Suchergebnisse für ‘AfD’

Relotius vs. Moreno, AfD-Sprech analysiert, Tränen-lach-Emoji

1. Juan Moreno und der Fluch der fast perfekten Pointe
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Spiegel”-Fälscher Claas Relotius wirft seinem Ex-Kollegen und Fälschungsaufdecker Juan Moreno per Anwaltsschreiben “erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen” vor. Neben allerlei Petitessen geht es um eine Anekdote in Morenos Buch, die als wirkungsvolle Schlusspointe dient. Ließe diese sich nicht beweisen, sei dies ärgerlich, so Medienkritiker Stefan Niggemeier. Trotzdem sei es wichtig, “den Maßstab nicht aus den Augen zu verlieren. Moreno ist kein Relotius, in keiner Hinsicht.”
Weiterer Lesetipp: Der “6 vor 9”-Kurator erklärt seinem Vater auf Twitter “die aktuellen Vorgänge in Sachen #Relotius und #Moreno”. Dabei geht es um goldene Armbanduhren, einen Zweireiher und ein Halteverbot.

2. Twitter-Krach um rechtspopulistische Äußerungen
(sueddeutsche.de, Sandra Lohse)
Es ist schon verwirrend, was sich teilweise beim Deutschen Journalisten-Verband abspielt: Ein Landesverband (Berlin-Brandenburg) macht durch fragwürdige und mit rechtspopulistischen Vokabeln gespickte Stellungnahmen auf sich aufmerksam. Der Dachverband distanziert sich von den Äußerungen, kann nach eigenen Angaben aber nicht direkt bei Twitter darauf reagieren, weil der Landesverband den Dachverband blockiert habe. Sandra Lohse schreibt über den irritierenden Verbandszwist.
Nachtrag: BILDblog-Leser Sebastian Pertsch merkt bei Twitter an, dass im verlinkten Artikel der Hinweis zu den Regionalverbänden “DJV Berlin und JVBB” fehle: “So entsteht der Eindruck, es wäre der einzige Landesverband in Berlin. Dabei spielt der DJVBB bis auf die rechten Polemiken als AfD-Fanboy keine Rolle.”
Nachtrag zum Nachtrag: Die Redaktion der “Süddeutschen” hat auf den Hinweis reagiert und die Information im Text nachgetragen.

3. Polizei schaut bei Eklat auf Frankfurter Buchmesse nur zu
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Als der Journalist Jonas Fedders auf der Frankfurter Buchmesse über rechte Verlage recherchieren will, wird er von rechten Aktivisten und einem Szene-Verleger schikaniert, bedrängt und bedroht und an der Arbeit gehindert. Auf gewisse Weise unterstützt durch die Frankfurter Polizei, wie ein Videomitschnitt beweise. Sebastian Leber kommentiert: “So unpassend wie das Verhalten der Beamten vor Ort gerät auch die Stellungnahme der Frankfurter Polizei im Nachhinein. Obwohl das Video der Polizei bekannt ist und seine Authentizität eingeräumt wird, erklärt die Behörde vage, die Beamten vor Ort hätten die Ausübung der Pressearbeit zu keiner Zeit eingeschränkt. Das ist, wie das Video belegt, offensichtlich unwahr.”

4. Ermittler: Hetze kommt überwiegend von rechts
(deutschlandfunk.de, Ann-Kathrin Büüsker, Audio: 10:41 Minuten)
Ann-Kathrin Büüsker hat sich im Deutschlandfunk mit Staatsanwalt Christoph Hebbecker über Hasskommentare im Internet unterhalten. Hebbecker arbeitet bei der staatsanwaltschaftlichen Anlaufstelle Cybercrime des Landes Nordrhein-Westfalen und beschäftigt sich tagtäglich mit Hasskriminalität. Die Fälle seien politisch ziemlich eindeutig zuzuordnen: “Wir können ganz klar sagen, dass die ganz weit überwiegende Anzahl der Fälle, die wir täglich bearbeiten, dem rechten und rechtsextremen Spektrum zuzuordnen ist, ein kleiner Teil auch dem linken Spektrum, und ein kleiner Teil ist auch keiner politischen Orientierung zuzuordnen.”

5. Die Macht der Komposition
(zeit.de, Lena Luisa Leisten)
Die AfD ist für ihre populistische Sprache bekannt, die auf Gefühle und Framing setzt. Sie bedient sich dabei einiger sprachlicher Tricks: Besonders eingängige Wortzusammensetzungen gehören genauso dazu wie Begriffe aus dem Bereich der Naturkatastrophen oder dem Kampf- und Kriegskontext. Lena Luisa Leisten hat den AfD-Sprech anhand von echten Beispielen analysiert und klassifiziert. Eine lohnende Lektüre, die auch in den Deutsch- oder Politikunterricht gehören könnte.

6. Nicht lustig: Warum das Tränen-lach-Emoji sterben muss
(haz.de, Matthias Schwarzer)
Matthias Schwarzer geht die lachende Fratze des Tränen-lach-Emojis auf die Nerven. Der Smiley werde inflationär eingesetzt und diene vielfach als Symbol von Überheblichkeit und Hass. Aus “sehr laut lachen” sei im Laufe der Jahre ein “auslachen” geworden: “Der Tränen-lach-Smiley hilft auch dem schlimmsten Rassisten, die eigentlich nicht vorhandene Witzigkeit auszudrücken und ein Gag-Feuerwerk (natürlich auf Kosten anderer) abzufeuern. Der Tränen-lach-Smiley wird dabei in den Facebook-Kommentarspalten zum Zeichen der Ausgrenzung, zum Zeichen der Erniedrigung, zur Verniedlichung ekelhaftester Beleidigungen.”

Mysteriöser AfD-“Wahlhelfer“, Filterblasen, Netflix-Blasphemie?

1. “Radikalisierung ist nicht erst durch das Internet entstanden”
(zeit.de, Lisa Hegemann)
Kommunikationswissenschaftlerin Merja Mahrt forscht seit Jahren zu Filterblasen und Echokammern. Im Interview mit “Zeit Online” erklärt sie unter anderem, wie Empfehlungsalgorithmen zur Entstehung von Filterblasen beitragen: “Schauen Sie sich ein Video auf YouTube an, schlägt Ihnen das Portal vor, was Sie sich als Nächstes anschauen könnten, oder startet vielleicht sogar automatisch den nächsten Clip. Solche Empfehlungsalgorithmen sind in der Regel darauf trainiert, mehr vom Gleichen zu zeigen — sie sind nicht darauf programmiert, einen breiten Überblick zu geben. Dadurch bestätigen auch sie uns möglicherweise in unseren Meinungen.”

2. Wer hinter dem “Wahlhelfer” in Thüringen steckt: Der Mr. X der “freien” Medien
(correctiv.org, Till Eckert & Marcus Bensmann & Ulrich Stoll)
T-online.de berichtete jüngst über eine AfD-nahe und äußerst dubiose Wahlkampfzeitschrift in Thüringen, bei der es sich um verdeckte Parteienfinanzierung beziehungsweise Wahlkampffinanzierung handeln könnte. “Correctiv” und “Frontal21” haben den Fall weiterverfolgt und sich auf die Suche nach dem im Impressum angegebenen Herausgeber “Hanno Vollenweider” gemacht. Keine einfache Aufgabe, denn “selbst gegenüber seinen Vertrauten soll der Mann nicht seinen tatsächlichen Namen preisgeben. In der an Irrungen und Wirrungen inzwischen reichen Spendenaffäre der AfD dürfte das ein Novum sein. ”

3. Nikolaus Blome verlässt “Bild”
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die “taz” beschäftigt sich mit dem Ausscheiden des stellvertretenden Chefredakteurs Nikolaus Blome bei “Bild”. Ein Rückzug aus “persönlichen Gründen”, bei dem viele über die wahren Hintergründe spekulieren würden. Eine kleine Spitze hat die “taz” in der Bildzeile versteckt, in der es heißt: “Nicht gerade die intellektuelle Spitze des deutschen Politjournalismus: Nikolaus Blome”.

4. Sind Serien über Gott, Teufel und Paradies Blasphemie?
(evangelisch.de, Till Frommann)
Auf der Suche nach neuen Filmstoffen und frischem Serienmaterial kommen Streaminganbieter wie Netflix und Amazon auch auf Geschichten mit im weitesten Sinn religiöser Thematik. Sind solche Serien blasphemisch? Tragen sie gar zur Trivialisierung des christlichen Glaubens und der Bibel bei? Till Frommann hat sich mit Pfarrer Sascha Heiligenthal über Gott, die Welt und Popkultur unterhalten.

5. Freie Journalisten beklagen erschwerte Recherche
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:13 Minuten)
Vor einigen Wochen hat sich der Journalist Christian Gesellmann bei Facebook die Wut über das prekäre Leben als freier Journalist von der Seele geschrieben: “Wenn vom Zustand der Pressefreiheit in Deutschland die Rede ist, dann geht es meist um Bedrohung von Journalisten durch Neonazis oder Diskriminierung durch Behörden. Das gibt es alles, und es ist ein Problem. Aber was das viel größere, viel mehr Autoren und andere freie Berufe betreffende Problem ist: unanständig niedrige Honorare und die Arschloch-Zahlungsmoral unserer Auftraggeber.” Der Deutschlandfunk hat die Thematik aufgegriffen und lässt Fachleute wie die Journalistikprofessorin Wiebke Möhring sowie Carola Dorner von der Gewerkschaft Freischreiber zu Wort kommen.

6. Das Märchen vom royalen Märchen
(spiegel.de, Patricia Dreyer)
Als Meghan Markle sich in den britischen Prinz Harry verliebte, sei sie von ihren Freunden gewarnt worden: “Als ich meinen Mann kennenlernte, waren meine Freunde wirklich happy für mich, weil ich so glücklich war. Aber meine britischen Freunde sagten: ‘Er ist bestimmt ganz toll — aber du solltest ihn nicht heiraten, die Boulevardpresse wird dein Leben zerstören.'” Patricia Dreyer beschreibt bei “Spiegel Online”, welchem medialen Psychoterror und welchen Angriffen durch die Boulevardpresse das royale Paar ausgesetzt ist.

Von der ARD zur AfD, Brennpunkt brennt nicht, Hausbesuch vom Rapper

1. Von der ARD zur AfD: Journalisten, die den rechten Rand bevölkern
(uebermedien.de, René Martens)
“Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gab es eine Partei, in der Journalisten derart wirkmächtig sind wie derzeit in der AfD.” Und in der Tat: Dafür, dass die AfD die Kommunikation mit der Presse oft verweigert, sie gar als “Lügenpresse” diffamiert, haben erstaunlich viele Journalisten den Weg zu ihr gefunden und bekleiden dort wichtige Funktionen. Wie konnte es dazu kommen? René Martens hat sich in einem längeren Essay auf die Suche nach den Gründen begeben.

2. EuGH-Urteil zu Facebook: Der freien Meinungsäußerung droht Schiffbruch
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Alexander Fanta kommentiert für netzpolitik.org das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, nach dem Facebook nicht nur einen hetzerischen Post, sondern auch “sinngleiche” Äußerungen entfernen müsse. Dies sei äußerst problematisch, so Fanta: “Wer darüber entscheidet, was sinngleich ist und was nicht, der schwingt sich zum Gericht über die Meinungsfreiheit auf.”
Weiterer Lesetipp: Die USA, Großbritannien und Australien fordern Hintertüren für die Facebook-Messenger-Verschlüsselung und begründen dies mit der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Eine Argumentation, die Lisa Hegemann in ihrem “Zeit Online”-Kommentar als perfide bezeichnet.

3. Fakten, Fakten, Fakten
(kreuzer-leipzig.de, Aiko Kempen & David Muschenich)
Eine “Focus TV”-Reportage über den angeblichen “Brennpunkt Leipzig” wird von den dort eingebundenen Protagonistinnen und Protagonisten kritisiert. Sie sehen sich vom Filmteam getäuscht. Der Film, so der Vorwurf, habe mit der Realität auf Leipzigs Straßen nicht viel zu tun. Die Filmemacher hätten mit falschen Zahlen operiert, die Situation tendenziös dargestellt und unnötig dramatisiert. Vorwürfe, zu denen sich Filmproduktion und Autoren augenscheinlich nicht äußern möchten: “Eine Anfrage des kreuzer zu den hier geschilderten Punkten ließ Focus TV bisher unbeantwortet. Auch Kontaktversuche mit den Autoren des Films waren erfolglos.”

4. Pressefreiheit für Seehofer kein Thema
(djv.de, Hendrik Zörner)
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat sich mit türkischen Regierungsmitgliedern zu Gesprächen getroffen. Es ging vor allem um Sicherheitsfragen und finanzielle Hilfen für die Türkei in der Flüchtlingspolitik. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert, dass bei den Gesprächen das Thema Presse- und Meinungsfreiheit ausgespart blieb: “Es ist nicht zu verstehen, dass Seehofer gut Wetter macht und seine türkischen Gesprächspartner in höchsten Tönen lobt, ohne auf die Verfolgung und Inhaftierung von Journalisten einzugehen. Das kann er gerade im Unrechtsstaat Türkei nicht ausblenden.”

5. Prinz Harry klagt gegen britische Zeitungen wegen Telefon-Hackings
(sueddeutsche.de)
Prinz Harry hat die Verlagshäuser von “Sun” und “Mirror” wegen illegalen Abhörens von Mailbox-Nachrichten verklagt. Der Vorgang erinnert an einen der größten Medienskandale Großbritanniens, als Murdoch-Journalisten Handygespräche von Verbrechensopfern und Prominenten abgehört hatten.
Weiterer Lesehinweis: Auch Herzogin Meghan wehrt sich und verklagt die britische Boulevardzeitung “Mail on Sunday” wegen der Veröffentlichung eines privaten Briefs (sueddeutsche.de).

6. Rapper Fler droht Journalisten
(tagesspiegel.de, Alexander Fröhlich)
Der Rapper Fler hat den “Tagesspiegel”-Reporter Sebastian Leber bedroht und versucht, ihn zu Hause zu “besuchen”. Leber hatte zuvor in Bushido gegen Fler — ein Streit in 54 Akten die Dauerfehde zwischen den beiden reimenden Straßensängern mit Aggressionsproblem nachgezeichnet.
 Außerdem hatte der “Tagesspiegel” ein von Flers Freundin aufgenommenes Handyvideo veröffentlicht, in dem er bei einer Fahrerlaubniskontrolle Polizeibeamte körperlich anging und bepöbelte.

Gabalier-Fangespräch, “NZZ”-Drift, Denunzierportal der AfD offline

1. Mehr Fan als Journalist
(taz.de, Volkan Agar)
Volkan Agar hat sich die NDR-Radiosendung “Stars am Sonntag” mit Talk-Gast Andreas Gabalier angehört und ist verwundert, dass bestimmte Aspekte nahezu komplett ausgeklammert blieben: “Ein Interview mit einem Künstler zu führen bedeutet nicht unbedingt, dass man sich mit ihm und seinen Ansichten gemein macht. Wenn von einer halbstündigen Redezeit aber nur knapp zwei Minuten kritischen Fragen gewidmet sind, dann wirkt das bei einem Gaba­lier aber schon etwas komisch.”
Weiterer Lesehinweis: Gabalier-Interview für ORF abgebrochen – und nicht gesendet (derstandard.at).

2. Political Clickbait – Der Rechtsruck der NZZ
(kotzendes-einhorn.de, Daniel Decker)
Die “NZZ” setzt unter Chefredakteur Eric Gujer immer wieder auf rechtspopulistische Inhalte und erntet für ihre Provokationen online viele Klicks. Der Rechtsdrift habe Folgen, wie Daniel Decker kommentiert: “Der NZZ hilft dabei, dass in der Schweiz mit der SVP eine nationalistische rechtspopulistische Partei seit 1999 die grösste Fraktion in der Bundesversammlung bildet. Ton und Vokabular, das die AfD hier versucht zu normalisieren, ist in der Schweiz bereits Normalität.”

3. Lehrer-Mel­de­portal “Neu­trale Schule” off­line
(lto.de)
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern hat Schülerinnen und Schüler dazu aufgerufen, Lehrerinnen und Lehrer wegen angeblicher Verstöße gegen das Neutralitätsgebot anzuschwärzen. Um möglichst viele der Polit-Petzereien zu erhalten, hatte die Partei im Netz ein “Meldeportal” eingerichtet. Dagegen hat nun der Landesdatenschutzbeauftragte eine Verbotsverfügung erlassen. Die AfD hat zwar das Online-Formular aus dem Netz genommen, will aber juristisch gegen die Verfügung angehen.

4. Zeitungen, die nie ankommen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen hat den Themenbericht “Newspapers that never arrive” (PDF) veröffentlicht. Dort zeigt die Organisation, auf welch unterschiedliche Weise Regierungen, staatliche Institutionen, mächtige Oligarchen und Unternehmen den Vertrieb von Zeitungen behindern. Das reicht von der Drangsalierung und Behinderung von Druckereien und Zulieferern, der Beschlagnahme ganzer Ausgaben und dem Angriff auf Transportfahrer bis zur Ermordung von Zeitungsverkäuferinnen und -verkäufern. Bereits die deutsche Zusammenfassung des Berichts liest sich mehr als erschütternd.

5. “Wer kritische Fragen stellt, ist ein Feind”
(spiegel.de, Elisa von Hof)
Der “Spiegel” hat sich mit der Geschlechterforscherin und Soziologin Franziska Schutzbach über den Umgang mit rechter Rhetorik unterhalten. Schutzbach hat gerade ein Buch über “rechtspopulistische Diskursstrategien” veröffentlicht und kennt sich daher gut mit den Tricks und Strategien der Rechtsideologen sowie dem Vokabular der Szene aus.

6. Augen zu und feiern
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Jürgen Schmieder hat sich am vergangenen Wochenende die Emmy-Verleihung angeschaut und ist von der “unfassbar öden, verkrampft um gesellschaftliche Relevanz buhlenden, bisweilen peinlich um Lockerheit bemühten Veranstaltung” wenig begeistert: “Die Branche feiert ihr eigenes goldenes Zeitalter, doch es gelingt ihr nicht, diese Fete so interessant zu gestalten, dass die Leute zuschauen wollen.”

“Bild” als medialer Arm der AfD, Totenhausmitteilung, Head of Wichtig

1. “Bild” agiert als medialer Arm der AfD
(tagesspiegel.de, Jupp Legrand)
Der “Tagesspiegel” hat sich mit Jupp Legrand von der Otto-Brenner-Stiftung über Erfreuliches und Ärgerliches in den Medien unterhalten. Ganz besonders hat uns sein folgendes Statement gefreut: “Weil “Bild” mal wieder eine Ausnahme von der Regel war (wie zuvor schon in der Berichterstattung über die Speisepläne zweier Kitas), braucht es weiterhin www.bildblog.de. Während die Zeitung sich unter der Schirmherrschaft von Kai D. (55) in die Mitte der Gesellschaft schrieb, agiert sie heute unter Julian R. (39) wie der mediale Arm der AfD. Wenn das Journalismus ist, falten gleichnamige Schmetterlinge auch Zitronen.”
(Wer es ähnlich wie Jupp Legrand sieht und uns bei unserer täglichen Arbeit unterstützen will, kann dies hier tun.)

2. “AfD verzerrt Bilanz zu Straftaten systematisch”
(zeit.de)
Medienwissenschaftler haben sämtliche 242 Pressemitteilungen der AfD zum Thema Kriminalität in Deutschland analysiert und mit den offiziellen Zahlen verglichen. Wenn die AfD die Nationalität von Tatverdächtigen nenne, seien es zu 95 Prozent Ausländer. Und bei den restlichen fünf Prozent werde oft damit argumentiert, dass die Tatverdächtigen einen Migrationshintergrund hätten, oder ihr Tatbeitrag werde heruntergespielt.

3. So sicher nicht
(golem.de, Moritz Tremmel & Sebastian Grüner)
Berichte über Sicherheitslücken seien oftmals problematisch, so die “Golem”-Autoren Moritz Tremmel und Sebastian Grüner, und das habe einen Grund: “Insbesondere Sicherheitsfirmen kontaktieren uns fast täglich mit Pressemeldungen und Berichten über angeblich extrem gefährliche Sicherheitslücken, welche die IT-Welt bedrohten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich oft, dass die Berichte aufgebauscht und wichtige Details weggelassen wurden.”

4. Frauen im Teamhaus unerwünscht
(sueddeutsche.de, Elena Bruckner)
Gaming-Profis im E-Sport sind überwiegend männlich — mit allen daraus resultierenden negativen Folgen. Ende April hat sich daher eine Arbeitsgruppe “Gender Diversity im E-Sport” gebildet, die sich für mehr Gleichberechtigung und gegen Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung einsetzt. Elena Bruckner berichtet über die Schwierigkeiten der Gaming- und E-Sport-Szene mit der Diversität.

5. Totenhausmitteilung: @DerSPIEGEL und Marie Sophie Hingst.
(twitter.com, Patrick Bahners)
Patrick Bahners antwortet auf Twitter auf die Stellungnahme des “Spiegel” zum Tod der Bloggerin Marie Sophie Hingst.
Weiterer Lesetipp: “Nicht jeder Journalist hat den psychologischen Blick” (deutschlandfunkkultur.de, Katja Bigalke und Martin Böttcher). Dort sagt der Medienethiker Christian Schicha unter anderem: “Personen, die in die Öffentlichkeit treten, müssen ihr Handeln auch vor der Öffentlichkeit legitimieren und sich auch kritische Fragen gefallen lassen.”

6. «Head of Wichtig» – das steckt wirklich hinter Jobtiteln
(tagesanzeiger.ch, Holger Alich)
Holger Alich hat sich die teilweise aufgeblähten englischen Berufsbezeichnungen angeschaut (zum Beispiel “Young Professional Officer” für Praktikant), die er wie folgt einteilt: “… die sinnvollen Titel, die es braucht, weil ein Beruf neu ist und es dafür noch keine Bezeichnung gibt. Die Angebertitel, die aus etwas Banalem etwas toll Klingendes machen, häufig durch eine englische Übersetzung. Und die kreativen Titel, mit denen ein Unternehmen zeigen will, wie es tickt.”

Hetze ohne Spendenquittung, AfD-Rückwärtsrudern, Fremdschämen

1. Hetze ohne Spendenquittung
(zeit.de, Christian Fuchs)
Das rechtspopulistische Blog “Journalistenwatch” muss in Zukunft ohne steuerliche Vorteile hetzen: Das Finanzamt Meißen hat dem Trägerverein die Gemeinnützigkeit entzogen. Christian Fuchs erklärt als Kenner der Materie (aktuelles Buch: “Das Netzwerk der Neuen Rechten”) die Hintergründe.

2. Die neuesten Zeitungs-Auflagen der IVW: “Bild”, “Welt” und “BamS” im freien Fall, “SZ”, “taz” und “Zeit” weitgehend stabil
(meedia.de, Jens Schröder)
Inmitten all der schlechten Nachrichten gibt es auch Erfreuliches zu berichten: Die verkaufte Auflage der “Bild”-Zeitung ist über das vergangene Jahr um 9,9 Prozent zurückgegangen, die “Bild am Sonntag” liegt 9,8 Prozent unter dem Vorjahr. Diese und viele andere Zahlen verrät Jens Schröder in seinem aktuellen Auflagen-Report bei “Meedia”.

3. Das sind die abenteuerlichsten Rechtfertigungen der AfD
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Es ist ein wiederkehrendes Muster: Zunächst machen AfD-Vertreter mit Provokationen und Tabubrüchen auf sich aufmerksam. Anschließend wird dann mit hanebüchenen Erklärungen und Rechtfertigungen pseudomäßig zurückgerudert. Sebastian Leber hat die bizarrsten AfD-Rechtfertigungen gesammelt. Lesenswert wegen der Kuriosität der Begründungen — und weil sich trotz all der Einzelfallartigkeit ein System dahinter abzeichnet.

4. Das Antike an Sozialen Medien: Hervorragende Reden gehen viral
(blog.zhaw.ch, Daniel Perrin)
Wer Grundeinsichten der klassischen Rhetorik verstanden hat, kommuniziert besser, findet der Linguist Prof. Dr. Daniel Perrin. Dies sei in der Antike so gewesen und gelte auch in der Zeit von Facebook, Twitter und Youtube. Im eingebetteten SRF-Interview verrät der Professor (auf Schweizerdeutsch) die Zauberformel für gutes(s) Reden.

5. Kevork Almassian: Ein “Flüchtling” im Auftrag der AfD
(disorient.de, Sascha Ruppert)
Der AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier hat einen Syrer als Social-Media-Beauftragten eingestellt. Mit Hintergedanken, wie Sascha Ruppert glaubt: “So können sie Almassian als Insider mit speziellen Fakten über die Ursachen der sogenannten Flüchtlingskrise präsentieren, der als “legaler Flüchtling” aufgrund seiner unterstützenden Haltung gegenüber Bashar al-Assad von den deutschen Medien verhetzt wird. Er kann als der Syrer dargestellt werden, der die vermeintlichen Lügen aufdeckt, welche die deutsche Regierung ihrer Bevölkerung über den Syrienkrieg erzählt.”

6. Welt-Moderator ganz durch den Wind
(uebermedien.de, Video: 2:51 Minuten)
Zum Schluss noch eine Mutprobe: Wer diesen circa dreiminütigen Zusammenschnitt der “Welt”-Nachrichten-Moderation übersteht, ohne vor Fremdscham einzugehen, ist wirklich hartgesotten. Aber nicht zwischendurch wegschauen oder sich die Ohren zuhalten!

Polizei als Quelle, AfD vs. Restle, Netflix entfernt Suizid-Szene

1. “Keine per se seriöse Quelle”
(taz.de, Michael Kees)
Die Polizei sei keine per se seriöse Quelle, Pressestellen der Polizei hätten gar kein Interesse daran, neutral zu berichten … Was sich wie Aussagen von Aktivisten und Antifa anhört, stammt vom Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten. Journalistinnen und Journalisten sollten bei Schilderungen der Polizei besonders misstrauisch sein: “Sie können eigentlich nie etwas für bare Münze nehmen.”
Nachtrag: Der von der “taz” interviewte Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten scheint ein fragwürdiger Interviewpartner sein. Thomas Wüppesahl wurde wegen eines Versuchs der Beteiligung an einem Raubmord und wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz rechtskräftig verurteilt. Daraufhin wurde er aus dem Polizeidienst entlassen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten soll laut Wikipedia nur aus zwei Personen bestehen.

2. Anmerkungen zu unserer Recherche für den Artikel “Gezielte Kampagne”
(spiegel.de)
Der “Spiegel” hat einen Beitrag über die die Lobbyarbeit eines deutsch-jüdischen und eines proisraelischen Vereins veröffentlicht (“Gezielte Kampagne”) und wird dafür stark kritisiert. Der Vorwurf: Die Redaktion bediene antisemitische Klischees. In einem Betrag in eigener Sache reagiert das Magazin auf die Vorwürfe.

3. Die Biedermänner zündeln
(djv.de, Hendrik Zörner)
Nachdem “Monitor”-Leiter Georg Restle sich kritisch zur AfD geäußert hat, dreht die Partei nun auf und antwortet mit einer Schmutzkampagne, in der sie den Journalisten als “totalitären Schurken”, “erbärmlichen Linksextremisten” und “abstoßenden Feind der Demokratie” bezeichnet. Und befeuert damit die Wut ihrer Anhänger, die Restle auf Twitter mit Beschimpfungen überziehen. Die Journalistin Anna-Mareike Krause kommentiert auf Twitter: “Was die AfD mit @georgrestle macht, ist kein Ausrutscher. Dahinter steckt die Strategie, Gegner solange mit Schmutz zu bewerfen, bis etwas hängenbleibt. Hier soll ein wichtiger Kritiker mundtot gemacht werden.”

4. Sprache im Dienst der Propaganda
(deutschlandfunk.de, Stefan Koldehoff, Audio: 10:18 Minuten)
Der Journalist Matthias Heine hat ein Buch über die sprachlichen Hinterlassenschaften der Nationalsozialisten geschrieben. Bei manchen Worten erschließt sich der historische Zusammenhang sofort, andere überraschen — wie der Begriff vom “Eintopf”. Das Wort sei auf die sogenannten Eintopf-Sonntage der 30er-Jahre zurückzuführen: “Da sollte man einmal im Monat immer nur sonntags statt des Sonntagsbratens einen Eintopf kochen und das gesparte Geld dem Winterhilfswerk, dieser Hilfsorganisation, spenden.”

5. Netflix schneidet Szene aus “Tote Mädchen lügen nicht”
(sueddeutsche.de, Jacqueline Dinser)
In der erfolgreichen Netflix-Serie “Tote Mädchen lügen nicht” geht es um die Vorgeschichte der Selbsttötung einer amerikanischen High-School-Schülerin. Auf sieben Audiokassetten erzählt die Protagonistin von den Gründen ihres Selbstmords, darunter Mobbing und sexuelle Gewalt. Diese Art der Darstellung wurde vielfach kritisiert, unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, der Bundespsychotherapeutenkammer und dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Jahre später hat Netflix reagiert und schneidet die dreiminütige Szene heraus, in der man dem Mädchen bei ihrem Suizid zuschaut.

6. CumEx-Affäre: Journalist betrieb keine Wirtschaftsspionage
(infosperber.ch)
“Correctiv” berichtete über den milliardenschweren Betrug mit Cum-Ex-Geschäften. Dies führte unter anderem dazu, dass eine Bank zu ersten Schadensersatzzahlungen in Höhe von 45 Millionen Euro verurteilt wurde. Anstatt sich bei den Aufklärern dafür zu bedanken, zeigte die Schweizer Justiz “Correctiv”-Chef Oliver Schröm bei der Staatsanwaltschaft Hamburg an. Der Vorwurf: “Verdacht der Anstiftung zum Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen”. Nun haben die Hamburger Staatsanwälte die Akte geschlossen. Auf der “Correctiv”-Website heißt es dazu: “Nach 423 Tagen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg aufgehört gegen den CORRECTIV-Chefredakteur Oliver Schröm zu ermitteln: Das “Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt”, teilte die Behörde in einem Einzeiler mit. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht, der eine weitere Ermittlung oder gar Anklage rechtfertige.”

AfD-Talkshows, “Mad”-Aus, Harald Schmidts Dieter-Nuhrisierung

1. “Öffentlich-rechtliche Talkshows sind Werbeträger für die AfD”
(deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf, Audio: 8:30 Minuten)
Der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister spricht im Deutschlandfunk über die Rolle von Talkshows in Bezug auf politische Berichterstattung. Hachmeister nennt das Format ein “Ritual der Politiksimulation”, das durch Taktung und Inszenierung der AfD in die Hände spiele: “Man muss eigentlich dieses System austrocknen, man müsste diesen Talkshow-Sumpf, um es mal so hart zu sagen, trockenlegen. Und das gelingt nur, indem man ihm insgesamt weniger Beachtung schenkt, auch über die sozialen Medien, über Twitter. Es kommt ja noch dazu, dass diese Talkshows in den Tageszeitungen zum Teil rezensiert werden wie Theateraufführungen, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum Beispiel, die macht das regelmäßig, auch online. Und damit bekommt das Ganze ja noch mehr Gewicht, und das ist insgesamt für die Temperatur der gesellschaftlichen Debatte kein guter Zustand.”

2. Die Dieter-Nuhrisierung von Harald Schmidt
(blogs.faz.net, Martin Benninghoff)
Der “FAZ”-Autor Martin Benninghoff ist über einige Äußerungen von Harald Schmidt im Interview mit dem ORF verwundert und fragt: “Kann es sein, dass Schmidt eine Dieter-Nuhrisierung durchmacht? Indem er aus einer Position der Selbstgefälligkeit heraus den bräsigen Mainstream bedient?”

3. Hans-Ulrich Jörges zittert um Angela Merkel
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier wundert sich, wie “Stern”-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges es schafft, eine ganze Seite mit Geraune und Spekulationen über Angela Merkels Gesundheitszustand zu füllen: “Er weiß, um es vorwegzunehmen, nichts über den Gesundheitszustand von Angela Merkel. Er sieht die Bilder, die wir alle gesehen haben, und dann geht er zum Recherchieren in seinen Kopf und lässt uns staunend teilhaben an den Abgründen, die sich dort auftun.”

4. Kriminalisierung von Tor-Servern stoppen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen kritisiert die Bestrebungen des Bundesinnenministeriums, Tor-Server und Anonymisierungsdienste zu kriminalisieren. Die Organisation wäre davon selbst betroffen: “Wir wehren uns gegen die Kriminalisierung unseres Einsatzes für Anonymität im Internet. Nur weil wir Tor-Knoten betreiben, sind wir nicht kriminell. In unseren Trainings zur digitalen Sicherheit erleben wir täglich, wie wichtig ein VPN oder der Tor-Browser für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten geworden ist. Solche Angebote gilt es im Zeitalter zunehmender Überwachung zu stärken, anstatt zu kriminalisieren.”

5. LKA ermittelt nach tausenden Hass-Kommentaren zu Lübcke
(hessenschau.de, Heike Borufka & Tobias Lübben)
Im Zusammenhang mit dem Mord am früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke tut sich ein Abgrund von Hass und Häme im Internet auf. Das Landeskriminalamt Hessen will der geballten Hasskriminalität nun mit einer eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe begegnen. Man rechne mit mehreren tausend Strafverfahren.
Weitere Lesetipps: t-online.de berichtet über die Initiative HateAid: Opfer erzählt: So half mir die neue Shitstorm-Feuerwehr. Siehe dazu auch den Facebook-Eintrag von HateAid-Mitgründer Gerald Hensel.
Außerdem einen Blick wert: der Bericht zur neuen Hate-Speech-Studie: Eine massive Einschränkung der Meinungsvielfalt (belltower.news, Oliver Saal & civic.net).

6. Regular Issue Mad Covers
(madcoversite.com, Dough Gilford)
Das amerikanische “Mad”-Magazin steht nach 67 Jahren kurz vor dem Aus und füllt die nächsten Ausgaben nur noch mit Alt-Material. Vielleicht ein Anlass, einen wehmütigen Blick auf Dough Gilfords Website zu werfen, auf der alle “Mad”-Cover seit 1952 abgebildet sind.

Was Grüne und AfD und alle anderen gemeinsam haben

In der “Bild”-Zeitung gab es am Dienstag einen bemerkenswerten Vergleich:

Ausriss Bild-Zeitung - Mit Gefühlen zum Erfolg - Was Grüne und AfD gemeinsam haben

WIE sie für ihre Themen kämpfen, WIE sie den Gegner attackieren und WIE sie in bestimmten Teilen Deutschlands von der GroKo-Müdigkeit profitieren — das haben beide Parteien gemeinsam. Vor allem die Betonung von GEFÜHLEN.

Damit ihre These irgendwie passt, greifen die “Bild”-Autoren Nikolaus Blome und Florian Kain zu fragwürdigen Mitteln. Zum Beispiel beim Punkt “WIE sie den Gegner attackieren”. Blome und Kain schreiben dazu:

AfD wie Grüne verteufeln sich gegenseitig, leben aber auch von der gemeinsamen Feindschaft. Die AfD verunglimpft die Grünen als verantwortlich für eine (vermeintlich) “rot-grün versiffte” Republik. (…) Viele Grüne meinen die AfD, wenn sie “Nazis raus” rufen, und mobilisieren mit dem “Kampf gegen Rechts”. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach wegen der AfD-Wahlerfolge vom “Dammbruch für Demokratie und Rechtsstaat”.

Das Zitat der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock reißt das “Bild”-Duo für seine Beweisführung ordentlich aus dem Zusammenhang: Baerbock hat tatsächlich mal von einem “Dammbruch für Demokratie und Rechtsstaat” gesprochen. Sie meinte damit allerdings nicht, wie Blome und Kain behaupten, die Wahlerfolge der AfD, sondern eine mögliche Koalition der CDU mit der AfD. Komplett lautete ihre Aussage in einem Interview mit dem “Tagesspiegel”:

Was würde es für die Chancen von Schwarz-Grün im Bund bedeuten, wenn die CDU im Osten mit der AfD koalierte?

Die CDU hat einstimmig — mit den Stimmen der Delegierten aus den ostdeutschen Bundesländern — Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen. Da nehme ich die Partei beim Wort, namentlich die Parteichefin und die Kanzlerin. Alles andere wäre ein Dammbruch für die Demokratie und den Rechtsstaat — Österreich zeigt das. Das muss den Verantwortlichen in der Union klar sein.

Und was ist das angebliche grundlegend verbindende Element “MIT GEFÜHLEN ZUM ERFOLG” überhaupt für eine Kategorie? Welche Partei versucht nicht, Gefühle anzusprechen? Was anderes macht etwa die CDU, wenn sie zum Europawahlkampf plakatiert: “Wir wählen Sicherheit. Du auch?”?

Natürlich sprechen Parteien Gefühle an, auch die AfD, auch die Grünen. Die Frage ist dann, wie irrational dieses Vorgehen ist. Und ist der Kern der heutigen Klimaschutzbewegung nicht ausgesprochen wissenschaftsbetont? Es macht doch einen Unterschied, ob man vor einer drohenden Klimakatastrophe warnt, vor der auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit warnen, und damit Gefühle anspricht, oder ob man vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands warnt und damit Gefühle anspricht. Für die “Bild”-Autoren ist das aber alles gleichwertig:

Die Grünen und ihre Anhänger warnen vor dem Untergang der Welt und rechtfertigen damit maximalen (“Es gibt nichts Wichtigeres!”) Klimaschutz. Die AfD und ihre Anhänger warnen vor dem Untergang des “christlichen Abendlandes” und rechtfertigen damit maximalen Grenzschutz vor jedweder Zuwanderung.

Nun haben Blome und Kain ja auch einen Professor gefunden, der sie in diesem Punkt bestärkt:

Professor Eckhard Jesse (Uni Chemnitz) zu BILD: “Wer Klimawandel ignoriert und wer die Massenzuwanderung zum Maß aller Dinge macht, lässt sich ebenso von Gefühlen treiben wie derjenige, der Klimawandel zum Maß aller Dinge macht und Massenzuwanderung ignoriert.”

Eckhard Jesse setzt auch gern mal die rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz, bei denen es unter anderem Angriffe auf Journalisten von hitlergrüßenden Neonazis gab, mit linken Waldbesetzern im Hambacher Forst gleich, die Polizisten mit Exkrementen beschmeißen (was wahrlich eklig und bescheuert, aber eben nicht lebensbedrohlich ist). Und Jesse schrieb — zugegebenermaßen vor knapp 30 Jahren — unter anderem, dass Antisemitismus und Rechtsextremismus teilweise “mehr Phantom als Realität” seien und dass jüdische Organisationen “Antisemitismus in einer gewissen Größenordnung” bräuchten, “um für ihre Anliegen Gehör zu finden und ihre legitimen Interessen besser zur Geltung zu bringen.” Und: “Auf Dauer dürfte Judenfeindlichkeit nicht zuletzt gerade wegen mancher Verhaltensweisen von Repräsentanten des Judentums an Bedeutung gewinnen”. Wie passt so ein Experte zur “Bild”-Redaktion, die am Montag noch eine Kippa zum Ausschneiden auf ihre Titelseite druckte, um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland zu setzen?

Aber das ist dann vielleicht auch alles egal, wenn man auf Biegen und Brechen einen Vergleich zwischen Grünen und AfD hinbekommen will.

Mit Dank an Eva für den Hinweis!

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AfD-Anfrage landet ungeschminkt in “Bild”

Wenn die AfD-Fraktionen inhaltlich schon nichts in den Landtagen und im Bundestag beizutragen haben, wollen sie wenigstens durch sinnlose Kleine Anfragen an die jeweiligen Regierungen den Apparat ein bisschen lahmlegen. Sie fragen dann zum Beispiel nach Vergewaltigungen in Parks, die gar nicht existieren (PDF), oder nach einer angeblichen “militanten Szene der Veganer in NRW” (PDF) . Eine der peinlichsten Anfragen auf Bundesebene dürfte jene nach dem Einsatz von “Visagisten, Stilberatern und Friseuren” bei “der Bundeskanzlerin, den Bundesministern, den Staatsministern oder anderen hochrangigen Regierungsvertretern” sein (PDF).

Die (bereits zwei Wochen alte) Antwort darauf (PDF) könnte unspektakulärer nicht ausfallen: Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz nahm im Zusammenhang mit ihren beruflichen Aufgaben zweimal die Dienste eines Visagisten in Anspruch, Finanzminister Olaf Scholz einmal, genauso Außenminister Heiko Maas, Umweltministerin Svenja Schulze viermal, Bildungsminist …

… Pardon, wir sind kurz eingenickt …

… Bildungsministerin Anja Karliczek einmal und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner “in Einzelfällen”.

Joar.

Wer diese ganze Sache nicht spätestens jetzt wegen Bedeutungslosigkeit ignoriert, dem ist nicht mehr zu helfen. Oder er arbeitet bei “Bild”. Oder beides. Florian Kain gestern in der “Bild”-Zeitung:

Ausriss Bild-Zeitung - Die ungeschminkte Wahrheit über unsere Minister - Welche Minister haben sich in dieser Legislatur einen Visagisten gebucht, um sich vor Auftritten schminken zu lassen?

Es folgt dann lediglich noch die Aufzählung aus der Antwort der Bundesregierung. Sonst nichts weiter. Keine Einordnung, keine weiteren Gedanken, nichts. Wobei, nicht ganz — es gibt noch eine Quellenangabe ganz am Ende des Artikels:

Ausriss Bild-Zeitung - Quelle: Regierungsantwort auf AfD-Anfrage

“Bild” und andere Medien des Axel-Springer-Verlags akzeptieren grundsätzlich keine Anzeigen der AfD. Aber das ist letztlich auch gar nicht nötig — der Nonsens der Partei landet ja auch so ungefiltert im Blatt.

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