Raubritter, Paywalls, Münchhausen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Acta oder der Schutz der Raubritter”
(faz.net, Volker Grossmann und Guy Kirsch)
Zwei Ökonomen aus der Schweiz argumentieren, dass das geltende Urheberrecht dem Rechtsempfinden vieler Menschen widerspricht, weil es in Wahrheit gar nicht die Interessen der Urheber selbst schütze, sondern die der Unterhaltungsindustrie: “Urheberrechte manifestieren oftmals eine im vordigitalen Zeitalter erworbene Machtposition, mittels derer die Unterhaltungsindustrie eine Rente, das heißt ein leistungsloses Einkommen, erwirtschaftet. Wie ehedem die Raubritter: Auch diese nahmen die Bauern aus, die ihre Waren in die Stadt bringen wollten, ebenso die Städter, die auf dem Markt einkaufen wollten – und rechtfertigten dies damit, dass sie die Sicherheit der Wege gewährleisteten.”

2. “Syria Correspondent Wanted Her Reporting Read Outside Pay Walls”
(mediadecoder.blogs.nytimes.com, Brian Stelter, englisch)
Kurz vor ihrem Tod in Syrien hat die amerikanische Kriegskorrespondentin Marie Colvin darüber geklagt, dass ihr Auftraggeber, die “Sunday Times”, ihren Bericht über die mörderische Situation in Homs online hinter einer Paywall versteckt und er dadurch nicht die größtmögliche Aufmerksamkeit bekommt.

3. “Talkshow-Leaks”
(V.i.S.d.P.)
“Die interne ARD-Talkkoordinierungs-Webseite zeigt, wie die Redaktionen um Themen und Gäste kämpfen. V.i.S.d.P. veröffentlich exklusiv Screenshots daraus.” So gab “Hart aber fair” an, das Thema “Jetzt sage ich endlich die Wahrheit” u.a. mit Helmut Kohl und den Baronen Guttenberg und Münchhausen besetzen zu wollen.

4. “Pressefreiheit für Baku”
(pressefreiheit-fuer-baku.de)
Mit Interviews, Dokumenten und einer Chronik über Verletzungen der Pressefreiheit (pdf) macht “Reporter ohne Grenzen” vor dem Eurovision Song Contest in Baku auf die “Diskrepanz zwischen der glitzernden PR-Fassade und der bitteren Wirklichkeit Aserbaidschans” aufmerksam. “Juli 2011: FAZ-Journalist Michael Ludwig und sein aserbaidschanischer Kollege Hakimeldostu Mehdijew werden bei Recherchen in der Autonomen Republik Nachitschewan behindert. Mehdijew, der als Korrespondent für das Institut für die Freiheit und Sicherheit von Journalisten arbeitet und Ludwig bei seinen Recherchen begleitete, wird am 27. September 2011 wegen ‘illegalen Gebrauchs von Elektrizität’ zu einer Geldstrafe verurteilt.”

5. “Boulevard Of Breaking News”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
“Bei ‘Spiegel Online’ wollen sie auch ganz dringend Boulevard machen, aber sie können es nicht”, schreibt Lukas Heinser und dokumentiert aktuelle Anschauungsstücke wie einen nacherzählten und erklärten Witz von Russell Brand. “Die gute Nachricht: Den vierten Absatz erreichen die wenigsten Leser wach oder lebendig.”

6. “Japan Earthquake: Before and After”
(theatlantic.com, englisch)
20 großformatige Fotos zeigen die Verwüstungen in Japan nach dem Tsunami und wie es heute, fast ein Jahr später, an exakt denselben Stellen aussieht.

Rücksicht – keiner hat das Wort gekannt

Mit “Stylebook” (“Powered by Bild.de”) versucht die Axel Springer AG, am Erfolg von Fashionblogs und Modewebsites teilzuhaben. Die Verlinkungen auf der Startseite von Bild.de dürften ordentlich Klicks bringen, zum Beispiel bei dieser Geschichte:

Iris, die elfjährige Tochter von Schauspieler Jude Law (39) und Sadie Frost (46), sorgte jetzt auf der Londoner Fashion Week für Entsetzen. Grund: Zu einer Show trug sie ein Kleid mit makaberen Sprüchen: “fall tot um”, “trink Gift”, “iss Schei***”. Mama Frost will von nichts gewusst haben, obwohl sie daneben saß.

Den Eltern des Kindes war das offenbar sehr unangenehm:

Iris’ Mutter, Schauspielerin Sadie Frost, schien nicht bemerkt zu haben, was für ein Kleid ihre Tochter anhatte. Sie twitterte:

“Ich scheine Leute aufgeregt zu haben. Ich bin selbst schockiert über das Kleid, das Iris trug. Es war ein Geschenk.”

Und:

Auch Iris’ Vater, Schauspieler Jude Law (39), reagierte. Laut “Daily Mail” soll er die Zeitung gebeten haben, in ihrer Berichterstattung Rücksicht zu nehmen. Er soll gebeten haben, Iris’ Gesicht auf den Fotos, auf denen sie das entsprechende Kleid trägt, zu pixeln. Die Zeitung kam der Aufforderung nach.

Tatsächlich hat die “Daily Mail” ihrer Berichterstattung folgenden Hinweis vorausgestellt:

HINWEIS: Es ist nicht die übliche Verfahrensweise von MailOnline, die Gesichter von Prominentenkindern zu anonymisieren, wenn diese in Begleitung ihrer Eltern öffentliche Veranstaltungen besuchen, wo sie erwarten müssen, fotografiert zu werden, wie etwa in der ersten Reihe bei einer Modenschau.

Trotzdem haben wir uns entschieden, Iris Laws Gesicht zu verpixeln, angesichts der für ein junges Mädchen peinlichen Art des Vorfalls, wir folgen damit einer höflichen Anfrage ihres Vaters, Jude Law.

(Übersetzung von uns.)

Aber das ist die “Daily Mail” in England.

Bei Axel Springer hingegen:

Keine Verpixelungen.

(Überschriftenerklärung.)

Mit Dank an Simon, Daniel, Anticlimbpaint und Leo.

Nachtrag, 18.45 Uhr: “Stylebook” hat die Fotos verpixelt und folgenden Hinweis in den Artikel eingefügt:

(Nachtrag der Redaktion, 16.30 Uhr: Sorry, lieber Jude Law, das ist uns zunächst durch die Lappen gegangen. Deiner Bitte kommen wir natürlich auch nach.)

“Bild” will keine Toten in anderen Medien sehen

Bild.de scheint ehrlich fassunglos:

Das Geschäft mit der toten Whitney Houston († 48) kennt keine Skrupel! Das US-Magazin “National Enquirer” hat jetzt ein Foto der Sängerin im offenen Sarg veröffentlicht.

In Frieden ruhen… Das kann Whitney Houston wohl vorerst nicht!

Bild.de zitiert eine Twitter-Userin, die den Verkäufer des Fotos als “niederträchtigen, verdorbenen, skrupellosen Untermensch” bezeichnet, und den Promi-Blogger Perez Hilton, der die Veröffentlichung “geschmacklos, unsensibel und morbide” nennt.

Bild.de ist der Online-Ableger des Blattes, das am 27. Juni 2009 auf der Titelseite mit einem riesigen Foto aufgemacht hatte, auf dem Michael Jackson auf einer Trage liegend und an Beatmungsgeräte angeschlossen zu sehen war. Die Schlagzeile lautete: “Hier verliert er den Kampf um sein Leben”.

Bild.de selbst brachte wenig später ein computergeneriertes Bild eines entstellten Michael Jackson ohne Haare, unter dem stand: “so in etwa könnte Jackson bei der Obduktion ausgesehen haben”. Beide Veröffentlichungen wurden als “unangemessen sensationell” vom Presserat gerügt.

Im Vergleich dazu ist das Foto von Whitney Houston im offenen Sarg harmlos — schon weil sie natürlich eigens dafür hergerichtet worden war, angesehen zu werden (wenn auch mutmaßlich nicht von der Weltöffentlichkeit). Wie Bild.de selbst schreibt, zeigt das Foto die Sängerin “mit sorgfältigem Make-up, hochgesteckten Haaren, in einem violetten Kleid und goldenen Schuhen”.

Skrupellos das Sterben eines Prominenten ausschlachten. Und anderen vorwerfen, skrupellos den Tod eines Prominenten auszuschlachten. Das ist die ganz spezielle doppelte Skrupellosigkeit von “Bild”.

Mit Dank an Simon.

Nippel, Viva, Whitney Houston

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Kiffen ja, Nippel nein”
(spiegel.de, Christian Stöcker)
“Ein geheimes Handbuch für Facebook-Kontrolleure zeigt, was das Netzwerk in seinem Reich duldet. Kiffen, zerquetschte Köpfe, tiefe Fleischwunden – alles kein Problem. Nicht okay sind Sex, weibliche Brustwarzen, Tierquälerei: Solche Bilder werden gelöscht. Subtil setzt der Konzern seine eigenen Werte durch.”

2. “Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist keine Lösung”
(vocer.org, Gisela Friedrichsen)
Gisela Friedrichsen, Gerichtsreporterin des “Spiegel”, beschreibt vor dem Hintergrund einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (s. “6 vor 9” vom 15. Februar), wie sich die Arbeit von Gerichtsreportern geändert hat. Immer neue, teils vage Entscheidungen der Pressekammern sorgten für eine “Schere im Kopf”; Sprecher der Staatsanwaltschaft und Medienanwälte versuchten, die Berichterstattung in ihrem Sinne zu beeinflussen; Medien würden Zeugen noch vor deren Aussagen “einkaufen” und “Neulinge” unter den Berichterstattern erstaunt registrieren, “dass es in der realen Justiz etwas anders zugeht als im Fernsehen bei Alexander Holt oder Barbara Salesch”. Ohne explizite Namensnennung bekommt auch Alice Schwarzer ihr Fett weg, Friedrichsens Kontrahentin in der Berichterstattung über den Prozess gegen Jörg Kachelmann: “Niemand würde einen Laien ein bedeutendes Fußballspiel oder eine Neuinszenierung in der Oper kommentieren lassen. Ins Gericht aber wagen sich selbst ernannte Experten und vor allem Expertinnen, die oft genug eine feste Meinung, aber keine Ahnung haben.”

3. “Bravo, Viva!”
(alexandervonbeyme.net)
Alexander von Beyme lobt die Social-Media-Redakteure des TV-Senders Viva, die bei Facebook gegen homophobe Kommentare unter einem Foto des Tokio-Hotel-Sängers Bill Kaulitz vorgegangen sind. Gleichzeitig kritisiert er eine HSV-Fanseite, die mit homophoben Sprüchen vor dem Nordderby gegen Werder Bremen für Stimmung sorgen wollte.

4. “Der Youssou-Effekt”
(muel.ch, Samuel Burri)
Samuel Burri, als Journalist in Westafrika, wundert sich darüber, dass sich die deutschen Nachrichtenagenturen bei ihrer Berichterstattung über die anstehenden Wahlen im Senegal vor allem auf den auch in Europa bekannten Sänger und Oppositionellen Youssou Ndour konzentrieren, der am Dienstag bei Protesten am Bein verletzt worden sein soll. “Natürlich kann man den Hype um Youssou Ndour auch positiv sehen. Seine Präsenz bei Aktionen der Opposition schafft Medienöffentlichkeit. So geht zumindest nicht vergessen, dass im Senegal am Sonntag gewählt wird. Doch wie viele andere wurden schon verletzt oder getötet im Verlauf der Demonstrationen?”

5. “Schöner Einstieg für Gauck”
(zapp.blog.ndr.de)
Auf der Suche nach dem Fahrer, in dessen Taxi Joachim Gauck von Angela Merkel angerufen und zum Bundespräsidenten-Kandidaten wurde, setzte der “Stern” auf uralte Methoden — und eine Belohnung.

6. “Back in Black – Whitney Houston’s Death”
(thedailyshow.com, Video, englisch)
Lewis Black regt sich über die TV-Berichterstattung zum Tode Whitney Houstons auf.

Die Besetzung von Schloss Bellevue

Der Kabarettist Georg Schramm wird nicht als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten zur Verfügung stehen, das berichten die Medien heute. Schramm war von der Piratenpartei und von Teilen der Linkspartei als Gegenkandidat zu Joachim Gauck ins Gespräch gebracht worden.

“Welt Online” schreibt dazu:

Schramm plädierte nun dafür, “das Amt des Bundespräsidenten dem Zugriff der Parteien zu entziehen: entweder durch Abschaffung oder durch Direktwahl”. In diesem Fall könne neu über seine Kandidatur diskutiert werden.

Das ist nicht alles, was Schramm zu Protokoll gegeben hat. “Telepolis” liefert ein bisschen mehr Kontext:

Vielmehr solle man versuchen, das Amt des Bundespräsidenten dem Zugriff der Parteien zu entziehen: Entweder durch Abschaffung oder durch Direktwahl – letzteres auf die Gefahr hin, dass die Besetzung von Schloss Bellevue dann offen von Kai Diekmann und Friede Springer entschieden werde. In diesem Fall könne dann neu über seine Kandidatur diskutiert werden.

Kai Diekmann ist der Chefredakteur von “Bild”, Friede Springer ist die Witwe von Axel Springer und Mehrheitseignerin der Axel Springer AG, zu der auch “Welt Online” gehört.

Mit Dank an Ole A.

Kritikkultur, Embed-Codes, Interviewmüller

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Wie vielfältiger und anspruchsvoller Journalismus künftig besser realisiert werden kann”
(funkkorrespondenz.kim-info.de, Marc Jan Eumann)
Marc Jan Eumann plädiert für eine Bündelung des Programmvermögens von ARD und ZDF und hat den Eindruck, dass aktuell zu viele Ressourcen für More-of-the-same-Journalismus verschwendet werden.

2. “Kritikkultur in Redaktionen: Fehlanzeige”
(de.ejo-online.eu, Susanne Fengler)
Eine Untersuchung in drei niederländischen Redaktionen stellt fest, dass Journalisten große Schwierigkeiten haben, professionell mit Kritik umzugehen. “Weder wagen sie es in Redaktionskonferenzen, die Arbeit von Kollegen in Frage zu stellen – noch sind sie gewillt, Kritik von außen anzunehmen.”

3. “Medien, lernt von YouTube: Artikel brauchen Embed-Codes”
(blogs.tageswoche.ch, David Bauer)
“Medien müssen viel stärker Teil des Inhalte-Ökosystems im Netz werden, das heißt: Inhalte Dritter einbinden, wo immer es sinnvoll ist und die eigenen Inhalte so freigeben, dass sie eingebunden werden können, wo immer es sinnvoll ist. Sie werden selber am allermeisten davon profitieren.”

4. “Warum wir gegen Stadt und Landkreis geklagt haben”
(ankommen.nordbayerischer-kurier.de)
Das Verwaltungsgericht Bayreuth gibt dem “Nordbayerischen Kurier” recht, der Informationen über das Gehalt eines Klinikumschefs einforderte. “Die Probleme sind nämlich überall dieselben: Die Kommunen weigern sich, uns die nach Presserecht zustehenden Informationen zu geben. In der sensiblen Frage des Gehaltes von Klinikum-Geschäftsführer Ranftl entschied das Verwaltungsgericht nach intensiver Prüfung entschieden für die Pressefreiheit.”

5. “Ein Interview mit dem Interviewmüller”
(umblaetterer.de, Marcuccio)
Marcuccio liest ein Interview mit Andre Müller von 1991 nochmals: “Die feinen Unterschiede zwischen einer Müllermutter-Interviewmontage und der ins Interviewformat gegossenen Hollywood-Fanfiction eines Tom Kummer hätte man von der Journalistik und/oder Literaturwissenschaft aber schon noch mal gerne aufgearbeitet.”

6. “Kathrin Passig: Mein Medien-Menü (Folge 2)”
(christoph-koch.net)

(“6 vor 9” hatte heute mit technischen Problemen zu kämpfen. Wir bitten um Entschuldigung.)

Ruhig, Brauner!

Eine etwas merkwürdig anmutende Meldung erwartete die “Bild”-Leser heute gut versteckt im Inneren des Blattes:

Catterfeld dreht nicht mit Artur Brauner. Berlin - Schauspielerin Yvonne Catterfeld (32) macht nicht bei dem von Produzent Artur Brauner (93) geplanten Film mit Thomas Gottschalk (61) mit. Ein Angebot für diese Komödie habe sie nie erhalten. Catterfeld zu BILD: "Ich bin verwundert. Ich glaube, Brauner verwechselt mich mit Michelle Hunziker."

Und wer hatte diesen Quatsch in die Welt gesetzt?

Produzent Atze Brauner plant Kinokomödie mit dem TV-Moderator und Yvonne Catterfeld in den Hauptrollen: Thomas Gottschalk wird ein "Frauenheld"

“Bild am Sonntag”!

Die hatte vorgestern im letzten Absatz eigentlich auch schon alle Hoffnungen auf den Film zerstreut:

Sobald Thomas Gottschalk zugesagt hat, sollen die Dreharbeiten beginnen. Das könnte allerdings dauern. “Thomas fühlt sich sehr geehrt, hat aber keine Zeit”, teilte seine Sprecherin mit.

Das ist schade, denn die … äh: “Handlung”, die Brauner in einem Fax an “BamS” kurz “umrissen” hatte, klang sehr vielversprechend:

“Gottschalk und sein junger Cousin Pastewka führen ein Internet-Café. Eines Tages erscheint eine bildhübsche junge Frau. Pastewka, der sie bemerkt, ist fasziniert von ihr und veranlasst seinen älteren Cousin, Gottschalk, ebenfalls zu schauen. Auch Gottschalk ist von ihr fasziniert. Diese junge Person, namens Yvonne Catterfeld, ist, wie sich herausstellt, eine Ungarin, die unlängst aus Ungarn floh und hier nun Deutsch lernen will. Sie sucht im Internet die entsprechende Adresse für eben solche Institutionen …”

Damit die Unbekannte bleibt, erfinden beide einen “Sohn”, auf den sie aufpassen soll …

Hauptdarsteller Bastian Pastewka wusste bisher übrigens auch nichts von dem “geplanten Film”, wie uns sein Management auf Anfrage mitteilte.

Gauck, Griechenland, Augstein

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Teure Imagepflege: Wo sind die Grenzen des Wissenschaftsmarketings?”
(scilogs.de, Peter Zekert)
Kritische Anmerkungen zur “Zeit”-Beilage “Wie wird geforscht in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt” von Peter Zekert, der am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig für die Pressearbeit zuständig ist. Es werde Druck aufgebaut, um Universitäten und Forschungseinrichtungen dazu zu bewegen, Anzeigen und Advertorials zu schalten.

2. “Diesen Kuss der ganzen Welt”
(perlentaucher.de, Thierry Chervel)
Thierry Chervel zeigt auf, wie die deutschen Verlage den Begriff “geistiges Eigentum” deuten und nutzen. “Eigentum bezeichnet die Verfügungsgewalt über eine Sache, also eigentlich das Recht, sie zu zerstören. Den Stuhl, den ich besitze, kann ich auch zerhacken und verheizen. Nicht einmal der Urheber eines Werkes aber hat diese Gewaltoption und dieses Recht, zumindest wenn das Werk veröffentlicht ist. Ist ein Werk in der Welt, gehört es ihr auch. Thomas Mann kann nicht in die Nationalbibliothek gehen und auf die Herausgabe des ‘Zauberbergs’ drängen, weil er den Schluss überarbeiten will.”

3. “Journalismus ohne Mut ist etwas ganz Trauriges”
(vocer.org, Ulrike Langer und Stephan Weichert)
Ein Gespräch mit Jakob Augstein, Verleger von “Der Freitag”. “Wir haben eine sehr gut funktionierende Medien- und Presselandschaft, auch wenn die Verlage große Panikstimmung verbreiten. Wenn man ehrlich ist, geht es den Verlagen doch gar nicht so schlecht.”

4. “Gauck in der Filterbubble oder wie wir lernten den Kontext zu ignorieren”
(blog.karlshochschule.de, Patrick Breitenbach)
Patrick Breitenbach prüft Aussagen über Haltungen, die Joachim Gauck angeblich hat. Siehe dazu auch “Was Gauck wirklich gesagt hat” (sueddeutsche.de, Kathrin Haimerl), “Wie das Netz den bösen Gauck erfand” (cicero.de, Christian Jakubetz) und “Wie Gauck durch halbe Zitate zum Sarrazin-Kumpel wird” (medien-monitor.com, Christian Spöcker).

5. “Bild-Zeitung skandalisiert ‘Vagina Monologe'”
(badische-zeitung.de, Julia Littmann)

6. “Im freien Fall”
(sueddeutsche.de, Alex Rühle und Kai Strittmatter)
Ein ausführlicher Lagebericht aus Griechenland (Druckversion): “Auch wenn die Worte ‘Merkel’ und ‘Hitler’ schnell mal zusammengespannt werden in hitzigen Wortgefechten auf den Straßen Athens – nein, man wird nicht beschimpft als Deutscher. Manchmal hält der andere einfach nur inne. ‘Aah, Deutscher.’ Eine Pause, dann, ein wenig bitter, ein wenig ehrfürchtig: ‘Ihr habt noch Lohn, ihr Deutschen. Ihr habt noch Arbeit. Ihr habt noch Rechte.'”

Bild  

Hurra, hurra, die Fahne brennt!

Das Nordderby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen wurde von Szenen abseits des Fußballfeldes überschattet:

Wann hört dieser SCHWACHSINN endlich mal auf? Becherwurf gegen Marin + + + Banner mit Brandbeschleuniger geschmuggelt + + + Täter festgenommen + + + Jede Menge Böller beschlagnahmt + + + Bremer "Fans" verprügeln Ordner + + +

“Bild” schreibt heute in ihrer Regionalausgabe:

Schlimmer noch: Chaoten hatte zwei in Brandbeschleuniger getränkte Banner in einer Tüte am Stadionzaun versteckt. Als die beiden Zuschauer die Tasche kurz vorm Anpfiff in die Arena bringen wollten, griffen Polizei und Ordnungsdienst zu. Festnahme!

Auch die Deutsche Presseagentur (dpa) hatte gestern Vormittag vermeldet:

Vor der Partie hatten schon zwei festgenommene Anhänger für Aufregung gesorgt. Die Polizei hatte sie bei dem Versuch erwischt, zwei mit Brandbeschleuniger getränkte Fahnen und Transparente in die Arena schmuggeln zu wollen.

Und im HSV-Blog des “Hamburger Abendblatts” schrieb der Autor gestern Nachmittag vor sich hin:

Und dann sorgten zwei vor der Partie festgenommene HSV-Anhänger noch zusätzlich für Aufregung. Beide hatten schon Tage (oder einen Tag?) vorher zwei mit Brandbeschleuniger getränkte Fahnen und Transparente in die Arena geschmuggelt und bestens versteckt (glaubten sie jedenfalls), diese beiden Utensilien wurden aber zeitig vor dem Spiel entdeckt – und bewusst in ihrem Versteck liegen gelassen. Als diese beiden Fußball-Fans der besonderen Art dann kurz vor dem Anpfiff die (un-)sicher deponierten Sachen abholen wollten, griff die schon auf der Lauer liegende Polizei zu. Die Dummen sterben eben nie aus – Teil zwei. Das ist doch alles nur noch unterirdisch. Gehört wohl aber zum Fußballverständnis einiger Leute von heute dazu. Bin gespannt, was das für Strafen gibt . . .

Das ist alles insofern erstaunlich, als die Website der “Hamburger Morgenpost” schon am Samstagabend vermeldet hatte, dass es sich um einen falschen Alarm gehandelt hatte:

Der Fahnen-Alarm: Vor dem Anpfiff entdeckten Polizisten zwei Tüten mit Transparenten und Konfetti, nahmen zwei HSV-Fans fest. Der Verdacht: Pappe und Papier seien in Brandbeschleuniger getränkt worden. Ein Fehlalarm. “Es hat sich herausgestellt, dass die Transparente frisch bemalt waren und deswegen verdächtig rochen”, sagte ein Polizeisprecher.

Die Hamburger Polizei bestätigte uns heute auf Nachfrage die Version der “MoPo”: “Es roch nur ‘n bisschen komisch”.

Mit Dank an karstinho.

Nachtrag, 22. Februar: Der Autor des HSV-Blogs des “Hamburger Abendblatts” entschuldigt sich in seinem neuesten Eintrag für die Falschmeldung mit den in Benzin getränkten Fahnen.

Bundespräsident, Georg Diez, Zwickau

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zur Strecke gebracht”
(nzz.ch, Jürg Dedial)
Jürg Dedial hält den Fall Wulff für “ein unrühmliches Kapitel politischer und medialer Auseinandersetzung in Deutschland”. “Hinter dem fast täglichen Theater um neue ‘Enthüllungen’, die man kaum mehr goutieren konnte, steckte nichts anderes als der Furor einer selbstgerechten Meute, die Blut geleckt hatte.” Siehe dazu auch “Wulff oder Europa? Prioritäten der Massenmedien” (berlinergazette.de, Krystian Woznicki), “Mediale Aufmerksamkeit bei politischen Affären” (graphitti-blog.de, katja) und “Schafft den Bundespräsidenten ab!” (verfassungsblog.de, Bernhard Wegener).

2. “‘Krone’ fälscht Königin 2002 nach Innsbruck 2012”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
“Die Kronen ‘Zeitung’ schneidet aus einer zehn (!) Jahre alten Aufnahme Königin Beatrix heraus, weil da Blick und Outfit gerade ‘passen’, und montiert sie vor die Innsbrucker Uniklinik, scheinbar aktuell besorgt um ihren verunfallten Sohn.”

3. “Ich möchte die Stereotype aufbrechen”
(goethe.de, Christoph Brammertz)
Ein Interview mit Bloggerin Kübra Gümüsay von “Ein Fremdwörterbuch”: “Ist unsere Gesellschaft schon bereit, eine Frau mit Kopftuch im Fernsehen zu haben und sie nicht mit einem Wort über das Kopftuch sprechen zu lassen? Sobald ein Kopftuch da ist, hat man das Bedürfnis, es zu thematisieren. Ich hoffe, dass ich irgendwann im Fernsehen zum Beispiel über das Internet sprechen kann, ohne mein Kopftuch erwähnen zu müssen.”

4. “Wir wollen niemanden diskriminieren und vermuten, das ist den meisten Zwickauern klar”
(zwickauerseiten.blogspot.com)
Die “Zwickauer Seiten” fragen bei der ARD nach, warum in den Nachrichten über die “Terrorzelle” konsequent ein Bezug zur Stadt Zwickau hergestellt werde, der Begriff “NSU” dagegen kaum vorkomme. Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD aktuell, antwortet.

5. “Offener Brief an die Spiegel-Chefredaktion zu Kracht”
(kiwi-verlag.de)
17 Autoren protestieren bei der “Spiegel”-Chefredaktion: “Mit dem Spiegel-Artikel ‘Die Methode Kracht’ hat der Literaturkritiker Georg Diez für uns die Grenzen zwischen Kritik und Denunziation überschritten.” Siehe dazu auch “Die Methode Diez” (welt.de, Cornelius Tittel).

6. “Peinlicher Fernsehbeitrag vor Gericht”
(sueddeutsche.de, Ekkehard Müller-Jentsch)
Die Produktionsfirma der RTL2-Sendung “Exklusiv – die Reportage” sichert einem im Swingerclub gefilmten Paar Verpixelung zu, doch das Versprechen wurde “einfach vergessen”. Die 15-jährige Tochter sieht die Sendung später per Zufall online und erkennt ihre Eltern.

Blättern:  1 ... 574 575 576 ... 1158