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Gericht: Springer verhöhnt “Bild”-Opfer

Das Landgericht München I hat die Axel Springer AG heute zu einer Zahlung von 50.000 Euro an eine Frau verurteilt, über die die “Bild”-Zeitung im September 2005 in unzulässiger und beleidigender Weise berichtet hat. Weil der Artikel auch gesundheitliche Probleme der Frau mitverursacht habe, muss der Verlag zudem für die Kosten aufkommen, die ihr dadurch entstanden sind oder noch entstehen. Neben der Axel Springer AG haften auch Clemens Hagen, der presserechtlich Verantwortliche der entsprechenden Ausgabe, sowie Rolf Hauschild, der Leiter von “Bild-München” — obwohl er am Produktionstag nicht in der Redaktion gewesen sein soll.

Dokumentation

Eine ausführliche Darstellung der Hintergründe des Prozesses:

Nach Ansicht des Gerichtes hat der “Bild”-Artikel das Persönlichkeitsrecht der Klägerin “in einer besonders schweren Weise” verletzt. Die Kammer wies die Gegenargumente der Axel-Springer-AG deutlich zurück und sah in dem Verhalten des Justiziariats des Verlages “eine zusätzliche Verhöhnung” des “Bild”-Opfers. Die Anwälte Springers hatten bereits vor dem Urteil angekündigt, in Berufung zu gehen. Einen vom Gericht angeregten Vergleich hatte der Vorstand der Axel Springer AG offenbar abgelehnt.

Es geht um eine Frau aus München, deren türkischer Ehemann bei seiner Einreise nach Deutschland am Flughafen unter dem Verdacht verhaftet wurde, elf Jahre zuvor seine damalige Freundin umgebracht zu haben. In einem “Bild”-Artikel war die Frau identifizierbar: Die Zeitung nannte ihren richtigen Vorname, der durch eine besondere, in Deutschland seltene Schreibweise auffällt, den richtigen Anfangsbuchstaben des Nachnamens, ihr Alter, ihren Beruf, den Stadtteil, in dem sie wohnt — und beschrieb sogar das Klingelschild an der Wohnungstür. Das Gericht erklärte in seiner Urteilsbegründung:

Unter diesen Umständen ist die Annahme, dass die Klägerin nicht zumindest in ihrem privaten und beruflichen Umfeld erkennbar ist [wie Axel Springer behauptet hatte], lebensfremd.

Die Frau habe ein Recht darauf, nicht erkannt zu werden, so das Gericht. Schon bei dem Ehemann, der damals noch nicht verurteilt war, sei zweifelhaft, ob er hätte identifiziert werden dürfen.

Umso mehr muss die Presse dafür Sorge tragen, dass Personen des privaten Umfeldes, die mit der vorgeworfenen Straftat nichts zu tun haben, nicht in erkennbarer Weise in die Öffentlichkeit gezogen werden.

(…) Hinzu kommt noch, dass über die Klägerin in weitem Umfang gerade nicht in Zusammenhang mit der Straftat berichtet wird. So ist weder der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine                  aus                  handelt, noch der Umstand, dass sie zehn Jahre älter als ihr Ehemann ist oder welcher Name auf dem Klingelschild steht, von irgendeiner Relevanz für die Berichterstattung über die Strafverfolgung.

(…) Schon die Überschrift (…) — “Münchnerin heiratete diesen eiskalten Killer” – (…) stellt in reißerischer Manier die Beziehung der Klägerin zum Verdächtigen heraus.

Der Eingangssatz “Mit Mitte 40 noch mal einen zehn Jahre jüngeren Mann abgreifen – für die Münchner                                  . war’s wie ein Hauptgewinn im Lotto.” Stellt eine Beleidigung der Klägerin dar. Die Klägerin wird herabgewürdigt, indem ihr unterstellt wird, aus einer Art “Torschlusspanik” heraus eine Beziehung zu ihrem Ehemann eingegangen zu sein. Damit wird ihr gleichzeitig unterstellt, normalerweise für eine Beziehung zu alt und nicht mehr attraktiv zu sein.

Unter diesen Umständen sind die Ausführungen in der Klageerwiderung, der Artikel wecke Mitleid mit der Klägerin und Erleichterung, dass ihr nichts passiert sei, eine zusätzliche Verhöhnung der Klägerin.

Das Gericht kam nach einem psychologischen Gutachten zur Überzeugung, dass der “Bild”-Artikel die Gesundheit der Betroffenen beeinträchtigt habe. Er sei für verschiedene Störungen zumindest “mitursächlich” gewesen. Deshalb müssen Springer und die “Bild”-Redakteure auch für materielle Schäden wie Verdienstausfälle oder Behandlungskosten aufkommen, die der Frau aufgrund des Artikels entstanden sind oder in Zukunft noch entstehen. (Im Justizdeutsch heißt das: Sie haften “dem Grunde nach”.)

Zudem müssen sie 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Höhe der Summe begründete das Gericht damit, dass die “Bild-München” eine starke Verbreitung aufweise, die Klägerin “in reißerischer Form” hervorgehoben habe und ohne Anlass herabgesetzt worden sei. Der Betrag soll auch abschreckend wirken.

Bei Bild.de haben Bierwucherer leichtes Spiel

Das Wetter wird schlechter, Italien und Russland haben in ihren ersten Fußball-EM-Spielen traurig gespielt — und wir pfeifen heute mal aufs Urheberrecht und drucken einen Bild.de-Artikel komplett nach:

[Artikel-Anfang]

Der Warenkorb eingefleischter Fußballfans während einer EM unterscheidet sich markant von dem des Durchschnittsverbrauchers. Bier braucht darin reichlich Platz.

Die Unterschiede lassen staunen: Wer sich in Stockholm, Rom oder Ankara 0,33 Liter Markenbier aus dem Supermarkt holt, bekommt in Bukarest, Amsterdam oder Wien die zwei bis dreifache Menge für das gleiche Geld.

Das internationale Consulting-Unternehmen Mercer hat die Bierpreise im Einzelhandel in den Hauptstädten der EM-Teilnehmerländer unter die Lupe genommen.

Schlachtenbummler aus 13 der 16 EM-Teilnehmerländer werden in Wiener Supermärkten weniger für ihr Bier bezahlen, als sie das in der Hauptstadt ihrer Heimat müssten.

Mittelmaß sind die Supermarktpreise für 0,33 Liter in Paris (1,45 EUR), Berlin (1,20 EUR), Athen (1,56 Euro), Bern (1,58 Euro), Moskau (1,20 Euro) und Warschau (1,31 Euro).

In der Stadt der Kaffeehäuser kommt das Bier (1,08 Euro) nur wenig teurer als in den Bierparadiesen Amsterdam (0,94) und Bukarest – mit 0,88 Euro der unangefochtene Europameister beim günstigen Bierpreis.

Fast schon ungehörig präsentieren sich die Bierpreise in anderen Teilen Europas. Wenn die zahlreichen italienischen Fans (Rom: 2,30 EUR) in Wien ihre gewohnten Budgets für Bier einsetzen, müssen sie auf der Hut sein, dass sie anderntags nicht der Kater vom Ball trennt. Denn für das gleiche Geld erwerben sie hier mehr als die zweifache Menge an Bier.

Am Genießertipp, dass das Pils in Prag gut und billig (2,03 EUR) sei, stimmt immerhin noch der erste Teil. Am teuersten in Europa wird Bier übrigens in Großbritannien gehandelt: Gegen 3 Euro für 0,33 Liter in London nehmen sich sogar die 2,44 Euro in Stockholm als Schnäppchen aus.

Schuld an der großen Preisspanne ist übrigens die unterschiedliche Besteuerung.

[Artikel-Ende]

Erschienen ist dieser schmissige Artikel (Lesen Sie ruhig den “Wer sich in Stockholm…”-Satz noch einmal!) gestern mittag auf Bild.de im Ressort “Wirtschaft”.

Na, logisch!

“Warum dennoch die krassen Preisdifferenzen? – ‘Das liegt zum Geringeren an der Industrie und am Handel,’ nimmt Mercer-Principal Dirk Ewert Vermutungen um regionale Preiskartelle den Schaum vom Glas. ‘Eher schon an den national stark unterschiedlichen Besteuerungen von Bier. Da ist es ohnehin bemerkenswert, dass Bier in Wien etwas weniger kostet als in Berlin – obgleich es hier mehr als doppelt so stark besteuert wird wie im Nachbarland Deutschland.'”
(Quelle: Mercer)

Erschienen ist er aber auch, knapp fünf Tage früher, auf pressetext.at, einem österreichischen Portal für Pressemitteilungen. Nur dort eben nicht als Bild.de-Artikel, sondern quasi wortgleich (mitsamt “Wer sich in Stockholm…”-Satz und allem) als Pressemitteilung des “Consulting-Unternehmens Mercer”. Bild.de hat den Text nur hie und da um Wörter wie “denn” und “immerhin” gekürzt, “Rumänen ist Europameister” drübergeschrieben – und am Ende aus einem ohnehin abwegigen Erklärungsversuch für die Preisunterschiede (siehe Kasten) eine Tatsache gemacht.

Darüber allerdings, was von der Studie überhaupt zu halten ist, hat sich bei Bild.de im Copy&Paste-Taumel offensichtlich niemand Gedanken gemacht: 1,20 Euro für 0,33 Liter Markenbier im einem Berliner Supermarkt?! Selbst im Berliner KaDeWe kostet die Flasche Beck’s zzgl. Pfand nur 67 Cent (Quelle: BILDblog-Recherche). Und fragt man bei Mercer nach, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die angegebenen Bier-Preise für den hauseigenen “Executive Cost of Living Report” eigentlich errechnet wurden, ist die Antwort nicht nur vorläufig, sondern auch ernüchternd: Vor-Ort-Mitarbeiter gehen in den angegebenen Städten “mit einer Einkaufsliste in einen Supermarkt” und melden anschließend die vorgefundenen Preise an Mercer. Um welchen Supermarkt es sich handelt oder so, will Mercer uns eventuell am Freitag mitteilen.*

Ach, ja: Noch vor zwei Wochen nannte “Bild” selbst als deutschen Durchschnittspreis für eine 0,5l-Flasche Beck’s Bier: 87 Cent.

*) Auch die österreichische Nachrichtenagentur APA veröffentlichte eine leicht umgeschriebene Version der Mercer-Pressemitteilung — und weder ORF.at noch Standard.at noch diepresse.com oder Oe24.at konnten widerstehen, ihr Gehirn auszuschalten und sie weiterzuverbreiten… Offenbar betrug der durchschnittliche Supermarktpreis für 0,5 Liter Bier in Österreich 2007 laut Statistik Austria übrigens 90 Cent.

Mit Dank an Leo für die Anregung.

Nachtrag, 13.6.2008: Bereits gestern hat sich die PR-Agentur comm.in wegen der Mercer-Studie noch einmal bei uns gemeldet – allerdings ohne echte Neuigkeiten: Wie uns eine Sprecherin sagte, handele es sich bei den angegebenen Bierpreisen um “Listenpreise”, die von “Feldforschern vor Ort in regulären Supermärkten ermittelt” würden: “Ich zweifle nicht daran, dass die Preise korrekt eingesammelt wurden.” Die Frage, in welchen Supermärkten die “Feldforscher” in Berlin, Wien usw. ihr Bier zu Fantasie-Wucher-Preisen einkaufen, konnte sie nicht beantworten. Immerhin: Bild.de hat reagiert und den “Artikel” noch einmal überarbeitet: Statt “Rumänen ist Europameister” heißt es nun in der Überschrift korrekt “Rumänien ist Europameister”. Das war’s. Ansonsten wird die absurde Pressemitteilung den Lesern weiterin unverändert als redaktioneller Beitrag verkauft.

Wie “BILD hilft”

Das ist natürlich sehr unangenehm. Die “ganze Hartz-IV-Kohle” habe der Chef einer Fitness-Studio-Kette einer Münchner Familie vom Konto gepfändet, schreibt “Bild”:

Und entweder, die “Bild”-Zeitung weiß auch nicht, wie es weitergehen soll, oder sie hat es der Familie – auf jeden Fall aber ihren Lesern – verschwiegen, denn mit Olgas Hilflosigkeit endet der Artikel.

Deshalb haben wir mal eben versucht herauszufinden, wie es für die Familie weitergehen könnte: Sie sollte so schnell wie möglich einen Antrag auf Pfändungsschutz beim Amtsgericht stellen. Auf der Internetseite der Schuldnerberatung Berlin heißt es in der Rubrik “Fragen zum Thema Kontopfändung”:

Mit Eingang des “Pfüb” (Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses) bei der Bank wird Ihr Konto gesperrt. Lassen Sie sich eine Kopie des “Pfüb” (Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses) von der Bank geben. Die einmalige 14-tägige Schutzfrist, in welcher die Bank nicht an den Gläubiger auszahlen darf, hat begonnen. Wenn kein Pfändungsschutz beantragt wird, geht das Geld danach an den Gläubiger. Wird auch vor dem nächsten Geldeingang kein Pfändungsschutz beantragt, geht dann diese zweite Zahlung von Gehalt, Rente etc. sofort ohne Schutzfrist an den Gläubiger. Um dies zu vermeiden, muss für die Freigabe vor dem nächsten Lohneingang der Antrag gestellt sein.

Und sogar an Hartz-IV-Empfänger hat man bei der Schuldnerberatung gedacht:

Sozialleistungen sind nach Eingang des Geldes 7 Tage lang “geschützt”. Dies bedeutet: Bei Vorlage Ihres Leistungsbescheides muß die Bank innerhalb dieser Frist die Sozialleistungen in voller Höhe auszahlen. (…) Hinweis: Nach Ablauf der 7-tägigen Frist haben Sie für laufende Sozialleistungen noch weitere 7 Tage Zeit, zumindest den bereits beschriebenen Pfändungsschutz zu beantragen.

Davon ausgehend, dass die “Hartz-IV-Kohle” regulär auf dem Konto der Familie eingegangen ist, wird die Zeit also knapp.

Deshalb unser Tipp: Wenden Sie sich in solchen Fällen besser gleich an jemanden, der sich mit sowas auskennt – und lieber nicht an die “Bild”-Zeitung.

Mit Dank an Sarah K. für den Hinweis.

Andreas Englisch ist leicht zu verwirbeln

Andreas Englisch ist bekanntlich “BILD-Vatikan-Korrespondent” und stellte am vergangenen Samstag diese bedeutungsschwangere Frage:

"Ermordeten Nazis den behinderten Cousin von Papst Benedikt?"
Vatikan – Bringt ein US-Historiker ein trauriges Geheimnis aus der Familiengeschichte unseres Papstes Benedikt XVI. (81) ans Licht? (…) Vom Vatikan war gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Keine Frage!


“Ein US-Historiker bringt ein trauriges Geheimnis aus der Familiengeschichte unseres Papstes Benedikt XVI. (81) ans Licht. Die Nazis haben 1941 einen Cousin Benedikts verschleppt und ermordet.

Enthüllt hat das der angesehene US-Historiker Brennan Purcell von der Universität De Sales (Pennsylvania) in seinem Buch „Benedikt von Bayern – ein intimes Porträt des Papstes“ (nur in den USA erschienen).

Auch der Vatikan bestätigt diese Geschichte. Georg Gänswein, Privatsekretär des Papstes, erklärte gegenüber BILD die Richtigkeit des traurigen Familien-Geheimnisses.”
(Quelle: Bild.de)

Und weil der Privatsekretär des Papstes die Sache nachträglich doch noch “gegenüber BILD” bestätigte, findet sich inzwischen auch eine (nachträglich um ein paar Fragezeichen, “solls” und Zweifel bereinigte) Fassung von Englischs Artikel bei Bild.de (siehe Kasten).

Sonderlich schwer dürfte es dem Vatikan jedoch nicht gefallen sein, “die Richtigkeit des traurigen Familien-Geheimnisses” zu bestätigen. Im Gegenteil: Der Fidesdienst des Vatikan hatte vor zweieinhalb Jahren schon beiläufig vermeldet, dass Papst Benedikt XVI. am 28. November 1996, damals noch als Kardinal, auf einer vom Päpstlichen Rat organisierten internationalen Konferenz eine Rede gehalten habe.

Dabei erzählte er den Anwesenden vom Fall seines jüngeren Cousins, den das Nazi-Regime 1941 getötet habe, weil er am Down-Syndrom erkrankt war.

Und für Leute, die diesen Fidesdienst nicht kennen, steht “das traurige Familien-Geheimnis” (“Bild”), das jetzt angeblich “enthüllt” wurde, seit April 2006 (und bis heute) auch bei Wikipedia.

P.S.: Anders als beim letzten Mal erhielten wir auf eine Anfrage bei Englisch bislang nicht nur keine ausführliche und falsche Antwort, sondern gar keine.

iPhone hält sich nicht an “BamS”-Wissen

Apple hat sein neues iPhone vorgestellt. Und es ist fast rührend, mit welcher Treuherzigkeit Bild.de nicht nur berichtet, wie es aussehen wird und was es kann, sondern gleichzeitig zu einem Blick ins eigene Archiv animiert:

Denn wer darauf klickt, sieht nicht die ersten Bilder vom UMTS-iPhone und erfährt auch nicht, wie es “wirklich” aussieht. Er kann sich aber einen guten Eindruck von der Kompetenz der Redaktion machen.

Der verlinkte Artikel stammt aus der aktuellen “Bild am Sonntag”, und er beginnt mit den Worten:

Das wird Apple-Chef Steve Jobs stinken. Eigentlich wollte er das neue iPhone der Welt selbst als erster zeigen. Es sollte die Sensation zum Auftakt der Entwicklerkonferenz WWDC am Montag in San Francisco werden (19 Uhr, MEZ).

Doch vorab sind schon erste Fotos des neuen Super-Handys im Internet aufgetaucht.

Wenn Steve Jobs sie überhaupt zur Kenntnis genommen hat, die Fotos und Berichte, wird er sich gut amüsiert haben. Denn die Bilder haben ungefähr nichts mit dem tatsächlichen neuen iPhone gemein. Es kommt weder in “schreienden Farben” daher, wie die “Bild am Sonntag” behauptete, noch hat es eine zweite Kamera an der Vorderseite, wie die “Bild am Sonntag” vermutete.

Irgendjemand hat mit seinem Grafikprogramm herumgespielt, und die “Bild am Sonntag” ist darauf hereingefallen. Dabei gehören solche Fakes zur traditionellen Apple-Folklore, und in diesem Fall mangelte es den Bildern auch nicht an Warnsignalen — für den, der sie sehen wollte. Bei einem der abgebildeten Telefone fehlt zum Beispiel der Einschaltknopf. Das einschlägige Blog “Engadget” hatte darüber deshalb schon am Samstag das Wort “Faaaaake” geschrieben (mit 24 “a”). Andererseits hat das Wort “geheim”, das die “Bild am Sonntag” stattdessen wählte, ja eine ähnliche Bedeutung.

Mit Dank an Olaf, Sebastian H., Jörg H. — und das fscklog!

Nachtrag, 21:30 Uhr. Na sowas: Bild.de hat den großen Hinweis auf den peinlichen Artikel im Archiv entfernt.

Wie kommen die jetzt nochmal darauf?

Wie kommt’s, dass Bild.de derzeit unter der Überschrift “Hat sich der Äquator verschoben?” und unter ausdrücklichem Verweis auf eine “Bild”-Geschichte aus dem Jahr 2003 (siehe oben) noch einmal ausführlich abaufschreibt, was damals schon in “Bild” stand?

  • A: In Deutschland ist gerade schönes Wetter.
  • B: Die entsprechende “Bild”-Ausgabe vom 8. August 2003 lag gerade zufällig in der Redaktion rum.

Zu sexy, um nicht wahr zu sein

Auf sueddeutsche.de gibt es ja heute dieses Interview mit dem Paartherapeuten Ragnar Beer, aus dem wir mal kurz zitieren:

sueddeutsche.de: Eine Tageszeitung titelte kürzlich: “Jede zweite Ehefrau geht fremd” …

Beer: Woher wissen die das?

sueddeutsche.de: Die berufen sich auf Ihre Theratalk-Studie.

Beer: Dann haben die wohl etwas falsch verstanden.

sueddeutsche.de: Moment, in dem Artikel steht, dass 55 Prozent der Frauen und 49 Prozent der Männer schon einmal eine Affäre hatten.

Beer: An unserer Studie nahmen aussschließlich Untreue teil. Davon sind 55 Prozent Frauen, 45 Prozent Männer. Mit dem Anteil der Untreuen in der Gesamtbevölkerung hat das nichts zu tun.

Aus der “Abendzeitung”

“55 Prozent der Frauen, auch verheiratete, gaben an, dass sie in ihrer Partnerschaft einen Seitensprung begangen haben. Männer (49 Prozent) leisten sich demnach zwar etwas weniger oft eine Affäre, sind dafür aber häufiger Wiederholungstäter (…).”

Aber wenn Sie jetzt glauben, Sie wüssten längst, welche “Tageszeitung” da wohl gemeint war… Irrtum: Es war die Berliner “Bild”-Schwester “B.Z.”. Und sie war nicht einmal allein. Auch der “B.Z.”-Konkurrent “Berliner Kurier” berichtete: “Jede 2. Ehefrau geht fremd”. Und die “Augsburger Allgemeine”. Und Oe24.at. Und “Men’s Health”. Und alle hatten die falschen und falsch interpretierten Zahlen offensichtlich aus der Münchner “Abendzeitung” abgeschrieben, die bereits vorgestern über Beers Studie berichtet und sogar (anders als “B.Z.” und “Kurier”) mit Beer gesprochen zu haben scheint — und dennoch schrieb: “Jede zweite Frau betrügt ihren Partner” (siehe Kasten).

“Bild” wäre jedoch nicht “Bild”, wenn man sich so eine Geschichte entgehen ließe und den Unsinn nicht wenigstens online ebenfalls ungeprüft weiterverbreitete:

Männer, ihr müsst jetzt stark sein. Eine Umfrage enthüllt: Jede zweite Frau betrügt ihren Partner! Häufigster Grund: Sex-Frust.

Über diese Studie berichten die Berliner “B.Z.” und die Münchener “Abendzeitung”: Der Psychotherapeut Dr. Ragnar Beer (Universität Göttingen) ließ für die Treue-Studie “Theratalk” 5934 Männer und Frauen, viele verheiratet oder in langjährigen Partnerschaften lebend, zu ihrer Treue-Einstellung befragen.

Ergebnis: Die Frauen treiben’s schlimmer als die Männer. 55 Prozent gaben an, schon einmal ihren Partner betrogen zu haben. Das sagte bei den Männern nicht mal jeder Zweite (49 Prozent).

Mit Dank an Carsten K. für den Hinweis.

Auslassungen über “Titanic”-Satire

Weil auf den aktuellen Titelseiten der Satire-Magazine “Eulenspiegel” und “Titanic” ein Mann aus Amstetten zu sehen ist, den die “Bild”-Zeitung mit Vorliebe “Inzest-Monster” nennt, bewegen sich die beiden Magazine laut Bild.de “scharf am Rande zwischen Heiter- und Geschmacklosigkeit”.

Des Weiteren ist Bild.de offenbar nicht viel mehr dazu eingefallen, als die umstrittenen Titelbilder abzubilden, eigentlich längst beantwortete Fragen zu stellen (siehe Ausriss) und drei Leserkommentare aus Oe24.at, dem Online-Angebot der österreichischen Boulevardzeitung “Österreich”, nachzudrucken – eines allerdings, vermutlich aus Platzgründen, leicht gekürzt:

Bild.de-Version Originalversion
“Anstatt sich nun darüber zu ärgern, dass wir Deutschen Humor haben und ihr Österreicher keinen, sollte man lieber den Hintergrund von Satire erkennen. (…) Außerdem gibt es halt nun mal keine anderen Promis in Österreich…”
(Auslassung von Bild.de)
Anstatt sich nun darüber zu ärgern, dass wir Deutschen Humor haben und ihr Österreicher keinen, sollte man lieber den Hintergrund von Satire erkennen. Im gegebenden Fall wird ja nicht Österreich oder die Opfer des Herrn Fritzl verhöhnt, die Satire bezieht sich auf die geschmacklose Berichterstattung der Boulevardpresse und die kommerzielle Ausnutzung der menschlichen Schicksale. Beteiligten. Außerdem gibt es halt nun mal keine anderen Promis in Österreich…
(Hervorhebung von uns.)

Mit Dank an Mick für den Hinweis.

Sexy Klicks jetzt live bei BILDblog

Herzlich willkommen, liebe Leserinnen und Leser, beim diesjährigen Bilderklickmarathon der “100 schärfsten Frauen der Welt”, zusammengestellt von “FHM” und präsentiert von Bild.de! Schön, dass Sie live dabei sind! Und für alle, die sich erst jetzt hierher verirrt haben: Megan Fox hat in diesem Jahr das hübsche Näschen vorn, dicht gefolgt von Jessica Biel, Jessica Alba, Elisha Cuthbert und — doch was sehe ich da! Kate Beckinsale! Die Zehntplatzierte kann sich sogar über eine… ja, das ist tatsächlich eine waschechte Doppelplatzierung: gleichzeitig zehnt- und siebenundfünfzigstschärfste Frau der Welt! Wahnsinn! Gratulation an dieser Stelle auch an Beyonce Knowles, Natalie Portman, Keira Knightley, Gisele Bündchen, Carmen Elektra, Jessica Simpson, Rachel Bilson und, last not least, Cameron Diaz, die es ebenfalls auf zwei Bild.de-Platzierungen geschafft haben und… ach, schade, schade! Wie wir soeben erfahren, hat Diaz auch bei der Konkurrenz punkten können: Platz 27 beim parallel stattfindenden Klickmarathon der hundert “unsexiesten Frauen”! Das ist bitter… Schwacher Trost für Cameron: Sie ist in guter Gesellschaft! Heidi Klum, Christina Aguilera, Paris Hilton und Pamela Anderson haben es ebenfalls in beide Bild.de-Listen geschafft! Schärfste Frauen ohne Sex-Appeal, da wird Klickgeschichte, ach was: Bild.de-Geschichte geschrieben… Doch was ist das?! … Aus! Vorbei! Der Klickrichter signalisiert: Vorzeitiger Abbruch. Offenbar werden die Bild.de-Plätze 51 bis 100 komplett aus der Wertung genommen, da es sich dabei — anders als bei den ersten 50 — gar nicht um “FHM”-Platzierungen aus der offiziellen “100 sexiest Women in the World 2008”-Liste handelt. Sollte da womöglich der Bild.de-Frauenbeauftragte einfach irgendwelche anderen Listen zweitverwertet haben?! Billiges Faulspiel auf den hinteren Plätzen…? Wurden die Listen gedopt? Das wird wohl erst die Auswertung der Bilderstreckenposten zeigen.

Mit diesem traurigen Verdacht und Dank an die vielen Hinweisgeber geben wir zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.

Ein O für ein U vormachen

In seiner Bild.de-Kolumne “In Dubai dabei” schreibt Joachim Zoellner:

U-Turn in Dubai

Das ist natürlich falsch. Richtig wäre vielmehr:

O-Turn in Dubai

Mit Dank an Alexander H. für den freundlichen Hinweis.

Nachtrag, 16.09 Uhr: Tatsächlich ist das offizielle “U-Turn”-Schild von Dubai dreieckig und rot statt rund und rot. Dennoch gebe es “zu Hauf” runde und rote, wie uns BILDblog-Leser Alexander H. schreibt.

Nachtrag, 19.36 Uhr: Inzwischen hat’s Bild.de wieder so gemacht wie damals, im Dezember 2007, und eine 180-Grad-Wende vollzogen.

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