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Die Rente mit 74 und andere Überforderungen

Man weiß nicht, ob es eine gute oder eine schlechte Nachricht für Kai Diekmann ist, aber wenn es nach dem Onlineportal der von ihm verantworteten Zeitung geht, hätte er noch etwa 29 Jahre bis zur Rente:

Bevölkerungsforscher fordert Rente mit 74

Herwig Birg, “Deutschlands bekanntester Bevölkerungsforscher”, hat also laut Bild.de die Rente mit 74 gefordert:

Birg rechnet vor: Um in Zukunft das System der gesetzlichen Rente zu erhalten, muss “das Renteneintrittsalter im Jahr 2045 bei 74 Jahren liegen”, so Birg. “Eine Rente mit 67 würde diesen Trend nur abmildern, nicht aufhalten.”

Sieht man sich das Interview in der “Braunschweiger Zeitung”, auf das sich Bild.de beruft, mal genauer an, stößt man schnell auf die Passage im Wortlaut:

Kann die Rente mit 67 diese Entwicklung stoppen?

Nein, um diesen Effekt auszugleichen, müsste das Renteneintrittsalter im Jahr 2045 zum Beispiel bei 74 Jahren liegen. Eine Rente mit 67 würde diesen Trend nur abmildern, nicht aufhalten. Von weitaus größerer Bedeutung wäre es, wenn wir die Massenarbeitslosigkeit in den Griff bekämen. Da wir dann wesentlich mehr Beitragszahler und weniger zu Versorgende hätten, brächte das viel mehr Gewicht in die Waagschale.

Nun könnte man auch vorrechnen, dass wenn “Bild” am Kiosk weiterhin so viel Geld umsetzen will wie heute, bei der aktuellen Auflagenentwicklung im Jahr 2045 eine einzelne Ausgabe etwa 1,8 Millionen Euro kosten müsste — aber man hätte damit wohl kaum “gefordert”, diese absurd hohe Summe als Kaufpreis zu etablieren.

So ein bisschen hat das auch Bild.de verstanden, wo Birgs eigentliche (wenn überhaupt) Forderung dann ein bisschen scheu nachgetragen wird:

Einziger Ausweg aus der Renten-Falle wäre, wenn wir die Massenarbeitslosigkeit in den Griff bekämen. Dadurch hätten wir “wesentlich mehr Beitragszahler und weniger zu Versorgende”, so Birg weiter.

Mit Dank an Dominic I.

Häme-Kleine will’s wissen

Sehr geehrter Herr Kleine,

Briefe schreiben sei “in”, so steht es heute in “Bild”. Ihr Kollege Franz Josef Wagner ist heute mit seiner 2000. “Post von Wagner” dran, die gesamte “Bild”-Redaktion verfasste in der letzten Woche unter der Überschrift “Ihr griecht nix von uns!” einen Brief an den griechischen Ministerpräsidenten Papandreo, den “Bild” “Pleite-Premier” nennt.

Jetzt hat Bundestagspräsident Norbert Lammert auch einen Brief geschrieben, an seinen griechischen Amtskollegen Philippos Petsalnikos, aber das finden Sie nicht gut.

Warum müssen wir uns bei den Pleite-Griechen entschuldigen?

fragen Sie in der Überschrift und vermutlich wissen Sie und Ihre Kollegen schon gar nicht mehr, dass die Bürger Griechenlands eigentlich nur “Griechen” heißen und nicht “Pleite-Griechen” — zu sehr haben Sie alle das Wort schon verinnerlicht. (Andererseits kann man ja schon fast froh sein, dass die Überschrift nicht “Lammert griecht zu Greuze” lautete.)

Das ist aber eine merkwürdige Entschuldigung …!

finden Sie und da muss ich Ihnen kurz recht geben: Es ist in der Tat eine merkwürdige Entschuldigung, die Norbert Lammert da verfasst hat — im sonst eher selten gebräuchlichen Sinne von “gar keine”, denn das Wort “Entschuldigung” taucht in Lammerts Schreiben kein einziges Mal auf, wie Bild.de gleich nebenan “im Wortlaut” “dokumentiert”.

Man könnte eher sagen, der Brief sei der Versuch, ein wenig Deeskalation zu betreiben. (Ich weiß, dieses Wort kennen “Bild”-Mitarbeiter nicht, aber in Ihrer Redaktion steht doch sicher auch so ein Fremdwörter-Duden.)

Nachdem Lammert also den Ernst und den Mut gelobt hat, mit dem griechische Politiker “nun an jahrelang verschobene und verdrängte Probleme herangehen” (Bild.de: “Damit meint er wohl: Korruption, unglaublichen Schlendrian und die Verschwendung von Milliardenbeträgen…”), widmet er sich mit einem Satz auch kurz der Situation in Deutschland:

Mancher hämische Kommentar in deutschen Medien wäre sicher ebenso unterblieben wie manche hochmütige Aufforderung deutscher Politiker zur Kurskorrektur, wenn man bei unserem etwa zehnfachen Sozialprodukt den deutschen Wählern ähnliche Sanierungsmaßnahmen in einer vergleichbaren Größenordnung von ca. 50 Milliarden Euro zugemutet hätte.

Dieser Satz ist nicht schön: Lammert stellt sich vor, was in Deutschland los wäre, wenn hierzulande ein ähnlich radikaler Sparkurs gefahren werden müsste, wie jetzt (endlich!) in Griechenland, und sagt dann, dass die deutschen Medien und Politiker sich vielleicht anders verhalten hätten — nur, dass es dann um ihr Land gegangen wäre und nicht um ein fremdes.

Aber diese verunglückte Mutmaßung ist gar nicht das, was Sie, Rolf Kleine, stört:

Ganz Europa sorgt sich über die desaströse Finanzlage Griechenlands und die Stabilität des Euro – und was macht unser Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU)?

Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz fragen, woran der Leser eigentlich erkennt, wer gerade mit “uns” oder “wir” gemeint ist: Da Lammert ja sicher nicht der Bundestagspräsident von “Bild” ist, sind in diesem Falle wohl “wir Deutschen” gemeint — in der Überschrift ja aber nicht, denn entschuldigen sollen sich ja nicht alle, sondern nur ein paar. Oder auch nur einer:

Er entschuldigt sich in einem Brief an den griechischen Parlamentspräsidenten Philippos Petsalnikos für “manche hochmütige Aufforderung deutscher Politiker zur Kurskorrektur” und “hämische” Kommentare “in deutschen Medien”.

ABER WEN MEINT ER DA BLOSS?

Sehr geehrter Herr Kleine, ich weiß nicht, ob Sie in den vergangenen Tagen und Wochen Gelegenheit hatten, mal einen Blick in die Zeitung zu werfen, für deren Hauptstadtbüro Sie arbeiten, aber …

"Bild" schlagzeilt auf die "Pleite-Griechen" ein

An “hämischen”, Verzeihung: hämischen, Kommentaren hat es da in letzter Zeit wohl kaum gemangelt.

Aber Sie fragen natürlich ganz unschuldig:

Doch wohl nicht etwa die Forderung von Politikern in BILD-Interviews, dass Griechenland auch Staatseigentum privatisieren solle – zum Beispiel Inseln?

Nein, Herr Kleine. Nicht nur.

Mit freundlichen Grüßen,

Lukas Heinser

Mit Dank an Julian J. und Benjamin S.

Die gekaufte Weihnacht und andere Rügen

Erinnern Sie sich an das traurige Weihnachts-Sparfestessen im “Gong”, das mit plumper Werbung für Produkte der Firma Unilever versetzt war? Das hat auch dem Presserat nicht geschmeckt. Er hat die einstmals renommierte Fernsehzeitschrift wegen dieser Schleichwerbung gerügt.

Insgesamt zwölf Rügen sprachen die Beschwerdeausschüsse jetzt aus. Gleich drei davon richteten sich gegen den Missbrauch von Fahndungsfotos durch Boulevardmedien. Die Polizei hatte jeweils Bilder von Verbrechensopfern herausgegeben, um ihre Identität zu klären. Die Online-Ableger von “Express” und “Bild” veröffentlichten die Aufnahmen von den Leichen aber auch nach dem Ende der Fahndung erneut, teils mehrfach.

In einem Fall ging es um eine geistig behinderte Frau, die grausam ermordet worden war und deren Foto Bild.de zusammen mit Details über den Zustand der zerstückelten Leiche und Einzelheiten aus ihrem Privatleben erneut veröffentlichte. Zusätzlich “unangemessen sensationell” fand der Presserat, dass Bild.de in einem anderen Fall die Leiche einer Jugendlichen wiederholt zeigte (BILDblog berichtete). Ebenso urteilte der Presserat über die Entscheidung von express.de, ein Foto, bei dem man der Leiche “unmittelbar ins Gesicht” blicke, auch nach dem Ende der Fahndung noch einmal zu zeigen.

Der Online-Ableger des Berliner Boulevardblattes “B.Z.” erhielt eine Rüge, weil er die Persönlichkeitsrechte eines jungen Mannes verletzt hatte. Er war im vergangenen Jahr festgenommen worden, weil er verdächtigt wurde, Autos angezündet zu haben. In einer Fotostrecke zeigte die “B.Z.” online Bilder von der Festnahme und nannte diverse Details aus seinem Privatleben. Allein die Tatsache, dass der Vater des Jungen Kommunalpolitiker sei, mache den Verdächtigen nicht zur Person der Zeitgeschichte, urteilte der Presserat. Dass die “B.Z.” anderer Meinung ist (insbesondere vermutlich, wenn es sich um einen Politiker der Linken handelt), demonstrierte eindrucksvoll ihre Titelseite zum Thema (siehe links).

Einen Verstoß gegen die Menschenwürde sah der Presserat in einem Witz, den die Satirezeitschrift “Titanic” in ihrer Online-Ausgabe über den Eisenbahn-Suizid des Torwartes Robert Enke riss. Das Foto zeigt einen Lokführer mit der in “Bild”-Typographie gesetzten Schagzeile: “Jetzt meldet sich der Zugführer zu Wort: ‘Ich habe Enke überlistet!'” Es handele sich dabei nicht um Satire, die auch drastisch, überspitzt und polemisch sein dürfe, sondern um das “reine Spiel mit den Gefühlen der Angehörigen und der Bahnführer, die von einem solchen Geschehen ebenfalls traumatisiert werden”, urteilte der Presserat und sprach eine Rüge aus.

Marilyn Monroe und der Oscar-Avatar

“34,3 Zentimeter hoch, 3,85 Kilo schwer. Nickel, Kupfer, Silber mit Gelbgold beschichtet”, rattert Bild.de die äußeren und inneren Werte der Oscar-Statue herunter.

Man kann also ungefähr hochrechnen, wie groß Marilyn Monroe gewesen sein dürfte — etwa einen Meter:

1951: Marilyn Monroe zeigt stolz ihre Trophäe

Sehr sympathisch auch, dass sich die Academy den Witz erlaubt hatte, extra für das berühmte Sexsymbol einen Oscar mit Brüsten anfertigen zu lassen …

Andererseits hätte man sicher mal von diesem Spezial-Oscar gehört. Oder davon, dass Marilyn Monroe überhaupt einen Oscar gewonnen hätte.

Doch leider ist die Trophäe, die Marilyn Monroe hier so stolz zeigt, kein Oscar, sondern eine Henrietta — wie auch die Bildbeschreibung bei Getty Images unmissverständlich klar stellt:

Die amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe (1926 – 1962), in einem tiefgeschnittenen trägerlosen Samtkleid, posiert mit ihrer ‘Henrietta’ Statue bei der Vereinigung der Auslandspresse während Hollywoods erstem jährlichen Internationalem Filmfestival, im Club Del Mar, Santa Monica, Kalifornien, 26. Januar 1952. Der Preis war ihre erste von mehreren ‘Henriettas’ im Laufe der Jahre.

(Übersetzung von uns)

Also bestimmt ein magischer Moment für Frau Monroe, aber sicher kein Fall für die Klickstrecke “Magische Oscar-Momente aus acht Jahrzehnten”.

* * *

Auch Tagesspiegel.de kann bei seinem Oscar-Kommentar mit einer weltexklusiven Sensationsmeldung aufwarten — versteckt in einem Nebensatz:

Der erst siebte Film der kalifornischen Regisseurin in 20 Jahren war am Publikumszuspruch gemessen der David im Kampf um die Oscars; Avatar, der die Rekordsumme von 200 Milliarden Dollar in die Taschen seiner Produzenten gespült hatte, der Goliath.

200 Milliarden Dollar, das entspricht etwa 147 Milliarden Euro und damit fast der Hälfte des Bundeshaushalts 2010. In Wahrheit hat Avatar bisher “nur” rund 2,5 Milliarden Dollar eingespielt.

Mit Dank an Marco S. und Markus S.

Nachtrag, 16.25 Uhr: Bild.de hat Marilyn Monroe aus der Bildergalerie entfernt und Tagesspiegel.de hat die “200 Milliarden” auf “zwei Milliarden” heruntergestuft.

Die Zeit ist nicht auf ihrer Webseite

Die gestrige Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Argentinien hat gravierende Folgen. Bei Bild.de ist zum Beispiel die Zeitachse verbogen.

So wusste das Internetportal noch in der Nacht zu berichten, was eine Untersuchung am kommenden Montag ergeben wird (vielleicht auch am vergangenen Montag, also vor der Verletzung, so genau wird das nicht deutlich):

54. Minute: Bei einer Standardsituation trifft Ballack unglücklich Demichelis mit dem Knie ins Gesicht. Der Bayern-Verteidiger muss verletzt raus – Bruch des Jochbeins, des Oberkiefers und des Augenhöhlenbogens, wie sich bei einer Untersuchung am Montag rausstellt. Eine OP ist nötig, der Argentinier wird Bayern wochenlang fehlen.

Außerdem wird sich Lukas Podolski irgendwie zu einer Situation geäußert haben werden, die später passiert sein wird:

Der äußerte sich gestern früh, also 12 Stunden später, auf der DFB-Internetseite zu dem Vorfall: "Ich fühlte mich von ihm in der Mixed-Zone durch einige Anmerkungen zum Spiel provoziert. Darüber habe ich mich geärgert und ihm deshalb deutlich meine Meinung gesagt. Ich habe ihn aber nicht geschlagen. Wenn ich mich im Ton vergriffen habe, entschuldige ich mich dafür."

Es könnte allerdings auch sein, dass Demichelis’ Untersuchung am Donnerstag stattgefunden und Podolski sich heute früh zu Wort gemeldet hat …

Mit Dank an Patrick.

Nachtrag, 13.49 Uhr: Inzwischen hat sich Podolski laut Bild.de nicht mehr “gestern früh”, sondern nur noch “12 Stunden später” geäußert.

Sehweg nach Indien entdeckt!

Das “Mystery”-Ressort, das sich Bild.de seit einiger Zeit gönnt, wirkt wie Bild.de auf Drogen: noch ein bisschen lauter, bunter und übergeigter als der Rest des Angebots.

So fragte die Seite gestern:

Beweis für Alien-Besuch auf der Erde entdeckt?

Das ist wohl auch als indirekte Antwort auf einen Artikel aus dem letzten August zu verstehen, als Bild.de schon mal in der Überschrift fragte, ob (endlich, vermutlich) der Beweis für außerirdisches Leben erbracht sei.

Aber auch diesmal sieht es schlecht aus mit einer positiven Antwort auf die Frage.

Bild.de beruft sich – wie andere Quellen auch – auf die “Rajasthan Times”. Dort ist der betreffende Artikel inzwischen offline genommen worden und nur noch im Google Cache verfügbar.

Diese mysteriöse Höhlenmalerei aus Indien gibt Rätsel auf: Das bizarre Wesen im Raumanzug ähnelt einem Außerirdischen, und auch das Ufo ist gut zu erkennen

Möglicherweise hat das etwas damit zu tun, dass der etwas unscharfe Bildausschnitt, den Bild.de und die anderen Medien gerade als möglichen Beweis für eine prähistorische Alien-Sichtung in Indien präsentieren, schon einmal in einer bizarren Ufo-Dokumentation aus dem Jahr 2007 zu sehen war — und damals aus einer australischen Höhle stammen sollte:

Faksimile einer angeblichen australischen Höhlenmalerei

Der Regisseur des Films erklärt übrigens selbst, dass es sich bei dem Bild um eine Zusammenstellung von verschiedenen Motiven handele, die auf diese Weise besser zu überblicken seien. (Wobei auch das ein bisschen zweifelhaft ist, wenn man die Zeichnungen, aus denen die Zusammenstellung bestehen soll, mal zum Vergleich heranzieht.)

Mit Dank an Martin B.

Preiserhöhung allein zu Haus

Früher hat man, wenn man nicht zuhause war, seine Lampen an Zeitschaltuhren angeschlossen und den Nachbarn einen Schlüssel gegeben, damit sie die Rolladen rauf- und runterziehen können.

Heute teilt man aller Welt über das Internet mit, dass man nicht zuhause ist — das spart Stromgebühren und die Flasche Wein für die Nachbarn. Die Einbrecher freuen sich auch über die Hinweise.

Über diesen (tatsächlich etwas überraschenden) Trend berichtete Bild.de in der vergangenen Woche und wusste mit einer Meldung aus Großbritannien zu überraschen:

Auf sorglose Netzwerker, die zu oft mitteilen, dass sie nicht zu Hause sind, sind mittlerweile auch Großbritanniens Versicherer aufmerksam geworden. Die Tageszeitung “The Telegraph” berichtet, dass britische Versicherungen von eifrigen Nutzern sozialer Netzwerke bereits zehn Prozent höhere Gebühren für die Hausratversicherung verlangen. Die Zeitung beruft sich auf das Preisvergleichsportal “Confused.com”.

Egal, wie man es dreht und wendet: Das ist falsch.

Der “Telegraph” berichtet nämlich mitnichten, dass Versicherungen schon jetzt höhere Gebühren verlangen, sondern lediglich, dass sie dies bald tun könnten.

Schon die Überschrift spricht da eine deutliche, wenn auch fremde Sprache:

Using Facebook or Twitter 'could raise your insurance premiums by 10pc'

Die Möglichkeit einer solchen Preiserhöhung wird auch im Artikel noch einmal betont:

Darren Black, Chef der Hausratsversicherungsabteilung bei Confused.com, sagte: “Ich wäre, angesichts der wachsenden Popularität Sozialer Netzwerke und von Orts-basierten Anwendungen, die nach vorne drängen, nicht überrascht, wenn Versicherungsanbieter diese Faktoren bei der Preisfestsetzung eines persönlichen Risikos berücksichtigen. Bei Leuten, die diese Seiten nutzen, könnten wir Preiserhöhungen von bis zu 10 Prozent erleben.”

Und wie es die Falschmeldung von Bild.de dann auch noch in die österreichische “Kronen Zeitung” schaffte, steht bei den Kollegen von Kobuk!

Dummheit macht Rauch

Bild.de verkündete am Donnerstag:

IQ-Test israelischer Forscher soll zeigen: Rauchen macht dumm!

Nikotin verursacht Krebs UND macht dumm! Das wollen Israelische Forscher herausgefunden haben. Demnach haben Raucher einen deutlich niedrigeren IQ als Nichtraucher. Und: Je häufiger man zur Kippe greift, desto dümmer wird man demnach.

Über den Sinn und Wahrheitsgehalt solcher Studien lässt sich natürlich streiten. Wenn sich allerdings die Spezialisten von Bild.de mit einer Interpretation versuchen, bei der es auch noch um Dummheit geht, lohnt es sich, zweimal hinzusehen.

Die israelischen Forscher haben nämlich keineswegs herausgefunden, dass Rauchen dumm macht, sondern “nur” dass Raucher im Schnitt einen niedrigeren IQ als Nichtraucher haben, wie Reuters meldet:

Die Erkenntnisse legen nahe, dass Personen mit einem niedrigeren IQ sich eher entscheiden zu rauchen, als dass Rauchen Leute weniger intelligent macht, schlussfolgern [Dr. Mark] Weiser und sein Team.

In “Bild”-Sprache übersetzt lautet das Ergebnis der Studie also nicht “Rauchen macht dumm”, sondern “Dummheit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass jemand raucht”.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 2. März: Bild.de hat Überschrift und Textanfang geändert:

Israelische Studie: Wer anfängt zu rauchen, ist dumm!

Rauchen ist eine Entscheidung, die aus Dummheit resultiert! Das wollen israelische Forscher herausgefunden haben. Demnach fangen Personen mit einem niedrigeren IQ eher an zu rauchen als Menschen mit einem höheren IQ.

Etwas durchschnittlicher

Bild.de ist aufgebracht:

Die Engländer verpassen unserem Super-Star eine ganz miese Note. Was soll denn der Quatsch?

Sagen Sie nicht, es könnte ja sein, dass Ballack einfach schlecht gespielt hat: Dieses Argument kann Bild.de nicht gelten lassen und ruft deshalb einen “Experten-Streit” aus.

Gleich drei (deutsche) Experten werden dafür in den Zeugenstand berufen:

“Ich finde, er spielt gut. Zuverlässig, laufstark”, urteilte Kaiser Franz Beckenbauer bei Sat.1.

Stefan Effenberg meinte bei Sky: “Durchschnittlich. Er spielt ordentlich und erfüllt seine Aufgabe.”

Und Lothar Matthäus war zur Halbzeitpause begeistert: “Er macht ein gutes Spiel. Er ist aktiv, versucht das Spiel zu verlagern und schnell zu machen. Er gefällt mir sehr gut.” Nach dem Abpfiff lautete das Matthäus-Fazit: “Er stand etwas weniger im Mittelpunkt. Eine durchschnittliche Leistung.”

Das sehen die Engländer jedoch anders…

Und wie anders “die Engländer” die im Durchschnitt als durchschnittlich eingeschätzte Leistung von Michael Ballack sahen, verrät Bild.de freundlicherweise auch gleich:

Die Tageszeitung “Guardian” gibt Ballack 5 von 10 Punkten.

Also ziemlich … durchschnittlich, eigentlich.

PS: Außergewöhnlich ist hingegen der Versuch von Bild.de, einen Kommentar über Ballacks Laufgeschwindigkeit mit einem Hinweis auf die von ihm zurückgelegte Strecke widerlegen zu wollen:

Die Engländer lästern: “Er tauchte mal am Rande des Spielfelds auf, war nur halb so schnell wie Inters Mittelfeldspieler.”

Ziemlich daneben. 11,6 Kilometer lief der Deutsche – mehr als jeder andere auf dem Feld. 61 Prozent seiner Zweikämpfe gewann Ballack.

Mit Dank an Ralph K.

Feindliche Übernahme

Bild.de fragt seit gestern Abend:

Wer wird jetzt Chef der Kirche?

Und obwohl Fragen in Überschriften sonst gerne unbeantwortet bleiben, liefert Bild.de auch gleich im ersten Absatz eine Antwort:

Margot Käßmanns Spitzenamt als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) übernimmt vorübergehend Stellvertreter Nikolaus Schneider (62), Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Bei der EKD-Synode im November wird dann regulär ein neuer Ratsvorsitzender gewählt.

Man weiß allerdings nicht, ob die Protestanten, die heute auf Bild.de unterwegs sind, diesen ersten Absatz überhaupt noch gelesen haben — oder ob sie nicht vor Schreck vom Stuhl gefallen sind, als sie direkt unter der Überschrift dieses Foto sahen:

Wer wird jetzt Chef der Kirche? Der rheinische Präses Nikolaus Schneider

Denn auch wenn Bild.de den abgebildeten Mann in der Bildunterschrift zum rheinischen Präses Nikolaus Schneider erklärt: Das ist Joachim Kardinal Meisner, der Erzbischof von Köln. Und der ist streng katholisch.

Mit Dank an Heinz B.

Nachtrag, 16.20 Uhr: Bild.de hat den falschen Nikolaus Schneider durch den richtigen ersetzt.

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