeschaltete Jugendamt nahm ihn daraufhin mit in eine städtische Einrichtung, brachte ihn allerdings am Montag wieder zurück in die Wohnung der Mutter und des Stiefvaters – offenbar aufgrund eines Fehlers. Am Dienstagmorgen ist das Kind dann vom Jugendamt wieder aus der Familie geholt worden.

Wie gesagt: Das alles ist schon schrecklich genug. Die “Bild”-Redaktion aber will es noch etwas schrecklicher haben:

Screenshot Bild.de - Er flüchtete über die Dachrinne vor seinen Eltern - Jugendamt bringt Jungen zurück in die Drogen-Hölle
(Links zu sehen ist ein gemeinsames Foto der Mutter, des Stiefvaters und des Kindes. Mehr zur Unkenntlichmachung des Fotos weiter unten im Text.)

Die “Drogen-Hölle”, von der Bild.de auf der Startseite spricht, soll aus “einigen Cannabispflanzen” bestehen. So steht es im dazugehörigen Artikel. Das erfahren allerdings nur jene, die mit ihrem “Bild-plus”-Abo hinter die Paywall schauen können. In einem weiteren Bild.de-Artikel (ebenfalls nur mit “Bild-plus”-Abo lesbar) wird es konkreter: Es soll sich um “drei Cannabispflanzen” handeln. Das erklärt die “Bild”-Redaktion also zu einer “Drogen-Hölle”. Es ist eine völlig unnötige Übertreibung zu diesem schlimmen Fall, die auch den sowieso schon heftigen Fehler des Jugendamts in der Schlagzeile noch mal heftiger wirken lässt.

Zur Bebilderung des Artikels nutzt Bild.de unter anderem ein gemeinsames Fotos des Jungen, der Mutter und des Stiefvaters. Die Gesichter der Erwachsenen hat die “Bild”-Redaktion verpixelt, den Jungen hat sie komplett mit einer weißen Fläche überdeckt. Die zusätzliche, großflächige Verpixelung stammt von uns. In der Bildunterschrift steht:

[Vorname und abgekürzter Nachname der Mutter] und [Vorname und abgekürzter Nachname des Stiefvaters] mit dem Kind am Tag ihrer Hochzeit. Um ihn zu schützen, nennt BILD den Namen des Jungen nicht

Das ist ja erstmal eine für die “Bild”-Redaktion überraschend weitsichtige Idee. Sie hat sie aber so gut wie gar nicht umgesetzt: Wenn Bild.de die Vornamen der Mutter und des Stiefvaters sowie den abgekürzten Nachnamen nennt und dazu ein Foto der beiden zeigt, auf dem zwar deren Gesichter verpixelt sind, sie aber beispielsweise aufgrund der Statur zumindest für Personen, die das Paar kennen, dennoch identifizierbar sind, dann dürfte diesen Personen auch direkt klar sein, um welches Kind es sich handelt.

Nur die “Bild”-Redaktion geht so vor – in keinem anderen Artikel zu dem Fall, den wir gesehen haben, wird ein Foto der beteiligten Personen gezeigt.

Mit Dank an Sabine P. für den Hinweis!

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“Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht”

Telegramkanalbetreiber Michael Wendler und dessen Ehefrau Laura Müller sollen Nachwuchs erwarten. Müller verdient ihr Geld unter anderem damit, Fans auf der Plattform OnlyFans für exklusive Fotos bezahlen zu lassen. Dort soll sie auch schon Aufnahmen ihres Babybauchs angeboten haben. Und dann gibt es ja noch die Frage nach dem Geschlecht des erwarteten Kindes.

Darüber schreiben auch Tanja May und Mark Pittlekau bei Bild.de. Und sie klingen geradezu schockiert, was Müller und Wendler alles so für Geld machen und vielleicht noch vorhaben:

Allein für ein Voting – wird Baby Wendler ein Junge oder ein Mädchen? – sollen Fans der beiden rund 11 Euro blechen. Auch alle weiteren Baby-Updates sollen kosten.

Kohle machen mit einem wehrlosen Kind. Oder wie May und Pittelkau schreiben:

Sogar das Baby-Geschlecht wollen sie jetzt zu Geld machen. BILD weiß schon, ob es ein Junge oder Mädchen wird!

So steht es bei Bild.de vor der “Bild-plus”-Paywall. Denn, ja, May, Pittelkau und “Bild” echauffieren sich nicht nur über die Geldmacherei der baldigen Eltern, sondern wollen auch selbst ein bisschen Geld mit dem Geschlecht des noch gar nicht geborenen Kindes verdienen: Nur wer für ein “Bild-plus”-Abo zahlt, erfährt, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden soll:

Screenshot Bild.de - Laura und der Wendler - Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht - Bild kennt es schon - der verlinkte Artikel befindet sich hinter der Bild-plus-Paywall

Vor vielen Jahren haben wir uns hier im BILDblog schon einmal gefragt, ob alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der “Bild”-Redaktion den sogenannten Spiegeltest bestehen würden, in dem untersucht wird, ob ein Lebewesen sich selbst in einem Spiegel erkennt und somit eine Selbstwahrnehmung besitzt. Diese Frage bleibt auch elf Jahre später aktuell.

Dass die “Bild”-Redaktion nach eigener Aussage “weiß”, “ob es ein Junge oder ein Mädchen wird”, ist angesichts der dünnen Faktenlage, die Tanja May und Mark Pittelkau in ihrem Artikel präsentieren, übrigens eine bemerkenswert selbstbewusste Behauptung. Das “Bild”-Duo schreibt, dass ein anonymer “Augenzeuge” Laura Müller und Michael Wendler beim Einkaufen gesehen habe, und dass die beiden werdenden Eltern etwas besorgt hätten, das man “fast nur” für eines der beiden Geschlechter kauft. Was genau das sein soll, wird nicht weiter spezifiziert. Jedenfalls ließe der Einkauf “höchstwahrscheinlich” auf das Geschlecht schließen, so der “Augenzeuge”. Das reicht bei “Bild”, um etwas zu “wissen”.

Ob es nun ein Junge oder ein Mädchen wird, das verraten wir hier natürlich nicht. Dafür müsst ihr schon unser kostenpflichtiges BILDblog-Babynews-Abo abschließen.

Kleiner Scherz. Es ist uns schlicht Wurscht und geht uns auch gar nichts an.

Mit Dank an Meike O. für den Hinweis!

Bei der Union völlig legitim, bei Rot-Grün ein Skandal

Es ist der 27. September 2021, am Tag zuvor hat Deutschland gewählt. Die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz ist stärkste Kraft, die Union mit Kanzlerkandidat Armin Laschet muss starke Verluste hinnehmen und landet auf Platz 2. Klar ist: Will man keine Fortsetzung der Großen Koalition, muss es ein Dreierbündnis mit den Grünen und der FDP geben. Aber wer wird es anführen: die Sozialdemokraten in einer Ampelregierung? Oder CDU/CSU in einem Jamaika-Bündnis? Beide Varianten sind rechnerisch möglich.

Der “Bild”-Redaktion ist es an diesem Morgen nach der Wahl jedenfalls ganz wichtig, der eigenen Leserschaft zu erklären, dass es völlig in Ordnung ist, wenn ein Zweitplatzierter, in diesem Fall die Union, später die Regierung anführt; und der Erstplatzierte, die SPD, in die Opposition muss:

Screenshot Bild.de - Auch der Zweitplatzierte kann eine Regierung bilden - wie einst Helmut Schmidt

Fakt ist: Das Jamaika-Bündnis kommt wie die Ampel auf eine klare Mehrheit im Parlament – Union und FDP bevorzugen diese Koalition. Fakt ist auch: Kein Gesetz verbietet es dem Zweitplatzierten, sollte es so kommen, eine Regierung anzuführen. 1980 gewann die Union gegen die SPD. Am Ende saß trotzdem Helmut Schmidt und nicht Helmut Kohl im Kanzleramt. (…)

Die SPD wird den Regierungsauftrag für sich beanspruchen. Dennoch hat auch Laschet weiter Chancen auf das Kanzleramt.

Es ist der 9. Februar 2023, heute. In drei Tagen soll in Berlin die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus stattfinden. Einer aktuellen INSA-Umfrage zufolge liegt die CDU klar vorn, die SPD auf Rang 2. Zusammen mit den Grünen und der Linkspartei könnten die Sozialdemokraten aber die derzeitige rot-grün-rote Koalition fortführen. Dazu könnten alle drei Parteien durchaus bereit sein. Die CDU müsste dann in die Opposition.

Der “Bild”-Redaktion ist es heute jedenfalls ganz wichtig, der eigenen Leserschaft zu erklären, dass es sich in diesem Fall um einen “Wahl-Klau” handeln würde:

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor
Ausriss Bild-Zeitung - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor

Erst das Wahl-Debakel! Und jetzt auch noch Wahl-Klau? (…)

In Umfragen hat die CDU mit Kandidat Kai Wegner (50) bis zu 6 Punkte Vorsprung auf SPD und Grüne. Würde bedeuten: Die CDU hätte den Regierungsauftrag.

Doch SPD und Grüne wollen das offenbar verhindern. Man wolle auch bei Niederlage mit der Linkspartei (aktuell bei 12 Prozent) ein Bündnis schmieden – und weiterregieren, heißt es aus beiden Parteien. Es gebe zahlreiche Beispiele, “wo die Regierungsbildung über einen Zweitplatzierten stattfand”, so Grünen-Frontfrau Bettina Jarasch (54) zu BILD.

Im Klartext: Rot-Rot-Grün will der CDU den Sieg klauen!

Das zeigt nicht nur, dass die “Bild”-Redaktion ein demokratisches Fähnchen im Wind ist und sich ihre Überzeugungen je nach beteiligter Partei strickt. Es kann auch brandgefährlich sein, den Leuten mit einem Begriff wie “Wahl-Klau” einzuhämmern, dass ein völlig legitimer und üblicher demokratischer Vorgang mindestens etwas Anrüchiges, wenn nicht gar etwas Verbotenes hat.

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Reichelts Youtube-Krawall, Mögliche Interessenkonflikte, Dreyeckland

1. Julian Reichelt auf Youtube: Das Krawall-Imperium des geschassten “Bild”-Chefs
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Sebastian Leber hat sich durch das Youtube-Œuvre von Ex-“Bild”-Chef Julian Reichelt geklickt. Sein Fazit nach einigen Stunden verstörender Medienrecherche: “Im Grunde verhält es sich mit Reichelt wie mit dem Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen: Man wüsste gern, ob der Typ schon so drüber war, als er noch Macht und Verantwortung hatte, oder ob er sich erst nach seinem Rausschmiss blitzradikalisierte.”

2. Gruner + Jahr vor dem Tag X ver.di fordert: “Das ganze Potenzial eines Verlags erkennen!”
(dju.verdie.de, Anja Keuchel)
Die Gewerkschaft Verdi fordert von Bertelsmann-Chef Thomas Rabe ein klares Bekenntnis zum Verlag Gruner + Jahr: “Das Damoklesschwert hängt schon zu lange über den Köpfen, entsprechend groß sind Frust und Wut. Das gilt auch für die vielen Kolleg*innen, die als Freie auf Rechnung journalistische Inhalte für die Zeitschriften liefern. Was immer Manager Rabe am Dienstag früh den Beschäftigten mitzuteilen hat, er weiß nun dies: Sie fordern Klarheit, Sicherheit und Perspektive.”

3. So gendern die Deutschen
(tagesschau.de)
Der WDR hat eine repräsentative Umfrage zum Thema Gendern in Auftrag gegeben. Den Ergebnissen zufolge sei einer Mehrheit eine geschlechtergerechte Sprache nicht so wichtig. Zwei Drittel der Befragten hätten die Doppelnennung (beispielsweise “Journalistinnen und Journalisten”) in der Berichterstattung befürwortet, andere Formen des Genderns würden dagegen weniger akzeptiert.

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4. Tamedia überspielt Strack-Zimmermanns Interessenkonflikte
(infosperber.de, Urs P. Gasche)
Urs P. Gasche wirft den Redaktionen der Schweizer Tamedia-Gruppe vor, die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann porträtiert zu haben, ohne deren militärpolitisches Engagement zu erwähnen: “Viele Leserinnen und Leser erwarten, dass grosse Medien wie Tages-Anzeiger, Der Bund, Berner Zeitung oder Blick über die engen Beziehungen von Marie-Agnes Strack-Zimmermann mit der Rüstungsindustrie nicht so oberflächlich oder bagatellisierend hinwegsehen, sondern sie transparent machen.”

5. Vorwurf der Ausforschung
(taz.de, Christian Rath)
Vor drei Wochen durchsuchte die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe den Freiburger Sender Radio Dreyeckland sowie zwei Privatwohnungen von Mitarbeitern des Senders. Anlass war ein Link zum Archiv von linksunten.indymedia.org in einem Beitrag auf der Sender-Website. Hintergrund: linksunten.indymedia.org war 2017 vom Bundesinnenministerium verboten worden, weil die Seite “nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen” zuwiderlaufe und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Das war damals vielfach kritisiert worden. Nun wehrt sich Radio Dreyeckland gegen die Auswertung der beschlagnahmten Technik und gehe dabei notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht.

6. Wie transparent sind TikTok und Co.?
(deutschlandfunkkultur.de, Vera Linß, Audio: 12:43 Minuten)
Das US-Magazin “Forbes” hat aufgedeckt, dass TikTok-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter über einen “Heating-Button” einzelne Videos auf der Plattform pushen und so dafür sorgen können, dass diese von mehr Nutzerinnen und Nutzern gesehen werden. Bei Deutschlandfunk Kultur kommentiert die freie Journalistin Karolin Schwarz das intransparente Thema.

Ohne Loser, aber mit Werbung für die Wunderwaffe gegen Hautalterung

Wenn vier prominente Frauen sich treffen, offen über ihr Single-Dasein plaudern und von ihrer Männersuche erzählen, dürfte das für ein Boulevardmedium ein großes Geschenk sein. Selbstverständlich hat sich “Bild”-Chefreporterin Iris Rosendahl diese Geschichte nicht entgehen lassen:

Screenshot Bild.de - Ruland, Ahrens, Halmich und Bülter im Girls-Talk - Wir wollen keine Loser

Sie gehen zusammen auf Partys, fahren teils zusammen in den Urlaub und sind seit vielen Jahren miteinander befreundet: die Schauspielerinnen Tina Ruland und Mariella Ahrens, Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich und Moderatorin Tanja Bülter.

Und alle eint, dass sie aktuell Single sind. Sie lachen, tuscheln und rechnen, als BILD am SONNTAG die vier darauf anspricht. Dann steht das Ergebnis fest. “Zusammen sind wir 15 Jahre Single”, sagt Tina Ruland.

Vorab musste natürlich noch die Frage geklärt werden, wo das Lach-und-Tuscheltreffen stattfinden könnte. Aber auch dafür gab es eine Lösung:

Zusammen machte das Berliner Freundinnen-Quartett einen Ausflug nach Werder (Havel, Brandenburg) (…) Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Praktisch.

Ohne unsere Auslassung lautet die Passage im Bild.de-Artikel übrigens so:

Zusammen machte das Berliner Freundinnen-Quartett einen Ausflug nach Werder (Havel, Brandenburg), testete dort ein neuartiges Anti-Aging-Lasersystem PicoSure Pro (eins von drei in Deutschland!) in der Privatpraxis von Dr. med Jasmin Last. Hollywood schwört bereits auf die Wunderwaffe im Kampf gegen die Hautalterung.

Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Im gesamten Beitrag gibt es keine einzige inhaltliche Verbindung zum “neuartigen Anti-Aging-Lasersystem”, keine zu der Privatpraxis, zum Thema Hautalterung oder zur “Wunderwaffe im Kampf” dagegen. Zu Hollywood gäbe es die Verknüpfung, dass mit Tina Ruland und Mariella Ahrens zwei Schauspielerinnen in der Runde dabei sind, und in Hollywood auch geschauspielert wird. Das wäre es dann aber auch. Es gibt nur diese zwei Absätze, die so überraschend und brachial daherkommen, dass man wohl nicht mehr von Schleichwerbung, sondern von Trampelwerbung sprechen müsste. Dazu noch ein Foto der vier Freundinnen und der Ärztin, die lächelnd um das “eins-von-drei-in-Deutschland-!”-Lasersystem stehen, von der “Bild”-Chefreporterin eigenhändig aufgenommen:

Screenshot Bild.de - Foto von Ruland, Ahrens, Halmich und Bülter neben der Ärztin und der  mit der Bildunterschrift - Die Freundinnen testeten das Anti-Aging-Lasersystem PicoSure Pro bei Dr. med. Jasmin Last (35, ganz links). Die Ärztin für Ästhetische Medizin zu BamS: Wer mit seinem eigenen Gesicht verzögert und natürlich älter werden möchte, ist bei mir richtig. Der Laser hilft bei der Hautverjüngung, Narben und Pigmentreduzierung.

Nach dem eingeschobenen, nicht gekennzeichneten Werbeblock für die Praxis geht es zusammenhangslos wieder um die Partnersuche der vier Promi-Frauen:

(…) Hollywood schwört bereits auf die Wunderwaffe im Kampf gegen die Hautalterung.

Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Gegen einen neuen festen Partner hätten aber alle vier nichts einzuwenden. Doch der muss auch ins Profil passen.

Und so weiter.

In der gedruckten “Bild am Sonntag” ist der Artikel ohne die Passage zu “PicoSure Pro” und das Foto erschienen. Dort geht es nur um die vier Freundinnen und ihr Single-Leben.

Mit Dank an Bastian für den Hinweis!

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“Bild”-Bericht teils rechtswidrig, Im Dienste ihres Kanzler, Rote Armee

1. Bild-Bericht über Tod von Lisa Mar­tinek teils rechts­widrig
(lto.de)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass Trauer und Angst um einen nahen Angehörigen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sind. Eine Berichterstattung über eine solche Gefühlslage verletze das Persönlichkeitsrecht des Angehörigen auch dann, wenn seine Gefühlswelt nur “zwischen den Zeilen” wiedergegeben werde. Gleichzeitig kann ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den Umständen des Todes eines Menschen bestehen. Zum Hintergrund: Ein Kläger, der Ehemann der verstorbenen Schauspielerin Lisa Martinek, hatte den Axel-Springer-Verlag auf Unterlassung der “Bild”-Berichterstattung über den Tod seiner Frau verklagt und vom BGH teilweise Recht bekommen.

2. Im Dienste ihres Kanzlers
(taz.de, Sebastian Erb)
Die Digitalkonferenz “Republica” konnte im vergangenen Jahr einen prominenten Gast gewinnen: den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz. Die bekannte Moderatorin Linda Zervakis sprach mit ihm über “Digitalpolitik in Zeiten des Umbruchs”. Im Nachhinein wurde Kritik laut, dass das Gespräch zu freundlich und unkritisch gewesen sei. Nun stellt sich heraus, dass Zervakis offenbar direkt vom Kanzleramt und nicht vom Veranstalter der Konferenz ausgewählt und als Moderatorin des Talks engagiert wurde.

3. US-Behörden werfen Iran geplanten Auftragsmord an Journalistin vor
(zeit.de)
Die US-Justizbehörden haben die Festnahme von drei Männern bekannt gegeben, die an einem vom Iran unterstützten Mordkomplott gegen die Journalistin Masih Alinejad beteiligt gewesen sein sollen. Die drei Männer seien Mitglieder einer osteuropäischen kriminellen Vereinigung mit Verbindungen zum Iran. Alinejad, die in der Vergangenheit iranische Frauen ermutigt hatte, ihr Kopftuch abzulegen, werde von iranischen Behörden die “Verbreitung von Hass” vorgeworfen.

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4. Wie Big Oil mit Big Tech Klima-Desinformation streut
(futurezone.at, Tina Wirnsberger)
Das Bündnis Climate Action Against Desinformation hat einen Bericht veröffentlicht (PDF), der gezielte Klima-Desinformation während der UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh (COP27) aufdecke. Der Bericht zeige, dass Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe während der COP27 rund 4 Millionen US-Dollar in bezahlte Werbung auf Facebook und Instagram investiert hätten, um irreführende Behauptungen über die Klimakrise zu verbreiten.

5. Moderatorin verwechselt Rote Armee mit RAF
(spiegel.de)
Nachrichtenmoderatorin Franca Lehfeldt hat mit einem Fehler zum Holocaust-Gedenktag für Spott und Häme gesorgt. Sie sagte beim TV-Sender “Welt”: “Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz”, was nicht korrekt ist, denn es handelte sich bei den Befreiern um Soldaten der UdSSR, also die Rote Armee, und nicht um die erst deutlich später gegründete linksextremistische Terrorgruppe Rote Armee Fraktion. Lehfeldt ist “Welt”-Chefreporterin und mit dem FDP-Bundesvorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner verheiratet.
Weiterer Lesetipp: Lehfeldt klagt über “Welle von Häme und Sexismus” (dwdl.de, Alexander Krei).

6. “Ich bin ein Star” und die Hodendämmerung im Dschungel
(dwdl.de, Peer Schader)
“Nach 16 ‘Ich bin ein Star’-Staffeln wirkt nicht nur die Inszenierung der berüchtigten Essensprüfungen völlig aus der Zeit gefallen; auch der Effekt des Verzehrs von Schweinepenis, Krokodilaugen und Bullenhoden hat sich längst erschöpft.” Peer Schader plädiert dafür, die Ekelprüfungen beim “Dschungelcamp” abzuschaffen und wendet sich direkt an RTL: “Hör endlich auf mit den überflüssigen Essensprüfungen. Sonst bleibt dir vielleicht aus Versehen irgendwann vor lauter Gewiehere der vegane Räucherlaxx deines Sponsors im Halse stecken.”
Lesenswert ist auch Imre Grimms Beitrag “Wie RTL nett werden wollte – und grandios scheiterte”: “RTL wollte endlich weg vom alten Krawallimage: Man schmiss Dieter Bohlen raus und förderte freundliche Formate. Jetzt ist Bohlen wieder DSDS-Chef – und auch im Dschungel ist Radau wie immer. Stattdessen musste der Mann gehen, der das ‘neue RTL’ erfand.” (rnd.de)
Und noch ein Hörtipp: Im “Übermedien”-Podcast sprechen Holger Klein und Samira El Ouassil über Dieter Bohlens “Rückfall ins sexistische Steinzeitfernsehen bei DSDS” (Audio: 34:47 Minuten). Hörenswert auch wegen El Ouassils vielen guten Gedanken zur Entwicklung des Trash-TV.

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