Muslime, Umfragewesen, Wiedergeburt

1. Total normal
(krautreporter.de, Irena Amina Rayan)
In den Medien seien Muslime Terroristen oder Verbrecher. Dabei wären sie in Wirklichkeit genauso durchschnittlich wie der Rest der deutschen Gesellschaft, stellt Irena Amina Rayan in ihrem Essay fest. Wer nach Ursachen für Integrations-Probleme suche, finde andere, komplexere Erklärungen.

2. Hier die «Bürger», dort die «Populisten»”
(medienwoche.ch, Fabian Baumann)
Dem Autor ist eine Diskrepanz in der Schweizer Politberichterstattung aufgefallen. Ausländische Rechtsparteien würden bevorzugt mit harten und härtesten Adjektiven tituliert, von “fremdenfeindlich” bis “national-sozialistisch”. Die heimische SVP gelte indes seit Jahr und Tag als “bürgerlich”. Der Artikel geht der Frage nach, wie es dazu gekommen ist und warum man über treffendere Begriffe nachdenken sollte.

3. Über den Hass
(ploechinger.tumblr.com)
Der Chefredakteur der “Süddeutschen Zeitung” Stefan Plöchinger über die uns umgebende Gesinnungs-Filterblase, Hass im Netz und die Schwierigkeit, damit umzugehen. Die Antwort darauf sei trivial, die Umsetzung jedoch weniger trivial: “Unser digitales Hochtempo-Reizthesen-Emotionsoptimierungs-Reichweitensystem bedingt, dass wir uns die ehernen Grundsätze unseres Berufs neu vergewärtigen.” Etwas längerer Text mit klugen Gedanken, aus dem Blattmacher und Mensch sprechen.

4. Journalisten gegen „Lügenmedien“
(taz.de, Reinhard Wolff & Anne Fromm)
In Finnland haben sich 22 ChefredakteurInnen in einer gemeinsamen Erklärung gegen Hetze im Netz ausgesprochen. Man wolle sich als Teil der seriösen Medien offensiver mit Falschmeldungen und Hetzkampagnen im Internet auseinandersetzen. Für Deutschland können sich die “taz”-Autoren einen solchen Zusammenschluss nicht vorstellen: “Schließlich haben sie das in der Vergangenheit nicht einmal getan, wenn es um ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen ging: weder bei der Diskussion über das Leistungsschutzrecht noch bei der Frage nach Bezahlmodellen im Internet. Wieso sollten sie also jetzt?”

5. Die Stunde der Demoskopen
(deutschlandfunk.de, Ulrike Winkelmann)
Lesens- beziehungsweise hörenswerter Beitrag des Deutschlandfunks, der sich mit dem Umfragewesen und der damit verbundenen Datenindustrie beschäftigt. Es sind nur wenige Player im Spiel: Die Forschungsgruppe Wahlen versorgt das ZDF, infratest dimap die ARD und den Deutschlandfunk, Allensbach die “FAZ”. Emnid beliefert ProSieben/Sat1, Forsa RTL und den “Stern” und INSA die “Bild”.

6. Das Leben nach dem Tod
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Vor zwei Jahren musste die Münchner “Abendzeitung” Insolvenz anmelden. Was danach folgte, war das, was man wohl eine Gesundschrumpfung nennt. Claudia Tieschky hat das mittlerweile profitable Start-Up besucht und berichtet über “das Leben nach dem Tod”.

Auskommentiert, Ausgeschafft, Ausgemalt

1. Nahezu jede zweite Zeitungsredaktion schränkt Online-Kommentare ein
(journalist.de)
Viele Zeitungsredaktionen beklagen sich über den zunehmend aggressiver werdenden Ton der Kommentierer. Einige sehen sich angesichts des Moderationsaufwandes gezwungen, die Kommentarfunktion zu deaktivieren. Das Fachblatt “Journalist” wollte es genauer wissen und hat im Februar 2016 alle Tageszeitungsvollredaktionen angeschrieben. Das erschreckende Ergebnis: Allein in den vergangenen zwölf Monaten haben 27 von 66 befragten Zeitungsredaktionen die Kommentarfunktion auf ihren Websites eingeschränkt.

2. Social-Media-Entwicklungsland Deutschland: Niedrigste Nutzungsrate, höchste Alterskluft”
(blog.wiwo.de, Michael Kroker)
Michael Kroker von der “Wirtschaftswoche” weist auf neue Zahlen zur Social-Media-Nutzung hin. Deutschland liege bei der allgemeinen Internet- und Smartphone-Verbreitung ungefähr auf demselben Niveau anderer Industriestaaten. Bei Social Media würden wir jedoch weiterhin eine auffällige Sonderrolle spielen: So rangiere Deutschland mit einer Quote von nur 50 Prozent Social-Media-Nutzer (gemessen an Internet-Usern) auf dem letzten Rang aller betrachteten Staaten – gemeinsam mit Pakistan.

3. Nach der Anti-DSI-Kampagne: Wie «neutral» soll politischer Journalismus sein?
(watson.ch, Peter Blunschi)
In der Schweiz hat die “Schweizerische Volkspartei” (SVP) eine Volksinitiative “Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)” in die Wege geleitet, die von Bundesrat und Parlament abgelehnt wurde und in der Abstimmung vom 28.02.2016 nicht die nötigen Stimmen erreichte. “Watson”-Redakteur Peter Blunschli geht auf die Rolle der Schweizer Medien bei der Kampagne gegen die Initiative ein und fragt, wie parteiisch Medien sein dürfen.

4. Kommentar: Respekt für einen toten Segler.
(segelnblogs.de, Hinnerk Weiler)
Eine Gemeinschaftsseite von bloggenden Seglern erreicht die Nachricht über ein führerloses deutsches Segelschiff in der Südsee; der Skipper sei verstorben. Man entschließt sich, die Privatsphäre des Manns zu respektieren und auf eine Berichterstattung zu verzichten. Auch mit Rücksicht auf die Angehörigen, was auch gleich zum Hauptkritikpunkt überleitet: “Heute morgen fanden diese Menschen auf der Webseite bei Bild-Online Fotos, die einen lieben Menschen, vielleicht Freund, Vater oder Bruder als Leiche zeigen. Nicht verpixelt, gestochen scharf. Betitelt mit Beschreibungen vom Grad der Verwesung in fetten Lettern. Hundertfach geteilt in Segelgruppen, bei Facebook, Twitter und in anderen Sozialen Netzwerken. Das hat uns das Frühstück im Halse stecken lassen und darin bestätigt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.”

5. Trump will Klagen gegen Medien erleichtern
(reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” ist besorgt über die Ankündigung des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump, Verleumdungsklagen gegen Medien zu erleichtern. Sie füge sich in ein beunruhigendes Muster von Restriktionen Trumps gegen Journalisten. Schon unter Präsident Barack Obama habe die Pressefreiheit in den USA Schaden genommen, in dessen Amtszeit die Verfolgung von Investigativjournalisten und Whistleblowern stark genommen habe.

6. Malen nach dem Zahlen
(uebermedien.de, Peter Breuer)
Werbetexter Peter Breuer hat sich für “Übermedien” eine Spezialausgabe der “Brigitte” mit Malvorlagen angesehen und mit einer Handvoll Finelinern einen kühnen Selbstversuch unternommen. “Möglicherweise ist der Ausmal-Trend eine weitere Stufe der gesellschaftlichen Regression von Erwachsenen, die in einer immer komplizierter wirkenden Welt die bepulloverten Hände um eine schöne große Tasse Kakao schlingen wollen und sich in ein Bällebad wünschen.”

Sehen alle gleich aus (12)

Aber auf welches nur?

Es kämen nämlich zwei Eggesteins in Frage: Einer heißt Maximilian, einer heißt Johannes. Sie sind Brüder und spielen beide Fußball beim SV Werder Bremen. Der eine, Maximilian, ist 19 Jahre alt und Teil des Profikaders, der andere, Johannes, ist 17 und stürmt bei der U19.

Das ist bereits zu viel Komplexität für den durchschnittlichen Bild.de-Mitarbeiter. Für das Teaserbild hat die Redaktion zwar ein Foto von Maximilian Eggestein gewählt. Aber bevor der sich jetzt fürs Probetraining schon mal ein Flugticket nach Manchester kauft oder eine Bleibe in Englands Nordwesten mietet: Gemeint ist eigentlich Johannes, der jüngere Eggestein. Das schreiben die Bild.de-Transferexperten zumindest in dem Artikel (“Wie lange kickt Johannes Eggestein (17) noch für Werder?”).

Dass es sich bei dem gewählten Foto nicht um den richtigen der Brüder Eggestein handelt, hätte die Redaktion durchaus rausfinden können. Zum Beispiel mit einem Blick auf die eigene Seite: Vor einem halben Jahr hat sie das Bild schon einmal verwendet — in einem Text über Maximilian Eggestein:

Mit Dank an Arnd Z.!

Yahoo  

Bei “Yahoo” kann man noch ungestört “Todesstrafe für Ausländer” fordern

VORSICHT! HETZEND!Am vergangenen Donnerstag erschien auf der Nachrichtenseite von „Yahoo“ ein Artikel darüber, dass in Köln mehrere Jugendliche einen 15-Jährigen verprügelt haben, weil er sie davon abhalten wollte, ein Mädchen zu belästigen. Laut dem Opfer soll es sich bei den Angreifern offenbar um Osteuropäer handeln, wie es im Text heißt.

Die Kommentare unter dem Artikel sehen unter anderem so aus (kleine Auswahl):

In über 200 Kommentaren hatten sich die Hetzer bereits ausgetobt, als wir „Yahoo“ am Sonntagabend nahelegten, doch mal einen Blick in den Kommentarbereich zu werfen. Es passierte: nichts. Ein paar Stunden später klopften wir noch einmal an. Und wieder geschah: nichts.

Gestern Abend, also noch mal 24 Stunden später, erreichte uns plötzlich eine E-Mail mit einem Statement von „Yahoo“:

“Nachdem wir von unseren Lesern auf die betroffenen Postings aufmerksam gemacht wurden, wurden sie von unserem deutschen Redaktionsteam entfernt. Die Postings entsprachen nicht den Werten, die Yahoo mit Respekt und Anstand verbindet.”

Gut, es war ja auch Sonntagabend. Kann mal passieren.

Doch das Statement ist jetzt wieder 16 Stunden her. Und passiert ist: immer noch nichts. Alle 219 Kommentare stehen unverändert unter dem Artikel, inklusive der Gewaltaufrufe, Mordfantasien und volksverhetzenden Rassistenscheiße. Seit mittlerweile fünf Tagen.

In der Regel schalten die Leute von „Yahoo“ die Kommentarfunktion unter Artikeln zu Flüchtlingen oder kriminellen Ausländern von vornherein ab. Doch da, wo es einen Kommentarbereich gibt, haben sie ihn offenbar entweder nicht im Blick oder nicht im Griff. Nicht mal bei Artikeln, die gar nichts mit dem Thema zu tun haben.

Gestern zum Beispiel ist dieser Text erschienen:

Kommentare:

Über zwei Dutzend sind es bisher, Tendenz steigend.

Mit Dank an Uwe K.

Nachtrag, 18.30 Uhr: “Yahoo” hat die Kommentarfunktion jetzt in beiden Artikeln deaktiviert.

Ukraine, Meinungszensur, Snapchat

1. Kein Sinn fürs Europäische
(de.ejo-online.eu, S. Fengler, M. Kreutler & T. Bettels-Schwabbauer)
Das “European Journalism Observatory” hat eine vergleichende Studie zur Ukraine-Berichterstattung durchgeführt, bei der Teams von Forschern an 13 Universitäten mitgewirkt haben. Insgesamt wurden mehr als 3.000 Artikel der jeweils maßgeblichen Tageszeitungen analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass der Ukraine-Konflikt in der europäischen Presse sehr unterschiedlich gewichtet wird und die nationalen Medien der nationalen Politik folgen.

2. Wir zeigen alles
(medienwoche.ch, Antonio Fumagalli)
Der Schweizer Journalist Antonio Fumagalli arbeitet zur Zeit in Nicaragua und berichtet Erschreckendes über die dort herrschende aggressive Pressepraxis. In dem zentralamerikanischen Land werde die öffentliche Zurschaustellung in den Medien auf eine besonders fragwürdige Art praktiziert. Nicht nur mutmaßliche Straftäter würden vorgeführt, sondern auch Opfer jeglicher Art – von Verbrechen, Unfällen oder Naturkatastrophen. Und zwar auf allen Kanälen.

3. Steinbach-Tweet: Empörungskultur ist Meinungszensur
(novo-argumente.com, Sabine Beppler-Spahl)
“Empörungskultur ist Meinungszensur”, findet Novo-Redakteurin Sabine Beppler-Spahl. Die Empörung über Erika Steinbachs jüngsten Tweet sei illiberal und gefährlich: „Ohne das Prinzip der Gedanken- und Meinungsfreiheit wäre eine liberale, offene Gesellschaft nicht denkbar“. Natürlich ist Letzterem zuzustimmen. Dennoch möchte man die Autorin fragen, warum eben jene Gedanken- und Meinungsfreiheit nicht auch für die Empörten gelten soll.

4. Adieu Elfenbeinturm! Wissenschaftler in sozialen Netzwerken.
(livestream.com, Video, 67 Minuten)
Videomitschnitt einer Paneldiskussion über die Wirkungen, Möglichkeiten und Risiken sozialer Medien für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anlässlich der Hamburger “Social Media Week”. Es diskutierten die Journalismus-Forscherin Wiebke Loosen, der Medienwissenschaftler Matthias Kohring, der Wissenschaftsjournalist Jakob Vicari und der Physiker und Quantenwelt-Blogger Joachim Sohn.

5. Überraschend überschaubar: Medien für Homosexuelle
(dwdl.de, Nora Jakob)
Mehr als fünf Millionen Schwule und Lesben würden in Deutschland leben, doch der Markt für Magazine, die sich an queere Menschen wenden, sei erstaunlich überschaubar, so das Medienmagazin “DWDL”. In einem dreiteiligen Schwerpunkt zu schwul-lesbischen Printmedien geht man der Frage nach, warum dies so ist.

6. 10 Meinungsmacher, denen man folgen sollte
(horizont.net, Tilo Bonow)
Das Branchenmagazin “Horizont” fragt, welchen Snapchattern aus der Medienbranche es sich bei Snapchat zu folgen lohne und lässt ihren Autor eine Liste der wichtigsten Meinungsmacher vorstellen. Bevor Sie den Link anklicken: Raten Sie, wie viele Frauen auf der Liste vorkommen.

Der Minister, die Schauspielerin und die Medien

Bundesjustizminister Heiko Maas und seine Frau haben sich getrennt. Der Anwalt der beiden hat die Trennung am vergangen Mittwoch bekanntgegeben, seitdem haben sie sich nicht mehr öffentlich geäußert.

„Bild“ vermeldete das …

… am Mittwochabend online und wusste am Tag darauf in der Print-Ausgabe exklusive Details zu berichten:

Dass der Minister und seine Frau darum gebeten hatten, „ihre Privatsphäre strikt zu respektieren“, steht in dem Artikel natürlich nicht.

Am nächsten Tag ging es weiter, diesmal nannte “Bild” auch den Namen der angeblichen Affäre:


(Wir haben die Frau hier und in den folgenden Screenshots unkenntlich gemacht.)

Genüsslich gibt „Bild“-Reporter Michael Schacht in dem Artikel das „Getuschel“ wieder, das es im “Umfeld” der beiden gebe, und erklärt: „Wie die Ehe von SPD-Hoffnungsträger Maas zerbrach“.

Doch so eklig dieser Voyeurismus auch ist — rechtlich gesehen ist der Fall nicht ganz eindeutig. “Bild” greift zwar in die Privatsphäre der Betroffenen ein, doch das heißt nicht, dass sie vor Gericht automatisch Recht bekämen, sollten sie dagegen vorgehen.

Rechtsanwalt Ralf Höcker sagte 2014 in der „taz“ auf die Frage, ob es zulässig sei, über die Affäre eines Politikers zu berichten:

Das hängt vom Vorleben ab. Wer sein Privatleben schon vorher öffentlich macht, der muss auch später unangenehme Berichterstattung dulden. Man müsste also die Archive nach freiwilligen privaten Selbstveröffentlichungen (…) durchsuchen, um zu wissen, was er sich gefallen lassen muss.

Auch Anwalt Johannes Eisenberg erklärte in einem Interview mit dem „Freitag“ vor einigen Jahren:

Das entscheidende Kriterium ist, ob man selber in guten Zeiten seine Familie zum Gegenstand öffentlicher Wahrnehmung macht, die Frau präsentiert, Homestorys zulässt.

Im vergangenen Jahr trafen sich Heiko Maas und die Schauspielerin zum Doppel-Interview mit der “Bild am Sonntag”, um über ihre Freundschaft zu plaudern. Ob das genug “Homestory” ist, um auch über eine (angebliche) Affäre berichten zu dürfen, werden im Zweifel Gerichte entscheiden müssen.

Ob man alles machen muss, was man machen darf, ist eine andere Frage. Man könnte auch Privates einfach im Privaten lassen. Oder zumindest abwarten, bis sich die Betroffenen selbst zu Wort melden.

Eine ganze Reihe von Medien hat sich entschieden, nicht abzuwarten und stattdessen die Affärengerüchte der „Bild“-Zeitung nachzuplappern. Darunter natürlich Klatschmedien wie “Gala”, vip.de und stern.de:



Aber auch Medien wie der „Tagesspiegel“, die “WAZ” und das „Handelsblatt:



Die Gerüchte gingen ins Ausland …

… wurden zum Clickbait …

… und dienten selbst den Fremdenfeinden von „Politically Incorrect“ für was auch immer:

Am eifrigsten aber sind die Leute von „Bild“. Vergangenen Samstag gab’s die dritte Titelstory.

Heiko Maas hatte sich zwar immer noch nicht geäußert („WARUM SCHWEIGT DER MINISTER?“), und die Schauspielerin „ließ BILD über ihr Management wissen, dass es eine gemeinsame Erklärung geben werde“. Doch so lange wollte das Blatt nicht warten. Reporter Michael Schacht hatte sich ja ohnehin bereits im “Umfeld” der beiden umgehört, was ihm reichte, um das “Liebes-Wirrwarr” zu konstruieren und einen der schmierigsten “Bild”-Artikel seit Langem abzuliefern:

Die Schauspielerin ist maaslos verliebt. Er hat das Direktmandat für ihr Herz gewonnen.

Der Minister leidet, wie aus seinem Umfeld zu hören ist. Nicht nur seine Ehe ist zerbrochen, er weiß auch, dass jedes Wort zu viel nun politisch riskant wäre, jedes Wort zu wenig aber seine neue Liebe aufs Spiel setzt.

[Die Schauspielerin] ist eine selbstbewusste Frau. Sie kennt die Spielregeln auf Berlins glattem gesellschaftlichen Parkett, wo Macht und Glamour sich umarmen. Da muss man schweigen können. Aber geht das, wenn zwei Herzen so laut schlagen, dass es ganz Berlin hört?

Am nächsten Tag: nächste Titelstory.

Die Reporter hatten anscheinend vor dem Haus der Schauspielerin campiert; im Blatt zeigen sie ein Foto, auf dem sie gerade das Haus verlässt und zum Auto geht. Offenbar sind sie ihr auch weiter gefolgt (sie wissen zumindest, wohin sie dann gefahren ist).

Und sie bleiben dran. Heute der nächste Artikel.

Der nächste Akt in diesem „Boulevardtheater mit Starbesetzung“, wie es die „Bild am Sonntag“ nennt. Als wäre es bloß ein Spiel, eine weitere amüsante Aufführung auf dem „Klatsch-Parkett“ („Bild“).

Um dieses Spiel zu beenden, bleibt Maas und der Schauspielerin im Grunde nur, sich öffentlich dazu zu äußern oder sich juristisch dagegen zu wehren. In jedem Fall haben sie es mit einem verdammt unbequemen Gegner zu tun.

Anwalt Eisenberg sagte damals im Interview mit dem „Freitag“ noch:

Die Bild ist jedenfalls besonders rücksichtslos, und sie müssen überhaupt nicht aufs Geld achten. Wenn ein Politiker sich mit der Bild anlegt, hat er erst einmal schlechte Karten. Politiker haben ja in der Regel kein größeres einsetzbares Vermögen für eine Auseinandersetzung mit einem weltweit operierenden Konzern, der Milliardengewinne macht. Ich habe noch keinen einzigen Politiker gesehen, der in einer echten Krise das Geld hatte oder aufbringen wollte, der Bild Paroli zu bieten und die 80.000 Euro oder so Prozesskosten zu riskieren.

Mir hat kürzlich ein Richter gesagt, der in dem anschließenden Urteil die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung feststellte: „Ihr kriegt den Deckel sowieso nicht mehr zu.“ Das ist genau das Kalkül: Wenn die Sache in der Welt ist, fragt niemand danach, ob die Medien berechtigt waren, sie in die Welt zu setzen. Sie ist dann nicht mehr rückholbar. Und genau darauf setzen die Medien.

Glyphosat, Abrüstungsinitiative, Armutsbericht

1. Meinung: Glyphosat im Bier, die Klickmaschine
(spektrum.de, Philipp Hummel)
Letzte Woche machten Meldungen von angeblichen Glyphosat-Bier die Runde. Wissenschaftsjournalist Hummel hat sich den Fall von wissenschaftlicher Seite angeschaut. Sein Resumee: “Wenn es um Aufmerksamkeit geht, dann verlässt so manchen Newsdesk-Mitarbeiter das Bewusstsein für klassische journalistische Tugenden. Das nutzen Lobbygruppen wie das Umweltinstitut München, die genau wissen, wie man die von Klicks getriebene Onlinepresse auf ein Thema ansetzt. Das Fatale: Egal was am Ende von solchen Sensations- oder Albtraummeldungen wie der HIV-Heilung oder dem Glyphosat-Bier übrig bleibt, die große Schlagzeile wird es meist nicht mehr machen. Solche Meldungen lassen sich kaum wieder völlig einfangen.”

2. Fiene & der Hype um Mark Zuckerberg ist ausgefallen”
(danielfiene.com)
Daniel Fiene denkt an den Zuckerberg-Besuch zurück. “Er selbst hat keinen Hype ausgelöst, aber die Angst vor einem Hype, seitens der Nutzer, Beobachter, Journalisten und Menschen, die ihn persönlich begegneten, ist selbst zu einem Hype geworden.” Persönliche Gedanken, verbunden mit einer kleinen Presseschau.

3. push und pull
(wirres.net, Felix Schwenzel)
Der Blogger Felix Schwenzel sieht sich an die Anfänge seines Blogger-Daseins zurückgeworfen. In die Zeiten, in denen ihm Bloggen als “Selbstbefriedigung, Schreibübung und Welt- und Wahrnehmungs-Verdauungshilfe” diente. Wer sich nicht an der fiesen Kleinschreibung stört, könnte Gefallen an der Ego-Plauderei eines Alpha-Bloggers finden.

4. Gegen die Meinungsangst
(carta.info, Dirk Neubauer)
Wenn derzeit über Sachsen geredet würde, geschähe dies stets mit einem negativen Unterton, konstatiert Dirk Neubauer. Inzwischen zum unbeliebtesten Bundesland abgestiegen, stünde eine gesamte Region unter Generalverdacht. Ein Umstand, der ebenso falsch wie richtig sei. Doch das verbale Aufrüsten der letzten Tage gegen Rechts werde das Problem nicht lösen. Im Gegenteil, es treibe den Keil noch tiefer, sagt Neubauer, der einen journalistischen Hintergrund hat und als Bürgermeister einer sächsischen Kleinstadt unmittelbar von der Thematik betroffen ist.

5. “Unter Beschuss – auslösen!” – der Bang-Bang Club
(wdr.de)
Noch bis zum 2.3.2016 in der WDR-Mediathek zu sehen: Das packende Porträt von vier jungen Fotografen aus Südafrika, die durch ihr Dokumentieren der alltäglichen Gewalt mit dazu beigetragen haben, dass das Apartheitsregime unterging. Und die als “Bang Bang Club” zwar weltberühmt wurden, für ihre mutige Arbeit jedoch einen hohen Preis zahlten: Einer der vier wurde im Einsatz erschossen, ein anderer nahm sich kurz nach Entgegennahme des Pulitzer-Preises das Leben.

6. Relative geistige Armut
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.de, Thomas Steinschneider)
Mit der Wahrheit ist es bekanntermaßen so eine Sache. Viele behaupten, es gäbe sie nicht oder es existierten gar mehrere davon. Ein gutes Beispiel ist der alljährliche Armutsbericht, der von vielen Medien aufgegriffen und oft spöttisch bis höhnisch kommentiert wird. Diese Kommentare haben den Autor zur Überschrift seines Artikels inspiriert, den er mit “Relative geistige Armut” betitelt.

Sein Wort in ihren Ohren

„Mag“? „Vergöttert“ trifft es viel besser. In der Welt von „Bild“ ist Zuckerberg nämlich nichts weniger als ein übermenschlicher Held, der Franz Beckenbauer des Internets. „Bild“-Oberchef Kai Diekmann nennt Zuckerberg den „Charity-Gott“. Springer-Vorstand Mathias Döpfner schwärmt, er sei „a wonderful human being“. Franz Josef Wagner nennt ihn in einem rasselnden Atemzug mit Nelson Mandela und Mutter Teresa.

Umso aufgedrehter war die Springer-Bande gestern — denn der Facebook-Chef hatte angekündigt, sie am Abend in ihrem Hauptquartier zu beehren.

Schon morgens jauchzte Kai Diekmann:

Zu Ehren ihres Gastes hatten die Springer-Leute nicht nur schnell einen Award ins Leben gerufen, sondern gleich noch ihre Dachterrasse umgebaut …

… ein Stück Berliner Wald abgeholzt …

… und alles ganz facebookblau-kuschelig gemacht für den man of the evening.

Und dann — endlich:

An einem so zauberhaften Abend spricht man natürlich nur ungern über heikle Themen. Aber dafür gab es dann ja auch die Zuckerberg-Fragestunde heute in Berlin, zu der wir Folgendes eingereicht hatten:

Da die Frage zu denen mit den meisten Likes gehörte (vielen Dank für die Unterstützung!), ist Zuckerberg auch darauf eingegangen. Er sagte:

Well, this is a tricky one. If it’s not a public photo, then someone should not be taking your photo and using it publicly. You know, in general, the rule is that you control all the content that you post on facebook. (…) If we’re building a community and people are sharing stuff that they don’t intend to be public, and then someone else is making it public, then that’s an issue. Right? And that’s gonna undermine the trust that our community has in us to making sure that, you know, when you share something with just your friends then that’s actually going to only the people that you want.

This is a tricky area for us, because we don’t control … you know, the law in most countries around the world, I believe, is that you post a photo, you own that photo. And that people don’t have the ability to use that photo without your permission. So if you find out that someone, you know, whether it’s on a blog or … you know, someone else is using your photo without your permission, you should have the right to be able to send them an e-mail and get in touch with them and tell them that that they don’t have permission to do that and they should take it down. In (…) most countries I can think of, if people don’t respect your rights for the content that you own, you have legal recourse to go after that.

But this is obviously an issue for facebook, because we want people to feel completely comfortable, that if they share something with their friends or with a community of a hundred people, then that’s not somehow gonna be taken and shared with more people. Unfortunately, we don’t have complete control if someone takes a screenshot or something, but you do own those photos and have the right to have it distributed only how you want, wheter that’s on our service or outside.

Man darf also sagen: Er findet’s eher nicht okay.

Das hatten wir ehrlich gesagt vermutet, und wir hatten die Hoffnung (zumindest ein kleines bisschen), dass — wenn es schon die Justiz, die Polizei, Angehörige von Betroffenen, der Presserat, wir und auch sonst keiner schafft, den “Bild”-Mitarbeitern die Fotoklauberei bei Facebook auszutreiben — dass vielleicht ja Mark Messias Zuckerberg etwas in seinen Jüngern auszulösen vermag.

Jene Jünger waren natürlich auch bei seiner Fragestunde, haben live getickert und später einen Artikel gebracht, in dem sie die Fragen und Antworten zusammenfassen. Über das Thema Täter- und Opferfotos schreiben sie sowohl im Ticker als auch im Artikel — kein Wort.

Aber dafür, heute auf Bild.de:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Für Sie geklickt

Wie das so ist: Man scrollt sich am Abend durch die Schlagzeilen des Tages und RASTET fast AUS, weil einfach ALLES so MEGASPANNEND klingt und man GAR nicht die ZEIT hat, das alles ANZUKLICKEN!!

Aber keine Sorge. Denn wir haben nun eigens eine Task Force eingerichtet, die Ihnen diese Arbeit hin und wieder abnimmt. Wir klicken für Sie. Damit Sie Lebenszeit und Gehirnzellen sparen — und trotzdem immer auf dem neuesten Stand bleiben!

Heute: die Facebookseite der “Bravo”.

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KRASS! Du wirst NICHT GLAUBEN, was Bachelor-Kandidatin DENISE mit einem EX von 'Berlin - Tag&Nacht' zu tun hat - ich bin echt überrascht
Sie trägt gerne Baseballcaps. Manchmal auch welche von einem Label, das einem Mann gehört, der mal bei “Berlin – Tag & Nacht” mitgespielt hat.

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FANS machen sich große SORGEN: SO geht es ROCCO STARK nach seinem AUTOUNFALL
Gut.

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Ständige SEX-FANTASIEN! Ist es NORMALoft an SEX zu denken? DAS kannst Du mit den GEDANKEN machen
1. Ja. 2. Sie genießen/kalt duschen/masturbieren.

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Große Veränderung! SO geht es jetzt mit dem YOUTUBE CHANNEL von DFASHION weiter - ich bin wirklich ÜBERRASCHT
So wie bisher. Er wurde nur umbenannt.

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Aaah! [Smiley mit Herzchen-Augen] WAS Du jetzt mit Deiner Tüte CHIPS machen kannst, wird Dein Leben VERÄNDERN!
Sie verschließen.

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DAS denken MÄDCHEN beim SEX wirklich - vor allem Nummer 6 ist ZIEMLICH LUSTIG!
1. “Hoffentlich findet er mich nicht zu dick!”
2. “Ist mein Busen groß genug?”
3. “Sitzt mein Make-Up noch?”
4. “Sieht er meine Pickel?”
5. “Mach ich alles richtig?”
6. “Ich muss mal!”
7. “Das ist jetzt irgendwie … gar nicht angenehm.”
8. “Ich muss noch Duschgel kaufen.”
9. “Ich glaub, ich will das hier gar nicht.”
10. “Ich will MEHR davon!”

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Daran denken Mädchen WIRKLICH beim Sex! Nummer 6 ist Dir bestimmt auch schon passiert!!
1. “Hoffentlich findet er mich nicht zu dick!”
2. “Ist mein Busen groß genug?”
3. “Sitzt mein Make-Up noch?”
4. “Sieht er meine Pickel?”
5. “Mach ich alles richtig?”
6. “Ich muss mal!”
7. “Das ist jetzt irgendwie … gar nicht angenehm.”
8. “Ich muss noch Duschgel kaufen.”
9. “Ich glaub, ich will das hier gar nicht.”
10. “Ich will MEHR davon!”

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So reagiert BIBI jetzt auf den MEGA krassen TWITTER-STREIT mit Dagi!
Gar nicht.

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SCHOCK! SO furchtbar PEINLICH war GNTM-JASMINS unangenehmstes ERLEBNIS - ich wäre im BODEN versunken!!!
Im Schulbus lief ihr mal Schnodder aus der Nase.

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SCHOCK für JULIENCO! [überraschter Smiley mit roten Wangen] Mit dieser NACHRICHT hat der YouTuber bestimmt NICHT gerechnet!
Er hat einen Preis gewonnen.

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Kommt Anne Wünsche aka Hanna ENDLICH zu BTN zurück?
Nein.

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Bitte. Keine Ursache.

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