Bild  

Ein Gruppensex-Quickie mit Polanski

Heute lernen wir, wie die Stars unter den Promi-Reportern an ihren spektakulären Stücke kommen.

Unsere Lehrerin ist keine geringere als Dora Varro, eine junge Frau, die sich “Teufelsreporterin” nennen lässt und über die die österreichische Fachzeitschrift “Journalist” schon vor Jahren schrieb: “Sie hat Geschichten, von denen länger im Geschäft befindliche Society-Journalisten nur träumen können.”

Diese erschien vor zwei Wochen in “Bild”:

Mein Treffen mit Roman Polanski war wie schlechter Sex

Man sieht, wie nahe sie dem Regisseur Roman Polanski gekommen ist, man ahnt, dass er sogar ihre Hand hält, während sie ihn auf das “heikle Thema” seiner Verhaftung anspricht, was ihn zu einem kleinen Witz animiert.

Dies ist das Foto der Agentur Getty Images, das “Bild” verwendet hat:

Die Frau, mit der Polanski hier spricht und deren Hand er hält, ist gar nicht “Bild”-Reporterin Dora Varro, sondern eine andere Dame. “Bild” hat sie unfreundlicherweise nicht nur abgeschnitten, sondern auch noch ihre Nase wegretuschiert.

Nun könnte man glauben, dass Frau Varro gar nicht mit Polanski gesprochen hat. Das wäre aber falsch. Sie stand mit anderen Reportern und Schaulustigen am Roten Teppich und hat sich von dem Regisseur schnell ein Autogramm geben lassen.

Das ganze ist sogar in einem Video auf Bild.de zu sehen — allerdings ohne den Hinweis, dass wir hier die Teufelsreporterin bei ihrer Arbeit sehen. Dies sind die entscheidenden Sekunden:

Keine Frage: Als Sex ist das nicht gut.

Mit Dank an Thomas H.!

Piratenpartei, Commentarist, Volltext

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Was Chefs in den Zeitungen zu lesen wünschen”
(nzz.ch, Sergio Aiolfi)
Firmenvertreter bringen Journalisten immer leichter dazu, das zu schreiben, was sie “am nächsten Tag gerne in der Zeitung lesen würden”.

2. “Ein Lehrstück”
(haekelschwein.de)
“Der NDR verhöhnte heute in ‘Menschen und Schlagzeilen’ die Piratenpartei mit einer ganz einfachen Methode, die sonst vornehmlich gegen extremistische Parteien und Sekten angewendet wird, worüber wir dann gerne lachen, die aber prinzipiell gegen jeden eingesetzt werden kann.”

3. “Orientierung im Dschungel der Fakten”
(taz.de, Jakob Schulz)
Ein Interview mit Eric Hauch, Gründer von Commentarist.de: “Für den Leser unterscheiden sich inzwischen die verschiedenen faktenorientierten Angebote immer weniger voneinander. Die Meinung kompetenter Journalisten gibt Medien die Möglichkeit, sich klar von der Konkurrenz zu differenzieren. Ich denke, dass die Nutzer zukünftig wesentlich stärker nach Einordnung und Einschätzung verlangen.”

4. “Nummernzauber: Autoren ohne Namen”
(umblaetterer.de, Luisa)
In der Printausgabe der Literaturzeitschrift “Volltext” werden die Verfasser der Artikel als Nummern angegeben. Auf volltext.net kann man nachsehen, um wen es sich handelt.

5. “Haltet den Dieb!”
(welt.de, Günther Lachmann)
Hans-Peter Buschheuer, Chefredakteur der Boulevardzeitung “Berliner Kurier”, sucht den potenziellen Dieb seiner Brieftasche im Netz.

6. “Entwurf eines P2P Social Networks”
(schockwellenreiter.de, Jörg Kantel)
Jörg Kantel fragt sich, wie ein soziales Netzwerk aussehen müsste, “in dem der Nutzer immer und zu jedem Zeitpunkt Herr seiner Daten bleibt, das Kommentare und Like-Buttons ermöglicht und das notfalls sogar auf minimalem Webspace mit statischen Seiten funktioniert”.

dapd  

Immerhin sind es keine Schülerlotsen

Wenn es in den letzten Tagen um den drohenden Streik der deutschen Fluglotsen ging, bestimmte ein Bild die Berichterstattung:


(Bild.de)


(fr-online.de)


(“Focus Online”)


(“Tagesschau”)

Das Foto bebildert seit dem Sommer die Tarifauseinandersetzungen zwischen der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) und der Deutschen Flugsicherung (DFS), ist aber auch anderweitig einsetzbar.

Verbreitet wird es von der Nachrichtenagentur dapd, die es in den letzten Tagen unter anderem mit diesem Text anbot:

ARCHIV: Eine Bodenlotsin ueberwacht auf dem Flughafen Frankfurt am Main startende und landende Flugzeuge von einem neuen Kontrollturm (Foto vom 23.04.10). Die Tarifgespraeche zwischen der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) und der Deutschen Flugsicherung (DFS) sind nach Angaben der Arbeitgeber geplatzt. Die GdF habe auf umfangreichen Befoerderungen der Lotsen bestanden, teilte die DFS am Freitag (07.10.11) mit. Daher sei das Schlichtungsgespraech ergebnislos geblieben.

Das Bild entstand also in einem der Türme der Vorfeldkontrolle (Apron Control) des Frankfurter Flughafens. Der Frankfurter Flughafen beschreibt den Aufgabenbereich der Vorfeldlotsen so:

Die 80 Vorfeldlotsen der Fraport AG, die jeweils in drei Schichten im Einsatz sind, koordinieren rollende sowie geschleppte Flugzeuge auf ihrem Weg von der Parkpo­sition zum Bahnsystem und umgekehrt. Außerdem ob­liegt dem Team der Vorfeldkontrolle die Koordination der Leitfahrzeuge, auch Follow-mes genannt, und – bei Schneefall – die Steuerung des Winterdienstes zur Räumung des Bahnsystems.

Doch nicht genug, dass die Frau auf dem Symbolbild gar keine “startenden und landenden Flugzeuge” überwacht: Die Vorfeldlotsen sind Angestellte des Flughafenbetreibers Fraport AG und haben mit der DFS und deren Streikplanungen “gar nichts zu tun”, wie uns jemand bestätigte, der dort arbeitet. Wenn die Lotsen der DFS ihre Arbeit niederlegen, müssten die Vorfeldlotsen weiterarbeiten — sie hätten nur ziemlich wenig zu tun.

Mit Dank an Sarah E.

Hängt ihn, aber gebt ihm keine Tiernamen

“Bild”-Leser Rolf K. aus Leipzig hatte einen Vorschlag, was mit Magnus Gäfgen passieren sollte, einen Kindermörder, der den Staat auch noch auf Schmerzensgeld verklagt hatte:

Meine Meinung: Ab in eine Gemeinschaftszelle und Hofgang mit allen anderen Ganoven!

Man kann sich ausmalen, was mit Gäfgen passieren würde, in einer Gemeinschaftszelle und beim Hofgang mit allen anderen Ganoven. Er würde es nicht überleben.

Man muss in dem Vorschlag von “Bild”-Leser Rolf K. aus Leipzig den Wunsch nach einer Lynchjustiz sehen oder gar den Aufruf dazu. Man kann es deshalb abstoßend finden, dass die “Bild”-Zeitung diese Leserstimme ausgewählt und veröffentlicht hat.

Doch der Presserat hat kein Problem damit. Er lehnte eine Beschwerde von uns schon im “Vorverfahren” ab, ohne überhaupt den Beschwerdeausschuss mit der Sache zu befassen.

Der Inhalt […] spiegelt nach unserer Einschätzung die Meinung eines Teils der Leserschaft wieder. Um allen Lesern zu verdeutlichen, welche Standpunkte in der Bevölkerung zu der Forderung bzw. zu der Person von Magnus Gäfgen existieren, ist es vertretbar, wenn diese Äußerungen dann so veröffentlicht werden. Es sind zwar extreme Meinungen, jedoch verstoßen sie nach unserer Ansicht nicht gegen die Menschenwürde Gäfgens.

Das betrifft auch andere Leserstimmen mit ähnlichem Tenor, die “Bild” und Bild.de im März veröffentlicht hatten, etwa die von Bernd M. Aus Lüdenscheid:

Das gibt es nur in Deutschland. In Amerika wäre diese Bestie kein Thema mehr.

Dass der Presserat das Wort “Bestie” nicht missbilligen würde, hätten wir natürlich vorher wissen können. 2009 urteilte der Beschwerdeausschuss über die “Bild”-Berichterstattung über einen mutmaßlichen Kinderschänder:

Außerdem sieht der Presserat mit der Bezeichnung “Dreckschwein” die Ziffer 1 des Pressekodex verletzt. Die Mehrheit im Beschwerdeausschuss kann der Argumentation der Zeitung nicht folgen, wonach auf diese Weise der vorherrschenden öffentlichen Meinung Ausdruck verliehen werde. Unabhängig von der Schwere der Vorwürfe gilt der Schutz der Menschenwürde. Die Bezeichnung “Sex-Bestie” hingegen hält der Beschwerdeausschuss für zulässig.

Einen Mann lynchen oder hinrichten lassen zu wollen, geht also menschenwürdetechnisch in Ordnung, so lange man ihn nur nicht mit einem Schwein vergleicht.

Die Kuh Elsa, Klaus Wowereit, Realität

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Mehr Realität statt Reality”
(sueddeutsche.de, Dominique Klughammer)
Dem Fernsehpublikum könne die Realität durchaus zugemutet werden, auch vor Mitternacht, findet Dokumentarfilmerin Dominique Klughammer. Das Recherchieren für echte Dokus werde aber immer schwieriger: “Deutschland ist durchgecastet. Viele Menschen standen schon einmal vor einer Kamera und gehen, wenn sie mit dem Privatfernsehen zu tun hatten, grundsätzlich davon aus, honoriert zu werden. Sie wissen um die Manipulationsmöglichkeiten des Fernsehens und möchten schon deswegen Geld bekommen.”

2. “Wowigate: Wie die Süddeutsche Zeitung vertrauliche Schulunterlagen besorgt”
(nice-bastard.blogspot.com, Dorin Popa)
Für einen Seite-3-Artikel besorgt sich die “Süddeutsche Zeitung” das Abiturzeugnis von Klaus Wowereit (“ein Panoptikum eher begrenzter Strebsamkeit”) und zitiert daraus. Dorin Popa hält “weder die Art der Informationsbeschaffung, noch die Veröffentlichung der Schulnoten” für zulässig.

3. “Das Prinzip Kuh Elsa”
(faz.net, Jörg Thomann)
Das Prinzip von Klatschblättern sei es, das Kuh-Elsa-Prinzip umzukehren, schreibt Jörg Thomann.

4. “Nur zwei Cent”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Die Meinungen der Journalisten seien derart festge­schrieben, dass oft nur noch darum herum geschrieben (bzw. gesendet) werde, stellt Gregor Keuschnig fest. “Statt ein bisschen länger zu recher­chieren und sich vom Resultat dieser Nachforschungen gegebenenfalls selbst über­raschen zu lassen, werden die üblichen Phrasen und Parolen gedroschen. Für den Leser heißt das: Er kann schwer unterscheiden, ob der Journalist seine Meinung wiedergibt oder ein recherchiertes Ergebnis präsentiert.”

5. “Bild.de vierteilt das ‘Supertalent'”
(meedia.de, Alexander Becker)
Klickoptimierung bei Bild.de: Das, was am Vortag im Fernsehen lief, wird über Tage in Häppchen nacherzählt.

6. “Ein Interview in der Bild…”
(farbwolke.de, Martin Neuhof)
Martin Neuhof lässt sich von “Bild” interviewen: “Die lustigste Frage war folgende: Welche Blogs liest du so? Antwort: Bildblog. Natürlich hat es diese Frage nicht in den Artikel geschafft, soviel Selbstkritik hätte ich der Bild nun auch nicht zugetraut.”

Urbane Legenden über Political Correctness (3)

Die Zahl deutschsprachiger Medien, die noch nicht auf die Falschmeldung hereingefallen ist, die BBC hätte die Formulierungen “vor Christus” und “nach Christus” abgeschafft, sinkt weiter.

Die “Zeit”-Beilage “Christ & Welt”, das Überbleibsel der Wochenzeitung “Rheinischer Merkur”, ist natürlich schon aufgrund ihres Namens von der Sache betroffen und schreibt in einer Glosse:

Nach mehr als zweitausend Folgen das Aus: Die BBC setzt Christus ab. In allen Sendungen des europäischen Leitmediums soll fortan nach einer Empfehlung der Senderleitung bei Nennung einer Jahreszahl auf den Zusatz „vor“ oder „nach Christus“ (BC für „before Christ“ und AD für Anno Domini) verzichtet werden. Stattdessen sind die Formulierungen „vor“ und „nach unserer Zeitrechnung“ („before common era“ und „common era“ oder kurz: BCE und CE) zu gebrauchen. Der Christusbezug sei, so der Sender, in einer „multiethnischen Gesellschaft“ nicht mehr angemessen, weshalb ...

Also noch einmal in aller Kürze:

  • Es gibt keine solche Empfehlung der Senderleitung.
  • Jede Redaktion kann selbst entscheiden, welche Formulierung sie verwenden will.
  • Die Formulierung “(before) common era” wird schon länger in Schulen gelehrt, in Universitäten verwendet und auf den Religionsseiten der BBC im Internet benutzt.
  • Es gibt keine Erklärung des Senders, wonach der Christusbezug in einer “multiethnischen Gesellschaft” nicht mehr angemessen sei (im Übrigen geht es um Religionen, nicht um Ethnien).

Auch die Österreichische Zeitung “Die Presse” verbreitet die Mär vom Sprachdiktat durch die BBC. Der frühere Chefredakteur und heutige Wiener Bistumssprecher Michael Prüller hat seine aktuelle “Culture Clash”-Kolumne ganz auf die falschen Behauptungen gegründet und schreibt:

Man kann (…) einwenden, dass durch Aktionen wie die der BBC wir immer mehr zu Kultureunuchen werden. Das, was für Irritationen sorgen könnte, schneiden wir besser weg. Es scheint mir aber künftige Konflikte eher heraufzubeschwören als zu verhindern, wenn man uns weismachen will, dass der Preis, den wir für zunehmende Diversität zu zahlen haben, die kulturhistorische Entmannung ist.

Noch einmal: Die “Aktion” der BBC, durch die sich Prüller kulturhistorisch zwangsentmannt fühlt, besteht in Wahrheit darin, ihren Mitarbeitern die freie Wahl zu lassen.

Der “Kölnischen Rundschau” war es unterdessen nicht genug, den Unsinn selbst in einem Artikel zu verbreiten (“Bei der BBC wird Jesu Geburt nicht mehr genannt”); sie lässt es nun auch ihre Leser tun und veröffentlichte folgende Zuschrift:

Ich lese, dass die BBC nicht mehr die Begriffe “vor Christus” und “nach Christus”, sondern mit Rücksicht auf andere Ethnien in England “vor” oder “nach unserer Zeitrechnung” verwenden möchte, die “Nicht-Christen weder beleidigen noch befremden”. Wenn das so stimmt, sollte die BBC auch nicht mehr die britische Fahne zeigen, die gleich drei christliche Kreuze enthält. Außerdem müsste die Queen bei Ihrer Thronrede vor beiden Häusern des Parlaments, wo sie sich mit einer Krone mit christlichem Kreuz präsentiert, ebenfalls tabu sein.

Armes England, das seine Herkunft verleugnet und sich kriecherisch seinen Ethnien anbiedert, die dies außerdem nicht einmal wollen.

Ein “England, das sich kriecherisch seinen Ethnien anbiedert” — man muss der “Kölnischen Rundschau” fast dankbar sein, dass sie dokumentiert, welche Art von Ressentiments sie mit ihrer Falschmeldung bedient.

dapd  

Die Reisewarnung, die keine Reisewarnung ist

Wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgibt, berechtigt das zu einer kostenlosen Stornierung von Reisen in das betroffene Land.

Insofern dürften die Reiseveranstalter gerade gut zu tun haben:

Ausschreitungen. Auswärtiges Amt: Reisewarnung für Ägypten

Gut zu tun beim Versuch, den Kunden zu erklären, dass es gar keine offizielle Reisewarnung für Ägypten gibt, obwohl das etwa bei “Focus Online”, “RP Online”, beim “Hamburger Abendblatt” und der “B.Z.” zu lesen ist.

Das Auswärtige Amt gibt lediglich … na gut: “lediglich” diese Empfehlungen:

Reisenden in Ägypten wird weiterhin dringend empfohlen, Menschenansammlungen und Demonstrationen weiträumig zu meiden und die örtliche Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen. Dieser Hinweis gilt insbesondere für die urbanen Zentren, und derzeit ganz besonders für das Gebiet um den Tahrir-Platz und das Fernsehgebäude (Maspero) in Kairo.

Reisen nach Ägypten sollten bis auf weiteres auf Kairo, Alexandria, die Urlaubsgebiete am Roten Meer, die Touristenzentren in Oberägypten (insbes. Luxor, Assuan) und auf geführte Touren in der Weißen und Schwarzen Wüste beschränkt werden. Von Einzelreisen an sonstige Orte und Landstriche wird aufgrund der nach wie vor unübersichtlichen und unsteten Sicherheitslage weiterhin abgeraten.

Die Nachrichtenagentur dapd war mit den feinen rechtlichen Unterschieden zwischen den “Aktuellen Hinweisen” des Auswärtigen Amts und einer offiziellen “Reisewarnung” offensichtlich nicht vertraut und hatte gestern in zwei Meldungen lautstark eine “Reisewarnung” verkündet.

Heute dann reichte dapd eine “Berichtigte Neufassung” nach:

Di 11.10.2011, 12:13, dapd – Nachrichtenagentur

Ägypten/DEU/Reisen/BER/NEU
(Berichtigte Neufassung)
Auswärtiges Amt aktualisiert Reisehinweise für Ägypten
– (korrigiert Meldung und Zusammenfassung von Montagabend. Es gab lediglich einen aktualisierten Reisehinweis, keine Warnung) =

Die Medien haben diese neue Version weitgehend ignoriert.

Mit Dank an Robert Sch.

Mikrozeitungen, Cover my Song, Ungarn

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Für eine kritische Berichterstattung – Ungarische Journalisten wehren sich”
(youtube.com, Video, 7:11 Minuten)
Ungarische Websites weichen auf ausländische Server aus, berichtet “ttt” – “da sind sie vor der Medienbehörde sicher”.”Eines hat Ministerpräsident Orban nicht bedacht: Im Internetzeitalter kann er einen Krieg um die Meinungsfreiheit nicht einfach per Gesetz gewinnen.”

2. “Raus aus den Ritualen”
(funkkorrespondenz.kim-info.de, Rupert Neudeck)
Nach vier Ausgaben der Talkshow “Günther Jauch” zieht Rupert Neudeck eine Bilanz: “Die Zwangsjacke, Gäste einzuladen, die – schönes neues deutsches Wort – ‘talkshowfähig’ sind, scheint auch für Jauch knallhart verbindlich.”

3. “Respekt oder Reality? Warum Fernsehen auch ohne Grenzverletzungen unterhalten kann”
(faz-community.faz.net, Peer Schader)
Peer Schader empfiehlt die “Vox”-Sendung “Cover my Song”, in der Rapper und Schlagerstars gegenseitig ihre Songs covern: “Dabei zuzusehen macht ungeheuer gute Laune, vor allem, weil die beiden Seiten sich nicht nur mit großem Respekt aneinander herantasten, sondern in einigen Fällen sogar merken, dass sie einen ganz ähnlichen Zugang zur Musik haben: über ihre Motivation, die Erfahrungen, die Arbeitsweise.”

4. “Wir erhalten ständig Bewerbungen – für Wunschkandidaten führen wir bereits Listen”
(persoenlich.com, Corinne Bauer)
Urs Gossweiler plant, ab dem Dezember 2012 in Zürich zwölf Mikrozeitungen zu verlegen und sucht dazu Mitarbeiter: “Pro Mikrozeitung benötigen wir acht Journalisten, vier Verlags- und drei Produktionsspezialisten. Insgesamt also 12 x 15 Leute.”

5. “‘Die Presse’: Kommentare zu verkaufen!”
(kobuk.at, Sebastian Fellner)
Die Finanzierung der wöchentlich in der Zeitung “Die Presse” erscheinenden Rubrik “Baupanorama”.

6. “Das Recht auf Meinung”
(estherruppertlaemmer.wordpress.com)
“Ja, ich bin Journalistin. Und, ja: Ich habe eine eigene politische Meinung.”

Bild  

Krokodilstränen

Vergangenen Freitag brachte “Bild” diese herzzerreißende Schlagzeile:

Joy Gruttmann und ihr Hit mit dem kleinen Krokodil: Schni- Schna- Schnappi hat meine Kindheit gefressen
Und das war passiert:

“Schni-, Schna, Schnappi, Schnappi, Schnappi, schnapp!”

An diesen Gute-Laune-Song erinnert sich ganz Deutschland gerne. Nur eine nicht …

…​ DAS MÄDCHEN, DAS IHN SANG.

“Nach all dem, was ich erlebt habe, würde ich das nicht wieder tun”, sagt Joy Gruttmann, heute 15.

John Puthenpurackal, Boulevardbeauftragter der Boulevardzeitung, zeichnete ein trauriges Bild, dem eigentlich nur noch Alkoholexzesse und Selbstmordversuche zur Vollkommenheit fehlen:

Joy lebt mit ihren Eltern in Gelsenkirchen. Einfamilienhaus. All die Preise, die Platin-Platten, hat sie im Keller versteckt. “Das alles interessiert mich nicht mehr. Ich habe mit ‘Schnappi’ abgeschlossen. Ich singe nicht mal mehr das Lied, weil es mich an die schwere Zeit danach erinnert.”

Radio Fritz, die Jugendwelle vom Rundfunk Berlin Brandenburg, nahm den “Bild”-Artikel ebenfalls am Freitag zum Anlass, ein Telefoninterview mit Joy Gruttmann zu führen. Und die fühlte sich falsch wiedergegeben:

Da steht in diesem Artikel gar nichts darüber drin, dass mir das auch Spaß gemacht hat und dass ich das auch wirklich gerne und freiwillig vor allem gemacht hab.

Danach erklärt sie, wie sie die Arbeitsweise der “Bild”-Zeitung wahrgenommen habe:

Wir haben das [Interview] am Telefon gemacht, das war auch alles total in Ordnung und eigentlich wirklich auch seriös und nett. Das war eigentlich auch alles unter dem Thema “Was macht eigentlich?”, eben was mach ich eigentlich, und es kommt jetzt alles so rüber, als ob ich mich da bei der “Bild”-Zeitung hab ausheulen wollen.

Auch die Hänseleien, von denen “Bild” groß berichtet, habe sie nicht als so schlimm und belastend wahrgenommen, wie die Zeitung sie nun dargestellt hat.

Und überhaupt:

Mir wurden teilweise wirklich die Worte ein bisschen im Mund umgedreht. Das war also wirklich erschreckend, dass da jetzt so ein Artikel drinsteht, weil die positiven Dinge, die waren auch einfach überwiegend.

Das Gespräch endet mit einer charmanten Pointe:

Moderatorin: Stimmt es denn wenigstens, dass Du Architektin werden willst?

Joy: Ja, das stimmt. Und ich gehe nicht in die elfte, sondern in die zehnte Klasse.

Mit Dank an Tino M.

OPAL, Apple, Staatstrojaner

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “7 ultimative Tipps für Journalisten, damit Sie auch morgen noch einen Job haben”
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
“Streichen Sie das Wort ‘Synergien’ bitte noch heute aus Ihrem Wortschatz. Verbrennen Sie Ihre Social Media Guidelines. Lesen Sie keine Zeitung mehr. Zerschnippeln Sie Ihren Presseausweis. Zertrümmern Sie Ihr iPad. Meiden Sie Bedenkenträger. Denken Sie nicht an Geld.”

2. “Und weiter geht’s: Bilds Ökostrom-Bashing”
(klima-luegendetektor.de)
Der “Klima-Lügendetektor” kritisiert die “Bild”-Titelgeschichte vom Samstag. Sie lautete: “Irrsinn: Deutschland verschenkt Strom ins Ausland … und wir kaufen ihn für teures Geld zurück”.

3. “Die LVZ und die Pipeline. Eine Liebesgeschichte.”
(somereason.blogsport.eu)
Berichte über die Erdgasleitung OPAL kommen in der “Leipziger Volkszeitung” als “Werbespecials” daher. “Wer sich darüber beschweren will, darf sich übrigens an den Deutschen Presserat wenden. Bester Ansprechpartner dort ist dessen Vorsitzender – der LVZ-Chefredakteur Bernd Hilder.”

4. “Apple-Bashing bei der SZ”
(kaliban.de)
Was der Ressortleiter und Chefreporter des Wirtschaftsteils der “Süddeutschen Zeitung” über Apple und Steve Jobs schreibt.

5. “Der börsennotierte Körper”
(freitag.de, Ronnie Vuine)
Ronnie Vuine staunt, “wie sehr man in Netz und Presse Technologieunternehmen mit Ponyhöfen verwechselt” und über die Reaktionen auf den Tod von Steve Jobs: “Beides, die Trauer wie das Urteil über den Charakter, nimmt eine Vertrautheit an mit einer Person, wo niemals eine war.”

6. “Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – von Bundestrojanern, Drohnen und allgemeiner Trotteligkeit”
(schmalenstroer.net)
“Kritiker und Gegner staatlicher Überwachungsmaßnahmen rechnen immer mit dem schlimmsten, dem perfekten Staatsapparat, der effizient arbeitet. In der Realität sieht dies immer wieder anders aus.” Siehe dazu auch “Der Staatstrojaner in dreieinhalb Minuten” (youtube.com, Video, 3:29 Minuten)

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