Suchergebnisse für ‘Julian Reichelt’

Wahlsoftware-Debakel, Cato der Neurechte, Schweizer Kaffee

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1b. Die Bundestagswahl kann manipuliert werden
(zeit.de, Kai Biermann & Holger Stark)
Noch im Januar sagte der Bundeswahlleiter, man habe die Bundestagswahl technisch so abgesichert, “dass sie gegen alle Manipulationsversuche geschützt ist”. Nun sind einem 29-jährigen Informatiker, der gerade seinen Master an der Uni Darmstadt macht, besorgniserregende Schwachstellen bei der Software „PC-Wahl“ aufgefallen, die eine Manipulation der Bundestagswahl möglich machen. Die „Zeit“ hat daraufhin Experten vom Chaos Computer Club (CCC) gebeten, die Qualität von “PC-Wahl” zu prüfen. Mit doppelt erschreckendem Ergebnis, denn die Hacker halten auch die mittlerweile eingeleiteten Gegenmaßnahmen für wirkungslos.
Weitere Informationen liefert der netzpolitik.org-Beitrag “Wahlmanipulation für Anfänger: Auswertungssoftware hat Sicherheitsprobleme”

2. Stürme von gestern
(sueddeutsche.de, Johan Schloemann)
„Cato“ heißt das neue Magazin, das sich mit einer Startauflage von 50.000 Exemplaren vornehmlich an eine rechtskonservative Leserschaft wendet. Das Blatt komme vordergründig “nicht als lautes Kampfblatt daher, sondern als kultivierte, sinnliche Sammlung von Essays, Features und Feuilletons.” Hinter der gediegenen Hülle würden allerdings führende Köpfe der neuen Rechten stecken. Johan Schloemann dröselt die besorgniserregenden Verbindungen auf.
Weitere Leseempfehlung: Andreas Speits Beitrag in der „taz“ “Wie einst in Rom”

3. Russische Drahtzieher sollen bei Facebook Anzeigen geschaltet haben
(spiegel.de)
Facebook hat 470 mutmaßlich russische Konten gesperrt, die im US-Wahlkampf rund 3.000 Anzeigen mit politischen Botschaften geschaltet haben. Das sei bei einer tiefer gehenden Untersuchung zum russischen Einfluss auf die US-Präsidentenwahl festgestellt worden, so Facebook in einem Blogeintrag.

4. Wie Tschechien gegen Fake News kämpft
(de.ejo-online.eu, Zuzana Veselková)
Auch Tschechien ist von “Fake News” betroffen: Laut einer Studie glaube ein Viertel der Tschechen pro-russischen Falschmeldungen. Zuzana Veselková erklärt die Hintergründe und erzählt, wie Regierungsstellen und private Initiativen gegen die Propaganda angehen.

5. Tagesschau als Sprachrohr des Cafetier-Verbands
(infosperber.ch, Urs P. Gasche)
In der Schweiz sorgt ein „Tagesschau“-Beitrag des SRF für Empörung: Statt seriöser Nachrichten habe die Schweizer „Tagesschau“ einen zweieinviertel-minütigen Beitrag produziert, den die PR-Abteilung des „Cafetier-Verbands“ (eine Lobbyvereinigung Schweizer Gastronomen) nicht besser hätte selber machen können, wie Urs P. Gasche kritisiert.

6. Der blaue Riese treibt die Medien vor sich her
(medienwoche.ch, Nick Lüthi)
Facebook versucht, immer weitere Bereiche unseres sozialen Alltags zu erobern. Aktuell über einen fest verankerten Button zum „Marketplace“. Der Vorstoß bedroht nicht nur Plattformen wie Ebay, sondern sei auch eine potentielle Gefahr für Medienhäuser, so Nick Lüthi: „Das vor noch nicht so langer Zeit für teures Geld zurückgekaufte Anzeigengeschäft droht den Verlagen ein zweites Mal verloren zu gehen, diesmal einfach digital.“

AfD-Stöckchen, Reichweiteneinbruch, Linksbashing

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1b. Wieso die Medien mal wieder über das AfD-Stöckchen springen
(welt.de, Christian Meier)
Mit Wonne haben sich die Medien auf den vorzeitigen Abgang der AfD-Spitzenkandidatin Weidel aus einer Talkshow gestürzt. Ähnlich wie einige Zeit zuvor, als Wolfgang Bosbach (CDU) empört ein Fernsehstudio verließ. Eklats wie diese würden von den Medien endlos ausgeschlachtet und nur ihren Initiatoren helfen, so Christian Meier auf Welt.de. Wir hatten hier im BILDblog zuvor schon mit einer ganz ähnlichen Überschrift über den Weidel-Auftritt und die medialen Reaktionen darauf berichtet.
Weiterer Lesetipp: Der “Faktenfinder”-Artikel “Mut zur Wahrheit?” über die falschen Weidelschen Zahlen.

2. Satire im Parlament
(nebgen.blogspot.de, Christoph Nebgen)
Wer “Die Partei” wählt, verachte Politik, hieß es jüngst in einem Kommentar auf “Bento” (“Mich regt der Hype um ‘Die Partei’ auf!”) Dem widerspricht Rechtsanwalt Christoph Nebgen in seinem Blog. Es sei Merkmal des demokratischen Rechtsstaates, dass man wählen könne, wen man wolle, soweit er zur Wahl zugelassen sei. “Es gibt übrigens sogar eine negative Wahlfreiheit: Ich brauche gar nicht zu wählen. Auch wenn diejenigen, die die negative Wahlfreiheit nutzen, von anderen gerne diskreditiert werden.” Abgesehen davon könne eine unkonventionelle Gegenkraft zur AfD nützlich sein: “Das könnte eine Kraft sein, die sich derselben Mittel unter umgekehrten Vorzeichen bedient, und das macht “Die Partei” bisher nicht schlecht. Wenn sie es schaffen könnte, auf diese Weise den rechten Unfug etwas im Zaum zu halten, wäre auch politisch viel gewonnen.”

3. Reichweiteneinbruch: Engagement auf Facebook um 20 Prozent gesunken
(onlinemarketing.de, Anton Priebe)
Facebook-Seitenbetreiber haben es immer schwerer, wahrgenommen zu werden: Das Netzwerk beschneidet die Reichweite der Publisher stetig weiter. Das Soziale Netzwerk habe jedoch kaum eine andere Wahl, wie Anton Priebe unter Hinweis auf die aktuellen Zahlen schreibt. Das stetig wachsende Mehr an Content bedeute zwangsweise auch weniger Reichweite für alle, denn die Aufmerksamkeit der User wie auch der Platz im Newsfeed sei begrenzt. Ein Ausweg für Publisher könnte Video-Content sein, an dem Facebook derzeit besonders interessiert sei.

4. Mit dem Zweiten basht es sich besser
(taz.de, Lisa Ecke)
Die „taz“-Autorin Lisa Ecke beschäftigt sich mit der „ZDFinfo“-Doku „Radikale von Links — Die unterschätzte Gefahr“. Der Film kreiere das Szenario eines vom Linksextremismus bedrohten Deutschlands und relativiere rechte Gewalt. Wichtige Zahlen seien falsch, und mehrfach würden die heutigen Linksradikalen mit der RAF in Zusammenhang gebracht, wohl um auf eine angebliche Brisanz des Themas hinzuweisen.

5. Einreiseverbote und Internetsperren keine Lösung
(reporter-ohne-grenzen.de)
„Reporter ohne Grenzen“ ruft die Konfliktparteien in der Ukraine auf, Journalisten frei und ungestört berichten zu lassen: „Wie beide Seiten in diesem Konflikt mit Journalisten umgehen, ist absolut unverhältnismäßig. Uns ist klar, dass der Krieg in der Ukraine auch mit Worten geführt und angeheizt wird, aber das rechtfertigt nicht, Journalisten zu verfolgen, nur weil sie für bestimmte Medien arbeiten oder eine politisch unbequeme Meinung vertreten. Reporter auszuweisen oder ins Gefängnis zu werfen und Medien oder Webseiten einfach zu verbieten, kann in einer offenen, demokratischen Gesellschaft keine Lösung sein.“

6. Abgang nach Maas
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Lukas Heinser hat sich mit einem vernachlässigten Aspekt des Talkshow-Abgangs von AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel beschäftigt: der Qualität der schauspielerischen Darstellung. Es gäbe rund 7,1 Milliarden Menschen, die bessere Schauspieler seien. Fünf davon hat er besonders gewürdigt und zeigt Beispiele ihres (Nicht-)Könnens. Es beginnt mit Til Schweiger und endet mit Berti Vogts …

Beschiss-Radio, Belaberte Leere, Böhmermann vs. Bundeskanzlerin

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1b. Privatradio bigFM fälscht SWR-Nachrichten
(uebermedien.de, Mario Köhne)
Der private Stuttgarter Radiosender bigFM macht immer wieder durch zweifelhafte Marketingaktionen auf sich aufmerksam. Letztes Jahr hatte man zum Beispiel das alte Skandal-Rezept eines dänischen Senders kopiert und eine Live-Tötung eines Kaninchens vorgetäuscht. Nun hat sich der bigFM-Moderator Rob Green eine neue Aktion einfallen lassen: Einen, im wahrsten Sinne des Wortes, vorgespielten Abwerbeversuch einer SWR-Jugendwelle-Moderatorin. “Fair radio”-Autor Mario Köhne ist der Sache nachgegangen und konstatiert: “Was da bei bigFM am Montag passierte, ist von vorne bis hinten inszeniert — eine Fälschung.”

2. Böhmermann droht Merkel mit Klage
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Jan Böhmermann hat seinen Anwalt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer Klage drohen lassen, sollte sie ihre öffentlich getätigte Bewertung des Erdogan-Schmähgedichts nicht zurücknehmen. Merkels Kritik sei rechtswidrig gewesen, da sie für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen und damals bereits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen Beleidigung eingeleitet gewesen sei. Sollte Merkel nicht die verlangte Stellungnahme abgeben, sei der Gang vor das Verwaltungsgericht geplant.

3. „Cambodia Daily“ geschlossen
(taz.de, Michael Lenz)
Die Medienlandschaft Kambodschas galt trotz vieler Kritikpunkte lange Zeit als eine der freiesten in Südostasien. So genossen die beiden englischsprachigen Tageszeitungen “Phnom Penh Post” und “Cambodia Daily” die letzten 25 Jahre weitgehende Pressefreiheit. Nun hat Premierminister Hun Sen die Schließung von “Cambodia Daily” angeordnet. Als Grund wurde eine angebliche Steuerschuld genannt. Michael Lenz erklärt in der “taz” die Zusammenhänge.

4. Streik beim MDR sorgt für diverse Programmausfälle
(dwdl.de, Alexander Krei)
Ein Streik in der Leipziger MDR-Sendezentrale, zu dem die Gewerkschaften DJV und ver.di aufgerufen hatten, sorgte für einen großflächigen Ausfall des vorgesehenen Programms: Über weite Strecken des Tages musste der Sender auf Programm aus der Konserve zurückgreifen. Der Streik, an dem sich nach “ver.di”-Angaben 200 Mitarbeiter beteiligt hatten, wirkte sich auch auf das Hauptprogramm der ARD aus.
Weiterführende Informationen zum Anliegen der Gewerkschaft: ver.di im MDR (Facebook) bzw. ver.di im MDR (Webseite)

5. Anne Will – Jung & Naiv: Folge 324
(youtube.com, Tilo Jung, Video 1:34 Stunden)
Tilo Jung (“Jung & Naiv”) hat sich mit der ARD-Talkerin Anne Will zum Interview getroffen. In den 90 Minuten geht es hauptsächlich um ihre Talkshow. Um nur einige der Fragen des Gesprächs zu nennen: “Ist die Sendung für sie Unterhaltung oder Journalismus? Welche Rolle nimmt sie ein? Hat sie eine eigene Agenda? Gibt es für jede Show eine Dramaturgie? Wie werden die Gäste ausgewählt? Kann es eine Diskussion zwischen “Meinungsrobotern” geben? Welche Themen sind “Quotengift”, welche sind Quotengold? Hat ihre Sendung eine Mitverantwortung für den Aufstieg der AfD? Hat Anne vertraglich geregelte Quotenvorgaben von der ARD? Verdient sie wirklich so fürstlich? Warum ist Angela Merkel immer nur allein in ihrer Talkshow?”

6. Der wahre Dauergast ist die belaberte Leere
(sueddeutsche.de, Hans Hütt)
Laut Hans Hütt folgen politische Gesprächsrunden im deutschen Fernsehen festen Regeln. Für freies Denken sei kein Platz mehr, den Sendungen würde eine subtile, aber strikte Dramaturgie zugrunde liegen. Hütt untermauert seine Beobachtung mit “acht Regeln für erfolgreichen Talkshow-Bullshit”.

Katastrophenduell, Lügenspezialist AfD, Fernsehgesicht Nordkoreas

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1b. “Die Sendung war ziemlich katastrophal”
(deutschlandfunkkultur.de, Falk Richter & Liane von Billerbeck)
Das Kanzler-Duell vom Sonntag beherrscht immer noch die Medien. Im “Deutschlandfunk” kritisiert Theaterregisseur Falk Richter das defensive Verhalten von Herausforderer Martin Schulz. Stefan Niggemeier macht auf “Übermedien” als Gewinner des Talks die AfD aus und weist den Journalisten die Schuld dafür zu: “Verlierer ist die öffentliche Debatte, die aus Angst vor der AfD deren Thesen, Positionen und Perspektiven übernimmt.” Marvin Schade kritisiert bei “Meedia” den Sat1-Moderator Claus Strunz, der durch Verkürzungen, Pauschalisierungen und tendenziöse Fragen aufgefallen sei.

2. Wie die AfD gezielt Lügen verbreitet
(blog.zeit.de, Christian Fuchs)
Mitte August kritisierte die “Zeit” die umstrittene Wahlbeobachter-Mission einiger AfDler in Osteuropa: “Unabhängig sind diese Missionen nicht — sie dienen den Expansionsfantasien des Kreml.” Im “Zeit”-Blog gibt es eine Art Fortsetzung des Beitrags, denn die AfD hat die Recherche scharf kritisiert und Behauptungen aufgestellt, für die es jedoch keine Belege gebe. Investigativreporter Christian Fuchs hat mehrere Anläufe zur Klärung unternommen und konstatiert: “Mit Kälte und Unverfrorenheit beharrt die AfD auf ihrer Behauptung, sie leugnet die Fakten.”

3. Die Asche auf dem Haupt der alten Tante
(nzz.ch, Frank Sieber)
Mit einer gehörigen Portion Selbstironie geht Frank Sieber auf die größte Schwachstelle in Redaktionen ein: Den Menschen. Zur Demonstration hat er einige “Zeugnisse des Versagens” aus dem NZZ-Archiv gekramt: “Eine kleine, schamvolle Zusammenstellung mit Gelegenheiten für Sie zu beweisen, dass Sie es besser wissen.”

4. Interviewreihe: Wer spielt hier falsch?
(journalist-magazin.de)
Das Medienmagazin “journalist” geht zusammen mit Studierenden der Kölner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMWK) dem Thema „Fake News“ nach. Dazu hat man eine Interviewreihe mit Spezialisten gestartet, die derzeit acht Gespräche umfasst.

5. Das Fernsehgesicht Nordkoreas
(sueddeutsche.de, Christoph Giesen)
Die 74-jährige Nachrichtensprecherin Ri Chun-hui ist das Fernsehgesicht Nordkoreas. Seit 1971 trägt sie beim staatlichen Sender Korean Central Television (KCTV) die Nachrichten vor, stets in traditionell koreanischer Tracht und farblich meist dem jeweiligen Anlass angepasst. Ihre Ansagen würzt die ältere Dame mit Kraftausdrücken und rassistischen Entgleisungen: Die Amerikaner nennt sie dann schon mal “Bastarde”, Ex-Präsident Barack Obama ist für sie der “schwarze Affe”.

6. Liebe Journalisten…
(truckonline.de, Maik Erdmann)
Trucker Maik Erdmann kommentiert die Berichterstattung der “Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen” über eine LKW-Stilllegung. Er hat sich das Bild des stillgelegten LKW angeschaut und ist über einige Widersprüche und Auffälligkeiten gestolpert. “Was für eine Bordwand? Diese Auflieger haben keine Bordwände. Wenn doch, habe ich meine irgendwo verloren. Scheiße!”

TV-Duell-Nachlese, AfD-Kaperung, BKA-Daten-Desaster

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1b. Große kress.de-Übersicht: Die wichtigsten Kommentare zum TV-Duell
(kress.de, Bülend Ürük)
Wie bewerten die Chefredakteure der großen und kleinen Medien den Ablauf des gestrigen TV-Duells zwischen Angela Merkel und Martin Schulz? “kress.de” hat die Reaktionen der Medienmacher gesammelt und in einer großen Übersicht zusammengefasst. Weitere Lesetipps:
Die Angst der Moderatoren vor dem Mob (“SZ”)
„Wir haben Koalitionsverhandlungen gesehen“ (“FAZ”)
Legen wir uns wieder hin (“Spiegel”)

2. „Die Partei“ kapert 31 geschlossene Facebookgruppen von AfD-Fans
(blog.zeit.de, Tobias Dorfer)
Die Satirepartei “Die Partei” hat nach langer Vorbereitung mehr als 30 AfD-nahe Facebook-Gruppen übernommen. Die Gruppen wurden anscheinend bereits vor elf Monaten infiltriert. Nach Erlangung der Administratorenrechte konnten die neuen Admins die ursprünglichen Gründer rausschmeißen und die Gruppen umbenennen. Die Aktion wird vor allem bei Anhängern und Sympathisanten der Spaßpartei gefeiert, es gibt aber auch Kritik. So bezeichnet Sascha Lobo die Kaperung als lustig, aber kontraproduktiv: “Demokratisch kämpfen gegen die AfD? Unbedingt. Aber nicht auf eine Art, die nichts bedeutet als Unterhaltung für diejenigen, die ohnehin auf die AfD herabsehen und trotzige Aktivierung derjenigen, die ihr nahestehen.”

3. Geduld ist jetzt die falsche Forderung
(deutschlandfunk.de, Gerwald Herter)
Die Panne beim G20-Gipfel habe gezeigt, dass die Datenbanken des BKA dringend neu organisiert werden müssen, kommentiert Gerwald Herter im “Deutschlandfunk”. Bereits 2012 hätten Untersuchungen ergeben, dass teilweise bis zu 90 Prozent der Einträge über politisch motivierte Kriminelle rechtswidrig oder falsch waren. Geduld sei jetzt die falsche Forderung. Einfach werde es jedoch nicht: “Das INPOL-Daten-Desaster zeigt, wie schwierig es sein kann, Datenbanken zu pflegen, wenn Informationen von vielen verschiedenen Stellen eingegeben werden. Auf europäischer Ebene dürfte das noch schwieriger werden, angesichts von Sprachproblemen und unterschiedlichen Standards.”

4. Deutsches “Mad” wird 50: Zappadoing!
(tagesspiegel.de, Marc Vetter)
Die deutschsprachige Ausgabe der Satirezeitschrift “Mad” feiert dieses Jahr ihren fünfzigsten Geburtstag. Marc Vetter zeichnet die Geschichte des Kultmagazins nach, von den Anfängen in den 1960ern, den goldenen 1980ern mit Auflagen von mehr als 300.000 Exemplaren und dem Sinkflug in die Jetztzeit, in der das Gaga-Magazin nur noch quartalsweise erscheint und nur noch etwa 12.000 Leser findet. Sollte es nicht wegen einer Lizenzpanne zurückgerufen und eingestampft worden sein, wie gerade beim aktuellen August-Heft.

5. Skandal um 1Live-„Experiment“: WDR-Erklärung verhöhnt Homosexuelle
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Johannes Kram hat sich über eine Sendung der WDR-Jugendwelle “1Live” gleich doppelt geärgert: Zuerst über die nach seiner Meinung nach misslungene Grundidee und fehlerhafte Konstruktion der Sendung “Lesbe trifft Homo-Ehe-Gegnerin”. Und dann über die sich anschließende Erklärung des WDR. Kram fragt: “Ist es auch ein „Argument“, einem Juden zu sagen, dass das, was er ist, Sünde ist, ist es auch ein Argument einem Schwarzen zu sagen, er müsse ja nicht schwarz sein, wenn er nicht wolle. Wieso denken sie, dass sie das mit einer Lesbe machen können, wie können sie auch nur auf die Idee kommen, hier von „Lebensmodellen“ zu sprechen, die sich „begegnen“? Wo bitte ist der Erkenntnisgewinn?”

6. Kurzgesagt – In a Nutshell: Mit Erklärvideos zum zweitgrößten Youtube-Channel aus Deutschland/
(omr.com, Torben Lux)
Im “OMR”-Podcast erklärt Youtuber Philipp Dettmer, wie es ihm gelungen ist, 4,6 Millionen Abonnenten für seinen Youtube-Kanal “Kurzgesagt – In a Nutshell” zu gewinnen, warum er auf die sogenannte “Keyword-Optimierung” verzichtet und weshalb er sich keinem Multi-Channel-Network angeschlossen hat.

Parteienanalyse, Wirkungslose TV-Duelle, Lady-Di-Besessenheit

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1b. So nah stehen sich die Parteien – und so nah ihre Kandidaten
(morgenpost.de/interaktiv)
Die in Sachen Datenjournalismus überaus aktive und mehrfach ausgezeichnete “Berliner Morgenpost” hat auf Grundlage von Wahl-O-Mat und Kandidaten-Check die Positionen der Parteien analysiert und visualisiert. Schnell wird offensichtlich, welche Parteien sich nahestehen und wo wenig Übereinstimmungen bestehen. Weiterer Surftipp: Das Video “Doll erklärt” (4:40 Minuten) zeigt, an wen sich der Wahl-O-Mat eigentlich richtet und wo die Schwächen liegen.

2. G20-Journalisten: Die sollen gefährlich sein?
(ndr.de, Pascal Siggelkow)
Beim G20-Gipfel wurde einer ganzen Reihe von Journalisten die bereits erteilte Akkreditierung wieder entzogen. Nachdem vor Ort kein Grund für den Entzug zu erfahren war, erkundigten sich viele Journalisten schriftlich nach den Gründen. Nach und nach trudeln bei den Betroffenen nun die Antworten des BKA ein. „Zapp“ liegen die Antwortschreiben des BKA in mehreren Fällen vor. Sicherheitsrisiken seien nur schwer erkennbar. Und was auf dem ersten Blick nach Aufklärung und Transparenz aussehe, werfe bei genauerer Betrachtung nur noch mehr Fragen auf. Weiterer Lesetipp: Der “taz”-Beitrag “Sogar die CSU regt sich auf”.

3. TV-Duelle verändern Wählerverhalten nicht wesentlich
(horizont.net, Marco Saal)
Haben TV-Duelle die große Auswirkung auf das Wählerverhalten, die ihnen nachgesagt wird? Der Wahlforscher Matthias Jung, Vorstandsmitglied der Forschungsgruppe Wahlen, ist skeptisch: “Frühere Duelle haben gezeigt, dass ein Großteil der Zuschauer bereits Präferenzen für den einen oder anderen Kandidaten hat und die Diskussion sehr selektiv wahrnimmt. Er sieht sich durch das, was er hört, eher bestärkt“.

4. “Zukunftsfähigkeit des ZDF hängt von der Mediathek ab”
(dwdl.de, Uwe Mantel & Thomas Lückerath)
Beim 3. Produzententag stellte ZDF-Intendant Thomas Bellut vor rund 280 Produzenten insbesondere die Bedeutung der Mediathek heraus. Die Produzenten sehen dies naturgemäß anders. “Je länger Programme unentgeltlich in der Mediathek angeboten werden, desto schwerer wird es, sie wirtschaftlich erfolgreich auszuwerten“, hätte es von Seiten der Produzentenallianz geheißen.

5. Parteien und ihre fragwürdigen Follower
(br.de, Patrizia Kramliczek)
Das datenjournalistische Team des Bayerischen Rundfunks „BR Data“ hat die 2,4 Millionen Twitter-Follower sowie die letzten 100 Tweets der im Bundestag vertretenen Parteien sowie der FDP und der AfD und ihrer Spitzenkandidaten ausgewertet. Das Fazit: Alle großen Parteien und Spitzenkandidaten hätten zweifelhafte Follower. Viele der Accounts seien anscheinend keine echten Personen und die Follower der AfD seien auffällig aktiv.

6. Die große Diana-Verschwörung
(sueddeutsche.de, Julian Dörr)
Gestern jährte sich der Todestag von Lady Di zum zwanzigsten Mal. Auch nach zwei Jahrzehnten sei die Boulevardpresse besessen von Lady Di und ihrem Tod. Für den britischen Boulevard gelte: Diana geht immer. Das habe zuweilen ekelhafte Auswüchse.

Polizeilicher Datenskandal, Linksunten-Klagen, Strunz auf Viagra

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1b. Datenskandal bei der Polizei: Offenbar zehntausende Unschuldige gespeichert
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Es ist ein Datenskandal größeren Ausmaßes: Im Rahmen der Aufarbeitung der 32 nachträglich entzogenen G20-Akkreditierungen stellt sich nun heraus, dass offenbar zehntausende Unschuldige ungerechtfertigt in polizeilichen Datenbanken gespeichert werden. Die Tagesschau spricht gar von Millionen möglicherweise rechtswidriger Daten. Das allgemeine Entsetzen ist groß. Zunächst einmal bei Medien und Journalistenverbänden: Der Deutsche Journalisten-Verband fordert vom Bundeskriminalamt Aufklärung darüber, welche Daten von Journalistinnen und Journalisten aus welchen Gründen gespeichert sind. Und auch die „Reporter ohne Grenzen“ fordern eine Klärung und Beendigung der bisherigen Speicherpraxis: BKA-Datensammlung aufklären und abstellen
Doch es geht längst nicht nur um Journalisten. In den Datenbanken seien zehntausende von Menschen gespeichert, oft wegen Fehlern oder aus nichtigen Gründen. Einige Beispiele unter vielen: Allein unter „Gewalttäter Sport“ seien ca.11.000 Menschen erfasst, von denen viele niemals für eine Straftat verurteilt wurden. Und offenbar befänden sich zehntausende Gelegenheitskiffer ungerechtfertigt in den stigmatisierenden Datenbanken. „Netzpolitik“-Autor Reuter rät am Ende seines Beitrags, im Bedarfsfall eine Selbstauskunft beim BKA oder dem jeweiligen Wohnort-LKA einzuholen und verweist auf entsprechende Musterschreiben.

2. “Wir werden noch lange Zeitungen auf Papier lesen”
(horizont.net, Volker Schütz)
Die „FAZ“ hat ihre Webseite überarbeitet oder neudeutsch ausgedrückt: „relauncht“. „FAZ“-Digitalchef Mathias Müller von Blumencron spricht im Interview über die weitere Digitalstrategie des Frankfurter Verlagshauses: Man setze auf Personalisierung und wolle dem Leser vermehrt Nachrichten anzeigen, die seine Interessen treffen. Dazu analysiere man das Surfverhalten der sich hierfür angemeldeten Leser. (Richtigerweise fasst der Interviewer hier nach und spricht mögliche Bedenken an.) Und ab Herbst wolle man die Anzahl der kostenpflichtigen Geschichten erhöhen. Von Blumencron redet außerdem über die Erfahrungen der „FAZ“ mit Paid Content, das Verhältnis zwischen Print- und Online-Redaktion und gibt eine Einschätzung zum Thema „Roboterjournalismus“ ab.

3. Eine Dampfwalze hat Terry Pratchetts unveröffentlichte Werke zerstört
(wired.de)
Der letzte Wille des Schriftstellers Terry Pratchett, bekannt für seine „Scheibenwelten“-Romane, sah es so vor: Eine Dampfwalze überrollte die Festplatte des berühmten Fantasy-Autoren und zerstörte damit all die zehn Romane, an denen er bis zu seinem Tod gearbeitet haben soll. Randnotiz: Für Pratchetts Nachlassverwalter sei es erstaunlich schwer gewesen, einen Dampfwalzenfahrer zu finden, der zu der Aktion bereit war.

4. Klagen gegen „linksunten“-Verbot
(taz.de, Christian Rath)
Vor wenigen Tagen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Verbot der Webseite „Indymedia linksunten“ verkündet. Dagegen und gegen die damit verbundenen Hausdurchsuchungen der angeblichen Betreiber, klagen nun mehrere Anwälte. Die Klagen haben jedoch keine aufschiebende Wirkung, das Verbot von „linksunten“ bleibt damit zunächst bestehen. Der rechtspolitische Korrespondent der „taz“ Christian Rath fasst zusammen, worum es bei der rechtlichen Auseinandersetzung zunächst geht.

Weiterer Lesetipp: Rechtsanwalt Heinrich Schmitz hat sich für seine Kolumne bei „Tagesspiegel“-Causa die Rechtmäßigkeit der Aktion angeschaut und befindet: Ein Vereinsverbot aus politischen Gründen

5. Die erfundenen Plünderer von Houston“
(faktenfinder.tagesschau.de, Kristin Becker)
Der Tropensturm Harvey hat in Texas nach tagelangem Regen zu einer Hochwasserkatastrophe geführt. Die mediale Aufmerksamkeit auf der Wetterkatastrophe rief einige Rassisten auf den Plan: Über Fake-Profile verbreiteten sie Nachrichten und Bilder, die Schwarze auf Diebestour in Houston zeigen sollen. Kristin Becker vom „Faktenfinder“ erklärt die infame Methode der Hetzer und Nachrichtenfälscher.

6. Voll auf Viagra
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Man kann von Claus Strunz zurückhaltend von einem meinungsstarken Journalisten sprechen, der nicht nur das „Sat1-Frühstücksfernsehen“ produziert, sondern dort auch regelmäßig als Kommentator aktueller Ereignisse zu sehen ist. Man kann ihn aber auch, wie Boris Rosenkranz dies auf „Übermedien“ tut, als „eine Mischung aus AfD, CSU und einem besserwissenden Mittelstufenschüler und Klassensprecher aller Populisten“ bezeichnen. Ein von Rosenkranz geschnittenes zweiminütiges Best-of-Video zeigt den TV-Populisten Strunz bei der Arbeit.

Chinas Klarnamenzwang, Instagram-Schleichwerbung, Scharlatanmagazin

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1b. Klarnamenpflicht: China verbietet anonyme Kommentare
(netzpolitik.org, Johannes Steiling)
Nach Angaben des Aktivistennetzwerks „Global Voices“ werden chinesische Nutzer von Anfang Oktober an keine Möglichkeit mehr haben, anonyme Kommentare auf den meisten Websites zu hinterlassen. Danach müssen Webseiten einen Mechanismus zur Identitätsfeststellung einrichten oder die Kommentarfunktion ihrer Website abschalten. Diese Authentifizierungsdienste sind für kleinere Anbieter finanziell nicht tragbar, so dass insgesamt mit einem deutlichen Kommentarrückgang zu rechnen ist. Außerdem arbeite China bereits seit 2014 an der Implementierung eines Einstufungsprogramms für Bürger mit umfassenden Informationen zu sozialem Verhalten und Kreditwürdigkeit.

2. Facebook blockiert Werbeanzeigen von Seiten, die wiederholt Falschmeldungen teilen
(de.newsroom.fb.com, Satwik Shukla & Tessa Lyons)
Facebook verbietet Werbetreibenden Anzeigen zu schalten, die Geschichten und Inhalte bewerben, deren Wahrheitsgehalt von unabhängigen Faktenprüfern bereits angezweifelt wurden. Nun will man einen Schritt weitergehen: Wenn Seitenbetreiber wiederholt bereits angezweifelte Inhalte teilen, dürfen sie nicht länger Werbeanzeigen auf Facebook schalten. Dies sei „ein weiterer Schritt, damit Menschen verlässlichere Informationen auf Facebook sehen können.“ Ganz verscherzen will man es sich mit den notorischen Falschmeldern und potentiellen Werbekunden jedoch nicht: „Unterlassen die Seiten die weitere Verbreitung von Falschmeldungen, wird diese Einschränkung wieder aufgehoben.“

3. Instagram-Schleichwerbung: „#ad“-Kennzeichnung eher unzureichend
(flurfunk-dresden.de)
Es könnte ein Urteil mit Signalwirkung sein: Das Oberlandesgericht Celle hat die Kennzeichnung “#ad” bei einem Schleichwerbungs-Posting für die Drogeriekette Rossmann auf Instagram als unzureichend beurteilt. Bei Zuwiderhandlung droht Rossmann ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Das komplette Urteil gibt es unter: “Zur Kennzeichnungspflicht gesponsorter Posts bei Instagram mittels Hashtag zur Vermeidung von Schleichwerbung, OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, Az.: 13 U 53/16”

4. Das sind die 20 größten Podcast-influencer Deutschlands
(omr.com, Torben Lux & Martin Gardt)
Die Macher sprechen selbst von einer „wenig repräsentativen Liste der wichtigsten Menschen im Podcast-Business“ und in der Tat: Auf der Liste fehlen Podcast-Größen wie Holger Klein (“Wrint”) und Stefan Schulz und Tilo Jung (“Aufwachen-Podcast”/“Jung & Naiv”). Dennoch bietet die ausführlich kommentierte Liste viele Anregungen zum Weiterforschen und Reinhören.

5. Smartphone-Journalist versus TV-Team
(de.ejo-online.eu, Panu Karhunen)
Ein Feldversuch in Finnland hat ergeben, dass Journalisten mit mobilen Journalismus-Techniken näher an die Menschen und eine Story herankommen als mit traditionelleren Mitteln: Ein Smartphone-Journalist konnte mehr Passanten dazu bewegen, an einer Umfrage teilzunehmen, als ein zweiköpfiges Fernsehteam. Der Feldversuch hätte aber auch einen Nachteil des mobilen Journalismus zutage gefördert: mangelnde Glaubwürdigkeit. So hätten einige der Passanten gesagt, dass sie „richtigen“ Fernsehteams eben doch mehr vertrauen.

6. Scharlatanerie auf Hochglanz
(medienwoche.ch, Antonio Fumagalli)
Das Magazin „Herzstück“ verspricht „Inspirationen für Leib und Seele“. Antonio Fumagalli hat sich für die „Medienwoche“ durch das Magazin gelesen. Er lobt das Layout, aber die Lektüre sei ein Kampf gewesen…

“Bild” befördert Gerhard Schröder ins falsche Rosneft-Gremium

Altkanzler Gerhard Schröder hat sich über “Bild” beschwert. Ein Bericht des Boulevardblatts zu seinem wohl bevorstehenden Engagement beim russischen Öl-Konzern Rosneft sei falsch. “Ich habe den Eindruck, das hat weniger mit meiner Tätigkeit zu tun als vielmehr mit dem Wahlkampf. Hier soll offenbar Frau Merkel geholfen werden”, sagte Schröder dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (“RND”). Das ist wiederum eine recht steile These. Was aber feststeht: “Bild” verbreitet ziemlichen Unsinn über Schröders möglichen Job bei Rosneft.

Gestern erschien in “Bild” und bei Bild.de ein Text über Gerhard Schröders Zukunft bei dem russischen Unternehmen, das zu großen Teilen dem russischen Staat gehört:

Ausriss Bild.de - Riesen-Streit um Russland-Job - Lässt die SPD Schröder Fallen?

Autor Filipp Piatov schreibt dort:

Nun wird die Kritik am Altkanzler immer lauter — im Herbst soll er in den Vorstand des Öl-Giganten Rosneft berufen werden.

Seit 2005 steht Schröder bereits im Dienst von Gazprom, kümmert sich seit 2016 als Verwaltungsrat um das umstrittene Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Doch der Aufstieg in den Rosneft-Vorstand ist keine einfache Beförderung. Es ist eine Adelung Schröders, seine Aufnahme in Putins innersten Kreis der Macht.

Die Überwindung moralischer Hindernisse lassen sich die Vorstände des Öl-Riesen fürstlich vergüten. Aus dem Geschäftsbericht von 2016 geht hervor, dass Rosneft seinen neun Vorstandsmitgliedern rund 52 Millionen Euro an Gehältern, Boni und Zuschüssen zahlte. Das sind fast sechs Millionen Euro pro Person.

Die in der “Bild”-Zeitung genannten Summen seien völlig absurd, sagt Schröder. Für die für ihn vorgesehene Rolle werde er weniger als ein Zehntel der von “Bild” genannten “sechs Millionen Euro” bekommen, vorausgesetzt er werde überhaupt in das Gremium gewählt.

Nun behaupten “Bild” und Piatov nirgendwo direkt, dass Gerhard Schröder sechs Millionen Euro pro Jahr bekommen solle. Der Dreischritt aus “in den Vorstand des Öl-Giganten Rosneft berufen werden”, “der Aufstieg in den Rosneft-Vorstand” und “dass Rosneft seinen neun Vorstandsmitgliedern rund 52 Millionen Euro an Gehältern, Boni und Zuschüssen zahlte” könnte bei der Leserschaft aber durchaus den Eindruck erwecken, dass Schröder eine derartige Summe bekommen könnte.

“Bild”-Chefchef Julian Reichelt sieht das naturgemäß anders. Nachdem Andreas Niesmann vom “RND” ihn bei Twitter auf die entsprechende Stelle in Piatovs Artikel hingewiesen hatte …

… twitterte Reichelt:

1) Wir haben große Zweifel, dass der durchschnittliche “Bild”-Leser, bei dem selbst die “Bild”-Redaktion es regelmäßig für notwendig hält, ihm eine Lesehilfe für das Wort “Bachelor” an die Hand zu geben, ohne Weiteres die feinen Unterschiede zwischen “Vorstand wird” und “in den Vorstand berufen wird” erkennt.

2) Im Text von Filipp Piatov steht tatsächlich nicht, dass Gerhard Schröder “Vorstand wird”. Drei Tage zuvor titelte Bild.de allerdings:

Ausriss Bild.de - Russischer Öl-Konzern - Gerhard Schröder wird Vorstand von Rosneft

3) Es ist völlig egal, ob da nun steht, dass Gerhard Schröder “Vorstand wird” oder “in den Vorstand berufen wird” — beides ist falsch. Schröder steht für das Aufsichtsgremium von Rosneft zur Wahl, den sogenannten “Rat der Direktoren”. Bei einer deutschen Aktiengesellschaft wäre das Pendant wohl der Aufsichtsrat. Das mag Schröders Verhalten nicht weniger fragwürdig erscheinen lassen, es handelt sich aber um einen anderen Posten als von “Bild” behauptet.

Auf der Rosneft-Website sind das “Management board”, in etwa der Vorstand, und das “Board of Directors” aufgelistet. Schröder ist einer von mehreren Kandidaten für das “Board of Directors”. Im anglo-amerikanischen Raum vereint das “Board of Directors” laut “Wikipedia” zwar die Funktionen von Aufsichtsrat und Vorstand; im selben “Wikipedia”-Artikel steht aber auch, dass in Russland “statt des Vorstandes der Aufsichtsrat als ‘Rat der Direktoren'” bezeichnet werde.

Der frühere Bundeskanzler wird also kein Vorstandsgehalt bei dem russischen Öl-Konzern bekommen, sondern ein Aufsichtsratsgehalt. Im Rosneft-Jahresbericht für 2016 (PDF, Seite 202) steht, dass die Mitglieder des “Board of Directors” im vergangenen Jahr jeweils zwischen 550.000 und 580.000 US-Dollar erhalten haben. Den neun elf* Mitgliedern des “Management board” zahlte Rosneft 2016 insgesamt 3.726.609.809 Rubel (Seite 203), was, je nach Wechselkurs, den von Filipp Piatov erwähnten 52 Millionen Euro entspricht. Die Summe, die die Mitglieder des “Board of Directors” bekommen haben und die für die Berichterstattung über Gerhard Schröder relevant wäre, erwähnt Piatov nicht. Entweder kannte er sie nicht oder er wollte sie nicht kennen oder er dachte wirklich, dass Schröder ein Kandidat für den Rosneft-Vorstand ist.

Mit Dank an @matthiasquenzer für den Hinweis!

*Nachtrag, 20. August: Bei dem “Bild”-Bericht ist noch mehr falsch als bisher gedacht. Anders als von Autor Filipp Piatov behauptet, besteht der Rosneft-Vorstand (“Management Board”) nicht aus neun, sondern aus elf Personen. So steht es im Rosneft-Jahresbericht für 2016 (PDF, Seite 193):

The number of members of the Company’s Management Board has not changed and totals 11 persons.

Somit verteilen sich die 3.726.609.809 Rubel (rund 52 Millionen Euro), die Rosneft im vergangenen Jahr ans gesamte “Management Board” zahlte, nicht auf neun, sondern auf elf Personen. Im Schnitt bekam also jeder etwa 4,7 Millionen Euro. Piatov hatte geschrieben, dass jedes Rosneft-Vorstandsmitglied im Schnitt “fast sechs Millionen Euro” bekommen hat.

Diese falsche Summe ist übrigens nicht im “Bild”-Kosmos geblieben — sie hat es auch zu FAZ.net geschafft. Eckart Lohse und Markus Wehner schreiben dort:

Die Tätigkeit der bisherigen neun Mitglieder des Aufsichtsrats waren zuletzt mit 52 Millionen Euro an Gehältern, Boni und Zuschüssen dotiert worden, fast sechs Millionen Euro je Person.

Auch wenn die beiden “FAZ”-Autoren es im Gegensatz zu Piatov hinbekommen, Altkanzler Gerhard Schröder mit dem Aufsichtsrat von Rosneft in Verbindung zu bringen und nicht mit dem Vorstand des Unternehmens, ist der Absatz falsch: Die neun Aufsichtsratsmitglieder bekamen 2016 nicht 52 Millionen Euro, sondern deutlich weniger (siehe oben). Offenbar haben Lohse und Wehner bei Piatov abgeschrieben — oder sie benutzen rein zufällig denselben Rubel-Euro-Wechselkurs wie der “Bild”-Autor und kommen rein zufällig auf dieselben falschen “sechs Millionen Euro je Person”.

Mit Dank an Klaus D. für den Hinweis!

Nachtrag 2, 20. August: Das FAZ.net-Team hat auf unsere Kritik reagiert und den Artikel transparent korrigiert.

Dreckscherer Twitter, Kontrolliertes Schweigen, Zeit-Magazin-Sprengung

1. „Twitter schert das alles einen Dreck“
(faz.net, Florian Kölsch)
Auf Twitter kann man manchmal schlimme Dinge lesen wie “Deutschland braucht für den Islam wieder die Endlösung” oder “Schwule raus nach Auschwitz”. Diese Tweets kann man bei Twitter melden, was jedoch in aller Regel zu keiner Reaktion führt: Der sich selbst abkapselnde Kurznachrichtendienst antwortet schlicht nicht. Nachdem der deutsch-israelische Satiriker Shahak Shapira derartige Hass-Tweets bei Twitter gemeldet hatte und keine Reaktion bekam, sprühte er die Sätze mit Kreide vor die Twitter-Zentrale. Im Gespräch mit der “FAZ” erklärt er den Hintergrund der Aktion und wann der Hass im Netz gefährlich wird.

2. Wie wir die Fakten der britischen Wahlen in Echtzeit überprüften
(de.firstdraftnews.com, Ryan Watts & Alexandra Ma & Nic Dias)
Wie können Journalisten Unterhaltungen auf sozialen Netzwerken beobachten, Informationen online in Echtzeit mitverfolgen und verifizieren? “First Draft” zeigt anhand des Projektbeispiels “Wahlen in Großbritannien” wie Journalisten schnell auf berichtenswerte Online-Unterhaltungen reagieren und den Fluss an Fehlinformationen eindämmen können. Dabei spielen Analysetools eine große Rolle.

3. Tamedia plant ein Massaker
(woz.ch, Andreas Fagetti)
Die Schweiz steht vor dem möglicherweise heftigsten Abbau ihrer Pressevielfalt. “Tamedia”, die größte private Mediengruppe in der Schweiz, bereitet den radikalen Umbau ihrer Tageszeitungen vor. Bestandteil des Umbaus: Der gemeinsame, von sogenannten Kompetenzzentren bestückte Mantel. Bei der “Berner Zeitung” droht ein besonders heftiger Stellenabbau. Ende August, so munkelt man, entscheidet der Verwaltungsrat über ein konkretes Abbauprojekt. Dann stelle sich heraus, ob ein schleichender Abbau eingeleitet oder ein Erdbeben stattfinden wird

4. “Es gibt Handlungsbedarf”
(detektor.fm, Kais Harrabi)
Auch Kinder sind Opfer von Falschmeldungen und Fehlinformationen im Netz. Inwieweit können oder müssen Schulen gegensteuern? “detektor.fm”-Moderator Kais Harrabi hat mit dem Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes Heinz-Peter Meidinger über Fake News und entsprechende Lösungsansätze an Schulen gesprochen.

5. Die Wucht des Schweigens in Zeiten des Dauergeplappers
(sueddeutsche.de, Joseph Hanimann)
Der französische Präsident Macron geht auf Abstand zu den Medien. Immer öfter bleiben Journalisten außen vor. Parallel baut Macron eine PR-Abteilung auf, die künftig die Botschaften des Präsidenten vermitteln soll: “Die Aura des Unnahbaren scheint sich zum Markenkern des Kommunikationsprofis Macron zu entwickeln – während unter ihm eine Menge Profis arbeiten, um seine Inhalte unter die Leute zu bringen.”

6. Leo Fischer wirft Atombombe auf den Twitter-Account des Zeit-Magazins
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Wer es noch nicht mitbekommen hat: Ex-“Titanic”-Chef Leo Fischer wurde vom “Zeit-Magazin” als “Gast-Twitterer” eingeladen. Aus Eifersucht drohte “Bild”-Chef-Julian Reichelt mit der atomaren Zerstörung Pjöngjangs und dem Tod von Mehmet Scholl. Fischer, dem man Ambitionen auf eine Führungsposition bei Springer nachsagt, gab daraufhin seine Gast-Twitterer-Funktion auf und zog sich vorzeitig aufs Altenteil zurück. Weil der Klügere nachgeben müsse und “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht”. (Nun, ganz so war es nicht, aber fast…)

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