Ups, verarscht

Keine Frau belügt dich so
wie Boulevardzeitung und Castingshow!
(Unbekanntes Niederrheinisches Sprichwort)

Millionen Eltern müssen ihren Kindern heute erklären, warum eine Zeitung auf ihrer Titelseite so ein böses Wort schreiben darf:

"The Voice": Nenas Liebling verarscht die Zuschauer

Wie hat es ein einzelner Castingshow-Kandidat geschafft, “Bild” derartig zu empören?

Für Nena (51) war er einfach nur “wow”. Von Xavier Naidoo (40) gab’s “volle Punktzahl”: Stefan Zielasko (31) lieferte bei der Castingshow “The Voice” eine Hammer-Show ab.

Doch jetzt fällt ein Schatten auf seinen tollen Auftritt: Nachdem Stefan ein Millionen-Publikum mit dem Song “Nur in meinem Kopf” begeistert hatte, befragte ihn die Jury vor laufenden Kameras.

Xavier Naidoo: “Singst du normal vor Publikum?”
Stefan: “Nein, ich hab überhaupt keine Bühnenerfahrung.”
Nena: “Wow”, alle Coaches applaudieren.
Juror Rea Garvey (38): “Dass du überhaupt keine Bühnenerfahrung hast, ist unfassbar. Wo hast du schon vorher gesungen? Überhaupt?”
Stefan: “Ich bin eigentlich hauptberuflich Lehrer an einer Schule in Moers und musiziere nur in meinem Zimmer – und in der Karaokebar zusammen mit meinem Kumpel Daniel…”

Was er NICHT sagte: 2004 schaffte es Stefan Zielasko bis ins Finale der Pro7-Castingshow “Popstars”, scheiterte knapp und kam nicht in die Band “Nu Pagadi”!

Nun muss in der Regel jeder Kandidat bei einem TV-Casting einen Fragebogen ausfüllen, auf dem er auch angeben muss, ob er bereits an ähnlichen Formaten teilgenommen hat. Sollte Stefan Zielasko seine “Popstars”-Teilnahme gegenüber den Produzenten von “The Voice Of Germany” geheim gehalten haben, könnten die ihn jetzt feuern.

Allein: Sie stärkten ihm den Rücken. Nachdem Bild.de gestern angefangen hatte, sich über die Geschichte zu empören, veröffentlichte das ProSieben-Webteam eine Stellungnahme auf Facebook:

Liebe Facebook-Freunde, es wird viel über den sagenhaften Auftritt von Stefan Zielasko spekuliert und diskutiert. Er hat uns wie euch begeistert und allen Coaches den Stuhl verdreht.

Wir möchten klarstellen: Stefan hat weder gegenüber der Produktion noch gegenüber den Coaches ein Geheimnis daraus gemacht, dass er schon mal Kandidat bei POPSTARS war.

Es gab nach seinem Auftritt folgenden Dialog:

Rea: Und du hast keine musikalische Erfahrung?
Stefan: Ich hab vor Jahren mal bei einer Castingshow mitgemacht, leider ohne Erfolg
Alle Coaches durcheinander: Ja Gott sei dank, deswegen bist du heute hier…ist doch cool…

Diesen Dialog haben wir in der Sendung nicht erzählt. Und das hat bei einigen im Netz Verwirrung gestiftet. Deswegen stellen wir das hier klar.

Nun würde der gemeine Mensch sagen: “Okay, da hat ProSieben also den Zuschauern eine Information vorenthalten.” Etwas krawallig eingestellte Medienjournalisten hätten vielleicht getitelt: “ProSieben verarscht die Zuschauer”.

Die “Hamburger Morgenpost”, die dem Kandidaten zunächst ebenfalls eine “freche Lüge” unterstellt hatte, hat die Geschichte heute mit der Stellungnahme von ProSieben aufgeklärt:

Zoff um angebliche Casting-Lüge: "The Voice"-Macher: Stefan ist unschuldig!

Auch Bild.de hat diese Stellungnahme inzwischen entdeckt, sich aber für eine etwas andere Erzählweise entschieden:

"The Voice": Kostet der Schwindel Kandidat Stefan die nächste Runde?

Mit Dank an noir und Simon W.

12. Dezember

Das Internet hat die Arbeit für Journalisten bedeutend einfacher gemacht — auch wenn die Ergebnisse dieser Arbeit dadurch nicht zwingend besser werden.

Warum der erste Treffer in der Google-Bildersuche nicht immer auch der beste ist, zeigen wir heute im BILDblog-Adventskalender:

BILDblog vom 6. Mai 2011

Georg Stefan Troller, Frontal 21, Tatort

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Schlag-Worte”
(sueddeutsche.de, Hans Leyendecker)
Friedbert Pflüger gewinnt im Streit um ein angebliches Goebbels-Zitat erneut gegen den Springer-Verlag: “Als die Geschichte im Sommer in der Welt am Sonntag erneut kolportiert wurde, hat sich Pflüger wieder gewehrt und ist wieder vor Gericht gezogen.”

2. “Offener Brief an Frontal21”
(stigma-videospiele.de)
Matthias Dittmayer und Patrik Schönfeldt schreiben einen offenen Brief an die Redaktion der ZDF-Sendung “Frontal 21”: “In dem Rückblick gelingt Ihnen hinsichtlich der Empörung der Gamer eine ‘Korrektur’: Es wird verschwiegen, dass der Protest der inhaltlich unzutreffenden Berichterstattung galt, sondern stattdessen wird der Anschein erweckt, dass die Reaktionen auf die erst durch spätere Sendungen erfolgte Thematisierung der Suchtgefahr abzielen würden.”

3. “German Internet Angst”
(burks.de)
Burkhard Schröder befasst sich mit Medienberichten zu staatlicher Spionage-Software. “Bei staatlicher Datenspionage greifen mittlerweile mediale Beißreflexe, die dem Diskurs über Drogen gleichen: Seit vier Jahrzehnten sind bei diesem alle Textbausteine und Argumente bekannt, sie werden in konjunkturellen Schüben aus moraltheologischen Gründen ständig wiederholt.”

4. “Glückwunsch, Herr Markwort”
(dieganzewahrheit.org, Thomas Weiss)
Die Focus.de-Schlagzeile “Islamistischer Terroranschlag auf Weihnachtsmarkt verhindert”: “Bereits Stunden nach den ersten Meldungen und im Laufe des Abends stellte sich nämlich heraus, dass es keine konkreten Anschlagspläne des Terrorverdächtigen gab, also weder in Bochum, noch auf dem dortigen Weihnachtsmarkt.”

5. “Wie erfährt man die Wahrheit, Herr Troller?”
(faz.net, Uwe Ebbinghaus)
Interviewer Georg Stefan Troller im Interview: “Natürlich kamen die alten Hasen gleich auf mich zu und sagten: ‘Herr Troller, es gibt nur drei Dinge, die wirklich rüberkommen: Tiere, Kinder und singende Nonnen.’ Nun, ich habe genau das Gegenteil gemacht, und es kam rüber, zum Entsetzen des Senders. Ich zeigte Leben, Schicksale, Armut, Behinderungen. Jeder ist irgendwie angeschlagen und auch nicht immer sympathisch.”

6. “Der typische Tatort in 123 Sekunden”
(youtube.com, Video, 2:06 Minuten)

11. Dezember

Im März dieses Jahres ist Knut, der Eisbär, von uns gegangen. Er hatte den Menschen über nur vier Jahre große Freude bereitet und den Medien bis zum Schluss aufregende Geschichten bescherte.

Aber hatte Knut vielleicht eine Zoo-Kollegin auf dem Gewissen? So … indirekt? Im BILDblog-Adventskalender greifen wir diesen schrecklichen Verdacht noch einmal auf:

BILDblog vom 28. März 2007

Written By A Moron

Am Donnerstag wurde in Bochum die “Einslive Krone” verliehen, ein Radiopreis, bei dem die Hörer der WDR-Jugendwelle Einslive die Gewinner per Internetvoting bestimmen.

Die “Rheinische Post” schrieb dazu in ihrer gestrigen Ausgabe:

Im vergangenen Jahr noch gefeiert, war Lena Meyer-Landrut mit ihrem ESC-Song “Taken By A Stranger” diesmal chancenlos. Mit Bendzko konkurrierten um die beste Single ernsthaft nur Frida Gold mit “Wovon sollen wir träumen” und Andreas Bouranis “Nur in meinem Kopf”.

Wie “chancenlos” Frau Meyer-Landrut und wie “ernsthaft” die Konkurrenz von Frida Gold und Herrn Bourani war, zeigt diese Grafik, mit der Einslive selbst den Gewinner präsentierte:

Mit Dank an Lars B.

10. Dezember

Immer häufiger kommt es vor, dass Medien auf der Suche nach einer knalligen Geschichte auf irgendwelche Finten, Späße oder Satiren hereinfallen, die andere für sie vorbereitet haben. Besonders beeindruckend ist das allerdings, wenn die Geschichte nicht nur wahnsinnig unrealistisch ist, sondern die “Quelle” auch noch “Faking News” heißt.

Wie trotzdem reihenweise Journalisten auf die Geschichte hereinfielen, lesen Sie heute im BILDblog-Adventskalender:

BILDblog vom 3. November 2009

9. Dezember

Weihnachten rückt immer näher, die Innenstädte sind voll mit Menschen, die mit mürrischem Gesicht Weihnachtseinkäufe zu absolvieren versuchen. Doch was kaufen sie eigentlich, welche Marken gibt es überhaupt?

Im BILDblog-Adventskalender bemühen wir uns, einen Überblick zu schaffen — mit tatkräftiger Unterstützung von Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann.

BILDblog vom 8. April 2007

Bazillus, Frank Schirrmacher, Spiegel Online

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zeitungs-Zensur: Schüler verklagt den Freistaat”
(merkur-online.de, Patrick Wehner)
Der zwölfjährige Stephan Albrecht erwirkt beim Bayerischen Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, damit die von ihm verantwortete Schülerzeitung “Bazillus” verteilt werden kann. “Die Oberstudiendirektorin untersagte den ‘Bazillus’-Redakteuren – zwölf Kindern aus der sechsten und siebten Klasse – ihre Zeitung auf dem Schulgelände zu verteilen.”

2. “Das eingeschnappte Lebensgefühl”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)
Roberto J. De Lapuente denkt nach über das Deutschland-Bild von “Bild”: “Das Deutschland, das uns die berühmte Tageszeitung abbildet, es ist wehleidig, weinerlich, strotzt vor Selbstmitleid. Aber es zieht sich nicht zurück, es bläst zum Gegenangriff, schreit die Ungerechtigkeit laut hinaus.”

3. “Rückt die FAZ nach links? Oder gibt das Feuilleton nur den Klassen-Clown?”
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal bemerkt einen Linkskurs von Frank Schirrmacher in der FAZ: “Bislang tolerieren die anderen Ressorts, von ein paar Sticheleien abgesehen, Schirrmachers Eskapaden generös – so lange er im Rahmen der Leser-Blatt-Bindung eine wichtige Zielgruppe im Netz erschließt, die in 20 Jahren treue und brave FAZ-Abonnenten auf dem iPad sein sollen.”

4. “Rahmstorf im Zerrspiegel”
(scilogs.de/wblogs, Markus Pössel)
Der Artikel “Eklat um Klimaberater der Bundesregierung” auf “Spiegel Online” in der eingehenden Analyse von Markus Pössel.

5. “Toter Gaddafi darf gezeigt werden – Platzierung und Größe der Darstellung jedoch ausschlaggebend”
(presserat.info)
Der deutsche Presserat spricht eine “Missbilligung” gegen zwei Boulevardzeitungen aus, die “ein Foto des blutverschmierten Gesichts des toten Gaddafi, gezoomt und vergrößert, auf der Titelseite über dem Bruch veröffentlicht” hatten. “Selbstverständlich ist der Anblick eines getöteten Menschen kein Anblick, dem sich ein Leser oder Internet-User in der Regel gerne stellt. Dennoch gehört es zu den Aufgaben der Presse, auch solche Informationen in Wort und Bild zu vermitteln, die Gewalt, Krieg und Sterben beinhalten.”

6. “Das ist der Tag…”
(ignant.de)
“Das ist der Tag, von dem ihr noch euern Enkelkindern erzählen werdet” – “eine Transkription der Pro7-Fernsehshow ‘Germany’s next Topmodel 2011 – Das Finale'”.

Bild  

Ein Ouzo für seine guten Freunde

“Bild” ist für ihre, wie es die Zeitung selbst formuliert, “Griechenland-Berichterstattung” vor ein paar Wochen mit der “Europa-Distel für den größten europapolitischen Fehltritt des Jahres” ausgezeichnet worden. Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros, hatte bei der “Preisverleihung” überdeutlich gemacht, dass sich die Zeitung von derartiger Kritik nicht beeindrucken lassen würde (BILDblog berichtete).

Paul Ronzheimer, Blomes Adjutant und Drachmen-Verteiler, scheint sich die Kritik dennoch ein Stück weit zu Herzen genommen zu haben. Statt, wie sonst, von “Pleite-Griechen” zu schreiben, wählt er heute eine andere Formulierung.

Die könnte sich bei längerer Überlegung allerdings auch als Ausdruck von Ronzheimers Zynismus erweisen:

Pünktlich zum EU-Gipfel neue Nachrichten von unseren griechischen Freunden: Griechen überweisen Millionen in die Schweiz

In welchem Ausmaß die “arbeitslosen Griechen” “Millionen” in die Schweiz überwiesen haben sollen, erklärt Ronzheimer selbst übrigens so:

• 18 Griechen, die arbeitslos gemeldet sind, überwiesen jeweils mehr als eine Million Euro ins Ausland. Woher das Geld kommt, wird jetzt geklärt.

• Ein “Kleinunternehmer” aus der griechischen Provinz, der angeblich nur einige Zehntausend Euro pro Jahr verdiente, überwies mehr als 50 Millionen Euro auf ein Schweizer Konto. (…)

Mit Dank auch an Martina Y., altautonomer und Thomas D.

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