Voswinkels “Wahrheit 4”, die zur Überschrift bei Bild.de geführt hat, lautet:
Ein Tempolimit verhindert keine tödlichen Unfälle. Ob man mit 130 km/h oder 160 km/h verunglückt — die Folgen sind in beiden Fällen zumeist tödlich.
Das mag sein — wobei wir uns durchaus vorstellen können, dass es einen Unterscheid macht, ob man mit 160 km/h oder mit 130 km/h auf ein Auto brettert, das beispielsweise mit 100 km/h von der rechten auf die linke Autobahnspur ausschert.
Der entscheidende Punkt ist aber ein anderer: Voswinkel geht davon aus, dass es einen Unfall gibt, und schaut sich dann die Auswirkungen verschiedener Geschwindigkeiten an. Die wenigen Studien, die es zum Thema gibt, zeigen aber, dass ein Tempolimit schon früher ansetzt: Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h kommt es gar nicht erst zu so vielen Unfällen — und damit auch nicht zu so vielen tödlichen Unfällen — wie ohne Tempolimit.
Das Land Brandenburg hat bereits Ende 2002 auf einem 62 Kilometer langen Abschnitt der A24 eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h eingeführt (an den dazugehörigen Autobahndreiecken beträgt sie 120 km/h). Eine Studie hat unter anderem die Unfälle vor und nach Einführung untersucht (PDF). Die Ergebnisse sind ziemlich deutlich: In den drei Jahren zuvor gab es auf der Strecke 654 Unfälle, in den drei Jahren danach nur noch 337. Das entspricht einem Rückgang von 48 Prozent. Die Zahl der Verletzten und tödlich Verunglückten sank mit 57 Prozent noch stärker: von 838 in drei Jahren vor der Umstellung auf 362 in den drei Jahren danach. Allerdings war laut Studie auch die sogenannte Verkehrsstärke auf dem Abschnitt leicht rückläufig: von 47.200 Kfz pro 24 Stunden zwischen 2000 und 2002 auf 45.400 Kfz pro 24 Stunden zwischen 2004 und 2006.
Christian Frahm und Emil Nefzger haben sich bei “Spiegel Online” die Unfallstatistik für die 62 brandenburgischen Autobahnkilometer in einem noch größeren Zeitraum angeschaut:
Bemerkenswert ist vor allem die Entwicklung der Verletztenzahlen: So wurden von 1996 bis 2002 bei Unfällen auf diesem Autobahnabschnitt 1850 Menschen verletzt — im gleichen Zeitraum nach der Einführung der 130 km/h sank die Zahl um mehr als die Hälfte, auf 799 Verletzte.
Die Zahlen aus Brandenburg widerlegen auch die These des Verkehrsforschers Michael Schreckenberg, der sich gegen Tempolimits ausgesprochen hat. Auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar hatte er noch erklärt: “Ob ich mit Tempo 100 oder 160 vor den Baum fahre — ich bin in beiden Fällen tot.” Tatsächlich starben auf dem untersuchten Abschnitt der A24 in Brandenburg in den Jahren 1996 bis 2002 ohne Tempolimit 38 Menschen. Seit der Beschränkung auf 130 km/h im Jahr 2003 halbierte sich diese Zahl auf 19 Tote.
Ein Tempolimit kann, anders als Stefan Voswinkel bei Bild.de behauptet, offenbar tödliche Unfälle verhindern.
Das bestätigen auch Zahlen aus Nordrhein-Westfalen, die Frahm und Nefzger ebenfalls nennen:
Ein ähnliches Beispiel gibt es auch in Nordrhein-Westfalen, auf einem Autobahnabschnitt der A4 zwischen den Gemeinden Elsdorf und Merzenich. Dort wurde 2017 nach mehreren schweren Unfällen mit zahlreichen Verletzten und insgesamt neun Getöteten in den vorangegangenen drei Jahren ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde eingeführt. Nach Informationen des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) ereignete sich dort bis heute kein tödlicher Unfall mehr.
Ein Tempolimit könne laut der Studie aus Brandenburg übrigens noch weitere Vorteile haben: einen besseren Verkehrsfluss, eine höhere Kapazität und, da die sinkenden Unfallkosten die durch eine längere Fahrtzeit entstehenden zusätzlichen Kosten übertreffen, niedrigere Ausgaben für die Gesellschaft.
Vergangene Woche twitterte die Dresdner Seenotrettungsorganisation “Mission Lifeline”:
Oder in den Worten der “Bild”-Zeitung:
Und:
Nun bedarf es natürlich einer gewissen Interpretation, um in den Tweets einen handfesten “Aufruf zum Eingehen von Scheinehen” zu erkennen. Doch hat “Bild” hier nicht nur großzügig skandalisiert — sondern auch schlichtweg Falsches behauptet. So heißt es im Artikel:
Kapitän Claus-Peter Reisch (57) steht derzeit in Malta wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht.
Das stimmt nicht. Vorgeworfen wird ihm nicht Schleuserei, sondern dass er sein Schiff fehlerhaft registriert habe.
Gegen die falsche Behauptung gehen die Seenotretter nun vor (es gebe auch andere falsche Darstellungen, sagte uns ihr Sprecher Axel Steier auf Anfrage, doch diese müssten sie hinnehmen, weil es Meinungsäußerungen seien). Sie fordern Unterlassung und eine Gegendarstellung — auch von der “Welt” und der “Kronen Zeitung”, die die falsche Tatsachenbehauptung (im TV beziehungsweise online) ebenfalls verbreitet hätten.
Den Vorwurf, hier werde zu Scheinehen aufgerufen, weist der Sprecher zurück. Gegenüber der Nachrichtenagentur epd betonte er, die Formulierung sei “im Grunde streng christlich” gemeint gewesen: “Wir finden die Institution der Ehe wirklich wichtig.” In Zukunft werde man aber “alles dreimal gegenlesen und noch eindeutiger formulieren”.
1. Wie Volkswagen Journalisten gängelt (horizont.net, Ulrike Simon)
Volkswagen lädt Journalistinnen und Journalisten zu einer Veranstaltung ein. So weit, so normal. Ab da wird’s aber bemerkenswert: Der Konzern schreibt vor, dass nicht fotografiert werden darf, nicht gefilmt werden darf, nicht mitgeschrieben werden darf. Und sollte anschließend doch jemand etwas veröffentlichen wollen, dann nur, nachdem er oder sie VW die Zitate “und auch die Fakten”, “die Sie gedenken zu verwenden”, zuvor zugeschickt hat. Man könne den Zugang zur Veranstaltung “leider nur gewähren, wenn wir die Artikel vor Veröffentlichung einmal sehen und ggf. ändern können”. Ulrike Simon fragt: “Heißt das mit anderen Worten: Ist der Ruf erst ruiniert, zensiert es sich ganz ungeniert?”
2. Jury-Berufung von “Don Alphonso” in der Kritik (deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Rainer Meyer, besser bekannt als “Don Alphonso”, sitzt in diesem Jahr erstmals in der Jury des Medienpreises des Bundestages. Dass einer, der in seinen Blog-Beiträgen und Tweets immer wieder von “Merkels Medienpaladinen”, “Relotiusmedien” und “Systemredakteuren” spricht, nun über einen renommierten journalistischen Preis mitentscheiden soll, können einige kaum fassen.
3. Raus aus der Blase: Pfleger wird Politikchef (ndr.de, Sebastian Friedrich)
Laut einer Studie haben drei Viertel der Journalistinnen und Journalisten in Deutschland einen Hochschulabschluss. Das Medienmagazin “Zapp” hat mit einem gesprochen, der über einen deutlich anderen in den Journalismus gekommen ist: Jan Jessen ist ausgebildeter Krankenpfleger, war Sänger in einer Punk-Band, wohnte in besetzten Häusern und leitet heute das Politik-Ressort der “Neuen Ruhr Zeitung”. Für ihn sei die soziale Öffnung überlebenswichtig für die Branche.
4. Ich dachte naiverweise, dass der Focus Ärzte empfiehlt, weil sie gut sind (facebook.com/yael.adlerdr, Yael Adler)
1900 Euro plus Mehrwertsteuer kostet es, um laut “Focus” ein guter Arzt, Pardon, ein “empfohlener Arzt in der Region” zu sein. Soviel will die BurdaNews GmbH haben, damit man ein entsprechendes “FOCUS-Empfehlungssiegel” verwenden darf. Yael Adler, selbst Ärztin, hat ein solches Angebot “von einem empörten Kollegen” zugespielt bekommen und bei Facebook veröffentlicht.
5. Soziale Netzwerke: Wo Mitgefühl überbewertet wird (nordbayern.de, Christian Urban)
Nach den Meldungen zum Tod zweier Jugendlicher in Nürnberg und zum Tod eines Zweijährigen in Spanien habe er mit Mitgefühl und Anteilnahme gerechnet, schreibt Christian Urban: “Das wären die Reaktionen, die man nach solch tragischen Ereignissen erwarten sollte. Nicht gerechnet hatte ich allerdings mit den Kommentaren zahlreicher Nutzer auf unseren Facebook-Seiten.” In einer recht deftigen “Wutrede” richtet sich der Online-Redakteur an jene Nutzer: “Haltet einfach die Klappe. Eure noch nicht komplett abgestumpften Mitmenschen werden es Euch danken. Und ich sowieso.”
6. Pressefreiheit auch für Saftpressen (instagram.com, Jan Josef Liefers)
“Steht er jetzt noch zu ihr?” steht in großen Buchstaben auf der Titelseite eines Klatschmagazins, dahinter die Fotos von Schauspielerin Anna Loos und Schauspieler Jan Josef Liefers. Diese Schlagzeile hat die zehnjährige Tochter der beiden offenbar so verunsichert, dass sie bei ihren Eltern in einer Familien-Whatsapp-Gruppe nachfragte, was da los sei. Liefers veröffentlichte den Chatverlauf und schrieb dazu: “Eines dieser unterirdischen Klopapiere hat es mal wieder geschafft. Seid ihr stolz auf Euch?”
Seit 28 Jahren wird in Deutschland das “Unwort des Jahres” gewählt — sehr zum Gefallen der “Bild”-Zeitung, die seit vielen Jahren gerne darüber berichtet, oft sogar auf der Titelseite.
Auch über die jüngste Wahl zum “Unwort des Jahres 2018” hat “Bild” vor ein paar Tagen wieder berichtet. Diesmal aber mit einer, nun ja, leichten Änderung im Ton. Die Zeitung schreibt:
Die Jury der sogenannten „Sprachkritischen Aktion“ aus Sprachwissenschaftlern hat die Formulierung „Anti-Abschiebe-Industrie“ von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (48) zum „Unwort des Jahres 2018“ gekürt – und löst damit kritisches Nachfragen aus.
Und zwar in erster Linie bei den Autoren des “Bild”-Artikels, Filipp Piatov und Ralf Schuler, die empört fragen: “Wer ist die Sprachpolizei überhaupt?” “Was hat die Sprach-Jury auszusetzen?” Und vor allem: “Wer soll das noch verstehen?”
“Niemand hat diese Jury legitimiert”, zitieren sie einen Sprachprofessor. Die Jury stehe “immer auf der sicheren Seite der politischen Korrektheit”. Diese ganze Sache sei “eine Farce”.
Man dürfe, so das bittere Fazit der “Bild”-Autoren, in diesem Land eben nicht mehr öffentlich sagen, was man möchte:
Nach der Kritik von Sport-Star Stefan Kretzschmar (45) diskutiert Deutschland, ob man eigentlich noch öffentlich sagen kann, was man möchte. Erkenntnis seit gestern: Ja, darf man. Es sei denn, es passt der Sprachpolizei nicht…
Die Antwort dürfte den “Bild”-Lesern spätestens seit dem “Unwort”-Artikel klar sein. Stichwort: Political Correctness! Stichwort: Sprachpolizei!
Jahrelang hielt die “Bild”-Zeitung die Wahl zum “Unwort des Jahres” für eine berichtenswerte Nachricht, sie widmete ihr prominente Plätze auf der Titelseite, machte regelrecht Werbung dafür: Diese Begriffe stehen zur Auswahl!So können Sie Vorschläge einreichen!Das sind die Gewinner!
… und auf einmal ist sie das Werk der “Sprachpolizei”, die mit ihrer “politischen Korrektheit” die Meinungsfreiheit in diesem Land einschränken will.
Ganz neu sind diese Argumente und Begrifflichkeiten freilich nicht. 2017 schrieb die AfD zum Unwort des Jahres, hier schwinge sich “eine Gesellschaft zur Sprachpolizei” auf. 2018 schrieb “Compact”: “Das Unwort des Jahres 2017 steht fest. Na, toll – und jetzt? Was soll dieser Zirkus eigentlich? Will uns die Sprachpolizei hier rhetorisch einnorden? Alles frei nach Orwell: ‘Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken?'” Und “Tichy’s Einblick” erklärte vor ein paar Tagen, die Wahl zum “Unwort” diene “Linksintellektuellen” lediglich dazu, “Andersdenkende lächerlich zu machen und zu diffamieren”. Überschrift: “Jährlich meldet sich die linke Sprachpolizei”.
1. Ein Dreiklassensystem (taz.de, Jürn Kruse)
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat in Kooperation mit der Bundestagsfraktion der Linken eine Studie herausgegeben, in der fast 2.000 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Beschäftigungsbedingungen und Bezahlung befragt wurden. 94 Prozent der Befragten fühlen sich gegenüber den Festangestellten von ARD, ZDF, “Deutschlandradio” und “Deutsche Welle” benachteiligt. 66 Prozent würden laut eigener Aussage für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen als Festangestellte.
2. Zuckerberg bricht sein Whatsapp-Versprechen (sueddeutsche.de, Jannis Brühl)
Derzeit sieht es ganz danach aus, als würde Facebook die Whatsapp-, Instagram- und Messenger-Technik miteinander verschmelzen lassen. Jannis Brühl kommentiert: “Zuckerberg bricht die Versprechen, die er Nutzern wie Mitarbeitern von Instagram und Whatsapp gab, als er die Firmen kaufte. Sie würden unabhängig bleiben, hieß es, und, im Fall von Whatsapp: Die Daten der Nutzer sollten sicher bleiben, wie es den Gründern des Messengers immer am Herzen lag. Sie taten öffentlich kund, wie sehr sie Werbung und Überwachung hassten — die zentralen Ideen hinter Facebooks Geschäftsmodell. Das Whatsapp-Team war die letzte Verteidigungslinie für die Privatsphäre der Nutzer im Konzern. Mittlerweile hat Zuckerberg die Gründer vergrault. Jetzt regiert er durch.”
3. “Der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln” – ZDF-Mann Walde verzweifelt an SPD-Umweltministerin Svenja Schulze (meedia.de)
Ein mögliches Tempolimit beherrschte in den vergangenen Tagen die Diskussionen in Deutschland. Da lag es für den ZDF-Journalisten Thomas Walde nahe, die Bundesumweltministerin Svenja Schulze zu der Thematik zu befragen. Doch diese will wieder und wieder nicht antworten. Thomas Walde dazu auf Twitter: “Ich habe eben Umweltministerin Svenja Schulze, SPD gefragt, wie ihre Position zu einem Tempolimit ist. Dann habe ich sie das nochmal gefragt. Dann nochmal. Und nochmal. Und nochmal.”
4. Die “Fake News”-Falle (medienblog.hypotheses.org, Mandy Tröger)
Christian Wendelborn, Philosoph an der Universität Konstanz, plädierte im Rahmen der Fachtagung “Fake” dafür, auf den Begriff der “Fake News” zu verzichten. Dieser habe keine feste Bedeutung, es handele sich um einen politischen Kampfbegriff, ein “epistemisches Schimpfwort” und er diffamiere die Konsumenten.
5. Wühlen in privaten Daten (deutschlandfunk.de, Daniel Bouhs und Caroline Schmidt)
Vor wenigen Wochen kursierten im Netz privateste Daten von Politikern, die im Rahmen eines “Adventskalenders” unter noch nicht ganz geklärten Umständen veröffentlicht wurden. Für Redaktionen stellt sich die medienethische Frage: Dürfen sie die Dokumente durchforsten, obwohl sie ihnen nicht gezielt zugespielt wurden?
6. Do You Still Have A Job At BuzzFeed? (buzzfeed.com, Jason Sweeten)
Beim US-amerikanischen Medienunternehmen “BuzzFeed” kommt es zu gewaltigen Umstrukturierungen. Angeblich will das Unternehmen rund 200 Stellen streichen. Jason Sweeten hat daraus das Quiz “Do You Still Have A Job At BuzzFeed?” gebastelt, das er wo veröffentlicht hat? Genau: natürlich auf “BuzzFeed”!
… sagt Schöneberger im Gespräch mit “Bild”. Dann war das wohl ihr letztes Interview mit den “Bild”-Medien.
Wenn Luna (11) auf dem Parkett tanzt, merkt man: Sie hat Rytmus im Blut!
(Bild.de am 10. Januar 2019)
Brungs: “Ishak ist leider immer bisschen verletzt, deshalb findet er nur schwer seinen Rythmus, obwohl er ein guter Spieler ist.”
(Bild.de am 6. Dezember 2018)
Eröffnet werden die Einzel ab 12:05 Uhr im 12-Minuten-Rhytmus, wobei das finale Match von Tee 1 um 14:17 Uhr starten soll.
(Bild.de am 29. September 2018)
Saracchi: “(…) Dort wird im Vierjahres-Rythmus von Olympia zu Olympia gedacht.”
(Bild.de am 4. September 2018)
Noval Djokovic hat dagegen direkt einen guten Rhytmus und erspielt sich einen Breakball.
(Bild.de am 19. August 2018)
Für Slovan Bratislava ist es bereits das dritte Spiel in der Europa League Qualifikation. Ein bisschen europäischen Rythmus haben sie also schon in den Beinen.
(Bild.de am 9. August 2018)
Das bringt die Eisbären aus dem Rythmus — Ausgleich!
(Bild.de am 24. April 2018)
Pella setzt zum slice an und stört damit den Rhytmus vom Schweizer, der prompt nur mit dem Rahmen den Ball trifft und verzieht.
(Bild.de am 15. Juni 2018)
Comeback-Weltmeister Nigel de Jong bei Sky: “(…) Ich brauche jetzt den Rythmus, brauche Spiele.”
(Bild.de am 13. Januar 2018)
Das Angebot richtet sich speziell an Frauen, im 30-Minuten-Rythmus wird per Zirkeltraining der Körper in Schwung gebracht.
(Bild.de am 6. Oktober 2017)
Der ungarische Coach nimmt eine Auszeit, um den Rhytmus der deutschen Aufschlägerin zu unterbrechen.
(Bild.de am 24. September 2017)
Auf dem Kurs in Spa fand Vettel im Training nicht zu seinem Rhytmus.
(Bild.de am 25. August 2017)
Das Beste: Das Rekordschiff bleibt Hamburg treu und wird im 12-Wochen-Rhytmus immer wieder bei uns festmachen.
(Bild.de am 5. August 2017)
Darmstadts Verteidiger Fabian Holland (26) leidet unter dem Wolff-Parkinson-White-Syndrom, das kann zu Herz-Rhytmus-Störungen führen kann.
Wenn ein “Bild”-Artikel schon so anfängt, sollte man schnell in Deckung gehen:
Die Diesel-Debatte dröhnt durch Deutschland, ohne dass man wirklich weiß, was man nun glauben soll: Sich widersprechende Experten, Ärzte, Politiker — viel Meinung, aber oft wenig Wissen. BILD bringt Ordnung ins deutsche Diesel-Durcheinander. Hier 10 Fakten, die jeder zur Kenntnis nehmen sollte
Tom Drechsler, Chefredakteur Auto der “Bild”-Gruppe sowie Schutzpatron der Pendler, und Stefan Voswinkel, stellvertretender Chefredakteur Auto der “Bild”-Gruppe, haben “Mitrede-Fakten zum Diesel-Durcheinander” zusammengetragen:
… die am vergangenen Freitag auch in der gedruckten “Bild” erschienen sind:
Wie wenig Interesse Drechsler und Voswinkel jedoch an tatsächlicher Aufklärung haben, zeigen sie zum Beispiel in ihrem “Fakt” Nummer 8:
8. Kalifornien hat die strengsten Umweltgesetze der Welt. Trotzdem gilt dort ein NOx-Grenzwert von 58 µg/m³ Luft als nicht gesundheitsgefährdend, bei uns sind es 40 µg. Hätten wir die US-Grenzwerte, gäbe es in keiner einzigen deutschen Stadt ein Dieselfahrverbot!
Wer jetzt glaubt, dass keine deutsche Stadt bei den Stickoxiden (NOx) über dem kalifornischen Grenzwert liegt, ist auf den Trick der beiden “Bild”-Redakteure reingefallen. Geschickt vermischen sie verschiedene Vorgaben und lassen ein wichtiges Detail weg: Der Grenzwert in Kalifornien und die “US-Grenzwerte” sind nämlich zwei sehr unterschiedliche Dinge. Während in Kalifornien (und in einigen US-Bundesstaaten, die sich angeschlossen haben) ein Grenzwert von 57 µg/m³ (und nicht, wie “Bild” schreibt, 58 µg/m³) gilt, liegt er im Rest der USA bei 100 µg/m³. Die Aussage “gäbe es in keiner einzigen deutschen Stadt ein Dieselfahrverbot!” bezieht sich also auf einen deutlich höheren Grenzwert und hat nichts mit den Vorschriften in Kalifornien zu tun. Im Gegenteil: Auch bei Anwendung des kalifornischen Grenzwertes würde es in Deutschland Fahrverbote geben (PDF).
Weiter zu “Fakt” 6, wo Drechsler und Voswinkel aus einer Korrelation eine Kausalität machen:
6. 2010 überschritt die Zahl der Autos auf der Erde erstmals die Milliardengrenze, bis 2020 werden es 1,3 Milliarden sein. Die Lebenserwartung der Menschen steigt aber jedes Jahr. Laut WHO in den letzten 50 Jahren um 20 Jahre. Deutschland gehört zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung: 80,8 Jahre.
Jeden Erwachsenen, der in einer Diskussion diese Nebelkerze als “Mitrede-Fakt” verkaufen wollte, würde man auslachen.
Oder “Fakt” 5, wo Tom Drechsler und Stefan Voswinkel als Argument gegen Elektroautos den Umstand anführen, dass diese — wie alle anderen Autos auch — Reifen haben, bremsen müssen und über Straßen fahren, auf denen Dreck liegt:
5. E-Autos sind nicht die Rettung. Sie fahren zwar emissionsfrei. Allerdings führen auch beim E-Auto Reifen- und Bremsabrieb zu Feinstaubbildung, außerdem der Dreck auf der Straße, den sie aufwirbeln.
Im vergangenen Jahr hat das Duo Drechsler/Voswinkel bereits ein “BILD-MANIFEST” mit Falschem und Verdrehtem aus der “Diesel-Hölle” veröffentlicht. Dass “viel Meinung, aber oft wenig Wissen” in der durch Deutschland dröhnenden Diesel-Debatte steckt, dürfte auch das Verdienst der zwei “Bild”-Auto-Chefs sein.
1. taz zwingt Bayer in die Knie (taz.de, Jost Maurin)
Als der Chemiekonzern Bayer der “taz” eine satirische Titelseite zum Pestizid Glyphosat verbieten lassen will, kehrt die Zeitung den Spieß um und kontert mit einer sogenannten “negativen Feststellungsklage”. Das Ziel: Die offizielle Feststellung, dass die Zeitung die Titelseite verbreiten und der Konzern nicht das Gegenteil verlangen darf. Nachdem die “taz” die Klage vorgelegt hatte, gab der Chemieriese auf und verpflichtete sich, nicht gegen die Berichterstattung vorzugehen. “taz”-Justiziar Eisenberg kommentiert: “Die Kosten hat die Beklagte zu tragen. Sie ist zu feige, um sich dem Verfahren zu stellen. Die Beklagte wollte eine kritische Berichterstattung mit Drohungen unterbinden und hat jetzt Sorge, daß diese Drohung ins Leere geht. Allein deshalb will sie den Prozeß nicht. Sie kneift.”
2. Wie kann es sein, dass Claas Relotius 2018 zum vierten Mal mit dem Deutschen Reporterpreis ausgezeichnet wurde? – Ein Erklärungsversuch (reporter-forum.de, PDF)
Das “Reporter-Forum” hat Claas Relotius viermal mit dem Deutschen Reporterpreis ausgezeichnet. In einer Stellungnahme versuchen Jurymitglieder zu erklären, welche Argumente für und welche Argumente gegen Relotius’ letzte Auszeichnung sprachen, wie die ganze Debatte zu beurteilen sei, und was man aus dem Fall lernen könne.
Der Journalist Wolfgang Michal kommentiert auf Twitter: “Das eigentlich Besorgniserregende ist, dass Journalistenjurys Verkitschung nicht erkennen. Die meisten Geschichten waren aus zweiter Hand. Abgestaubt aus Esquire, LA Times, NYT, Mother Jones u. preisgekrönten Dokumentarfilmen. Man findet sie beim ersten googeln.”
3. Rannenberg und Friends (peterbreuer.me)
Werbetexter und Kreativ-Genie Peter Breuer ist für seine feinsinnigen Tweets und seinen kultivierten Humor auf Twitter bekannt (wer ihm noch nicht auf Twitter folgt: hier nachholen). Von ihm stammen unzählige geistreiche Sprüche, Wortspiele und Bildwitze, die von anderen dreist geklaut und wirtschaftlich ausgebeutet werden. Jüngstes Beispiel: Sein Satz “Brettspiel für eine Person? Bügeln.”, der vom Hamburger Postkartenverlag “Rannenberg und Friends” vermarktet werde. Breuer hat sich an die Chefin des Unternehmens gewandt und ist dort auf wenig Einsicht gestoßen: “Ich ekle mich vor dieser Frau, aber selbst das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels gibt ihr die Gelegenheit, sich mit ihrem zauberhaften “Non-Book-Sortiment” als Rettung des stationären Buchhandels zu gerieren. Dabei sind ihr Autoren scheißegal, solange die Kohle stimmt.”
4. “Es geht um die Leser in ihrer Rolle als Verbraucher” (message-online.com)
Die Journalismus-Zeitschrift “Message” hat sich mit den Wirtschaftsjournalisten Jens Bergmann (“brand eins”) und Jan-Henrik Petermann (dpa) über das neue Selbstverständnis ihres Berufszweigs unterhalten. Es geht um die Funktionen von Wirtschaftsjournalismus, den Umgang mit den riesigen PR-Apparaten großer Unternehmen und um die Frage, wie man trotz oft fehlender Auskunftspflichten an Interna kommen kann.
5. Amazon lässt Mitarbeiter fürs Image twittern (br.de, Manuel Mehlhorn)
Der Versandhändler Amazon sieht sich immer wieder Kritik ausgesetzt, zum Beispiel wegen der Arbeitsbedingungen oder der beharrlichen Weigerung, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Versandhandelstarif zu bezahlen. Wer auf Twitter kritische Worte gegenüber Amazons Geschäftsgebaren äußert, wird unter Umständen “Anne”, “Andrea”, “Rico” und “Andreas” kennenlernen. Die sogenannten Amazon-Botschafter versuchen das in dieser Hinsicht schlechte Image des Versandriesen mit allerlei positiv klingenden Worten zu polieren.
6. Schauspieler spendet für seinen Internet-Troll (spiegel.de)
Patton Oswalt ist ein US-amerikanischer Komiker und Schauspieler und vielen Zuschauern aus der Serie “King of Queens” bekannt. Als Oswalt auf Twitter angerüpelt wurde, spendete er seinem Angreifer laut “Washington Post” 2.000 Dollar und rief dazu auf, es ihm nachzutun. Der Schauspieler hatte sich die Timeline des Pöbelnden angeschaut und festgestellt, dass dieser große gesundheitliche Probleme habe. “Da wäre ich auch sauer”, so Oswalt. Mittlerweile ist das Spendenkonto des Erkrankten auf über 40.000 US-Dollar angewachsen.
Beim WDR ereignete sich in den vergangene Tagen eine Geschichte, die sehr an die Kokainaffäre des Fußballtrainers Christoph Daum im Jahr 2000 erinnert. Dieser sollte eigentlich Coach der deutschen Männer-Nationalmannschaft werden, doch es gab die starke Vermutung, dass er Kokain konsumierte, ein Verhalten, das der um einen “sauberen Sport” bemühte DFB nicht dulden konnte. Die Vorwürfe standen, vorgebracht durch Uli Hoeneß, im Raum. Daum bestritt heftig und bot schließlich zu seiner Ehrenrettung auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz eine freiwillige gerichtsmedizinische Überprüfung seiner Haare auf Kokainrückstände an. Dort verkündete er: “Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe”.
Als das Resultat der Haarprobe schließlich mit einem positives Testergebnis feststand, war wissenschaftlich belegt, dass Daum gelogen hatte. Bis heute wird darüber gerätselt, warum er sich im Wissen über das zu erwartende Ergebnis in eine solche Situation brachte, die zu einem riesigen Skandal führte.
Und nun zum WDR.
Dessen Radiosender WDR 5 hatte auf seiner Homepage ein Interview mit dem Blogger David Berger angekündigt. Berger ist eine schillernde Figur der Neuen Rechten. Er tritt mit Mitgliedern der Identitären Bewegung auf, sitzt im Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung der AfD, sein Blog ist nicht nur eines der reichweitenstärksten der Szene, sondern verzeichnet laut “Correctiv” bei Facebook und Twitter mehr Interaktionen als taz.de oder Tagesspiegel.de. Dort werden immer wieder Beiträge veröffentlicht, die auch objektiv betrachtet als Hetze gegen Minderheiten bezeichnet werden müssen. Unter anderem wurde dort der “Johannes Gabriel”-Text erstveröffentlicht, der Homosexuelle mit Pädophilie assoziierte und der später, nach seinem Abdruck in der “FAZ”, vom Presserat als “diskriminierend” gerügt wurde.
Die Rechercheplattform “Correctiv” weist in einem Faktencheck völkische Rhetoriken und reihenweise Falschmeldungen nach, vor allem seine Kritik am Islam habe Berger mittlerweile auf die Spitze getrieben:
Schlagzeilen auf seinem Blog lauten:
“‘Goldstücke’ oder die Wiederkehr der Zoophilie” (25.05.2018)
“Bombenentschärfung, Messer- und Giftattacken: Auch in Frankreich wird Ramadan gefeiert” (19.05.2018)
“ISLAMische Merkmale: Dominanzdenken, Kritikresistenz, Schuldverweigerung, Opferrollen und Forderungsmentalität” (03.10.2017)
“Europa: ‘Eines Tages wird das alles uns gehören'” (24.08.2017).
In der Vorab-Information des WDR zum “Tischgespräch” mit David Berger war nichts über die öffentliche Rolle zu lesen, die dieser seit Jahren einnimmt. “Verharmlosend” ist ein viel zu verharmlosendes Wort für die Beschreibung, die der WDR für seinen Gesprächsgast wählte. Er sei bei manchen Schwulen zur Hassfigur mutiert und mache sich mit den politischen Äußerungen in seinem Blog “bei vielen unbeliebt”, heißt es dort lediglich.
In den sozialen Netzwerken wuchs folglich der Protest darüber, dass der Sender seinen Hörerinnen und Hörern Basisinformationen über Berger vorenthielt. Außerdem wurde angesichts des Weglassens der aktuellen Rolle Bergers in der Ankündigung befürchtet, dass auch das Interview selbst keinerlei Einordnung und Reflexion seiner politischen Bedeutung enthalten würde.
All das, was Theaterautor, Blogger und Marketingexperte Johannes Kram schon so gemacht hat, würde nicht in diese Box passen. Deswegen hier unvollständig und im Schnelldurchlauf: Nicht nur, aber auch wegen seiner Medien-Kampagne ist Guildo Horn zum “Eurovision Song Contest” gekommen. In seinem neuen Buch “Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber” prangert er die “schrecklich nette Homophobie” auch in den Medien an. Für seinen “Nollendorfblog” bekam er eine Nominierung für den “Grimme Online Award”, er selbst erhielt 2018 den Tolerantia Award. Und mit “Seite Eins — Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone” hat er Boulevard-Kritik auf die Bühne gebracht. Dafür ein herzliches Dankeschön vom BILDblog.
Das wäre die Stelle gewesen, an der der WDR eine saubere Lösung hätte finden können. Das “Tischgespräch” war nämlich schon längst aufgezeichnet, und die Verantwortlichen wussten, dass die Befürchtungen der Kritiker (auch von mir in meinem “Nollendorfblog” geäußert) nicht nur berechtigt waren — in Wahrheit war alles noch viel schlimmer: Es gibt in der Sendung nicht nur keine kritische Auseinandersetzung; vielmehr hilft der Interviewer seinem Gesprächsgast sogar bei dessen Legendenbildung, unterstützt ihn dabei, nachweislich falsche Angaben über dessen Werdegang in sanftem Plauderton zu verquirlen. “Deutschlandradio Kultur” wird den Beitrag später als “journalistische Bankrotterklärung” bezeichnen. (Erst nach erneuter heftiger Kritik heftete der WDR einen Hinweis vor den Beitrag: “In dem Gespräch ist auch David Bergers Internetblog Thema. Darin veröffentlicht Berger zum Teil rechtsradikale und menschenverachtende Beiträge.”)
Als Erwiderung auf die Kritik hätte der WDR also zugeben können, dass da etwas falsch gelaufen ist. Man hätte sagen können, man möchte David Berger gerne noch einmal einladen, aber in eine Sendung, in der man auf eine kritische Auseinandersetzung vorbereitet ist. So hätte man zu einer Lösung kommen können, die sowohl den Berger-Kritikern als auch den -Unterstützern zu vermitteln gewesen wäre. Vor allem hätte man aber hier noch eine Entscheidung treffen können, die den eigenen journalistischen Prinzipien genügen könnte.
Stattdessen entschied man sich beim WDR für die Haarprobe. Der Sender platzierte eine Notlüge, von der alle Beteiligten wissen mussten, dass sie spätestens bei der Ausstrahlung des Gespräches auffliegen wird. Auf der Website wurde die Ankündigung des Berger-Interviews um einen Hinweis ergänzt, in dem es unter anderem heißt:
Die Redaktion hat über die Frage, ob es eine Sendung mit David Berger geben soll, im Vorfeld ausführlich diskutiert. Den Ausschlag gab letztlich die Überzeugung, dass WDR 5 auch mit Menschen in den journalistisch-kritischen Diskurs gehen möchte, die Positionen vertreten, die viele nicht teilen. Wenn unsere Gesellschaft die offene Diskussion will, dann sollte sie auch die verschiedenen Positionen kennen — selbst, wenn das für manche nur schwer zu ertragen sein mag.
So wie Christoph Daums “reines Gewissen” eine bewusste Irreführung war, so war es beim WDR das Beschwören eines beabsichtigten “journalistisch-kritischen Diskurses”. Der WDR musste wissen, dass das Interview genau das Gegenteil davon war. Trotzdem blieb der Sender bei dieser Behauptung, die bald jeder als falsch erkennen konnte.
Und wie Fußballtrainer Daum trieb sich der WDR immer tiefer in die Misere: Jetzt hatte man also nicht nur eine zur baldigen Ausstrahlung vorgesehene PR-Sendung für einen Rechtspopulisten. Man hatte auch das Versprechen des Senders, dem sei nicht so. Und nach wie vor entschied man sich dazu, auf der Ankündigungsseite des Senders keine angemessene Einordnung des Interviewgastes vorzunehmen, während man gleichzeitig den Protestlern auf Twitter permanent mitteilte, wie ernst man ihre Kritik nehme.
Am Vormittag der für den Abend geplanten Ausstrahlung ging dann der Senderchef selbst in die Offensive, um eine weitere Etage auf das Kartenhaus zu setzen. In der Sendung mit dem für die momentane Situation wunderbar zynischen Titel “Neugier genügt” nahm Florian Quecke Stellung zu den Vorwürfen. Er verteidigte unter anderem die unterlassenen Informationen im Ankündigungstext mit dem Hinweis darauf, dass es die Höflichkeit gebiete, einen Gast nicht schlechter als beschrieben aussehen zu lassen, und bestätigte damit zumindest, dass es in der ganzen Sache nie um journalistische Kriterien gegangen sein kann. Und er verteidigte die Einladung Bergers und behauptete, es handele sich lediglich um “das falsche Format”, weil das “Tischgespräch” vom Charakter her zu wenig politisch konfrontativ sei.
Aus dem Umfeld des Senders hört man, dass die Einladung Bergers in die Sendung “Tischgespräch” allerdings kein Unfall gewesen sei; das Gespräch habe genau so stattfinden sollen. Die journalistische Katastrophe sei nicht aus Unwissenheit passiert, sondern weil der Gesprächsführer exakt gewusst habe, wen er da vor sich haben wird: “Tischgespräch”-Moderator Ulrich Horstmann soll diesen Gast für genau dieses Format gewollt haben. Man merkt dem Gespräch an, dass der Moderator nicht undankbar dafür ist, an gewissen Stellen nicht nachfragen zu müssen. Insofern war es genau das richtige Format.
Wir haben beim WDR nachgefragt. Dort sagte man uns, dass die Redaktion sich dazu entschieden habe, “David Berger einzuladen, weil sie seine Entwicklung vom Kirchenkritiker und gefragten Talkgast zum polemisierenden Publizisten am rechten Rand nachzeichnen wollte.” Doch auch das ist nicht gerade glaubwürdig: Die Radikalisierung Bergers spielte in der Sendung nicht nur keine Rolle, der Interviewer stellte sie durch Suggestivfragen sogar in Abrede.
Wie es zu all dem kommen konnte, müsste der WDR mal erklären. Doch dafür müsste der Sender erst einmal eingestehen, dass so gut wie nichts von dem, was er bisher zur Sache verlautbart hat, mit der Realität in Einklang zu bringen ist. Der WDR müsste erst einmal runter. Runter vom Koks.
Nils ist 31, Baumaschinist und laut “Bild” ein echter Glückspilz:
Nils Heinecke (31) lebt ein Leben, von dem viele Männer vielleicht insgeheim träumen: Er teilt Tisch und Bett mit zwei Frauen. Er liebt sie beide, die beiden lieben einander, und alle gemeinsam ziehen sie drei Kinder groß.
Ist doch super, wenn alle damit einverstanden sind. Seine Familie stellte Nils gestern bei Bild.de vor:
Und auch in der Sachsen-Anhalt-Ausgabe der gedruckten “Bild” präsentierte er sein Glück:
(Unkenntlichmachung der Kinder durch uns.)
“Es ist die wohl außergewöhnlichste Dreiecksbeziehung Deutschlands!”, schreibt Autorin Doreen Beilke. Wir fragen uns ja, wie “Bild” wohl berichten würden, wenn Nils nicht Nils hieße, sondern beispielsweise Abdul, und nicht aus Halle käme, sondern beispielsweise aus Kandahar. Und wenn die Redaktion dann noch entdecken würde, dass die eine Freundin aktuell 19 Jahre alt ist, und “die wohl außergewöhnlichste Dreiecksbeziehung Deutschlands” vor “rund zwei Jahren” begonnen haben soll — na, da wär’ aber was los!