Archiv für Unsportliches

“Ich lese die ja nur wegen des Sportteils”

Wenn wir noch einmal kurz auf den vergangenen Bundesliga-Spieltag zurückkommen dürfen…

Es war dann nicht nur ein haarsträubender Bild.de-Artikel. Auch die beiden Kollegen von der gedruckten “Bild am Sonntag” haben beim Spiel Gladbach — Dortmund Erstaunliches notiert:

Kehl bekommt die Kugel nicht aus dem 16er, Rafael hält aus 12 Metern drauf. Brzenska fälscht ab — 2:1 (35.).

Nur stand Brzenska gar nicht auf dem Platz. Er war nach der fünften Gelben Karte gesperrt.

Danke an Christian W. für den Hinweis!

0:4

Wir unterbrechen unser Programm für eine Warnmeldung: Im Bundesliga-Spielbericht von Bild.de kommt Ihnen eine Reihe von Falschmeldungen entgegen. Bitte weichen Sie nach Möglichkeit auf andere Informationsquellen aus. Wir informieren Sie, sobald die Gefahr gebannt ist.

Bayern – Köln. Bei Bild.de heißt es:

Poldi flankt – Feulner köpft das Leder aus abseitsverdächtiger Position ins Tor.

Richtig ist: Scherz köpft, Feulner schießt.

Bayern – Köln. Bei Bild.de heißt es:

Makaay bedankt sich, macht endlich mal wieder ein Tor.

“Endlich mal wieder”? Roy Makaay hat auch am letzten Spieltag ein Tor gemacht. Und am Spieltag davor.

Gladbach – Dortmund. Bei Bild.de heißt es:

Nach einer Ecke von Oliver Neuville kommt Nando Rafael in der 6. Minute völlig frei zum Schuß, zieht aus 10 Metern ab!

Richtig ist: Es war kein Schuss, sondern ein Kopfballtor.

Gladbach – Dortmund. Bei Bild.de heißt es:

Nach einem Gladbacher Elfmeter kriegen die Dortmunder den Ball einfach nicht unter Kontrolle. Am Ende macht Rafael sein zweites Tor.

Richtig ist: Es war kein Elfmeter, sondern eine Ecke.

Vielen Dank an Thomas H. für den Hinweis!

Nachtrag, 3. April. Am Sonntagnachmittag hat Bild.de die Fehler korrigiert.

“Bild” streicht “Bild”

Uli Hoeneß, der Manager von Bayern München, hat dem “Stern” ein Interview zur öffentlichen Debatte um Bundestrainer Jürgen Klinsmann gegeben. Seine Aussagen kann man unterschiedlich interpretieren. Der “Stern” selbst moderierte sie in seiner Vorabmeldung mit den Worten an: “Der Manager des FC Bayern München, Uli Hoeneß, unterstützt den umstrittenen Bundestrainer Jürgen Klinsmann und stellt in Aussicht, dass die Bundesliga sogar weitere Länderspiele vor der WM möglich machen könnte.” “Bild” wählte die Variante: “Hoeneß faltet Klinsi zusammen.”

“Bild” zitiert Hoeneß aus dem “Stern” unter anderem so:

Klinsmann braucht diesen großen Befreiungsschlag. Er muß einsehen, daß Sturheit und Eigensinn keine Chance haben. Da steht ein Volk von knapp 80 Millionen Leuten dagegen, mit all deren Bataillonen, die jetzt aufgefahren werden. Das hält kein Mensch aus. Die Mächte sind gegen ihn.”

Doch das Original-Zitat ist länger. “Bild” hat es u.a. in der Mitte gekürzt. Im “Stern” nennt Hoeneß Namen:

Da steht ein Volk von knapp 80 Millionen Leuten dagegen, mit all den Bataillonen, die jetzt aufgefahren werden. Von der “Bild”-Zeitung bis zur “Süddeutschen”. Alle. Das hält kein Mensch aus.

Ja, die eigene Rolle fand “Bild” da wohl nicht so relevant. Man fährt ja bekanntermaßen keine Kampagne gegen Klinsmann.

PS: “Focus Online” hat Hoeneß’ Zitat auf die gleiche Art gekürzt. Dort tauchte das Thema auch erst heute auf, nachdem “Bild” darüber berichtete — und nicht schon gestern nach der Meldung des “Stern”. “Focus Online” zitiert aus dem langen “Stern”-Gespräch nichts, was nicht in dem viel kürzeren “Bild”-Artikel stand. Grad so, als hätte man die “Stern”-Zitate nicht aus dem “Stern”, sondern aus “Bild” abgeschrieben.

Danke an Michael L. für den Hinweis!

Lange Feindschaft

Das NDR-Medienmagazin “Zapp” berichtete gestern in einem ausführlichen Beitrag über “das Geben und Nehmen zwischen Profi-Fußball und “Bild”-Journaille” und die erstaunliche Macht, die die “Bild”-Zeitung in diesem Bereich hat und mit zweifelhaften Methoden aufrecht erhält. Unter anderem ging es dabei auch um die Hintergründe der Kampagne gegen Jürgen Klinsmann, mit dem “Bild” eine jahrelange Feindschaft verbindet.

Freddie Röckenhaus, Sportjournalist: “Die ‘Bild’-Zeitung ist natürlich gewöhnt, dass die wichtigen Figuren im deutschen Fußball mit ihr besonders kooperieren. Das heißt, dass die ‘Bild’-Zeitung Zugang zu besonderen Informationen hat, diese Informationen früher bekommt und so weiter. Das hat sich ja über die Jahrzehnte eingeschliffen, weil eigentlich alle wichtigen Personen im deutschen Fußball immer kooperationsbereit waren. Klinsmann ist das von Anfang nicht gewesen.”

Moritz Müller-Wirth, “Die Zeit”: “Das beste Beispiel ist, dass die ‘Bild’-Zeitung immer schon am Spieltag der Länderspiele die korrekte Mannschaftsaufstellung im Blatt hatte – als einzige Zeitung und als einziges Medium. Klinsmann hat das abgeschafft und hat die Mannschaftsaufstellung seither immer am Spieltag allen Journalisten gleich zur Kenntnis gegeben.”

(Die Sendung wird am Freitag um 15.30 Uhr auf 3sat wiederholt.)

Na, zufrieden? (2)

Okay, wir kapitulieren…

Und man kann uns nicht vorwerfen, wir hätten’s nicht versucht: Nachdem Bild.de am vergangenen Sonntag eine Werbung Meldung von Postbank und “Bild am Sonntag” übernommen und diese mit einer Tortengrafik illustriert hatte (siehe Ausriss), hatten wir auf deren augenfällige Unsinnigkeit* hingewiesen.

Anders als in vielen, vielen anderen Fällen hatte sich Bild.de daraufhin jedoch nicht entscheiden können, die falsche Grafik zu korrigieren (oder — als probate Alternative — ersatzlos zu streichen), weshalb wir heute nachmittag einfach mal eine Mail an die Bild.de-Redaktion geschickt haben.

Eine Antwort erhielten wir nicht. Aber das hanebüchene Ergebnis unserer Bemühungen sieht nun so aus:

*) Sinn und Zweck einer Tortengrafik ist es, Teilwerte eines Ganzen wie Kuchenstücke aussehen und dadurch anschaulich werden zu lassen. Und das funktioniert natürlich nur, wenn der Zuckerbäcker nicht irgendwelche Teigklumpen unter den Tisch fallen lässt. Die Konditorei “BamS” weiß, wie’s geht.

Nachtrag, 16.3.2006: Entgegen anderslautender Vermutungen hat der diensthabende Zuckerbäcker von Bild.de offenbar gar nicht selbst gebacken, sondern nur irgendeine andere alte Torte aus dem Müll gefischt und umdekoriert. Auch schlimm.

Mit Dank an Matthias R. für den Hinweis.

Na, zufrieden?

Dass der Vorwurf, es habe eine Kampagne der “Bild”-Zeitung gegen Jürgen Klinsmann gegeben, “blanker Unsinn” sei, ist ja schon länger bekannt.

Und was genau man sich unter blankem Unsinn vorzustellen hat, zeigt die aktuelle “Sonntagsfrage zur WM”, die kürzlich “im Auftrag von Postbank und ‘Bild am Sonntag'” wie folgt beantwortet wurde:

“Die Kritik an Jürgen Klinsmann schlägt sich jetzt auch auf die Zufriedenheitswerte mit seiner Arbeit nieder.”

Aussage von Postbank und “BamS” stützte sich auf folgende Umfrageergebnisse: 39 Prozent der Befragten äußerten sich zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit Klinsmann, 28 Prozent unentschieden und die übrigen 33 Prozent weniger oder nicht zufrieden, was für “eine der größten Privatkundenbanken Deutschlands” und “Europas größtes Sonntagsmedium” folgende Überschrift nahelegte:

Nur 5 Prozent sind sehr zufrieden mit Klinsmann

Blankerer Unsinn ist da eigentlich nur die Grafik, mit der Bild.de die “Sonntags-Frage zur WM” illustriert:

Mit Dank an Jürgen G. für den Hinweis.

Mehr dazu hier.

Warum hat er “Bild” das nicht vorher gesagt?

Es hat dann doch noch jemand Franz Josef Wagner Bescheid gesagt, dass nicht die Sonne und die Temperaturen ausschlaggebend dafür waren, dass Jürgen Klinsmann die vergangene Woche an seinem Wohnsitz in Kalifornien verbracht hat. Und “Bild”-Kolumnist Wagner, der den Bundestrainer gestern noch beschimpft hat, schreibt deshalb heute einfach nochmal an Klinsmann.

Die Frage, ob man es Klinsmann als Ausrede durchgehen lassen kann, dass er den einjährigen Todestag seines Vaters mit seiner Mutter verbringen wollte, beantwortet Wagner klar mit Ja (“Eine Mutter ist immer mehr wert als ein Pokal”) und Nein (“Es geht nur um die WM”). Und findet einerseits, “daß Klinsmann seine Mutter aus dem Spiel herauslassen muß”, und fragt andererseits, “warum haben Sie uns das nicht vorher gesagt?”

Nun ja, auf diese letzte Frage hätte Wagner eine Antwort finden können. Im ZDF-Interview, das Klinsmann am Sonntag gab:

Ich hab’ meine privaten Gründe, und möchte die niemandem weitererzählen. (…)

Alles, was ich immer [gegenüber dem DFB] kommuniziert habe, stand am nächsten Tag in der Zeitung. Und das sind Dinge, die gehören nicht in die Zeitung. Das sind Dinge, die gehören ins Familienleben. In Deutschland nimmt man sich das Recht heraus, über Leute zu urteilen, die man zum einen nicht kennt, und zum anderen auch die Inhalte nicht weiß. Ich ziehe über irgendjemanden her, nur weil ich Lust habe oder weil ich irgendein Gerücht höre, dann hab ich das Recht, den zu verurteilen. (…)

Wenn es ins Private geht oder soweit geht, dass dann mir Journalisten hinterherfahren in Los Angeles vorm Haus, dich verfolgen, wie du den Kleinen in die Schule bringt, rumschnüffeln in Deiner Nachbarschaft, um zu erfahren, was macht der eigentlich in seinem normalen Alltag, wie jeder andere Mensch auch, ich finde, irgendwo hast du ‘ne Grenze überschritten und das ist jetzt halt passiert.

Zum Vergleich: “Bild” schrieb vor zehn Tagen in einer Art Porträt über Klinsmann (“Wer steckt hinter der Grinsi-Maske?”):

Sein Haus, seine Burg: “Die Öffentlichkeit hat kein Recht auf mein Privatleben.” So hielt es der ehemalige Bäckergeselle aus Geislingen schon immer: den öffentlichen Ruhm als Torschütze ließ sich Jürgen Klinsmann mit Millionen belohnen.

Doch der Mensch klappte zu wie eine Auster.

Keine Frage: Die “Bild”-Kampagne gegen Jürgen Klinsmann dient den eigenen Interessen der Zeitung.

Der mächtigste Mann des deutschen Sports

Die Titelgeschichte des aktuellen “Spiegel” beschäftigt sich mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann. In dem langen Stück geht es unter anderem auch um die “Bild”-Zeitung und ihren stellvertretenden Chefredakteur und Sportchef Alfred Draxler:

Zwei Tage nach dem Spiel [gegen Italien] schrieb er in “Bild”: “Wenn Klinsmann jetzt wirklich in dieses Flugzeug steigt, dann sollte er am besten gleich ganz in Amerika bleiben.” (…)

Draxlers Büro liegt im zehnten Stock des Axel-Springer-Hauses in Hamburg. Er hat einen wunderbaren Blick über die Stadt, in seinem Regal stehen ein kleiner Humidor und ein Großer Brockhaus, von dem die Bände 13 bis 22 fehlen. Er trägt ein weißes Hemd, eine schwarze Hose und hellbraune Schuhe. Sein Haar ist nach hinten gekämmt. Er ist der mächtigste Mann des deutschen Sports.

Gleichzeitig ist er die ganz große Unschuld des deutschen Sports. Seine beiden zentralen Sätze lauten: “Der Vorwurf einer Kampagne gegen Klinsmann ist völlig absurd.” Und: “Wir berichten sachlich.”

Ist “Grinsi-Klinsi” sachlich?

“Grinsi-Klinsi ist eine Boulevard-Zeile.”

Da ist er natürlich fein raus, wenn alles, was eine Boulevard-Zeile ist, nicht im Widerspruch zur Sachlichkeit steht. Da kann er fleißig holzen, und das macht er auch. (…)

Es gibt verschiedene Gerüchte. “Bild” führe eine Kampagne gegen Klinsmann, weil man für dessen alten Widerpart Matthäus ist, weil es vor zehn Jahren mal einen Rechtsstreit wegen eines Fotos gab. In Wahrheit geht es wohl wieder um Unabhängigkeit. Draxler ist es gewöhnt, dass die Größen des Fußballs eng mit “Bild” zusammenarbeiten, Kolumnen schreiben oder jederzeit Informationen ausplaudern.

“Bild” ist Teil des Fußballbetriebs, Klinsmann nicht. Wenn etwas ausgeplaudert wird, nennt er das “Informationskorruption”. Er steht “Bild” nicht jederzeit zur Verfügung, schon gar nicht mit privaten Geschichten. Er will in seinem Umfeld keine Leute, die mit “Bild” eng verbunden sind. Er will die traditionelle Macht von “Bild” über die Nationalmannschaft brechen.

Draxler bleibt auch in diesem Punkt geschmeidig: “Wir arbeiten sehr gut zusammen, sehr professionell, wir haben jederzeit Zugang.”

Heute, nach vielen, vielen, vielen, vielen, vielen, vielen, vielen bissigen Bemerkungen über den Sonnenschein und die Temperaturen in Kalifornien, räumt “Bild” übrigens ein, dass Klinsmann einen auch für “Bild” akzeptablen Grund dafür hatte, nach dem Italien-Spiel nicht in Deutschland zu bleiben. Einen privaten Grund, den er gestern gegenüber dem ZDF und auf der DFB-Homepage nannte und den “Bild” zitiert:

“In dieser Woche (am 8. März – die Red.) war der erste Jahrestag des Todes meines Vaters. Und ich hatte meiner Mutter schon lange versprochen, daß wir diese für sie schweren Tage gemeinsam in Kalifornien verbringen.”

“Bild” kommentiert das mit den Worten:

Klinsi hätte sich viel Ärger ersparen können, wenn er früher seinen Grund für das Schwänzen des FIFA-Workshops verraten hätte.

Klar: Wenn er sowas nicht mit “Bild” abspricht, muss er halt die Konsequenzen tragen und wilde Unterstellungen von “Bild” über seinen Sonnenhunger in Kauf nehmen.

Ach, und leider hat gestern niemand rechtzeitig Franz Josef Wagner Bescheid gesagt.

Kurz korrigiert (54-56)

Anders als Bild.de behauptet, gewann der FC Bayern das Testspiel gegen Hansa Rostock nicht 2:1 durch Tore von “Ismael (19.) und Guerro (50.) bei einem Eigentor von Hansen (68.)”. Denn abgesehen davon, dass der Schütze zum 2:0 Guerrero heißt, spielt Hansen bei Hansa. Ein Eigentor durch ihn hätte also das 3:0 für Bayern bedeutet. Tatsächlich führte ein Handelfmeter, den Hansen verwandelte, aber zum 2:1 Endstand.

Und was “Bild” heute über Oliver Kahn schreibt, stimmt auch nicht:


Hervorhebung von uns

Tatsächlich war Oliver Kahn in der Welttorhüter Rangliste des IFFHS nämlich schon im Jahr 2004 auf Rang sechs abgerutscht. Folglich verbesserte er sich 2005 wieder um einen Platz.

Mit Dank an Jean-Paul I. und Holger K. für die Hinweise

Kurz korrigiert (50)

Man könnte, im übertragenen Sinne, sagen, dass das Kreuzband die Achillesferse des Bundesliga-Spielers Jens Nowotny ist. Aber eben doch nur im übertragenen Sinne.

Falsch ist es dagegen, wie “Bild” zu schreiben, Nowotny habe am Wochenende erstmals seit seinem “4. Achillessehnen-Riß(am Fußgelenk) wieder gespielt, wenn er in Wahrheit vier Kreuzbandrisse (am Knie) hatte.

Danke an Tine, Lars T. und Hannes K. für die Hinweise!

Nachtrag, 10. Januar, 18.45 Uhr: Der Anatomie-Bauftragte von Bild.de hat seinen Dienst angetreten und die Meldung korrigiert.

Kurz korrigiert (33)

Weil Michael Ballack verletzt ist, sollte ihn beim FC Bayern heute Ali Karimi ersetzen. Aber “Bild” war von dessen Leistung enttäuscht: “Ein gleichwertiger Ersatz war er (noch) nicht.”

Kein Wunder: Karimi spielte nämlich gar nicht. Er hatte sich vor dem Spiel verletzt.

Danke an Ralph R. für den Hinweis!

Nachtrag, 21. November, 0.25 Uhr: Es hat lange gedauert, aber irgendwann gestern abend hat jemand die beiden falschen Sätze ersatzlos gestrichen.

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