Wenigstens kann man der “Bild”-Zeitung nicht vorwerfen, in ihrem heutigen Bericht über das “Team Gerolsteiner” nicht genügend Mineralwasser-Wortspiele gemacht zu haben: “Volle Pulle … kann keiner das Wasser reichen … volle Pulle … naß machen … spritzig … erfrischende Erfolge …”
Vielleicht aber hätte es sich gelohnt, den Artikel von jemandem schreiben zu lassen, der sich nicht nur mit Kalauern, sondern auch mit, sagen wir, Radsport auskennt. Denn anders als “Bild” schreibt, hat Levi Leipheimer nicht die Kalifornien-Rundfahrt gewonnen, sondern nur die Bergwertung. Und anders als “Bild” schreibt, war Leipheimer nicht “einer der wichtigsten Helfer bei den Tour-Siegen von Rad-Gigant Lance Armstrong” — Leipheimer selbst sagt: “Ich habe nie zu seiner Gruppe gehört.” Und fraglich ist auch, ob man von einem “Team aus jungen, spritzigen Nobodys” sprechen kann, wenn dazu zum Beispiel Fabian Wegmann gehört, der unter anderem 2004 das Grüne Trikot beim Giro d’Italia gewonnen hat.
Vielen Dank an Pascal E. und radsport-forum.de, auch für die in Bezug auf “Bild” rührend naive Aussage: “soviele Fehler in einem Artikel kann es doch gar nicht geben”.
In der Alterslotterie ermittelten die Ziehungsbeauftragen von “Bild” und Bild.de in der 14. Kalenderwoche 2006 folgende Gewinnzahlen:
26, 78, 37, 3, Zusatzzahl 23
Alle Angaben sind ohne Gewähr — und falsch: Oliver Kahn ist nicht 26, sondern 36, Joachim Fuchsberger nicht 78, sondern 79, Halle Berry nicht 37, sondern 39, Holly ist nicht 3, sondern 2 Jahre alt und Reg Jones nicht 23, sondern (schätzungsweise)* 27.
*) Die Ermittlung der Zusatzzahl war für “Bild” und Bild.de mit einigen Schwierigkeiten verbunden. In einem Text über Britney Spears’ Jugendfreund Reg Jones hieß es zunächst, sie sei damals “süße 14, er 17” Jahre alt gewesen. Das augenscheinliche Zeitdiskontinuum, das Spears (laut “Bild” heute 24) und Jones (laut “Bild” “heute 23”) demnach in den vergangenen zehn bzw. sechs Jahren hätten durchlaufen haben müssen, wurde von Bild.de übernommen, dort dann aber durch ersatzlose Streichung des Halbsatzes “er 17” aus der Welt geräumt. Doch das war — unter uns — eine schlechte Idee. Jones selbst nämlich beziffert auf einer Internetseite sein eigenes Alter zwar offenbar mit “23”, die Seite selbst wurde aber am 28. September 2001 zuletzt modifiziert.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.
Nachtrag: Einer der Fehler wurde bereits ohne unser Zutun korrigiert. Statt Oliver Kahn zeigt Bild.de nun ein Foto von Jürgen Klinsmann (ohne Altersangabe).
Sinn und Zweck eines Torten-oderauchKreisdiagramms ist es, das Verhältnis einzelner Teile zueinander und zu einem Ganzen darzustellen. Das heißt, dass alle Tortenstücke zusammen auch tatsächlich das Ganze ergeben müssen. Verstanden?
Testfrage: Was ist also falsch an diesem Tortendiagramm:
“Nix!”, wird jetzt vermutlich der diensthabende Zuckerbäcker von Bild.de sagen, weil die Torte ja schön rund ist, oder so. Und das ist leider falsch. Denn bei Angaben in Prozent muss das Ganze immer 100 ergeben und nicht, wie hier, bloß 80 (kleine Eselsbrücke: statt Prozent sagt man auch “von Hundert”). In der Hoffnung, dass das zukünftig besser klappt, hier noch ein paar Übungsaufgaben.
Mit Dank an Johannes B. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 6.4.2006: Bei Bild.de hat man sich mal wieder entschieden, die falsche Tortengrafik nicht zu korrigieren, sondern lieber einenSatz drunter zu schreiben, der das wohl ausgleichen soll (siehe Ausriss). Entweder ist also der Mathe-Stoff für Realschüler der 6. Klasse zu schwer für die Zuckerbäcker von Bild.de, oder es war auch hier keine Grafik zur Hand, die zufällig auf das Umfrageergebnis passte.
Nachtrag, 6.4., 12.40 Uhr: Unsere Bemühungen waren also doch nicht umsonst. Bei Bild.de hat man tatsächlich eine neue und endlich korrekte Torte* gebacken:
*) Nachtrag, 6.4., 13.20 Uhr: Okay, da waren wir wohl zunächst etwas zu begeistert. Wie zahlreiche unserer Leser richtig anmerken, ist die Torte nämlich nur auf den ersten Blick “korrekt”. Die Größenverhältnisse der Tortenstücke zueinander stimmen indes immer noch nicht. Und das liegt daran, dass die zusätzlichen 20 Prozent einfach bei Jens Lehmann abgezwackt wurden. So geht’s natürlich auch nicht.
“Drama um Brasiliens Trainer-Idol”, steht bei Bild.de. Und anders als dort behauptet wird, war es nicht Telé Santana, “der die brasilianische Nationalmannschaft 1982 und 1986 zum WM-Titel führte”. Tatsächlich führte nämlich in beiden Jahren niemand die Brasilianer zum WM-Titel. 1982 schied Brasilien in der Zwischenrunde aus und 1986 im Viertelfinale. Immerhin: Santana war tatsächlich in beiden Jahren Trainer Brasiliens.
Mit Dank an Armin D. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 21.15 Uhr: Bild.de hat die Meldung mittlerweile korrigiert. Jetzt ist Santana nur noch der Trainer, der die Brasilianer “bei der WM begleitete”.
Wir unterbrechen unser Programm für eine Warnmeldung: Im Bundesliga-Spielbericht von Bild.de kommt Ihnen eine Reihe von Falschmeldungen entgegen. Bitte weichen Sie nach Möglichkeit auf andere Informationsquellen aus. Wir informieren Sie, sobald die Gefahr gebannt ist.
Bayern – Köln. Bei Bild.de heißt es:
Poldi flankt – Feulner köpft das Leder aus abseitsverdächtiger Position ins Tor.
Bekanntlich kann man Journalismus ja auch als eine Art Fakten-Bingo betreiben. Und in ein und demselben Text unter der Überschrift “14jähriger stürzt sich vom Balkon in die Tiefe” zu behaupten, der 14-Jährige sei “vom Balkon der elterlichen Wohnung”und“aus dem Fenster seines Zimmers” gesprungen, wie Bild.de das tut, erhöht immerhin die Chancen, dass wenigstens eine der beiden Versionen stimmt (laut Polizei übrigens letztere).
Noch präziser wird Bild.de allerdings bei der Übernahme einer aktuellen, exklusiven “BamS-Umfrage unter Bundesliga-Torhütern”, ob Oliver Kahn oder Jens Lehmann wohl der bessere deutsche WM-Torwart wäre*. Denn über Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer heißt es bei Bild.de zunächst:
“Nur Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer votiert für Lehmann: ‘Ich würde mich für ihn entscheiden.'”
(Hervorhebung von uns.)
Andererseits wird er bei Bild.de aber auch mit den Worten zitiert:
“Schäfer (Nürnberg): Ich bin für Kahn. Er war die Nummer eins und hat sich nichts zu schulden kommen lassen”
(Hervorhebung von uns.)
Und das ist insbesondere deshalb merkwürdig, weil Schäfer in der “BamS” folgendes, vielleicht sinnvollere, aber komplett andere Zitat zugeschrieben wird:
“(…) Wenn man den moderneren Fußball spielen möchte, ist Lehmann der bessere Kandidat.”
*) So richtig einleuchtend ist aber die eigentliche “BamS”-Auswertung der Umfrage ohnehin nicht. Schließlich heißt es dort zwar, das Ergebnis sei “eindeutig”, weil “die Mehrheit” der befragten “18 Bundesliga-Torhüter” für Kahn votiere. Andererseits aber plädieren, wie die “BamS” selbst schreibt, offenbar nur “acht Keeper (…) inklusive Kahn” für Kahn, während “die anderen neun [sic] Torhüter” entweder “unentschlossen” seien oder “ihren Favoriten nicht nennen mögen”.
Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber.
Nachtrag, 21.50 Uhr: Bild.de hat nicht nur die ursprünglich falsche Überschrift “14jähriger stürzt sich vom Balkon in die Tiefe” in “Junge (14) springt aus dem 4. Stock” und die falsche Formulierung “vom Balkon der elterlichen Wohnung” in “aus dem Fenster der elterlichen Wohnung” geändert, sondern auch das ursprüngliche Schäfer-Zitat gegen das aus der “BamS” ausgetauscht.
Nachtrag, 23 Uhr: Irgendwie hapert’s bei Bild.de aber noch immer mit der “BamS”-Umfrage. Denn nun ist es nicht einmal mehr “nur Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer”, der “für Lehmmann” votiert. Im Gegenteil wird das “Lehmann der bessere Kandidat”-Zitat von Bild.de nun auch “Kirschstein (HSV)” zugeschrieben. Das ist wiederum insofern seltsam, als “Kirschstein (HSV)” laut “BamS” etwas ganz anderes sagt: “Kahn sollte im Tor stehen.” Überhaupt sind derzeit bei Bild.de auch sonst alle (!) Zitate falsch zugeordnet.
Uli Hoeneß, der Manager von Bayern München, hat dem “Stern” ein Interview zur öffentlichen Debatte um Bundestrainer Jürgen Klinsmann gegeben. Seine Aussagen kann man unterschiedlich interpretieren. Der “Stern” selbst moderierte sie in seiner Vorabmeldung mit den Worten an: “Der Manager des FC Bayern München, Uli Hoeneß, unterstützt den umstrittenen Bundestrainer Jürgen Klinsmann und stellt in Aussicht, dass die Bundesliga sogar weitere Länderspiele vor der WM möglich machen könnte.” “Bild” wählte die Variante: “Hoeneß faltet Klinsi zusammen.”
“Bild” zitiert Hoeneß aus dem “Stern” unter anderem so:
Klinsmann braucht diesen großen Befreiungsschlag. Er muß einsehen, daß Sturheit und Eigensinn keine Chance haben. Da steht ein Volk von knapp 80 Millionen Leuten dagegen, mit all deren Bataillonen, die jetzt aufgefahren werden. Das hält kein Mensch aus. Die Mächte sind gegen ihn.”
Doch das Original-Zitat ist länger. “Bild” hat es u.a. in der Mitte gekürzt. Im “Stern” nennt Hoeneß Namen:
Da steht ein Volk von knapp 80 Millionen Leuten dagegen, mit all den Bataillonen, die jetzt aufgefahren werden. Von der “Bild”-Zeitung bis zur “Süddeutschen”. Alle. Das hält kein Mensch aus.
Ja, die eigene Rolle fand “Bild” da wohl nicht so relevant. Man fährt ja bekanntermaßen keine Kampagne gegen Klinsmann.
PS:“Focus Online” hat Hoeneß’ Zitat auf die gleiche Art gekürzt. Dort tauchte das Thema auch erst heute auf, nachdem “Bild” darüber berichtete — und nicht schon gestern nach der Meldung des “Stern”. “Focus Online” zitiert aus dem langen “Stern”-Gespräch nichts, was nicht in dem viel kürzeren “Bild”-Artikel stand. Grad so, als hätte man die “Stern”-Zitate nicht aus dem “Stern”, sondern aus “Bild” abgeschrieben.
Das NDR-Medienmagazin “Zapp” berichtete gestern in einem ausführlichen Beitrag über “das Geben und Nehmen zwischen Profi-Fußball und “Bild”-Journaille” und die erstaunliche Macht, die die “Bild”-Zeitung in diesem Bereich hat und mit zweifelhaften Methoden aufrecht erhält. Unter anderem ging es dabei auch um die Hintergründe der Kampagne gegen Jürgen Klinsmann, mit dem “Bild” eine jahrelange Feindschaft verbindet.
Freddie Röckenhaus, Sportjournalist: “Die ‘Bild’-Zeitung ist natürlich gewöhnt, dass die wichtigen Figuren im deutschen Fußball mit ihr besonders kooperieren. Das heißt, dass die ‘Bild’-Zeitung Zugang zu besonderen Informationen hat, diese Informationen früher bekommt und so weiter. Das hat sich ja über die Jahrzehnte eingeschliffen, weil eigentlich alle wichtigen Personen im deutschen Fußball immer kooperationsbereit waren. Klinsmann ist das von Anfang nicht gewesen.”
Moritz Müller-Wirth, “Die Zeit”: “Das beste Beispiel ist, dass die ‘Bild’-Zeitung immer schon am Spieltag der Länderspiele die korrekte Mannschaftsaufstellung im Blatt hatte – als einzige Zeitung und als einziges Medium. Klinsmann hat das abgeschafft und hat die Mannschaftsaufstellung seither immer am Spieltag allen Journalisten gleich zur Kenntnis gegeben.”
(Die Sendung wird am Freitag um 15.30 Uhr auf 3sat wiederholt.)
Und man kann uns nicht vorwerfen, wir hätten’s nicht versucht: Nachdem Bild.de am vergangenen Sonntag eine Werbung Meldung von Postbank und “Bild am Sonntag” übernommen und diese mit einer Tortengrafik illustriert hatte (siehe Ausriss), hatten wir auf deren augenfällige Unsinnigkeit* hingewiesen.
Anders als in vielen, vielen anderen Fällen hatte sich Bild.de daraufhin jedoch nicht entscheiden können, die falsche Grafik zu korrigieren (oder — alsprobateAlternative — ersatzlos zu streichen), weshalb wir heute nachmittag einfach mal eine Mail an die Bild.de-Redaktion geschickt haben.
Eine Antwort erhielten wir nicht. Aber das hanebüchene Ergebnis unserer Bemühungen sieht nun so aus:
*) Sinn und Zweck einer Tortengrafik ist es, Teilwerte eines Ganzen wie Kuchenstücke aussehen und dadurch anschaulich werden zu lassen. Und das funktioniert natürlich nur, wenn der Zuckerbäcker nicht irgendwelche Teigklumpen unter den Tisch fallen lässt. Die Konditorei “BamS” weiß, wie’s geht.
Nachtrag, 16.3.2006: Entgegen anderslautender Vermutungen hat der diensthabende Zuckerbäcker von Bild.de offenbar gar nicht selbst gebacken, sondern nur irgendeine andere alte Torte aus dem Müll gefischt und umdekoriert. Auch schlimm.
Dass der Vorwurf, es habe eine Kampagne der “Bild”-Zeitung gegen Jürgen Klinsmann gegeben, “blanker Unsinn” sei, ist ja schon länger bekannt.
Und was genau man sich unter blankem Unsinn vorzustellen hat, zeigt die aktuelle “Sonntagsfrage zur WM”, die kürzlich “im Auftrag von Postbank und ‘Bild am Sonntag'” wie folgt beantwortet wurde:
“Die Kritik an Jürgen Klinsmann schlägt sich jetzt auch auf die Zufriedenheitswerte mit seiner Arbeit nieder.”
Aussage von Postbank und “BamS” stützte sich auf folgende Umfrageergebnisse: 39 Prozent der Befragten äußerten sich zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit Klinsmann, 28 Prozent unentschieden und die übrigen 33 Prozent weniger oder nicht zufrieden, was für “eine der größten Privatkundenbanken Deutschlands” und “Europas größtes Sonntagsmedium” folgende Überschrift nahelegte:
Blankerer Unsinn ist da eigentlich nur die Grafik, mit der Bild.de die “Sonntags-Frage zur WM” illustriert: