Archiv für Merkwürdiges

Gibt es ein Nazi-Gen in der “Bild”-Redaktion?

Machen wir’s kurz: Wer hat in den vergangenen Tagen nicht über Prinz Harry berichtet, nachdem er ausgerechnet in einem Nazi-Kostüm auf einem Kostümfest erschien und die britische Zeitung “The Sun” darüber berichtet hatte? Die US-Boulevardzeitung “New York Post” schrieb daraufhin:

“Harry wore the attire of a member of Nazi Gen. Erwin Rommel’s infamous Afrika Korps, The Sun newspaper in London reports.”

Nur so als Beispiel. Denn natürlich berichtete auch “Bild”.

Und jetzt? Jetzt fragt “Bild”:

“Gibt es ein Nazi-Gen in der Royal Family?”

Beziehungsweise:

Und egal, was “Bild” in den dazugehörigen Artikel geschrieben hat, lautet die Antwort: Nein, es gibt kein Nazi-Gen.

Madonna und Hure

“Die süßesten Engel gehören jetzt einer Hure”

Unter dieser Überschrift berichtete “Bild” am gestrigen Freitag, eine gewisse “Jeanette (24)” halte “seit neustem die Patentrechte an einem der bedeutsamsten deutschen Kunstwerke – den zwei kleinen Engeln, die zum Gemälde der ‘sixtinischen Madonna’ (1513) gehören”. “Bild” schrieb:

“Knallenge Hosen, Pelzjacke, Lederstiefel – Jeanette (24) bedient als Sex-Hure täglich ihre Freier.”

Außerdem schrieb “Bild” noch:

“‘Jeanette’ heißt in Wirklichkeit Maria F., ist nicht, wie sie behauptet, 24, sondern 29 Jahre alt.”

Und irgendwann kam “Bild” sogar zur Sache, denn:

“Wenn jemand die Engel in Zukunft als Werbemotiv nutzen will, muss er an die Hure zahlen (…). Jeanette hat dafür 1500 Euro ans Patentamt gezahlt. Anwalt Dr. Sigfrid Kaufmann erklärt: ‘Ist ein Künstler seit mehr als 70 Jahren tot, ist seine Kunst Allgemeingut. Man kann sich Teile des Gemäldes schützen lassen.'”

Woher die “Bild”-Zeitung das weiß? – Na, aus der “Bild”-Zeitung natürlich! Schließlich hatte “Bild” bereits am 23. Dezember unter der Überschrift “Coup auf dem Patentamt – Ihr gehören jetzt die berühmten Raffael-Engel!” schon einmal dieselbe Story im Blatt:

“Wer künftig mit den süßen Engeln werben will, muß Maria Friedel (29) aus Sachsen fragen. Die Schauspielerin ließ sie für 1500 Euro…” (Ach, lesen Sie’s ruhig selbst…)

Wer hingegen lieber wissen will, was es eigentlich mit den (übrigens durch o.g. Sigfrid Kaufmann am 31.10.2002 angemeldeten und seit dem 21.4.2004 eingetragenen) “Patentrechten” der Schauspielerin/Sex-Hure Maria/Jeanette auf sich hat, sollte nicht “Bild”, sondern die “Leipziger Volkszeitung” lesen. Dort heißt es u.a.:

“Allerdings, erklärt der Dresdner Patentanwalt Jens Riechelmann, habe sich Friedel eine so genannte Wort-Bild-Marke schützen lassen. Und die zeigt erstens nur den linken der beiden berühmten Engel und beinhaltet außerdem zwingend den Schriftzug Der Blaue Engel. ‘Das ist eine Marke, mit der sie wenig anfangen kann’, findet Riechelmann. Denn Gebühren einnehmen kann die Inhaberin des Blauen Engels nur dann, wenn ihr Logo in dieser angemeldeten Form benutzt werden würde. (…) Was Maria Friedel mit ihrer Marke tatsächlich vorhat, ließ sich nicht in Erfahrung bringen.”

Mit Dank an Florian S. (und Bronko) für die sachdienlichen Hinweise.

Was für blöde Zahlen!

In einem “großen Branchen-Report” schreibt “Bild” am Dienstag auf, “wie 2005 wird”, also wo im kommenden Jahr Stellen gestrichen werden und wo mit Neueinstellungen zu rechnen ist. Warum auch nicht? Weil aber “Bild vor zwei Monaten schon einmal eine solche Branchenprognose gedruckt hatte, vergleichen wir doch mal ein paar:

Chemie
— In der Chemie-Branche bleibt die Joblage 2005 laut “Bild” “stabil”: “Der Branchenverband VCI erwartet mehr Aufträge, vor allem aus dem Inland.”
— In der Prognose vom Oktober hieß es noch: “Laut Verband VCI bauen Firmen, u. a. wegen des Ölpreises, bis zu 20.000 Jobs ab.”

Hotel- und Gaststättengewerbe
— Die Zahl der Jobs “bleibt stabil”, schreibt “Bild” jetzt, “weil immer mehr Deutsche Urlaub im eigenen Land machen”.
Vor zwei Monaten waren allerdings noch ” rund 5000 neue Stellen im Hotelgewerbe” realistisch, “weil mehr Auslandstouristen kommen”.

Maschinenbau
— In der heutigen “Bild” steht, dass im neuen Jahr 5000 Stellen geschaffen werden sollen.
Zuletzt war in “Bild” nach 4000 Entlassungen “bis Jahresende [2004]” von einer “stabilen Jobsituation wegen Auftragbooms” die Rede.

Bau
— “Bild” befürchtet einen “Absturz auf Raten”: “minus 20.000 Jobs”.
Vor zwei Monaten rechnete sie noch mit “minus 60.000 Jobs”.

Öffentlicher Dienst
— Bei “4,7 Mio. Beschäftigten” sollen “10.000 weitere Stellen” wegfallen, “weil Bund, Länder und Gemeinden sparen müssen”, so “Bild”.
Der Oktober-Prognose zufolge galten bei “4,2 Mio. Beschäftigten” noch “30 .000 Arbeitsplätze” als bedroht.

Und mal abgesehen davon, dass sich im Vergleich der beiden “Bild”-Prognosen offenbar die Zahl der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst seit Oktober ohnehin um 500.000 verändert hat (siehe oben), ist das vielleicht auch alles nicht so wichtig. In zwei Monaten ist ja sowieso wieder alles ganz anders.

Bericht aus “Bild”

Auf Seite 148 erscheint in der morgigen Ausgabe des Magazins “Focus” ein Interview. Darin steht offenbar, dass die ZDF-Show von Johannes B. Kerner demnächst u.U. zur selben Sendezeit ausgestrahlt werden könnte wie die ARD-Show von Sabine Christiansen. Zumindest hat der “Focus” das so bereits am Samstagmorgen in einer entsprechenden Vorabmeldung formuliert.

Und nachdem die Nachrichtenagenturen die Vorabmeldung aufgegriffen und weiterverbreitet haben, steht sie heute auch in der “BamS”. Als Titelgeschichte. Und mir der riesigen Schlagzeile: “TV-KRIEG!” Doch während andere Zeitungen und Nachrichtenseiten die Kerner/Christansen-Meldung bloß rüberkopiert und veröffentlich haben, hat man sich in der “BamS” die Mühe gemacht, sie mit einem Gottschalk-O-Ton aus der “Bild” vom vergangenen Donnerstag, einem kleinen Johannes B. Kerner-Interview und einem richtig exklusiven O-Ton von ARD-Programmdirektor Günter Struve anzureichern (siehe auch Bild.de).

Immerhin zwei Absätze aber (von “Das ZDF droht…” bis “… zu plazieren”) sind auch in der “BamS” quasi identisch mit dem ursprünglichen Agentur-Wortlaut. Warum auch nicht? Warum allerdings ausgerechnet in diesen Abschnitt fälschlicherweise vom “Bericht aus Bonn” die Rede ist (den doch bekanntermaßen bereits am 16.04.1999 der “Bericht aus Berlin” abgelöst hat), wird – anders als eine sinnlose Frage an Johannes B. Kerner (“Werden Sie wie Christiansen auch einen Hundesalon aufmachen?”) – wohl auf immer unbeantwortet bleiben.

Mit Dank an wirres.net für den Hinweis.

Ein hoffnungsloser Fall

Ja, es gibt auch gute Nachrichten in “Bild”. Nachrichten die Hoffnung machen. Diese hier zum Beispiel:

5 Experten erklären in BILD: Darum geht’s uns 2005 besser!

“Bild” fragte nach den Themen Jobs, Löhne, Preise, Energiekosten und außerdem, “was die Politik jetzt anpacken muss” (aber letzteres hat ja offenbar nichts mit der Überschrift zu tun).

Wir haben die Ergebnisse mal kurz für Sie zusammen gefasst.
Jobs: Von fünf Experten behauptet einer, dass der Arbeitsplatzabbau gestoppt werde, DGB-Chef Michael Sommer sagt, “wenn der Wirtschaftsmotor ins Laufen kommt, wird es auch einen Aufschwung am Arbeitsmarkt geben”. Die anderen eins, zwei, drei erwarten keine Wende auf dem Arbeitsmarkt.

Zu den Löhnen sagen eins, zwei, drei, vier von fünf Experten, dass sie kaum steigen, der DGB-Chef sagt: “Müssen wieder wachsen.”

Zu den Energiekosten: Einer hält leichte Preissenkungen in der zweiten Jahreshälfte für möglich, einer Prognosen für schwierig, zwei glauben, dass sie hoch bleiben oder steigen, und der DGB-Chef prognostiziert wieder gar nichts.

Was die Preise angeht, glauben eins, zwei, drei, vier, fünf von fünf Experten, kurz zusammengefasst, dass sie stabil bleiben, genau wie dieses Jahr.

Und die Experten von “Bild” haben bestimmt lange gerätselt, ob die eingangs zitierte Überschrift auch wirklich vom Text gehalten wird.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Saruman

Völlig gaga

Weil Sarah Ferguson im amerikanischen CBS Channel 2 nicht über ihr neuestes Fitness-Programm reden, sondern “ununterbrochen von einer roten Puppe” erzählen wollte, und zwar “zur Verwirrung der Mitarbeiter von Channel 2”, dichtet Bild.T-Online der Herzogin von York in der Rubrik “Internet-Klatsch” nun einen “schlimmen Gaga-Anfall” an.

“Ich kann nicht glauben, daß sie nicht die Geschichte von meinem kleinen Püppchen kennen – sie ist die berühmteste Puppe der Welt”,

soll Ferguson gesagt haben. Und zur Moderatorin:

“Sie sind unprofessionell und unvorbereitet, weil Sie nichts über meine kleine rote Puppe wissen wollen.”

“Tollhaus oder Puppenhaus?”, fragt “Bild” deshalb. Dabei ist die die “rote Puppe” alias “Little Red” keineswegs ein Hirngespinst Fergusons, sondern das Maskottchen ihres Hilfsprojekts “Chances for Children”. Und die Herzogin wollte in den USA bloß ihr neuestes “Little Red”-Buch promoten. Gaga ist das sicher nicht.

Nicht jedenfalls von Ferguson.

Dank an Matthias E. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag 4.12., 16.16 Uhr: Als Quelle nennt “Bild” übrigens die “New York Post” und bezieht sich dabei möglicherweise auf diese Meldung, aus der auch hervorgeht, dass CBS-Reporterin Shon Gables die Sendung wegen der Ferguson-Meckereien keineswegs – so wie “Bild” behauptet – einfach so abbrach. Im Gegenteil: “Shon finished the interview and thanked Fergie for her time.”

Rätsel um Bild.de

Kürzlich war unter der Adresse www.bild.t-online.de folgende Überschrift zu lesen:

Bundeswehr: Szenen wie in Abu Ghraib

Heute steht unter der gleichen Adresse zum gleichen Sachverhalt was anderes, nämlich dies hier:

Wer vorschnell die Kaserne in Coesfeld mit dem Foltergefängnis Abu Ghraib gleichsetzt, der will nur eines: den guten Ruf der Bundeswehr beschädigen.

Na, das ist ja außerordentlich merkwürdig. Oder doch nicht? Wer nämlich weiß, dass der erste Text in “Bild am Sonntag” stand, während der zweite ein Kommentar aus “Bild” ist, und wer außerdem weiß, dass “BamS” und “Bild” zwar denselben Herausgeber (nämlich “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann) aber verschiedene, voneinander unabhängige Chefredakteure und Redaktionen haben, der findet’s nur noch ein bisschen merkwürdig und fragt sich vielleicht auch, warum man auf der “multimedialen Erweiterung von BILD” (früher: “multimediale Erweiterung der Marke BILD”) überhaupt nichts über diese gar nicht mal so unwichtigen Zusammenhänge erfährt.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Gunther S.

Ausgeblendet

War das eine tolle Party – bei den MTV Europe Music Awards, die gestern Abend in Rom stattfanden, und über die Bild.T-Online heute ausführlich berichtet.

Ach ja – ein bisschen was von dem, was zur selben Zeit im ungleich näheren Hamburger Theater am Hafen los war, erfahren Bild.T-Online-Leser auch noch. In der Druckausgabe steht der knappe Text über die diesjährige Bambi-Verleihung, den “Ball der blitzenden Bälle”, in der Klatsch-Kolumne von Christiane “Ich weiß es” Hoffmann, die heute von Katharina Wolf vertreten wird, auf der letzten “Bild”-Seite.

Freilich schreibt Wolf darin nicht, was Schauspielerin Sibel Kekilli, die gestern als “Shooting-Star des Jahres” mit dem Bambi ausgezeichnet wurde, unter Tränen in ihrer Dankesrede über “Bild” und Kölner “Express” sagte, nachdem die Blätter Wochen lang über ihre Vergangenheit als Pornodarstellerin berichtet hatten. Nämlich das:

“Hört endlich auf mit dieser dreckigen Hetzkampagne. Das, was ihr macht, nennt man Medienvergewaltigung. Ich will nicht, dass ihr mich liebt. Aber respektiert endlich, dass ich ein neues Leben angefangen habe.”

Zuvor hatte Laudator Dominic Raacke, der den Preis übergab, Kekilli mit den folgenden Worten auf die Bühne gebeten:

“Völlig verdient und einer großen deutschen Boulevardzeitung zum Trotz ist sie der Shooting-Star des Jahres.”

In Hamburg geht das Gerücht um, Springer-Verlagschef Mathias Döpfner habe nach Kekillis Rede die Veranstaltung sofort verlassen und mit “Bild”-Chef Kai Diekmann abgesprochen, die geplante Sonderseite zu Bambi in “Bild” Hamburg zu streichen.

Und die stets neutrale Netzeitung findet es in ihrem Bericht zur Preisverleihung “taktvoll”, dass die Regie der ARD, die die Veranstaltung übertrug, während Kekillis Rede darauf verzichtete, “die Attackierten – etwa die anwesenden Chefredakteure – ins Bild zu setzen”.

Schön, dass wenigstens die Leute beim Ersten noch wissen, was das bedeutet: taktvoll mit anderen Menschen umzugehen.

Mit Dank an zahlreiche sachdienliche Hinweiser.

Ja, irre!

Irre! Der Luxuswagen-Hersteller, die Porsche AG, hat dank Cayenne den dicksten Gewinn ihrer Unternehmensgeschichte eingefahren!”

Das jedenfalls schreibt “Bild” heute an derselben Stelle, an der für “Bild” doch vor fünf Tagen erst Porsche-Chef Wendelin Wiedeking “Gewinner” des Tages war – wegen des Erfolges des Geländewagens Cayenne natürlich, für den es einen Preis gab, der (wie wir wissen) im Vorjahr an “Bild” verliehen worden war.

PS: Noch irrer ist da nur, was “Bild” heute über diesen Schnappschuss zu berichten hat.

Outing

Dass “Bild” in ihrer “In & Out”-Liste gelegentlich den Eindruck erwecken kann, es werde dort die Grenze zur Schleichwerbung überschritten, ist journalistisch gesehen bedenklich, aber bekannt. Am gestrigen Donnerstag zum Beispiel war für “Bild” die am Montag erscheinende “‘BILD-Volksbibel’ zum Supergünstigpreis von 9,95 Euro” ganz doll “in”.

Aber dass gestern in der (derzeit von Kai Diekmann geleiteten) “Bild” als erstes “Der gegelte Wet-Fett-Look auf dem Kopf” auf der “out”-Seite steht, gibt einem dann doch zu denken

Mit Dank an Gunther S. für den sachdienlichen Hinweis.

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