Archiv für 6 vor 9

Auf die Straße gegen Uploadfilter!, Thüringer Rückzug, Ängstliche AfD-JA

1. Uploadfilter: Jetzt hilft nur noch Protest auf der Straße
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
In wenigen Wochen stimmt das Europaparlament über die Einführung von verpflichtenden Uploadfiltern und damit über eine automatisierte Inhaltskontrolle ab. Markus Reuters eindringlicher Appell: “Mit den Uploadfiltern wird Europa eine Technik einführen, die schnell in eine Kontroll- und Zensurinfrastruktur umzubauen ist. Noch können wir dieses gefährliche Projekt stoppen. Hashtags und Petitionen sind ganz nett. Aber um Uploadfilter noch zu verhindern, braucht es mehr: Verbündet Euch und geht für Demokratie und freie Gesellschaft auf die Straße.”
Weiterer Lesetipp: Aufbruch ins unfreie Internet (zeit.de, Lisa Hegemann).

2. AfD-Jugendorganisation verweigert taz Akkreditierung
(blogs.taz.de)
Am Wochenende findet in Magdeburg der Bundeskongress der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative statt. Während andere Medien dort zugelassen sind, verweigert die JA der “taz” die Akkreditierung. Der Organisation würden anscheinend die Kommentare der zuständigen “taz”-Korrespondentin nicht gefallen.
Weitere Lesetipps: Sabine am Ordes “taz”-Kommentar Überwachung allein reicht nicht (“Der Verfassungsschutz macht die AfD als Ganze zum Prüffall in Sachen Rechtsextremismus. Ein wichtiger Schritt, aber kein Grund zum Aufatmen.”) und ihr Beitrag Mitgliederschwund beim AfD-Nachwuchs: Exodus bei der Jungen Alternative.

3. Der Kampf um Bayern
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Vor der Landtagswahl in Bayern hat es nach Angaben des britischen Institute for Strategic Dialogue massive Kampagnen von Rechtsextremen in sozialen Medien gegeben. Dabei setzten die Rechts-Aktivisten Strategien aus Handbüchern um, bei denen es um hetzerische Bildmontagen, Troll-Aktionen und das Verwenden von Fake-Accounts geht. Insgesamt erkennten die Forscher bei den Manipulationsversuchen im Wahlkampf eine wachsende internationale Vernetzung von Rechtsradikalen.

4. Immer mehr Schikanen gegen Korrespondenten
(deutschlandfunk.de, Steffen Wurzel, Audio: 5:16 Minuten)
Ständige Kontrollen, intensive Beschattungen, Schikanen und Repressionen: Für ausländische Reporter wird es in China immer schwieriger. Der Pekinger Auslandskorrespondenten-Club hat für seinen neuen Jahresbericht etwa einhundert ausländische Medienvertreter in China befragt. Mehr als die Hälfte habe angegeben, dass sich die Arbeitsbedingungen in China 2018 verschlechtert hätten. Neun von zehn der befragten Auslandskorrespondenten würden davon ausgehen, dass ihre Smartphones angezapft werden. Außerdem werde es immer schwieriger, an Gesprächspartner zu kommen.

5. Bloggen wieder cool: «Medium» is the message
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Zwischen Amazon-Chef Jeff Bezos und dem amerikanischen Boulevardblatt “National Enquirer” läuft eine heftige Fehde. Die Hintergründe dazu lesen sich wie ein Netflix-Plot (Erpressungsversuch gegen Amazon-Chef: Trumps Feind ist unser Feind, taz.de, Jürn Kruse). Bezos verfasste eine Art offenen Brief an den “Enquirer”-Verlagschef David Pecker, den er auf der Blogging-Plattform Medium publizierte. Für Adrian Lobe ein Anlass, sich mit der zuletzt etwas angeschlagenen Plattform zu beschäftigen.

6. Rückzug auf Raten
(faz.net, Stefan Locke)
Die Funke-Mediengruppe besitzt in Thüringen mit der “Thüringer Allgemeine”, der “Thüringischen Landeszeitung” und der “Ostthüringer Zeitung” quasi ein Monopol. Nun hat der Konzern mit einer zunächst harmlos wirkenden Pressemitteilung für Aufregung gesorgt: “Für die Thüringer Titel werden Szenarien erarbeitet, wie eine Versorgung der Leserinnen und Leser in ländlichen Gebieten mit digitalen Angeboten gewährleistet werden kann.” Werde dieser Plan umgesetzt, könne dies das Ende der Papierzeitung bedeuten, so die Befürchtung. Damit wäre Thüringen das erste Bundesland, in dem keine gedruckte Tageszeitung mehr erschiene.
Dazu entfernt passend ein weiterer Lesetipp: Deutschlands größter Buchgroßhändler ist insolvent — über die Pleite des 185 Jahre alten Traditionshauses KNV, das mit 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Buchhandel mit Ware versorgt hat.

Update: Ein BILDblog-Leser merkt an: “Hr. Locke irrt, wenn er meint, dass nach dem möglichen Print-Rückzug von Funke keine Tageszeitung mehr in Thüringen erscheinen würde – immerhin gibt es noch das “Freie Wort” aus Suhl mit lt. Wikipedia rund 60.000er-Auflage (inkl. “Meiniger Tageblatt”) und die “Südthüringer Zeitung” mit 11.000er-Auflage. Lustig ist der Fehler Lockes natürlich vor dem Hintergrund des Zitats von Sergej Lochthofen: “Aber in Essen haben sie keine Vorstellung davon, wie die Orte in Thüringen heißen, wer die Leser überhaupt sind und was die hier so machen. Thüringen ist offensichtlich unwichtig.“ In Dresden offenbar genauso wenig…”

Lungenarzt mit Rechenschwäche, Klatsche für AfD-Mann, Unfreies Netz

1. Lungenarzt mit Rechenschwäche
(taz.de, Malte Kreuzfeldt)
Dieter Köhler hat mit seiner von circa 100 Lungenärzten unterschriebenen Stellungnahme (PDF) viel (Fein)Staub aufgewirbelt: Quasi im Vorbeigehen stellte er den gesamten Forschungsstand zur Schädlichkeit von Luftschadstoffen in Frage, ohne jemals wissenschaftlich zum Thema publiziert zu haben. Malte Kreuzfeldt hat für die “taz” die Berechnungen nachvollzogen und festgestellt, dass der Professor nicht nur unter einer gewaltigen Hybris, sondern auch unter gewaltiger Rechenschwäche leidet: “Als Anteil von NO2 an NOx beim Zigarettenrauch nennt Köhler zunächst 10 Prozent — damit wäre das Ergebnis insgesamt um den Faktor 1.000 verkehrt. In einer späteren Mail revidierte der Lungenarzt die Angabe wieder, nannte nun — ohne klare Quellenangabe — einen Bereich von 10 bis 50 Prozent; das Ergebnis seiner Rechnung wäre dann entsprechend um den Faktor 200 bis 1.000 verkehrt.” Es wird spannend, wie die beiden Lieblinge der Automobilindustrie (“Bild” und Verkehrsminister Scheuer) reagieren werden, die sich die Behauptungen Köhlers begierig zu eigen gemacht hatten.

2. “Ein Sieg für die Pressefreiheit”
(deutschlandfunk.de, Anke Petermann)
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden: Die Wochenzeitung “Kontext” darf über die rassistischen und rechtsextremen Chats eines Mitarbeiters zweier AfD-Landtagsabgeordneter berichten. Der Eilantrag des früheren NPD-Mitglieds hatte keinen Erfolg. “Kontext”-Autorin Anna Hunger habe sich nach der Entscheidung die Tränen der Erleichterung aus dem Gesicht gewischt.
Hier die offizielle Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe von gestern.

3. Dieser Kompromiss gefährdet das freie Netz
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz)
Die geplante EU-Urheberrechtsreform sorgt überall für Entsetzen. Der Einsatz von Upload-Filtern, den die Große Koalition noch als unverhältnismäßig bezeichnet hatte, gefährde das freie Netz und könne zu einer fehleranfälligen und grundrechtswidrigen Vorzensur führen. Simon Hurtz kommentiert: “Dieser Kompromiss hilft fast niemandem weiter, lasst uns von vorn anfangen. Diesen Mut sollte das EU-Parlament haben. Die Abgeordneten sind die einzigen, die eine misslungene Reform noch stoppen können.”
Weiterer Lesetipp: Auf “Spiegel Online” fragt Sascha Lobo: Wollt ihr Europa zerstören? — und man merkt ihm dabei sein ernstes Entsetzen und seine Empörung an.

4. Apple fordert die Hälfte der Erlöse von Medien
(faz.net)
Apple arbeitet angeblich an einem Portal mit Artikeln verschiedenster amerikanischer Zeitungen, einer Art “Netflix für News”. Laut “Wall Street Journal” verlange Apple eine 50-prozentige Provision, was bei den Verlegern auf heftigen Widerstand stoße. Zumal Apple die E-Mail-Adressen und Kreditkartennummern der Abonnenten für sich behalten wolle.

5. Betrug mit dem Journalistenausweis
(zeit.de, Henrik Merker)
Henrik Merker hat einer spannenden Geschichte hinterher recherchiert: Ein von drei Menschen aufgebautes Netzwerk verscherbele seit mehr als 15 Jahren selbstgemachte Presseausweise im Netz. Der Schwindel mit den Fantasiepapieren wirke sich auch politisch aus: “Auf Demonstrationen und Veranstaltungen fallen Rechtsextreme mit Ausweisen der Organisationen DVPJ und GNS. auf. Sie geben sich als Journalistinnen aus, fotografieren und provozieren politische Gegner und werden von überforderten Polizisten an Absperrungen vorbeigelassen. So bewegten sich Rechtsextreme in Chemnitz mit den Ausweisen an Polizeiabsperrungen vorbei. Der Neonazi Sven L. aus Halle kam mit einem Presseausweis von GNS auf die Leipziger Buchmesse”.

6. Das sind die reichweitenstärksten Influencer bei Tik Tok – in Deutschland und weltweit
(omr.com, Roland Eisenbrand)
Wenn man sich die Top 5 der weltweit am häufigsten heruntergeladenen Apps anschaut, ist man zunächst nicht überrascht: Facebook, der Messenger von Facebook, WhatsApp, Instagram … doch an Platz vier steht ein Stück Software, das viele noch nicht auf dem Zettel haben: die Social-Video-App Tik Tok. Roland Eisenbrand hat für “OMR” recherchiert, wer die reichweitenstärksten internationalen sowie deutschsprachigen Influencer auf Tik Tok sind, und zeigt, wie und gemeinsam mit wem diese ihre Reichweiten monetarisieren.

Rechter Siff, Queer in den Medien, “Framing Manual” der ARD

1. Warum “linksgrün versifft”?
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
“Spiegel”-Kolumnistin Margarete Stokowski denkt über die Besonderheiten rechter Sprache nach, in der Formulierungen wie “links-/rotgrün versifft” auftauchen. Derlei Begriffe seien in einem historischen Kontext zu sehen, wobei nicht jeder Verwender derartiger Vokabeln durch und durch ein Faschist sei: “Aber wenn man schon genau sein will, dann muss man auch sehen, dass heute Begriffe in die Alltagssprache sehr vieler Menschen übergegangen sind, die direkt aus dem Faschismus kommen und bei denen sich eine klare Linie zu Hitler ziehen lässt, die offensichtlicher ist, als viele sich wohl wünschen würden, die heimlich immer noch auf einen Führer warten, der sie an die Hand nimmt.”

2. Eine Frage der Ressourcen
(taz.de, Wilfried Urbe)
Gleich vier Kinder-Fernsehprogramme buhlen um die Gunst der jungen Zuschauer, doch die Angebote werden von Kritikern bemängelt, vor allem hinsichtlich Qualität und Vielfalt. Medienexpertin Gudrun Sommer kritisiert: “Es wird vorrangig ein bestimmter Ausschnitt der Gesellschaft gezeigt, Hauptschüler*innen beispielsweise kommen, wenn überhaupt, nur problematisiert vor. Die Vielfalt junger Lebenswelten, jenseits von Berlin oder Köln, und jenseits der herkömmlichen Geschlechterstereotypen findet sich höchstens marginalisiert im Kinderfernsehen wieder.”

3. Wenn der Druck zu groß wird
(de.ejo-online.eu, Alice Antheaume)
Französischen Journalistinnen und Journalisten, die über die Gelbwesten-Bewegung berichten, scheint es derzeit so zu gehen wie ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen in der Hochblüte der “Pegida”-Versammlungen: Die Feindlichkeit ist teilweise so heftig, dass sie die Logos ihrer Medienhäuser auf ihren Mikrofonen verstecken. Gleichzeitig soll mit knappem Personal möglichst rund um die Uhr berichtet werden. Ein Druck, der seinen Tribut fordert.
Weiterer Lesetipp: Bei den Gelbwesten haben die traditionellen Medien einen schlechten Ruf. Ihr Held ist ein junger Live-Reporter (nzz.ch, Nina Belz).

4. Queer in den Medien: Homosexualität ist keine Privatsache und Stonewall war keine Online-Petition!
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Etwa 150 Medienschaffende haben die “Queer Media Society” gegründet, unter anderem, um die Präsenz der LGBTI-Community in den Medien zu verbessern. Johannes Kram spricht in seiner Eröffnungsrede über die Wahrnehmung in Medien und Unterhaltungsindustrie und über die damit verbundenen Widersprüche und Dilemmata: “Wir wollen endlich als ganz normale Charaktere sichtbar sein, die nicht vor allem ihr Anderssein zur Schau stellen. Einerseits. Denn andererseits haben wir darum gekämpft, endlich anders sein und auch stattfinden zu dürfen! Wir wollen endlich, dass Homo- oder Transsexualität nicht immer nur als Problem, sondern als Normalität gezeigt wird. Einerseits. Denn andererseits wollen wir, dass endlich unsere Opfergeschichten angemessen gezeigt werden. Wir wollen, dass es egal ist, ob eine Figur LGBTI ist. Anderseits wollen wir zeigen, dass, und wo es eben nicht egal ist. Wir wollen keine Klischees, keine Stereotypen mehr sein. Aber andererseits sind viele dieser Stereotype auch ikonenhafte Ergebnisse und auch Erfolge von Queer Culture! Wir wollen, dass es nicht immer um Sex geht. Andererseits haben wir auch dafür gekämpft, dass wir keine bürgerlichen, aseptischen Homos mehr sein müssen!”
Weiterer Lesetipp: “Queer Media Society” gegründet: Für mehr Diversität in den Medien (tagesspiegel.de, Tilmann Warnecke).

5. “Framing Manual” der ARD sorgt für Diskussionen
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Sprachforscherin und Framing-Expertin Elisabeth Wehling hat im Auftrag der ARD ein Gutachten erstellt, wie man mit sprachlichen Mitteln den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in ein besseres Licht rücken kann. Das ruft Kritiker auf den Plan, die von Manipulation sprechen.
Weiterer Lesetipp: Wofür braucht die ARD denn ein “Framing Manual”? Generalsekretärin Susanne Pfab über den viel diskutierten Sprach-Leitfaden (meedia.de, Stefan Winterbauer).

6. Klick durchs Museum
(sueddeutsche.de, Benedikt Frank)
Beim Fernsehsender ZDFkultur soll heute eine virtuelle Kunsthalle eröffnet werden mit Werken, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind. Aber auch sonst tut sich viel bei dem Spartensender, der einen Relaunch mit 15 Eigenproduktionen und interaktiven Tools hinlegt. Siehe dazu auch: Comeback im Digitalen: Das kann das neue ZDFkultur (dwdl.de, Timo Niemeier) und die dazugehörige Formatübersicht.

Uneinsichtig, Abgeblitzter Markwort, Frankreichs Facebook-Frauenhasser

1. “Erzähltes muss natürlich stimmen”
(taz.de, Markus Kowalski)
Michael Haller leitet das Europäische Institut für Journalismus- und Kommunikationsforschung und ist der Verfasser mehrerer Standardwerke des Journalismus, darunter auch der Lehrbuchklassiker “Die Reportage” (siehe dazu auch Stefan Niggemeiers wichtigen Text auf “Übermedien”: Die Reportage: Manipulationen nach Lehrbuch). Die “taz” hat mit Haller anlässlich des Falls Relotius (beziehungsweise des Falls “Spiegel”) über das Reportageformat gesprochen: Was ist zulässig, was nicht? Haller versteht angeblich gut, “wenn man hier heute strenger denkt”. Angeblich, weil es an anderer Stelle des Interviews scheint, als ob diese Einsicht nicht vollständig bei ihm angekommen ist: “Und ich vermute, manche Redaktion wird jetzt ihren Reportern ganz pingelig vorschreiben: Wenn der Satz nicht in dieser Situation von dieser Person so gesagt wurde, musst du ihn weglassen.”

2. Wie Fake News und alternative Medien die Unabhängigkeit der Branche bedrohen
(ard-wien.de, Vera Gasber, Video: 4:30 Minuten)
Das ARD-Studio Wien hat mit der Autorin Ingrid Brodnig (unter anderem “Hass im Netz”) über die zunehmende Wut bestimmter Personengruppen auf Journalisten und Journalistinnen gesprochen und darüber, wie man ihr begegnen kann: “Wie eine Gesellschaft mit ihren Journalisten umgeht, ist ein guter Gradmesser, wie gesund eine Gesellschaft ist. Und ich würde sagen in den letzten Jahren ist es schlechter geworden.”

3. Lokaljournalismus mit Herz und Relevanz
(journalist-magazin.de, Hannah Suppa)
Im Medienmagazin “journalist” kommt Hannah Suppa zu Wort, Chefredakteurin der “Märkischen Allgemeinen Zeitung” (“MAZ”), der größten Tageszeitung in Brandenburg. Suppa hat sieben lesens- und bedenkenswerte Thesen für den Lokaljournalismus der Zukunft entwickelt, der das Digitale nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung sieht: “Nicht das Digitale ist schuld an der Erosion des Geschäftsmodells. Im Gegenteil: Es serviert uns die Lösung auf dem Silbertablett. Digitales Denken führt uns im Journalismus näher zum Leser zurück — und gibt uns die Chance, mit ihm noch einmal neu zu starten.”
Lesetipp am Rande: Was im Lokaljournalismus schiefgehen kann, zeigt Fastnachtsfiasko in der MAZ — Ein offener Brief (stuecken.de).

4. BR-Rundfunkrat lehnt Helmut Markwort ab
(t-online.de)
Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks hat den ehemaligen “Focus”-Chef und jetzigen FDP-Abgeordneten Helmut Markwort wegen möglicher Interessenkonflikte abgelehnt. Grund seien Markworts Beteiligungen an und seine geschäftlichen Aktivitäten bei privaten Radiosendern. Markworts Polterantwort: “Der Bayerische Rundfunk will sich seine Kontrolleure selbst aussuchen”.

5. Das Sterben der Netzsendungen
(blog.wdr.de, Dennis Horn)
Dennis Horn beklagt das Sterben der Netzsendungen. In letzter Zeit hat es bekannte Formate wie “Trackback” und das “Chaosradio” (beide Radio Fritz/rbb) erwischt, zu früheren Zeiten Sendungen wie den “WDR Computerclub”, das 3sat-Magazin “neues” oder den “Elektrischen Reporter” bei ZDFinfo. Horn kommentiert: “Ich halte das für ein Problem: Mit diesen Sendungen und Formaten stirbt auch die Tiefe, die digitale Themen brauchen. Schließlich hat die digitale Welt weitreichende Folgen für unseren Alltag, für Gesellschaft, Politik und Recht. Es geht um Themen, die uns alle betreffen und die übrigens immer wieder zu denen gehören, die vom Publikum am erregtesten diskutiert werden. Netzthemen sind keine Nerdthemen.”

6. “Ligue du LOL” – Facebook-Club für Frauenhass
(spiegel.de, Sonja Peteranderl)
Ein erschütternder Fall von Onlinemobbing hat sich in Frankreich ereignet. Dort haben sich Männer in einer Facebook-Gruppe zusammengerottet und digitale Attacken vor allem gegen Frauen koordiniert. Zu den organisierten Frauenbelästigern gehörten unter anderem Journalisten, Werber, Grafikdesigner und Informatiker.

Tichys Taktik, Giffey im Visier, Tipps zum Umgang mit Rechtspopulisten

1. Kein Kampf: Roland Tichy macht sich zum Opfer
(uebermedien.de. Stefan Niggemeier)
Der Publizist Roland Tichy (“Tichys Einblick”) ist von der Mediengruppe Madsack abgemahnt worden. Nach Informationen von “Übermedien” sei das Unternehmen im Kern gegen zwei Tatsachenbehauptungen Tichys vorgegangen: Dass die SPD bestimme, was in den Zeitungen der Gruppe stehe, und dass es sich bei den Madsack-Medien um “SPD-Medien” handele. Daraufhin löschte Tichy den Artikel und inszenierte sich in einem neuen Beitrag als unschuldiges Zensur-Opfer. Eine Strategie, die Stefan Niggemeier mit deutlichen Worten kritisiert: “Tichys ursprünglicher Artikel war ein übles Machwerk, aber seine Reaktion auf die Abmahnung ist besonders perfide. Er wird wissen, warum er eine juristische Auseinandersetzung scheut: Er müsste all seine forschen und extrem aggressiv formulierten Behauptungen von der Parteipropaganda belegen, die die SPD zentral gesteuert über Medien wie das RND verbreite.”

2. Ein Verdacht ist schnell in der Luft
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Jochen Zenthöfer kritisiert die Berichterstattung des “Spiegel” über die Plagiatsvorwürfe gegen Familienministerin Franziska Giffey. Diese sei laut “Spiegel” wegen ihrer politikwissenschaftlichen Dissertation ins “Visier der Plagiatsjäger” geraten. Zenthöfer kommentiert: “Ehrlicher müsste man wohl sagen: Giffey ist ins Visier des “Spiegel” geraten, der nicht abwarten konnte, bis die Plagiatsprüfung zuerst zu Ende geführt wird.”

3. Gutachten: Macht den Journalismus gemeinnützig!
(netzwerkrecherche.org, Thomas Schnedler)
Ein im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung erstelltes Gutachten empfiehlt, den Journalismus steuerrechtlich als gemeinnützig anzuerkennen. Kommt die vorgeschlagene Gesetzesänderung zur Umsetzung, schaffe dies auch Rechtssicherheit. Bislang mussten journalistische Institutionen wie die “Kontext:Wochenzeitung”, das Recherchezentrum “Correctiv” oder das Online-Magazin “MedWatch” Umwege bemühen, um von den Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt zu werden. Was die Umsetzung auf Bundesebene anbelangt, geben sich die Gutachter optimistisch: “Das politische Klima der 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages scheint für eine Gesetzgebungsinitiative günstig.”

4. 5 Empfehlungen zum Umgang mit Rechtspopulisten in der Berichterstattung (und Talkshows)
(neuemedienmacher.de)
Der Umgang mit rechtspopulistischen Parteien ist für Medienschaffende nicht einfach. Die “Neuen deutschen Medienmacher*innen” haben daher eine Handreichung mit fünf Empfehlungen ausgearbeitet.

5. Wissenschaftler wollen Merkels Facebook-Seite für Nachwelt erhalten
(spiegel.de)
Angela Merkel hat sich von Facebook verabschiedet und ihre Seite mit immerhin 2,5 Millionen Likes abschalten lassen, was von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kritisch gesehen wird. So fordert der Bibliotheksjurist Eric Steinhauer, dass die Seite zumindest sichtbar im Netz hätte bleiben müssen: “Jedermann sollte noch auf das Konto zugreifen können.”

6. Trumps Feind ist unser Feind
(taz.de, Jürn Kruse)
Amazon-Chef Jeff Bezos wirft dem “National Enquirer” Erpressung vor. Es sei ihm per Mail mit der Veröffentlichung von privaten Nachrichten und intimen Fotos gedroht worden, die er anscheinend mit seiner neuen Lebensgefährtin ausgetauscht hatte. Die Hintergründe dazu lesen sich wie der Plot zu einer neuen Netflix-Serie.

Bundeskartellamt vs. Facebook, Grenzwerte, Diversity-Heuchelei

1. Bundeskartellamt beschränkt Facebook im Sammeln von Nutzerdaten
(zeit.de)
Das Bundeskartellamt hat das Sammeln und die Verarbeitung von Daten der eigenen Nutzerinnen und Nutzer durch Facebook stark eingeschränkt. Facebook besitze in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung und missbrauche diese. Das Netzwerk dürfe seine Nutzerinnen und Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer “faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto” zuzustimmen. Justizministerin Katarina Barley begrüßte die Entscheidung des Kartellamts.
Weitere Lesetipps: Wird auf Facebook jetzt alles anders? (zeit.de, Eike Kühl) und Was Facebook nicht darf, sollte Google auch nicht dürfen (zeit.de, Lisa Hegemann).

2. WhatsApp-Maßnahmen ohne Wirkung?
(faktenfinder.tagesschau.de, Silke Diettrich)
Whatsapp ist in Indien nicht nur sehr verbreitet, sondern auch sehr wirkmächtig. Immer wieder werden über den Messenger falsche Nachrichten und Gerüchte in Umlauf gebracht, die teilweise zu Lynchmorden führten. Mittlerweile hat Whatsapp das schnelle Weiterleiten von Nachrichten eingeschränkt und landesweit Aufklärungskampagnen geschaltet. Damit ist das Problem jedoch nicht gelöst, wie Silke Diettrich vom ARD-Studio Neu-Delhi berichtet.

3. ROG belegt erstmals Menschenrechtsverletzungen
(reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” (“ROG”) wurden geleakte Informationen aus dem iranischen Justizministerium zugespielt, nach denen im Iran allein zwischen 1979 und 2009 hunderte von Journalistinnen und Journalisten verfolgt, festgenommen, inhaftiert und in manchen Fällen hingerichtet worden seien. “Mithilfe dieser Datei können wir endlich nachweisen, dass das iranische Regime über Jahrzehnte die Weltöffentlichkeit belogen hat. Wir wissen jetzt, dass es hunderte Journalisten und tausende politische Gefangene inhaftiert und viele von ihnen gefoltert und ermordet hat. Über Jahrzehnte hat die iranische Regierung sie auf perfide und unbarmherzige Weise für ihre Überzeugungen oder ihre unabhängige Berichterstattung verfolgt”, so “R”OG-Geschäftsführer Christian Mihr. “Wir werden unsere Erkenntnisse der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet vorlegen, damit der Iran sich für seine Taten verantworten muss.”

4. Überdenkt Eure Anspruchshaltung
(wijo.wordpress.com, Josef Zens)
Josef Zens antwortet auf den vielfach geäußerten Vorwurf, bei der Feinstaub- und Stickoxiddebatte habe es sich um ein Kommunikationsversagen der Wissenschaft gehandelt: “Muss Wissenschaft wirklich über jedes Stöckchen springen, das ihr hingehalten wird? Muss sie immer wieder längst bekannte Fakten und Zusammenhänge präsentieren, weil die Abendschicht in der Redaktion halt nicht weiß, was die von der Frühschicht letzte Woche schon recherchiert und gesendet oder geschrieben haben? Ja, muss sie. Ich weiß. Und ja, wir im System Wissenschaft müssen auch schneller reagieren. Aber deshalb versagt nicht gleich die ganze Branche mit ihrer Kommunikation.”
Weiterer Lesetipp: Grenzwertedebatte: Warum blieben die Experten unsichtbar? — Zum ZEIT-Artikel von Ulrich Schnabel (jensrehlaender.com).

5. Ein unklares Verhältnis zur Wahrheit
(taz.de, Markus Kowalski)
Das jüngste Buch der US-Journalistin und ehemaligen Chefredakteurin der “New York Times” Jill Abramson steht unter Plagiatsverdacht. Das ist insofern pikant, als dass es in “Merchants of Truth” (“Händler der Wahrheit”) um den Kampf um Fakten und Wahrheit im Journalismus geht.

6. “Diversity”, das It-Piece der Saison
(sueddeutsche.de, Julian Dörr)
In der neuen Staffel von “Germany’s Next Topmodel” geht es auf einmal um menschliche Vielfalt. Dahinter stecke aber keine feministische Erleuchtung, sondern kapitalistisches Kalkül, so Julian Dörr in seinem Kommentar bei der “SZ”: “Nein. Heidi Klum interessiert sich nicht wirklich für Diversity. Es geht ihr nicht um Gleichberechtigung, um faire Chancen für alle. Klum geht es darum, dass Diversity “gerade DAS Thema in der Fashionwelt” ist.”

Dreistigkeit kostet “Bild” 50.000 €, Billy Six, Polit-Postille “Bild Politik”

1. Ein anderer Aus­schnitt macht noch kein anderes Bild
(lto.de)
Dazu gehört schon eine Menge Dreistigkeit: Obwohl es “Bild” gerichtlich untersagt wurde, das Foto einer “G20-Plünderin” zu zeigen, druckte das Blatt ein sehr ähnliches Foto erneut ab und titelte frech: “Bild zeigt die Fotos trotzdem — Gericht verbietet Bilder von G20-Plünderin”. Die Uneinsichtigkeit kostet “Bild” ein nun auch vom Oberlandesgericht Frankfurt bestätigtes Ordnungsgeld in Höhe von 50.000 Euro.

2. Deutscher Reporter in Haft: Kaum Solidarität mit Billy Six
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Seit zweieinhalb Monaten sitzt der für rechte Medien arbeitende, deutsche Journalist Billy Six in Venezuela im Gefängnis. Gab es bei der Inhaftierung von Deniz Yücel noch Auto-Korsos, Soli-Konzerte, Titelseiten, Zeitungsanzeigen und Aufrufe von Politikern, Künstlern, Intellektuellen, herrscht bei Billy Six ziemliche Stille. Boris Rosenkranz erklärt, warum der Fall Six dem Fall Yücel ähnelt und warum doch alles etwas anders ist.

3. Warum “Bild Politik” zum Flop werden könnte
(haz.de, Imre Grimm)
Der Verlag Axel Springer wirft ein neues wöchentliches Heft auf den Markt: Die am Freitag erscheinende, 50 Seiten starke und 2,50 Euro teure “Bild Politik”. Imre Grimm fragt sich, ob sich der Verlag mit “Bild Politik” und der “Bild”-Zeitung nicht selbst kannibalisieren könnte. Und ist auch ansonsten skeptisch, was den Erfolg von Springers Polit-Postille anbelangt: “Wenn aber “Bild” und “Bild am Sonntag” mit ihrem streitlustigen Journalismus schon derart rasant an Zuspruch verlieren — wen genau will “Bild Politik” dann mit seiner sanfteren Spielart der Politemotion erreichen? Gefühle und Fakten? Mit dem Grundsatz “Fakten, Fakten, Fakten — und immer an die Leser denken” sind schon ganz andere gestartet. Und inzwischen tief in der publizistischen Irrelevanz versackt.”

4. Wie westliche Journalisten über Afrika berichten
(de.ejo-online.eu, Johanna Mack)
Ist die Afrikaberichterstattung westlicher Medien tatsächlich undifferenziert, einseitig und eurozentrisch, wie es oft heißt? Ein Wissenschaftler der Stanford University ist dieser Frage nachgegangen und hat dazu 282 Artikel aus acht britischen und französischen Zeitungen untersucht.

5. Spezialisierte Newsletter als Einnahmequelle
(deutschlandfunk.de, Grit Eggerichs, Audio: 5:41 Minuten)
Der “Tagesspiegel” hat eine neue Einnahmequelle entdeckt: Spezialisierte Newsletter, die sich an Politiker, Unternehmer und Entscheider richten. Grit Eggerichs hat sich die Idee genauer angesehen und geht dabei auch auf die “Politico”-Newsletter ein, die in Europa von etwa 45.000 Abonnenten gelesen werden.

6. Was Relotius uns noch zu sagen hätte
(faz.net, Anna-Lena Ripperger)
Marie Kilg hat einen Twitter-Bot gebaut, der den Reportage-Stil des ehemaligen “Spiegel”-Redakteurs Claas Relotius parodiert. Im Interview mit der “FAZ” spricht sie über die Funktionsweise von @ROB0TIUS und ihre Beweggründe bei dem Projekt: “Ich will mit den Bots, die ich mache, zeigen, dass sie nicht nur für russische Propaganda gut sind, sondern dass sie auch witzig sein können.”

Teilsieg über “Bild”, Geleakter Artikel 13, Prinz und Pöbler

1. Asylsuchender gewinnt – teilweise
(taz.de, Markus Kowalski)
Das Hamburger Landgericht hat entschieden: “Bild” darf Teile eines Artikels über den Asylsuchenden Alassa M. nicht weiter verbreiten. Das gehe aus einer einstweiligen Verfügung gegen den Springer-Verlag von Ende Januar hervor, die der “taz” vorliege (zum Hintergrund: Ein unfassbarer Fall). In allen anderen Punkten wies das Gericht jedoch den Antrag des Asylsuchenden ab. “taz”-Autor Markus Kowalski erklärt die Entscheidung des Gerichts und die Beweggründe, warum sich Alassa M.s Anwalt damit nicht abfinden will.

2. Zensur und Selbstzensur
(faktenfinder.tagesschau.de, Sebastian Schreiber)
Für US-Forscher hat sich unter Donald Trump vieles verändert. Eine Forschergruppe hat 80 Angriffe auf wissenschaftliche Prozesse in Regierungsorganisationen dokumentiert, darunter die Umweltbehörde EPA und die Wetterbehörde NOAA. Forscher seien von der politischen Entscheidungsfindung ausgeschlossen, wissenschaftliche Texte zensiert und Studien eingeschränkt worden. Nun ruht alle Hoffnung auf einem neuen Berater im Weißen Haus.

3. Steigende Kosten bei der Zeitungszustellung
(deutschlandfunk.de, Vera Linß, Audio: 5:29 Minuten)
Zeitungsverlage haben es in Deutschland nicht leicht: Sinkende Werbeerlöse sorgen für sinkende Auflagen. Und nun will die Deutsche Post auch noch die Zustellkosten erhöhen. Gleichzeitig steigen die eigenen Vertriebskosten durch die verordnete schrittweise Einführung des Mindestlohns. Entsprechend groß ist das Wehgeschrei von Verlagen und Zeitungsverlegerverband.

4. Gericht sieht keine Belege für Diskriminierung von ZDF-Reporterin
(uebermedien.de, Juliane Wiedemeier)
Die ZDF-Reporterin Birte Meier hat vor Gericht eine bittere Niederlage hinnehmen müssen. Das Berliner Landesarbeitsgericht, an das sich Meier wegen angeblicher Frauendiskrimierung gewandt hatte, wies ihre Klage ab. Ein Kausalzusammenhang zwischen Gehalt und Geschlecht sei nicht belegt worden, so die Richterin. Wer sich für die Hintergründe interessiert: Im “Übermedien”-Beitrag gibt es Links zur Vorgeschichte.

5. Artikel 13 ist wieder auf der Zielgeraden – und er ist schlimmer als je zuvor
(juliareda.eu)
Kurzfristig standen die Verhandlungen um die neue EU-Urheberrechtsreform und insbesondere den umstrittenen Artikel 13 (“Uploadfilter”) still, doch jetzt sieht es so aus, als könnte alles viel schlimmer kommen als befürchtet. Ein geleakter deutsch-französischer Deal sehe vor, dass Artikel 13 für alle profitorientierten Plattformen gilt. Damit müssten unzählige völlig harmlose Apps und Websites Uploadfilter installieren, selbst wenn die Plattform bisher überhaupt kein Problem mit Urheberrechtsverletzungen gehabt habe. EU-Urheberrechts-Expertin Julia Reda: “Der deutsch-französische Kompromiss zu Artikel 13 verlangt, dass fast alle unsere Posts oder geteilten Inhalte online von einer “Zensurmaschine” — Algorithmen, die grundsätzlich nicht dazu in der Lage sind, zwischen Urheberrechtsverstößen und legaler Nutzung für Parodie oder Kritikzwecke zu unterscheiden — vorab Existenzerlaubnis erhalten. Es würde diesen Rechteinhabern erlauben, jede profitorientierte Website oder App mit Uploadfunktion zu drangsalieren.”

6. Der Prinz und der Pöbler
(spiegel.de, Isabell Hülsen & Marc Pitzke)
Der 38-jährige “New York Times”-Verleger Arthur Gregg Sulzberger schwimmt auf einer Erfolgswelle: Die Zahl der Abos habe sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, und die Redaktion sei mit 1500 Journalisten so groß wie nie zuvor. Das liege an vielen klugen und glücklichen unternehmerischen Entscheidungen, aber auch an der Auseinandersetzung mit Donald Trump.

Fast ohne Zutun, Rechtstrend “Dark Social”, Digital Darlings unter Druck

1. Wie ein privates Video fast ohne Zutun von Journalisten “an die Öffentlichkeit kam”
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ein an die Öffentlichkeit gelangtes, privat gedrehtes Video einiger junger Kommissaranwärterinnen sorgt für einen Mix von künstlicher Aufregung, Heuchelei und Doppelmoral. Stefan Niggemeier fasst zusammen: “Und so ist nun ein privates Video in der Welt und alle reden über die Verantwortung junger Polizistinnen und die Gefahren von Social Media — nur für die Journalisten von “Focus” und “Bild”, die es hochgeladen und für seine Verbreitung gesorgt haben, ist die Sache erledigt.”

2. Bremer Ex-AfD-Vorstand Lührssen: Der Preis des politischen Engagements
(weser-kurier.de, Jürgen Theiner)
Als der Journalist Hinrich Lührssen (u.a. Radio Bremen, “Stern TV”) vor einigen Monaten Teil des Bremer AfD-Landesvorstandes wurde, sorgte dies in der Branche für Verwunderung. Lührssen bezeichnet seine Zeit bei der AfD heute als “Trip nach Nordkorea und zurück”, was vor allem an seinen gescheiterten Karriereplänen liegt: Der Journalist konnte sich nicht als AfD-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl durchsetzen und fühlt sich ausgebootet.

3. Dark Social ist auch Trend bei Rechtsextremen
(belltower.news, Simone Rafael & Miro Dittrich)
Nachdem einige rechtsextreme Gruppierungen aus den sozialen Netzwerken geschmissen wurden, verlagerten sie ihre Aktivitäten zu Messengerdiensten wie Whatsapp und Telegram. Miro Dittrich vom Monitoring-Projekt “De:hate” der Amadeu Antonio Stiftung erklärt die Hintergründe.

4. Digital Darlings unter Druck
(spiegel.de, Isabell Hülsen & Martin U. Müller)
Die drei Medienmarken “BuzzFeed”, “Vice”, “Huffpo” mussten jüngst kräftig Federn lassen: “BuzzFeed” entlässt 15 Prozent seiner Belegschaft, bei “Vice” verlieren 250 der weltweit 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job, die deutsche “Huffington Post” hat den Betrieb komplett eingestellt. Das liege vor allem an der Werbe-Übermacht von Facebook, Google und Amazon. Außerdem gebe es eine wachsende Konkurrenz durch klassische Medienhäuser, die immer mehr zahlende Abonnentinnen und Abonnenten für ihren Journalismus im Netz gewinnen.

5. Das Fragezeichen passt besser zu unserem Beruf als das doppelte Ausrufezeichen
(journalist-magazin.de, Georg Mascolo)
Der ehemalige “Spiegel”-Chef Georg Mascolo leitet seit 2014 den Rechercheverbund von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”. In einem Beitrag für das Medienmagazin “journalist” beschäftigt er sich mit der mangelnden Selbstkritik und Fehlerkultur von Journalistinnen und Journalisten und bezieht sich durchaus auch selbst mit ein: “Seit mehr als 30 Jahren bin ich nun im Beruf. Meine Arbeitgeber waren und sind das, was man “Qualitätspresse” nennt. Aber ich habe nicht immer “Qualität” abgeliefert. Manche meiner Fehler erinnere ich bis heute schmerzlich, vor allem, weil ich sie meinem Publikum verschwiegen habe.”

6. Ein TV-Sender mit Gaulands Zahnarzthelferin
(deutschlandfunk.de, Doris Anselm)
Der sächsische AfD-Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla plant der “Sächsischen Zeitung” zufolge eine Liste mit Namen “unseriöser” Journalistinnen und Journalisten. Das hat Doris Anselm in ihrer Glosse zu weiteren “guten Vorschlägen” inspiriert. Sie gibt der AfD zum Beispiel den Tipp, selbst eine AfD-kritische Zeitung zu gründen: “Man würde erfahren, dass Jörg Meuthen früher Rastalocken hatte oder dass Alexander Gauland insgeheim in seine Zahnarzthelferin verknallt ist, die ein Kopftuch trägt und ihn natürlich nicht mehr mit dem Arsch anguckt, aber genau da drauf steht er auch ein bisschen und so weiter, und so weiter — alles erfunden natürlich. Aber kritisch! Das wird toll.”

Whistleblower “John”, “Focus” muss löschen, Generaldirektors Hirsebrei

1. Whistleblower oder Hacker?
(tagesschau.de, Andreas Bellinger & Hendrik Maaßen)
Seit einigen Jahren erschüttern die “Football Leaks” die Fußballwelt. Der bislang unbekannte Informant “John” hatte rund 70 Millionen teils vertrauliche Dokumente dem “Spiegel” übergeben, die das Nachrichtenmagazin mit dem NDR und dem Recherchenetzwerk EIC teilte. Hinter dem Tarnnamen “John” steckt der 30-jährige Portugiese Rui Pinto, der am 16. Januar verhaftet wurde und mittlerweile in Budapest unter Hausarrest steht. Bis etwa Mitte März muss Ungarns Justiz über einen Auslieferungsantrag Portugals entscheiden. Sollte dieser positiv entschieden werden, könnte es für Pinto gefährlich werden: “Ich fürchte, dass, wenn ich ein portugiesisches Gefängnis betrete, vor allem eines in Lissabon, ich dort nicht lebend herauskomme.”

2. Gute Nachrichten!
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
Eine katholische Religionslehrerin hat zusammen mit ihren Grundschülern einen Brief an die ARD-Nachrichtenredaktion verfasst. Die Botschaft: Die “Tagesschau” verbreite zu viele schlechte Nachrichten. “Manche von uns können deshalb nicht mehr gut schlafen”. Man wünsche sich mehr “gute Nachrichten”. “ARD-aktuell”-Chefredakteur Kai Gniffke hat den Kindern geantwortet.

3. Episode 28: Live in Berlin (mit Stefan Niggemeier)
(soundcloud.com, Lukas Heinser & Friedrich Küppersbusch, Audio: 73:15 Minuten)
Ex-BILDblog-Chef Lukas Heinser und der Journalist und TV-Produzent Friedrich Küppersbusch haben die neueste Folge ihres Podcasts vor Live-Publikum aufgenommen. Ab Minute 37 mit dabei: Der ebenfalls ehemalige BILDblog-Chef und “Übermedien”-Mitgründer Stefan Niggemeier, der sich anlässlich des Falls Relotius an seine Zeit beim “Spiegel” erinnert.

4. Hirsebrei für den Generaldirektor
(bstu.de, Philipp Springer, Video: 2:56 Minuten)
Am 15. Juni 1971 erschien in der von der SED gelenkten Bezirkszeitung “Freies Wort” ein Artikel, der sich mit dem Aufbau des Sozialismus in der thüringischen Stadt Schmalkalden beschäftigte. Dort wurde unter anderem von einem verdienten Generaldirektor eines örtlichen Betriebes berichtet. Einem Generaldirektor, “der früh um halb fünf an der Arbeit ist und abends um neun seine Frau anruft, sie solle die Hirse warmmachen, in einer halben Stunde sei er zu Hause”. Dieses Detail empörte einen anonymen Leserbriefschreiber: “Das kann man im Kindergarten erzählen, aber doch nicht Erwachsenen vorsetzen.” Das Ministerium für Staatssicherheit archivierte die “Tatschrift”, stieg aber nicht in weitere Ermittlungen ein, was möglicherweise auch an den fehlenden technischen Voraussetzungen lag.

5. Focus Online löscht Artikel von Osthessen News
(der-freigeber.de, Jens Brehl)
Nach Informationen des “Freigebers” Jens Brehl hat “Focus Online” verschiedene von einem Medienpartner gelieferte Artikel gelöscht, von denen Brehl zuvor zwei als Verstöße gegen den Pressekodex bemängelt hatte: Bei einem Beitrag über den Besuch eines Grünen-Politikers habe es sich um eine nicht gekennzeichnete Pressemitteilung gehandelt, ein Beitrag über die Rabattaktion eines Autohauses habe den Verdacht auf Schleichwerbung nahegelegt.

6. N-tv-Chef: “Wir brauchen mehr Luft zum Atmen”
(wiwo.de, Peter Steinkirchner)
Hans Demmel, Chef des Nachrichtensenders n-tv, sieht sich von den öffentlich-rechtlichen und gebührenfinanzierten Sendern bedroht: “Wir brauchen als Privatsender mehr Luft zum Atmen. Deshalb fordern wir von der Politik, dass sie den Auftrag von ARD und ZDF endlich neu so definiert und schärft, dass wir endlich zu einer Reduzierung des Angebots kommen.” Seiner Meinung nach sollten sich die Sender auf die Kernbereiche Bildung, Information und Kultur konzentrieren: “Wir fordern, dass diese Inhalte 75 Prozent des Angebots und der Budgetverwendung ausmachen sollen.”

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