Suchergebnisse für ‘Leser-Reporter’

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Dossier: Crossmediale Redaktionen in Deutschland
(journalismus-darmstadt.de, Klaus Meier)
?Das multimediale Web-Dossier Crossmediale Redaktionen in Deutschland gibt detaillierte Einblicke in fünf Zeitungsredaktionen: Die Welt (Berlin), Handelsblatt (Düsseldorf), HNA (Kassel), Stadt-Anzeiger (Köln), Südkurier (Konstanz). Studierende des Studiengangs Online-Journalismus haben in meiner Projekt-Lehrveranstaltung das Dossier vor Ort recherchiert?.

plebsTV.com – Leser-Reporter 2.0?
(medienrauschen.de, Igor Schwarzmann)
?(…) wenn ich mir plebstv.com anschaue, so fürchte ich, dass der BILD-Leser-Reporter dagegen wie ein Spielzeug aus vergangener Zeit aussehen wird.?

?11 Freunde? geben nicht ab
(taz.de, Benjamin Imort)
?Die Konkurrenz kam, und sie ging. Zuletzt wurde ‘Rund’ eingestellt. Doch das Original, das Fußball-Magazin ’11 Freunde’, ist erfolgreich wie nie.?

Murdoch plant kostenlose Netz-Ausgabe
(Spiegel Online, Konrad Lischka)
?Eine aufgerufene Seite bringt bei WSJ.com viermal so viel Werbegelder wie bei der weitgehend kostenfreien – und beliebten – Konkurrenz von Nytimes.com. Sprich: Die zahlenden Kunden bei WSJ.com sind Werbetreibenden mehr wert als die vielen, nicht so attraktiven Online-Leser der ‘New York Times’.?

Microsofts Meriten
(sueddeutsche.de)
?Welches ist das wichtigste IT-Produkt der letzten 25 Jahre? Bei einer Umfrage landen vier Erzeugnisse aus dem Hause Gates ganz vorne. Nur ein Konkurrent schafft den Sprung in die Top Five.?

Hambach Reloaded
(telepolis.de, Gerrit Wustmann)
?Im Juni veröffentlichte der Deutsche Journalistenverband einen Appell mit historischen Wurzeln, um gegen die Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit durch die Bundesregierung zu protestieren – der Appell ist heute aktueller denn je?.
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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier von Montag bis Freitag handverlesene Links zu Online-Storys aus alten und neuen Medien.

“Bild” macht sich nützlich

Das ist doch mal eine gute Sache. Die “Bild”-Zeitung berichtet seit einigen Tagen groß über den “Mücken-Terror”, der von den zahlreichen, in diesem Jahr angeblich besonders stichfreudigen Mücken ausgehe, und als Service lieferte sie dazu am Samstag einen Anwendungsvorschlag in eigener Sache, den man auch als schlagendes Argument für die Vorteile des Printjournalismus sehen kann:

Wir können diesen Gebrauchshinweis nur unterstützen, würden von kreativen Weiterentwicklungen, zum Beispiel im Einsatz gegen unerwünschte “Bild”-Leser-Reporter, aber abraten.

Vielen Dank für die vielen Hinweise!

Wer sich versteckt, will gesehen werden

Wenn Politiker die Öffentlichkeit genau darüber informieren, wo sie ihren Sommerurlaub verbringen werden, dann könnte man das natürlich als indirekte Einladung an die Leser-Reporter von “Bild” oder Profi-Fotografen verstehen, sie am Urlaubsort zu besuchen und hübsche Fotos aus dem Privatleben in die Presse zu tragen.

Und wenn Politiker die Öffentlichkeit ausdrücklich nicht darüber informieren? Dann auch.

Jedenfalls in der Logik von Hugo Müller-Vogg, der heute in seiner “Bild”-Kolumne u.a. über Politiker schreibt, die ihren Sommerurlaub “als Versteckspiel inszenieren”:

Von morgen an heißt es für Angela Merkel: Sommer, Sonne, Urlaub. Und den beginnt die Musik-Kennerin zusammen mit ihrem Mann, Professor Joachim Sauer, wie immer in Bayreuth. (…) Während ihre Vorgänger Helmut Kohl und Gerhard Schröder gerne sagten, wo und wie sie sich erholen, macht die Kanzlerin ein Staatsgeheimnis daraus. Es scheint Angela Merkel und ihrem ohnehin pressescheuen Mann sogar Spaß zu bereiten, die Leser-Reporter von BILD und die Promi-Fotografen der Magazine zu besonderen Anstrengungen zu verleiten. Ganz nach dem Motto: Mal sehen, wer uns zuerst entdeckt.
(Hervorhebung von uns.)

Man kann das wie einen Aufruf “Fotografiert Angela Merkel im Urlaub!” lesen — und sogar als Ermunterung, sich nicht davon abschrecken zu lassen, wenn Frau Merkel und Herr Sauer deutliche Signale aussenden, dass sie gerade nicht fotografiert werden wollen. Denn damit wollen sie ja bestimmt nur die Paparazzi zu “besonderen Anstrengungen” anspornen. Quasi um den Spaß für alle zu erhöhen.

PS: Im April 2006 hatte “Bild” noch einen Regierungssprecher mit den Worten zitiert: “Auch die Bundeskanzlerin und ihr Mann haben ein Recht auf Privatsphäre!” Aber damals war es ja auch die britische Boulevardzeitung “The Sun” gewesen, die Pool-Fotos von Merkel veröffentlicht hatte. Als “Bild” im April 2007 selbst Pool-Fotos von Merkel veröffentlichte, war von einer Privatsphäre der Bundeskanzlerin und ihres Mannes keine Rede mehr. Uns sagte ein Regierungssprecher dazu, die Fotos in “Bild” seien “ohne ihr Einverständnis” gemacht und veröffentlich worden — und Merkels Urlaubsreisen “eigentlich eine private Angelegenheit”. Wie schon im Vorjahr ließ die Bundesregierung dennoch, wie angekündigt, “die Sache auf sich beruhen”.

Danke an Toni L.!

Die größten Wiederentdecker seit Kolumbus

"BILD-Leser-Reporter sind die Besten!"Ja, “BILD-Leser-Reporter” seien “die Besten”, behauptete “Bild” vorgestern unter einem Foto mit “1414”-Logo, weil darauf zu sehen sei, “was Sie noch gar nicht sehen dürften: den streng geheimen Drehort für den neuen Tom-Cruise-Film ‘Valkyrie’ bei Klein Köris (Dahme-Spreewald)”.

Und gestern zeigte “Bild” das Leser-Foto noch einmal, denn:

Ein Leser-Reporter entdeckte die Filmkulisse in einem Waldstück bei Berlin.

Schwer gefallen sein dürfte dem (nicht namentlich genannten) “Leser-Reporter” seine Entdeckung nicht.

In der “Märkischen Allgemeinen” stand bereits am 7. Juli, also anderthalb Wochen zuvor, dass die Kulisse in Hermsdorf-Mühle, “wenige Meter neben einer alten Panzerstraße” und “ein bisschen versteckt im Unterholz” zu finden sei. Der “Berliner Kurier” erwähnte am 11. Juli ebenfalls die “alte holprige Panzerstraße, die für die Film-Stars notdürftig mit Asphalt geflickt wurde” im “Wald bei Märkisch Buchholz”. Und eine Art ausführliche Wegbeschreibung stand am 13. Juli in der “Berliner Zeitung”:

Schon zweieinhalb Kilometer vor Hitlers Papp-Quartier ist die alte Panzerstraße, die durch den Wald führt, gesperrt. Ein junger Typ bewacht eine Sperrschranke (…). Hin und wieder patrouillieren Schutzpolizisten (…). Dahinter geht es dann auf der an streckenweise eigens frisch geteerten Panzerstraße weiter bis zu jenem Kieferwald, der weiträumig mit schwarz-gelbem Flatterband abgesperrt ist. Hier verwehren Wachschützer der Firma WSG Security den Zutritt. Mitten im Wald sind einige Bäume gefällt worden, werkeln (…) Handwerker an der “Wolfsschanze”.

Und was das Leser-Foto selbst angeht, das die “Bild”-Zeitung ihren Lesern so stolz präsentierte:

Am 11. Juli waren Fotos der “Wolfsschanze”-Kulisse dem “Berliner Kurier” sogar eine Titelschlagzeile wert (“KURIER exklusiv — Entdeckt! Tom Cruise — Seine ‘Wolfsschanze’ in einem Wald bei Berlin (…) KURIER zeigt erste Fotos der Geheim-Kulisse. (…) Der KURIER spürte den geheimen Ort auf”). Und schon am 7. Juli, also vier Tage vorm “Kurier” und zehn Tage vor “Bild”, dafür aber womöglich wirklich exklusiv, zeigte der “Dahme-Kurier” Fotos der Kulisse.

Mit anderen Worten: “BILD-Leser-Reporter” sind nicht “die Besten”, sie sind bestenfalls die Drittbesten.

Mit Dank an Robert T.!

Allgemein  

Heiße-Luft-Alarm in der “Bild”-Zeitung

“Bild” ruft heute “Tornado-Alarm über Deutschland” aus. “Immer häufiger, immer heftiger: Das neue Wetter-Phänomen Wirbelsturm”, heißt es in der Unterzeile zu einer “Bild”-Geschichte über einen Tornado, der vergangenen Samstag in Frankfurt/Main schwere Schäden angerichtet hat.

Ohne allzusehr ins Detail zu gehen: Ob in Deutschland tatsächlich “immer häufiger” Tornados auftreten und diese “immer heftiger” werden, wie “Bild” schreibt, ist mindestens umstritten. Zwar rechnen viele Klimaforscher mit einer Zunahme extremer Wetterphänomene. Aber belastbare Daten, die belegen, dass die Zahl der Tornados in den letzten Jahren zugenommen hätte, gibt es derzeit offenbar nicht.

Und wenn “Bild” schreibt, den “bisher schwersten Tornado” hätte es im März 2006 in Hamburg gegeben, so ist das nachweislich falsch. Es handelte sich dabei um einen Tornado der Kategorie F2 auf der Fujita-Skala, mit Windgeschwindigkeiten von maximal 252 km/h. Das klingt zwar viel, ist im Vergleich zu dem Tornado, der im Jahr 1968 Pforzheim heimsuchte jedoch eher wenig. Der erreichte Windgeschwindigkeiten von 400 km/h (Kategorie F4) und aus den Jahren 1764 und 1800 sind sogar zwei Wirbelstürme dokumentiert, die aufgrund von Schadensberichten als F5-Tornados eingeschätzt werden. Womit klar sein dürfte, dass Wirbelstürme, anders als “Bild” behauptet, kein “neues Wetter-Phänomen” sind.

Kommen wir zu dem tollen großen Foto, mit dem die “Bild”-Geschichte, die ja auch das “BILD-Leser-Reporter”-Logo trägt, illustriert ist:

"Tornado-Alarm über Deutschland -- Immer häufiger, immer heftiger: Das neue Wetter-Phänomen Wirbelsturm"

Wahnsinn! Oder? In einem kleinen Text rechts auf der Seite heißt es:

Eine bedrohliche Unwetterfront schiebt sich über Hessen, gewaltige Luftwirbel reichen bis zur Erde. Fotografiert hat’s Leser-Reporter Andreas M.* (20)
*) Abkürzung von uns

Damit keine Verwirrung entsteht: der zitierte Text, der rechts neben der mächtigen Windhose und unter diesem kleinen unspektakulären Foto steht, bezieht sich nur auf das kleine unspektakuläre Bild, auf dem weit und breit kein Tornado zu erkennen ist. Das große Windhosen-Foto unter den Worten “Tornado-Alarm über Deutschland” hingegen zeigt nicht den Frankfurter Tornado vom Wochenende. Es wurde in Elie in Manitoba, Kanada aufgenommen, wie man uns bei der Nachrichtenagentur AP sagt, von der das Foto stammt.

P.S.: Manche Klimaforscher gehen übrigens davon aus, dass die Zunahme von Tornado-Meldungen in den letzten Jahren darauf zurückzuführen ist, dass die Öffentlichkeit “sensibler für das Thema” würde, wie die “FAZ” im September letzten Jahres Thomas Sävert (der übrigens auch schon einschlägige Erfahrungen mit “Bild” gemacht hat) zitierte. Außerdem schrieb die “FAZ”: “Internet und Fotohandys tragen ihren Teil bei” (sic).

Mit Dank an Jan K. und Frank A. für den sachdienlichen Hinweis.

Blut ist dicker als Bohlen

Im Frühjahr hatte Dieter Bohlen eine Idee.

“Bild” nannte sie am 15. März: “Bohlen ist jetzt 1414-Reporter!” — und zeigte ein paar Fotos von Bohlen und seiner Freundin (“Bild” nennt sie “Carina”), von denen “Bild” und Bohlen behaupteten, er habe sie selbst auf den Malediven “mit Selbstauslöser” fotografiert.

Knapp einen Monat später war Bohlen zu Gast in der ZDF-Show “Johannes B. Kerner” und erklärte nach einigem Gefrotzel den “Sinn dahinter”:

Bohlen: Also meine Freundin wird ja gejagt von Paparazzis. Jeden Tag. Und wenn du natürlich selber Fotos…
Kerner: Das heißt, die fahren jeden Tag hinter ihr her, egal wo sie hinfährt und holen sie ab bei dir zuhause…
Bohlen: Ja, pass auf… ich komm aus der Tennishalle raus, seh’ mein’twegen Paparazzi, mach’ so ‘ne Fresse. Du kannst denen ja nicht mit ‘nem Tennisschläger ein’ über’n Schädel zieh’n — würd’ ich ganz gerne machen, weil es nervt total.
Kerner: Is’ auf lange Sicht kein gutes Rezept.
Bohlen: Wie, das mit’m Tennisschläger? Nee, genau. Und dann kommst du, guckst du raus und guckst böse. So. Und dann fotografieren die dich — bumm: Bohlen guckt böse. (Macht eine Schlagzeilengeste in die Luft.) “Das Doppelleben von Dieter Bohlen! In seinem Privatleben ist er überhaupt nie lustig! Er ist total deprimiert! Er liegt am Boden!” Und so weiter. Die Scheiße muss ich mir doch nicht immer geben. Dass ich da am Boden lieg’ und wer weiß was. Und wenn wir jetzt ab und zu, Carina und ich, ‘n paar Privatfotos einfach rausgeben, ist dieser Druck auf diese Paparazzis auch nicht mehr so da, weil dann können die ihre blöden Fotos hoffentlich irgendwann nicht mehr verkaufen.

Genutzt hat das offenbar nichts. Denn “Bild” orakelt heute:

"NACKTFOTOS AUFGETAUCHT"

(…) Ui-ui-ui, was ist denn DA bloß passiert? Es sind Nacktfotos von Pop-Produzent Dieter Bohlen (53) und seiner Freundin Carina (23) aufgetaucht, die das Pärchen nahtlos brutzelbraun gebraten und splitterfasernackt in einer Bucht auf Mallorca zeigen.

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und sind auch im Internet (…) zu bewundern.

Bohlen, der auf Mallorca urlaubt, ist entsetzt, hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Er ließ die Veröffentlichung der Fotos verbieten und sogar Schmerzensgeld verlangen. (…)

“Bild” zeigt die “Nackig-Bilder” nicht, sondern findet es “erstaunlich, dass Bohlen wegen der Nacktfotos so heftig reagiert”, und spekuliert anschließend eifrigst über eine angebliche Busen-OP von Bohlens Freundin. Außerdem druckt “Bild” — quasi als “Fotobeweis”-Ersatz — eines der Bohlenschen 1414-Fotos aus vom März (“Ihr Busen ist offensichtlich sehr gewachsen”). Dass die Busengrößenfrage damals für “Bild” kein Thema war, bleibt seltsamerweise unerwähnt.

Merkwürdig auch: Bei der von “Bild” anonymisierten Berliner Zeitung handelt es sich um das “Bild”-Schwesterblatt “B.Z.”, wo die Nacktfotos von Dieter Bohlen auf der Titelseite der "B.Z."“Nackig-Fotos” vorgestern Titelstory waren. Die “B.Z.” schrieb: “Robinson Bohlen zeigt sein nacktes Badeglück” — und hatte allzu pikante Körperstellen mit kleinen gelben Sonnensymbolen unkenntlich gemacht (siehe Ausriss).

Und: Auf der Internetseite der “B.Z.” ist der Artikel nicht mehr verfügbar. Und heuteblog.de, wo die “B.Z.”-Titelseite in einem Blogeintrag abgebildet war, hat das Titelseiten-Bild geschwärzt, nachdem man dort gestern “gegen 21.30 Uhr von der B.Z.-Redaktion (…) gebeten bzw. aufgefordert [worden sei], diesen Ausriss zu entfernen”. “Bild” hingegen gibt (anders als Bild.de übrigens) heute eine komplette Webadresse an, auf der ausschließlich Faksimiles des “B.Z.”-Berichts zu sehen sind — hochgeladen von einem anonymen Nutzer, der in seinem Profil Vor- und Nachnamen von Bohlens Freundin verwendet und über “sich” schreibt: “Offener Typ, Kontakfreudig, Spaß am Leben!!!! Ich bin Weiblich und Vergeben. bei Hamburg, Deutschland”

Was für eine knifflige Situation: Da gibt es also “Nackig-Fotos”, wie gemacht für “Bild”. Andererseits gibt es da ja diese langjährige Freundschaft zwischen “Bild” und “Pop-Titan” — und der will die Fotos offenbar partout nicht in der Zeitung sehen — auch nicht in der “B.Z.”. Aber die Fotos zu verurteilen als “Aufnahmen aus dem Privatbereich, die kein Mensch von sich in der Zeitung sehen möchte”, klappt auch nicht, weil es sich bei “der Zeitung” ja ausgerechnet ums “Bild”-Schwesterblättchen handelt. Ein Dilemma! Und der Ausweg? Ein abstruser Gedanke:

Da wird man die “B.Z.”-Fotos doch wohl nicht selber ins Internet gestellt haben.
 
Nachtrag, 17.6.2007: Inzwischen finden sich auch auf der von “Bild” angegebenen Internetadresse keine Inhalte mehr. Dort heißt es nur noch, der Nutzer sei “nicht mehr (…) aktiv”. Bild.de hat den Hinweis auf den Namen der Internetseite inzwischen getilgt, den Text entsprechend angepasst. Dort heißt es nun nur noch:

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und waren auch im Internet zu bewundern.

Mehr dazu hier.

“Bild” versetzt Mann in Todesangst

"Fernsehturm-Putzer abgestürzt!"

Ganz schön spektakulär, diese Geschichte zum heutigen “BILD-Leser-Reporter”-Foto in der “Bild”-Berlin:

Kopfüber baumelt ein Mann unter der silbernen Kugel des Fernsehturms. Hilflos hängt er in der Luft (…)! Aufregung am Alex! (…) Ein Industriekletterer reinigt die Kugel des Fernsehturms. Plötzlich rutscht er ab, stürzt 30 Meter in die Tiefe. Nur ein Sicherungsseil bremst den freien Fall, rettet ihm das Leben. BILD-Leser-Reporter Klaus-Michael Baltruschat (49): “Ich hörte einen lauten Schrei. Der Mann stürzte, schrie ganz laut, sein Hilferuf hallte über den Alexanderplatz.”

Es sieht zwar auf dem Foto nicht so aus, als baumele der Mann “kopfüber” am Seil, aber “Bild” überprüft ja bekanntlich die Leser-Reporter-Fotos vor der Veröffentlichung. So auch dieses. “Bild” hat bei der Funkturm GmbH nachgefragt und zitiert ganz am Ende eine Sprecherin. Allerdings hat man sich offenbar entschieden, ihr nicht zu glauben, sondern sie nur zu zitieren:

Wie konnte der Unfall passieren? Luisa Vollmar (29) von der Deutschen Funkturm GmbH: “Der Kletterer wollte die Seilkonstruktion testen, ließ sich deshalb einige Meter fallen. Es war niemand in Gefahr.”

Uns gegenüber konkretisierte die Sprecherin der Funkturm GmbH ihre Äußerung wie folgt:

Das war kein Unfall, sondern ein Routine-Test. Der Kletterer ist auch nicht 30 Meter in die Tiefe gestürzt — das Seil ist an der Stelle ohnehin nur zehn Meter lang — sondern er hat sich rausbaumeln lassen.

Übrigens: Anders als “Bild” (“Angeblich nur ein Test…”) findet man bei Bild.de, wo dasselbe Foto unter Berufung auf “BILD-Leser-Reporter Uwe Baltruschat (40)”* veröffentlicht ist, die Funkturm-GmbH-Version offenbar plausibel:

Doch was dramatisch aussieht, war eher ungefährlich. Funkturm-Sprecherin Luisa Vollmar (29): “Der Kletterer gehört zu einer Firma, die die Kugel säubert. Er testete die Sicherheit, ließ sich einige Meter fallen.”

*) Bei Uwe Baltruschat handelt es sich laut Klaus-Michael Baltruschat um seinen Bruder.

Nachtrag, 14.6.: Wie uns BILDblog-Leser Andreas G. mitteilt, entschied man sich auch in der Düsseldorfer “Bild”-Ausgabe (und vermutlich auch in anderen), den Text abzudrucken, der bei Bild.de steht, also der Version der Funkturm-GmbH Glauben zu schenken. Und auf lichtjaeger.de gibt es ein kleines, unspektakuläres Video des Fernsehturm-Putzers.

“Hör auf!”

Als Bild.de kürzlich wieder über Leonardo DiCaprio berichtete, war es noch keine drei Wochen her, dass der Bundesgerichtshof ein vielbeachtetes Grundsatzurteil gefällt hatte. Im Kern ging’s vorm BGH um die Frage, ob bzw. wann Fotos von Prominenten ohne deren Zustimmung gemacht und veröffentlicht werden dürfen — und wann nicht.

Beklagt war u.a. “Die Aktuelle”, geklagt hatte (wieder mal) Caroline von Monaco. Aber das nur nebenbei, denn zur Debatte stand Grundsätzlicheres: Fotos, die dem Gericht zufolge für sich genommen “denkbar harmlos” waren. Doch weil die Berichterstattung über Prominente zugenommen und — nicht zuletzt durch die Verbreitung von Handy-Fotos in der Presse — teilweise groteske Züge angenommen habe, entschied der BGH, die Privatsphäre stärker zu schützen. In der Urteilsbegründung heißt es weiter:

“Der Schutz der Persönlichkeit der Betroffenen wiegt umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das muss (…) auch für Personen mit hohem Bekanntheitsgrad gelten, so dass es auch hier eine Rolle spielt, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht.”

Und das ist nun vielleicht eine gute Gelegenheit, um zu Leonardo DiCaprio zurückzukehren. Denn bei Bild.de findet sich seit vergangenem Montag ein kurzer Text folgenden Inhalts:

"Hier kauft Leonardo DiCaprio Zeitschriften"

(…) Ein Leser-Reporter (36) entdeckt den Superstar in einem Zeitschriftenladen.

“Ganz ohne Bodyguards. Er wollte aber nicht erkannt und fotografiert werden. Kaufte einen ganzen Stapel Zeitschriften, ging dann in einen Fotoladen.”

Unser Leser-Reporter hinterher. “Ich wollte unbedingt ein besseres Foto. Da sagte Leo plötzlich auf Deutsch mit Akzent ‘Hör auf!’ Dann bin ich gegangen.” (…)
(Link von uns.)

Müssen wir noch erwähnen, dass Bild.de direkt neben diesen Zeilen ein (denkbar harmloses) Foto von DiCaprio in einem Zeitschriftenladen zeigt? Sollen wir wirklich darüber nachdenken, wie gering dessen Informationswert für die Allgemeinheit ist? Oder ernsthaft die Frage erörtern, ob diese Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht?

Sagen wir’s lieber so: Vermutlich ist die Bild.de-Veröffentlichung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 unzulässig, nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von 2004 ebenfalls und nach dem aktuellen BGH-Urteil erst recht.

6 vor 9

“Ich wollte berühmt werden”
(zuender.zeit.de, Simone Deckner)
Er war einer der bekanntesten deutschen Musikjournalisten, bevor seine Karriere in der Psychiatrie endete. Heute ist er Nachtportier und schreibt Bücher. Wie geht es Ihnen, Wolfgang Welt?

Ein Springer zwischen zwei Welten
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Michael Jürgs)
Mathias Döpfner schreibt über Klassik, lobt Wolf Biermann und leitet den Springer-Verlag. Über einen Mann zwischen Bild-Zeitung und Bourgeoisie.

?Dieses Gefühl, nicht mehr allein zu sein?
(tagesspiegel.de, David Bauer)
Berlins bekanntester Blogger Johnny Haeusler über Medien, Macht und den täglichen Wahnsinn da draußen.

Maximo Park Avenue
(fr-online.de, Klaus Walter)
Das Pop-Magazin “Spex” versucht ein Comeback.

Was Leser-Reporter leisten
(nzz.ch, ras.)
Eine kleine Bilanz von Medienhäusern.

»Tagesschau gucken« (+ +)
(zeit.de/campus, Karin Geil)
Was macht Claus Kleber den ganzen Tag? Der Moderator gibt Auskunft.

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