Busunfall, DSDS Kids, Krokotasche

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Car-Drama: Journalisten wollten sich zu verletzten Kindern einschleichen”
(sonntagonline.ch, Sandro Brotz und Cyrill Pinto)
Nach dem Busunfall im Wallis versuchen Journalisten, zu den Opfern vorzudringen. “Im Spital von Visp waren die sechs weniger schwer verletzten Kinder untergebracht. Das Gelände wurde zwar abgesperrt, doch mehrere Journalisten versuchten, auf die Abteilung der Kinder vorzudringen. Schliesslich musste die Polizei einschreiten, wie die Sprecherin der Walliser Spitäler, Florence Renggli, bestätigt.” Siehe dazu auch “Journalistische Grenzverletzungen” (suedostschweiz.ch, David Sieber).

2. “Versicherungsbranche manipuliert Panorama-Abstimmung”
(panorama.blog.ndr.de, Andrej Reisin)
Andrej Reisin hält einen Aufruf, eine Online-Abstimmung zu beeinflussen, für ein “Lehrstück im Hinblick darauf, wie Finanz- und Versicherungslobby versuchen, unabhängige Berichterstattung und Kritik zu diskreditieren und zu verunglimpfen”.

3. “Wie die Bild-Zeitung und RTL den 17-jährigen Daniele vor Millionenpublikum vorführen”
(wochenblatt.de, Christian Eckl)
Siehe dazu auch den Ausblick von Marie Amrhein auf die Sendung DSDS Kids, die vier- bis vierzehnjährige Kinder als Kandidaten gewinnen will: “Dieter Bohlens Prügel für die jüngste Generation” (cicero.de).

4. “Nur Polemik und keine Argumente von den freien Journalisten vom DJV zur Urheberrechtsdebatte”
(neunetz.com, Marcel Weiß)
Marcel Weiß nimmt einen Blogbeitrag des DJV-Freienblogs von Michael Hirschler zur Debatte um das Urheberecht auf. “Sowohl Google als auch Facebook halten sich an geltendes deutsches Recht. Was haben sie sich vorzuwerfen? Nur eins: Ein erfolgreiches Geschäftsmodell im Internet.”

5. “Mirror uses model’s image to illustrate serial killer story”
(tabloid-watch.blogspot.com, MacGuffin, englisch)
Der “Daily Mirror” verwendet ein Selbstporträt von @threnodynvelvet (Tweet), um eine Story über Serienmörderinnen zu illustrieren.

6. “Der Mann mit der Krokotasche”
(welt.de, Peter Stephan Jungk)

Bild  

Unter Rüpeln

Gallagher lacht Griechen aus!
Ex-"Oasis"-Rüpel Noel Gallagher (44) verhöhnte bei seinem Konzert in Rom einen griechischen Fan: "Was hat dich der Trip gekostet? Und du hattest sogar noch Geld, dir unser Band-T-Shirt zu kaufen?" Ganz schön fies!

Kein Wunder, dass “Bild” empört ist, hat Gallagher doch eine krasse Urheberrechtsverletzung begangen: Das fiese Verhöhnen von Griechen ist schließlich immer noch Aufgabe von “Bild”!

Edelfedern, Filter, Axel Springer

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1. “ING-DiBa ist ein Redakteur beim ‘Standard'”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Hans Kirchmeyr vergleicht eine Pressemitteilung einer Bank mit einem redaktionellen Artikel von derstandard.at.

2. “Edelfedern: ‘Wenig recherchieren, Ornamente und Schwurbel'”
(blog.persoenlich.com, Roger Schawinski)
Roger Schawinski beschäftigt sich mit den so genannten “Edelfedern” in den Redaktionen. “Edelfedern liest man nicht in erster Linie wegen der Inhalte, sondern wegen ihrer kunstvollen Form. Und damit sind wir beim Problem. Denn irgendwie kommen die beiden Dinge nie recht zusammen.”

3. “Versöhner und Spalter”
(fnp.de, Dierk Wolters)
Die Ausstellung “Bild Dir Dein Volk” (noch bis Ende Juli im Jüdischen Museum in Frankfurt, Eintritt 4 Euro) befasst sich mit dem Verhältnis von Verleger Axel Springer zu den Juden: “Springers Menschenbild und seine Personalpolitik bleiben im Dunkeln. Und doch kommt selbst einer seiner massivsten Gegner, der Journalist Günter Wallraff, der in den 80er Jahren heimlich bei ‘Bild’ arbeitete und darüber Bücher schrieb, nicht umhin, den Erzfeind für sein Israel-Engagement zu loben.”

4. “Wehe dem, der nicht filtern kann”
(journalist.de, Marcus Lindemann)
Journalisten sollen sich anstrengen, das Netz besser zu verstehen, fordert Marcus Lindemann und ruft dazu auf, genauer hinzusehen. “Das Netz bietet eine Vielzahl von Quellen – von amtlichen Bekanntmachungen und anderen privilegierten Quellen bis hin zu Tratsch und Belanglosem, da steht es der realen Welt in nichts nach. Wie auch? Es ist Teil der realen Welt.”

5. “Titelökonomie”
(batz.ch, Monika Bütler)
Monika Bütler bucht Tickets für den Wiener Musikverein und stutzt bei der Auswahl der Titel.

6. “Easyjet veranstaltet Pub Crawls direkt in Berliner Flughafengebäude”
(kojote-magazin.de, Satire)

Bloß keine Neid-Debatte!

Sie leben manchmal in einer sehr eigenen Welt bei der Axel Springer AG:

Die Diskussion um deutsche Gehälter ist in vollem Gange, entzündete sich an TV-Mann Jauch. Der wurde am Sonntagabend in seiner Talkshow in der ARD von den eigenen Gästen attackiert.

Seitdem hält die Debatte an.

“Attackiert” wurde Günther Jauch ungefähr so stark, als wäre er mit einem einzelnen Wattebausch beworfen worden (BILDblog berichtete), die “Diskussion” findet zum großen Teil bei “Bild” und Bild.de statt und die “Debatte” “hält an”, weil “Bild” und Bild.de jeden Tag nachlegen, in der Hoffnung, dass der Funke doch noch überspringt.

Bild.de hat deshalb eine 20-teilige Klickstrecke veröffentlicht, in der aufgeführt ist, was die “Top-Manager” im Jahr 2011 so verdient haben. (Einen Großteil dieser Zahlen hat etwa “Spiegel Online” schon vorgestern veröffentlicht, ohne dass es zu spontanen Zusammenrottungen empörter Bürger gekommen wäre.)

Auf Platz 1 liegt Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, der laut Bild.de 16.596.206 Euro verdient hat. Es folgen Peter Löscher von Siemens (8.708.633 Euro) und Dieter Zetsche von Daimler (8.654.000 Euro), die Liste endet auf Platz 20 mit Thomas-Bernd Quaas, Vorstandsvorsitzender der Beiersdorf AG, der 1.421.000 Euro bekam.

Diese Aufzählung ist nicht ganz aussagekräftig, weil nicht alle Unternehmen die Bezüge ihrer Manager offenlegen (müssen). Die Axel Springer AG, bei der die “Bild”-Zeitung erscheint, hält sich etwa bedeckt, was das Einkommen ihres Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner angeht. Das “Manager Magazin” schätzte dessen Jahresgehalt im Juni 2010 auf Elf Millionen Euro. Springer bezeichnete diese Angaben damals als “grob falsch”, doch die “Süddeutsche Zeitung” taxierte Döpfners Einkünfte im April 2011 auf ähnlich hohe zehn Millionen.

Mit einer Zahl dieser Größenordnung hätte er sich in der Auflistung bei Bild.de den zweiten Platz verdient.

Sie leben manchmal in einer sehr eigenen Welt bei der Axel Springer AG.

Mit Dank an Oliver H.

Noch im Staub

Soldaten sehn sich alle gleich
Lebendig und als Leich

(Wolf Biermann – Soldat Soldat)

Seit einigen Tagen wird darüber spekuliert, ob britische und amerikanische Soldaten sich schon im kommenden Jahr aus Afghanistan zurückziehen könnten und nicht erst, wie bisher geplant, im Jahr 2014.

Oder, in den Worten von Bild.de:

Machen sich die Amis aus dem Staub?

“Bild”-Reporter Julian Reichelt war mit Verteidigungsminister Thomas de Maizière in Afghanistan und hat auch ein kleines Erinnerungsfoto von dort mitgebracht:

BILD-Reporter Julian Reichelt mit Bundeswehrsoldaten in Afghanistan

Doch die “Bundeswehrsoldaten”, mit denen Herr Reichelt da posiert, sind gar keine: Das sind die “Amis”. Leute, die sich mit dem Thema auskennen, hätten das an den Uniformen, Helmen, der Ausstattung und den Waffen erkennen können — oder schlicht an der US-Flagge am rechten Oberarm des zweiten Soldaten von rechts.

Mit Dank an Johannes und die anderen Hinweisgeber, sowie an meine Facebook-Freunde für die Hilfe!

Nachtrag, 17. März: Mittlerweile hat Bild.de die Überschrift in ein unverfängliches “BILD-Reporter Julian Reichelt mit Soldaten in Afghanistan” geändert.

Angst, Tweets, Carsten Maschmeyer

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1. “Habt keine Angst!”
(wasmitmedien.de, Dennis Horn)
Viele Journalisten übertragen ihre eigene Angst vor dem Internet auf die Medienkonsumenten. Das muss nicht sein, findet Dennis Horn.

2. “‘Bild’ bleibt ‘Bild’ – ganz tief unten”
(vocer.org, Christoph Lütgert)
“Wie ekelhaft!!!” – so kommentiert Christoph Lütgert das Erscheinen von Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer auf der Titelseite von “Bild”. “Da bringt einer viele tausend Menschen um ihre Ersparnisse, rafft sich selbst unvorstellbare Reichtümer zusammen, und die ‘Bild’-Zeitung feiert diesen Mann als Helden, stilisiert ihn sogar zu einem Idol. Jeder, so die Botschaft, könne von ihm lernen.” Am 13. März fragte Lütgert: “Und wann wird Maschmeyer verknackt?”

3. Interview mit Moritz Bleibtreu
(planet-interview.de, Denis Demmerle)
Schauspieler Moritz Bleibtreu über den Umgang mit der Presse: “Grundsätzlich ist das ein Spiel, bei dem du dir überlegen musst, ob und wieweit du daran teilnehmen willst. Die Annahme, dass Musiker, Schauspieler & Co diese Medien brauchen, um erfolgreich zu sein, ist nur bedingt richtig.” Und über die Werbekampagne von “Bild”: “Das ist eine perfide, aber intelligente Kampagne. Ich lese die Bild nicht, deshalb würde ich nicht für sie werben.”

4. “leistungsschutz?”
(wirres.net, Felix Schwenzel)
Felix Schwenzel analysiert einen Artikel auf “Spiegel Online” und spannt einen Bogen zum von Presseverlegern geforderten Leistungsschutzrecht: “vielleicht können wir über das leistungsschutzrecht nochmal reden, wenn verlage für interviews (also das absaugen von geistigem eigentum aus interviewpartnern), tweets des tages auf dem titelblatt oder paraphrasierungen von fremden inhalten (aus zeitungen, büchern, fernsehen oder blogs) lizenzgebühren oder honorare zahlen.”

5. “Dürfen Print-Medien Tweets abdrucken?”
(netzwoche.ch, Marcel Maurice Urech)
Die Schweizer Rechtsanwältin Lilian Snaidero Kriesi wird zum Urheberrecht an Tweets befragt: “Meiner Ansicht nach hängt die Frage, ob retweetet werden darf, nicht davon ab, ob dies online oder in der Printversion erfolgt. Liegt ein urheberrechtlich geschütztes Werk vor, hat man sich an die Zitierregeln zu halten. Das heisst, Zitate müssen einen bestimmten Zitatzweck verfolgen.”

6. “Ein VZ, eine Verlobung und ein Versuch”
(elektrischer-reporter.de, Video, 14 Minuten)
Aufstieg und Fall der von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck aufgekauften VZ-Netzwerke, die Medienberichterstattung über die Verlobung von @laprintemps und die Schwierigkeiten, Medien im Netz auf legale Weise zu erwerben.

Wenn das Wörtchen “nicht” nicht wär’

Zwischenüberschriften sollen längere Texte gliedern und optisch etwas auflockern. Sie nehmen meist eine prägnante Aussage der folgenden Absätze vorweg. Erfahrungsgemäß werden Zwischenüberschriften von niemandem gelesen.

Auch nicht von den Leuten, die bei n-tv.de die Zwischenüberschriften erstellen:

"Sehr viel schwerer als zuletzt" Wie viele Gegner auch immer: Vettels Boss geht davon aus, dass die erneute Titelverteidigung für Vettel nicht leicht wird, "aber auch nicht sehr viel schwerer als zuletzt".

Mit Dank an Marcus H.

API, Marvin Oppong, Handelsblatt

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1. “API – das bald wichtigste Werkzeug des Journalisten”
(blog.zeit.de, Kai Biermann)
Kai Biermann regt Journalisten dazu an, vermehrt Schnittstellen auszulesen und zu verarbeiten: “Noch sind viele Verlage leider sehr mit der Idee beschäftigt, ihre Inhalte so gut wie möglich gegen eine Nutzung durch andere abzuschotten. Es wäre nicht schlecht, wenn sich das bald änderte. Immerhin sind auch Zeitungsarchive riesige Datenschätze, aus denen sich neue Erkenntnisse gewinnen lassen.”

2. “dapd sagt: Schadenersatzforderung gegenstandslos”
(jensweinreich.de)
Die Nachrichtenagentur dapd zieht die am 9. März durch eine Anwaltskanzlei verschickte Schadenersatzforderung wegen einer Urheberrechtsverletzung an Jens Weinreich zurück. “Ein Problem besteht darin, dass nicht nur die dapd, sondern viele andere Medienunternehmen mit Kanonen auf Spatzen schießen. Sie schicken Heerscharen von Abmahn- und Inkasso-Anwälten in die Spur. Irgendwas bleibt dann schon hängen, weil manche Betroffene, selbst wenn sie sich nichts zu Schulden kommen ließen, vielleicht nicht die Laune, nicht den Mut oder was auch immer nicht hatten, um sich zur Wehr zu setzen.”

3. “Marvin Oppong und PR in der Wikipedia”
(blog.oldmedia.de)
Der “Spiegel Online”-Artikel “Das geschönte Bild vom Daimler-Konzern” berichtet über die Tatsache, “dass jemand einen kritischen Abschnitt im Wikipedia-Artikel des Autobauers gelöscht hat. Die (anonyme) Bearbeitung wurde schnell rückgängig gemacht, sie hatte gerade mal eine Minute Bestand. So etwas ist nichts Ungewöhnliches und passiert tagtäglich in der Wikipedia. In diesem Fall konnte die IP des Bearbeiters aber zur Daimler AG zurückverfolgt werden.” Siehe dazu auch “Der pöse Daimler” (dieganzewahrheit.org, Thomas Weiss).

4. “In Syrien riskieren Berichterstatter ihr Leben”
(drs.ch, Fredy Gsteiger)
Verschiedene Hintergründe zu journalistischen Aktivitäten in Syrien: “Zwar lädt das Regime in Damaskus ihm wohlgesonnene Leute ein, aus Deutschland etwa Peter Scholl-Latour oder Jürgen Todenhöfer. Mit ihnen trinkt Syriens Präsident Bashar al-Assad Tee und erkauft sich so ihm zusagende Berichte. Unabhängige Berichterstatter jedoch will der Diktator fernhalten oder loswerden.”

5. “Handelsblatt-Leser schlecht beraten”
(heise.de/tp, Peter Mühlbauer)
Peter Mühlbauer erinnert an die “Handelsblatt”-Aktion “Wir kaufen griechische Staatsanleihen!” von 2010 (“Es geht um ein Zeichen der Mitverantwortung, auch unter Inkaufnahme eines nicht bestreitbaren finanziellen Risikos. Am Freitag habe ich daher für 5.000 Euro griechische Staatsanleihen geordert. Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblatt.”

6. “…dann schreibe ich halt ein paar Zeilen”
(blog.bernerzeitung.ch, Johannes Hofstetter)
Ein Interview mit Walter Krebs, der der “Berner Zeitung” in zwölf Monaten 60 Leserbriefe geschrieben hat.

Drei gegen Jauch

Nur weil “Bild” und Bild.de regelmäßig gegen die Menschenwürde verstoßen, schockierende Fotos zeigen und Politiker oder andere Menschen in Artikeln hart angehen, sollte man nicht automatisch annehmen, dass dort knallharte Zyniker arbeiten. Manche Redakteure sind nämlich echte Mimosen: Sie halten einen kleinen Seitenhieb für “pöbeln” und einen etwas verunglückten Witz für eine “Attacke”.

Wenn Sie am Sonntagabend den Polittalk “Günther Jauch” in der ARD versäumt haben, haben Sie von den dortigen Attacken auf den Moderator womöglich nichts mitbekommen. Und wenn nicht, auch.

Bild.de hat sie deswegen gestern zusammengefasst:

• Attacke Nummer 1: Jauch fragt Henning Scherf, ob Wulff nach seiner kurzen Amtszeit einen Ehrensold von rund 199 000 Euro verdiene oder das Ganze nur eine Neid-Debatte sei. Dann zeigt Jauch einen kurzen Einspielfilm, der Wulffs Einkommen mit dem eines durchschnittlichen Arbeitnehmers vergleicht.

Henning Scherf protestiert: Im Vergleich mit der Wirtschaft würden Politiker “miserabel schlecht bezahlt”.

SCHERF KRITISIERT JAUCHS EINKOMMEN

Dann zeigt Scherf auf Jauch und nimmt dessen jährliche Millionen-Einnahmen als Produzent und TV-Star in den Blick: “Sie müssen auch mal selbstkritisch fragen, lieber Günther Jauch, was Sie so im Jahr verdienen. Sie verdienen das Vielfache von dem, was die Bundeskanzlerin verdient und halten das für gerecht!”

Jauch versucht zu kontern: “Das wissen Sie ja gar nicht.”

Doch Scherf lässt sich nicht beirren: “Das ist nicht gerecht! Unsere Gehälter sind ungerecht verteilt.”

Applaus im Studio. Scherf grinst zufrieden.

Zugegeben: Das klingt derart beschrieben nicht sonderlich spektakulär. Aber Sie sollten es selbst gesehen haben, um zu wissen, wie unspektakulär der Vorfall tatsächlich war:


 
Henning Scherf, Deutschlands freundlichster Kritiker, der sich sofort im Anschluss an seine Attacke auch noch höflich lächelnd dafür entschuldigt.

Doch die Sendung wurde für den armen Günther Jauch noch unangenehmer:

• Attacke Nummer 2: Jauch fragt “Taz”-Chefredakteurin Ines Pohl, ob sie sich nach der Wulff-Affäre ein politisches Engagement vorstellen könne oder ob es ihr mittlerweile vor der Politik grusele.

Nein, sie bleibe lieber Journalistin, antwortet Pohl. Politiker würden in der Öffentlichkeit zu sehr durchleuchtet.

Dann geht die Journalistin selber zum Angriff über – auf den Moderator: “Über Sie, Herr Jauch, – hört man – wird auch nicht immer nett berichtet!”

Jauch verwirrt: “Na, ich kann mich nicht beschweren.”

• Attacke Nummer 3: Der Thüringer Linken-Politiker Ramelow ergreift das Wort, assistiert Pohl als ob die beiden sich vorher abgesprochen hätten.

Ramelow zu Jauch: “Na, ich wollte Ihnen aus Erfurt einen Born-Senf mitbringen.”

Jauch stutzt, versteht nicht, was Ramelow sagen will. Born-Senf ist eine bekannte Erfurter Senfmarke. “Und wie soll der mir jetzt helfen?”, fragt Jauch.

“Na, vielleicht, weil Sie mal einen Partner Born hatten.”

Sind Sie noch wach?

Langsam dämmert Jauch, was Ramelow eigentlich will. Mitte der neunziger Jahre musste Jauch als Chefredakteur des TV-Magazins “Stern TV” gefälschte Beiträge des Dokumentarfilmers Michael Born verantworten.

“Ach so, jetzt gehen Sie auf Stern TV, 17 Jahre zurück”, sagt Jauch.

Ramelow: “Es geht um die Frage: Was bleibt einem haften? Das hatten Sie Frau Pohl gerade gefragt.”

Die rettet die peinliche Situation. “Wir wollen jetzt weg vom Senf”, bestimmt Pohl und erzählt lieber davon, welche Sprüche sich Angela Merkel als Frau in der Politik gefallen lassen müsse.

Jauch aber hört gar nicht richtig zu. Mit zusammengebissenen Zähnen blickt er auf Ramelow, schüttelt den Kopf über dessen Live-Attacke.

Und hier die ganze Szene noch mal in all ihrer Dramatik:


 
Andererseits hatte Ines Pohl nicht unrecht: Auch über Günter Jauch wird nicht immer nett berichtet.

So sieht jedenfalls die “Bild”-Zeitung heute aus:

TV-Star in eigener Show attackiert: Verdient Jauch zu viel Geld?

Mit Dank auch an Laszlo J. und Tobias.

Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner kriegt’s mit

Am späten Sonntagnachmittag erschien auf Bild.de diese Meldung:

Sind sie Opfer des Bürgerkriegs? Massengrab mit 167 Toten in Mexiko entdeckt

Gefunden wurden diese Toten im Süden Mexikos, der starke Verwesungszustand “deute darauf hin, dass die Leichname bereits vor über 50 Jahren dort abgeladen worden seien”, schreibt Bild.de unter Berufung auf einen Vertreter der örtlichen Staatsanwaltschaft.

Und weiter:

Wer die Toten sind – und wie sie starben, ist bisher unklar. Die Leichname würden derzeit noch untersucht. Anzeichen von Gewalt seien zunächst nicht zu erkennen gewesen.

Sind es möglicherweise Opfer des letzten Bürgerkrieges, der 36 Jahre lang in dem Land tobte und rund 250 000 Todesopfer forderte? Danach blieben rund 45 000 Menschen vermisst.

Nun würden Laien vielleicht annehmen, dass fehlende Anzeichen von Gewalt vielleicht nicht das beste Indiz für ein Massengrab von Kriegsopfern sei. Experten würden an dieser Stelle eher fragen: “Welcher Bürgerkrieg?”

Zwar gab es in Mexiko in den späten 1960er Jahren Unruhen, aber einen 36-jährigen Bürgerkrieg hat das Land in den letzten 50 (oder auch 100) Jahren nicht gesehen.

Der Text bei Bild.de basiert im Wesentlichen auf einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters.

Die hatte allerdings geschrieben:

Das Grab befindet sich in einer Höhle auf dem Gelände einer abgelegenen Farm unweit der Grenze zu Guatemala. Die Gegend wird häufig von Migranten aus Mittelamerika durchquert, die sich auf dem Weg in die USA befinden.

In Guatemala endete 1996 nach 36 Jahren ein Bürgerkrieg, bei dem schätzungsweise 250.000 Menschen starben. 45.000 Menschen blieben vermisst. Aktivisten vermuten, dass die meisten davon von Soldaten getötet und an geheimen Orten vergraben wurden.

In den vergangenen Jahren haben Drogenhändler-Banden die Leichen von Hunderten ihrer Opfer in Massengräbern abgeladen.

Dass das Massengrab “in einer Höhle auf dem Gelände einer abgelegenen Farm unweit der Grenze zu Guatemala” liegt und die Gegend “häufig von Migranten aus Mittelamerika durchquert” werde, hat auch Bild.de weiterverarbeitet. Nur ergibt diese Information im Zusammenhang mit dem angeblichen mexikanischen Bürgerkrieg natürlich nicht sonderlich viel Sinn.

Schon Sonntagabend konnten die Agenturen dann übrigens vermelden, worum es sich bei dem Massengrab wirklich handelt. Und so stand es dann am Montag auch ganz klein in “Bild”:

1300 Jahre altes Massengrab in Mexiko entdeckt

Ein Maya-Friedhof.

Mit Dank an Lisa.

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