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1. “Hosianna, Guttenberg!” (blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Ein Gaukler, ein gefährlicher Politiker, ein Blender sei Karl-Theodor zu Guttenberg, ist derzeit in den Medien zu lesen. “Das ist insofern erstaunlich, als dass sich das vor ziemlich genau einem Jahr noch ganz anders las: Da sahen exemplarisch die Kollegen des ‘Spiegel’ die famosen Guttenbergs beim ‘Paarlauf ins Kanzleramt’ und auch SZ und FAZ und viele andere äußerten sich überaus freundlich über den Baron.”
3. “Beim Wald-und-Wiesen-Fernsehen” (taz.de, Felix Dachsel)
Felix Dachsel begleitet einen Berichterstatter der Castor-Proteste, Sebastian: “Protest ist überflüssig, ohne die Öffentlichkeit, die ihn wahrnimmt.”
4. “Zweiter Tag Haushalt – BILD schießt Abgeordneten ab” (blog.kerstenartus.info) Kersten Artus schreibt über die Arbeit eines “Bild”-Fotografen in der Hamburgischen Bürgerschaft: “Erst vor zwei Wochen lief stundenlang ein BILD-Fotograf durch den Plenarsaal und fotografierte uns in allen möglichen Situationen. Er lichtete auch leere Bankreihen ab. Er knipste vom Balkon herunter mit dem dicksten Objektiv, das er zur Verfügung hatte – und zielte genau in den Schoß diverser Abgeordneter und auf ihr Pult.”
5. “Fluch und Segen einer Bohne” (berliner-zeitung.de, Jan Söfjer)
Jan Söfjer stellt das neue Magazin “Reportagen” vor: “Nicht alle Reportagen in der Startnummer zünden, manchen fehlt es an dramaturgischer Dichte, nichtsdestotz finden sich exzellente Stücke. 5 000 Abonnenten möchte Daniel Puntas in den nächsten zwei Jahren für sein Liebhaber-Projekt finden.”
Die Europa-Union Deutschland, die sich selbst als überparteiliche, überkonfessionelle und unabhängige politische Nichtregierungsorganisation für ein föderalistisches Europa versteht, hat bei der diesjährigen Verleihung des Europapreises “Bild” mit der sogenannten “Distel” für den europapolitischen Fehltritt des Jahres bedacht. In einer Pressemitteilung heißt es:
Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros der BILD-Zeitung, erhielt stellvertretend für sein Blatt die Europa-Distel für den größten europapolitischen Fehltritt des Jahres wegen der Forderung, Griechenland solle seine Inseln verkaufen. (…)
In seiner Laudatio auf die BILD stellte der Vorsitzende von Europa-Professionell, Joachim Wuermeling, fest, dass es ein Fehler war, eine solche Emotionalität in die Debatte zu bringen und zwischen guten und schlechten Euro-Ländern zu unterscheiden. Er machte klar: “Wir wollen keine europäische Misstrauensgesellschaft!”
Von Einsicht ist bei “Bild” allerdings nichts zu bemerken:
Es ist ein stacheliger Preis, der als Kritik an BILD gemeint ist: Die Europa-Union verlieh BILD die “Europäische Distel” – weil BILD mit seiner Berichterstattung angeblich die europäischen Bürger gegeneinander aufbringt.
BILD stellte sich der Kritik. Und erklärte den erstaunten Europa-Politikern, warum die Redaktion in der Euro-Krise bei ihrer Meinung bleibt!
“Bild” zitiert dann weite Teile der Rede, die Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros und stellvertretender Chefredakteur, bei der Preisverleihung gehalten hat. Dabei wird schnell klar: “Bild” hat sich der Kritik nicht “gestellt”, sondern hat sie einfach weggebügelt.
So fragt Blome etwa:
Soll uns der Preis ex post nahelegen zu schweigen, uns also irgendwie “mundtot” machen?
Dabei kritisierte die Europa-Union nicht, dass “Bild” über die griechische Schuldenkrise berichtet hat, sondern wie (BILDblog berichtete hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier).
Blome fragt scheinheilig:
(…) hätten wir die Geschichte “BILD gibt den Griechen die Drachmen zurück!” (27.4. 2010) nicht machen sollen? Den selbstverständlich nicht repräsentativen Versuch, mit dem medienüblichen Mittel der Straßenumfrage zu erhellen, ob die Griechen ihre alte Währung zurückwollen? Inzwischen vergehen in Griechenland keine sieben Tage, ohne dass eine solche Umfrage gemacht wird.
Zunächst einmal stand über dem berüchtigten Artikel nicht, wie Blome behauptet, “BILD gibt den Griechen die Drachmen zurück!”, sondern “BILD gibt den Pleite-Griechen die Drachmen zurück!”. So nennt die Zeitung die Einwohner Griechenlands seit mehr als anderthalb Jahren.
Und natürlich war Paul Ronzheimers Aktion nicht “medienüblich”, sondern eine klare Grenzüberschreitung, bei der es einzig und allein darum ging, die Griechen vorzuführen (“Und das Irre: Viele jubeln und reißen sich darum…”). Man stelle sich vor, ein ausländisches Blatt würde in Deutschland eine derartige Aktion durchführen. “Bild” wäre sicherlich die Zeitung, die als erstes die Frage stellen würde “Warum werden wir Deutschen so verhöhnt?”.
Blome weiter:
Und noch eine Zugabe: “Verkauft eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.” Auch hier verspreche ich Ihnen: Exakt so wird es kommen. (…)
70.000 staatseigene Grundstücke stehen in Griechenland zum Verkauf, darunter eine komplette Halbinsel und ein kleiner Berg. Vollzogen wird der Verkauf am Ende vielleicht von einer Treuhandanstalt wie weiland in der untergegangenen DDR. (…)
Dabei weiß Blome vermutlich selbst am besten, wie diese Forderung in einem Land, das im zweiten Weltkrieg jahrelang unter der deutschen Besatzung gelitten hat, aufgefasst wird.
Der Unterschied zwischen den krawalligen “Pleite-Griechen”-Überschriften in “Bild” und der Sprache der anderen deutschen Zeitungen wird ausgerechnet in dem Moment am deutlichsten, in dem Blome behauptet, “die anderen” würden ja genauso schreiben:
Und weil das so ist, schreiben die anderen jetzt auch so. Nur ein Beispiel aus dem Juni 2011, Süddeutsche Zeitung. Der Autor delektiert sich unter der Überschrift “griechischer Schein”, wie das “Land seine Schulden verschleierte”, etwas, was sonst nur in einer “korrupten afrikanischen Diktatur” vorkomme. Selbst bei der Qualifikation für die Währungsunion hatten die Griechen gelogen”, bis das “Lügengebäude zum Einsturz” kam.
Der Höhe Tiefpunkt seiner Rede macht deutlich, dass Blome nicht ansatzweise verstanden hat, wofür “Bild” ausgezeichnet wurde:
Kurzum: Ich gebe zu. Rechthaben macht Spaß. In diesem Maße recht zu haben, und zu behalten, macht fast ein bisschen Angst.
Die sonst geläufige Redewendung, nach der der Ton die Musik mache, war den Großmüttern von Nikolaus Blome offenbar unbekannt — oder ihr Enkel hat auch damals schon nicht richtig zugehört.
Gegen Ende seiner Rede greift Blome dann wieder seine eingangs erwähnte Sorge, die Verleihung der Distel solle seine Zeitung “mundtot machen”, auf:
Haben Sie das Gefühl, Griechenland ginge es besser, wenn wir die Klappe gehalten hätten? Und glauben Sie im Ernst, BILD hätte die Griechenland-kritische Stimmung gemacht?
Vermutlich ginge es Griechenland nicht besser, wenn Blome und seine Leute “die Klappe gehalten hätten”, aber darum ging es bei dieser Preisverleihung gar nicht. Das Klima zwischen Deutschen und Griechen könnte allerdings deutlich weniger angespannt sein, wenn “Bild” die Klappe gehalten weniger hetzerisch berichtet hätte.
Denn dass “Bild” die “Griechenland-kritische Stimmung” nicht wenigstens ordentlich mit angeheizt hätte, glaubt Blome hoffentlich nicht im Ernst.
Es ist ein merkwürdiges Triumphgeheul, das “Bild” heute in der Kölner Ausgabe anstimmt:
Und es war doch ein Schlaganfall!
Warum “doch”? Hatte jemand was anderes behauptet?
Niedecken hatte BILD verbieten lassen, wahrheitsgemäß zu berichten, dass er einen Schlaganfall hatte. Überraschend offen sprechen Niedecken und seine Frau Tina (46) nun im aktuellen “Spiegel”. Sie sagen ganz klar:
JA, ES WAR EIN SCHLAGANFALL!
Niedecken hatte in der Tat mehrere Einstweilige Verfügungen gegen “Bild” erwirkt — mit Verweis auf seine Privatsphäre und die seiner Familie (BILDblog berichtetemehrfach). Dass Niedecken nun, da er wieder auf den Beinen ist, im “Spiegel” von sich aus einen Blick in diese Privatsphäre gewährt, rechtfertigt nachträglich nicht, dass “Bild” diese Privatsphäre verletzt hatte.
Anders als “Bild” jetzt suggeriert bezogen sich die Einstweiligen Verfügungen nicht nur auf die Art der Erkrankung. “Bild” wurde unter anderem auch verboten, Fotos von Niedeckens Frau und Kindern auf dem Krankenhausparkplatz (BILDblog berichtete) abzudrucken, “Details zur Fürsorge der Familie Niedecken für Wolfgang Niedecken” zu veröffentlichen und Details über die Krankenhausbehandlung Niedeckens zu verbreiten.
Vor allem aber wurde “Bild”, die ja nach eigener Ansicht “wahrheitsgemäß” berichtet hatte, untersagt, Details des angeblichen Erkrankungshergangs zu veröffentlichen, die laut Niedecken “falsch” bzw. “frei erfunden” waren. Erst vergangene Woche hatte “Bild” eine diesbezügliche Einstweilige Verfügung anerkannt und auf sämtliche Rechtsmittel verzichtet.
Statt auf eigene Spekulationen bzw. “Informationen” setzt “Bild” heute deshalb lieber auf das, was Niedecken selbst preisgegeben hat:
BILD druckt Auszüge des Interviews…
… und könnte sich damit den nächsten juristischen Ärger einhandeln — diesmal allerdings mit dem “Spiegel”, denn die “Auszüge” umfassen weite Teile dessen, was Niedecken zum Krankheitsverlauf gesagt hat.
Nicht zitiert hat “Bild”, wie das Gespräch später weiter ging:
SPIEGEL: Wie fühlt es sich an, öffentlich krank zu sein? Kann man als Prominenter sagen: Meine Krankheit ist reine Privatsache, da lasse ich keinen dran teilhaben?
Niedecken: Ich selbst war schockiert, als die “Bild”-Zeitung gleich erfundene Details über meinen Schlaganfall verbreitete. Dass sie meine Töchter vor dem Krankenhaus fotografiert haben und ein Reporter ihnen aufgelauert hat und sie ausquetschen wollte. Als Tina und ich vor ein paar Tagen am Rhein spazieren gingen, sah ich plötzlich “Bild”-Paparazzi hinter dem Baum. Auf einem der Fotos sieht man mir den Schreck über den Fotografen richtig an. Ich schaue tatsächlich wie jemand, der einen Schlaganfall hatte.
Tina Niedecken: Schatzi, du hattest einen Schlaganfall!
Niedecken: Ja, weiß ich ja. Ich meine nur, es sah so aus, wie man sich Schlaganfall-Patienten im Boulevard vorstellt. Ich gucke so ein bisschen irre. Das Gefühl, die Kontrolle über seine Privatsphäre zu verlieren, ist schlimm. Das hat etwas von einer Vergewaltigung.
Mit Dank auch an Matthias M.
Nachtrag, 17.35 Uhr: Niedeckens Anwälte bezeichnen die heutige Berichterstattung von “Bild” als “scheinheilig”, weil die Zeitung ganz genau wisse, dass das Verbot nicht deshalb ergangen sei, weil die Meldung falsch war, sondern weil eine Veröffentlichung von Krankheiten ohne Zustimmung Niedeckens in das Persönlichkeitsrecht Niedeckens eingreife.
Der “Spiegel” erklärt uns unterdessen auf Anfrage, dass er nicht gegen “Bild” vorgehen wolle, auch wenn das Ausmaß, in dem die Zeitung aus dem Magazin zitiert, durchaus “episch” sei.
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1. “Zehn Jahre indirekter freistoss – auch mein Jubiläum” (indirekter-freistoss.de, Oliver Fritsch)
Die “Presseschau für den kritischen Fußballfreund” feiert das zehnjährige Jubiläum: “Gegründet habe ich den indirekten freistoss, um den seriösen Stimmen mehr Gewicht zu geben. Meinung gemacht wird ja nach wie vor woanders: bei Bild und im Fernsehen. Vielleicht ist deren Macht im Fußball im letzten Jahrzehnt ein wenig geringer geworden, ich kann mich aber auch täuschen.”
2. “Ein gefährlicher Mann” (faz.net, Volker Zastrow) Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht als reuiger Sünder zurückgekehrt, “sondern gepanzert mit Rechtfertigungen, bewaffnet mit Drohungen”. “Die unerzählte Geschichte geht so: Guttenberg hat es geschafft, fast in alle wichtigen Redaktionen dieses Landes belastbare Beziehungen aufzubauen, mit ungeheurem Charme. Das hat in einigen Häusern dazu geführt, dass Berichterstatter nicht so geschrieben haben, wie sie dachten. Die Redaktionen wurden auf Linie gebracht, soweit sie sich nicht ganz von selbst drauf brachten, längst vor der Affäre.”
3. “Mediale Steigbügelhalter” (dradio.de, Bettina Schmieding)
Hat Guttenberg eine PR-Agentur beauftragt? “Wenn ja, dann hätte er das Geld echt besser ausgeben können. Schließlich gibt es genug Steigbügelhalter für den Baron in der deutschen Presse und die machen das total unentgeltlich.”
6. “Kurz vor Schluss” (zeit.de, Roland Kirbach)
Die finanzielle Situation deutscher Kommunen: “Nachdem Cross Border Leasing unattraktiv geworden war, weil die Steuervorteile in den USA entfallen waren, wurden deutsche Kämmerer aus Verzweiflung zu Zockern. Gelockt von cleveren Bankern, schlossen sie mit Finanzinstituten Wetten auf die künftige Zinsentwicklung ab. Reihenweise haben die Städte verloren.”
Kopf oder Zahl, Schwarz oder Weiß, Ja oder Nein — manchmal ist die Welt ganz einfach, die Chancen stehen fifty-fifty.
Zum Beispiel beim Versuch zu erraten, welche der zwei Optionen (“Ja” oder “Nein”) bei der Volksabstimmung in Baden-Württemberg heute zum Ende des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 führen könnte.
Haarscharf daneben. Tatsächlich (und das ist zugegebenermaßen ziemlich verwirrend) geht es um die Frage, ob das Land bei der Finanzierung von Stuttgart 21 aussteigt. Wer (wie Kretschmann) gegen Stuttgart 21 ist, müsste also mit “Ja” stimmen — und genau dafür hatte Kretschmann auch geworben.
Noch während wir diesen Eintrag vorbereitet haben, hat “Spiegel Online” den Fehler bemerkt und sich für die unverfängliche Variante entschieden:
Winfried Kretschmann bei der Stimmabgabe: Der grüne Ministerpräsident warb für eine Abstimmung gegen das Projekt Stuttgart 21.
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Bundesregierung offenbar die Endlagerung ehemaliger karibischer Machthaber in Deutschland erlaubt:
Der Fehler ging auf das Konto der Deutschen Presse-Agentur dpa, inzwischen haben aber fast alle Online-Medien, die ihn zunächst übernommen hatten, “Castro” durch “Castor” ersetzt. Bis auf “Zeit Online”.
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2. “Boulevard der Schäbigkeiten” (spiegel.de, Frank Patalong)
Aussagen von Max Mosley und J. K. Rowling vor der Untersuchungskommission zum Abhörskandal der Boulevardzeitung “News of the World”. Und von Sienna Miller: “Sie erzählt, wie ihre intimsten Beziehungen belastet und in Frage gestellt wurden, als über Jahre Informationen in der Presse auftauchten, ‘von denen definitiv nur drei Personen wussten’. Es klingt, als könne sie es bis heute nicht fassen. Man spürt, dass sie über mehr als nur erschüttertes Vertrauen spricht, sie redet von intimen Beziehungen, die durch Verdächtigungen am Rande des Zusammenbruchs standen.”
3. “Medien sitzen Bigpoints ‘Umsatzrakete’ auf” (meedia.de, Henning Ohlsen)
Henning Ohlsen fragt beim Mediensprecher von Bigpoint nach, ob mit einer virtuellen Drohne tatsächlich “in 4 Tagen 2 Mio. Euro” umgesetzt wurde, wie zum Beispiel Krone.at schreibt: “Es gab zehn Drohnen, die durchschnittlich rund 100 Euro kosteten. Hubertz’ Rechnung im Gamesbrief-Bericht sei lediglich ein Planspiel gewesen, das falsch wiedergegeben worden sei.”
5. “Die neuen Gebrüder Grimm” (taz.de, Felix Dachsel)
Große Männerwochen bei der “Zeit”: “Erst bescheinigt Helmut Schmidt, der Herausgeber, Peer Steinbrück, dem SPD-Fast-Kanzler-Kandidaten, das volle Zeug zum Kanzler (Titelzeile: ‘Die Partie ist eröffnet’), jetzt nimmt der Chefredakteur des Hamburger Blatts dem Exminister die Beichte ab (Titelzeile: ‘Es war kein Betrug’).” Zur “Zeit” und Guttenberg siehe auch das Interview mit FAZ-Redakteur Jürgen Kaube (dradio.de, Frank Meyer)
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1. “‘Schwer verliebt’: Rhein-Zeitung engagiert sich” (ndr.de, Video, 6:44 Minuten)
Zapp spricht mit Sarah, Kandidatin der Sat.1-Sendung “Schwer verliebt” und Vera Müller, Redakteurin der “Rhein Zeitung”. In einer Stellungnahme bestreitet der Sender, dass Kandidaten “zu Handlungen und Aussagen gedrängt worden” seien: “Ein Drehbuch lag bei ‘Schwer verliebt’ nicht vor.”
3. “‘Dönermorde’ wird Unwort des Jahres” (meedia.de, Christine Lübbers) Patrick Gensing spricht im Interview mit Christine Lübbers darüber, wie Rechtsextreme in den Medien vorkommen: “Ich glaube, man würde es sich in keinem anderen wichtigen Gebiet erlauben, dass man über zehn Jahre nicht über Bildsprache nachdenkt. Natürlich gibt es noch Nazis, die Glatze tragen. Die sind aber mehr das Fußvolk, das nicht so ganz ernst genommen wird. Im organisierten Rechtsextremismus ist das Bild ein anderes.”
4. “Causa Kachelmann: Oberlandesgericht Köln gibt Bild.de recht” (horizont.net)
Das Oberlandesgericht Köln entscheidet im Rechtsstreit zwischen Jörg Kachelmann und Bild.de in zweiter Instanz zugunsten von Bild.de: “Aus Sicht der Richter war die Berichterstattung von Bild.de im Fall Kachelmann nicht zu beanstanden.”
5. “Wer hat das Skript geschrieben?” (faz.net, Hans Hütt) “Börse im Ersten” sei “keine Informationssendung, schon gar nicht für Aktienbesitzer in Deutschland”, schreibt Hans Hütt. “Wer das behauptet, hat die Komposition der Sendung nicht verstanden. Sie zelebriert eine Andacht. Jeder Lidschlag des Moderators, jedes Senken seines Haupts folgen einem liturgischen Skript.”
Leiden auch Sie unter den “knackig kalten” Temperaturen und kommen Sie kaum noch mit der Beseitigung des “vielen Schnees” nach? Nein? Dann leben Sie offenbar in einem anderen Deutschland als dem, für das Bild.de und mopo.de vor viereinhalb Wochen einen “Horror-Winter” bzw. “Arktis-Winter” angekündigt haben:
Unter Berufung auf den Wetterdienst donnerwetter.de behauptete Bild.de am 22. Oktober:
Er wird kommen. Mit Minusgraden und viel Schnee. Drei Monate lang. Und Ende November geht es schon los!
Bibber-Alarm: In vier Wochen beginnt der Horror-Winter!
(…) Der November startet wahrscheinlich noch sehr mild, so dass der Absturz der Temperaturen Mitte/Ende November recht heftig ausfällt. Wir erwarten dann sogar schon die ersten Schneefälle bis ins Flachland, sagen die Donnerwetter-Experten in ihrer Winter-Prognose.
Und mopo.de orakelte ähnlich dramatisch:
Minusgrade. Schnee. Glatteis. Und das für Monate! Der nahende Winter – wird er so schlimm wie im vergangenen Jahr? Droht uns gar ein echter Horror-Winter? Michael Klein von „Donnerwetter.de“ ist sich zumindest ziemlich sicher, dass es richtig kalt wird – und kündigt für November bereits das erste Schnee-Chaos an.
Bereits am 24. Oktober kommentierte Jörg Kachelmann die Vorhersagen von Bild.de und mopo.de in einem Video auf YouTube folgendermaßen:
Niemand weiß heute, wie der Winter wird. Was Sie da lesen ist alles Schwachsinn. Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Kann sein, dass ein kalter Winter kommt, muss aber nicht. (…) Das Wetter weiß es im Moment selbst noch nicht. Leider sind wir in der Meteorologie noch nicht so weit, das so weit im Voraus vorhersagen zu können. Es gibt (…) kein anderes Land, in dem dieser Stuss abgedruckt wird.
Ähnlich formulierte es der Leiter des Institutes für Wetter- und Klimakommunikation auf wetterspiegel.de, als vor einem Jahr ähnliche Prognosen über den Winter 2010/11 aufgestellt wurden:
Frank Böttcher, Leiter des Institutes für Wetter- und Klimakommunikation und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft in Norddeutschland, stellt klar: “Wir können heute seriös Wetterprognosen für ein paar Tage machen. Wie das Wetter in ein paar Wochen wird, wissen wir nicht.” (…) Mit dieser Art von Vorhersagen steigen nach Ansicht von Frank Böttcher diese unseriösen Propheten in die “Fußstapfen von Nostradamus” und verlassen den Boden wissenschaftlich gesicherter Prognosen. “Diese Kollegen bringen die Meteorologie in Verruf. Sie nutzen die Unkenntnis der Öffentlichkeit für große Schlagzeilen.”, so Böttcher.
Immerhin zeigt sich Bild.de flexibel. Nachdem dort noch vor einem Monat für Ende November Schneechaos angekündigt wurde, heißt es jetzt: