Pandemie des Hasses, Handy-Ich, Datensammelwut der Verlage

1. Die Pandemie des Hasses
(rnd.de, Markus Decker & Jan Sternberg)
Es scheint, als trete in Zeiten der Pandemie bei manchen Menschen das Schlechteste nach außen. Leidtragende sind oft PolitikerInnen und inzwischen auch WissenschaftlerInnen, die mit Hassbotschaften und Drohungen überschüttet werden. Der Staat tue sich schwer mit einer angemessenen Reaktion, schreiben Markus Decker und Jan Sternberg. Das Gesetz gegen Hasskriminalität konnte wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zur Bestandsdatenauskunft bislang nicht in Kraft treten. Nun drängen Fachleute zur Eile.
Weiterer Gucktipp: Der Youtuber “Schlauchbootfan” setzt sich in seinen Videos kritisch mit Querdenkern auseinander. Das hat den prominenten Querdenker und Betreiber einer Schwindelambulanz Bodo Schiffmann auf den Plan gerufen. Dieser habe auf Telegram seine Gefolgschaft aufgefordert, die Identität des Kritikers aufzudecken. Anschließend habe Schiffmann den Klarnamen, den Arbeitgeber und die Anschrift des “Schlauchbootfans” veröffentlicht (sogenanntes Doxing). Der IT-Anwalt Chan-jo Jun hat sich mit dem Doxingopfer unterhalten. Dabei geht es vor allem um die Frage der Strafbarkeit (youtube.com, Video: 6:41 Minuten).

2. Die Idee der Entbündelung
(taz.de, Stefan Stuckmann)
So sehr der Autor Stefan Stuckmann den Hype um die Audio-Chat-App Clubhouse nachvollziehen kann, so besorgt ist er, was die Folgen anbelangt: “Damit wird aufs Neue ein zwar regulierter, aber im Prinzip offener Markt ersetzt durch eine komplett privatwirtschaftliche Plattform. Eine, die scheinbar offen daherkommt – jeder kann mitmachen! – aber letztlich ein Silo ist. Die keine einzige neue Idee mitbringt, wie sie all die Probleme angehen will, die bereits die älteren sozialen Netzwerke überfordern.”

3. Bezahlen mit Daten
(kontextwochenzeitung.de, Johanna Henkel-Waidhofer)
DatenschützerInnen kritisieren die Datensammelwut der großen Zeitungsverlage, die ihren Lesern und Leserinnen teilweise auf Schritt und Tritt durchs Netz folgen. Johanna Henkel-Waidhofer hat sich an das Thema gemacht, was angesichts verschiedener Interessenlagen und rechtlicher Implikationen nicht einfach ist: “Es ist, als müsste ein Kabelsalat entwirrt werden: Wer an den falschen Stellen zieht, bekommt neue Probleme anstatt alte zu lösen.”

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4. Das Herz des Journalismus schlägt links – so what?
(medienpolitik.net, Christian Pieter Hoffmann)
Die politische Linksverschiebung im Journalismus sei real und vollkommen plausibel, so Christian Pieter Hoffmann, Professor für Kommunikations-Management an der Universität Leipzig. In seinem Text diskutiert Hoffman die Argumente und Gegenargumente zum politischen Bias im Journalismus.

5. Kinozahlen brechen massiv ein
(faz.net)
Die Pandemie hat in der Kinowirtschaft für einen drastischen Rückgang der Besucherzahlen gesorgt. Laut Aussage der Filmförderungsanstalt (FFA) sei der Ticketverkauf um 68 Prozent eingebrochen. Bislang sei die Anzahl der Kinounternehmen stabil. Aus den Zahlen der FFA sei jedoch nicht ersichtlich, wie gut oder schlecht die jeweiligen Kinos durch die Krise kommen.

6. Das Handy-Ich
(zeit.de, Christoph Drösser & Matthias Schütte)
Was sagt unsere Smartphonenutzung und unser Medienkonsum über unseren Charakter aus? Forscher haben 30 Tage lang die Handynutzung von mehreren hundert Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern aufgezeichnet und deren Kommunikations- und Sozialverhalten analysiert. Die “Zeit” fasst in Infografiken die fünf Hauptdimensionen zusammen, anhand derer sich die Persönlichkeit eines Menschen beschreiben lässt – gekoppelt an die Smartphonenutzung. Die Grafiken sind auch deshalb einen Blick wert, weil sie das eigene Medienverhalten überdenken lassen.

“Familien in der Krise”, Blackfacing beim WDR, Relotius-Verfilmung

1. Wer und was steckt hinter der Initiative “Familien in der Krise”?
(uebermedien.de, Annette Bulut)
Die relativ kleine Initiative “Familien in der Krise” (“FidK”) findet mit ihren Forderungen nach Öffnung von Kitas und Schulen relativ oft Gehör in Medien sowie bei Politikern und Politikerinnen. Wie gelingt es der Gruppe, Zugang zu Talkshows und Polit-Promis zu bekommen? Möglicherweise durch tätige Mithilfe von außen: Es gäbe Gerüchte, dass “FidK” eine wirtschaftsnahe Astroturfing– oder Grassroots-Lobbying-Kampagne sei. Annette Bulut ist der Sache nachgegangen und auf interessante Indizien gestoßen.

2. Medien-Aufseher gehen gegen rechte Online-Medien vor
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 7:01 Minuten)
Youtube hat unlängst den Kanal von Ken Jebsen gesperrt. Nun geht nach Informationen des Deutschlandfunks auch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg gegen Jebsen vor. Es werde überprüft, ob er journalistische Grundsätze nicht eingehalten und gegen journalistische Sorgfaltspflichten verstoßen habe.

3. Schon wieder, WDR?
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
Der WDR hat wieder einmal Ärger wegen einer alten Unterhaltungssendung. In einem Karnevals-Zusammenschnitt tauchte eine elf Jahre alte Szene auf mit Désirée Nick als Nofretete und zwei Männern an ihrer Seite, die viel dunkle Schminke im Gesicht haben. Der WDR reagierte auf die Kritik, ersetzte die Blackfacing-Szenen durch eine Hinweistafel und gestand den Fehler auf Twitter ein.

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4. Parler ist wieder online
(spiegel.de)
Nach dem Sturm auf das Kapitol hatte Amazon dem rechten Onlinenetzwerk Parler den Cloud-Service gekündigt, der zum Betreiben der Plattform notwendig ist. Nach einer rund einmonatigen Zwangspause ist der Dienst wieder online. Wer der neue technische Dienstleister ist, sei noch unklar.

5. Liebe Boomer, muss es in der Journalist*innen Bubble wirklich so laut sein?
(meedia.de, Lena Wrba)
“Bevor ich an die Journalistenschule gekommen bin, hatte ich keine Ahnung, wie wichtig Selbstdarstellung in diesem Beruf ist – und wie sehr das nervt“, schreibt Lena Wrba in ihrem Brief an die “Boomer”. Wrba weiter: “Die Lauten sind nicht schlechter, aber eben auch nicht toller als die Leisen. Vielfalt ist wichtig – auch hier. Leise und Laute könnten gegenseitig so viel besser voneinander profitieren, wenn sie das verstünden.”

6. M’Barek und Nay spielen Hauptrollen in Relotius-Mediensatire
(dwdl.de, Alexander Krei)
Michael “Bully” Herbig will Juan Morenos Buch “Tausend Zeilen Lüge” verfilmen, die Geschichte rund um die Aufdeckung des Relotius-Skandals beim “Spiegel”. In der Mediensatire schlüpfen die Schauspieler Elyas M’Barek und Jonas Nay in die Rollen von “Juan Romero” und “Lars Bogenius”. Regisseur Herbig kommentiert: “Ähnlichkeiten mit unwahren Ereignissen könnten zufällig zutreffen. Die Fakten werden aber mit Sicherheit verdreht, damit’s am Ende stimmt.”

Medienphänomen Hendrik Streeck, Skrupelloser Blogger, Lauterbach

1. Was ist das Problem an Hendrik Streecks Auftritten und Aussagen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 24:27 Minuten)
Die beiden Wissenschaftsjournalisten Christian Schwägerl und Joachim Budde haben bei “Übermedien” unlängst das Medienphänomen Hendrik Streeck untersucht: Der Mann, der dauernd falsch liegt, aber immer wieder als Corona-Experte gebucht wird (nur mit Abo lesbar). Bereits vergangenes Jahr hatten sich Schwägerl und Budde in einem preisgekrönten Text mit Streeck auseinandergesetzt (Streeck, Laschet, StoryMachine: Schnelle Daten, pünktlich geliefert, riffreporter.de). Holger Klein hat sich im “Übermedien”-Podcast nun mit den zwei Autoren über die Irrungen des Hendrik Streeck unterhalten, über Mechanismen von Talkshows, über Unterhaltung, Kontroversen, Aufmerksamkeit und über Wissenschaftsexpertise in Redaktionen.

2. Der skrupellose Blogger
(mission-lifeline.de, Matthias Meisner)
Wer den umstrittenen Blogger und “Welt”-Autor Rainer Meyer kritisiert, bekommt es unter Umständen mit dessen Anhängerschaft zu tun. Dann hagelt es Beschimpfungen, Beleidigungen und zuweilen sogar Morddrohungen. Vor wenigen Tagen beschrieb Antonia Baum in der “Zeit”, wie Meyers Masche funktioniert (Markierte Zielpersonen). Angesichts dieser Umstände sind viele verwundert, dass Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble den Blogger Meyer 2018 in die siebenköpfige Jury des Medienpreises des Deutschen Bundestages berief. Matthias Meisner kommentiert: “Schäuble ist also mitverantwortlich dafür, dass die groben Verzerrungen in Meyers Kolumnen und Tweets durch dessen Amt in der Bundestags-Jury veredelt werden. Der CDU-Politiker ist nun, gottlob, dabei, die Reißleine zu ziehen.”

3. Pornhub-Chefs stellen sich erstmals öffentlich der Kritik
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Die Pornoplattform Pornhub ist eine der meistbesuchten Websites Deutschlands und liegt hinsichtlich der Aufrufe noch vor “Spiegel”, Netflix und “Tagesschau”. Nun mussten sich die Pornhub-Chefs erstmals öffentlich der Kritik stellen und vor einem Ausschuss des kanadischen Parlaments aussagen. Pornhub-Manager David Tassilo erklärte unter anderem, Aufnahmen von Sex mit Minderjährigen auf der Plattform nicht zu dulden, das Verhalten der Plattform wirft jedoch Fragen auf: “Eine eigene Porno-Kategorie namens ‘Teen’ gibt es weiterhin auf der Seite. Tassilo hat dafür eine kreative Erklärung: Im Englischen sei mit ‘Teen’ eigentlich ein Mensch zwischen 13 und 19 Jahren gemeint – aber in der Pornowelt beziehe sich ‘Teen’ auf Menschen zwischen 18 und 25 oder 27 Jahren.” Auch die behauptete Einzelprüfung von hochgeladenem Pornomaterial weist Inkonsistenzen auf. Als eine Parlamentarierin in der Anhörung vorgerechnet habe, dass dieses Vorhaben angesichts von 2,8 Stunden neu hochgeladenem Videomaterial pro Minute unmöglich klinge, sei keine stichhaltige Antwort gekommen.

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4. »Der Hass stellt alles in den Schatten, was ich bisher erlebt habe«
(spiegel.de, Katja Iken)
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wird von vielen Medien immer wieder zur Corona-Pandemie befragt. Die unangenehme Begleiterscheinung: Häufig gerät er dadurch ins Visier von Menschen, die mit Beleidigungen, Drohungen und Mordaufrufen reagieren. Momentan sei es besonders schlimm: “Der Hass, der derzeit auf mich einprasselt, stellt alles in den Schatten, was ich bisher erlebt habe. Das ist eine neue Dimension der verbalen Brutalität, eine neue Sprache, die mich wirklich verstört.”

5. Nur mal so laut gedacht
(zeit.de, Jakob von Lindern)
“Clubhouse zeigt, wie gern wir plaudern, und es ist sehr wahrscheinlich, dass auch auf anderen Plattformen bald mehr gesprochen wird. Doch wo Leute reden, erzählen sie mit Sicherheit auch Unsinn, reden schlecht übereinander, beschimpfen sich oder bestätigen sich gegenseitig in kruden Weltbildern.” Jakob von Lindern ordnet den Hype um die Audio-Chat-App und die Faszination am gesprochenen Wort ein. Und er fragt sich, welche Auswirkungen der Trend auf andere Social-Media-Kanäle haben wird.

6. Der Fischstäbchen-Fluch: Wer befreit Nelson Müller aus “ZDFzeit”?
(dwdl.de, Peer Schader)
Der Gastronom und Fernsehkoch Nelson Müller präsentiert seit acht Jahren seinen “Lebensmittelreport” im ZDF. TV-Kritiker Peer Schader beobachtet bei sich selbst Ermüdungserscheinungen: “Es ist zwar gewiss ein ehrenwertes Anliegen der Redaktion, das Publikum darüber aufklären zu wollen, welche Inhaltsstoffe in Lebensmitteln stecken und wo das alles herkommt, was zuhause auf dem Teller landet. Aber die meisten dieser Filme sind inzwischen so sehr durchstandardisiert wie ein Convenience-Produkt der Industrie, die ständig Thema ist.”

Grenzen des Boulevard, Putzige Polizeitaktik, Seitenwechslerin

1. Die Grenzen des Boulevard: Über das Leben und Sterben von Kasia Lenhardt
(rnd.de, Imre Grimm)
Die 25-jährige Kasia Lenhardt war Model, Influencerin und Mutter. Am Dienstagabend fand die Polizei ihren leblosen Körper in einer Wohnung in Berlin. Die genauen Hintergründe ihres Todes sind noch unklar. Klar ist jedoch, dass sie seit Wochen im Zentrum einer Boulevard-Schlammschlacht stand. Imre Grimm kommentiert: “Dieser Tod hat eine Vorgeschichte, und sie verrät viel über die Mechanismen eines Teils der modernen Medienwelt, die ihr Heil darin sieht, Menschen bedenkenlos als Gossip-Objekte und Glamour-Rohstoff auszubeuten, erst recht, wenn diese von sich aus nach Aufmerksamkeit streben. Die Unschuldsbeteuerungen klingen dabei immer gleich: Ist doch nicht unser Problem. Die profitieren doch davon!”
Weiterer Lesehinweis: Jedes Detail ein Text: “Das Model Kasia Lenhardt ist gestorben. Der Umgang mit ihr sagt viel über frauenfeindliche Narrative in Boulevard- und sozialen Medien.” (taz.de, Carolina Schwarz)

2. LobbyControl befürchtet “Schieflage in der Digitalpolitik”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 4:19 Minuten)
Julia Reuss, bisher Büroleiterin von Digitalstaatsministerin Dorothee Bär und Lebensgefährtin von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, wechselt als Lobbyistin zu Facebook. Ulrich Müller von der Initiative LobbyControl findet das problematisch: “Für Facebook ist das Interessante daran, dass sie eine Lobbyistin gewinnen, die gut vernetzt ist, die das politische Geschäft kennt und die dann dabei helfen soll, die Facebook-Interessen stark in die Politik hineinzutragen. Und das ist eben das Problem: Weil wir so viele große Themen vor der Nase haben und es wichtig ist, dass diese zukünftige digitale Regulierung nicht einseitig von den großen Unternehmen wie Facebook bestimmt wird.”

3. Aus Freude am Rassismus
(uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
In der “Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht” des renommierten Beck-Verlags erschien ein Beitrag des Juristen Rüdiger Zuck, in dem dieser “mit rassistischen Ausdrücken um sich wirft, als wäre es braunes Konfetti”, schreibt Hendrik Wieduwilt. Er hat den Fall aufgearbeitet: “Dieser Zuck-Text und die redaktionelle Entscheidung, ihn zu drucken, ist eine Schande für den Verlag und das Juristenmilieu. Juristen sollten sich fragen: Will man in diesem Zusammenhang eigentlich wirklich noch auftauchen? Andere Verlage haben schließlich auch schöne Zeitschriften.”

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4. Ausländerkriminalität: Medien und Polizei verzerren das Bild
(youtube.com, Zapp, Svea Eckert & Lea Eichhorn, Video: 11:04 Minuten)
Journalisten und Journalistinnen von NDR und BR haben die Berichterstattung über Kriminalität unter die Lupe genommen. Sie haben dazu zahlreiche Polizeipressemitteilungen ausgewertet, die vielen Redaktionen als Grundlage ihrer Berichte dienen. Ein Ergebnis: In der Berichterstattung über Kriminalität würden ausländische Nationalitäten deutlich öfter genannt als deutsche. Svea Eckert und Lea Eichhorn haben mit Chefredakteuren und dem Presserat über die Problematik gesprochen.

5. Wie US-Polizisten mit Uploadfiltern Livestreams verhindern wollten
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
In den USA hätten laut Markus Reuter Bürgerinnen und Bürger bis auf sehr wenige Ausnahmen das Recht, Polizistinnen und Polizisten bei der Arbeit zu filmen. In Kalifornien haben sich manche der Gefilmten auf eine geradezu putzige Weise dagegen gewehrt: Sie haben im Moment der Filmaufnahme ihr Handy gezückt und urheberrechtlich geschützte Musik abgespielt – offenbar in der Hoffnung, dass die Musikerkennung und die Uploadfilter von Instagram anspringen und eine Veröffentlichung unterbinden.

6. Mehr freie “Zeit”
(sueddeutsche.de)
Die “Zeit”-Verlagsgruppe kündigt eine schöne Aktion an: Schülerinnen und Schülern können ab sofort ein kostenloses digitales “Zeit”-Abo bis zum Ende des Schuljahres bekommen. Nach sechs Monaten, zu Beginn der Sommerferien, laufe das Abo automatisch aus, ohne dass eine Kündigung nötig sei. Mit dem Angebot wolle der Verlag vor allem Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 10 bis 13 ansprechen.

Bärs Seitenwechslerin, “Welt”-Redakteur bedauert, Murdoch-Doku

1. Bärs Büroleiterin wechselt zu Facebook
(n-tv.de)
Die Büroleiterin von Digitalstaatsministerin Dorothee Bär wechselt nach Informationen des “Handelsblatts” (nur mit Abo lesbar) ansatzlos, das heißt ohne Karenzzeit, die Seiten: Vom Ministerialbüro, bei dem auch Facebook ein Thema gewesen sein muss, geht es direkt zu, man ahnt es schon, Facebook. Die umtriebige Büroleiterin hat bereits Erfahrungen mit derartigen Wechseln und ist privat mit Andreas Scheuer liiert, der als Minister unter anderem für die digitale Infrastruktur zuständig ist.

2. “Welt”-Redakteur bedauert “extrem zugespitzte Formulierung” über Drosten
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ein leitender “Welt”-Redakteur hat unter seinem eigenen Welt.de-Beitrag einen Kommentar abgegeben, in dem er den Virologen Christian Drosten bezichtigte, “wahrscheinlich Hunderttausende Menschenleben auf dem Gewissen” zu haben (der Kommentar wurde mittlerweile gelöscht). Der Medienkritiker Stefan Niggemeier hat sich die weiteren Behauptungen des Redakteurs zum Thema Corona angeschaut, die nicht weniger verstörend sind.

3. Gratwanderung zwischen Journalismus und Aktivismus
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 4:50 Minuten)
Der “Stern” hat eine Petition zum Thema Pflege gestartet, die mittlerweile von über 200.000 Leuten unterschrieben wurde. Die Aktion wird recht unterschiedlich bewertet: Einige begrüßen die Initiative, anderen ist sie zu aktionistisch. Beim Deutschlandfunk kommen beide Seiten zu Wort.

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4. Das große Schweigen
(taz.de, Juri Sternburg)
Die “Welt” leistet sich mit “Don Alphonso” einen Kolumnisten, der von vielen Menschen als Gefahr empfunden wird: “Die Namen der Opfer: Wer sie sucht, findet sie. Es sind Journalist*innen, Politiker*innen, deren Mitarbeiter*innen. Nach Erwähnung durch Don Alphonso sahen sie sich laut eigener Aussage mit Telefonterror und Morddrohungen konfrontiert. Sie berichten von Schmähungen, Beleidigungen, von beruflichen wie privaten Folgen.” Wie kann es sein, dass so jemand in der Jury des Medienpreises des Bundes­tags sitzt, fragen sich viele. Juri Sternburg hat sich bei den anderen Jury-Mitgliedern umgehört, ob ihnen in den Sinn gekommen ist, die Jury zu verlassen.
Zusatzhinweis: Die mit dem Medienpreis des Bundestages ausgezeichneten “SZ”-Autoren Nico Fried und Boris Herrmann gehen mit dem Thema auf eine Weise um, die für sich spricht: “Wir nehmen den Preis gerne entgegen, auch aus Respekt vor dem Bundestag und dessen Präsidium. Das Preisgeld werden wir der Organisation HateAid spenden.”

5. Holzner will mehr Kooperation: “Wir machen vieles doppelt und dreifach”
(dwdl.de, Torsten Zarges)
Gabriele Holzner ist Programmdirektorin und Vize-Intendantin des Hessischen Rundfunks. Im Interview mit “DWDL” spricht sie unter anderem über die Senderstrategie, lineare Formate nur noch für eine eingeschränkte Zeitschiene zu entwickeln und auszuspielen. Alle anderen Redaktionen würden für die Onlinekanäle produzieren: “Sie erhalten den bewussten Auftrag, neue Formate für die Mediathek zu entwickeln bzw. bestehende im Hinblick auf die Mediathek weiterzuentwickeln. Diese Formate sollen vor allem in der Mediathek performen, sie werden nicht mehr für einen linearen Sendeplatz produziert, sondern der lineare Sendeplatz ist fortan die Zweitverwertung.”

6. Der Aufstieg der Murdoch-Dynastie
(arte.tv, Jamie Roberts, Video: 50:04 Minuten)
In der Arte-Mediathek gibt es eine dreiteilige Doku über den australischen Multimilliardär und Medienmogul Rupert Murdoch, der als mächtigster Mann der Medienwelt gilt. Die BBC-Produktion zeichnet Murdochs Weg von seinen Anfängen in der australischen Regionalpresse bis an die Spitze eines global agierenden Familienimperiums nach. Oben verlinkt ist Teil 1 (“Der Königsmacher”). Hier die Links zu den Teilen 2 und 3:

Amanis beste Instanz, Gegenrede zum Coming-Out-Verriss, Reddit

1. »Wir müssen ran, sonst machen es andere für uns«
(spiegel.de, Arno Frank)
Was der WDR nach seiner vielfach kritisierten Ausgabe von “Die letzte Instanz” hätte machen sollen, hat nun die Unterhaltungskünstlerin Enissa Amani auf eigene Initiative und Rechnung übernommen: Einen Talk mit von Rassismus betroffenen Menschen. Arno Frank kommentiert: “Sollte ein so gigantischer Apparat wie der WDR wirklich nicht in der Lage gewesen sein, kurzfristig ein vergleichbares Format auf die Beine zu stellen? Schlimm wäre, fehlte ihm dazu die Fähigkeit. Schlimmer wäre, fehlte ihm dazu der Willen. Und wenn die öffentlich-rechtlichen Räume verschlossen oder zu eng sind, weicht die gesellschaftsrelevante Zielgruppe eben in »safe spaces« aus.”

2. Coming-out-Verriss in der “FAZ”: Gegenrede auf Sandra Kegel
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” berichtete am Freitag (nur mit Abo lesbar) über ein gesammeltes Coming-out von Schauspielern und Schauspielerinnen, die in einem Manifest mehr Sichtbarkeit und Repräsentanz queerer Darstellerinnen und Darsteller sowie queerer Themen und Geschichten in Film, Fernsehen und Theatern fordern. Die Feuilleton-Chefin der “FAZ” hat für die Aktion nicht viel übrig und spricht vom “Kalkül im Ringen um Aufmerksamkeit bei Verkennung der Verhältnisse”. Der Artikel habe in und außerhalb der Community für Entsetzen gesorgt, schreibt Johannes Kram und antwortet mit einer “Gegenrede”.

3. Experten (IV)
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
In der auflagenstärksten Wochenzeitschrift Österreichs “Die Woche” (280.000 verkaufte Exemplare) wird in einem Beitrag die “Sinnhaftigkeit” von FFP2-Masken bezweifelt. Dabei stützt man sich auf das Urteil vermeintlicher Experten. Michael Nöhrig hat sich angeschaut, von wem das vernichtende Expertenurteil stammt.

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4. Streik bei Euronews
(sueddeutsche.de)
Beim europäischen Nachrichtensender Euronews haben nach Angaben des Senders 50 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. Der Streik richte sich nach Angaben des Deutschen Journalisten-Verbands gegen “miserable Arbeitsbedingungen und ständig wachsende Anforderungen der Geschäftsleitung an die Beschäftigten ohne zusätzliche Bezahlung”. Außerdem würden die Streikenden unzureichende Corona-Schutzmaßnahmen in der Redaktion beklagen.

5. Twitter erzielt Rekordumsatz dank Werbeboom
(meedia.de, Nils Jakobsen)
Twitter ist im letzten Quartal des Jahres 2020 deutlich gewachsen. Der Kurznachrichtendienst hat insgesamt ein Unmsatz-Plus von 28 Prozent eingefahren, die Werbeerlöse stiegen um 31 Prozent. Auch beim Gewinn habe man zugelegt: “In den letzten 92 Tagen 2020 verdiente Twitter netto nunmehr 222 Millionen Dollar – ein Plus von knapp 12 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr, als noch 199 Millionen Dollar eingefahren wurden.”

6. Das kann nur Reddit: Wenn der Internet-Stammtisch einen Börsen-Coup organisiert
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Die Online-Plattform Reddit wird oft als letzter großer Stammtisch des Internets bezeichnet. Sie war jüngst Ausgangspunkt eine der kuriosesten Finanzentwicklungen der vergangenen Jahre: User hatten sich verabredet, massenhaft in Aktien des angeschlagenen Videospiele-Händlers Gamestop zu investieren, worauf der Kurs explodierte.

Kollektives Lockdownjammern, Visual Investigation, Klagen gegen Fox

1. Die Pandemie wär halb so wild, gäb es bloß den Lockdown nicht
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Nachdem die Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen mit einem Instagram-Statement zu Corona viel Aufmerksamkeit (und Kritik) erhalten hatte, spendierte ihr der Sender eine Sondersendung: “Marlene Lufen: Deutschland im Lockdown”. “DWDL”-Chef Thomas Lückerath hat sich die Sendung angeschaut, die er bereits jetzt für eine “überzeugende Bewerbung für den Tiefpunkt des Jahres” hält: “So empathisch Gastgeberin Lufen auch ist – mit dieser Sendung hat sie leider nicht versöhnt, sondern gespalten.”
Weiterer Lesehinweis: Zu einem ähnlichen Urteil kommt Matthias Schwarzer, der von einem “kollektiven Lockdownjammern ohne Ergebnis” spricht (rnd.de).

2. Sechs Videos sind eine Explosion
(sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Mittels Visual Investigation beziehungsweise Open Source Investigation werten ganze Teams von Rechercheuren Fotos und Handyaufnahmen aus, um Abläufe zu rekonstruieren – sei es einen Giftgasangriff in Syrien, die Explosion im Hafen von Beirut oder den Sturm aufs Capitol. Jörg Häntzschel wirft einen Blick auf dieses spannende Thema, bei dem Journalistinnen und Journalisten zu Ermittlerinnen und Ermittlern werden.

3. Europas Werk und Googles Beitrag
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Der Journalismus ist weiterhin in der Krise, trotz coronabedingt steigender Klick- und Abozahlen. Die Onlinezuwächse können oft nicht das ausgleichen, was im Print durch wegbrechende Auflagen und Werbeeinnahmen entfällt. Nun wolle die EU den Journalismus mit Finanzspritzen aufpäppeln und den digitalen Werbemarkt neu regeln. Die Digital-Lobby ist davon erwartungsgemäß wenig angetan.

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4. Klagen gegen Fox
(verdi.de, Max Böhnel)
Dem US-amerikanischen Nachrichtensender Fox News steht eine gigantische Schadensersatzklage ins Haus. Das US-Unternehmen Smartmatic, das Wahlcomputer und Stimmauswertungssysteme herstellt, besteht auf eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar. Und auch sonst stünden dem Sender schwierige Zeiten bevor: Der einstmals große Fan Donald Trump hatte sich bereits vor einiger Zeit von seinem langjährigen Haussender abgewandt und seiner Anhängerschaft die Konkurrenten NewsMax und OAN empfohlen.

5. Journalismus&Netz | Januar Edition: In da Club
(blog.torial.com, Alex Sängerlaub & Simon Hurtz)
Simon Hurtz und Alex Sängerlaub haben sich auf die Netzsuche gemacht und die wichtigsten Erkenntnisse des vergangenen Monats zusammengetragen: Welche Themen haben die Medien besonders beschäftigt? Was hat sich in der Medienpolitik getan? Und was sollte man unbedingt lesen?

6. Spannend, wie sich dieses Gespräch entwickelt.
(twitter.com, Übermedien, Video: 1:35 Minuten)
“Deutschland erlebt heftigen Winter-Sonntag” – und mittendrin eine “Bild-TV”-Moderatorin sowie Jean Pütz, pardon, “die Moderatorenlegende Jean Pütt”. Anderthalb Minuten (unfreiwillige) Comedy.
Weiterer vergnüglicher Gucktipp: “#Flockdown! Winterchaos! Schneekatastrophe!” (twitter.com, Extra 3, Video: 1:33 Minuten).

Der Troll und der Don, Gelöschter Laschet, “Twitterperlen”-Besuch

1. Die beste Nachricht
(taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm hat beim Lesen der Zeitungen in den vergangenen Tagen einmal sehr schlechte und einmal sehr gute Laune bekommen. Einmal ging es um den Chefredakteur der Magdeburger “Volksstimme” und dessen verstörende Führer-Fantasien, das andere Mal um die 185 Schauspieler und Schauspielerinnen, die sich im “SZ-Magazin” (nur mit Abo lesbar) als homo-, bisexuell, trans*, queer oder nicht-binär outen.
Weiterer Lesehinweis: Schauspieler*innen-Coming-out: Der Kampf beginnt erst jetzt! (nollendorfblog.de, Johannes Kram).

2. Der Troll und der Don: Warum liebt “Welt”-Chef Ulf Poschardt seinen Kolumnisten?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 33:56 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast geht es diesmal um “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt und dessen Rückendeckung für den Kolumnisten Rainer Meyer (Pseudonym: “Don Alphonso”). In der “Zeit” war zuvor die Frage gestellt worden, ob Meyer dafür verantwortlich ist, “dass Menschen, über die er schreibt, anschließend von Rechten bedroht werden”.
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter hat der “6 vor 9”-Kurator in einer satirischen Aktion (fast) jede Person, die ausdrücklich darum bat, im Ulf-Poschardt-Style beschimpft. 70 der annähernd 500 Personen, die das wollten, hatten das Vergnügen, mit einem Schimpf-Tweet im Poschardt-Stil bedacht zu werden (vielleicht am Übersichtlichsten hier nachzulesen).

3. Die ewige Lockdownlitanei: Das sind die sieben anstrengendsten Corona-Floskeln
(rnd.de, Imre Grimm)
Immer die gleichen Corona-Appelle, immer das gleiche Krisenvokabular … Imre Grimm hat sich die sieben anstrengendsten Corona-Floskeln vorgeknöpft und sie einer sprachkritischen Betrachtung unterzogen.

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4. Gelöschter Laschet-Beitrag: “Spiegel”-Kritik am WDR zielt ins Leere
(dwdl.de, Alexander Krei)
“WDR löschte heiklen Beitrag über Laschet”, hieß es am Freitag in einer Meldung des “Spiegel” (nur mit Abo lesbar). In dem nicht mehr abrufbaren WDR-Stück soll NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zu hören sein, wie er erklärt, die Räumung des Hambacher Forsts unter “einem Vorwand” veranlasst zu haben. Der WDR hat eine andere Sichtweise auf den Vorgang und führt Gründe für die Löschaktion an.

5. Wilhelm-Busch-Preis 2021 für langjährigen Tagesspiegel-Zeichner Mawil
(tagesspiegel.de, Lars von Törne)
Der 45-jährige Berliner Comicautor und “Tagesspiegel”-Zeichner Markus Witzel (“Mawil”) ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. “Mawil” ist für seine eigenen Arbeiten bekannt, hat aber auch als erster deutscher Zeichner einen Band der international bekannten Reihe “Lucky Luke” gestaltet.

6. Mal schnippisch, mal ironisch, oft nur albern
(sueddeutsche.de, Clara Lipkowski)
“Twitterperlen ist eine verwichste Scheißfickseite, die mit geklauten Tweets Clicks macht. Hoffentlich wird das eine Twitterperle.” Auf diesen Rant von Jan Böhmermann aus dem Jahr 2016 sind die beiden “Twitterperlen”-Chefs heute noch stolz. Clara Lipkowski hat die beiden Perlensucher in ihrem Industrieloft in Nürnberg besucht.

Lufens Lockdownkritik, BDA pfeift auf Whistleblower, Lehrspiel für Trolle

1. Marlene Lufens Lockdownkritik: Wut und Irrtum
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Die Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen veröffentlichte auf ihrem Instagram-Kanal ein Video, in dem sie sich besorgt über die Folgen des Lockdowns zeigte. Sie fürchte, “dass wir in zwei, drei Jahren zurückgucken und denken, wir haben es falsch gemacht”. Das Video verzeichnete binnen vier Tagen mehr als zehn Millionen Aufrufe. Matthias Schwarzer hält Lufens Ausführungen weder für schlüssig, noch für hilfreich: “Lufen beschreibt ein Bauchgefühl, das zwar gut teilbar ist, aber mit der Realität kollidiert. Und das Schlimmste: Sie publiziert ein Video, das am Ende des Tages niemandem hilft, sondern noch viel mehr verunsichert. Brauchen wir das gerade wirklich?”

2. Warum das neue Urheberrecht alle angeht
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz)
Simon Hurtz ist sich sicher: Die EU- Urheberrechtsreform wird das Netz verändern. Bei der “Süddeutschen Zeitung” erklärt er angenehm kompakt die wichtigsten Änderungen, ordnet die Interessenlagen ein und spekuliert, wie es weitergehen könnte.

3. Neues Tool hilft Journalisten bei der Expertensuche
(de.ejo-online.eu, Markus Lehmkuhl & Volker Stollorz & Melanie Leidecker-Sandmann)
Für Journalisten und Journalistinnen ist es oftmals schwer, passende Ansprechpartner in der wissenschaftlichen Expertenwelt zu finden. Hilfreich könnte die filterbare Webapplikation ExpertExplorer sein, die nach Eingabe eines Stichworts die Datenbank Europe PubMed Central durchsucht und eine Liste mit Expertinnen und Experten samt Kontaktdetails ausgibt.

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4. “In Irland würde man sich fragen, ob das noch Journalismus ist”
(fachjournalist.de, Laura Patz)
Derek Scally ist seit 20 Jahren der Auslandskorrespondent der Zeitung “Irish Times” in Berlin, arbeitet aber auch für verschiedene deutsche Medien. Beim “Fachjournalist” kann man lesen, was Scally vor zwei Jahrzehnten nach Deutschland gebracht hat und wie er die jetzige Krisenzeit einschätzt: “Wäre ich selbst nicht Journalist, würde ich sehr hoffen, dass es da draußen Vollzeit-Journalisten gibt, Profis, die für professionelle Medien arbeiten, die dafür bezahlt werden, dass sie diese Fülle an Informationen durchkämmen und leserfreundlich aufbereiten, ohne sie zu vereinfachen. Sie sind dafür verantwortlich, das zu tun, wofür ich als Individuum keine Zeit habe.”

5. BDA fordert verfassungswidrige und unionsrechtswidrige Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie
(whistleblower-net.de)
Der Bund der Arbeitgeber (BDA) hat ein “Positionspapier mit Vorschlägen zur Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie in nationales Recht” verfasst (PDF) – zum Entsetzen des Vereins Whistleblower-Netzwerk: “Es ist erstaunlich, wie hartnäckig sich Teile der deutschen Wirtschaft gegen ein umfassendes Whistleblowerschutzgesetz wehren und dafür nicht vor faktisch falschen oder irreführenden Behauptungen zurückschrecken.”

6. Lehrspiel für jüngere und andere Trolle
(verdi.de, Julia Hoffmann)
“Von der Falschmeldung zum Chaos! Wie böse bist du?” Beim pädagogisch-aufklärerischen Onlinespiel “Bad News” schlüpfen die Spielerinnen und Spieler in die Rolle eines üblen Erschaffers und Verbreiters von Falschmeldungen. Kann ein derartiges Game das Problembewusstsein über Desinformation im Internet stärken? Julia Hoffmann hat mitgespielt und sich zumindest unterhalten gefühlt.

Kabinett billigt, Mit Klischees Quote machen, “Welt”-Kolumnist

1. Kabinett billigt Gesetzentwurf für Urheberrechtsreform
(zeit.de)
Nach einigem Ringen hat die Bundesregierung den umstrittenen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Urheberrechts auf den Weg gebracht. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von der “größten europäischen Urheberrechtsreform der letzten 20 Jahre”. Verbraucherschützerinnen und Datenschützer sind weniger begeistert. Siehe dazu auch den Beitrag von Kristin Becker aus dem ARD-Hauptstadtstudio: Kritik von allen Seiten. Auf Twitter verlinkt der Youtuber Rezo einen ebenfalls lesenswerten “Spiegel”-Beitrag über die Urheberrechtsreform und merkt an: “Kampagnen (samt Desinformation) der Presseszene haben gewirkt. PolitikerInnen haben eigene Grenzen immer mehr aufgeweicht. Ergebnis: Wenn du als PRIVATPERSON diesen Tweet zitierst, würde er von Uploadfiltern geblockt werden. Lost.”

2. Wirecard gegen die Medien
(youtube.com, Inga Mathwig & Nils Altland, Video: 12:55 Minuten)
NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” liegen interne Mails, Chats und Rechnungen der Firma Wirecard vor, die sich mit kriminellen Methoden zum milliardenschweren Zahlungsdienstleister hochgeschwindelt haben soll. Die Unterlagen, von denen das Medienmagazin “Zapp” berichtet, zeigen: Die Firma verwandte viel Geld und Energie auf Überlegungen, wie man kritische Journalistinnen und Journalisten beobachten und mit Schmutzkampagnen diskreditieren kann.

3. WDR wollte mit Klischees Quote machen
(belltower.news, Nicholas Potter)
In einer Ausgabe der WDR-Talkshow “Die letzte Instanz” machten sich Gäste über Rassismus lustig und reproduzierten antiziganistische Ressentiments. “Belltower News” hat mit Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, über den Fall gesprochen: “Ich habe mir im Nachhinein die Sendung angeschaut. Ich war fassungslos über diese Form der Diskussion und die Arroganz der Anwesenden. Absicht will ich nicht unterstellen. Man kann das ganze Verhalten der Verantwortlichen nur mit Dummheit erklären.”

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4. Warum Science-Influencer so oft geklickt werden
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:08 Minuten)
Der 27-jährige Wissenschaftler Jacob Beautemps hat auf Youtube mehr als eine Viertelmillion Follower. Auf seinem Kanal “Breaking Lab” erklärt er regelmäßig naturwissenschaftliche Themen und berichtet über technologische Entwicklungen. Eine Studie der Uni Trier hat festgestellt, dass Science-Influencer und -Influencerinnen wie Beautemps oder Mai Thi Nguyen-Kim häufiger geklickt werden als Inhalte von Unis und Forschungseinrichtungen. Und, dass es dafür Gründe gibt.

5. Warum Tweets von “Welt”-Autor Don Alphonso immer noch zu Hass und Morddrohungen führen
(volksverpetzer.de)
Wenn der “Welt”-Autor Rainer Meyer (“Don Alphonso”) twittert, führt das immer wieder zu Hasskampagnen gegen die von ihm negativ erwähnten Personen. Gelegentlich sei es auch zu Morddrohungen gekommen. Das Team vom “Volksverpetzer” ist der Sache nachgegangen: “Wir analysieren die neusten Diskussionen rund ums Thema und erneuern unsere Twitter-Daten-Analyse von letztem Jahr, die erneut zeigt warum das so ist: Don Alphonsos Twitter Blase ist immer noch voll mit Rechtsradikalen. Er weigert sich nach wie vor, diese zu blocken.”
Weiterer Lesehinweis: Auch in der “Zeit” fragt man unter der Überschrift “Markierte Zielperson”: “Ist der Blogger Don Alphonso dafür verantwortlich, dass Menschen, über die er schreibt, anschließend von Rechten bedroht werden?” (zeit.de, Antonia Baum).

6. Esser wird nach Protesten nicht neuer Medienchef beim 1. FC Köln
(wdr.de)
Gerade erst hat der Fußballverein 1. FC Köln die Verpflichtung seines neuen Medienchefs Fritz Esser bekanntgegeben, da muss er auch schon zurückrudern: “Wir bitten alle Mitglieder und Fans um Entschuldigung. Wir haben Herrn Esser als integren Menschen mit demokratischem Wertegerüst kennengelernt. Dennoch haben wir uns nach intensivem Austausch entschieden, auf die Zusammenarbeit zu verzichten.” Esser hatte sich in der Vergangenheit anscheinend negativ über FC-Fans geäußert und öffentlich AfD-nahe Positionen vertreten. Die Personalentscheidung sorgte bei Anhängern des Klubs für Entsetzen. Ein in diesem Zusammenhang interessanter Aspekt: “Esser, der zuletzt für die DB-Tochter Schenker Logistics den Newsroom leitete, arbeitete zuvor neun Jahre für die Bild-Zeitung. Dort vertrat er immer wieder Positionen, die viele der protestierenden FC-Fans nicht für vereinbar mit den Werten des Klubs halten.”

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