Mit “Corona-Irrsinn” und erfundenem Zitat: “Bild” fährt Kampagne gegen die Corona-Maßnahmen

Wenn es darum geht, die Kampagne gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung weiterzuführen, greift die “Bild”-Redaktion zu verschiedensten schmutzigen Mitteln: Sie erfindet ein Zitat, denkt sich eine Bedrohung aus, stellt alles als “Irrsinn” dar.

Gestern auf der Bild.de-Startseite:

Screenshot Bild.de - Weltärzte Chef Montgomery bei Anne Will - Grundrechtseinschränkung eine Maske tragen zu müssen!

Frank Ulrich Montgomery, einst Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, einst Präsident der Bundesärztekammer, Ehrenpräsident des Deutschen Ärztetages und aktuell Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, soll sich in der Talkshow von Anne Will also gegen das Tragen von Masken ausgesprochen haben, weil dies eine Grundrechtseinschränkung wäre.

Es war komplett anders. Montgomery sprach sich bei Anne Will für das Benutzen von Masken aus. Sein Satz, in dem die Wörter “Grundrechtseinschränkung” und “Maske” fielen, endete auch nicht, wie die “Bild”-Redaktion behauptet, mit einem Ausrufezeichen, sondern mit einem Fragezeichen. Montgomery sagte am Sonntag (ab Minute 23:32):

Wir müssen immer vier Dinge, wie in einem Rechteck, bedenken. Da ist auf der einen Seite die Gesundheit, darüber reden wir jetzt hier. Da sind die soziokulturellen Folgen. Ich finde, die Auswirkungen auf das Bildungswesen haben Sie wunderbar beschrieben [er zeigt dabei auf Marina Weisband]. Da ist aber auch dann die Frage der Grundrechtseinschränkungen zum Beispiel. Ist es eine Grundrechtseinschränkung, sich eine Maske aufsetzen zu müssen? Und dann ist die Frage …

Anne Will unterbricht ihn:

Fanden Sie erst lächerlich, erinnere ich mich. Hatten Sie gesagt, das sei lächerlich.

Montgomery darauf:

Ja, ich habe mich geirrt. Ich habe damals zu Herrn Söder gesagt: Sie müssen richtige Masken, Sie müssen den Leuten FFP2-Masken mit einem Bußgeld auferlegen. Aber Sie können nicht mit einem feuchten Lappen vor dem Gesicht rumlaufen und darauf ein Bußgeld erheben, wenn das nicht getan wird. Inzwischen wissen wir, das hat Herr Yogeshwar wunderbar beschrieben, wir wissen inzwischen, dass alleine der mechanische Schutz einer Maske nicht den Träger, aber die anderen schützen kann. Und da hat Wissenschaft, und das ist übrigens was Tolles an dem ganzen Prozess, den wir gelernt haben, hat Wissenschaft auch gelernt zu sagen: Nee, also wir haben uns geirrt. Das ist jetzt anders. Wir sehen das anders.

Das Zitat, wie es auf der Bild.de-Startseite erschienen ist, hat die Redaktion erfunden. Den Artikel und auch den dazugehörigen Tweet hat sie inzwischen still und heimlich gelöscht.

Solange es zur laufenden Kampagne passt, denken sich die “Bild”-Leute halt einfach Sachen aus, und sei es nur eine angebliche Bedrohung durch nasse Haare.

Vergangene Woche ärgerte sich Alexander von Schönburg in “Bild” und bei Bild.de:

Ausriss Bild-Titelseite - Härtere Corona-Regeln in der Kirche als im Puff - Singen verboten, aber Sex ist erlaubt!

Ginge es im Puff ums Singen mit vielen Leuten, wäre es dort vermutlich genauso verboten wie in der Kirche. Und Sex mit einer anderen Person könnte unter denselben Bedingungen in der Kirche genauso erlaubt werden wie im Puff – wenn es denn von der Kirche erlaubt wäre. Aber das nur nebenbei.

Das Puff/Kirchen-Beispiel illustriert schon ganz gut, worum es in von Schönburgs Artikel geht: Dinge zu vergleichen, die möglichst wenig miteinander zu tun haben (etwa der vermeintliche Widerspruch, dass man in Berlin “jeden Tag Menschen ohne Helm, aber mit Mund-Nasen-Schutz Fahrrad fahren” sehe, wo doch die Krankenhäuser “voller Unfallopfer” seien, aber die “für die Covid-Patienten frei gehaltenen Intensivbetten” leer), um damit für Kopfschütteln und Neid zu sorgen (die Fußballfans dürfen im Stadion nun wieder grölen, von Schönburgs Nichte darf im Musikunterricht nur summen). Wichtig dabei: möglichst wenig Interesse an Logik und einer Erklärung zeigen. Zum Beispiel so:

Die Gefahr, abends nach dem Schwimmen von nassen Haaren auf dem Fahrrad krank zu werden, dürfte bei knapp 100 Prozent liegen. Die Gefahr, Corona zu bekommen, liegt im niedrigen einstelligen Bereich, aber die Berliner Bäderbetriebe haben die Benutzung der elektrischen Haartrockner unterbunden – die Aerosole.

Vielleicht zieht es noch bei Drei- bis Sechsjährigen, ihnen zu erzählen, dass “nasse Haare auf dem Fahrrad” krank machen, um sie zum Föhnen nach dem Schwimmunterricht zu bewegen. Alle anderen sollten hingegen wissen: Niemand wird allein durch nasse Haare krank, erst recht nicht zu “knapp 100 Prozent”. Viren und Bakterien sorgen für die Krankheiten, nicht nasse Haare und auch nicht die Kälte. Muss der Körper wegen nasser Haare gegen die Auskühlung des Kopfes ankämpfen, kann er anfälliger für Krankheiten sein. Allerdings passiert auch dann ohne Viren oder Bakterien nichts.

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Bei “Bild” versuchen sie aber auch schon gar nicht mehr, irgendwas zu verstehen: “Diesen Corona-Irrsinn versteht niemand mehr”, steht im Bild.de-Artikel. Und so gilt bei den Corona-Maßnahmen der Regierung nun das, was bisher vor allem beim Thema Asyl galt: Ohne “Irrsinn” geht es bei “Bild” nicht mehr.

Gestern beispielsweise:

Screenshot Bild.de - Auftritt in Düsseldorf erlaubt - in Köln verboten! Corona-Irrsinn bei den Ehrlich Brothers

Das, was man hinter der “Bild plus”-Paywall erfährt, klingt hingegen keineswegs nach “Irrsinn”, sondern nach Vernunft und nach Regeln, die transparent und für jeden nachvollziehbar sind:

In Düsseldorf durften die [Ehrlich-]Brüder vor 2500 Fans auftreten. In Köln hingegen sorgten gestiegene Infektionszahlen einen Tag vor dem Event am Sonntag für die Absage der Stadt.

Der zuvor festgelegte Grenzwert bei der Sieben-Tage-Inzidenz wurde in Köln überschritten. In Düsseldorf nicht. In Düsseldorf durften die Ehrlich Brothers auftreten. In Köln nicht. Sich an das zu halten, was vorher vereinbart wurde, ist laut “Bild”-Redaktion also “Irrsinn”.

Heute geht es in “Bild” und bei Bild.de weiter:

Screenshot Bild.de - Diese Corona-Regeln versteht doch kein Fan mehr!

Und auch hier: Schaut man sich den “Corona-Irrsinn im deutschen Fußball” nur einen Tick genauer an, wirkt es alles gar nicht so irrsinnig, wie “Bild” glauben machen will. Dass zum Beispiel der FC Bayern München im Finale des Uefa-Supercups am kommenden Donnerstag in Budapest (Sieben-Tage-Inzidenz laut “Bild”: über 110) vor mehr als 20.000 Menschen spielen wird, während der Klub am vergangenen Wochenende in München (Sieben-Tage-Inzidenz laut “Bild”: 56,1) nur vor den Vereinsverantwortlichen auflaufen durfte, lässt sich damit erklären, dass Ungarn nicht Deutschland ist. Und dass damit andere Regeln gelten. Das kann man falsch finden. Aber um unerklärlichen “Irrsinn”, der nicht zu verstehen ist, handelt es sich nicht.

Genauso der von “Bild” erwähnte Vergleich Gelsenkirchen/Mönchengladbach:

Auch in Deutschland selbst gibt es weiter unterschiedliche Entwicklungen. Schalke droht zum Heim-Start gegen Werder ein Geister-Spiel, weil die 7-Tage-Inzidenz in Gelsenkirchen gestern bei 44,1 lag. 70 Kilometer entfernt, in Gladbach, dürfte gegen Union – Stand jetzt – vor Fans gespielt werden.

Im ersten Satz steckt schon die Erklärung: Auf “unterschiedliche Entwicklungen” wird unterschiedlich reagiert. Was wäre denn die Alternative, die auch aus “Bild”-Sicht nichts mit “Irrsinn” zu tun hätte? Etwa dass auch in Mönchengladbach nicht vor Zuschauern gespielt werden darf, weil in Gelsenkirchen der Wert so hoch ist? Oder dass in Gelsenkirchen vor Zuschauern gespielt werden darf, weil in Mönchengladbach der Wert niedrig ist? Dann wäre in den “Bild”-Medien aber was los.

Am deutlichsten aber …

Der Corona-Irrsinn im deutschen Fußball zeigt sich am deutlichsten bei den anstehenden Derbys.

Etwa bei dem Derby in Hamburg zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli Ende Oktober. Im Hygienekonzept der Deutschen Fußball-Liga ist festgelegt, dass zu Bundesligaspielen keine Fans der Gastmannschaften ins Stadion dürfen. Das soll Fan-Reisen durch die Republik verhindern. Für Derbys gibt es keine Ausnahmen, auch wenn die Gästefans aus derselben Region oder derselben Stadt kommen. Das mag für Fans des FC St. Pauli schade sein. “Irrsinn” ist aber auch hier nicht zu erkennen, sondern schlicht gleiche Vorgaben für alle.

Es soll aber alles noch viel schlimmer sein. In Deutschland herrscht dank der Bundesregierung, zumindest laut “Bild”, nicht nur der “Irrsinn”, das Land ist sogar im “Absage-Fieber”:

Screenshot Bild.de - Trotz leerer Intensiv-Betten - Deutschland im Corona-Absage-Fieber!

Und obendrein lahmgelegt:

Aber: Reicht die 7-Tage-Inzidenz allein dafür aus, wegen Corona-Alarm das Land lahmzulegen?

Das behauptet jedenfalls “Bild”-Redakteur Filipp Piatov. Er nennt die bereits bekannten Einschränkungen und Absagen: keine Fans im Stadion in München, keine Zaubershow der Ehrlich Brothers in Köln. Also: Deutschland ist lahmgelegt. Und das “trotz leerer Intensiv-Betten”:

Fakt ist: Als z. B. die Stadt München (rund 1,5 Millionen Einwohner) am Donnerstag wegen der gestiegenen Infektionszahlen das Fan-Verbot beschloss, lagen in der Landeshauptstadt 14 Corona-Kranke auf der Intensivstation.

Was aus seiner Beobachtung konkret folgen soll, schreibt Piatov leider nicht. Soll das alles heißen: Absagen braucht derzeit kein Mensch, weil ja noch genügend Intensivbetten frei sind, die wir füllen können? Soll es erst wieder Absagen geben, wenn alle Betten voll sind? Wie viele gefüllte Intensivbetten mögen wohl der Zielwert der “Bild”-Redaktion sein? Und kommt dort jemand mal auf die Idee, dass der Zweck von Absagen genau das ist: möglichst leere Intensivbetten?

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Am Wochenende versuchte die “Bild”-Redaktion dann noch, Kinder ins Spiel zu bringen (wobei es wirklich ein kühner Zug von ihr ist, jetzt schon wieder Kinder für die eigene Kampagne einzuspannen):

Ausriss Bild-Titelseite - Virus-Angst und Maskenpflicht belasten die Seelen der Kleinsten - So schädlich sind die Corona-Maßnahmen für unsere Kinder

In einem dazugehörigen Kommentar schreibt Christian Langbehn, dass die Corona-Regeln in Deutschland nur noch “absurd” seien:

Wenn Regeln absurd werden, wenn wir als Vorbilder unserer Kinder das eigene Verhalten nicht erklären können, dann läuft etwas schief.

Was so alles schieflaufen soll, das verpackt Langbehn in Fragen. In diese zum Beispiel:

Warum müssen Kinder auf dem Schulhof Maske tragen, im Unterricht dann aber im Klassenzimmer nicht mehr?

Diese vermeintlich naive Frage zeigt, dass es Langbehn nur darum geht, Zweifel zu säen und Unmut zu verursachen. Er hat keinerlei Interesse an Antworten, denn wenn er Interesse hätte, hätte er ohne Probleme eine Antwort auf seine Frage finden können. In Schleswig-Holstein beispielsweise lautet sie “Kohortenprinzip”:

Das Kohortenprinzip sichert einen regulären Schulbetrieb. Durch die Definition von Gruppen in fester Zusammensetzung (Kohorten) lassen sich im Infektionsfall die Kontakte und Infektionswege wirksam nachverfolgen. Damit wird angestrebt, dass sich Quarantänebestimmungen im Infektionsfall nicht auf die gesamte Schule auswirken, sondern nur auf die Kohorten, innerhalb derer ein Infektionsrisiko bestanden haben könnte.

Übergeordnetes Ziel ist es, das Infektionsrisiko zu begrenzen und die Ansteckungsrate niedrig zu halten (“flatten the curve” bzw. “keep the curve flat”). Unter diesen Annahmen wird auf Abstandsregeln und das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen innerhalb der Kohorten verzichtet.

Daher keine Masken im Klassenzimmer. Auf dem Schulhof hingegen schon, damit sich verschiedene Kohorten nicht gegenseitig infizieren.

Springer-Chef Mathias Döpfner sagte vor Kurzem in einer Rede, die er als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger hielt:

Aktivismus ist das Gegenteil von Journalismus, auch wenn es um etwas Gutes geht.

Bei der “Bild”-Kampagne geht es nicht mal um etwas Gutes.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

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Merz-Interview, Kohl-Tonbänder, Audio-Boom

1. Experten unterstützen Lokalzeitungen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:28 Minuten)
Das Team von “MedWatch” scannt das Internet nach unseriösen und gefährlichen Heilsversprechen und stellt falsche Behauptungen richtig. Nun haben sich die Medizinaufklärer für ein Projekt mit zwei Lokal- beziehungsweise Regionalzeitungen zusammengetan: Finanziert von der Robert-Bosch-Stiftung, liefern sie Antworten auf Corona-Fragen der Leserschaft von “Berliner Zeitung” und “Westdeutscher Zeitung”. Der Deutschlandfunk hat mit den beteiligten Projektpartnern über die Hintergründe der Aktion gesprochen.

2. Die BILD stellt verloren gegangenes Vertrauen wieder her.
(facebook.com, Stephan Anpalagan)
“Die BILD hat sich wieder einmal selbst übertroffen. Sie hat Merz geschickt und wunderbar in Szene gesetzt, ihn ins Gespräch gebracht, einen Skandal produziert und sich selbst als Mittelpunkt dieser Berichterstattung etabliert. Sie hat es geschafft Jens Spahn und dessen Homosexualität mit Pädophilie in Verbindung zu bringen und somit den ärgsten Konkurrenten von Merz mit Dreck zu bewerfen.” Stephan Anpalagan rekonstruiert auf Facebook den von “Bild” orchestrierten Medienwirbel um die umstrittenen Friedrich-Merz-Sätze.

3. Wenn man nichts unternimmt, verfestigt sich dieser Unfug.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
David Schraven ist Gründer und Geschäftsführer des Recherche-Zentrums “Correctiv”. Wie wirkt sich der Themenkomplex Corona auf die Verschwörungsszene aus? Haben auch Neonazis ein Recht auf korrekte Berichterstattung? Und sollten Politiker der “Bild”-Zeitung weiterhin Interviews geben? Der “Correctiv”-Chef ist bei “Planet Interview” zu Gast und beantwortet bereitwillig alle Fragen. Sogar die, ob er selbst einer Verschwörungserzählung anhänge: “Vielleicht an Gott … – aber da kommen mir auch manchmal Zweifel.”

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4. Eine Frage der Tonbänder
(faz.net, Reiner Burger)
Seit Jahren schwelt ein Streit um die sogenannten Kohl-Tonbänder. Der frühere WDR-Journalist und Buchautor Heribert Schwan hatte sich mit Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl wegen dessen Memoiren wiederholt getroffen und dabei, in Absprache, mehr als 630 Stunden Gesprächsmaterial aufgezeichnet. Diese Tonbandaufzeichnungen soll Schwan nach einem Richterspruch des Bundesgerichtshofs der Kohl-Witwe und Alleinerbin Maike Kohl-Richter aushändigen. Doch Schwan verweigert nach wie vor die Herausgabe und will sich dabei vor dem Bundesverfassungsgericht auf die Pressefreiheit berufen.

5. Der TikTok-Deal, erklärt
(socialmediawatchblog.de)
In bewährter Gründlichkeit und Übersichtlichkeit ordnet das “Socialmediawatchblog” die Hintergründe um den Konflikt zwischen US-Präsident Donald Trump und der Videoplattform TikTok ein. Was sagen die beteiligten Parteien? Was ist von dem angestrebten Deal zu halten? Und welche Fragen bleiben offen?
Weiterer Lesehinweis: Bei “Zeit Online” kommentiert Auslandskorrespondentin Heike Buchter: “Auf den ersten Blick mögen der Streit um Luxushandtaschen und das Ringen um die US-Version einer Videoplattform, auf der Teenager Tanzeinlagen vorführen, wenig mit unserem Alltag zu tun haben. Tatsächlich stehen sie für eine Entwicklung, die Wirtschaft und Wohlstand auch in Deutschland bedroht.”

6. Tommy Krappweis, was bedeutet der Audioboom für Hörspiele?
(wasmitmedien.de, Dennis Horn & Sebastian Pähler, Audio: 48:12 Minuten)
Kreativ-Allrounder Tommy Krappweis ist Drehbuchautor, Regisseur sowie Film- und Fernsehproduzent, er schreibt Jugendromane und gilt als Erfinder der KiKA-Kultfigur Bernd das Brot. Seit einigen Jahren produziert Krappweis im Auftrag von Audible auch Hörspiele. Bei “Was mit Medien” spricht er unter anderem über den aktuellen Audio-Boom und den Hörspielmarkt und erzählt, was ihn zu Twitch zieht.

Datenleak FinCEN-Files, Thalias Staatspropaganda, “Lawfare”

1. Was sind die FinCEN-Files?
(buzzfeed.com, Marcus Engert)
Nach mehr als einem Jahr Aufarbeitung veröffentlicht “Buzzfeed News” gemeinsam mit dem Internationalen Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ und 108 Redaktionen auf der ganzen Welt die sogenannten FinCEN-Files. Dabei handelt es sich um geleaktes Datenmaterial aus dem Besitz der US-Finanzaufsicht, das dokumentiere, wie Großbanken an Oligarchen, Drogendealern und Terroristen verdienen.

2. Thalia bewirbt chinesische Staatspropaganda
(zdf.de, Nils Metzger)
Laut Angaben der Buchhandelskette Thalia teste man an verschiedenen Standorten ein chinesisches Buchsortiment. Dabei handele es sich jedoch um Bücher chinesischer Staatsverlage. Nils Metzger kommentiert: “Es ist nicht unüblich, dass Verlage besondere Werbemaßnahmen in Buchhandlungen mieten – um ihr Programm oder einen Themenschwerpunkt bekannt zu machen. Problematisch ist, dass hier ein im Hintergrund agierender Geschäftspartner politische Werbeinhalte für eine Diktatur anpreisen lässt. Als ‘Thalia-Tipp’, wie es über dem Regal in Berlin heißt.”

3. Lawfare gegen freie Journalisten
(verdi.de, Christian Bunke)
Der englischsprachige Begriff “lawfare” kombiniert die Worte für Recht (law) und Kriegsführung (warfare). Mit der juristischen Kriegsführung sollen missliebige Journalisten und Journalistinnen mundtot gemacht werden. Angriffsziel einer derartigen Attacke sei derzeit der freie Journalist Michael Bonvalot, der bevorzugt über Entwicklungen in der rechtsextremen Szene berichtet. Die juristischen Angriffe können gerade bei freien Medienschaffenden existenzbedrohende Auswirkungen haben: Rechtsschutzversicherungen würden derartige Risiken nicht abdecken.

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4. Neue Chefredakteurin bei “Hinz&Kunzt”
(ndr.de, Stefanie Wittgenstein)
Mehr als ein Vierteljahrhundert wurde Hamburgs bekanntes Straßenmagazin “Hinz&Kunzt” von Birgit Müller geleitet. Nun geht Müller in den Ruhestand. Auf sie folgt Annette Bruhns, die viele Jahre beim “Spiegel” gearbeitet hat und weiß, wie man für eine Sache eintritt: Bruhns ist Mitbegründerin der Initiative “Pro Quote”, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt.

5. Wie viele Wörter dürfen es denn sein, Frau Justizministerin?
(welt.de, Christian Meier)
Vor über einem Jahr hatte die Europäische Union eine Richtlinie zur Reform des Urheberrechts beschlossen. Nun hat das Bundesjustizministerium einen sogenannten Referentenentwurf angefertigt, der der “Welt” vorliegt. Medienredakteur Christian Meier hat sich den Entwurf angeschaut, der wegen der verschiedenen Interessenlagen noch für Diskussionen sorgen könnte.

6. Trying a horrible experiment …
(twitter.com, Tony Arcieri)
Bei Twitter sprechen derzeit viele über den Algorithmus zur Gesichtserkennung, den der Kurznachrichtendienst einsetzt und der befangen sein soll. Die künstliche Intelligenz soll eigentlich dafür sorgen, dass die Gesichter bei Porträts prominent in den Mittelpunkt der Bildvorschau gerückt werden. Doch für welches Gesicht entscheidet sich der Algorithmus, wenn er mehrere Gesichter zur Auswahl hat? In einem Experiment hat der Twitter-Nutzer Tony Arcieri verschiedene Bilder gepostet, auf denen sowohl der ehemalige US-Präsident Barack Obama als auch der US-Politiker Mitch McConnell abgebildet sind. Auf den bei Twitter erscheinenden Vorschauen taucht jedoch nur McConnell auf. Man könnte annehmen, dass der Twitter-Algorithmus weiße Gesichter bevorzuge, doch so einfach ist es nicht, wie andere Beispiele zeigen. Verstörend bleibt es dennoch.
Mittlerweile hat sich Twitter-Sprecherin Liz Kelley zu der Problematik geäußert: “Vielen Dank an alle, die dies angesprochen haben. Wir haben vor der Auslieferung des Modells auf Verzerrungen getestet und bei unseren Tests keine Hinweise auf rassistische oder geschlechtsspezifische Verzerrungen gefunden, aber es ist klar, dass wir noch mehr Analysen durchführen müssen. Wir werden unsere Arbeit als Open Source veröffentlichen, damit andere sie überprüfen und replizieren können.”

7. Bei #Bild gibt es einen, wie ich finde, gefährlichen Kommentar zu den “Corona-Regeln”.
(twitter.com, Lorenz Meyer)
Als zusätzlicher und siebter Link, weil in eigener Sache: Auf Twitter analysiert der “6 vor 9”-Kurator einen “Bild”-Kommentar. Dabei geht es um Meinungsmanipulation durch Sprache. Aus dem Fazit: “Die Zeitung bereitet damit das Terrain für Corona-Leugner, Verschwörungs- und ‘Querdenker’, Reichsbürger, AfD-ler, Rechtsextreme und all die Unzufriedenen, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen. Ein Spiel mit dem Feuer – und mit unserer Gesundheit.”

Die Mär von der “Superspreaderin”, Unnötige “Coronadrehs”, Bedenken

1. Die angebliche Superspreaderin von Garmisch
(tagesschau.de, Andrej Reisin & Patrick Gensing)
In einigen Medien war plakativ von einer “Superspreaderin” die Rede: Eine in Deutschland lebende US-Amerikanerin habe nach der Rückkehr aus einem Griechenland-Urlaub unzählige Menschen mit Corona infiziert. Doch ganz so einfach ist es nicht, wie Andrej Reisin und Patrick Gensing recherchiert haben. Es sei “bislang keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückzuführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen ‘Superspreaderin’ genannt wird. Fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang das Verhalten des Landrats und einiger Medien, die die Verantwortung für den Anstieg der Zahlen eines ganzen Landkreises ohne Beweise dem Verhalten einer jungen Frau anlasten.”

2. Nicht alles braucht einen Coronadreh
(taz.de, Marlene Knobloch)
Zwei Kulturwissenschaftler von der Universität Passau haben die Spezialsendungen von ARD und ZDF zur Corona-Pandemie analysiert. Die Berichterstattung sei zu negativ, zu dramatisierend, zu häufig gewesen, so ihr Fazit. Marlene Knobloch überlegt, wie eine andere Corona-Berichterstattung gelingen kann. Ihr erster Tipp: “Nicht jeder Artikel braucht einen ‘Coronadreh’. Porträts und Reportagen zu anderen Themen funktionieren gut ohne den Hinweis auf die schreckliche Zeit, in der wir aktuell leben.”

3. Wie sich die “Berliner Zeitung” entwickelt hat
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:02 Minuten)
Ein Jahr ist es her, dass die “Berliner Zeitung” vom Unternehmerpaar Silke und Holger Friedrich übernommen wurde. Das Blatt hatte zuvor turbulente Zeiten und einige Eigentümerwechsel durchgemacht, von Gruner+Jahr über Holtzbrinck und den britischen Medieninvestor David Montgomery bis zur Mediengruppe Dumont. Und auch der Verkauf an die Friedrichs habe die Zeitung nicht unbedingt in ruhige Fahrwasser gebracht, wie Deutschlandfunk-Korrespondentin Claudia van Laak berichtet.

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4. Karriere und Journalismus: “Im Medienbereich denken viele über einen Plan B nach”, Teil 1
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Andrea Huss war lange Zeit in leitenden Positionen bei verschiedenen Verlagen beschäftigt und ist jetzt unter anderem als Businesscoach tätig. Im Gespräch mit dem “Fachjournalist” erzählt sie, wie Medienleute sich angesichts der aktuell schwierigen Zeiten neu aufstellen können. Dabei geht es um die innere Haltung, aber auch um praktische Vorschläge.

5. Bedenken in Bellevue
(sueddeutsche.de, Georg Mascolo & Ronen Steinke)
Im Juni wurde das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität beschlossen, doch mehrere Experten haben Zweifel an Ausführung und Umsetzung. Es bestehe sogar die Möglichkeit, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Gesetz die notwendige Unterschrift verweigert – wegen verfassungsrechtlicher Bedenken.

6. »Die Wahrheit liegt allein in der Wahrheit«
(spektrum.de, Christiane Gelitz)
Der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens (“Terra X”, ZDF) hat eine klare Haltung, was den Umgang mit Coronavirusleugnern anbelangt: “Wir dürfen unsere Zeit nicht mit Idioten verschwenden, nicht bei der Klimakrise, nicht beim Artensterben, nicht bei der Corona-Krise. Die Probleme sind zu groß und zu wichtig. Wir müssen überlegen, wann wir die Schulen aufmachen und wo wir Mundschutz tragen sollten. Dazu kann man auch verschiedener Meinung sein. Dass das Coronavirus nicht existiere oder harmlos sei, kann man allerdings nicht als Meinung gelten lassen.” Wo will man die Grenze ziehen? Wie lässt sich über Verschwörungserzählungen berichten? Und wie würde Steffens mit Menschen aus seinem privaten Umfeld umgehen, die derlei Mythen anhängen? All das sind Themen, über die Steffens mit “Spektrum”-Redakteurin Christiane Gelitz gesprochen hat.

Ego-Masturbator, Allgegenwärtiger Lauterbach, Nackte auf dem Mond

1. Ist die Aufregung berechtigt?
(radioeins.de, Stefan Niggemeier, Audio: 4:52 Minuten)
“Hast Du Dir die drei Stunden komplett angehört?” Eine Frage, die man gelegentlich hört, wenn es um den umstrittenen Podcast mit Florian Schröder und Serdar Somuncu geht. Eine Frage, die andeuten will, dass Somuncus misogyne, rassistische und sexistische Eruptionen in einem “satirischen Kontext” gefallen seien – ausgesprochen von der Bühnenfigur Somuncu und nicht dem Privatmann. Auch Medienkritiker Stefan Niggemeier bekam diese Frage bei radioeins als Erstes gestellt, und ja, er habe sich die drei Stunden komplett angehört. Sein Fazit: “Somuncu und Schröder und letztlich auch radioeins haben sich in eine Beteuerung geflüchtet: Ihr müsst doch wissen, dass wir das nicht so meinen und dass wir nicht wirklich sexistisch sind. Das reicht nicht. Und bei Somuncu habe ich sogar Zweifel, ob es überhaupt stimmt.”
Weiterer Guckhinweis: Die Satirikerin Sarah Bosetti hat eine direkte Botschaft an ihren Kollegen Serdar Somuncu: “… dann hast du keine Empörungsdynamiken unserer Gesellschaft entlarvt, du hast nur Menschen einen berechtigten Grund zur Empörung gegeben und dabei kräftig auf dein Ego masturbiert.” (youtube.com, 3:15 Minuten)

2. Aufklärung oder Panikmache?
(tagesschau.de, Andrej Reisin)
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ist einer der gefragtesten Gäste in öffentlich-rechtlichen Polit-Talkshows (laut Statista-Zahlen vom Mai der gefragteste Gast) und einer der Top-Twitterer in Deutschland (aktuell auf Platz 16 im Nindo-Twitterranking). Einige seiner Tweets seien jedoch ungenau oder würden bestimmte Aspekte unter den Tisch fallen lassen, so die Kritik von Andrej Reisin. Lauterbach neige zu selektivem Zitieren und korrigiere sich bei Fehlern eher selten.

3. “Komm, die hängen wir ab!”
(sueddeutsche.de, Lea Deuber)
Lea Deuber berichtet über ihr schwieriges Korrespondentinnenleben in China: “Egal, wo man hinreist, werden die Passnummer gespeichert, das Gesicht gescannt, Bewegungsdaten aufgezeichnet. Vielerorts warten die Aufpasser schon, wenn man aus dem Zug steigt. Sie wissen, wohin man fliegt und an welchen Geschichten man arbeitet. Manchmal bleibt einem nichts anderes übrig, als im Hotelzimmer das Telefonkabel aus der Wand zu ziehen und eine Kommode vor die Tür zu schieben, wenn man wenigstens für ein paar Stunden Ruhe haben will vor den ungebetenen Besuchern.”

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4. Ausfallfonds II: Produzenten appellieren an Sender
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Bei Covid-19-bedingten Produktionsstörungen im Filmbereich springt ein 50 Millionen Euro schwerer Ausfallfonds ein. Der gilt jedoch nur für Kinofilme und High-End-Serien. Klassische TV- und Auftragsproduktionen gehen leer aus. Das soll sich nun ändern: Die Produzentenallianz wünsche sich bei einem Auftragsvolumen von geschätzt zwei Milliarden Euro zumindest einen rund 100 Millionen Euro schweren Rettungstopf.

5. Presserat: “Bild” erneut Rügen-König
(verdi.de, Monique Hofmann)
Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat erneut getagt. Von den 15 öffentlichen Rügen gehen allein sechs auf das Konto von “Bild” oder Bild.de. Damit bleibe die Redaktion weiterhin unangefochtener All-Time-Spitzenreiter im Rügen-Ranking.
Weiterer Lesehinweis: “Mathias Döpfner, Chef des Axel Springer Verlags, gesteht öffentlich Fehler in der Solingen-Berichterstattung der ‘Bild’ ein. Glaubhaft ist das nicht.” Steffen Grimberg schreibt in der “taz” über die kalkulierten Grenzüberschreitungen der “Bild”-Medien.

6. Geburtsstunde der “Fake News”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Vor 185 Jahren machte die “New York Sun” mit einer für damalige Verhältnisse spektakulären Lügengeschichte auf sich aufmerksam. In insgesamt sechs Teilen berichtete das Blatt von geflügelten und nackten Menschen, die auf dem Mond leben. Es war nicht nur die Geburtsstunde des “Great Moon Hoax”, es war auch die Geburtsstunde der “Fake News”.

Toxischer Somuncu, “SZ” will Kündigungen, Sprachbewahrer-Furor

1. rbb entschuldigt sich nach Twitter-Kritik an Serdar Somuncu
(t-online.de)
Bereits die erste Folge des Podcasts von Florian Schroeder und Serdar Somuncu sorgte für viel Empörung in den Sozialen Medien. Somuncu hatte sich auf eine ordinäre und menschenverachtende Weise in einen Rausch von Misogynie, Rassismus und Sexismus geredet. Wer sich die lange Podcast-Ausgabe nicht komplett anhören will oder kann: Auf Twitter hat sich Anna Neumann geopfert und gleich auch noch die Kommentierung übernommen. Der rbb hat mittlerweile eine Stellungnahme veröffentlicht, die nach Entschuldigung klingen soll, jedoch keine ist. Ganz im Gegenteil: Man sieht sich als Opfer eines Shitstorms.

2. Sparen in München
(taz.de, Anne Fromm)
Trotz gewaltiger Abo-Zuwächse will die “Süddeutsche Zeitung” an ihrem “Effizienzprogramm” festhalten, das den Abbau von bis zu 50 Stellen in der Redaktion vorsieht. Damit verlöre rund ein Zehntel der Belegschaft seinen Arbeitsplatz. Ein Ausstiegsprogramm mit Abfindungen soll möglichst viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dazu bewegen, freiwillig den Verlag zu verlassen. Der Betriebsrat befürchte negative Auswirkungen auf die journalistische Qualität: “‘Der Erfolg der SZ beruhte bislang immer auf der umfangreichen und fundierten Berichterstattung, die durch weniger Personal sicher nicht umfangreicher und fundierter werden kann.'”

3. Die Macht der Zahlen: Wie ein Fehler Nachrichten macht
(ndr.de, Nadja Mitzkat)
Die Meldung ließ einen aufschrecken: Zwischen 2015 und 2019 habe sich die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung von 79.000 auf 143.000 Menschen fast verdoppelt. Eine offizielle Zahl des Statistischen Bundesamts, die von einer Linken-Politikerin aufgegriffen wurde und ihren Weg in die Medien fand. Die Journalistin Nadja Mitzkat fragte sich, wie dieser rasante Anstieg zu erklären sei. Nach einigen Tagen intensiver Recherche habe sich herausgestellt, dass die Zahlen falsch und auf einen methodischen Fehler der Statistiker zurückzuführen sind. Ihr Fazit: “Hier wurde von einer Partei mit einer catchy Zahl Politik gemacht und ‘die Medien’ sind allesamt auf den Zug aufgesprungen. Und so machte eine Nachricht Karriere, die schlichtweg falsch war.” (Anmerkung des Kurators: Wobei man es der Politikerin nicht unbedingt übelnehmen kann, eine offizielle Zahl verwendet zu haben, oder?)

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4. Kritiker versuchen, Rundfunkräte gegen Gender-“Knacklaut” zu mobilisieren
(uebermedien.de, Anne Fromm)
Der Statistikprofessor Walter Krämer ist als Verfechter der deutschen Sprache bekannt, der sich leidenschaftlich gegen Neuerungen stemmt. Als Vorsitzender der Stiftung Deutsche Sprache und des Vereins Deutsche Sprache rennt er mit sprachbewahrerischem Furor gegen Binnen-I und Gender-Sternchen an. Nun hat er Protestbriefe an Mitglieder der ARD-Rundfunkräte, des ZDF-Fernsehrats und des Hörfunkrats des Deutschlandfunks geschrieben. Anne Fromm hat sich für “Übermedien” Krämers Argumentation angesehen und die Sender um eine Stellungnahme gebeten.

5. “Die Gemeinnützigkeit von Journalismus muss endlich anerkannt werden”
(horizont.net, Frederik Fischer)
Anlässlich eines bevorstehenden Medientreffs hat sich Frederik Fischer mit dem netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl unterhalten. Es geht um den Kampf gegen Hass, Manipulation und Fehlinformation, um Möglichkeiten der Journalismusfinanzierung sowie um die Herausforderungen einer zeitgemäßen Medienpolitik.

6. Als “F.A.Z.-Redakteur” bei Gucci und Macbeth
(faz.net, Jannik Waidner)
Ein “FAZ”-Redakteur ist Opfer einer ganz besonderen Form von Identitätsdiebstahl geworden. Ein 61 Jahre alter Mann soll sich jahrelang in betrügerischer Absicht als eben jener Redakteur ausgegeben und sich so Zugang zu Veranstaltungen erschlichen haben, darunter ein Gucci-Event, eine Berlinale-Sause und die Macbeth-Premiere der Berliner Staatsoper. Nun wird der Fall vor Gericht verhandelt.

Drohende Diskursverschiebung, Der ewige Döpfner, Südtirols Pestizide

1. Warnung vor der Diskursverschiebung
(deutschlandfunkkultur.de, Dieter Kassel, Audio: 10:46 Minuten)
Ein Kommentar einer Deutschlandfunk-Korrespondentin zur Situation im Flüchtlingslager Moria sorgte in den vergangenen Tagen für viel Empörung. Silke Hasselmann hatte unter anderem gesagt: “Nun gehen Fotos von Kindern um die Welt, die nach dem Brand des Lagers Moria auf dem Straßenasphalt schlafen. Doch zumindest solange der begründete Verdacht im Raum steht, dass einige Lagerbewohner nicht nur die Löscharbeiten behindert, sondern die Feuer selbst gelegt haben, darf Deutschland niemanden von dort herholen.” Im Deutschlandfunk hat sich der zuständige Abteilungsleiter Friedbert Meurer hinter seine Korrespondentin gestellt: Man wolle die Meinungsvielfalt wiedergeben. Der Historiker Jürgen Zimmerer hält dies für ein schwaches Argument und warnt vor einer Diskursverschiebung. Zehn Hörminuten, die sich für die Einordnung des Falls unbedingt lohnen. Hinweis in eigener Sache: Der “6 vor 9”-Kurator hat diese Textpassage bereits bei Twitter analysiert und kommentiert.
Weiterer Hinweis: Mittlerweile hat auch Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien Stellung bezogen und das Vorgehen des Senders verteidigt. Auf Twitter kommentiert “FAZ”-Journalist Patrick Bahners in einem Thread: “Unglaublich, aber wahr: Nach einem Tag interner Generaldebatte lautet das Fazit von Chefredakteurin Birgit Wentzien: Es soll im Interesse des ‘Clashs’ der Meinungen noch mehr Kommentare geben, an denen sich Hörer ‘reiben’, mehr Kommentare wie den von Silke Hasselmann.”

2. Wiederwahl: Mathias Döpfner bleibt BDZV-Präsident
(dwdl.de, Alexander Krei)
Trotz verlagsübergreifender Empörung über die menschenverachtende Berichterstattung aus Solingen der “Bild”-Redaktion und einer öffentlichen Rüge des Presserats für den Artikel über eine vermeintlich “grob falsche” Corona-Studie wurde Springer-Chef Mathias Döpfner für weitere vier Jahre zum Präsidenten des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger gewählt. “Übermedien”-Mitbetreiber Boris Rosenkranz kommentiert auf Twitter mit einer Prise Sarkasmus: “Die Zeitungsverleger*innen in Deutschland sind so sauer auf ‘Bild’ und wie die da so arbeiten, dass sie heute den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner erneut zum Präsidenten ihres Verbands gewählt haben. Einstimmig.”

3. Die Reise als Medium
(journalist.de, Kristina Wollseifen)
Das freiberufliche Reporterpaar Theresa Leisgang und Raphael Thelen hat sich Gewaltiges vorgenommen: einmal um die ganze Welt und dabei über die Klimakrise berichten. Ein kühner Plan, der einiges an logistischer Vorausplanung und finanziellen Reserven erfordert. Und ein Vorhaben, das durch das Coronavirus wahrlich nicht einfacher wird. Doch die beiden lassen sich nicht von ihrem Vorhaben abhalten, wie man auf Instagram sehen kann.
Weiterer Lesehinweis: In der Rubrik “Floskel des Monats” geht es beim Fachmagazin “journalist” um das berühmt-berüchtigte “Wetterchaos”.
Weiterer Hörhinweis: Im Podcast “Was mit Medien” sprechen Daniel Fiene und Sebastian Pähler mit dem Wettermoderator der ARD: Karsten Schwanke, wie können Medien besser über das Klima berichten? (Audio: 51:16 Minuten)
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4. Dilemma bei Tchibo
(taz.de, Svenja Bergt)
Die Bedingungen bei der Produktion von Smartphones bieten vielerlei Ansätze für Kritik – was die ökologischen Aspekte anbelangt, aber auch was die ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse bei der Beschaffung der Rohstoffe sowie bei der Herstellung betrifft. Nun bringt ein großer deutscher Kaffeeröster ein fair produzierte Smartphone in die Läden. Svenja Bergt erklärt, was daran aus ihrer Sicht gut ist und was weniger gut.

5. Können Umweltschützer in Europa künftig Missstände anprangern und ihre Meinung frei äußern?
(twitter.com/BR_quer, Video: 5:04 Minuten)
Die Provinz Südtirol ist für ihre spektakuläre Landschaft bekannt und auch für ihre ausgedehnten Apfelplantagen. Diese werden nach Meinung von Umweltschützern mit viel zu viel Pestiziden behandelt. Nun habe Südtirol zwei Kritiker des übermäßigen Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln verklagt, einen bayrischen Journalisten und einen Umweltexperten. “Niemand legt sich mit den Bauern an. Und wer dies doch tut, kann danach auswandern”, so das bittere Fazit eines der beiden Angeklagten.
Passend dazu ein Gespräch mit dem Agrarreferenten des Vereins Umweltinstitut München aus dem Jahr 2019, der den Pestizideinsatz als einen “Beitrag zum Insektensterben” kritisiert (deutschlandfunk.de, Britta Frecke, Audio: 4:24 Minuten).

6. “Mittwoch ist ein ganz normales Wort”
(spiegel.de, Stefanie Witterauf)
Noch den heutigen Tag über lässt ein großer deutscher Wörterbuchverlag über das “Jugendwort des Jahres” 2020 abstimmen. Zur Auswahl stehen Begriffe wie “lost”, “Digga” und “cringe”, aber auch einfach nur “Mittwoch”. Warum sollte ausgerechnet ein Wochentag zum “Jugendwort des Jahres” gekürt werden? Und was hat ein Frosch damit zu tun? Der “Spiegel” hat sich mit dem Einreicher des Vorschlags unterhalten, der auch für das Meme-Projekt “Stramme Memes” verantwortlich ist.

Presserat rügt mal wieder, Wirrer Kunst-Coup, Schlagzeilen-Betrug

1. Presserat rügt “Bild”-Bericht über Drosten-Studie
(sueddeutsche.de)
Der Deutsche Presserat hat insgesamt zwölf neue “öffentliche Rügen” ausgesprochen, dabei handelt es sich um die härteste Sanktion der Beschwerdeausschüsse des Presserats. Ganz vorn bei den Gerügten mit dabei mal wieder die “Bild”-Zeitung, die in ihrer Berichterstattung über den Virologen Christian Drosten gleich mehrfach gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen habe.
Weiterer Lesehinweis: Siehe dazu auch Julia Köppes Überblick aus dem Mai: “‘Bild’-Streit mit Virologen: Wie berechtigt ist die Kritik an der ‘Drosten-Studie’?” (spiegel.de).
Über eine Kampagne der “Bild”-Redaktion gegen Christian Drosten hatten wir ebenfalls im Mai berichtet: Wie die “Bild”-Redaktion mit schmutzigen Tricks versucht, Christian Drosten zu zerlegen.

2. Ich glaube, es ist noch etwas anderes …
(twitter.com, Sebastian Dullien)
Viel wurde darüber spekuliert, warum die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” ein Interview mit Jan Böhmermann auf Geheiß von “FAZ”-Herausgeber Jürgen Kaube kurz vor Drucklegung aus dem Blatt geschmissen hat. “FAS” beziehungsweise “FAZ” hatten sich nicht zu den Gründen geäußert. War es der Unmut über das kurz davor erschienene Interview des Entertainers bei der “Süddeutschen Zeitung”? Sebastian Dullien hat eine andere Theorie und glaubt, die “FAS” sei in eine Falle Böhmermanns getappt. Die habe etwas mit dem deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu tun.

3. Schlagzeilen-Betrug mit falschem Merz-Versprechen
(georgstreiter.de)
“Es ist schon dreist, wie ‘Bild’ mit Schlagzeilen-Betrug versucht, neue Abonnenten für ‘bild.de’ zu keilen”, schimpft der Journalist und ehemalige stellvertretende Sprecher der Bundesregierung Georg Streiter in seinem Blog. Jüngstes Beispiel sei ein Teaser zur einem Interview mit Friedrich Merz auf der Startseite von Bild.de, der mit einer reißerischen Überschrift versehen sei, deren Aussage das Gespräch nicht hergebe. Streiter, früher selbst bei “Bild”, schreibt in seinem Fazit: “So betrügt ‘Bild’ seine Leser – und tut nebenbei Friedrich Merz einen Tort an”.

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4. Falsche Vorwürfe gegen Roth
(tagesschau.de, Patrick Gensing)
Zahlreiche Medien berichteten schier Skandalöses über die Vizepräsidentin des Bundestags: Mit einer in einem Bild festgehaltenen Daumen-runter-Geste hätte Claudia Roth ihrem Unmut über eine Rede von Innenminister Horst Seehofer Luft gemacht und dabei ihre Neutralitätspflicht verletzt. In Wirklichkeit hat es sich jedoch um ein Zeichen an CDU und CSU gehandelt, dass die vom Minister überzogene Redezeit von der Redezeit der Unionsfraktion abgezogen werde, so Patrick Gensing vom ARD-“Faktenfinder”.

5. Gegendarstellung: Spahn gegen jW
(jungewelt.de, Dennis Gabriel)
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und dessen Ehemann Daniel Funke würden von der “jungen Welt” Textlöschungen und die Abgabe von Unterlassungserklärungen verlangen. Dabei gehe es um die angeblich unzulässige Berichterstattung über den Erwerb einer Villa. Die “junge Welt” sieht sich im Recht und gibt sich entsprechend kämpferisch: “Das Vorgehen von Spahn und Funke ist der Versuch, unangenehme Berichterstattung und Kommentierung zu verhindern und Journalisten einzuschüchtern. Deshalb wird der Versuch, der Tageszeitung junge Welt einen Maulkorb zu verpassen, auch mit juristischen Mitteln zurückgewiesen.”
Weiterer Lesehinweis: Auch der “Business Insider” bekam Post von Spahn und Funke: Jens Spahn wollte Berichte über Hauskauf verbieten lassen und scheitert – Gericht untersagt nur die Nennung konkreter Summen (Business Insider, Romanus Otte).

6. Wirrer Kunst-Coup im “heute journal”: Was wollte die Gestalt in Blau?
(berliner-zeitung.de, Hanno Hauenstein)
Am Freitagabend gab es im “heute journal” des ZDF eine seltsame Szene: Hinter Moderator Claus Kleber tänzelte eine Person in Schutzkleidung durchs Bild, und Klebers Stimme wurde von einer zweiten Tonspur überlagert. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine, natürlich abgesprochene, Aktion des Künstlers Christian Jankowski.

Zwei “Bild”-Autoren auf falscher Wackelrecherche

Man kann sich völlig korrekt verhalten, nichts falsch machen, den Gesetzen entsprechend handeln – und dennoch landet man am Pranger der “Bild”-Redaktion.

Am vergangenen Montag in der Bundesausgabe der “Bild”-Zeitung:

Ausriss Bild-Zeitung - Radfahrerin, was machst du da mit den Kindern?
(Gesichter der Kinder und der Mutter von “Bild” verpixelt, weitere Verpixelung durch uns.)

Und auch Bild.de berichtete:

Screenshot Bild.de - Irrer Transport mitten in Frankfurt - Drei Kinder auf Muttis Wackelrad

Zum “irren Öko-Eltern-Taxi” schreiben die zwei Autoren:

Mit drei kleinen Kindern auf dem Gepäckträger strampelt diese Mutter wackelig auf dem Drahtesel über die Eschersheimer Landstraße, eine der am stärksten befahrenen Verkehrsschlagadern in Frankfurts Stadtteil Nordend.

Bei “Bild” fühlen sie sich sogar, igittigitt, ans Ausland erinnert:

Es sind Bilder, die man sonst nur aus Thailand oder Indien kennt: völlig überladene Fahrräder. Dort stapeln sie aber meist Waren und nicht kleine Kinder.

Hier sitzen drei Kinder hinter der Fahrerin in einem Rohr-Rahmen. Erlaubt ist dieser neue Fahrradtyp zum Kindertransport. Für 1-2, so zeigen es Hersteller auf ihren Internetseiten.

Diese Behauptung ist schlicht falsch. Bei dem Fahrrad auf dem Foto handelt es sich um ein Lastenrad der Firma Yuba, Modell “Mundo LUX”. Das hat laut Herstellerangaben “Platz für bis zu zwei Teenager oder drei Kinder”. Der von den “Bild”-Autoren erwähnte “Rohr-Rahmen” ist eine offizielle Erweiterung mit dem Namen “Monkey Bars”. Auch dazu schreibt der Hersteller: “Das Kindergeländer ist für bis zu drei Kinder konzipiert”. Also: alles in Ordnung “auf dem Drahtesel”.

Das sieht das “Bild”-Duo anders:

Die Straßenverkehrsordnung kennt so einen Fall gar nicht! Ist es schon völlig verboten, ein Kind ohne Kindersitz auf dem Gepäckträger mitzunehmen, aber gleich drei – dafür fehlte den Gesetzgebern die Vorstellung.

Auch das stimmt nicht. In der Straßenverkehrs-Ordnung gibt es sehr wohl eine Stelle, die die Mitnahme von Kindern auf einem Fahrrad beziehungsweise Lastenrad regelt. In Paragraph 21, Absatz 3 findet man zwei Voraussetzung: Die Person, die das Rad fährt, muss mindestens 16 Jahre alt sein, und das Rad muss “zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet” sein:

Auf Fahrrädern dürfen Personen von mindestens 16 Jahre alten Personen nur mitgenommen werden, wenn die Fahrräder auch zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind. Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr dürfen auf Fahrrädern von mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen werden, wenn für die Kinder besondere Sitze vorhanden sind und durch Radverkleidungen oder gleich wirksame Vorrichtungen dafür gesorgt ist, dass die Füße der Kinder nicht in die Speichen geraten können.

Ganz am Ende ihres Artikels haben die “Bild”-Autoren auch noch einen sehr “Bild”-typischen Vorschlag für die “Öko-Eltern-Taxi”-Mutter, die sie fälschlicherweise an den Pranger stellen:

Für solche Transporte gibt es übrigens ein anderes und völlig legales Fortbewegungsmittel: ein Auto.

Mit Dank an Thomas B. für den Hinweis!

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(K)ein Böhmermann-Interview, Ein Mann wie ein Schrang, Löwenherz

1. Böhmermann veröffentlicht umstrittenes FAZ-Interview auf Twitter
(welt.de)
Jan Böhmermann hat der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” ein großes Interview gegeben, das der Herausgeber Jürgen Kaube unmittelbar vor Drucklegung aus dem Blatt gestrichen haben soll. Böhmermann reagierte mit einem offenen Brief bei Twitter (“Sowas habe ich wirklich noch nicht erlebt”). Warum die “FAS” das Interview gestrichen hat, ist derzeit nicht bekannt.
Update: Kurz vor Mitternacht postete Jan Böhmermann das Interview als 73-teiligen Twitter-Thread. Medienrechtler Markus Kompa fragte sogleich keck: “Wird die FAZ nun ihr Urheberrecht an den Interviewfragen einfordern …?”
Weitere Lesehinweise: Besprechungen des gerade erschienenen Böhmermann-Buchs gibt es unter anderem beim “Spiegel” (Der Robert Habeck der linken Twitterblase, Jonas Leppin) und bei der “Süddeutschen Zeitung” (Früher fand ich mich mal gut, Quentin Lichtblau).

2. Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt
(krautreporter.de, Rico Grimm & Isolde Ruhdorfer)
Derzeit wird viel über den medialen Umgang mit der Klimakrise diskutiert. Am Montag wiesen wir in den “6 vor 9” auf die Bemühungen der “taz” hin, besser übers Klima zu schreiben, und auf den Kampf des ZDF-Wettermoderators Özden Terli gegen Klimawandel-Leugner. Gestern ging es in den “6 vor 9” um die Forderung einiger Klima-Aktivisten nach einem neuen Format vor der “Tagesschau”: “#Klima vor 8” (deutschlandfunk.de, Annika Schneider).
Nun haben sich die “Krautreporter” des Themas angenommen: “Liebe Medien, hier sind 199 unserer Klima-Themenideen, die ihr einfach klauen könnt. Ernst gemeint. Nehmt sie, und macht was draus.”

3. Bild Boykott: Wie werden wir die Bild-Zeitung los?
(youtube.com, Sarah Bosetti, Video: 5:40 Minuten)
“Nichts hilft gegen die ‘Bild’-Zeitung. Unsere Empörung ist ihr Frühstück. Unsere Sensationslust ist ihr Viagra. Nichts hilft – außer sie zu ächten.” Die Kabarettistin Sarah Bosetti fragt sich: “Wie werden wir die ‘Bild’-Zeitung los, und ist ein ‘Bild’-Boykott der richtige Weg?”
Weiterer Lesehinweis: In seiner “Medienmacher”-Kolumne bei der “Berliner Zeitung” fragt Kai Hinrich-Renner: Wie sehr wackelt der “Bild”-Chefredakteur?

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4. RTL-Chefredakteure räumen ein: “Wir haben Fehler gemacht”
(uebermedien.de, Jürn Kruse & Boris Rosenkranz)
Nicht nur die “Bild”-Redaktion, sondern auch RTL wurde für die unethische Berichterstattung aus Solingen kritisiert, bei der aus privaten Chat-Nachrichten eines Minderjährigen in einer Extremsituation zitiert wurde. Die offiziellen Statements des Senders klingen relativ kühl und uneinsichtig, intern sei der Vorfall jedoch “intensiv diskutiert und analysiert” worden.

5. Nichts zu dumm, aber alles geheim
(mission-lifeline.de, Felix M. Steiner)
Heiko Schrang ist ein Verschwörungsideologe, der auf seinem Youtube-Kanal regelmäßig seine rund 180.000 Abonnenten mit allerlei Abwegigkeiten und rechtem Unsinn versorgt. Wer ist dieser dauergebräunte “bekennende Buddhist”? Und was unterscheidet Schrang vom Standard-Hetzer rechter Couleur? Felix M. Steiner berichtet über die bizarre Figur: “Wenn man nicht sonderlich anfällig für den Quatsch ist, den Schrang erzählt, ist er ein verdammt lustiges Kerlchen. Bei Schrang ist immer alles ‘geheim’, wird immer die wahre Wahrheit verbreitet oder der ‘Wahnsinn’ hinter den Plänen der Eliten offengelegt. Und das alles gemischt mit einem kräftigen Schuss esoterischem Quatsch auf dem Niveau der Kalendersprüche, die ich früher immer in der Küche meiner Großeltern lesen durfte.”

6. Eklat im Traditions-Verlag Kampfsportler als Boss vorgestellt – dann wird’s turbulent
(mopo.de, Thomas Hirschbiegel)
Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus April-Scherz und Seifen-Oper: Die Verlegerin Alexandra Jahr stellt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den neuen starken Mann im Haus vor: den Kampfsportler Ardalan Sheikholeslami (Spitzname: das “persische Löwenherz”). Was dann passiert, ist verstörend schön, jedenfalls unter Trash-Gesichtspunkten, aber für die Belegschaft ein ziemlicher Graus. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, denen auch Netflix-Serien wie “Tiger King” gefallen haben.

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