Archiv für 6 vor 9

Unerwünschte Rechtsfragen, “Mein Kampf”, Interviewverbot für Gründer

1. Angeben, attackieren, ablenken
(sueddeutsche.de, Matthias Kolb)
Tag eins des neuen US-Präsidenten Donald Trump: Bei einem Auftritt im CIA-Hauptquartier sagt er, dass die Medien lügen; ein Sprecher verkündet später, dass man die Medien zur Rechenschaft ziehen werde. Matthias Kolb sieht darin einen “Vorgeschmack auf die kommenden Wochen.” Ezra Klein schreibt bei Vox.com ebenfalls über Donald Trumps Verhältnis zu den Medien (englisch): “Trump’s real war isn’t with the media. It’s with facts.” Stefan Niggemeier hat sich für die “FAS” die Amtseinführung Trumps angeschaut: “Die neue Norm”. Und Marvin Milatz und Oliver Fuchs haben “alle NZZ-Facebook-Beiträge, -Kommentare und -‘Shares’ zur US-Präsidentschaftswahl analysiert”: “Boten wir Trump eine zu grosse Plattform?”

2. Im “Europa der Freiheit” sind Fragen unerwünscht
(maz-online.de, Jörg Köpke)
Jörg Köpke wollte eigentlich nur etwas für einen Journalisten ganz Normales tun: Fragen stellen. Doch kurz nachdem er das Gespräch mit einem Besucher des Kongresses von “Europa der Nationen und der Freiheit” — unter anderem organisiert vom “AfD”-Europaabgeordneten Marcus Pretzell — begonnen hatte, wurde er auch schon rausgeschmissen: “Sofort sind mehrere wütende Ordner auf dem Weg zu mir, um den Reporter des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) vor die Tür zu begleiten.” Bereits im Vorfeld des Treffens der europäischen Rechtspopulisten am vergangenen Samstag in Koblenz gab es einigen Ärger über die eingeschränkte Berichterstattung: Vielen Medien wurde der Zutritt verwehrt. Über das Hin und Her bei der Akkreditierung berichtet Michael Borgers vom “Deutschlandfunk”: “Doch kein Zutritt”.

3. Dresden: Ein Anhang
(moritz-hoffmann.de)
Der Historiker Moritz Hoffmann hatte vergangene Woche mit seinen Korrekturen zu einer Rede des “AfD”-Rechten Björn Höcke einen Twitter-Hit gelandet (siehe auch Punkt 3 der “6 vor 9” vom vergangenen Freitag). “In den meinem Tweet folgenden Debatten wurde ich […] vor allem mit Forderungen nach Belegen konfrontiert.” Die — und eine “etwas weiträumigere Erläuterung dessen, was ich gemeint habe” — liefert Hoffmann jetzt bei sich auf der Seite nach.

4. Exil auf neuen Seiten
(zeit.de, Canan Topçu)
Canan Topçu hat sich das neue Portal “taz.gazete” angeschaut. Seit dem 19. Januar veröffentlichen dort türkische Journalistinnen und Journalisten Artikel, viele davon kritisieren die Regierung der Türkei. Die Texte werden auch ins Deutsche übersetzt. Topçu findet das Projekt wichtig, fragt sich aber: “Ob Texte, die von deutschen Redaktionen veröffentlicht werden, die Menschen erreichen, die es zu erreichen gilt? Also gerade diejenigen, die von den Hauspostillen der [türkischen] Regierung eingelullt worden sind?”

5. “Hier testet jemand Grenzen aus”
(taz.de, Eva Thöne)
Ein Verlag aus Leipzig hat einen unveränderten Nachdruck von Adolf Hitlers “Mein Kampf” auf den Markt gebracht. Hinter dem Verlag steckt der Rechtsextreme Adrian Preißinger. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Eva Thöne stellt Juraprofessor Christian Bickenbach dazu drei Fragen, darunter: Ob der Verlag mit der Aktion durchkommt? Bickenbachs Antwort zusammengefasst: eher nicht.

6. Ich wollte zum DHDL-Casting — aber weit kam ich nicht
(gruenderszene.de, Kim Richters)
Kim Richters wollte zum Casting der “Vox”-Sendung “Die Höhle der Löwen”, dort mit ein paar Gründern sprechen, die sich bewerben, und darüber bei “Gründerszene” berichten. Zum Casting hat sie es geschafft, mit Leuten reden durfte sie aber nicht. Trotzdem berichtet sie — über einen ärgerlichen Besuch in Düsseldorf und merkwürdige Ansichten eines TV-Producers.

TV-Bühne für Populisten, Faktencheck mit AfD-Höcke, AutismusFAQ

1. Kasperletheater im Weißen Haus
(zeit.de, Daniel-C. Schmidt)
Heute ist es dann also soweit: Donald Trump wird 45. Präsident der USA. Erst kürzlich gab es bei einer Pressekonferenz wieder einen Vorgeschmack darauf, wie er mit Medien umgeht — ruppig und respektlos. Daniel-C. Schmidt fragt daher in Richtung US-Journalisten: “Sind sie also vorbereitet auf den nächsten US-Präsidenten, der in den vergangenen Monaten so keinerlei Hehl daraus gemacht hat, wie sehr er Journalisten verabscheut?” Er schaut, wie sich Mitarbeiter von “Washington Post”, “New York Times” und “Chicago Tribune” auf Trump einstellen. Ebenfalls zum Thema: Ein offener Brief im Namen der US-Presse von Kyle Pope, Chefredakteur der “Columbia Journalism Review”, der durchaus als Kampfansage verstanden werden kann (englisch) sowie die Forderung der “Reporter ohne Grenzen” an Donald Trump, die Feindseligkeiten gegen Journalisten zu beenden.

2. Talkshows: Bühne frei für Populisten
(wdr.de, Georg Restle, Naima El Moussaoui & Andreas Maus, Video, 8:08 Minuten)
Bieten TV-Talkshows rechten Provokateuren zu oft eine zu große Bühne? Georg Restle, Naima El Moussaoui und Andreas Maus haben alle 141 Sendungen der ARD- und ZDF-Talkformate aus dem vergangenen Jahr ausgewertet und sich dabei unter anderem gefragt: “Schüren Talkshows Ängste? Verstärken sie Hysterie?” Um ein ganz ähnliches Thema geht es im “Tagesanzeiger”-Interview mit dem Publizistikwissenschaftler Uwe Krüger: “Rechte machen eine Talkshow spannend”. Für Krüger ist das Quotendenken der TV-Redaktionen der Grund für die vielen Einladungen an “AfD”-Politiker.

3. Herr Höcke und die Fakten
(br.de, Matthias Hacker)
Eigentlich hat Moritz Hoffmann etwas ganz simples gemacht: Der Historiker hat sich mehrere Aussagen angeschaut und überprüft, ob sie stimmen. In seinem Fall waren es die Aussagen des “AfD”-Rechten Björn Höcke aus dessen Rede in Dresden vor einigen Tagen. Viele stimmten nicht, Hoffmann korrigierte sie und veröffentlichte seine Korrekturen bei Twitter. Der Post ging durch die Decke. Im Gespräch mit Matthias Hacker erzählt Moritz Hoffmann von den Reaktionen auf seine Aktion und der Möglichkeit, auf diese Weise mit Leuten ins Gespräch zu kommen, die man sonst nicht mehr erreicht.

4. Pressefreiheit ausgesetzt
(taz.de, Andreas Zumach)
Ausgesperrte Journalisten am “UN”-Sitz in Genf, keine Journalistenfragen im Berner Bundeshaus — Chinas Staatspräsident Xi Jinping war zu Gast in der Schweiz, und die Schweizer Behörden taten viel dafür, dass kritische Worte und Fragen ihn nicht erreichten. “Durch eine beispiellose Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit wurde der Staatschef vor Kritik bewahrt”, schreibt Andreas Zumach.

5. What it feels like for a girl
(annesophiekeller.ch)
Gegen Hassbriefe sei sie, das schreibt Anne-Sophie Keller selber, inzwischen “auf eine kranke Art abgehärtet.” Als neulich aber einer dieser “ganz banalen Hassbriefe eines Clinton-Gegners” nicht bei ihr, sondern im Briefkasten ihrer Mutter landete, habe sie das mehr getroffen als sonst. Deswegen hat sie bei sich auf der Seite nun einen Text veröffentlicht “über das, was für viele Schweizer Journalistinnen Redaktionsalltag bedeutet: Hassbriefe, Drohungen, Belästigungen.”

6. Autismus in den Medien
(autismusfaq.de)
Autismus werde “in den Medien immer wieder als Metapher für Empathielosigkeit, Versagen und mangelndes Denkvermögen verwendet”, kritisiert das Duo hinter der Seite “AutismusFAQ”. Für mehr Aufklärung zum Thema gibt es dort Antworten auf Fragen zum Autismus. Zum Beispiel: “Ist Autismus eine passende Metapher für emotionale Kälte?” Der Text ist auch ein Appell an alle Medien: “Bitte verwendet Autismus nicht als Metapher für politisches und anderes Versagen.”

Kalter Kaffee “Fake News”, Björn Höcke, Siegeszug der Infografik

1. “Fake News” und der blinde Fleck der Medien
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Alle wollen jetzt alles gegen “Fake News” unternehmen. Sie sei “ein bisschen niedlich, die in Deutschland gerade grassierende Angst, dass Wahlen in Zukunft durch ‘Fake News’ beeinflusst werden könnten”, schreibt Stefan Niggemeier. Denn eigentlich gebe es das doch schon lange: Texte, die zwar einen wahren Kern haben, aber durch einen besonderen Dreh die Vorurteile der Leser bedienen sollen. Bei “Bild” zum Beispiel, Stichwort “Veggie Day”, ohne dass sich wirklich jemand darüber aufregte. Niggemeier: “Wenn die etablierten Medien diesen Kampf nicht als einen Kampf gegen Desinformationen aller Art führen, sondern als einen Kampf Wir gegen Die”, dann hätten sie keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen. Ebenfalls zum Thema: Caroline Lees bei “EJO” mit Tipps, “wie man Fake News erkennen kann”. Und James Warren bei “Poynter” über eine neue Studie, die sagt, “Fake News” hätten nicht signifikant zu Donald Trumps Wahlsieg beigetragen (englisch).

2. Schauen Sie diese Rede
(spiegel.de, Sascha Lobo)
“AfD”-Rechtsaußen Björn Höcke hat in Dresden eine Rede gehalten, die nicht nur, aber vor allem wegen seiner Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal in Berlin scharf kritisiert wird. “Schauen Sie diese Rede”, fordert Sascha Lobo die Leser seiner Kolumne auf, damit sie später nicht sagen können, man hätte es nicht wissen können: “Wollen Sie das wirklich? Wollen Sie, weil Sie zum Beispiel mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht einverstanden sind, einen Mann mit an die Macht bringen, der glaubt, nicht etwa der umgesetzte Holocaust, sondern das deshalb errichtete Holocaust-Mahnmal mache die deutsche Geschichte mies?”

3. Nationale Angelegenheit
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Eine Untersuchung der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität zeige, dass Zeitungen nach der Silvesternacht 2015/2016 “sehr viel häufiger als zuvor die Nationalität von Tatverdächtigen genannt” hätten, schreibt Karoline Meta Beisel. Ob sich diese Zunahme auch mit einer Zunahme von Kriminalität unter Ausländern deckt? Das könne man noch nicht endgültig sagen, schließlich sei die dafür nötige Kriminalitätsstatistik noch nicht erschienen. Aber: “eher unwahrscheinlich”.

4. Die Nebenjobs von ARD & ZDF-Sportmoderatoren
(ndr.de, Daniel Bouhs, Video, 6:27 Minuten)
Sportjournalisten berichten über Sport, klar. Aber was, wenn Sportmoderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender mal bei einer “FIFA”-Gala moderieren oder beim “Camp Beckenbauer” eine Veranstaltung präsentieren und gleichzeitig im TV kritisch über Franz Beckenbauers Rolle bei der WM-Vergabe berichten? Ist eine kritische Distanz bei der journalistischen Arbeit dann noch möglich? Daniel Bouhs zeigt verschiedene Beispiele, die sich laut Medienwissenschaftler in einer “sehr dunklen Grauzone” bewegen.

5. Die neuen Welterklärer
(tagesanzeiger.ch, Bernd Graff)
“Wenn ein Bild mehr wert ist als tausend Worte, dann ist eine Grafik mehr wert als tausend Zahlen”, schreibt Bernd Graff über den Siegeszug von Infografiken: “Sie vermitteln ein Verständnis von Welt. Die oft schockierenden Bilder der Kriegsfotografie mögen die unmittelbare Wirklichkeit belegen. Doch gegen die Deutungshoheit der Infografik bleiben sie schlichte Dokumente.”

6. Der Trend geht zum Untertitel
(deutschlandradiokultur.de, Mike Herbstreuth, Audio, 5:00 Minuten)
Die wachsende Beliebtheit von Serien aus anderen Ländern, oder Videos, die man sich auf dem stummgeschalteten Smartphone in der U-Bahn anschaut — es gebe verschiedene Gründe für die “Renaissance von Untertiteln”, zeigt Mike Herbstreuth. Aber es gebe ihn, den Trend zur Untertitelung. Herbstreuth hat unter anderem mit einem Hobby-Untertitler gesprochen, der pro Serienfolge schon mal 15 bis 20 Stunden Arbeit investiert.

Bild.de vs. “Focus Online”, falsche NPD-Eile, schwuleres Deutschland

1. Abkupfern mit System
(taz.de, Malte Göbel)
Manchmal dauert es nur wenige Minuten, da taucht eine Nachricht, die bei Bild.de hinter der Bezahlschranke liegt, bei “Focus Online” auf, frei zugänglich für alle. Das passiere immer wieder, habe System und greife das Geschäftsmodell einer ganzen Branche an, sagen sie bei Bild.de und wollen sich den Geschichten-Klau nicht mehr gefallen lassen. Deswegen klagt das Portal nun auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung. “Das Verfahren könnte ein Jahr oder länger in Anspruch nehmen”, schreibt Malte Göbel.

2. Etliche Medien meldeten fälschlicherweise NPD-Verbot
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die rechtsextreme NPD wird nicht verboten. Und dennoch eilmeldeten viele Medien gestern, dass die Partei verboten werde: “Spiegel Online”, “Zeit Online”, “NZZ”, “Das Erste”, “Phoenix” … hach, ja. “Im besten Fall führt das nun zu intensiven Diskussionen in den Redaktionen, damit ähnliches nicht noch einmal passiert”, schreibt Timo Niemeier. Inzwischen haben sich sowohl “Spiegel Online” (“SPIEGEL ONLINE passiert ärgerlicher Fehler”) als auch “Zeit Online” (“Wie unsere falsche Eilmeldung zum NPD-Urteil zustande kam”) für ihre Fehler entschuldigt und erklärt, wie die falschen Eilmeldungen passieren konnten.

3. Deutschland soll doch nicht “schwuler” werden
(queer.de, mize)
“Schwule sind Abfallprodukte der Natur” oder “schwule Lügenpresse” — die Reaktionen auf eine Aussage von “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt waren ziemlich übel. Der hatte, als Reaktion auf die Aussagen von Bald-US-Präsident Donald Trump im Interview mit “Bild”, geschrieben, Deutschland müsse sich “wehren und besser, mutiger, fleißiger, innovativer, freier, offener, schwuler, multikultureller werden.” Das erzeugte die eingangs erwähnte Wut im rechten Lager. Poschardt ließ sich beeindrucken, ersetzte in seinem Text bei Welt.de das “schwuler” durch “kreativer”. Dafür gibt es jetzt Kritik von queer.de. Zum gleichen Thema schreibt die “taz”: “Nicht nur, dass Poschardt und die Welt-Redaktion vor dem Shitstorm der Homo-Hasser einknicken. Sie tun es auch nur hier, nicht bei ihren anderen (von verschiedenen Seiten) beshitstormten Aussagen.”

4. Journalismus-ist-wenn-wir-es-sagen-Fabrik
(medium.com, Lorenz Matzat)
Vor drei Tagen wurden die Pläne für eine “Reporterfabrik” bekannt (siehe Punkt 5 der “6 vor 9” vom Montag), gestern folgte die Kritik daran. Lorenz Matzat nennt verschiedene Punkte, die ihn wundern oder nicht passen: vom Titel des Projekts bis zu ganz grundsätzlichen Aussagen im Konzept: “Geradezu aberwitzig wird es, wenn im ersten Halbsatz auf den Pressekodex (Sorgfaltspflicht usw.) verwiesen wird, um im folgenden Nebensatz ein Bild von ‘hundertausenden Hobby-Journalisten’ zu zeichnen, die desinformieren und verunglimpfen würden — ohne Quellenangabe für diese vage Zahlenangabe.” Wolfgang Michal hat auch noch ein paar Fragen zum Vorhaben (“Geht es der geplanten Reporter-Fabrik also um Bildung oder um Erziehung? Geht es um die Verteidigung der Demokratie oder um die Verteidigung des alten Mediensystems?”), aber auch Lob für die Idee.

5. Unglaubliche Dichte von Politikerlügen
(planet-interview.de, Julie Kirschner-Krohm)
Klaus Fiedler kennt sich mit Lügen aus. Nicht weil er andauernd flunkert, sondern weil er drüber forscht. Julie Kirschner-Krohm hat mit ihm über rücksichtsvolle Lügen, die Lügen des Donald Trump und lügende Politiker in TV-Talkshows gesprochen.

6. Heimvorteil
(sueddeutsche.de, Anna Dreher)
Übermorgen, wenn die Bundesliga wieder loslegt, kommt die “Fußball Bild” bundesweit auf den Markt, eine tägliche Fußballzeitung von “Bild”. Anna Dreher hat diesen Anlass für einen Besuch beim “Kicker” in Nürnberg genutzt und geschaut, wie die älteste Fußballzeitschrift des Landes auf die neue Konkurrenz reagiert.

Tabubruch-AfD, Fake News, Ausgeloggt

1. Wie der Tabubruch für Aufmerksamkeit sorgt
(heute.de, Dominik Rzepka)
Gerade in den sozialen Medien kann man mit provozierenden Tabubrüchen viel Aufmerksamkeit erzeugen. Besonders die AfD macht in dieser Hinsicht immer wieder von sich reden, zuletzt ein bayerischer Kreisverband mit einer Bildtafel mit einem Foto der Widerstandskämpferin Sophie Scholl. Darauf der Werbeslogan: “Sophie Scholl würde AfD wählen”. Wie mit derartigen Dingen umgehen: Widerspruch und damit der Sache eventuell unnötig Gewicht geben oder mehr Gelassenheit und die Provokation ins Leere laufen lassen?

2. Wie real ist Fake News? Es ist mal wieder Zeit für eine kleine Datenanalyse im Zeichen der Statistical Correctness.
(herrfischer.net, Martin Fischer)
Die Macher von “Hoaxmap.org” sammeln falsche Gerüchte und Meldungen zum Thema Flüchtlinge zusammen und tragen diese in eine Landkarte ein. Martin Fischer hat den etwa 450 Falschmeldungen der letzten beiden Jahre eine Stichprobe von 50 entnommen und statistisch ausgewertet. In seiner Stichprobe seien nur vier Fake News-Beiträge, so Fischer. Man mache mit dem Begriff Fake News für ein relativ kleines Problem ein sehr großes Fass mit vielen Nebenwirkungen auf.

3. Jeder Fünfte hält “Lügenpresse”-Vorwurf für berechtigt
(horizont.net, Marco Saal)
“infratest dimap” hat im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks (WDR) eine repräsentative Befragung zur Glaubwürdigkeit der Medien durchgeführt: Jeder fünfte Deutsche halte den Begriff “Lügenpresse” im Zusammenhang mit Medien für richtig. Dreiviertel der Deutschen würden das dagegen nicht so sehen.

4. Wir gegen sie
(sueddeutsche.de, Pia Rauschenberger)
Noch ist nicht bekannt, wann und ob die populistische US-Website “Breitbart” einen Deutschland-Ableger startet. Trotzdem haben sich unter dem Projektnamen “Schmalbart” Gegner in Berlin zu einer Tagung getroffen.

5. ARD erwägt Klage gegen AfD – und lädt Parteichefin Petry ein
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Am Samstag wollen sich führende Vertreter rechtspopulistischer Parteien in Koblenz treffen, darunter Marine Le Pen, Geert Wilders sowie AfD-Chefin Frauke Petry. Medienvertreter sind ausgeschlossen. Die ARD behält sich rechtliche Schritte gegen den Ausschluss vor – und lädt unverdrossen Parteichefin Petry in Talkshows ein.

6. Geldstrafe für früheren taz-Redakteur
(taz.de, Martin Kaul & Sebastian Erb)
Das Amtsgericht Berlin hat den früheren “taz”-Redakteur Sebastian Heiser wegen seines Keylogger-Einsatzes zur Zahlung von 160 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. Nach seinem Auffliegen im Februar 2015 hatte sich Heiser in ein Land in Südostasien abgesetzt, das mit Deutschland kein Auslieferungsabkommen abgeschlossen hat. Sollte Heiser, der dem Gerichtstermin ferngeblieben war, nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen, würde ein Urteil ergehen und er wäre dann vorbestraft. Sollte er den Strafbefehl nicht akzeptieren und einer weiteren Verhandlung erneut fernbleiben, könne ein Haftbefehl erlassen werden. Nach spätestens zehn Jahren wäre der Fall jedoch verjährt.

Faktenprüfer, Reporterfabrik, Selbstinteressen-Vertreter

1. Umgang mit Falschmeldungen
(de.newsroom.fb.com)
Facebook kündigt an, gegen Fakenews vorgehen zu wollen. In den kommenden Wochen sollen entsprechende Updates in Deutschland erfolgen. Dabei wolle man sich auf die Verbreitung von eindeutigen Falschmeldungen, die durch Spammer erstellt wurden, konzentrieren. Außerdem will Facebook externe Faktenprüfer einbinden. In Deutschland sei dies zunächst “Correctiv”. Man arbeite jedoch daran, in Zukunft noch weitere Organisationen aus der Medienbranche als Partner zu gewinnen.
Ob dem netzpolitischen Sprecher von Bündnis90/Die Grünen Konstantin von Notz Facebooks Ankündigungen reichen, ist fraglich. Er fordert im Interview mit dem “Deutschlandfunk” die Bundesregierung auf, ihren Ankündigungen zur Bekämpfung von Hasskommentaren im Netz endlich Taten folgen zu lassen. Die Große Koalition habe viel zu lange nichts getan, während der Kultur- und Debatten-Verfall immer weiter vorangeschritten sei: “Ich kann nur sagen, der Justizminister sagt seit vielen Monaten, Facebook, wir müssen reden, aber irgendwann ist auch mal Schluss mit Reden. Wir müssen Gesetze machen und aktennotierte Internetunternehmen müssen sich an Gesetze halten. Und wenn man dann eben bei Überprüfungen uns Sich-diese-Dinge-Anschauen feststellt, dass nicht genug Leute dort beschäftigt sind, dass die Zeiten nicht eingehalten werden, bei denen diese Beanstandungen auch zu Löschungen führen, dann müssen eben auch Sanktionen ziehen…”
Weitere Leseempfehlung dazu: Julia Krügers ausführlicher und mit vielen Querverweisen unterfütterter Beitrag auf “Netzpolitik.org”
Warum der bisherige Kampf gegen #hatespeech und #fakenews auf Facebook irreführend ist – und welche Alternativen sich bieten

2. Polizist am Abgrund
(zeit.de, Thomas Fischer)
Rainer Wendt ist seit mittlerweile zehn Jahren Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), die als zweitstärkste Gewerkschaft der Polizei mit der “Gewerkschaft der Polizei” konkurriert. Nach unzähligen populistischen und polarisierenden Statements in den Medien hat er nun ein Buch geschrieben: “Deutschland in Gefahr”. Thomas Fischer, “Zeit”-Kolumnist und Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, hat sich das Werk angeschaut: “Das Buch von Rainer Wendt verstärkt Ängste und Vorurteile. Wer den Autor kennt, weiß, dass er ein intelligenter und schnell denkender Sprecher ist. Anders wird man nicht, was er ist, und erst recht nicht, was er noch werden will. Doch Deutschland in Gefahr ist nicht bloß ein inhaltlich unzutreffendes und literarisch schlechtes Buch. Bedauerlich ist, dass der Autor behauptet, Sprachrohr der deutschen Polizei zu sein. Dass er deren Interessen vertritt, ist zu bezweifeln. Sicher ist nur eines: Er vertritt die Interessen des Rainer Wendt.”

3. Der Troll an der Macht
(faz.net, Mark Siemons)
Mark Siemons hat sich in der “FAZ” Gedanken über das Twitter-Verhalten des zukünftigen US-Präsidenten gemacht: “Während Obama seinen Twitter-Account von einem Team verwalten lässt, das seine in den üblichen Verfahren und Institutionen entwickelte Politik der Öffentlichkeit zu vermitteln versucht, ist Twitter für Trump zugleich der Entwickler, das Medium und der Vollstrecker der Politik selbst – gleich, ob es um China, um Guantanamo, General Motors oder die unabhängige Ethikbehörde des Kongresses geht. All die Sicherungen der Institutionen, von denen man sich nach Trumps Wahl noch zur Beruhigung versichert hatte, wie stark sie seien, werden durch dieses Verfahren umgangen. Trumps Tweets sind so unpresidented wie unprecedented. Sieht es so aus, wenn eine loose cannon über das Deck der Weltpolitik zu rollen beginnt?”

4. Im Berliner Verlag gilt Kontaktverbot zu den neuen Chefs
(horizont.net)
Das Kölner Medienunternehmen DuMont baut sein Zeitungsgeschäft um. In Berlin hat das weitreichende Folgen für die Mitarbeiter: DuMont legt die Redaktionen von “Berliner Zeitung” und “Berliner Kurier” zusammen. Viele Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz oder müssen weiterhin um ihren Arbeitsplatz bangen. Wie Ulrike Simon berichtet, verläuft das gesamte Procedere alles andere als schön.

5. Reporterfabrik, WebAkademie des Journalismus
(facebook.com, Cordt Schnibben)
“Spiegel”-Redakteur Cordt Schnibben und “Correctiv”-Gründer David Schraven wollen eine Web-Akademie des Journalismus aufbauen, die sich an Nicht-Journalisten und Journalisten wendet. Dabei ginge es um vier Ziele: Grundlagen des journalistischen Handwerks vermitteln, die Funktionsweise von sozialen und klassischen Medien durchschaubar machen, Versuche der Desinformation erkennbar machen, Fortbildung und Erfahrungsaustausch von Journalisten. Das Projekt wird von vielen Promis der Journalistenszene unterstützt. Wie das Ganze funktionieren soll, kann man dem beim Reporterforum veröffentlichten Paper entnehmen.

6. Die Macht der Kunst
(taz.de, Nora Bossong)
Die Schauspielerin Meryl Streep hat bei der Golden-Globe-Verleihung eine vielbeachtete, emotionale Rede gehalten, in der sie mit deutlichen Worten den künftigen US-Präsident Donald Trump kritisierte. Sie erinnere uns daran, dass Kunst kein berieselndes Wunderland sein soll, sondern Empathie lehrt und Verantwortung trägt, so Nora Bossong in der “taz”.

Rabiator Trump, Stiftungsbeistand, Feindbild Köppel

1. “Ihr seid Fake News!”
(spiegel.de, Marc Pitzke)
„Trumps erste Pressekonferenz als designierter US-Präsident versinkt im Chaos, noch bevor sie anfängt. Dutzende Reporter keilen sich im Trump Tower um Plätze. Es stinkt nach Schweiß und den Toiletten, die dem Andrang nicht gewachsen sind.“ Marc Pitzke über ein verstörendes Event mit dem großen amerikanischen Rabiator.

2. Körber Stiftung verteidigt Somuncu-Auftritt
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Kabarettist Serdar Somuncu hat Ende 2015 bei einer Podiumsdiskussion der Körber Stiftung mit deutlichen Worten Kritik an TV-Sendern geübt und ihnen vorgeworfen, seine Beiträge zu zensieren. Dabei sind auch Beleidigungen gefallen, gegen die eine Redakteurin mit Unterstützung des WDR juristisch vorgehen will. Die Stiftung hat die strittigen Passagen nun aus dem Videomitschnitt entfernt, verteidigt aber den Auftritt des Kabarettisten: „Da wir den vielen weiteren klugen und richtigen Aussagen im Gespräch gern weiterhin eine Plattform geben wollen, haben wir uns entschieden, das Video um die strittige Passage zu beschneiden und wieder einzustellen.”

3. Ich guck’ Sponsoren-TV
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Das erste Spiel bei der Handball-WM – übertragen von einem Sponsor im Internet, auf Youtube. Warum eigentlich nicht, fragt Markus Ehrenberg im „Tagesspiegel“ und konstatiert: „Ein Spiel ist ein Spiel ist ein Spiel. Egal, wer hier wen sponsert. Kein großes Gedöns vorher und hinterher, Handball pur.“

4. Wie mache ich mir ein Feindbild?
(medienwoche.ch, René Zeyer)
In letzter Zeit erschienen verschiedene Porträts des Schweizer Journalisten Roger Köppel, der vor allem durch seinen Rechtspopulismus von sich reden macht. René Zeyer hat sich die Porträts von „NDR“, „Spiegel“, Süddeutsche“, „Zeit“ und „Blick“ angeschaut und Noten vergeben.

5. Von starken Frauen … und Kerlen in Redaktionen
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Eigentlich wollte Ulrike Simon in dieser Woche über Kai Diekmann schreiben. Doch dann starb die langjährige „Brigitte“-Chefin Anne Volk. Ein Grund für Kolumnistin Simon ihren Beitrag dieser Frau zu widmen, die sie als eine Ausnahmeerscheinung bezeichnet. Zum Schluss gehts dann doch nochmal um die Causa Diekmann und das ihr merkwürdig erscheinende Datum der angeblichen sexuellen Belästigung durch den Ex-Bild-Chef: „Sollte dieses Datum stimmen, muss die Frage erlaubt sein, warum die Journalisten an diesem Abend nicht längst dort waren, wo sie hingehört hätten: in der Redaktion. Am 22. Juli 2016 schoss im OEZ in München ein Amokläufer um sich.“

6. Fotoveröffentlichung – wann darf ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden?
(fachjournalist.de, Frank C. Biethahn)
Medien leben von Fotoveröffentlichungen. Diese können aber schnell mit dem Persönlichkeitsrecht kollidieren. Wann ist eine Einwilligung erforderlich und wann nicht? Rechtsanwalt Frank C. Biethahn beschreibt anhand von Beispielen, in welchen Fällen eine Einwilligung entbehrlich ist.

7. Übermedien abonnieren
(uebrmedien.de, Boris Rosenkranz & Stefan Niggemeier)
Die Kollegen von “Übermedien” feiern heute ihr einjähriges Bestehen. Dazu erstmal: herzlichen Glückwünsch! Wenn Sie den beiden — Medienjournalist Boris Rosenkranz und BILDblog-Gründer Stefan Niggemeier — an diesem besonderen Tag eine Freude machen wollen, hätten wir einen Geschenktipp: Schließen Sie doch ein “Übermedien”-Abonnement ab. Das kostet 3,99 Euro im Monat und lohnt sich. Wirklich.

Schmalbart, rechte Korrektheit, Tierfilmspektakel

1. “Breitbart ist eigentlich nur der Aufhänger”
(deutschlandfunk.de, Tanja Runow, Audio, 10:42 Minuten)
Nachdem das amerikanische News-Portal “Breitbart” angekündigt hat, auch in Deutschland einen Ableger der rechtslastigen Seite zu eröffnen, hat sich Widerstand geformt: Unter “Schmalbart” wollen rund 200 Medienexperten ein Aufklärungsportal gründen. Der “Deutschlandfunk” hat mit Initiator Christoph Kappes über das Vorhaben gesprochen. Das Interview gibt es auch zum Nachlesen.

2. Wir müssen sagen dürfen – alle anderen nicht
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Kaum etwas ärgert Rechte so sehr wie der Begriff “Political Correctness”, findet Sascha Lobo in seiner Kolumne beim „Spiegel“. Dabei hätten die Rechten längst ein Gegenkonzept entwickelt: die rechte Korrektheit: „Bei näherem Hinsehen wird jeder Vorwurf, der der linken Political Correctness gemacht wurde, von rechts aggressiver und ungebremster in der öffentlichen Debatte vorgetragen als je zuvor. Rechte Political Correctness streicht die positiven, mäßigenden Elemente der politischen Korrektheit weg und streift sich den antiliberalen Rest auf rechts gewendet über.“

3. „Wir sind es leid“
(taz.de, Jürgen Gottschlich)
Es ist schon bitter: Die Türkei hat nun auch den türkischen Vertreter der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ Önderoğlu angeklagt. Die Türkei wirft ihm vor, gemeinsam mit anderen bekannten Journalisten, Publizisten und Menschenrechtlern „Propaganda für eine Terrororganisation“ betrieben zu haben. Der Grund: Er hat sich dafür eingesetzt, dass die prokurdische Tageszeitung „Özgür Gündem“ nicht geschlossen wird.

4. Uwe Kopf
(facebook.com, Jens Meyer-Wellmann)
Jens Meyer-Wellmann erinnert auf Facebook an den jüngst verstorbenen Hamburger Journalist und Autor Uwe Kopf und zeigt eine Seite mit Schreibregeln des ehemaligen „Tempo“-Textchefs. Regeln und Schreibhinweise, die teilweise auch heute noch Bestand hätten.
Im „Rolling Stone“ gibt es einen Nachruf auf Uwe Kopf: Der Verzauberer

5. Fauna im Actionstress
(tagesspiegel.de, Ariane Bemmer)
Warum werden Tierfilme mit Musik überladen und sparen mit Informationen, fragt Ariane Bemmer in ihrem Beschwerderuf. Sie ärgert sich nicht nur über die überfrachtete Musik, sondern auch über die gesprochenen Texte der Tier-Dokus: „Nicht nur den Zuschauern gegenüber, auch gegenüber den Tierfilm-Crews, die größte Mühen investieren, um die Bilder zu bekommen, ist das blöde Spektakelsprech überaus unfair.“

6. ARD findet beinahe eine Antwort auf die K-Frage
(uebermedien.de, Video, 1:41 Minuten)
Die ARD hat ihre besten Leute zum supersupergeheimen Geheimtreffen der SPD geschickt und beinahe eine Antwort auf die K-Frage gefunden. Beinahe …

Audio-Photoshop, Sieg der Anstalt, Somuncus Wutattacke

1. O-Töne aus der Maschine? Adobes „Project VoCo“ könnte Radiowelt auf den Kopf stellen
(blmplus.de, Sandra Mueller)
Softwareriese Adobe arbeitet an einem Programm, das die einen begeistert und die anderen entsetzt. Noch ist “VoCo” nur ein Projekt, doch bald schon soll es als eine Art Photoshop für Audio auf den Markt kommen. Es sind viele Einsatzmöglichkeiten denkbar: Computerstimmen könnten zum Beispiel Radionachrichten vorlesen. Doch es geht auch anders: Mit der Software kann man einen Text auch mit der Stimme der Kanzlerin vorlesen lassen. Und schnell wird klar, dass Radiomacher bald in Erklärungsnöte hinsichtlich der Echtheit ihrer Aufnahmen geraten könnten. Laut einer Umfrage wünschen sich daher viele Befragte Transparenzregeln oder fordern sogar einen vollständigen Verzicht auf die neue Technologie.

2. “Zeit”-Journalisten scheitern mit Klage gegen ZDF-Satire
(spiegel.de)
Im Jahr 2014 ging es in der ZDF-Satiresendung “Die Anstalt” um die Frage der Unabhängigkeit von Journalisten beim Thema Sicherheitspolitik. Dabei wurden die Namen von zwei Journalisten ins Spiel gebracht: “Zeit”-Herausgeber Josef Joffe sei Mitglied, Vorstand oder Beirat in acht transatlantischen Organisationen, “Zeit”-Journalist Jochen Bittner Mitglied in drei entsprechenden Thinktanks. Dagegen hatten sich die beiden Journalisten mit einstweiligen Verfügungen und Unterlassungsklagen gewehrt. Nun hat der BGH zu Gunsten der “Anstalt” entschieden: Die Angaben zu den Interessenkonflikten der wegen unstreitiger Mitgliedschaften in Lobbyorganisationen würden grundsätzlich stimmen. Die Aussage, dass es “Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen” gäbe, sei zutreffend.

3. Unter Verdacht (1)
(zeit.de, Thomas Fischer)
Nichts gerate im Strafverfahren so leicht und endgültig verloren wie die Unschuld. Wer schuldig sei und wer nicht, würden Justiz, Medien und Öffentlichkeit oft anders sehen, so BGH-Richter Thomas Fischer in seiner Kolumne “Fischer im Recht”. Es geht um drei konkrete Fälle von Anfangsverdacht, Betrugsverdacht und Migrationsverdacht, aber auch die abstrakten Rechtsbegriffe. Nicht mal so nebenbei zu lesen, aber eine wie immer lohnende, da klüger machende Lektüre mit Unterhaltungskomponente.

4. „Lügenpresse“ all’italiana
(de.ejo-online.eu, Heiner Hug)
Der italienische Politiker, Komiker, politischer Kabarettist und Schauspieler Beppe Grillo macht mal wieder von sich reden. Der Initiator der Bewegung “MoVimento 5 Stelle” (deutsch: Fünf-Sterne-Bewegung) will einen „Volksgerichtshof“ schaffen. Dieser soll aus Bürgerinnen und Bürgern bestehen, die Zeitungsartikel und Fernsehberichte auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Dies sei insofern verwunderlich, so der Autor Heiner Hug, da Grillo selbst ein bloggender Hitzkopf und Populist: “Und was er da fast täglich von sich gibt und behauptet, erfüllt die Kriterien „postfaktisch“ und „Fake News“ oft bei weitem. Zudem publiziert er – nachweisbar – Meldungen, die Putins Trolle verfassen.”

5. Nach Wutattacke im Interview: WDR-Mitarbeiterin geht wegen Beleidigung gegen Kabarettist Serdar Somuncu vor
(meedia.de, Marvin Schade)
Der für seine direkte und unverblümt bis ruppige Art bekannte Kabarettist Serdar Somuncu soll Ende 2015 in einem Interview den Sendern vorgeworfen haben, ihn und seine Programme zu zensieren und in beleidigender Weise eine konkrete Redakteurin genannt haben. Diese habe nun erst Kenntnis von dem Videomitschnitt und den Äußerungen Somuncus über sie erhalten und wolle, mit Unterstützung ihres Arbeitgebers, dem WDR, wegen schwerer Beleidigung gegen Somuncu vorgehen.

6. So schauen die Fans die Handball-WM
(haz.de)
Die heute beginnende Handball-WM ist in gewisser Weise ein Novum: Erstmals soll eine sportliche Großveranstaltung in Deutschland nur von einem Sponsor im Internet gezeigt werden. Die “Haz” erklärt, wie es zu der merkwürdigen Situation kam und verrät wie und wo man die Spiele sehen kann.
Alternative für Kulturliebhaber: Ab 18.30 Uhr kann man live via Youtube bei der Einweihung der Elbphilharmonie und dem Eröffnungskonzert dabei sein. Das Besondere: Es soll einen spektakulären 360°-Livestream geben!

Weggang, Doppelstrategie, Abwehrzentrum

1. Tichy & Co: Warum es legitim ist, Unternehmen zu einer politischen Positionierung zu zwingen
(metronaut.de, Mikael in den Fahrt)
Roland Tichy, auf dessen Portal ein Autor “grün-linke Gutmenschen” als “geistig-psychisch krank” bezeichnet hatte, gibt seinen Posten als Herausgeber von XING News ab. Ursache waren vor allem der lautstarke Twitter-Protest und die vielen Kündigungsankündigungen. Nun gibt es kritische Stimmen wie die von Fefe, die sich gegen eine “Existenzvernichtung als Mittel des politischen Diskurses” wenden. War es also legitim, wenn Menschen von Unternehmen wie Xing eine politische Positionierung einfordern? Eine ähnliche Frage stellt sich Johnny Haeusler bei Wired: “War die „Abstimmung mit den Konten“ hilfreich?”

2. Zuckerbrot und Twitter
(tagesspiegel.de, Thomas Seibert)
Donald Trump fährt in Sachen Öffentlichkeitsarbeit eine Doppelstrategie: Wichtige Stellungnahmen posaunt er über Twitter direkt an seine rund 19 Millionen Follower raus. Und nur, wenn es ihm ausdrücklich passt, redet er mit Zeitungen und Fernsehen. Die Presse hätte noch kein Konzept gefunden, wie sie mit dieser Doppelstrategie umgehen soll, schreibt Thomas Seibert im “Tagesspiegel”. Die Vorteile von Trumps Vorgehens lägen auf der Hand: Auf Twitter braucht sich der zukünftige US-Präsident keinen kritischen Fragen zu stellen.

3. Der Rockstar-Finanzminister
(de.ejo-online.eu, Dominik Speck)
Dominik Speck hat sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit die Berichterstattung über den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis in deutschen und französischen Qualitätszeitungen angeschaut. Varoufakis galt während seiner kurzen Amtsperiode von Januar bis Juli 2015 als eine Art “Rockstar Finanzminister” und erlangte zusätzliche Berühmtheit durch die Causa Stinkefinger.

4. Von ganz links nach ganz rechts
(blog.zeit.de, Jürgen P. Lang)
Im Störungsmelder-Blog der “Zeit” und ihren Partnern schreiben Autoren aus allen Regionen Deutschlands über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Im aktuellen Beitrag von Jürgen P. Lang geht es um Jürgen Elsässer, den Chefredakteur des rechtspopulistischen Monatsmagazins “Compact”. Der Autor diskutiert gleich zu Beginn Elsässers politische Wandlung, die so überraschend dann doch nicht sei: “Wer die Rechts-Links-Brille beiseitelegt, wird allerdings erkennen, dass Elsässers Vita mehr Brücken als Brüche aufweist. Im Kern war er schon immer Nationalist.”

5. Her mit der Wahrheit!
(mdr.de)
In Tschechien hat man 20 Mitarbeiter des Innenministeriums zu einem sogenannten “Abwehrzentrum” zusammengefasst, in dem Falschmeldungen in sozialen Netzwerken aufgedeckt, gekennzeichnet und entkräftet werden sollen. Doch das Projekt ist umstritten. Tschechiens Präsident Miloš Zeman sagte in seiner Weihnachtsansprache: “Wir brauchen keine Zensur, keine Ideenpolizei, wir brauchen kein Amt für Presse und Information, solange wir in einem freien, demokratischen Staat leben wollen.”

6. Jetzt geht’s rund
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Entertainer Thomas Gottschalk feiert sein Radio-Comeback: Einmal im Monat drei Stunden bei Bayern 1. Eine “Radio-Sendung, in der er vor allem seinen Ruf als größte Ich-AG Deutschlands pflegt”, so Hans Hoff in seiner Kritik.

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