Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Der ‘Blick’ von innen” (dasmagazin.ch, Daniel Ryser)
Die Boulevardzeitung “Blick” macht einen Taxifahrer zu Unrecht zu einem “Taxivergewaltiger”. “Kunden, die mich seit Jahren kannten, liefen plötzlich weiter, stiegen in andere Taxis ein. Taxifahrer zeigten auf mich, sagten: Das ist der Vergewaltiger. Jugendliche pöbelten mich an.”
2. “Jeder Satz falsch: Kein Bug, sondern Feature!” (blogs.taz.de/hausblog, Sebastian Heiser)
Sebastian Heiser entfernt alle Vereinfachungen in einem eigenen Artikel und fragt darauf die Leser, ob sie das wirklich so wollen.
3. “Widerspruch zwecklos” (derbund.ch, Daniel Di Falco)
Schweizer Medien verkaufen der Öffentlichkeit bekannte Dokumente als neu: “Der breiten Öffentlichkeit unbekannt – das ist der Satz, in dem sich beide Seiten fanden. Für die Medien heisst er: Also sind die Bilder eine Entdeckung. Für den Experten dagegen: Aber uns sind sie bekannt. Die Medien: neu! Der Experte: nicht neu.”
4. “Die Strategie für die Zeitung von Morgen, Teil 1: Das Modell HBO” (blog.tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
Das Vorgehen des Pay-TV-Senders HBO könnte ein Vorbild für die Zeitungsbranche sein, findet Constantin Seibt: “Im Business der Zukunft geht es zunehmend nicht mehr um Nicht-Enttäuschung, sondern um die Erzeugung von Begeisterung.”
Das war’s dann also. Der Asteroid “2012 DA14” hat unseren Planeten gestern Abend planmäßig passiert. Höchste Zeit für die Medien, mal rückblickend festzuhalten, wie verdammt knapp wir da einer kosmischen Katastrophe entkommen sind.
Wir leben noch! Der Asteroid “2012 DA 14” ist an der Erde vorbei gerast, verschwindet jetzt wieder in der Tiefe des Alls.
Um 20.24 Uhr am Freitagabend erreichte der Himmelskörper seinen erdnächsten Punkt: In 27 357 Kilometern Entfernung sauste er an uns vorbei. (…)
Zu sehen war er allerdings nur mit guten Ferngläsern. Dennoch ist in der Geschichte der modernen Astronomie noch kein Himmelskörper der Erde so nahe gekommen wie “2012 DA14”.
Dass uns noch nie zuvor ein Asteroid so nahe gekommen sei, hatten auch einige Agenturen vermeldet. Viele Medien übernahmen die Info, einige hübschten sie im Sinne der Knalligkeit auch gleich noch ein wenig auf:
Zu sehen war er allerdings nur mit guten Ferngläsern. Dennoch war in der Geschichte der modernen Astronomie noch kein Himmelskörper der Erde so nahe gekommen wie “2012 DA14”.
Der Himmelskörper bewegte sich um 20.24 Uhr deutscher Zeit in 27.357 Metern Abstand an unserem Planeten vorbei, wie die Nasa am Freitag mitteilte. Dies war soweit bekannt die bisher kürzeste Distanz eines Asteroiden zur Erde.
Wahrscheinlich werden da draußen und auf dem Boulevard der Hysteriker Entfernungen anders gemessen, tatsächlich kommt 2012 DA14 der Erde nur so nahe wie noch kein anderer Himmelskörper zuvor, nahe, das sind in diesem Fall 27 500 Kilometer.
So dicht wie nie zuvor in der Geschichte der Astronomie ist ein Himmelskörper an der Erde vorbeigerast.
Um es kurz zu machen: Das ist falsch.
Wie etwa die “Near Earth Object”-Datenbank der NASA belegt, war “2012 DA14” bei weitem nicht der erste vorhergesagte Asteroid, der uns so nahe gekommen ist. “2011 MD” zum Beispiel war zwar deutlich kleiner, doch er rauschte — mit einer Distanz von knapp 12.000 Kilometern — viel dichter an unserem Planeten vorbei. Und nur der Vollständigkeit halber: Die Behauptung, “kein anderer Himmelskörper” sei der Erde jemals so nahe gekommen, ist natürlich der völlige Unsinn.
“Spiegel Online” macht sich heute per Video mal ein bisschen über das russische Staatsfernsehen lustig:
In der Beschreibung heißt es:
Das russische Staatsfernsehen ist in der Berichterstattung zu dem Meteoriten-Hagel im Ural offenbar einem betagten Internetvideo auf den Leim gegangen.
Die Off-Sprecherin ergänzt in süffisant-seriösem Ton:
Der Moderator sagt in der aktuellen Berichterstattung: “Sie sehen hier den Krater, der sich dort gebildet hat.” Dann werden Bilder gezeigt, die erstmals vermutlich schon 2007 ins Netz gestellt wurden. Für den TV-Sender hagelt es nun Spott. Denn mit dem aktuellen Meteoritenphänomen hat diese Einschlagsstelle nichts zu tun.
Gut erkannt, “Spiegel Online”! Mit dem aktuellen Meteoritenphänomen hat diese Einschlagsstelle nichts zu tun.
Sie hat sogar mit überhaupt keinem Meteoritenphänomen zu tun. Es ist nämlich gar keine Einschlagsstelle. Das Video zeigt vielmehr den als “Tor zur Hölle” bekannten Krater in Turkmenistan, der 1971 bei der Suche nach Erdgas entstanden ist.
Wenn da mal nicht jemand einem betagten Internetvideo auf den Leim gegangen ist.
Mit Dank an Lukas.
Nachtrag, 16.27 Uhr: Das ging schnell: “Spiegel Online” hat das Video gelöscht.
Nachtrag, 16.31 Uhr:Hier ist es aber noch zu sehen.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Schränkt der deutsche Staat die Pressefreiheit ein?” (zeit.de, Martin Kotynek)
Martin Kotynek fürchtet aufgrund eines noch ausstehenden Gerichturteils eine Einschränkung der Pressefreiheit in Deutschland. “Bundesbehörden sollen nicht mehr länger verpflichtet sein, Journalisten nach den Pressegesetzen Auskunft zu erteilen. Das will das Innenministerium vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig durchsetzen. Gelingt es, wäre die Pressefreiheit stark beschnitten.”
2. “Richtig, aber altbekannt” (spiegel.de, Carsten Holm)
“Bild” schreibt, RAF-Mitglied Verena Becker habe mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet. “Das ist alles richtig – aber schon seit Jahren im Detail bekannt.”
4. “Die einvernehmliche Täuschung des Publikums” (journalist.de, Jens Bergmann)
PR-Termine im Journalismus: “Für Journalisten, die noch nicht total verdrängt haben, warum sie den Beruf einst ergriffen haben, ist der Job des Werbe-Onkels für Berühmtheiten natürlich sehr unbefriedigend, von der Bezahlung ganz abgesehen.”
Auch viele andere Medien berichteten, jetzt stehe “der ‘Blade Runner’ unter Mordanklage” (mopo.de) oder “die Polizei” (!) habe “Anklage erhoben” (stern.de). Doch wie man es auch dreht: Es stimmt einfach nicht, dass der Mann unter “Mordanklage” steht. Bisher besteht lediglich ein Verdacht. Das ist im Strafrecht ein gewaltiger Unterschied — nicht nur in Deutschland, auch in Südafrika.
Ein deutschsprachiger Anwalt aus Pretoria hat uns auf Anfrage geschrieben:
Die endgültige Anklage wird erst viel später formuliert. Zur Zeit geht es lediglich darum, dass die Polizei eine Mordanklage untersucht. Ob es für Mord Beweise geben wird bleibt abzuwarten (…).
(…) Zur Zeit geht es lediglich um die Frage ob Pistorius auf Kaution freigelassen wird. Bis es zur Verhandlung kommt werden mindestens sechs Monate, wahrscheinlich aber über ein Jahr vergehen.
Immerhin ruderten einige Medien im Laufe des Nachmittags zurück und korrigierten sich (heimlich). “Spiegel Online” etwa hat in der Überschrift die “Mordanklage” durch “Mordverdacht” ersetzt und schreibt:
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der Leichtathlet erst am Freitag einem Haftrichter in Pretoria vorgeführt worden. Dieser muss dann entscheiden, ob Mordanklage erhoben wird und ob Pistorius gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt werden kann. Zunächst hatten Nachrichtenagenturen gemeldet, es sei bereits Mordanklage gegen Pistorius erhoben worden.
Stutzig gemacht haben diese Agenturmeldungen aber offenbar niemanden.
Mit Dank an Martin.
Nachtrag, 18.01 Uhr:Bild.de hat die Anklage jetzt ganz übersprungen und aus dem Verdacht schon mal Gewissheit gemacht:
Sie war die strahlende Frau an der Seite des Sprint-Stars Oscar Pistorius (26). Jetzt ist sie tot!
Der Sportler erschoss seine Freundin letzte Nacht in Südafrika.
Nachtrag, 16. Februar: Dass Bild.de schreibt, Pistorius habe seine Freundin erschossen, ist natürlich nicht mit einer Vorverurteilung im Sinne von “hat seine Freundin ermordet” gleichzusetzen. Dieser Eindruck ist im ersten Nachtrag vielleicht entstanden. Wir wollten lediglich darauf hinweisen, dass Bild.de die — gewiss sehr wahrscheinliche, aber eben nicht zweifelsfrei erwiesene — Vermutung bereits kurz nach der Festnahme als Tatsache dargestellt hat. Vielleicht sind wir, was den Umgang mit Tatverdächtigen angeht, ein bisschen empfindlich geworden.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Das komplizierte Verhältnis von Berichterstattern und Internetfirmen” (netzwertig.com, Martin Weigert)
Martin Weigert beschreibt, wie schwierig es für Journalisten ist, nahe am Objekt der Berichterstattung und gleichzeitig unabhängig zu sein. “Je häufiger man gemeinsam auf Events und Parties Zeit verbringt, Bierchen trinkt und sich gegenseitig Informationen zuschiebt, desto schwieriger fällt es, in der Berichterstattung hundertprozentig der eigenen Linie treu zu bleiben.”
4. “‘Am Flughafen'” (spiegel.de, Ralf Hoppe)
Ralf Hoppe antwortet auf die Zweifel, die Alexander Svensson an einer im “Spiegel” beschriebenen 36-stündigen Blockade der Startbahn des Flughafens in Reykjavík hegte. Siehe dazu auch “ralf hoppe ist irgendwas peinlich” (wirres.net, Felix Schwenzel).
5. “Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch zu retten?” (drehbuchautoren.de, Peter Henning)
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ersticke in seiner formatierten Programmgestaltung, schreibt “Tatort”- und Fernsehfilm-Regisseur Peter Henning – “allenfalls noch der ‘Tatort’ und der eine oder andere Fernsehfilm” rage aus dem Einheitsbrei hervor.
Heute sind in einem italienischen Magazin erneut Fotos der leicht bekleideten Herzogin Kate veröffentlicht worden. Auch der Schweizer “Tagesanzeiger” berichtet in seiner Online-Ausgabe darüber:
Das Magazin “Chi” hat es wieder getan: Heute veröffentlichte das italienische Klatschblatt Bikini-Bilder der schwangeren Herzogin Kate. “Dies ist ein klarer Bruch der Privatsphäre”, sagte ein Sprecher des St. James Palasts in London. (…)
Der “Daily Mirror” berichtete von einem “Aufschrei” den es gegeben haben soll, als die Bilder in Italien gedruckt wurden. Die Boulevardzeitung will erfahren haben, dass das australische Magazin “Womans Day” 100’000 Pfund für die Fotos bezahlt haben soll.
Der “Tagesanzeiger” hat das deutlich ressourcenschonender gelöst:
(Auch wenn es wohl überflüssig ist, das zu erwähnen: Unkenntlichmachung von uns.)
Wenn Journalisten mit Statistiken jonglieren, ist immer äußerste Vorsicht geboten. Bei Umfrageergebnissen verhält es sich offenbar ganz ähnlich. Fangen wir bei “stern.de” an.
Zwei Tage nachdem Schwarz-Gelb Ende Januar bei der Landtagswahl in Niedersachsen eine Schlappe hinnehmen musste, hatte das Portal doch noch eine gute Nachricht für die Anhänger von Union und FDP:
“stern.de” weiß:
Die Union kann weiter zuversichtlich auf das Wahljahr blicken.
Denn im “stern-RTL-Wahltrend” hält sie “mit 42 Prozent (…) einen ihrer besten Werte seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist”. Die SPD hingegen “verharrt weiter im Tief: Zum zweiten Mal in Folge erreicht sie nur 23 Prozent”.
Durchgeführt wurde die Befragung für den “stern-RTL-Wahltrend” vom Forsa-Institut, dessen Chef Manfred Güllner ebenfalls zu Wort kommt:
Dass die SPD trotz des rot-grünen Wahlerfolgs in Niedersachsen bundesweit schwach bleibt, ist für Forsa-Chef Manfred Güllner nur auf den ersten Blick ein Gegensatz.
Auf den zweiten Blick ist ihm dann vielleicht etwas ganz anderes aufgefallen. Nämlich, dass sein Institut die Umfrage vom 14. bis 18. Januar durchgeführt hat – also mehrere Tage vor der Niedersachsenwahl. Dass die Wahl die Umfrageergebnisse nicht beeinflusst hat, könnte also durchaus daran liegen, dass sie zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht mal begonnen hatte.
Das müssten die Leuten bei “stern.de” eigentlich auch bemerkt haben, denn am Ende des Artikels schreiben sie selbst:
Datenbasis: 2506 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger, befragt vom 14. bis 18. Januar 2013, statistische Fehlertoleranz: +/- 2,5 Prozentpunkte. Institut: Forsa Berlin.
Und schon am Anfang des Textes:
Im stern-RTL-Wahltrend, der vor der Wahl in Niedersachsen erhoben wurde, (…)
(Hervorhebungen von uns.)
Und auch sonst beweist “stern.de” viel Geschick darin, inhaltliche Widersprüche einfach zu ignorieren. Während es noch in der Überschrift heißt, es gebe “keine Gefahr für Schwarz-Gelb auf Bundesebene”, und im Teaser, Schwarz-Gelb habe im Wahltrend “triumphiert”, stellt sich dieser Triumph im Text ein bisschen anders dar: Die FDP ist bundesweit nämlich “nur auf 4 Prozent” gekommen — und wäre damit nicht mal im Parlament. Nicht die besten Voraussetzungen für eine schwarz-gelbe Zukunft.
Eine ähnliche Verrenkung hat heute “Spiegel Online” hinbekommen:
Die Deutschen scheinen die Union wegen der Aufregung um Annette Schavan nicht abstrafen zu wollen, ganz im Gegenteil: Trotz der Aberkennung des Doktorgrads und dem Rücktritt der ehemaligen Bildungsministerin klettern CDU und CSU laut dem Wahltrend von “Stern” und RTL im Vergleich zur Vorwoche um zwei Prozentpunkte.
Dass die Union “trotz Schavans Plagiatsaffäre” zulegt, mag ja sein. Das heißt aber nocht nicht, dass sie es “trotz der Aberkennung des Doktorgrads und dem Rücktritt” tut:
Der Doktortitel wurde Frau Schavan am 5. Februar aberkannt. Durchgeführt wurde der Wahltrend, wie “Spiegel Online” selbst schreibt, “in der Zeit vom 4. bis 8. Februar”. Einige Befragte konnten also noch gar nichts von der Aberkennung des Doktortitels wissen. Vom Rücktritt wussten sogar noch weniger der befragten Personen — niemand, um genau zu sein. Denn der wurde erst einen Tag nach der Umfrage bekanntgegeben.
Mit Dank an Jascha H.
Nachtrag, 20.10 Uhr: “Spiegel Online” hat sich unauffällig korrigiert. Der betreffende Absatz lautet nun so:
Die Deutschen scheinen die Union wegen der Aufregung um Annette Schavan nicht abstrafen zu wollen, ganz im Gegenteil: Trotz der Debatte um ihre Doktorarbeit klettern CDU und CSU laut dem Wahltrend von “Stern” und RTL im Vergleich zur Vorwoche um zwei Prozentpunkte.
Und aus dem Satz …
Für die Umfrage wurden 2505 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger in der Zeit vom 4. bis 8. Februar befragt.
… ist Folgender geworden:
Für die Umfrage wurden 2505 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger in der Zeit vom 4. bis 8. Februar befragt – also noch vor dem Rücktritt der Ministerin. Diese zog sich am 9. Februar vom Amt der Bildungsministerin zurück.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Falsche Anschuldigungen: Teurer ‘Bordellbesuch’ für die Tamedia” (limmattalerzeitung.ch, Michael Rüegg)
Der Verlag Tamedia, der den “Tages-Anzeiger” herausgibt, zahlt mehr als 250.000 Franken nach Falschanschuldigungen an einen Geschäftsmann: “Die im Artikel erhobenen Vorwürfe erwiesen sich als haltlos. Mittlerweile hat der Tages-Anzeiger den Artikel nachträglich korrigiert. Wer in der Schweizerischen Mediendatenbank danach Ausschau hält, findet ihn in gekürzter Fassung wieder: die erwähnte Passage wurde in der Zwischenzeit gelöscht.”
3. “Warum Online-Journalist inzwischen ein Traumberuf ist” (netzwertig.com, Jan Tißler)
Wer “nach maximaler Selbstverwirklichung strebt und seinen Beruf ausleben möchte”, sollte Online-Journalist werden: “Das Schöne am Journalismus im Netz ist die große Freiheit und Vielfalt, die er bieten kann. Ich bin nicht auf eine Form wie Text oder Ton oder Bild beschränkt. Wer will und kann, probiert und kombiniert.”
4. “Beugehaft gegen Onlineredakteur” (internet-law.de, Thomas Stadler)
Um die Herausgabe von Nutzerdaten zu erzwingen, ordnet das Amtsgericht Duisburg fünf Tage Beugehaft gegen einen Redakteur der Website Klinikbewertungen.de an. Siehe dazu auch “Nutzerdaten oder Gefängnis?” (klinikbewertungen.de).
5. “TV Programmanteile im Vergleich: ARD & ZDF vs. BBC ONE & BBC TWO” (blog.barnabas-crocker.de)
Barnabas Crocker vergleicht Programmanteile britischer und deutscher Öffentlich-rechtlicher: “Mit weniger Geld liefern BBC One und BBC Two also ein vielfältigeres Programm als ARD und ZDF. Als Gebührenzahler finde ich das traurig und in letzter Konsequenz auch verantwortungslos. Ein Grund mehr für meine Position, die Anzahl der öffentlich-rechtlichen Programme massiv zu reduzieren. Qualität kommt nicht von Quantität.”
6. ” Gehackte US-Sender: Zombie-Apokalypse hat begonnen” (heise.de, mho)
Unbekannte dringen in das Notfallwarnsystem zweier Sender ein und bewirken die Ausstrahlung einer Eilmeldung, die davor warnt, “dass sich Leichen aus ihren Gräbern erheben und die Lebenden angreifen”.
Wegen fehlender anderweitiger Kennzeichnung müssen wir davon ausgehen, dass es sich bei diesem Text aus der heutigen “Bild” um einen Artikel handelt:
Der “perfekte Bankraub für zu Hause”, besser hätte es die Promo-Abteilung von Playmobil wohl auch nicht ausdrücken können. Nur, dass es als Anzeige in der Bundesausgabe mehr als 40.000 Euro gekostet hätte.
Wenn Sie jetzt sagen, es könne doch durchaus einen Nachrichtenwert haben, dass es diesen “Bankraub fürs Kinderzimmer” “ab sofort” zu kaufen gebe, müssen wir Sie enttäuschen: Beim Internetversandhändler Amazon können Sie die “Bank mit Geldautomat” (so der offizielle Name des Produkts) bereits seit dem 10. Februar 2012 bestellen. Und dieses einjährige Jubiläum kann ja auch kein Grund für eine Berichterstattung (“ab sofort”) sein.
Es hätte da allerdings schon einen Grund für aktuelle Berichterstattung gegeben — tatsächlich gab es den auch in jenen britischen Boulevardmedien, von denen sich “Bild” so gerne inspirieren lässt: Der “Daily Mirror” berichtet seit Samstagabend auf seiner Internetseite, dass Aktivisten gegen Schusswaffengewalt das Spielzeugset als “abscheulich” bezeichnet hätten. (Ob wenigstens diese Aussagen aktuell sind, geht aus dem Artikel leider nicht hervor — in Großbritannien gibt es die “Bank with Safe” auch schon fast ein Jahr lang zu kaufen.)
Die “Daily Mail” griff die Geschichte auf, die “Sun”, die “Huffington Post” aus den USA und schließlich auch “Bild”. Nur, dass die Geschichte dort völlig fehlt.
Die “Bild”-“Berichterstattung” hat derweil blick.ch inspiriert, über das “Bankraub-Set” zu schreiben, das Playmobil “seit kurzem” für “die Kleinsten unter den Kriminellen im Sortiment” habe.
Man kann den Redakteuren dort nicht vorwerfen, gar keine eigenen Recherchen mehr angestellt zu haben. Nur das Ergebnis ist etwas überraschend:
Wem ein Banküberfall zu langweilig ist, kann seinen Kleinen das Set “Diebstahl im Museum” kaufen, mit drei Museumsdieben, die mit ihrer raffinierten Ausrüstung an den Film “Mission Impossible” erinnern.