“FAZ”-Hetzkommentar, Trumps Prügel, Bunte-Löschbataillon

1. Shitstorm um „FAZ“-Kommentar gegen Ehe für alle
(welt.de, Christian Meier)
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat einen Gastbeitrag zur „Ehe für alle“ veröffentlicht, der bei vielen Lesern auf Unverständnis und Entsetzen stieß. Der, für derartige Beiträge ungewöhnlich, unter Pseudonym verfasste Artikel verbreite mehr als fragwürdige, geradezu hetzerische Thesen, so der Vorwurf. Dementsprechend heftig fiel die Reaktion in den sozialen Medien aus.
Auch die “taz” beschäftigt sich mit dem Vorgang. Jan Feddersen: “Es ist eine Zeitung, die schlüpfrige Phantasien bedient und den (Aber-)glauben an Naturrecht obendrein. Diese FAZ hätte es unter Frank Schirrmacher nicht gegeben – der hätte bei der Tageskoordination gemerkt, was für ein Schwachsinn in einem Teil der Zeitung erscheint …”
Bei uns im BILDblog kommentiert Johannes Kram: „FAZ“ und „Ehe für alle“: Ein Hass, der keinen Namen trägt.

2. “Prügelattacke” gegen CNN
(deutschlandfunk.de)
US-Präsident Donald Trump hat bei Twitter ein altes Video gepostet, in dem er geschauspielert-scherzhaft auf den Chef eines Wrestlingveranstalters einprügelt. In dem Video, das nun die Runde macht, ist jedoch der Kopf seines damaligen Widersachers mit dem Senderlogo von “CNN” ausgetauscht worden. “CNN” wirft dem Präsidenten daraufhin vor, zu Gewalt gegen Journalisten aufzufordern und die Amtspflichten zu vernachlässigen: “Wir werden weiter unsere Arbeit machen. Er sollte anfangen, die Seine zu tun”
Doch damit nicht genug: Bei Trumps Streit mit den Morning-Joe-Moderatoren (MSNBC) sind laut “SZ” weitere Details bekannt geworden. Das Weiße Haus soll angeboten haben, eine Enthüllungsgeschichte eines Boulevardblatts zu verhindern, wenn sich die Moderatoren für ihre negative Berichterstattung bei Trump entschuldigen.

3. Debatte um Rundfunkbeitrag: Millionen fürs Feigenblatt
(dwdl.de, Alexander Krei)
Alexander Krei kommentiert auf “DWDL” die “ProSiebenSat.1”-Forderung nach Beteiligung an den Rundfunkbeiträgen. Über Reformen ließe sich grundsätzlich reden, “doch bevor ProSiebenSat.1 ein Stück vom milliardenschweren Beitrags-Kuchen fordert, sollte man erst mal im eigenen Programm unter Beweis stellen, dass man ein ernsthaftes Interesse daran hat, Informationssendungen nicht nur als Feigenblatt zu verstehen.”

4. Kein Schmerzensgeld für den Restaurantbesitzer
(faz.net, Luise Schendel)
Im November 2015 wurde die MDR-Dokumentation „Provinz der Bosse – Mafia in Mitteldeutschland“ ausgestrahlt. Gegen die Berichterstattung klagte ein Geschäftsmann, der in Erfurt zwei Restaurants unterhält und glaubte, trotz Anonymisierung in der Dokumentation mittelbar erkennbar zu sein. Das Oberlandesgericht Dresden gab ihm zwar zunächst Recht, doch seine zweite Klage auf Zahlung von 50.000 Euro wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte scheiterte.

5. Vize-Chefredakteur Yannick Dillinger: Wie die “Schwäbische Zeitung” an die Flugzeugkatastrophe von Überlingen erinnert
(kress.de, Frank Hauke-Steller)
Die “Schwäbische Zeitung” hat anlässlich des 15. Jahrestags des Flugzeugunglücks von Überlingen eine aufwändige Multimedia-Reportage produziert. “Kress” hat mit dem dafür verantwortlichen Digitalchef, Yannick Dillinger über Arbeitsweise und Storytelling gesprochen.

6. Migräne, Piercings und das Löschbataillon der Bunten
(onkelmichael.wordpress.com)
Blogger “Onkel Michael” berichtet von seinem Kampf gegen die Windmühlen der “Bunte”-Redaktion. Er hätte die behaupteten Wunderwirkungen von Piercings gegen Migräne recherchiert (es gibt keine) und dies der Redaktion als Facebook-Kommentar hinterlassen. Nur für einen kurzen Moment sichtbar, denn man hätte seinen und andere kritische Kommentare gelöscht… Sein Nachtrag lässt schließen, dass “Bunte” der Vorgang nicht ganz geheuer ist: Ein Beitrag aus dem Jahr 2016 wurde zwischenzeitlich entfernt.

“FAZ” und “Ehe für alle”: Ein Hass, der keinen Namen trägt

Die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” veröffentlichte vorgestern, am Tag der Abstimmung über die “Ehe für alle”, einen homophoben Hetztext, den man nicht lesen muss, da er sich mit einem Satz zusammenfassen lässt: Homosexuelle sind Kinderschänder. Auf den Gastbeitrag in der “FAZ”, unter Pseudonym erschienen, folgte große Empörung, die wiederum dazu führte, dass der zuständige Redakteur Reinhard Müller sich äußerte.

Da in dem Hetztext keine Evidenz, keine Wahrheit steckt (außer der einer offensichtlichen persönlichen Tragödie), steckt in ihm auch nichts Journalistisches. Er möchte nichts erklären, nichts diskutieren. Er möchte nur beleidigen, demütigen, hassen. Er möchte auch nichts provozieren, zumindest nichts, was nach allem Wissen rund ums Thema ernsthaft zu debattieren wäre. Da dieser Text kein Journalismus ist, kann man ihn auch nicht nach journalistischen Kriterien besprechen. Man muss ihn betrachten, als das, was er ist: Propaganda, Marketing.

Man muss heute nicht mehr argumentieren, warum die Erde keine Scheibe ist. Man muss danach fragen, warum jemand so tut, als wäre sie eine. Oder besser: Warum ein Medium jemanden vorschickt, so etwas zu tun. Und warum dieser jemand versteckt werden muss, beziehungsweise warum es so aussehen muss, als sei dies der Fall? Warum macht die “FAZ” das? Warum hat sie es nötig? Was ist die dahinterstehende (Marketing-)Strategie?

Das so ziemlich einzige Gute an der Sache ist, dass sich “FAZ”-Redakteur Reinhard Müller ziemlich freimütig in die Karten schauen lässt. Auf die Frage von “Meedia”, warum man den Text unter einem Pseudonym veröffentlicht habe — eine Praxis, die normalerweise angewendet wird, um mutige Stimmen, wie die von Dissidenten vor Repressalien zu schützen –, antwortet Müller:

“Der Autor verweist im Text darauf, ‘wie schwierig das sachliche Argumentieren dieser Angelegenheit in der Gay-Community ist — wer etwas anderes meint, wird gleich als ‘Verräter’ gebrandmarkt’. Diese Befürchtung scheint, wie einige Reaktionen zeigen, nicht unberechtigt gewesen zu sein.”

Es ist also der offensichtliche Versuch, einen homosexuellen Autor mit offensichtlich problematischen kinderbezogenen Phantasien, der sich dafür hasst und diesen Hass auf das Homosexuell-sein und die Homosexuellen übertragen möchte, als mutigen Aufklärer nicht in eigener, sondern allgemeiner Sache darzustellen. Und — noch schlimmer: die Opfer des Hasses zu Tätern zu machen. Wer sich gegen die Unterstellungen und Beleidigungen wehrt, ist der, der den Diskurs erschwert, und nicht jener, der ihn mit Verrücktheiten zubombt.

All das, was Theaterautor, Blogger und Marketingexperte Johannes Kram schon so gemacht hat, würde nicht in diese Box passen. Deswegen hier unvollständig und im Schnelldurchlauf: Nicht nur, aber auch wegen seiner Medien-Kampagne ist Guildo Horn zum “Eurovision Song Contest” gekommen. Den sogenannten “Waldschlösschen-Appell” gegen Homophobie in Medien hat er initiiert. Sein “Nollendorfblog” bekam eine Nominierung für den “Grimme Online Award”. Und mit “Seite Eins — Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone” hat er Boulevard-Kritik auf die Bühne gebracht. Dafür ein herzliches Dankeschön vom BILDblog.

Müllers vorsätzliche Diffamierung Homosexueller funktioniert dabei wie eine alte Antisemiten-Logik: So, wie die Juden Schuld am Antisemitismus sind, sind es die Homos bei der Homophobie. Beschuldigen doch einfach jemanden, der ihnen gar nichts getan hat.

Noch skandalöser als die Veröffentlichung des Gastbeitrags sind die Erklärungen, die der “FAZ”-Mann ohne den Protest seiner Chefs verlautbaren darf:

“Die ‘Fremde Feder’ ist, wie der Name schon sagt, ein Ort für pointierte, auch provozierende Debattenbeiträge von Fremdautoren. Insofern haben wir mit Reaktionen gerechnet. Uns hat dennoch die Intoleranz einiger Kommentare überrascht.”

Nicht nur im Marketing nennt man das Reframing: Das gezielte Umdeuten eines Kontextes durch eine Verschiebung der Betrachtung. In diesem Fall ermöglicht es dem intoleranten Homo-Hasser, sich als Opfer von Intoleranz zu sehen.

Die Strategie ist also ein Leserservice der besonderen Art: über den Umweg “Fremde Feder” der eigenen konservativen Kernklientel ein Mittel an die Hand geben, mit der diese ihren Hass verklären und bewahren kann. Die “FAZ” möchte offensichtlich nicht auf diese Zielgruppe verzichten, doch statt ihr die Welt zu erklären, die diese nicht mehr verstehen kann, also Journalismus zu machen, hisst sie die weiße Fahne. Eine größere Leserverachtung erscheint kaum möglich.

NetzDG, Aufbauschblätter, Funkes Medienminister

1. NetzDG-Verabschiedung ein Schnellschuss
(reporter-ohne-grenzen.de)
Vor der Verabschiedung des Gesetzes gegen Hassbotschaften im Internet am heutigen Tag warnt “Reporter ohne Grenzen” erneut vor den Gefahren für die Pressefreiheit. Zwar hätten die Regierungsfraktionen einige Kritikpunkte an dem geplanten Gesetz aufgenommen, doch die Kernkritik bleibe bestehen: „Durch kurze Löschfristen werden soziale Netzwerke aus Angst vor Bußgeldern zu viele Inhalte löschen. So besteht etwa die Gefahr, dass auch journalistische Artikel gelöscht werden, obwohl nicht abschließend geklärt ist, ob sie rechtswidrig sind oder nicht“.

2. “Aufgebauscht, bis es falsch wird”
(spiegel.de, Holger Dambeck)
Medizin-Nobelpreisträger Randy Schekman Kritiker betrachtet die renommierten Fachblätter “Nature”, “Science” und “Cell” als schädlich für die Wissenschaft: “Diese Magazine suchen Studien, die möglichst viel Aufmerksamkeit erregen. Das ist logisch, denn sie wollen Hefte verkaufen. Aber es verzerrt die wissenschaftliche Arbeit. Junge Forscher glauben, sie müssten auf Gebieten arbeiten, auf denen sie eine Sensation kreieren können. Zum Teil werden Themen aufgebauscht, bis es falsch wird.”

3. Fall Weißensberg: Wir halten uns zurück
(schwaebische.de, Dirk Augustin)
Im Landkreis Lindau ist vor einigen Tagen eine 22-jährige Frau umgebracht worden. Die Lokalredakteure der Lindauer Zeitung sehen sich in der Pflicht darüber zu berichten, wollen sich aber nicht an Spekulationen rund um die Tat beteiligen. Auch um die Aufklärung der Tat beziehungsweise die Festnahme des mutmaßlichen Täters nicht zu gefährden. “Deshalb drängen wir uns nicht Angehörigen oder Nachbarn auf, wir durchsuchen nicht das Internet nach privaten Bildern und veröffentlichen diese dann groß. Wir respektieren, dass einige Angehörige in ihrer Trauer nur noch Ruhe haben wollen und dass andere auf Facebook Sätze schreiben, die sie später wahrscheinlich bereuen. Das ist aber kein Grund für Berichterstattung. Wir sind uns sicher, dass unsere Leser diese Zurückhaltung als richtig empfinden.”

4. Funkes Medienminister: Alles nur Unterhaltung
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Nordrhein-Westfalens zukünftiger Medienminister ist nicht irgendjemand: CDU-Mitglied Stephan Holthoff-Pförtner ist Mitgesellschafter der Essener Funke-Mediengruppe, Deutschlands drittgrößten Zeitungsverlag. Dort erscheinen “WAZ” und “Hamburger Abendblatt” aber auch Titel wie “Die Aktuelle“, wo man gerne mal den Eindruck erweckt, jemand wie Caroline von Monaco liege im Sterben. Der zukünftige Medienminister hat damit keine Probleme. Das sei halt “Unterhaltung”… Mats Schönauer hat für “Übermedien” einige Beispiele dieser “Unterhaltung” zusammengestellt.

5. Trump bekommt Unterstützung im “Krieg gegen die Medien”
(sueddeutsche.de, Sacha Batthyany)
Donald Trump bekommt in seinem Kampf gegen die Medien Unterstützung von prominenter Seite: Die ehemalige Gouverneurin aus Alaska Sarah Palin, die bei der Präsidentschaftswahl 2008 als Anwärterin auf den Posten der Vizepräsidentin galt, will einen eigenen Fernsehsender gründen. Für eine monatliche Abo-Gebühr von 9,95 Dollar und natürlich ohne “Fake News”, wie die umstrittene Ultrakonservative betont.

6. Der Abgrund war noch nie so lustig
(zeit.de, Patrick Beuth)
Der britische Journalist Andy Kelly hat ein Faible für “Dark Stock Photos”. So bezeichnet er die mit Holzhammer-Symbolik inszenierten Bilder aus kommerziellen Fotodatenbanken, die sich mit Themen wie Tod, Drogen und Gewalt beschäftigen.

B.Z., Bild  

“Bild” und “B.Z.” legen Grünen-Politikerin falsches Zitat in den Mund

Rummms!

Mit dieser Haudrauf-Interjektion zeigt die “Bild”-Zeitung in der Regel, dass irgendjemand irgendetwas Knalliges/Heftiges/Stammtischiges gesagt hat. Und sie freut sich in der Regel dann, weil sie dadurch eine Debatte anheizen kann.

Gestern gab es in der Berliner Regionalausgabe mal wieder einen “Bild”-“Rummms!”, in einem Vorabbericht zur inzwischen durchgeführten Zwangsräumung des linken Kiezladens Friedel54 im Neuköllner Reuterkiez:

In BILD spricht jetzt Grünen-Politikerin Katrin Schmidberger (34) Klartext: Sie wohnt in diesem Kiez, befürchtet gewalttätige Ausschreitungen.

Schmidberger sagt: “Ich will nicht, dass Rigaer-Straße-Wixxer in meinen Kiez kommen und alles zerdeppern. Das ist unser Kiez. Schreiben Sie Wixxer mit zwei x.”

Und weiter: “Spaß haben, sich auf den Gipfel in Hamburg eingrooven, das können sie meinetwegen auf dem Tempelhofer Feld. Da haben sie genug Platz zum Steineschmeißen.”

Rummms!

Das Problem dabei: Katrin Schmidberger hat weder das eine noch das andere gesagt. Sie hat überhaupt nicht mit “Bild”-Autor Olaf Wedekind gesprochen. Und sie wohnt auch nicht “in diesem Kiez”. Es ist alles völlig falsch.

Doch der Reihe nach.

Gestern veröffentlichte die Berliner “Bild”-Redaktion einen großen Artikel über eventuelle Ausschreitungen während der Friedel54-Räumung:

Das Aufmacher-Foto zeigt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie setzt sich schon lange für bezahlbaren Wohnraum und gegen die Verdrängung aus den Kiezen ein. Dass ausgerechnet sie, wie von “Bild” durch die Sprechblase illustriert, die Aktivisten in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain als “Wixxer und Steinewerfer” bezeichnet, wäre eine große Überraschung. Genau das richtige “Rummms!”-Potential, nach dem “Bild” stets sucht.

Die Redaktion warb mit dieser Geschichte auch auf Aufstellern, die vor Kiosken in der ganzen Stadt stehen — unter anderem vor einem Laden in der Rigaer Straße, wo die “‘Rigaer-Straße-Wixxer'” vorbeikommen.

“Bild”-Rechercheur Peter Rossberg erklärte den Artikel am Abend vor dessen Erscheinen bei Twitter zu seiner “Lieblingsgeschichte morgen”:


(Den Tweet hat Rossberg inzwischen gelöscht.)

Die “B.Z.” brachte ebenfalls einen Text von Olaf Wedekind zum Thema, zwar etwas kürzer, aber genauso falsch:

Die Zitate in “Bild” und “B.Z.” stammen nicht von Katrin Schmidberger, sondern von ihrer Fraktionskollegin Anja Kofbinger. Die hat, anders als Schmidberger, auch tatsächlich ihr Wahlkreisbüro im Reuterkiez. Die Verwechslung der beiden Politikerinnen durch “Bild” und “B.Z.” dürfte nach Angaben der Grünen in etwa so zustande gekommen sein: Nach einem Anruf der Redaktion bei den Grünen in Neukölln, hat Anja Kofbinger zurückgerufen. Ein Kollege von Olaf Wedekind leitete den Anruf an diesen weiter, womöglich mit der Ansage, dass Katrin Schmidberger am Apparat sei. Wedekind hat dann mit der Frau am anderen Ende der Leitung telefoniert, ohne wirklich zu wissen, mit wem er da spricht. Anja Kofbinger soll allerdings mehrfach gesagt haben, dass sie Anja Kofbinger ist.

Katrin Schmidberger veröffentlichte gestern auf ihrer Website eine “Richtigstellung zu angeblichen Zitaten in der Bild/B.Z.” und schrieb bei Facebook, dass sie mit niemandem aus dem Springer-Verlag gesprochen habe.

“Bild” hat heute eine “Richtigstellung” veröffentlicht:

Sie finden sie nicht auf Anhieb? Sie steckt dort rechts, eingeklemmt zwischen “Bier-Botschafter” und “U-Bahn-Strecken”:

Und auch in der “B.Z.” gibt es eine “Berichtigung”:

Ehe für alle, MDR-Pate angeklagt, Abgehört

1. Merkels Privat-Audienz bei „Brigitte“
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ausgerechnet ein Talk von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Frauenzeitschrift “Brigitte” ermöglicht nun wahrscheinlich die Öffnung der “Ehe für alle”. Stefan Niggemeier fragt sich, was das über Bundeskanzlerin und “Brigitte” aussagt: “Ein Teil des Spotts, den man nun über die „Brigitte“ liest, ist in Wahrheit Ausdruck der Wut über die Kanzlerin, dass sie sich einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung über das Thema selbst in dem Moment noch verweigert, in dem sie sich bewegt – auch dank der Bühne, die ihr die „Brigitte“ mit dem netten Plauschformat bietet.”

2. Aufgeflogen: Gespräch mit Journalisten abgehört
(ndr.de, Hendrik Maaßen)
In Sachsen wurden Gespräche von mindestens drei Journalisten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens abgehört und jahrelang gespeichert. Das belegen Unterlagen der Polizei Sachsen, die dem “NDR” vorliegen. Entgegen der gesetzlichen Benachrichtigungspflicht wurden alle drei Journalisten nach eigenen Angaben nicht über die Überwachung informiert. Hintergrund: Die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen hatte gegen Personen aus dem Umfeld des Leipziger Fußball-Oberligisten “BSG Chemie Leipzig e.V” wegen des Verdachts auf “Bildung einer kriminellen Vereinigung” ermittelt.

3. Betrogen und bestochen
(faz.net, Michael Hanfeld)
Es sind schwere Vorwürfe, mit denen sich der ehemalige Unterhaltungschef des Mitteldeutschen Rundfunks konfrontiert sieht. Das Landgericht Leipzig hat am Dienstag die Anklage gegen ihn zugelassen. Es geht um Betrug in dreizehn Fällen, Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie Untreue und Bestechlichkeit in je einem Fall. Wenn man den Beitrag liest, versteht man, warum der Mann auch als “der Pate des ARD-Unterhaltungsfernsehens” bezeichnet wird.

4. Das sind die größten Herausforderungen für Journalisten
(horizont.net, Katharina Brecht)
Die größten Herausforderungen für Journalisten sind Glaubwürdigkeit, Fake News und Unabhängigkeit. Dies ist jedenfalls das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 1.700 Journalisten. In der Umfrage ging es auch um den Umgang mit Social Media und wie es um das Verhältnis zu Pressesprechern bestellt ist.

5. „Facebook-Gesetz“ – Eine Ehrenrettung
(carta.info, Christian Humborg)
Das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz* ist besser als sein Ruf, findet Christian Humborg in seiner Kolumne auf “Carta”. Es verteidige die Meinungsfreiheit, weil es die Meinung der anderen, also der Opfer von Hasskriminalität, zu schützen versuche.

6. Unkontrollierbare Scheißstrecke: Warum die Rocket Beans Erfolg haben
(wired.de, Max Biederbeck)
“Wired” war zu Gast bei einem der erfolgreichsten Internet-Kanäle: “Rocket Beans TV” in Hamburg. Die Produktionsfirma hat sich innerhalb von drei Jahren zu einem florierenden Unternehmen mit 90 Angestellten entwickelt. Im weitesten Sinn geht es um Unterhaltung und Nerdthemen: ob Computerspiele, Filme, Musik oder Brettspiele. Max Biederbeck zeichnet die Entwicklung der Firma nach und hat sich angeschaut wie die “Beans” arbeiten.

*Nachtrag, 6. Oktober: In einer früheren Version hatten wir fälschlicherweise vom “Netzwerkdurchsuchungsgesetz” geschrieben. Das ist natürlich Unsinn.

Bild.de und Express.de verwechseln Anthony Modeste nach China

Wenn in den europäischen Fußballligen Sommerpause ist, ist der (Sport-)Boulevard besonders aktiv. In diesen Wochen raten die Redaktionen von “Sport Bild”, “Bild”, “Express” und all den anderen Fachblättern fröhlich rum, ob Mittelfeldstratege A nicht vielleicht zu Verein B wechselt, und Außenverteidiger X an Klub Y ausgeliehen wird. Im Fall von Anthony Modeste lagen sie nun ordentlich daneben.

Spätabends am 19. Juni meldeten die Onlineportale von “Bild” und “Express” Vollzug: Modeste, bisher Stürmer beim Fußballbundesligisten 1. FC Köln, wechselt zum chinesischen Klub Tianjin Quanjian.

Ausriss Bild.de - Wechsel perfekt! Modeste stürmt nach China
Ausriss Express.de - FC-Star wechselt nach China - Anthony Modeste: Hammer-Transfer perfekt!

Bild.de schrieb dazu:

Wie BILD erfuhr, wird Anthony Modeste (29) den FC verlassen.

Und:

Der Modeste-Hammer!

Am vergangenen Wochenende hatten sich Sport-Boss Jörg Schmadtke (53) und Finanz-Chef Alexander Wehrle (42) mit Vermittlern von Tianjin Quanjian auf Ibiza (Spanien) getroffen. Eine Entscheidung wurde zunächst vertagt — jetzt soll sie gefallen sein.

Und:

Verkündet wird der Transfer wohl erst gegen Ende der Woche. Denn vorher will Sport-Chef Jörg Schmadtke noch mit dem Spieler persönlich in Köln reden.

Es wird ein Abschieds-Gespräch!

Bei Express.de war alles ähnlich eindeutig:

Der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte ist perfekt!

Nach EXPRESS-Informationen wurde Einigung im Deal um den Wechsel von Anthony Modeste (29) nach China erzielt.

Die Ablöse für den 25-Tore-Mann beträgt 35 Millionen Euro — Modeste wechselt zu Tianjin Quanjian.

Am vergangenen Wochenende hatten sich Sportboss Jörg Schmadtke und Wehrle auf Ibiza mit den China-Vermittlern getroffen. Nun ist der Transfer durch.

Schmadtke wird noch ein finales Gespräch mit dem Publikumsliebling führen, doch am Montag war der Mega-Deal durch.

Alles durch. Bis der 1. FC Köln mit einer Mitteilung auf der Vereinshomepage heute alles durchkreuzte:

Der 1. FC Köln hat Verhandlungen über einen möglichen Transfer von Anthony Modeste zu Tianjin Quanjian abgebrochen.

FC-Stürmer Anthony Modeste wird nicht zum chinesischen Erstligisten Tianjin Quanjian wechseln, nachdem keine Einigung aller Parteien für einen möglichen Transfer erzielt wurde. Zwischen den Clubs war darüber hinaus keine den Verbandsstatuten entsprechende Einigung möglich. Der 1. FC Köln hat die Verhandlungen daher am heutigen Mittwoch abgebrochen. Der Vertrag von Anthony Modeste beim FC läuft bis 30. Juni 2021.

Inzwischen haben es auch die Kaffeesatzwechsler von Bild.de und Express.de eingesehen:

Ausriss Bild.de - Köln bricht Verhandlungen ab - Modeste-Wechsel nach China geplatzt
Ausriss express.de - FC-Hammer - Schmadtke bricht Modeste-Verhandlung ab

Mit Dank an @bastianpfahl für den Hinweis!

Nachtrag, 24. Juli: Es ging dann noch weiter.

Also doch ein Wechsel nach China:

Ausriss Bild.de - Jetzt also doch - Modeste für 35,7 Mio nach China

Oder doch nicht?

Ausriss Bild.de - Kölner Transfer-Theater immer irrer! China-Kohle da, aber jetzt zickt Modeste

Bleibt er etwa beim 1. FC Köln?

Ausriss Bild.de - Heute letzte Chance zur Einigung - Modeste will sich beim FC einklagen

Oder geht’s doch nach China?

Ausriss Bild.de - Neuer Vertragsnetwurf statt Gerichtsprozess - Wechselt Modeste heute doch noch nach China?

Ja, doch, jetzt ist alles “Perfekt!”:

Ausriss Bild.de - Transfer-Wahnsinn beendet - Perfelt! Modeste doch nach China

NetzDG reloaded, Asymmetrische Fakten, Twitters Blockadeverhalten

1. Hate-Speech-Gesetz: Neuer Entwurf gefährdet weiterhin die Meinungsfreiheit
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die große Koalition hat sich offenbar geeinigt und einen neuen, in einigen Punkten entschärften Entwurf zum sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorgelegt. Markus Reuter von Netzpolitik.org hält das Gesetz immer noch für eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Und er ist damit nicht allein: Ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Rechtsexperten appelliert an die große Koalition, das fragwürdige NetzDG nicht zu verabschieden.

2. Asymmetrische Fakten
(taz.de, Jörg Wimalasena)
Angela Merkel lässt ihren Mitbewerber ums Bundeskanzleramt Martin Schulz oftmals ins Leere laufen: Auf konkrete Wahlversprechen der Gegenseite reagiert sie mit Schweigen. Der Chef der Forschungsgruppe Wahlen nannte es einst „asymmetrische Demobilisierung“: Zu kontroversen Themen keine Stellung beziehen und hoffen, dass die Wähler der anderen Parteien am Wahltag einfach zu Hause bleiben. Schulz sprach in diesem Zusammenhang von einem „Anschlag auf die Demokratie“. Das „ZDF heute journal“ wollte dem etwas entgegensetzen und wies im Faktencheck auf eine um 0,7 Prozent gestiegene Wahlbeteiligung hin. Was richtig wäre, wenn da nicht die Sache mit dem betrachteten Zeitraum wäre…

3. Meinungsfreiheit? Was Twitter alles blockiert
(spiegel.de, Philipp Hummel)
Das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz sieht drastische Strafen für Plattformbetreiber vor, die rechtswidrige Inhalte nicht innerhalb kurzer Fristen entfernen. Dies kann nach Ansicht von Kritikern zu Überreaktionen auf Seiten der Betreiber führen. “Spiegel Online” hat sich das Löschverhalten Twitters angeschaut und dazu eine Datenanalyse durchgeführt. Das Resümee: “Trotz der vielen fragwürdigen Eingriffe durch Twitter: Wer nicht gerade “Trusted Reporter” ist – in Deutschland hat diesen Rang offenbar nur jugendschutz.net – oder prominent wie Jan Böhmermann, hat es bei Twitter offenbar schwer, Gehör zu finden.”

4. Boulevard = Fake?
(deutschlandfunk.de, Dietrich Mohaupt)
Gymnasiasten in Niedersachsen haben im Unterricht eine App getestet, die ihnen beibringen soll, Fake News zu erkennen. 19 Fragen sollen helfen, auffällige Meldungen aus dem Internet schnell auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen, doch die Methode ist umstritten. Der Vorsitzende des niedersächsischen Philologenverbandes will z.B. die typischen Stilmittel der Boulevardpresse nicht als ein Kriterium für Fake News gelten lassen.

5. Wie die Regierung in Mexiko Aktivisten und Journalistinnen ausspioniert
(boell.de, Caroline Schroeder)
Mexiko ist eines der gefährlichsten Länder für Journalisten. Laut der Menschenrechtsorganisation “Article 19” wurden seit dem Jahr 2000 einhundertsechs Medienvertreter umgebracht. Nun wird bekannt, dass die Regierung in den letzten anderthalb Jahren Journalisten mit einer israelischen Software ausspioniert hat, die eigentlich für den Kampf gegen Terrorismus bestimmt ist. Es liegt ein Bericht vor, in dem 12 Fälle ausführlich dokumentiert sind.

6. Reden wir darüber
(sueddeutsche.de, Hannah Beitzer)
“Wege aus der Filter Bubble” hieß die Veranstaltung, zu der u.a. “Gruner + Jahr”, “Spiegel” und “Zeit” nach Berlin geladen hatten. Justizminister Heiko Maas und einige Journalisten diskutierten über Hass im Netz, Fake News, Filterblasen und die Verantwortung sozialer Medien. “Wir wollen miteinander statt übereinander reden” hieß das Motto der Veranstaltung, das jedoch laut Hanna Beitzer von einem bestimmten Netzwerk unterlaufen wird: “Reden kann man mit Facebook, aber es bringt nicht viel.”

Bild  

“Vergewaltigt im Ehebett – Ehepflicht oder Verbrechen?”

Zum 65. Geburtstag von “Bild” und zur dazugehörigen Gratis-Ausgabe für alle Haushalte in Deutschland durfte auch Julian Reichelt etwas sagen. In einer Pressemitteilung des Axel-Springer-Verlags wird der “Bild”-Oberchef folgendermaßen zitiert:

“Diese BILD Sonderausgabe für alle deutschen Haushalte ist unser Bekenntnis, dass wir an eine noch bessere Zukunft für Deutschland und den Journalismus glauben. Denn BILD ist Teil dieses modernen und weltoffenen Landes, das BILD seit 65 Jahren begleitet.”

“Bild” als “Teil dieses modernen und weltoffenen Landes”, und das seit 65 Jahren.

Wie “modern und weltoffen” die “Bild”-Medien heute sind, kann jeder selbst nachschauen — am Kiosk, bei Bild.de oder auch hier im BILDblog. Aber wie sah das zum Beispiel in den 70ern oder 80ern aus?

Ein Blick in “Günter Wallraffs BILDerbuch” lohnt sich immer und erst recht nach solchen Aussagen wie der von Julian Reichelt. 1985 hat Wallraff diese selbst zusammengestellte Auswahl von “Bild”-Schlagzeilen der vorangegangenen 15 Jahre veröffentlicht. Das Buch zeigt in konzentrierter Form, was für ein chauvinistischer Haufen die “Bild”-Redaktion damals gewesen sein muss, ein Paradegegenbeispiel für “modern und weltoffen”.

Zum Beispiel, wenn es um Frauen ging. Da wurden reichlich Klischees bedient …

Frauen fahren doch schlechter
(Dezember 1983)
Billig, billig! Frauen im Kauf-Rausch!
(Juli 1975)

… Professoren durften wilde Thesen aufstellen …

Deutscher Professor: Frauen leisten ein Drittel weniger als Männer
(März 1980)

… und es wurde offen die Frage gestellt, ob Opfer von Grabschattacken nicht vielleicht doch “selber schuld” seien:

Busengrabscher: Sind viele Frauen selber schuld?
(April 1984)

Apropos sexualisierte Gewalt: Anstatt Vergewaltigungen in der Ehe aufs Schärfste zu kritisieren, stieß “Bild” damals lieber eine Debatte an, ob so eine Vergewaltigung durch den eigenen Ehemann nicht doch ganz in Ordnung ist und zur “Ehepflicht” einer Frau gehört:

Immer mehr deutsche Frauen klagen - Vergewaltigt im Ehebett - Ehepflicht oder Verbrechen?
(Juni 1979)

Oder anders gefragt:

Darf ein Mann seine eigene Frau vergewaltigen?
(Dezember 1978)

Um auf eine solche Frage überhaupt zu kommen, muss in einer Redaktion schon einiges schieflaufen. In “Bild” durften sich die vergewaltigenden Männer dann auch noch rechtfertigen:

Deutsche Männer: Warum wir unsere Frauen vergewaltigen
(März 1980)

In den Schlagzeilen über Gastarbeiter aus der Türkei zeigte “Bild” ebenfalls, dass das Blatt alles andere als “modern und weltoffen” ist. Die “Bild”-Mitarbeiter warnten ihre Leserinnen und Leser vor den Türken …

Koffer, Kisten, Kühlschrank - Vorsicht, die Türken kommen
(Juli 1978)
Noch eine Million Türken wollen zu uns kommen!
(August 1976)

… machten aus ihnen katzenfressende Sonderlinge …

In Mannheim sind 180 Katzen spurlos verschwunden - Ein Türke rief an: Großen Hunger, ich fressen Kater
(August 1978)

… und das Allgemeinwohl bedrohende Amokfahrer:

Gastarbeiter am Steuer: Trümmer und Tote - Sie kaufen alte Autos - Führerscheine vom Schwarzen Markt - Viele können nicht lesen
(Juli 1973)

Julian Reichelt sagt gerne mal, dass Leute, die “Bild” heute kritisieren, ihr Weltbild seit 30, 40 Jahren nicht mehr aktualisiert hätten. Er selbst scheint bei seiner Weltbildaktualisierung die vergangenen 30, 40 “Bild”-Jahre einfach vergessen zu haben.

Grünes Parteitagsgespräch, Nordgelüste, Leichte Sprache

1. “Es war bestimmt kein privates Gespräch”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Im Netz kursiert ein Videomitschnitt des Grünenpolitikers Winfried Kretschmann vom Grünen-Parteitag, erstellt und eingestellt von der rechtspopulistischen Internetplattform “Jouwatch”. Zu sehen und zu hören ist darin, wie sich der hochrangige Politiker, der auch Ministerpräsident von Baden-Württemberg ist, über die Automobilpläne seiner Partei echauffiert. Der Deutschlandfunk hat mit Journalistikprofessor Volker Lilienthal über die Frage gesprochen, ob es sich um einen illegalen Mitschnitt eines privaten Gesprächs handelt.

2. Deutsche Sprache, Leichte Sprache
(taz.de, Christine Stöckel)
Wer sich in den Medien über politische Sachverhalte informieren will, trifft oft auf schwer lesbare Artikel mit Schachtelsätzen, Fremdwörtern und Abkürzungen. Die Verfechter der sogenannten “Leichten Sprache” sind der Meinung, dass es auch anders geht. Doch bei komplexen Themen kommt die Methode an ihre Grenzen. Christine Stöckel geht auf die verschiedenen Aspekte des Themas ein, das kurz vor der Bundestagswahl auch eine politische Dimension hat.

3. Wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem.
(planet-interview.de, Marie Illner)
Die “Beitragskommunikation” von ARD, ZDF und “Deutschlandradio” hatte zum Pressegespräch zum Rundfunkbeitrag eingeladen. Anwesend: Vertreter des Beitragsservice, Justiziare von SWR und WDR sowie ein Vertreter der “KEF” (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten). “Planet Interview” hat die Verantwortlichkeiten zum Rundfunkbeitrag befragt, zu Intendanten-Gehältern, Inhaftierungen und zum Plan, zukünftig Inkasso-Unternehmen zu beauftragen. Die Inhaftierung von einzelnen Beitragsverweigerern sieht man kritisch. Außerdem wolle man sich nicht “instrumentalisieren” lassen, so die stellvertretende Intendantin des WDR Eva-Maria Michel: “Bei Fällen wie dem AfD-Politiker, der den Rundfunkbeitrag verweigerte und eine Öffentlichkeitswelle mit seiner Haft provozieren wollte, war uns klar: Wir lassen uns nicht instrumentalisieren.”

4. Das große Sonntagsporträt: Dirk Lübke über den Thüringer NSU-Reporter Kai Mudra
(kress.de, Dirk Lübke)
Beim NSU-Prozess handelt es sich um einen der größten Prozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Seit mittlerweile vier Jahren wird unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen vor dem Oberlandesgericht (OLG) München über Beate Zschäpe und Co. verhandelt. Oft vor Ort: Der Thüringer NSU-Reporter Kai Mudra, der bereits in den neunziger Jahren über den Themenkomplex berichtet hat. Mudra war an 260 von mehr als 360 Prozesstagen als Berichterstatter für die “Thüringer Allgemeine” anwesend. So oft wie nur wenige Kollegen.

5. Nordgelüste
(sueddeutsche.de, Charlotte Theile & Claudia Tieschky)
Die “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) startet demnächst ein digitales Produkt speziell für deutsche Leser. Die elektronische Zeitung soll sich im Layout an der Printausgabe orientieren und mit eigenen deutschen Inhalten aufwarten. Politisch ist das Ganze wohl rechts von der “FAZ” angesiedelt. “Bürgerlich-liberal” nennt es Chefredakteur Eric Gujer und relativiert: “In der Schweiz ist vieles Mainstream, was in Deutschland schon als rechts gilt.”

6. Eintrittskarte ins Kopfkino
(zeit.de, Richard Diesing)
Dank des Internets ist eine lebendige deutsche Hörspielszene entstanden. Richard Diesing über Hörspielautoren, Hörspielmacher und eine treue Community.

Der Riesen-Bärenklau-Wikipedia-Klau von Bild.de

Die Britin Leslie Nisbet lief neulich 21 Stunden lang, völlig freiwillig, sie startete schließlich bei einem 111-Kilometer-Lauf. Einen großen Teil dieser Zeit verbrachte Nisbet in der Sonne, was zu völlig verbrannten Waden führte, auf denen sich später große Balsen bildeten, gefüllt mit Wundwasser.

Bild.de berichtete gestern von dem Fall:

Nach 21-Stunden-Lauf in der Sonne - Britin schockiert mit Mega-Brandblasen
(Unkenntlichmachung durch uns.)

Es gibt die Vermutung, dass die heftigen Verbrennungen entstehen konnten, weil Leslie Nisbet sich nur zu Beginn des Laufs mit Sonnencreme eingerieben hat, und diese durch Schweiß und das Laufen durch Bäche ziemlich schnell verschwunden war (Bild.de recht erbarmungslos: “Wer nicht schmieren will, muss fühlen!”).

Es gibt aber auch die Vermutung, dass sie während des Laufs mit einer Giftpflanze namens Riesenbärenklau in Berührung gekommen ist. Deswegen erklärt die Bild.de-Redaktion ihren Leserinnen und Lesern ganz zum Schluss des Artikels noch mal schnell, was es mit dem Riesenbärenklau so auf sich hat:

Der Riesenbärenklau bildet photosensibilisierende Substanzen (Substanzen, die die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen), die in Kombination mit Sonnenlicht oder auch stärkerem Lampenlicht phototoxisch (giftig für die Haut) wirken. Berührungen in Verbindung mit Tageslicht können bei Menschen und anderen Säugetieren zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen, die schwer heilen und wie Verbrennungen erscheinen (Photodermatitis). Es wird deshalb empfohlen, beim Umgang mit der Pflanze vollständige Schutzkleidung zu tragen, zu der auch ein Gesichtsschutz gehört.

Der Riesenbärenklau wurde 2008 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.

Und wenn Sie jetzt meinen, dass das genau so auch bei “Wikipedia” stehen könnte — völlig richtig. Denn genau so steht es auch bei “Wikipedia”:

Der Riesen-Bärenklau bildet photosensibilisierende Substanzen aus der Gruppe der Furocumarine, die in Kombination mit Sonnenlicht oder auch stärkerem Lampenlicht phototoxisch wirken. Berührungen in Verbindung mit Tageslicht können bei Menschen und anderen Säugetieren zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen, die schwer heilen und wie Verbrennungen erscheinen (Photodermatitis). Es wird deshalb empfohlen, beim Umgang mit der Pflanze vollständige Schutzkleidung zu tragen, zu der auch ein Gesichtsschutz gehört. Der Riesen-Bärenklau wurde 2008 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.

Auf die Quellenangabe hat Bild.de beim Riesen-Bärenklau-Wikipedia-Klau verzichtet.

Mit Dank an @schuggumuggu für den Hinweis!

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