10. Dezember

Immer häufiger kommt es vor, dass Medien auf der Suche nach einer knalligen Geschichte auf irgendwelche Finten, Späße oder Satiren hereinfallen, die andere für sie vorbereitet haben. Besonders beeindruckend ist das allerdings, wenn die Geschichte nicht nur wahnsinnig unrealistisch ist, sondern die “Quelle” auch noch “Faking News” heißt.

Wie trotzdem reihenweise Journalisten auf die Geschichte hereinfielen, lesen Sie heute im BILDblog-Adventskalender:

BILDblog vom 3. November 2009

9. Dezember

Weihnachten rückt immer näher, die Innenstädte sind voll mit Menschen, die mit mürrischem Gesicht Weihnachtseinkäufe zu absolvieren versuchen. Doch was kaufen sie eigentlich, welche Marken gibt es überhaupt?

Im BILDblog-Adventskalender bemühen wir uns, einen Überblick zu schaffen — mit tatkräftiger Unterstützung von Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann.

BILDblog vom 8. April 2007

Bazillus, Frank Schirrmacher, Spiegel Online

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zeitungs-Zensur: Schüler verklagt den Freistaat”
(merkur-online.de, Patrick Wehner)
Der zwölfjährige Stephan Albrecht erwirkt beim Bayerischen Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, damit die von ihm verantwortete Schülerzeitung “Bazillus” verteilt werden kann. “Die Oberstudiendirektorin untersagte den ‘Bazillus’-Redakteuren – zwölf Kindern aus der sechsten und siebten Klasse – ihre Zeitung auf dem Schulgelände zu verteilen.”

2. “Das eingeschnappte Lebensgefühl”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente)
Roberto J. De Lapuente denkt nach über das Deutschland-Bild von “Bild”: “Das Deutschland, das uns die berühmte Tageszeitung abbildet, es ist wehleidig, weinerlich, strotzt vor Selbstmitleid. Aber es zieht sich nicht zurück, es bläst zum Gegenangriff, schreit die Ungerechtigkeit laut hinaus.”

3. “Rückt die FAZ nach links? Oder gibt das Feuilleton nur den Klassen-Clown?”
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal bemerkt einen Linkskurs von Frank Schirrmacher in der FAZ: “Bislang tolerieren die anderen Ressorts, von ein paar Sticheleien abgesehen, Schirrmachers Eskapaden generös – so lange er im Rahmen der Leser-Blatt-Bindung eine wichtige Zielgruppe im Netz erschließt, die in 20 Jahren treue und brave FAZ-Abonnenten auf dem iPad sein sollen.”

4. “Rahmstorf im Zerrspiegel”
(scilogs.de/wblogs, Markus Pössel)
Der Artikel “Eklat um Klimaberater der Bundesregierung” auf “Spiegel Online” in der eingehenden Analyse von Markus Pössel.

5. “Toter Gaddafi darf gezeigt werden – Platzierung und Größe der Darstellung jedoch ausschlaggebend”
(presserat.info)
Der deutsche Presserat spricht eine “Missbilligung” gegen zwei Boulevardzeitungen aus, die “ein Foto des blutverschmierten Gesichts des toten Gaddafi, gezoomt und vergrößert, auf der Titelseite über dem Bruch veröffentlicht” hatten. “Selbstverständlich ist der Anblick eines getöteten Menschen kein Anblick, dem sich ein Leser oder Internet-User in der Regel gerne stellt. Dennoch gehört es zu den Aufgaben der Presse, auch solche Informationen in Wort und Bild zu vermitteln, die Gewalt, Krieg und Sterben beinhalten.”

6. “Das ist der Tag…”
(ignant.de)
“Das ist der Tag, von dem ihr noch euern Enkelkindern erzählen werdet” – “eine Transkription der Pro7-Fernsehshow ‘Germany’s next Topmodel 2011 – Das Finale'”.

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Ein Ouzo für seine guten Freunde

“Bild” ist für ihre, wie es die Zeitung selbst formuliert, “Griechenland-Berichterstattung” vor ein paar Wochen mit der “Europa-Distel für den größten europapolitischen Fehltritt des Jahres” ausgezeichnet worden. Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros, hatte bei der “Preisverleihung” überdeutlich gemacht, dass sich die Zeitung von derartiger Kritik nicht beeindrucken lassen würde (BILDblog berichtete).

Paul Ronzheimer, Blomes Adjutant und Drachmen-Verteiler, scheint sich die Kritik dennoch ein Stück weit zu Herzen genommen zu haben. Statt, wie sonst, von “Pleite-Griechen” zu schreiben, wählt er heute eine andere Formulierung.

Die könnte sich bei längerer Überlegung allerdings auch als Ausdruck von Ronzheimers Zynismus erweisen:

Pünktlich zum EU-Gipfel neue Nachrichten von unseren griechischen Freunden: Griechen überweisen Millionen in die Schweiz

In welchem Ausmaß die “arbeitslosen Griechen” “Millionen” in die Schweiz überwiesen haben sollen, erklärt Ronzheimer selbst übrigens so:

• 18 Griechen, die arbeitslos gemeldet sind, überwiesen jeweils mehr als eine Million Euro ins Ausland. Woher das Geld kommt, wird jetzt geklärt.

• Ein “Kleinunternehmer” aus der griechischen Provinz, der angeblich nur einige Zehntausend Euro pro Jahr verdiente, überwies mehr als 50 Millionen Euro auf ein Schweizer Konto. (…)

Mit Dank auch an Martina Y., altautonomer und Thomas D.

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Schlechte Gewinner

Wenn der Presserat eine Rüge gegen “Bild” ausspricht, dann berichtet die Zeitung in den meisten Fällen nicht darüber, obwohl sie es laut §15 der Beschwerdeordnung eigentlich müsste. Wenn der Presserat aber dann doch einmal eine Beschwerde zurückweist, sieht das ganz anders aus. Dann macht “Bild” denjenigen, der sich beschwert hat, einfach zum “Verlierer”:

Als Chef von "Studi-VZ" konnte Clemens Riedl (40) offensichtlich ganz schlecht mit Konkurrenz umgehen: Beim Deutschen Presserat beschwerte er sich über die BILD-Serie "So machen Sie bei Facebook mit". Vorwurf: Schleichwerbung. Jetzt wies der Presserat die Beschwerde zurück, Riedl ist inzwischen gefeuert. BILD meint: Recht so!

Übrigens: Dass Riedl inzwischen nicht mehr bei StudiVZ arbeitet, hat natürlich nichts mit der abgelehnten Beschwerde beim Presserat zu tun. Er hat das Unternehmen am 11. Oktober “auf eigenen Wunsch” verlassen und steht “in der nächsten Zeit noch für einen reibungslosen Übergang zur Verfügung”, weswegen er auch immer noch im Impressum der VZ-Netzwerke genannt wird.

Mit Dank an Christian M.

8. Dezember

Katholiken begehen heute Mariä Empfängnis. Das ist der Tag, an dem Gott die noch ungeborene Maria vor der Erbsünde bewahrt haben soll.

Zu Ehren aller Frauen stellen wir deshalb im BILDblog-Adventskalender noch einmal die Dinge vor, die Frauen nach Meinung der “Bild”-Redaktion “besser können” als Männer.

BILDblog vom 8. März 2011

Jonathan H. und die Geier

Im November fand man in Leipzig in einem Fluss die zerstückelte Leiche eines jungen Mannes. Am vergangenen Freitag konnte er als Jonathan H. identifiziert werden.

Und weil Jonathan H. in seinem Leben Spuren im Internet hinterlassen hat, ist der Fall für die Presse klar: Die “Dresdner Morgenpost” glaubt an einen “Manga-Mord”, und anders noch als am Samstag auf der Titelseite (Ausriss oben rechts) benutzt sie das Wort inzwischen auch ohne Fragezeichen. Und die “Bild”-Zeitung braucht nur zwei Sätze, um Leben und Sterben von Jonathan H. zu charakterisieren:

Er trug Frauenkleider, lackierte sich die Fingernägel schwarz und empfing fremde Männer. Bis man seine zerstückelte Leiche aus dem Elsterbecken zog.

Sie haben sich großzügig bedient, bei den Fotos, die sie von Jonathan H. gefunden haben. Sie haben sie ebenso großzügig und ohne Rücksicht auf Verluste interpretiert und Jonathan gleich noch einmal auf eine andere Art zu einem Opfer gemacht.

Nicole B. hat Jonathan gekannt. Sie hat gezögert, den Lügen und Zumutungen von “Bild” und “Morgenpost” öffentlich zu widersprechen, weil sie Angst hat, dass deren Leute sich daraus wieder Dinge herauspicken und nach Belieben verdrehen werden. Sie will dem Ruf ihres ermordeten Freundes nicht noch weiter durch Abfalljournalismus schaden.

Aber sie möchte auch nicht schweigen. Mit ihrer Genehmigung veröffentlichen wir ihren Offenen Brief:

Ich weiß, dass die Ursache dieses Briefs für journalistische Verhältnisse weit zurück liegt. Es fiel mir jedoch ungeheuer schwer, die passenden Worte zu finden. Ich sehe aber — außer rechtlichen Schritten — keine andere Möglichkeit, den geschmacklosen Äußerungen und Berichten zu widersprechen.

Es geht um den Mord an Jonathan H., einen Freund. Jemand, der da war, wenn man ihn brauchte. Jemand, der stets sagte: “Das kriegen wir schon wieder hin!”, wenn man selbst nicht mehr daran glaubte. Jemand, der sich kümmerte und sorgte und immer aushalf, wenn es nötig war. Jemand, mit dem man über Gott und die Welt reden konnte und dessen Lächeln seit dem 6. November auf ewig fehlen wird.

Ein Mensch, in dessen Gesicht die Emotion “Wut” nicht passt und der sich wohl eher zurückzog, wenn man ihn kränkte.

Es ist schon schmerzlich genug, dass man uns einen derartigen Freund auf grausame Art und Weise nahm. Doch die “Bild”, “Morgenpost” und andere sind wie Geier, die auch noch das letzte, was von ihm blieb, vor unseren Augen zerstückeln!

Er war — wie viele andere – Anime- und Mangafan. Er war kein Cosplayer. Er bewunderte zwar die Ergebnisse der Cosplayer, jedoch wie viele traute er sich selbst die komplizierte, teure und aufwändige Fertigung eines Kostüms wahrscheinlich nicht zu. Seine Interessen lagen ohnehin wesentlich stärker in Informatik, darüber konnte er stundenlang reden und es auch noch sehr anschaulich erklären.

Entgegen der Berichterstattung war Jonathan auch kein Zeichner. Er hat hin und wieder — aus Interesse — den Stift in die Hand genommen und es sich von denen, die ihre Freizeit mit Zeichnen verbringen, erklären lassen.

Jonathan war auch kein Eigenbrötler — im Gegenteil! Er war stets der erste, der vorschlug, sich mal wieder zu treffen, wenn man sich nach langer Zeit wiedersah. Er war auch immer derjenige, der sich die Zeit für die Treffen nahm und auch immer erschien, wenn man sich traf. Er war ein bekanntes Gesicht, auch bei denen, die nicht viel mit ihm zu tun hatten.

Und ich möchte eines auf jeden Fall und mit Nachdruck klarstellen: Er war auch kein homosexueller Transvestit, der sich prostituierte, wie die “Bild” und ihre Ableger glauben machen möchten!

Dieses eine Foto, auf dem er als Cosplayer dargestellt wird, hat die “Bild” nicht nur unrechtmäßig von der Community genommen und verwendet. Es war auch noch als Scherz gedacht. Es war ein Spaß für alle Außenstehenden und wie man an den Kommentaren der Fotos von Jonathan erkennen kann, fand er es auch witzig.

Cosplay ist eine Abkürzung von “Costume Play”, jedoch wurde — auch wenn das Wort aus dem Englischen stammt — dieser Begriff von den Japanern geprägt, wo Cosplay eine lange Tradition hat. Beim Cosplayen geht es nicht um irgendwelche abstrusen Rollenspiele, auch wenn der Begriff “In Character” (sich wie der Charakter, den man darstellt, verhalten) von vielen betont wird. Dies gilt nur für die Auftritte vor Publikum und Jury.

Beim Cosplay geht es um den Spaß, den man während des Fertigens hat. Der Weg ist das Ziel, dementsprechend stark richtet sich Cosplay auf kreative Problembewältigung, Planung und handwerkliches Geschick aus. Das Ziel ist, mit einem begrenzten Budget dem Original so nah wie möglich zu kommen. Das Tragen des Endprodukts ist nur die “Creme auf der Torte”.

Jonathan war verträumt, aber begeisterungsfähig, kontaktfreudig, rücksichtsvoll, hochintelligent und einfach ein Visionär. Er war stets optimistisch und ihm war zuzutrauen, dass er die Welt verändern konnte, mit all den genialen Ideen, die ihm scheinbar aus dem Nichts zuflogen. Oftmals während des Sprechens über ein Problem, mitten im Satz, weswegen er das Weiterreden als überflüssig ansah, den begonnenen Satz zu beenden, um sich anderen, neuen Problemen zuzuwenden.

Er war auf jedem Treffen dabei und entgegen der angeblichen Aussage seiner Nachbarn sehr gern und oft unter Menschen, bei denen er sich wohlfühlte: uns. Ist es nicht normal, wenn man unter Freunden offener und zugänglicher ist als unter Fremden? Ist man deswegen ein Sonderling und Eigenbrötler??

Er war ein normaler Mensch mit einem normalen Hobby.

Ich kann einfach nicht verstehen, wieso man einen liebenswerten Menschen derartig diffamieren kann, nur, weil sein Hobby außergewöhnlich erscheint. Jonathan oder Angehörige der Anime- und Mangaszene werden nicht nur als “bizarr” bezeichnet und abgewertet. Es werden auch haarsträubende Vermutungen angestellt, wie zum Beispiel, dass Cosplay erotische Rollenspiele wären, wie die “Bild” und “Morgenpost” fälschlicherweise angeben.

Wäre es denn normaler, wenn er sich Nacht für Nacht in irgendwelchen Clubs zugesoffen hätte? Wäre das gesellschaftlich akzeptabler als eine kreative Freizeitbeschäftigung wie Zeichnen, Schneidern und Basteln? Wird Zeichnen, Schneidern und Basteln eine andere Tätigkeit, nur weil man nebenbei beispielsweise “Lady Oscar” im Fernseher schaut oder “Wish” liest?

Sind Anime- und Mangafans weniger zuverlässige, verantwortungsbewusste und engagierte Schüler, Studenten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Menschen mit “normalen” Hobbies?

Die Antwort ist klar und deutlich “Nein”, und wenn irgendwer oder irgendeine Institution darüber urteilt, so urteilt sie in einer Art und Weise, die nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen wie Jonathan missachtet und in den Schmutz zieht, sondern einem Mordopfer auch noch die Schuld an seinem brutalen und grausamen Mord gibt.

Jonathans Mörder hat ihm nicht nur das Leben genommen, sondern auch seine Identität gestohlen, indem er ihn zerstückelte und wie Müll entsorgte. Ich verwende bewusst diese emotionale Metapher, da der (oder die) Täter in meinen Augen nichts anderes als eben das getan hat (haben). Auch fällt es mir, als eine von Jonathans Freunden schwer, mich gefühlsmäßig von seinem schrecklichen Tod zu distanzieren.

Umso mehr schockt es mich, dass Medien wie “Bild” und “Morgenpost” derartig diffamierende Berichterstattung über Jonathan betreiben.

Warum wird ein aufrichtiger und lieber Mensch wie er wegen eines “Partygags” verurteilt und in den Schmutz gezogen? Reicht es nicht, dass er ermordet und zerstückelt wurde? Reicht es nicht, dass im Kreis seiner Freunde eine große Lücke klafft, die niemals wieder gefüllt werden kann? Genügt es nicht, dass wir nur noch trauern können? Dass wir nichts haben, außer der Hoffnung, der oder die Mörder möge/n gefunden werden?

Wie krank ist die Redaktion der “Bild” und ihrer Ableger, ein Mordopfer derartig zu diffamieren und den Lesern zu vermitteln, es wäre an seinem eigenen Tod Schuld?! Es starb ein Freund, ein Sohn, ein Mensch! Und für Verkaufszahlen, Geld und Auflagengeilheit wird sein Name besudelt?

Nicole B.

Ok!, Michael Steinbrecher, Schwer verliebt

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Schlank, schön, erfolglos”
(klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
Antje Tiefenthal sammelt Zahlen zum Klatschmagazin “Ok!”: “Von bislang 50 in diesem Jahr veröffentlichten Ausgaben des Magazins Ok! war Heidi Klum 20 Mal auf dem Cover.”

2. “Geknebelt und gedemütigt”
(frontal21.zdf.de, Video, 5:55 Minuten)
Auch “Frontal 21” berichtet über die Kandidatenverträge der Sat.1-Sendung “Schwer verliebt”.

3. “Britischer Abhörskandal: Presse bekommt Regeln”
(ndr.de, Video, 6:08 Minuten)
Zum Prozess gegen “News of the World” vor dem Royal Court of Justice befragt “Zapp” Opfer der Boulevardzeitung und zeigt Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern. Siehe dazu auch das Dossier “Phone-hacking scandal” (bbc.co.uk, englisch).

4. “Lieber Lukas”
(medienspiegel.ch, Christof Moser)
Christof Moser schreibt an Lukas Egli, der anhand eines Beispiels aufzeigte, wie PR in den “SonntagsBlick” gerät. “Die Opportunisten, Bequemen und Zyniker unter uns Journalisten sind längst auch selber zu einer ernsten Bedrohung geworden für die aufgeklärte Gesellschaft, der wir von Berufes wegen ohne Relativierungen verpflichtet sind.”

5. “Steinbrecher will Bürger-Talkshows”
(derwesten.de, Jürgen Overkott)
Michael Steinbrecher wünscht sich Sendungen, in denen Bürger zu Wort kommen. “Ich wünsche mir, dass sie ernster genommen werden und wieder ihren Platz im Hauptabendprogramm finden.”

6. “The Guardian is confused about what the Canadian flag looks like”
(regrettheerror.com, Craig Silverman, englisch)

Mark Zuckerberg “privat” (2)

Stellen wir uns für einen Moment vor, junge Menschen würden durch irgendeinen Zufall in den Besitz von Privatfotos eines Mitschülers kommen und diese Bilder, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren, für jeden sichtbar ins Internet stellen. Eltern wären empört, Lehrer schockiert und Journalisten würden auf die zunehmende Verrohung unter Jugendlichen verweisen und – nicht zu Unrecht – von “Cybermobbing” sprechen.

Wenn Journalisten durch irgendeinen Zufall in den Besitz von Privatfotos eines Prominenten kommen, erscheint es ihnen völlig naheliegend, diese Bilder, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren, für jeden sichtbar ins Internet stellen oder in einer Zeitung abzudrucken.

Nun hat es Facebook-Gründer Mark Zuckerberg erwischt und der Zufall war eine Sicherheitslücke auf seiner eigenen Internetplattform. Vielleicht ist es Ironie, vielleicht hätte es aber auch jeder andere Prominente sein können — Fakt ist: Medien im In- und Ausland zeigen diese Bilder.

Dass Bild.de – wie gerade berichtet – die Bilder zeigt, hat uns ehrlich gesagt kaum überrascht. Immerhin nutzt “Bild” auch gerne schon mal geklaute Nacktfotos von Prominenten, um einen Artikel zu bebildern, der die Verurteilung der Fotodiebe zum Inhalt hat (BILDblog berichtete). Doch auch andere Medien bedienen sich bei Zuckerbergs Privatfotos — oder dem, was sie dafür halten.

“Spiegel Online” etwa zeigt stolz diese Trophäe:

Dass die Welt einen so nicht gewollten Einblick in das Privatleben des Vorstandsvorsitzenden von Facebook erhält, liegt an einem Programmierungsfehler bei dem Online-Netzwerk selbst. Demnach war es kurze Zeit möglich, mit einem Trick fremde Bilder runterzuladen.

Doch das Foto hatte Zuckerberg selbst im März auf dem Facebook-Profil seines Hundes Beast veröffentlicht. (Wobei es etliche Journalisten vermutlich auch für realistisch hielten, dass der Hund das Bild selbst hochgeladen hat.)

“RP Online” hat sich für diesen Aufmacher entschieden:

Private Fotos im Internet aufgetaucht: Facebook-Panne trifft Mark Zuckerberg

Auch dieses Foto steht seit März für jeden sichtbar auf Beasts Facebook-Profil.

Die “Berliner Morgenpost” hat einen dpa-Artikel zum Thema um diesen Absatz ergänzt:

Für Mark Zuckerberg war es da schon zu spät. Einige der 800 Millionen Facebook-Mitglieder nahmen sich Zuckerbergs Profil vor. Und veröffentlichten die Funde im Netz. Zu sehen ist: Zuckerberg mit Freundin Priscilla Chan in der Küche, Zuckerberg mit Hund, Zuckerberg mit Kindern an Halloween, beim Zubereiten von Sushi, beim Empfang mit US-Präsident Barack Obama – und mit einem anscheinend toten, noch ungerupften Huhn, das der Facebook-Chef kopfüber an den Beinen Richtung Kamera hält.

morgenpost.de hat etliche Links auf die Seite gesetzt, auf denen die “gefundenen” Zuckerberg-Fotos der Welt präsentiert wurde. Bei Hund, Halloween oder Obama hätten die Redakteure aber auch einfach auf Facebook verlinken können.

Die BBC zeigt nur neue Bilder, die tatsächlich aus privaten Alben von Mark Zuckerberg stammen — und sie hat dafür sogar um Erlaubnis gefragt:

Die BBC hat Facebook um Erlaubnis gebeten, bevor sie die Fotos von Herrn Zuckerberg veröffentlicht hat. Die Firma sagte, dass sie keine Urheberrechtsverletzungen verfolgen würde, da die Bilder jetzt gemeinfrei seien.

(Übersetzung von uns.)

Über den deutschen Onlinejournalismus lehrt diese Geschichte zwei Dinge, die beide auf ihre Weise beunruhigend sind: Erstens sind Journalisten bereit, für eine knallige Story auf alle Persönlichkeits- und Urheberrechte zu pfeifen. Und zweitens ist es offenbar naiv anzunehmen, dass Menschen, die im Internet über das Internet schreiben, das Internet auch irgendwie bedienen können.

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