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Journalistische Meisterleistung

Prometheus ist in der griechischen Mythologie derjenige, der den Menschen das Feuer brachte. Nach Ansicht des Medienmagazins “V.i.S.d.P.” ist das ein schönes Sinnbild für guten Journalismus:

Das Feuergeschenk als Lichtbringer verweist auch auf die Aufgabe des Journalismus Aufklärung zu leisten. Journalismus ist für den gesellschaftlichen Fortschritt der Gesellschaft so unverzichtbar wie das Feuer.

Das Magazin hat deshalb seinen neuen Medienpreis, der im Januar erstmals die “Journalisten des Jahres” für ihre “großartige journalistische Arbeit” auszeichnet, “Goldener Prometheus” genannt — und bis hierhin kommen wir noch mit.

Unter den Nominierten ist auch Claus Strunz, Chefredakteur der “Bild am Sonntag”, mit der Begründung:

weil er im Streit um die Privatjet-Affäre mit Oskar Lafontaine der klare Sieger war.

BAMS musste eine Gegendarstellung Lafontaines drucken, in der dieser behauptete, nicht darauf bestanden zu haben, für ein Gespräch mit der Zeitung per Privatjet eingeflogen zu werden. Strunz platzierte ein Interview mit Medienanwalt Matthias Prinz direkt danaben. Frage: “Beweist eine Gegendarstellung, dass eine Zeitung falsch berichtet hat?” Antwort Prinz: “Nein.” Das saß.

Was “Bild am Sonntag” damals nicht schrieb und sich auch von Prinz nicht erklären ließ, ist, dass es nicht so einfach ist, sich eine Gegendarstellung vor Gericht zu erstreiten. Der Betroffene muss Belege für seine Version der Geschichte bringen. Wir wissen nicht, ob im konkreten Fall “Bild am Sonntag” oder Lafontaine die Wahrheit sagen. Mit offensichtlich unwahren Behauptungen kann man aber keine Gegendarstellung durchsetzen.

Was “Bild am Sonntag” ebenfalls nicht schrieb, ist, dass “Bild” und “Bild am Sonntag” sich fast immer weigern, Fehler richtigzustellen. Und dass beide Zeitungen sich auch in Fällen, in denen offenkundig ist, dass sie die Unwahrheit behauptet haben, juristisch gegen Gegendarstellungen der Betroffenen wehren.

Insofern kann man die Sache mit dem Prinz-Interview innerhalb einer eskalierten Privatfehde als einen Treffer bewerten, “der saß”. Man kann in ihm auch einen Kniff sehen, den juristischen Sieg Lafontaines zu entwerten. Dass man in ihm auch eine “journalistische Meisterleistung” sehen können soll, die der “Aufklärung” dient und preiswürdig ist, ist allerdings verblüffend.

In eigener Sache: Auch BILDblog ist für den “Goldenen Prometheus” nominiert. Die Jury nennt unsere Seite “medienhygienisch”. Da wir das nicht nur als Kompliment, sondern auch als Verpflichtung sehen, haben wir dem Veranstalter mitgeteilt, dass wir für einen Preis nicht nominiert sein wollen, der an dem Schlagabtausch zwischen Claus Strunz und Oskar Lafontaine irgendetwas für auszeichnungswürdig hält.

Nachtrag, 14 Uhr: Die Zeitschrift “V.i.S.d.P.” reagiert in ihrem Blog:

BILDBLOG möchte keinen “Goldenen Prometheus”, solange Claus Strunz auch nominiert ist. Und das hatten wir ganz vergessen: der ist ja böse. Na ja, Sartre wollte auch keinen Nobelpreis.

Nachtrag, 30. November, 17.45: V.i.S.d.P. bedauert unsere Entscheidung und nominiert uns nicht länger.

Vom Verrechnen

Dass Oskar Lafontaine inzwischen nicht mehr für “Bild” schreibt, heißt nicht, dass nicht gelegentlich doch noch was von ihm in “Bild” und “Bild am Sonntag” zu lesen wäre. Ganz im Gegenteil. Und so druckte “Bild” auch am vergangenen Montag wieder einen Text von ihm — Überschrift :

Gegendarstellung

Und erstaunlich ist das nicht. Hatte doch an ähnlicher Stelle vor vier Wochen folgende Überschrift in “Bild” gestanden:

"Oskar Lafonaine jetzt Dreifach-Verdiener!"

Und das stand da, weil Lafontaine laut “Bild” derzeit “als Abgeordneter, Fraktionschef und Pensionär” im Monat “zusammen rund 17.700 Euro” verdiene.

In seiner, ähm, Gegendarstellungskolumne widerspricht Lafontaine der “Bild”-Behauptung allerdings, indem er darauf hinweist, dass seine Abgeordnetendiäten monatlich nicht etwa 7009 Euro betrügen, wie “Bild” behauptet hatte, sondern 14 Euro und 10 Cent – weil nämlich seine Pension als Ex-Ministerpräsident des Saarlands mit seinen Bezügen als Abgeordneter “verrechnet” werde.

Und wie wir wissen, sind Redaktionen verpflichtet, eine Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt abzudrucken, weshalb am Ende manchmal Aussage gegen Aussage steht. Im aktuellen Fall allerdings stimmt Lafontaines Behauptung. Das mit der Verrechnung der Bezüge steht vielleicht verklausuliert, aber jedermann zugänglich im Abgeordnetengesetz (§ 29 Abs. 2 Satz 1 iVm Satz 4).

Weshalb sich nicht nur die Frage stellt, warum “Bild” nicht unter Lafontaines Gegendarstellung schreibt, was sie sonst so oft unter Gegendarstellungen schreibt (“Er hat recht.”), sondern auch, welcher Fahrlässigkeit es zu verdanken ist, dass man bei “Bild” die jedermann zugänglichen Paragraphen nicht eingesehen hat, bevor man die falsche Zahl in die Zeitung schrieb und die richtige anschließend per Gegendarstellung nachtragen ließ: Fast sieht es so aus, als ließe “Bild” ihren Ex-Kolumnisten die womöglich monatelang ohne Gegenleistung weitergezahlten Honorare abarbeiten – frei nach Lafontaines Motto: “Pacta sunt servanda.”

Mit Dank an Udo R. und Michael B. für den Hinweis.

Ende eines Wahlkampfs

Am 28. August, drei Wochen vor der Bundestagswahl, erschien eine “Bild am Sonntag”, deren Titelseite so aussah:

Und heute, fünf Wochen danach, sieht die Titelseite der “BamS” so aus:

Und weil die Titelgeschichte der “BamS” damals, vor acht Wochen, natürlich im Blatt weiterging, steht das Wort Gegendarstellung heute ein zweites Mal auf Seite 4:

Mit anderen Worten: In der längst eskalierten Privatfehde zwischen der “Bild am Sonntag” und Oskar Lafontaine, aus der von Anfang an nicht ersichtlich war, wer denn nun Recht hatte (oder den Streit geschickter für den Wahlkampf zu nutzen wusste), hat sich der ehemalige “Bild”-Kolumnist das Recht erstritten, den Tatsachenbehauptungen der “BamS” seine eigenen entgegenzusetzen. Laut Lafontaine ist die “BamS”-Behauptung nämlich “falsch”, ein sog. “Protokoll der Privatjet-Affäre” des “BamS”-Korrespondenten Bernhard Keller würde belegen, dass Lafontaine die Unwahrheit gesagt habe, als er öffentlich bestritt, für die Anreise zu einem “BamS”-Interview einen Privatjet angefordert zu haben: Weder habe seine Mitarbeiterin für ihn “einen Privatjet gefordert”, noch habe er selbst “eine solche Forderung gestellt”.

Unmittelbar unter der Gegendarstellung steht:

“BILD am SONNTAG ist zum Abdruck der vorstehenden Gegendarstellung unabhängig von deren Wahrheit gesetzlich verpflichtet. Wir bleiben bei unserer Darstellung.”

Und unmittelbar neben der Gegendarstellung steht dies:

Denn die “BamS” hat Matthias Prinz, “Deutschlands bekanntestem Medienanwalt”, einfach mal so ein paar Fragen gestellt: “Herr Professor Prinz, was ist eine Gegendarstellung?” zum Beispiel, “Steht in einer Gegendarstellung immer die Wahrheit?” oder eben: “Beweist der Abdruck einer Gegendarstellung, daß eine Zeitung falsch berichtet hat?”

Auf die letzte Frage antwortet Prinz:

“Nein, und deswegen sieht man ja manchmal auch Gegendarstellungen mit Anmerkungen der Redaktion, in denen es heißt: ‘Die Redaktion bleibt bei ihrer Darstellung. Es liegen uns die folgenden Beweise vor, aus denen sich ergibt, daß die Gegendarstellung unwahr ist…'”

Und dem ist nichts hinzuzufügen – außer zweierlei.

Erstens: Es gibt auch Gegendarstellungen, unter die eine Redaktion schreiben muss: XY hat Recht.” Und zweitens: Der von Prinz angeführte Satz mit den “Beweisen” steht unter Lafontaines Gegendarstellung nicht.

Mehr dazu hier und hier.

Schwups IV

Es hat lange gedauert. Die Axel Springer AG hat sich bis zuletzt mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, eine Gegendarstellung von Umweltminister Jürgen Trittin abzudrucken. Das Landgericht Berlin hatte sie bereits am 6. September mit einer einstweiligen Verfügung dazu verpflichtet. Eine Beschwerde Springers dagegen wies das Landgericht am 22. September zurück. Einen weiteren Antrag Springers gegen die Vollstreckung lehnte nun das Kammergericht Berlin ab.

Deshalb soll nach Auskunft des Ministeriums am morgigen Samstag auf Seite 2 der “Bild”-Zeitung folgende Gegendarstellung Trittins erscheinen:

“In der BILD-Zeitung vom 31. August 2005 verbreiten Sie auf S.2 unter der Überschrift “Benzin-Wut Die Sprüche der Politiker” über mich, ich hätte erst am Samstag (27. August 2005) im BILD-Interview allen Autofahrern geraten, ab und zu das Auto stehen zu lassen. Gestern — so schreiben Sie weiter — hätte ich auf BILD-Anfrage ein Drei-Punkte-Programm gegen die Belastung der Bürger durch hohe Spritpreise präsentiert, nämlich den Verzicht auf weitere Erhöhung der Besteuerung von Sprit durch die von Frau Merkel geplante Mehrwertsteuererhöhung; mehr Biosprit und sparsamere Autos. Dazu stelle ich fest: Genau diese drei Punkte habe ich bereits in dem Interview am Samstag der BILD-Zeitung “präsentiert”, in dem ich neben diesen Forderungen empfohlen habe, ab und zu das Auto stehen zu lassen und andere Fortbewegungsmittel zu nutzen.

Hintergrund ist, dass “Bild” (wie berichtet) die verschiedenen Vorschläge Trittins mehrere Tage lang auf die einzige Forderung verkürzt hatte, das Auto ab und zu stehen zu lassen. Das Kammergericht urteilte jetzt, dass die Formulierungen von “Bild” den Eindruck erweckten, Trittin habe tatsächlich zunächst nur diese Forderung aufgestellt und erst auf Nachfrage die “drei Punkte” präsentiert — was nachweislich falsch ist.

Über den Anspruch Trittins auf eine weitere Gegendarstellung auf Seite 1 sei noch nicht abschließend entschieden worden, sagte uns der Sprecher des Ministeriums, Michael Schroeren. Offen sei allerdings auch, ob Trittin weiter darauf bestehen werde.

“Bild” veröffentlicht Gegendarstellungen (entgegen anderslautender Behauptungen) am liebsten gar nicht und notfalls bevorzugt samstags. Dann ist die Auflage der Zeitung am niedrigsten.

Nachtrag, 23.10.2005:
Naja, und so sah sie dann aus am Samstag:

Kleinste Zweifel

FAZ:Wie war das eigentlich mit Gregor Gysis Hirn? Haben Sie Gysis Hirn gezeigt oder irgendeinen anderen Schädel?

Kai Diekmann: “Auf die hübsche Idee mit dem Gehirn hat uns zuerst Gregor Gysi selbst gebracht, als wir mit ihm über seinen Gesundheitszustand und die Belastungen der kommenden Wahl sprachen. Da hat er uns zu seinem Arzt geschickt. Bei dem Termin hat der Professor sogar noch mit Gregor Gysi telefoniert und uns mitgeteilt, er könne die Unterlagen aus der Krankenakte Gysi, die wir dann veröffentlicht haben, herausgeben. Da gibt es nicht den kleinsten Zweifel.”

(Aus einem FAZ-Interview mit dem “Bild”-Chef vom 15.9.2005)

Unter der Überschrift “Keine hübsche Idee” veröffentlicht die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” heute zu obigem Interview folgenden Leserbrief:

“K. Diekmann wird unter anderem gefragt, ob auf der Titelseite der ‘Bild’ vom 14. Juni mein Gehirn gezeigt worden sei oder nicht. Dieser Frage weicht K. Diekmann wohlweislich aus, es gibt nämlich nicht den kleinsten Zweifel, daß der abgebildete Gehirnquerschnitt nicht von mir stammt. Im Widerspruch zu seinen Behauptungen ist ‘die hübsche Idee’ mit dem Gehirn keineswegs auf mich zurückzuführen. Auch habe ich die Journalisten nicht etwa zu meinem Arzt geschickt. Schon gar nicht hat der Professor diesen gegenüber geäußert, er könne Unterlagen aus meiner Krankenakte zur Veröffentlichung herausgeben. Die Veröffentlichung ist ohne meine Kenntnis und ohne mein Zutun erfolgt. Ich habe nicht einmal geahnt, daß ‘Bild’ plante, meinen Gehirnquerschnitt auf der Titelseite zu präsentieren.

Dr. Gregor Gysi, Berlin”
(Verlinkung von uns.)

Die FAZ hat die eingangs zitierte Interview-Passage in ihrer Online-Ausgabe inzwischen ersatzlos und unkommentiert entfernt.

Mit Dank an Markus H. fürs FAZ-Lesen.

Nachtrag, 17:55:
Mittlerweile findet sich unter dem gekürzten Interview bei FAZ.net folgende “Anmerkung der Redaktion”:

Einzelne Absätze des Gesprächs sind aus rechtlichen Gründen bis zu einer abschließenden Prüfung entfernt worden.

Schwups III

Die “Bild”-Zeitung wird wohl auch in den nächsten Tagen ihre Seiten mit Gegendarstellungen von Menschen füllen müssen, über die das Blatt falsch oder irreführend berichtet hat. Am eindrucksvollsten dürfte eine Gegendarstellung von Umweltminister Jürgen Trittin ausfallen, die “Bild” in Schlagzeilengröße auf Seite 1 bringen muss. Eine weitere Gegendarstellung Trittins soll auf Seite 2 erscheinen.

Das Landgericht Berlin hat am Freitag nämlich den Einspruch der Axel Springer AG gegen zwei einstweilige Verfügungen zurückgewiesen. Es geht dabei (wie berichtet) um die “Benzin-Wut”-Kampagne von “Bild” gegen Trittin. “Bild” hatte die Empfehlungen des Umweltministers gegen die hohen Spritpreise (u.a.: zu sparsameren Autos wechseln, spritsparender fahren, Kraftstoffe wie Biodiesel einsetzen, ab und zu Bus und Bahn statt des Autos benutzen) auf die einzige Forderung verkürzt: “ab und zu das Auto stehen lassen”.

Das Landgericht Berlin sieht in dieser Verkürzung des Zitates eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes von Trittin.

An die Wiedergabe wörtlicher Zitate sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. (…)

Dass der Antragsteller den Rat, ab und zu das Auto stehen zu lassen, für den Fall gegeben hat, dass Bus oder Bahn genutzt werden könne, wird dem Leser ebenso verschwiegen wie die Tatsache, dass er weitere Vorschläge unterbreitet hat, die den Antragsteller nicht mehr in einem so arroganten Licht dastehen lassen wie es nach dem Ausgangsartikel der Fall ist, in dem der Antragsteller als jemand dargestellt wird, dem die Belange der Autofahrer völlig egal sind.

Bemerkenswert ist, wie die Axel-Springer-AG in dem Prozess laut Urteilsbegründung die Verkürzung von Trittins Aussagen verteidigt hat: Aus dem Interview habe die “Bild”-Zeitung “den einzig realistischen und praktikablen Vorschlag” Trittins herausgegriffen. Sie habe Trittin durch die Verkürzung sogar “vor noch heftigerer Kritik bewahrt, weil durch die hohen Benzinpreise in finanzielle Bedrängnis geratene Autofahrer es als Hohn empfinden müssten, dass sie sich ein neues Biodiesel-Auto kaufen sollten.

Im Klartext: “Bild” hat Trittin mit dieser sinnentstellenden Berichterstattung letztlich vor sich selbst geschützt:

Wut auf Trittin / "Der soll mal SEINEN Dienstwagen stehen lassen"

Und er ist nicht einmal dankbar.

Wie die Lotto-Szenen nicht in den “Tatort” kamen

Im vergangenen Sommer wurde eine Reihe von Fällen bekannt, in denen Unternehmen ihre Werbebotschaften gegen Geld in ARD-Sendungen wie “Tatort” und “Marienhof” untergebracht hatten. Für Aufsehen sorgte, dass sie sogar die Drehbücher in ihrem Sinne beeinflussen konnten.

In diesem “Schleichwerbe-Skandal” gab es einen bizarren Fall, der anders war: Der damalige Geschäftsführer der Produktionsfirma Studio Hamburg, Frank Döhmann, sah einen bereits fertiggestellten, aber noch nicht ausgestrahlten “Tatort” und entdeckte darin eine Szene, in der — aus rein dramaturgischen Gründen, ohne dass Geld im Spiel war — vor einer “Lotto”-Bude ein Lottoschein ausgefüllt und abgegeben wird. Dennoch gelang es Döhmann im Nachhinein über einen Vermittler, die Deutsche Klassenlotterie Berlin dazu zu bringen, für diese Schleichwerbung, die gar keine war, 15.000 Euro zu akquirieren. Inzwischen ist Döhmann gekündigt, und Studio Hamburg hat zugesagt, das Geld zurückzuzahlen.

Dieser Fall unterscheidet sich also von den Schleichwerbungs-Fällen in einem wesentlichen Detail. Das hat “Bild am Sonntag” entweder nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Am 17. Juli (drei Tage, nachdem unter anderem die Schwesterblätter “Welt” und “Hamburger Abendblatt” den Fall korrekt geschildert hatten) veröffentlichte “Bild am Sonntag” einen Text, dessen Überschrift schon falsch war:

So kamen die Lotto-Szenen in den “Tatort”

Im Artikel selbst schrieb “Bild am Sonntag”:

Gekaufter “Tatort”
Im “Tatort”-Film “Schattenhochzeit” füllen die Kommissare (…) einen Lottoschein aus. Die Darstellung von Lotto in dem Krimi wurde vertraglich genau geregelt.

“Bild am Sonntag” erweckte den falschen Eindruck, die Lotto-Szene sei aufgrund eines Schleichwerbe-Vertrages eingefügt worden. Heute, nach über zwei Monaten, haben Studio Hamburg und der NDR deshalb zwei Gegendarstellungen durchgesetzt. Die “Bild am Sonntag” druckt sie mit dem Zusatz:

Anmerkung der Redaktion: Der NDR und die Studio Hamburg Produktion bestreiten nicht, daß Geld geflossen ist.

Das stimmt, tut aber nichts zur Sache.

Da fällt uns ein: Hat die “Bild am Sonntag” nicht im Gegensatz zu “Bild” eine Korrektur-Rubrik, um eigene Fehler richtigzustellen? Hätte sie da nicht längst…? Ah, blöd: Darin war in den letzten Monaten wohl kein Platz. “Bild am Sonntag” musste stattdessen so gravierende Korrekturen unterbringen wie die, dass “Die Liebe ist ein seltsames Spiel” nicht von Ralph Maria Siegel, sondern von Gerhard Winkler komponiert wurde (“BamS”-Korrektur vom 28. August) und dass Wittenberge nicht in Mecklenburg-Vorpommern, sondern in Brandenburg liegt (“BamS”-Korrektur vom 18. September).

Stasi-Spitzel Lafontaine?

Es gibt viele Möglichkeiten, auf die Nachricht hinzuweisen, dass in der neuen Fraktion der Linkspartei im Bundestag nach Angaben der Stasi-Unterlagen-Beauftragen Oskar Lafontaine / Stasi-Spitzel in Links-Fraktionmindestens sieben bekannte Stasi-Informanten sitzen sollen. Diese hier links, die Bild.de gewählt hat, ist vermutlich die missverständlichste. Oskar Lafontaine ist bislang nicht öffentlich verdächtigt worden, Stasi-Spitzel gewesen zu sein, nicht einmal von “Bild”.

Vielleicht hat die Art der Formulierung etwas damit zu tun, dass “Bild” und Lafontaine gerade in vielerlei Hinsicht miteinander im Clinch liegen. Heute veröffentlicht “Bild” auf Seite 2 folgende Gegendarstellung des Politikers:

In der “BILD-Zeitung” vom 16. Juli 2005 (S. 2), wurde unter der Überschrift “Warum fliegt der Osten so auf Lafontaine?” behauptet, ich hätte nach dem Fall der Mauer gesagt, dass “wir alles dafür tun müssen, um zu verhindern, dass die Wiedervereinigung stattfindet”. Das ist falsch. Richtig ist, dass ich im Dezember 1989 aus Anlass des Zuzugs zahlreicher Übersiedler aus der DDR in das damalige Bundesgebiet geäußert habe, “dass wir alles tun müssen, um zu verhindern, dass die Wiedervereinigung auf bundesdeutschem Boden” — gemeint war Westdeutschland — “stattfindet”.

Damit finden sich in der Berliner “Bild”-Ausgabe heute gleich zwei der ungeliebten Gegendarstellungen. Nach Angaben von Juristen, die mit der Zeitung in ähnlichen Fällen zu tun hatten, versucht “Bild” solche Veröffentlichungen wann immer möglich auf den Samstag zu legen. An diesem Tag ist die Auflage der Zeitung niedriger als unter der Woche.

Mit Dank an Michael K.

Allgemein  

In “Bild” spricht die Freundin von Christians Killer

"Ich liebe ihn noch immer"

Die Schlagzeile war 23 Zentimeter breit, fast 9 Zentimeter hoch und falsch.

Seltener als Stars und Politiker setzen nichtprominente Opfer von “Bild” durch, dass das Blatt seine Fehler korrigieren muss. “Steffi”, die angeblich “offizielle Freundin” von Keith M., hat es geschafft. Heute druckt “Bild” folgende Gegendarstellung:

Gegendarstellung zu dem Zitat in der Bildzeitung vom 1. September 2005, S.8 über Keith M., der im Verdacht steht, den 7-Jährigen Christian getötet zu haben, über der Überschrift: “In Bild spricht die Freundin von Christians Killer”: “Ich liebe ihn noch immer”. Ihre Darstellung ist falsch. So etwas habe ich nicht gesagt.

Die Redaktion hat den Satz hinzugefügt:

“Steffi” hat recht.

Gericht zwingt “Bild”, die Wahrheit zu schreiben

Die Europäische Kommission hat recht. Die Redaktion

schreibt “Bild” heute unter eine Gegendarstellung, in der die EU-Kommission dementiert, dass sie die Übersetzung von Dokumenten ins Deutsche gestoppt habe. Das ist bemerkenswert. Nicht nur, weil die “Bild”-Zeitung vor einem Monat noch das Gegenteil behaupt hatte. Sondern vor allem, weil die “Bild”-Zeitung erheblichen Aufwand betrieben hat, um zu verhindern, dass sie diese Gegendarstellung veröffentlichen muss.

Gegendarstellung

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