Danke an Embrace G.
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Danke an Dominik H.
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Danke an Alex A.
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Danke an Lennart H.
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Danke an Jay K.
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Danke an Alex A.
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Danke an Jay K.
1. Von NPD-Kadern und Flüchtlingen
(hanningvoigts.de)
Seit Jahren schreibt Hanning Voigts in der “Frankfurter Rundschau” u.a. über eine Führungsfigur der rechtsextremen NPD. Doch, was ihm da zunächst als unscheinbare Polizeimeldung auf den Schreibtisch flattert und von ihm recherchiert wird, entwickelt sich zur weltweit verbreiteten Meldung: Der NPD-Politiker hat einen schweren Unfall gebaut, die Ersthelfer stammen aus Syrien und dem Sudan… Die lesenswerte Geschichte einer Meldung, die um die Welt ging.
2. Falsch bleibt falsch
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
“Übermedien” beschäftigt sich mit eine der Top-Falschmeldungen der letzten Tage: Vor einem Atomkraftwerk in Belgien sei ein Wachmann erschossen worden. Und die Täter seien im Besitz seines Dienstausweises! Ein Medium nach dem anderen übernimmt ungeprüft die Falschmeldung, und dichtet teilweise klickheischende Überschriften, die mit der Angst vor einem atomaren Terroranschlag spielen. Als sich herausstellt, dass an all dem nichts dran ist, korrigieren die Wenigsten.
3. “Der Spiegel” und seine Haltung
(sprengsatz.de, Michael Spreng)
Der Journalist und Politberater Michael Spreng ist unzufrieden mit einem Interview des “Spiegel” mit der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. Diese habe unwidersprochen die geschönte Version ihrer menschenverachtenden Äußerungen über Schusswaffengebrauch an der Grenze vortragen können. Sie hätte mehrfach auf ihr Originalinterview verwiesen, das den “Spiegel”-Redakteuren offenbar nicht vorgelegen hätte, denn sie hätten ihr nicht widersprochen. So erscheine Petry am Ende dieser Gesprächspassage im “Spiegel” als ein Opfer der Medien.
4. Warnstreik bei „Zeit Online“
(taz.de, Anne Fromm)
Nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen von Betriebsrat und Verlagsgeschäftsführung ist es nun soweit: Im April wollen Mitarbeiter von “Zeit Online” mit einem Warnstreik auf ihre Forderungen aufmerksam machen. Der Hintergrund: Onliner verdienen deutlich weniger als ihre Print-Kollegen bei der “Zeit”. Sie sind in eine Digital-GmbH ausgelagert und müssen nicht nach dem Tarifvertrag für Zeitschriften bezahlt werden.
5. Alles „Lügenpresse“ oder was?
(medienkorrespondenz.de, Norbert Schneider)
Der ehemalige Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) Norbert Schneider setzt sich ausführlich mit dem Begriff Lügenpresse auseinander, von der historischen Dimension bis zur Bedeutung in der Jetztzeit. Schneider kommt zum Schluss: “Wer Lügenpresse schreit, betreibt nicht eine besonders radikale Pressekritik. Er gibt zu verstehen, dass er keine Presse will.”
6. This Charity Bookstore Is Begging People To Stop Donating Their Copies Of ‘Fifty Shades Of Grey’
(distractify.com, Lindsey Robertson)
Ein Oxfam-Charity-Buchladen in South Wales zieht die Reißleine: Keine Buchspenden von “Fifty Shades Of Grey” mehr! Die Bücher seien Ladenhüter und wegen der Spezialbindung nicht recyclebar. Im Büro haben die Mitarbeiter nun im Trockenbauverfahren aus Exemplaren des Hausfrauen-Softpornos eine architektonisch imposante Mauer samt Durchgang errichtet.
Es wäre zu kurz gegriffen, zu behaupten, “Compact” betreibe ausschließlich Hofberichterstattung für die AfD. Diese ist zwar ein wichtiges Standbein des Magazins. Das zeigte sich auch am Wahlabend in Sachsen-Anhalt, als der AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg, bevor er sich anderen Journalisten stellte, zuerst mit “Compact”-Chefredakteur Jürgen Elsässer sprach, der ihn im eigenen Studio freundlich duzte und unterwürfigst Vorlagen lieferte. Aber “Compact” berichtet auch über andere Themen.
“Lesen, was andere nicht schreiben dürfen”, lautet eine der vielen Parolen, mit denen das Magazin für sich wirbt. Wie rebellisch. Und tatsächlich finden sich in “Compact” Geschichten, die man in der seriösen “Mainstreampresse” eher nicht finden wird. Allerdings nicht, weil das verboten wäre, wie “Compact” verschwörerisch mitklingen lässt. Vielmehr serviert “Compact” seinem Publikum Geschichten, für die andere sich in Grund und Boden schämen müssten.
Zum Beispiel die Story über das Zika-Virus. Laut “Compact”-Autor Michael Morris ist dieses nämlich Teil eines geheimen Plans zur Bevölkerungsreduzierung.
Michael Morris kennt sich mit den ganz großen Intrigen aus. Er veröffentlicht sonst im Amadeus Verlag Verschwörungsliteratur. Sein Herausgeber ist Jan Udo Holey, der es unter dem Pseudonym Jan van Helsing zu einiger Prominenz als rechter Esoteriker gebracht hat. Unter der großen Weltverschwörung machen es die beiden nicht.
Dabei schwadroniert Holey gern von Hitlers UFOs, deren Rückzug ins antarktische Neuschwabenland und arischen Außerdischen. Das klingt noch eher lustig, doch er zitiert auch ausgiebig aus richtig üblen, antisemitischen Pamphleten wie den “Protokollen der Weisen von Zion”. Holeys erste Schriften wurden indiziert.
Sein Schützling Michael Morris hat daher gelernt, sich in weniger angreifbaren Chiffren auszulassen, zum Beispiel über angebliche Machenschaften der Rothschild-Familie oder darüber, wie ein “westliches Bankenkartell den Goldhandel kontrolliert”. Seine Bücher tragen Titel wie “Was Sie nicht wissen sollen” und führen, wie der Verlag schreibt, “anschaulich aus, wie eine kleine Gruppe von Bankiers dabei ist, durch Wirtschafts- und Währungskriege die totale Herrschaft über die Welt zu erlangen”.
In seinem Artikel über das Zika-Virus vermischt Morris nun eine Geschichte, die ursprünglich in einem Sub-Reddit für Verschwörungstheorien auftauchte, mit schon länger kursierender Panikmache mancher Impfgegner. Das Virus soll mit genveränderten Mücken aufgekommen sein — Überschrift:
Der Artikel steht übrigens im Politikteil, nicht in irgendeinem Aluhut-Ressort, wie es etwa Bild.de mit “Bild Mystery” betreibt.
“Compact” muss sich für sein Schauermärchen nicht direkt bei Reddit bedient haben, sondern könnte auch von Krawallmedien wie der Daily Mail, Russia Today oder Fox News inspiriert worden sein. Auch dort wird die These verbreitet, gentechnisch veränderte Stechmücken seien für den Zika-Ausbruch verantwortlich.
Die veränderten Mücken gibt es tatsächlich. Ziel der Technik ist es, dass transgene männliche Mücken Nachkommen zeugen, die in freier Natur nicht überleben können, und so die Population reduziert wird. Michael Morris setzt ganz auf die alarmierende Wirkung, die das Thema Gentechnik bei vielen Lesern auslöst. Einmal gesetzt, scheint er zu glauben, mit allem durchzukommen.
Denn interessanterweise prüft das Magazin, das sich ganz dem Kampf gegen die “Lügenpresse” verschrieben hat, die Behauptungen offenbar nicht besonders kritisch. Sie passen eben zu gut ins paranoide Weltbild.
Gut, dass sich statt ihnen andere diese Arbeit machen. Die Fact-Checking-Plattform der Tampa Bay Times “Politifact” lässt schnell die heiße Luft aus der Geschichte:
We wondered if there is any truth to the notion that Zika is being spread by transgenic mosquitoes.
In a word, no. Epidemiologists told us the rumor is baseless. The mosquitoes in question wouldn’t have been capable of starting the outbreak in 2015, and the geographic correlation offered doesn’t hold up.
Zeit und Ort des Zika-Ausbruchs passen, anders als behauptet, nicht zu den Feldtests, die bisher mit transgenen Gelbfiebermücken stattfanden. Diese wurden viele Moskitoleben vorher in weiter Entfernung durchgeführt. Auch sonst gibt es keine Belege für einen Zusammenhang zwischen dem Virus und der Gentechnik. Das Zika-Virus ist auch nicht neu, sondern seit etwa 70 Jahren bekannt, die Bausteine der DNS wurden erst 20 Jahre später entschlüsselt.
Michael Morris ist die ursprüngliche Verschwörungstheorie aber noch nicht genug. So fragt er etwa:
Wieso überträgt er [der Moskito] nun statt dem Dengue-Virus vorwiegend das Zika- und das Guillain-Barré-Virus (…)?
Die richtige Antwort lautet: Die Mücke überträgt nach wie vor das Dengue-Virus, über 1,5-Millionen Fälle zählten die brasilianischen Behörden 2015 (pdf der Pan American Health Organization). Das eine Guillain-Barré-Virus gibt es außerdem nicht, bekannt ist nur das Guillain-Barré-Syndrom, für das verschiedene Viren als Auslöser infrage kommen.
Das könnte man noch als schlampige Recherche abtun. Wirklich kreativ wird Morris aber mit folgender Wendung, die für ihn auf der Hand liegt, weil die Bill & Melinda Gates Foundation auch Versuche der Firma Oxitec mit transgenen Gelbfiebermücken unterstützte:
Bill Gates hatte bereits 2009 während eines Vortrags im Rahmen der TED-Konferenz scherzhaft Malaria-Mücken im Publikum freigesetzt, was alle Anwesenden noch für einen Spaß hielten. Doch mit dem Mann ist nicht zu spaßen. Er und seine Freunde, wie Rupert Murdoch, Zbigniew Brzezinski und Ted Turner, sind bekannt dafür, die Weltbevölkerung drastisch reduzieren zu wollen, und Gates betonte immer wieder, dass Impfstoffe dafür am besten geeignet wären.
Dem Monster, das Clippy die Büroklammer auf die Menschheit losgelassen hat, ist eben alles zuzutrauen.
Und seinen Geschäftssinn hat Bill Gates wohl auch verloren. Er soll also im Besitz eines ominösen Verhütungsmittels sein, das er aber nicht vermarktet, um dadurch noch reicher werden, obwohl es scheinbar bequemer als Pille, Spirale und Kondom anzuwenden ist. Außerdem verbreitet er für diesen genial-gemeinen Plan erst das Zika-Virus, für das es noch gar keinen Impfstoff gibt, statt sein Zaubermittel gängigen Schutzimpfungen beizumischen.
Und dann gibt er auch noch selbst zu, dass Impfungen beitragen sollen, das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen:
Bei der TED-Konferenz im Jahr 2010 führte er [Bill Gates] aus: “Auf der Erde leben heute 6,8 Milliarden Menschen (…), diese Zahl wird auf ungefähr neun Milliarden anwachsen. Wenn wir nun bezüglich neuer Impfstoffe, im Gesundheitswesen und in der Fortpflanzungsmedizin wirklich gute Arbeit leisten, können wir diese um ungefähr 10 bis 15 Prozent verringern.”
Potzblitz! Jetzt hat die Spürnase Michael Morris den Multimillionär aber überführt, oder?
Damit das Zitat zum Geständnis wird, muss Morris den Kontext weglassen. Bill Gates spricht sich hier nicht dafür aus, Menschen per Impfung ohne deren Wissen unfruchtbar zu machen. Er wirbt vielmehr dafür, die medizinische Versorgung zu verbessern. Denn dann, so seine Hoffnung, könnten Entwicklungsländer sich ähnlich wie die Erste Welt verhalten. Dort hat sich gezeigt, dass die besseren Gesundheitssysteme dazu führen, dass weniger Kinder sterben und alte Menschen nicht ausschließlich auf die Fürsorge ihres Nachwuchs angewiesen sind. Kinder zu zeugen ist dann keine Notwendigkeit mehr und Familien werden planbar, weshalb sich mehr Leute gegen Kinder entscheiden. Auch rechnet sich die Gates Foundation dadurch keinen Reduktion der Weltbevölkerung aus, wie die Verschwörungstheoretiker behaupten, weil in der Formulierung auch ein bisschen Völkermord mitschwingt. Sie erwartet nur ein langsameres Wachstum.
So zerfällt die Geschichte von “Frankensteins Killer-Moskito” bei näherer Betrachtung in das, was auch von den meisten anderen “Compact”-Geschichten bleibt, wenn man sich etwas genauer mit ihnen befasst: ein paar Krümel Wahrheit und ein riesiger Haufen Bullshit.
1. „Fuck it, ich lasse mir meine Offenheit nicht kaputtmachen!“: Die Initiatorin des Hashtags #aufdieliebe im Interview
(wired.de, Nikolaus Röttger)
Kathrin Weßling postet auf Facebook ein Bild von sich. Sie hält darauf ein Wodkaglas in der Hand und prostet dem Betrachter zu: “Auf die Liebe, sich zuhören, sich & andere respektieren, ehrlich sein, heulen, schreien, auf über alles reden und trinken, auf küssen und Konfetti, auf das Leben und die Freiheit.” Auf Twitter wird daraus ein viraler Trend. Unzählige Leute stellen das Bild nach, und der Hashtag “#aufdieliebe” holt zwischenzeitlich sogar den Hashtag #StopIslam ein. “Wired” hat mit der Initiatorin über die Entstehung der Aktion und die Beweggründe gesprochen.
2. Ausgegraben: Der Ursprung des Steinbach-Bildes
(ndr.de, Fiete Stegers)
Die CDU-Politikerin Erika Steinbach hat auf Twitter vor einiger Zeit ein Foto einer überraschten Begegnung einer großen Gruppe von indischen Kindern mit einem einzelnen blonden, hellhäutigen Kind gepostet. Mit dem perfiden Zusatz: “Deutschland 2030”. Mittlerweile sind die Urheber des Bilds ausgemacht. “Das Foto entstand in einem sehr schönen Moment voller Liebe und Freude. Er zeigt das Miteinander verschiedener Kulturen und von Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen”, erinnert sich der Vater. “Das auf eine negative Weise zu verwenden, unterstützen wir auf gar keinen Fall.”
3. Prozess gegen Cumhuriyet-Journalisten einstellen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Am Karfreitag beginnt der Prozess gegen den Chefredakteur und den Hauptstadtbüroleiter der Tageszeitung Cumhuriyet, denen aufgrund ihrer Berichterstattung lebenslange Haftstrafen wegen Spionage- und Terrorismusvorwürfen drohen. “Reporter ohne Grenzen” bezeichnet das Ganze als Skandal, der Fall sei “symptomatisch dafür, wie die türkische Führung in ihrem Kampf gegen unbequeme Journalisten immer unverhohlener das Recht beugt.” Umfassender Beitrag über die verheerende Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei mit zahlreichen Beispielen und Links zum Weiterlesen.
4. Tote, Rauch und Synthieklänge
(taz.de, Barbara Dribbusch)
“Taz”-Redakteurin Barbara Dribbusch setzt sich mit der Nachrichtendramaturgie im Fernsehen auseinander. Einige Sendungen würden die Bilder zu den Brüsseler Anschlägen mit Soundtracks unterlegen. Das sende die falsche Botschaft an Täter und Opfer. “Was passiert eigentlich, wenn Verletzte oder gar die Angehörigen von Todesopfern im Fernsehen solche Nachrichtensendungen sehen, in denen ihr real erlebtes Leid, das zufällig von einer Handykamera gefilmt wurde, mittels Soundtrack zu Szenen wie in einem Thriller aufgemotzt wird?”
5. Im Panikorchester
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Boris Rosenkranz beschäftigt sich anlässlich der Brüsseler Anschläge mit dem hehren Anspruch von Journalisten, seriös zu informieren und sich damit vom Internet-Geraune abzuheben. Dabei seien es die Journalisten selbst, die Onlinegerüchte und Netzgeplapper ungeprüft verbreiten würden, unter dem Deckmantel der Spekulation – “als wäre das der Zauberspruch, um einfach alles ungeprüft rauszuhauen, solange man es nur als möglichen Unsinn kennzeichnet.”
6. Auslandsjournalismus in der Krise? – „Auf den Medienhype muss man aufpassen“
(journalisten-bloggen.de)
Der Auslandsjournalismus hat es schwer. Weltweite Korrespondentennetze leisten sich nur noch überregionale Medien wie ARD, ZDF, Spiegel, SZ, FAZ, Handelsblatt, dpa oder die taz. Der Artikel lässt einige Auslandskorrespondenten zu Wort kommen. Die Aussichten sind nicht rosig: Überregionalen Printmedien würden weiter Korrespondentenstellen abbauen. Und sowieso würde in diesem Zusammenhang Idealismus eine immer wichtiger werdende Rolle spielen.
Es ist zum Verzweifeln. Da passieren so unfassbar schlimme Dinge, und dann kommen Journalisten und berichten, als hätten sie aus all den bisherigen Katastrophen nicht das Geringste gelernt.
Aber wir wollen mit einem Positivbeispiel anfangen. Ein paar Medien haben gestern in unseren Augen einen richtig guten Job gemacht. Besonders aufgefallen ist uns “Zeit Online”, wo den ganzen Tag über sorgfältig und unaufgeregt erklärt wurde, „was wir wissen“ …
… und was nicht:
Viele andere Medien haben dagegen wieder den gewohnten Weg eingeschlagen, den mit Krach und ohne Besinnung.
***
Liebe Zuschauer, anlässlich der Terroranschläge in Belgien haben wir den gewohnten Programmablauf verändert und senden jetzt im Breaking-News-Modus.
Und da haben wir schon das erste Problem: Sie versprechen Breaking News, also brauchen sie Breaking News, und wenn es keine Breaking News gibt, na dann … nehmen sie halt irgendwas.
Wenn selbst die Börse nix hergibt, kann man ja immer noch irgendeinen Experten befragen, der dann alle “möglichen Szenarien” durchgeht und die “denkbaren Motive” der “angeblichen Attentäter” skizziert oder Sachen sagt wie …
Das ist natürlich jetzt alles Spekulation, aber es sieht ganz danach aus, dass das so ist.
Oder man kann, wie n-tv, zu einem Reporter schalten, der „nur 300 Kilometer von Brüssel entfernt“ steht, nämlich am Frankfurter Flughafen, um zu berichten, dass auch in Frankfurt „die Angst ein bisschen mitfliegt“.
Mutmaßungen werden zu Cliffhangern und Clickbaits, jede Kleinigkeit zur +++Sensation+++
***
Doch das ist alles nicht so tragisch, wenn die Fakten wenigstens stimmen.
Dieses Video wurde gestern Vormittag von vielen Medien verbreitet. Zunächst von belgischen wie dem Sender VRT.
Kurz darauf (unter anderem) vom ZDF:
… von RTL …
… Phoenix …
… „Focus Online“ …
… der „Huffington Post“ …
… dem „Kurier“ in Österreich …
… “TMZ” in den USA …
… stern.de …
… und der „Tagesschau“:
Als Quelle steht da: „Überwachungskamera“. Stimmt. Nur: Dieses Video aus dieser Überwachungskamera ist fünf Jahre alt und zeigt einen Anschlag in Russland. Irgendwer hat einfach das Datum von gestern eingebaut und das Video neu bei Youtube hochgeladen.
Und es wäre kein Hexenwerk gewesen, das herauszufinden. Es gibt einfache Tools, mit denen man Videos überprüfen oder im Internet nach ähnlichen Bildern suchen kann. Auch mit der umgekehrten Bildersuche von Google lässt sich sehr schnell checken, ob Fotos oder Videos früher schon mal irgendwo hochgeladen wurden.
In diesem Fall hätten die Medien außerdem schon allein wegen des Zeitpunkts misstrauisch werden müssen. So ein Video kann ja eigentlich nur von der Polizei oder vom Sicherheitspersonal des Flughafens kommen, und die hatten so kurz nach dem Anschlag sicherlich Besseres zu tun, als Überwachungsvideos bei Youtube hochzuladen.
Inzwischen haben die meisten Medien das Video kommentarlos gelöscht. Der Sender VRT hat sich immerhin entschuldigt:
Und die „Huffington Post“ hat aus dem ursprünglichen Clickbait …
… einen neuen gebastelt:
***
Besonders panisch wurde es gestern, als diese „erschreckende Meldung“ (n-tv) reinkam:
Der Moderator gab sich geschockt — und große Mühe, dieses Gefühl auch bei den Zuschauern auszulösen:
Ein Atomkraftwerk ist natürlich ein Anschlagspunkt … da stehen einem die Haare zu Berge!
Kaum vorstellbar, dass es zu einem atomaren Zwischenfall kommen könnte, provoziert durch Terroristen!
Allein die Vorstellung ist natürlich ein absolutes Horrorszenario!
Tatsächlich war die Sache weit weniger dramatisch. „Zeit Online“ schrieb kurz nachdem die Meldung herumgereicht worden war:
Entwarnung aus den Atomkraftwerken in Belgien: Der Betreiber Electrabel hat klargestellt, dass keine Evakuierung laufe. Vielmehr seien auf Anforderung der Behörden alle Mitarbeiter, die nicht zwingend für den Betrieb benötigt würden, gebeten worden, nach Hause zu gehen. Der Schritt sei aus Sicherheitsgründen erfolgt.
Der Betreiber selbst twitterte:
Außerdem rieten die Behörden nicht nur den Atomkraftwerken, sondern auch anderen Einrichtungen, ihre Mitarbeiter nach Hause zu schicken, der Universität zum Beispiel, auch der Justizpalast wurde evakuiert. In die Eil-Schlagzeilen schaffte es aber nur das hier:
***
Was bei der post-katastrophalen Breaking-News-Raterei selbstverständlich nicht fehlen darf, sind Mutmaßungen über den oder die Täter.
Der Schweizer „Blick“ präsentierte schon um 13 Uhr, als noch so gut wie gar nichts feststand, einen Kandidaten:
(Der Mann ist der mutmaßliche Komplize des Terroristen, der am Freitag in Brüssel festgenommen wurde.)
Ein paar Stunden später hatten auch deutsche Medien drei Verdächtige ausgemacht:
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei immer noch keine offiziellen Fahndungsfotos veröffentlicht.
… und trotzdem wurde es sofort verbreitet.
Erst zwei Stunden später veröffentlichte die belgische Polizei offizielle Fahndungsfotos, auf denen dieselben Männer zu sehen sind.
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Und dann gab’s natürlich: Opferfotos.
Die Leute von „Bild“ vertreten ja die Auffassung, dass man Selbstzensur betreibe und ein Feind der Pressefreiheit sei, wenn man Menschen verpixelt oder auf die Nennung grausamer Einzelheiten verzichtet. Weil man die Welt dann nicht so zeige, wie sie ist.
Nachdem „Bild“-Reporter Alexander Blum einige Fotos von Verletzten getwittert hatte und dafür kritisiert worden war, schrieb er:
Nach der Logik der „Bild“-Menschen ist es in Ordnung, ja sogar notwendig, die Gesichter von Opfern zu zeigen, ihre Verletzungen, das Blut, den HORROR in all seinen grausamen Details. Denn wer verpixelt, der verhindere, dass der Schrecken ein Gesicht bekommt. Wer verpixelt, schade den Opfern.
Darum zeigt „Bild“ — alles.
(Unkenntlichmachung — auch in allen anderen Screenshots — von uns.)
Einige davon wurden auch groß auf der Startseite gezeigt.
Auch in der Print-Ausgabe hat „Bild“ heute welche abgedruckt: Großaufnahmen von schwer verletzten Menschen, panische, blutüberströmte, unverpixelte Gesichter.
Eines der Fotos zeigt eine Frau, die sich kurz nach der Explosion auf einer Bank festklammert, die Schuhe zerfetzt, die Bluse zerrissen, man sieht ihren BH, ihren nackten Bauch, ihr blutiges Gesicht, das direkt in die Kamera guckt.
„Bild“ hat es gestern auf der Startseite präsentiert und heute groß in der Print-Ausgabe (oben links):
Und es diente „Bild“-Online-Chef Julian Reichelt als Hintergrundkulisse für ein Interview:
Und weil wir wissen, dass hier einige “Bild”-Menschen mitlesen, zum Schluss eine Bitte: Stellen Sie sich nur mal kurz vor, die Frau, die da liegt, nach einer Explosion, blutend, hilflos, völlig geschockt, in Unterwäsche, das wäre Ihre Mutter. Und dann würde jemand ein Foto von ihr machen und es mit der ganzen Welt teilen. Stellen Sie sich das nur mal vor.
Mit Dank an Bernhard W.
Siehe auch: “Im Panikorchester” (uebermedien.de)
1. Mausrede des Tages: Vera Lengsfeld
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Ex-Bürgerrechtlerin, Ex-Grüne und CDU-Frau Vera Lengsfeld fiel gestern durch einen Facebook-Post auf, in dem sie Angela Merkel die Schuld an dem Terroranschlag in Brüssel gab. Nach lautstarken Protesten von allen Seiten löschte sie den Post mit einer fadenscheinigen, technisch wenig überzeugenden Begründung (der Kommentar stamme von einer anderen Person und sei nur “aus Versehen” übernommen worden). “Netzpolitik” verleiht Vera Lengsfeld für diese Aktion nun den “Goldenen Storch”.
2. Die Welt spiegeln – die Welt verändern #lar16
(zoebeck.wordpress.com)
Die Autorin Zoë Beck hat anlässlich der Leipziger Autorenrunde 2016 dafür plädiert, die klassischen Mann-Frau-Zuschreibungen im literarischen Text aufzubrechen und vor der „typisch weiblich/typisch männlich“-Falle gewarnt: “Ist Weinen, Ohnmächtig werden, Klamotten kaufen, Kinder betreuen, Prosecco trinken wirklich ein reines Frauending? Ist es überhaupt ein Frauending? Muss es thematisiert werden, wenn eine Frau nicht diese angeblichen Frauendinge tut?” Auch jenseits der Genderthematik sei Sensibilität gefordert, wie z.B. bei der Namensgebung der Figuren. Interessanter Denkanstoß, der auch eine Netflix-Serie wie „Orange Is The New Black“ und zeitgenössische SpannungsautorInnen miteinbezieht.
3. Fake! Millionenfach geklicktes Facebook-Video um Matterhorn-Skifahrer stammt aus Slowenien
(watson.ch)
Auf der Facebookseite “I love Switzerland!” sorgt ein Video für Klicks. Ein Skifahrer rast von einem imposanten Gipfel hinab in die Tiefe. Der Berg wurde laut “Watson” fälschlicherweise dem Matterhorn zugeschrieben (was man dem Bearbeitungsverlauf jedoch leider nicht entnehmen kann) und Medien wie “Bild” hätten diese Information ungeprüft übernommen.
4. „Nicht im Namen des Fernsehens“
(taz.de, Christian Rath)
Justizminister Heiko Maas (SPD) will die Fernseh- und Radioübertragung von Urteilen der Bundesgerichte erlauben, doch die Gerichte sind dagegen. BGH-Präsidentin Bettina Limperg sorgt sich um einen “Missbrauch” der Bilder. Sie sieht das Ansehen der ganzen Justiz gefährdet, wenn Versprecher in Satireshows oder auf Youtube landen würden.
5. Die Ich-Maschinen
(faz.net, Mathias Müller von Blumencron)
Amerikanische Start-ups würden die neuen Gesetzmäßigkeiten der Medienwelt prägen, so Mathias Müller von Blumencron in seinem Bericht über das gerade zu Ende gegangene Tech-Festival „South by Southwest“ (SXSW) im texanischen Austin. Die Firmen bedienten die Ego-Sucht ihrer Nutzer und würden den neuen Informationstrend setzen: Selbsterkenntnis statt Welterkenntnis.
6. Die 12 schrägsten Abo-Prämien
(wuv.de, Susanne Herrmann)
Verlage und Vertriebsagenturen bieten beim Neuabschluss eines Abonnements die unterschiedlichsten Prämien an. Susanne Herrmann hat das Angebot durchstöbert und stellt ihre 12 kuriosesten Fundstellen vor. Von allerlei Plastik-Tand, nutzlosen Gadgets bis zum sinnlosen Küchengerät ist alles dabei.
1. Nachricht aus dem Schlamm
(hinzundkunzt.de, Christian Unger)
Der Reporter Christian Unger war fünf Tage an der Grenze zu Mazedonien unterwegs, davor auf dem Balkan und der griechischen Insel Lesbos. Er weiß, dass sich Journalisten nicht gemein mit einer Sache machen sollen und leidet daran. Zuhause holen ihn die Ereignisse ein, als ihn auf dem Handy die Nachricht eines Flüchtlings erreicht, der sich ein Foto aus dem warmen und sicheren Deutschland wünscht. “Ich schäme mich. Vielleicht, denke ich, werden diese Fotos zu Alis Durchhalteparolen im ewigen Ausharren auf der Flucht. Vielleicht blenden sie ihn mit neuen Träumen, die sich nie erfüllen. „Ali, ich bin gerade nicht zuhause“, schreibe ich vom Bett aus. „Schicke Fotos später.“ Ich erlüge mir Zeit. Ich flüchte selbst.”
2. AfD vs. Medien: Warum das Ernst nehmen schwerfällt
(dwdl.de, Nora Jakob)
Journalisten würden durchaus versuchen, die AfD Ernst zu nehmen. Dass dies häufig schwerfalle, liege vor allem am unprofessionellen Verhalten der Partei selbst. Warum dies so ist und was besser werden muss, erklärt Nora Jacob in ihrer Kolumne. “Will die AfD als Partei ernst genommen werden, muss sie anfangen, auch die Arbeit der Journalisten ernst zu nehmen – und darf nicht jede Berichterstattung als Angriff verstehen.”
3. Digital ist besser / Weltherrschaft vs Befindlichkeit: Was US-Blogs kulturell von deutschen unterscheidet
(wired.de, Johnny Haeusler)
Johnny Haeusler, Blogger, Mediendesigner und Mitgründer der re:publica, geht der Frage nach, was US-Blogs von deutschen Blogs unterscheidet und macht dies vor allem an der Grundhaltung fest: “US-Amerikanerinnen und -Amerikaner halten das Leben generell für recht großartig, haben aber hier und da Verbesserungsvorschläge parat, die sie selbst so dermaßen fantastisch finden, dass sie vor Aufregung! kaum! tippen! können! Deutsche Bloggerinnen und Blogger hingegen sind sich in der Regel sicher, dass die Welt wahlweise von geheimen Mächten, Pharmakonzernen oder dem Twitterer, der sie gerade blockiert hat, gesteuert wird und außerdem kurz vor dem Untergang steht.”
4. Medienvertrauen auf dem Tiefpunkt?
(de.ejo-online.eu, Kim Otto & Andreas Köhler)
Die auf Wirtschaftsjournalismus spezialisierten Autoren haben sich mit der Frage beschäftigt, ob das Vertrauen in die Medien (“Lügenpresse”) tatsächlich auf einem Tiefpunkt ist und haben statistische Daten ausgewertet. Das Fazit nach Sichtung des jährlich von der Europäischen Kommission herausgegebenen “Eurobarometers”: “Von einer neuen generellen Vertrauenskrise in die Medien in Deutschland kann angesichts der Langzeitdaten nicht gesprochen werden. Insofern kann die gegenwärtige gesellschaftliche Diskussion über die Arbeit der Journalisten schon fast als hysterisch bezeichnet werden, und es wäre ratsam, Dampf aus der Debatte zu nehmen.”
5. Neutrale Rollen
(out-takes.de, Peter Hartig)
Obwohl mehr als die Hälfte der Menschen im Lande Frauen seien, vermitteln Film und Fernsehen meist eine andere Wirklichkeit. Die Schauspielerin Belinde Ruth Stieve wirbt für ein System, das es besser machen soll: “Neropa”. Gemeint ist die “Neutrale-Rollen-Parität”, eine Methode, mit der in Filmen das Rollenungleichgewicht zugunsten von Frauenfiguren abgebaut wird. Ausführliches Interview über den Status Quo der Geschlechterverteilung in Filmen, und wie der Neropa-Check für mehr Ausgewogenheit sorgen könnte.
6. Nett sein lohnt sich nicht
(taz.de, Meike Laaf)
Anlässlich des zehnjährigen Twitter-Jubiläums fragt sich Meike Laaf, woran es bei Twitter krankt: “Was den Dienst so ruiniert hat? Im Grunde hauptsächlich dies: Das soziale Netzwerk hat sich noch nicht entschieden, ein Arschloch zu sein. Statt minutiöse Profile seiner Nutzer zu bilden und zielgenaue Werbung zu verkloppen, statt alle zu zwingen, sich mit Klarnamen anzumelden und über Algorithmen vorzusortieren, was in den Timelines anzuzeigen sei, herrscht bei Twitter immer noch eine Art präpubertäre Anarchie.”
Und warum?
Weil “Focus Online” völlig scham- und schmerzfrei ist und jeden Schrott postet, und zwar mitunter nicht nur ein- oder zwei-, sondern dreißig Mal. Anders gesagt:
Der Erfolg von FOCUS Online ist Ergebnis einer klaren redaktionellen Strategie, schon bei der Erstellung der Inhalte darauf zu achten, über welche Kanäle wir Sie als User am besten informieren können. Soziale Netzwerke nehmen dabei eine immer wichtigere Rolle ein.
Facebook zum Beispiel.
Durch die 24 Facebook-Kanäle von FOCUS Online erhalten täglich mehr als zwei Millionen Fans aktuelle News und nachhaltigen Service direkt in ihren Newsfeed.
Um mal zu zeigen, wie das im Alltag aussieht, haben wir uns den vergangenen Donnerstag etwas näher angeschaut (den Tag haben wir willkürlich gewählt, man könnte auch jeden anderen nehmen).
***
Um 5 Uhr morgens postete „Focus Online“:
Dort wird gezeigt, wie man sich aus Alufolie und einem Küchensieb eine Antenne für einen Surfstick bastelt.
Was man nicht erfährt (auch nicht, nachdem man geklickt hat): Der Artikel ist mindestens neun Monate alt. “Focus Online” hat ihn schon am 3. Juni 2015 gepostet:
Und am 26. Juni 2015:
Und am 2. Juli 2015:
Und am 10. August 2015, am 20 August 2015, am 23. August 2015, am 29. August 2015, am 26. September 2015, am 4. Oktober 2015, am 28. Dezember 2015 und am 8. Januar 2016.
Und: Nicht nur auf der allgemeinen Facebookseite von „Focus Online“. Sondern auch bei „Focus Online Wissen“:
Und bei „Focus Online Unterhaltung“:
Und bei „Focus Online Politik“:
Und bei “Focus Online Gesundheit“. Und bei „Focus Online Panorama“. Und bei „Focus Online Video“. Und bei „Focus Online Digital“. Und bei „Focus Online Finanzen“.
Und bei anderen Burda-Medien: Bei der „Bunten“, bei „Chip“ bei „Instyle“, bei “Elle” und bei „Meine Familie“.
So dürfte „Focus Online“ allein mit diesem Artikel einige Hunderttausend Klicks eingefahren haben. Womöglich noch viel mehr. Genial einfach!
Unter fast jedem Posting ärgern sich die Leser über die ständige Wiederholung — “Focus Online” ignoriert sie konsequent.
***
Eine halbe Stunde nach dem Bastelvideo postete „Focus Online“ am Donnerstag:
Das Video ist eine Animation. Bei Sekunde 11 verwandelt sich das Flugzeug in einen „Transformer“, der dringend pinkeln muss, haha. Das Video ist drei Monate alt. „Focus Online“ hat es am Donnerstag zum zwölften Mal gepostet.
***
Wieder eine halbe Stunde später folgte das hier:
Der Artikel ist über ein Jahr alt. „Focus Online“ hat ihn zum fünften Mal gepostet.
***
Wieder eine halbe Stunde später:
Dahinter steckt ein PR-Video von McDonald’s (“So entsteht Burger XY”). Das weiße Zeug auf dem Foto ist tiefgefrorenes Fleisch. Kein Skandal, keine Nachricht, nur Werbung für McDonald’s. Anderthalb Jahre alt. Zum siebten Mal gepostet.
***
Wieder eine halbe Stunde später:
Die Fahrerin baut einen Unfall, weil sie auf ihr Handy guckt — ein gestelltes Video, das zeigen soll, dass Handys am Steuer gefährlich sind. Sieben Monate alt. Zum dritten Mal gepostet.
***
Dann:
Ein Jahr alt, zum fünften Mal gepostet. (Die Löwin haut ab, weil sich das Flusspferd wehrt.)
***
Dann:
1. Das Mädchen auf dem Foto ist nicht das Mädchen, um das es geht, sondern irgendein Mädchen (Verpixelung von uns).
2. Story: Ein Mann will Tickets für einen Freizeitpark holen. Da seine Tochter das Down-Syndrom hat, möchte er für sie ein ermäßigtes Ticket haben. Dafür müsse sie aber persönlich erscheinen, heißt es am Ticketschalter. Große mediale Aufregung, Freizeitpark entschuldigt sich, Ende.
3. Der Artikel ist sieben Monate alt, abgeschrieben von der britischen „Sun“.
4. Zum dritten Mal gepostet.
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Zwischendurch postet “Focus Online” tatsächlich auch aktuelle Artikel, doch ein großer Teil der Facebook-Aktivität besteht aus der willkürlichen Wiederverwurstung von altem Zeug.
Nun wäre das alles halb so wild, wenn das Portal wenigstens kenntlich machen würde, dass es sich um alte Artikel handelt. “Focus Online” will aber, dass man sie für aktuell hält.
Die Geschichte ist über ein Jahr alt. Das erfahren die Leser aber nicht mal, wenn sie auf den Link klicken. Das Portal „Netmoms“ (das auch zum Burda-Verlag gehört) zeigt in seinen Artikeln nämlich kein Veröffentlichungsdatum. Erst wenn man sich weiter zu „Focus Online“ durchklickt (im Text verlinkt), wird ersichtlich, dass es keine aktuelle Geschichte ist.
***
9.15 Uhr:
Der Artikel ist sieben Monate alt.
***
9.30 Uhr:
Ebenfalls sieben Monate alt. Zum siebten Mal gepostet.
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10.30 Uhr:
Ein bezeichnendes Beispiel. Im Artikel geht es um eine 18-Jährige, die am Tag nach einem scheinbar harmlosen Fahrradunfall plötzlich gestorben war. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stand die Todesursache noch nicht fest, die Ärzte vermuteten innere Verletzungen. Inzwischen (der Artikel ist sieben Monate alt) dürfte es da genauere Erkenntnisse geben.
Aber interessiert das die Leute “Focus Online”? Quatsch. Fünf Mal haben sie den Artikel gepostet — den sieben Monate alten Artikel, in dem sie rätseln, was denn da los war. Statt einfach mal ihren Job zu machen und zu recherchieren, was denn da los war.
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11 Uhr:
Fast anderthalb Jahre alt. Zum achten Mal gepostet.
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11.30 Uhr:
Sieben Monate alt. Zum fünften Mal gepostet.
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12.15 Uhr:
Fünf Monate alt. Zum siebten Mal gepostet.
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Es folgten mehrere aktuelle Artikel (u.a.: “Sexy Rennfahrer-Rücken: Lewis Hamilton zeigt tätowiertes Kreuz”, “Forscher sicher: So könnten uns Aliens beobachten”, “Was diese Frau für ihren morgendlichen Kaffee auf sich nimmt, ist unglaublich”). Dann, 19 Uhr:
Ein Jahr alt. Zum dritten Mal gepostet.
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0 Uhr:
Sieben Monate alt. Zum sechsten Mal gepostet.
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0.30 Uhr:
Acht Monate alt. Zum zwölften Mal gepostet.
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2 Uhr:
Sieben Monate alt. Zum fünften Mal gepostet.
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Daniel Steil, Chefredakteur von “Focus Online”, erklärt die hohen Klickzahlen seines Portals übrigens so:
Unsere Strategie geht auf. Wir setzen unsere journalistische Leidenschaft auf allen Kanälen ein und lernen ständig dazu.
Journalistische Leidenschaft. Ja, die ist kaum zu übersehen.
1. 10 Jahre Twitter: Fälschen, Foppen, Faken
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Twitter feiert demnächst sein zehnjähriges Jubiläum. Anlass für “Netzpolitik”, sich mit den seit der Gründung immer wieder auftauchenden Fake-Accounts zu beschäftigen. Vor allem Politiker und Parteien seien Opfer von Fälschungen und Spott. Da rufe plötzlich Gregor Gysi zur Wahl von Joachim Gauck auf, falsche Demoskopie-Institute würden CDU-Politiker narren, das Titanic-Magazin twittere im Namen von SPD-Landtagskandidaten oder ein gefälschter Account der “AfD Bremen-Nord” führe Medien und Mediendienste hinters Licht.
2. DER SPIEGEL und acht weitere Redaktionen gründen journalistisches Netzwerk
(spiegel.de)
Der “Spiegel” hat zusammen mit acht weiteren Redaktionen ein neues journalistisches Recherche-Netzwerk gegründet. Zur EIC (European Investigative Collaboration) gehören des Weiteren: “Der Falter” (Österreich), “El Mundo” (Spanien), “L’Espresso” (Italien), “Le Soir” (Belgien), “Mediapart” (Frankreich), “Newsweek Serbia” (Serbien), “Politiken” (Dänemark) und “RCIJ/The Black Sea” (Rumänien). Der “Spiegel” hätte dieses Netzwerk mit ins Leben gerufen, weil investigative Recherchen heutzutage immer öfter nach einer internationalen Zusammenarbeit, nach einem Austausch von Journalisten aus verschiedenen Ländern verlangen würden.
3. „Echte Veränderung des Presserechts“
(faz.net)
Wegen der Veröffentlichung eines Sexvideos bekommt Wrestler Hogan eine Millionen-Entschädigung zugesprochen. Nach diesem Urteil befürchten Experten eine Veränderung der amerikanischen Pressefreiheit. Eine Jury sprach Hogan nun 115 Millionen Dollar als Ausgleich für seinen finanziellen und seelischen Schaden zu. Eine Entscheidung, die laut einer Rechtsexpertin eine “echte Veränderung des Presserechts in den Vereinigten Staaten” bedeute. Der Ex-Wrestler soll nach der Verkündung des Urteils geweint haben. Ob dies der rechtspolitischen Bedeutung des Urteils geschuldet war oder an der Freude über die materielle Zuwendung lag, wird leider nicht klar.
4. Die will nicht nur spielen
(fluter.de, Sara Geisler)
Was für eine Geschichte: Ausgerechnet im restriktiven und frauenfeindlichen Mittelalterstaat Saudi-Arabien gründen zwei junge Frauen eine Games Convention für Frauen. Sara Giesler interviewt eine der beiden Gründerinnen der mittlerweile etablierten Veranstaltung (die letzte Spielemesse wurde von 3.000 weiblichen Gamern und Developern besucht). Die unerschrockene Mitgründerin Tasneem Salim darin: “Gaming öffnet Türen zu neuen Ideen, anderen Kulturen, Identitäten, die man im wahren Leben nicht haben darf – erst recht nicht als Frau. Viele spielen online mit Menschen auf der ganzen Welt. Oft erzählen saudische Gamer zum Beispiel, dass sie durchs Spielen Englisch gelernt hätten.”
5. Das deutsche Fernsehen braucht eine Kultur des Scheiterns
(dwdl.de, Hans Hoff)
Wieso schaffen es eigentlich in schöner Regelmäßigkeit halbgare Formate auf den Bildschirm – und warum konnte niemand die “Versteckte Kamera” oder “Studio Amani” verhindern? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Hans Hoff in seiner neuen Medienkolumne. Er fordert eine Kultur des Scheiterns, denn: “Mit welchem Recht vertrauen Fernsehverantwortliche eigentlich darauf, dass sie halbgare Produktionen straflos aufführen dürfen, um hernach zu behaupten, dass man die Fehler bei den nächsten Modellen schon abstellen werde. Man stelle sich nur mal vor, Mercedes lieferte eine neue Limousine mit drei Rädern aus und behauptete dann, dass man diesen Mangel bei Folgemodellen aber abstellen werde.”
6. Der Papst ist jetzt bei Instagram
(horizont.net)
Papst Franziskus, 79, hat nun auch einen eigenen Instagram-Account. Am Samstagmittag wurde dort das erste Foto veröffentlicht. Es zeigt das Oberhaupt der katholischen Kirche im Gebet versunken und mit dem Kommentar “Betet für mich” in neun Sprachen von Polnisch bis Arabisch. Spötter spekulieren, wann der Pontifex die ersten Bilder von selbstgebackenen Oblaten und Blut-Christi-Smoothies postet.
Danke an Andreas F.
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Danke an Giacomo G.
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Danke an Marcel B.
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Danke an Peter G.
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Danke an Peter H.